Kapitel 3 Der Grenzwert Schon recht bald hat sich in der Mathematik herausgestellt, dass eine rein algebraische Betrachtungsweise der reellen Zahlen nicht immer das geeignete Instrument zur Modellierung der in den Naturwissenschaften auftretenden Phänomene ist. Probleme wie „unendlich oft immer kleiner werdende Größen zusammenzählen“ oder „einer gewissen Zahl immer näher kommen“, lassen sich mit den bisher rein algebraischen Methoden nicht fassen. Man denke zum Beispiel an die Approximation der Zahl 2π, indem man einem Kreis mit Radius eins regelmäßige n-Ecke einschreibt, von diesen den Umfang berechnet, und dann n immer größer werden lässt. Das führt zu dem Begriff des Grenzwertes einer Folge von Zahlen. Dazu wollen wir das „Einer-Zahl-immer-näher-Kommen“ bzw. Konvergieren mathematisch exaktifizieren: Eine Folge x1 , x2 , x3 , . . . von reellen Zahlen heißt konvergent gegen eine reelle Zahl x, falls es zu jedem beliebig kleinen Abstand > 0 einen Folgenindex N gibt, sodass ab diesem Index alle Folgenglieder einen Abstand von x kleiner als haben; sodass also |xn − x| < für alle n ≥ N. 3.1 Metrische Räume Wir wollen im Folgenden nicht nur die Konvergenz von Folgen von reellen Zahlen, sondern auch die Konvergenz von Folgen in C, von Folgen in R3 oder auch von Folgen in anderen Mengen studieren. Was R, C und R3 gemeinsam haben, ist die Möglichkeit anzugeben, wie weit zwei Punkte voneinander entfernt sind. Offenbar benötigt man zur Definition der Konvergenz auch nicht mehr als eben diesen Abstandsbegriff. Das führt zum Konzept eines metrischen Raumes. 3.1.1 Definition. Sei X eine Menge, d : X × X → R1 eine Funktion. d heißt eine Metrik auf X, und hX, di ein metrischer Raum, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind: (M1) Für alle x, y ∈ X ist d(x, y) ≥ 0. Dabei gilt d(x, y) = 0 genau dann, wenn x = y. (M2) Für alle x, y ∈ X gilt d(x, y) = d(y, x). 1 Wie unmittelbar nach Satz 2.9.3 bemerkt, ist R ein vollständig angeordneter Körper. 70 3 Der Grenzwert (M3) Sind x, y, z ∈ X, so gilt die Dreiecksungleichung: d(x, z) ≤ d(x, y) + d(y, z) . 3.1.2 Bemerkung. Man kann allgemeiner auch Metriken d betrachten, die X × X nicht nach R, sondern nach K abbilden, wobei hK, +, ·, Pi ein archimedisch angeordneter Körper ist. Wir werden darauf im Kapitel 4 zurück kommen. 3.1.3 Beispiel. (i) Ist X = R und d(x, y) = |x − y| für x, y ∈ R, so sieht man sofort, dass (M1) und (M2) erfüllt sind. (M3) folgt aus der Dreiecksungleichung für den Betrag (siehe Lemma 2.2.12): |x − z| = |(x − y) + (y − z)| ≤ |x − y| + |y − z|, x, y, z ∈ R . (3.1) (ii) Ist X = C R2 und d(z, w) = |z − w| für z, w ∈ C, wobei |.| hier der komplexe Betrag ist, so erfüllt d offensichtlich p (M2) und d(z, w) ≥ 0. Schreibt man z = a + ib und w = c + id, so gilt d(z, w) = (a − c)2 + (b − d)2 = 0 genau dann, wenn a − c = 0 und b − d = 0, also z = w. Somit ist (M1) erfüllt. (M3) folgt aus der Dreiecksungleichung für den komplexen Betrag ähnlich wie in (3.1). (iii) Um eine Metrik auf X := R p zu definieren, setzen wir d2 (x, y) := p X j=1 12 (x j − y j )2 , x = (x1 , . . . , x p ), y = (y1 , . . . , y p ) ∈ X . Man spricht von der euklidischen Metrik auf R p . Die Gültigkeit von (M1) und (M2) ist aus der Definition offensichtlich. Die Dreiecksungleichung (M3) folgt hingegen aus dem unten folgenden Lemma 3.1.4. Im Falle p = 1, also X = R, gilt d2 (x, y) = |x − y|. Damit ist der Abstand zweier Zahlen bzgl. der euklidischen Metrik nichts anderes als der Betrag der Differenz dieser Zahlen. Die euklidische Metrik auf R2 hat eine analoge Interpretation mit Hilfe des Betrages einer √komplexen Zahl. Für z = a + ib ∈ C haben wir den Betrag definiert als |z| = a2 + b2 . Daraus erkennt man, dass die euklidische Metrik auf R2 gerade d2 (z, w) = |z − w|, z, w ∈ C , ist, wobei wir hier die komplexen Zahlen als Elemente der Gaußschen Zahlenebene, also als Elemente von R2 interpretieren. 3.1.4 Lemma. Seien p ∈ N, a1 , . . . , a p , b1 , . . . , b p ∈ R. Dann gilt (Cauchy-Schwarzsche Ungleichung) p 2 p p X 2 X X 2 ai bi ≤ ai · bi , i=1 i=1 i=1 3.1 Metrische Räume 71 und (Minkowskische Ungleichung) p 12 X 2 (ai + bi ) ≤ i=1 p 1 p 12 X 2 2 X 2 ai + bi . i=1 i=1 Beweis. Wir verwenden die Bezeichnungen a := (a1 , . . . , a p ), b := (b1 , . . . , b p ) ∈ R p und definieren2 p X (a, b) := ai bi . i=1 Für Zahlen λ, µ ∈ R und a, b ∈ R p setzen wir λa + µb := (λa1 + µb1 , . . . , λa p + µb p ) . Offenbar gilt für a, b, c ∈ R p (λa + µb, c) = p X (λai + µbi )ci = i=1 p X i=1 λai ci + p X µbi ci = λ(a, c) + µ(b, c) . i=1 Man spricht von der Linearität von (.,.) in der vorderen Komponente. Wegen (a, b) = (b, a) ist (.,.) auch in der hinteren Komponente linear (vgl. den Begriff des Skalarproduktes auf einem Vektorraum in der Linearen Algebra). Um die Cauchy-Schwarzsche Ungleichung zu zeigen, gehen wir von der trivialen Bemerkung aus, dass für jedes p-Tupel x = (x1 , . . . , x p ) ∈ R p (x, x) = p X i=1 xi2 ≥ 0 . (3.2) Für alle t ∈ R gilt nun 0 ≤ (a + tb, a + tb) = (a, a) + 2t(a, b) + t2 (b, b) . Ist (b, b) , 0, so setze man t = − (a,b) in obige Ungleichung ein, und erhält (b,b) 0 ≤ (a, a) − (a, b)2 . (b, b) Daraus folgt unmittelbar die Cauchy-Schwarzsche Ungleichung. Im Falle (b, b) = 0 folgt b = (0, . . . , 0), und damit (a, b) = 0. Es gilt also auch in diesem Fall die Cauchy-Schwarzsche Ungleichung. 2 Also ist (.,.) eine Abbildung von R p × R p nach R. 72 3 Der Grenzwert Die Minkowskische Ungleichung folgt wegen (ai + bi )2 = ai · (ai + bi ) + bi (ai + bi ) aus p p p p p X X X X X (ai + bi )2 = ai (ai + bi ) + bi (ai + bi ) ≤ ai · (ai + bi ) + bi · (ai + bi ) i=1 i=1 i=1 i=1 i=1 p 1 p 1 p 12 p 21 X 2 2 X X 2 2 X 2 2 ≤ ai · (ai + bi ) + bi · (ai + bi ) i=1 i=1 i=1 i=1 21 p 12 p 21 p X X X = a2i + b2i · (ai + bi )2 . i=1 i=1 q i=1 Beispiele von Metriken gibt es noch viele, und sie treten in verschiedensten Zusammenhängen auf. 3.1.5 Beispiel. (i) Sei noch einmal X := R2 und setze d1 (x, y) := |x1 − y1 | + |x2 − y2 |, x = (x1 , x2 ), y = (y1 , y2 ) ∈ R2 . Dann ist d1 eine Metrik. Die Gültigkeit von (M1) und (M2) ist wieder aus der Definition offensichtlich. Um die Dreiecksungleichung einzusehen, seien x, y, z ∈ R gegeben. Dann folgt mit Hilfe der Dreiecksungleichung für |.| d1 (x, z) = |x1 − z1 | + |x2 − z2 | ≤ |x1 − y1 | + |y1 − z1 | + |x2 − y2 | + |y2 − z2 | = |x1 − y1 | + |x2 − y2 | + |y1 − z1 | + |y2 − z2 | = d1 (x, y) + d1 (y, z) . Diese Metrik ist offenbar √ ungleich der euklidischen Metrik, denn es gilt etwa d1 ((0, 0), (2, 1)) = 3 , 5 = d2 ((0, 0), (2, 1)). Anschaulich interpretiert bezeichnet man d1 manchmal als New York-Metrik. Denn stellt man sich in der Ebene einen Stadtplan mit lauter rechtwinkeligen Straßen – wie etwa in New York – vor, dann misst d1 (x, y) gerade die Länge des Fußweges von der Kreuzung x zur Kreuzung y. Ganz analog definiert man eine Metrik am R p d1 (x, y) = p X j=1 |x j − y j |, x = (x1 , . . . , x p ), y = (y1 , . . . , y p ) ∈ R p . Der Nachweis von (M1)-(M3) geht genauso wie im oben betrachteten Fall p = 2. (ii) Ist wieder X = R p , so definiert d∞ (x, y) := max |x j − y j |, x = (x1 , . . . , x p ), y = (y1 , . . . , y p ) ∈ R p , j=1,...,p 3.1 Metrische Räume 73 wieder eine Metrik. (M1) und (M2) sind leicht nachweisbar. Die Dreiecksungleichung folgt aus der Tatsache, dass für alle nichtnegativen Zahlen max{a1 + b1 , . . . , a p + b p } ≤ max{a1 , . . . , a p } + max{b1 , . . . , b p } . Auch diese Metrik unterscheidet sich tatsächlich von den schon eingeführten Metriken d1 und d2 , da etwa im Falle p = 2 gilt, dass d∞ ((0, 0), (2, 1)) = 2. Auf R stimmen die Metriken d1 , d2 , d∞ aber alle überein. (iii) Ist X = C p , so definiert man für z = (z1 , . . . , z p ), w = (w1 , . . . , w p ) ∈ C p d2 (z, w) = v u tX p j=1 |z j − w j |2 . Identifiziert man z mit dem Vektor x ∈ R2p , indem man x1 = Re z1 , x2 = Im z1 , . . . , x2p−1 = Re z p , x2p = Im z p setzt, und identifiziert man w entsprechend mit dem Vektor y ∈ R2p , so gilt d2 (z, w) = v u tX p j=1 (Re(z j − w j )2 + Im(z j − w j )2 ) = d2 (x, y) . Insbesondere ist auch C p versehen mit d2 ein metrischer Raum. (iv) Aus theoretischer Sicht bedeutend ist die diskrete Metrik, welche auf jeder nichtleeren Menge X folgendermaßen definiert ist: 0 , falls x = y , d(x, y) = 1 , falls x , y . 3.1.6 Bemerkung. Die oben kennengelernten Metriken d2 , d1 , d∞ auf dem R p sind allesamt von Normen erzeugte Metriken. Eine Norm k.k auf R p ist eine Funktion von R p → R mit folgenden drei Eigenschaften x, y ∈ R p , λ ∈ R: (i) kxk ≥ 0, wobei kxk = 0 ⇔ x = 0. (ii) kλxk = |λ| · kxk. (iii) kx + yk ≤ kxk + kyk. Dabei kx − yk2 , d1 (x, y) = kx − yk1 , d∞ (x, y) = kx − yk∞ , wobei kxk2 := qP gilt d(x, y) = P p p 2 j=1 |x j | , kxk1 := j=1 |x j |, kxk∞ = max{|x1 |, . . . , |x p |} Normen sind. 74 3 Der Grenzwert 3.1.7 Beispiel (*). Betrachte die ganzen Zahlen X := Z und halte eine Primzahl p fest. Setze Q 1 pn(p) , falls x , y, x − y = ± q prim qn(q) , d(p) (x, y) := 0 , falls x = y . Q Dabei ist ± q prim qn(q) die eindeutige Primfaktorzerlegung von x − y. Dann ist d(p) eine Metrik auf Z. Denn (M1) ist nach Definition erfüllt, (M2) ist ebenfalls richtig, denn vertauscht man x und y, so ändert sich bei der Differenz x − y nur das Vorzeichen, nicht jedoch die Primfaktoren und ihre Potenzen. Die Dreiecksungleichung ist wieder schwieriger einzusehen. Wir zeigen, dass in diesem Fall sogar die stärkere Ungleichung d(p) (x, z) ≤ max{d(p) (x, y), d(p) (y, z)}, x, y, z ∈ Z , gilt. Diese Ungleichung impliziert tatsächlich sofort die Dreiecksungleichung, denn für je zwei Zahlen a, b ≥ 0 ist stets max(a, b) ≤ a + b. Schreibe Y Y Y x−z=± qn1 (q) , x − y = ± qn2 (q) , y − z = ± qn3 (q) , q prim womit d(p) (x, z) = q prim 1 pn1 (p) , d(p) (x, y) = q prim 1 pn2 (p) , d(p) (y, z) = 1 pn3 (p) . Betrachte den Fall, dass d(p) (x, y) ≥ d(p) (y, z), also n2 (p) ≤ n3 (p). Wegen n2 (p) ≤ n3 (p) teilt pn2 (p) sowohl x − y als auch y − z, und daher auch (x − y) + (y − z) = x − z. Es folgt n2 (p) ≤ n1 (p), und somit d(p) (x, y) ≥ d(p) (x, z). Der Fall d(p) (x, y) ≤ d(p) (y, z) wird genauso behandelt. Auf Z haben wir natürlich auch die euklidische Metrik d2 (x, y) = |x − y|, denn Z ist ja eine Teilmenge von R. Diese ist verschieden von der Metrik d(p) , denn zum Beispiel ist d(p) (0, p) = 1p , wogegen d2 (0, p) = p. 3.2 Der Grenzwert in metrischen Räumen Wir kommen nun zurück zu dem am Anfang des Kapitels motivierten Begriff der Konvergenz einer Folge. 3.2.1 Definition. Eine Folge in einer Menge X ist aus mathematischer Sicht nichts anderes als eine Funktion y : N → X, wobei der Funktionswert y(n) von y an der Stelle n meist als yn geschrieben wird. Für die Folge y als solche schreiben wir meist (yn )n∈N . Folgen werden auch oft als y1 , y2 , y3 , . . . angeschrieben. 3.2 Der Grenzwert in metrischen Räumen 75 3.2.2 Definition. Sei hX, di ein metrischer Raum, (xn )n∈N eine Folge in X, und x ein Element von X. Dann heißt (xn )n∈N konvergent gegen x, wenn gilt 3 ∀ ∈ R, > 0 ∃N ∈ N : d(xn , x) < für alle n ≥ N . (3.3) In diesem Fall schreibt man limn→∞ xn = x. xN xN 0 x 0 x1 Ist (xn )n∈N eine Folge, und gibt es ein Element x ∈ X, sodass limn→∞ xn = x, so sagt man die Folge (xn )n∈N ist konvergent. Ist eine Folge nicht konvergent, so sagt man sie ist divergent. Man verwendet auch andere Schreibweisen für limn→∞ xn = x, wie zum n→∞ Beispiel (xn )n∈N → x, n → ∞, oder xn −→ x, oder auch nur xn → x. 3.2.3 Bemerkung. Wegen |d(x, xn ) − 0| = d(x, xn ) konvergiert eine Folge (xn )n∈N in einem metrischen Raum hX, di genau dann gegen ein x ∈ X, wenn die Folge (d(x, xn ))n∈N in R, versehen mit der euklidischen Metrik, gegen 0 konvergiert. Folgen müssen nicht immer mit dem Index 1 anfangen. Ist k eine feste ganze Zahl, so setzen wir Z≥k := {n ∈ Z : n ≥ k}. Eine Abbildung x : Z≥k → X nennen wir ebenfalls Folge, wobei ihre Konvergenz in analoger Weise wie in Definition 3.2.2 definiert ist. 3.2.4 Beispiel. (i) Sei hX, di ein beliebiger metrischer Raum, und sei x ∈ X. Für die konstante Folge x1 = x2 = x3 = . . . = x gilt lim j→∞ x j = x. Um dies einzusehen, sei ein ∈ R, > 0, gegeben. Wir müssen eine Zahl N ∈ N finden, sodass d(x j , x) < für alle j ≥ N. Wähle N := 1, dann gilt d(x j , x) = d(x, x) = 0 < für alle j ≥ N . Dieses Beispiel ist natürlich in gewissem Sinne trivial, denn die Folgenglieder x j sind ja schon alle gleich dem Grenzwert x, kommen diesem also natürlich beliebig nahe. (ii) Sei X = R und d = d2 die euklidische Metrik d2 (x, y) = |x−y|. Dann gilt lim j→∞ 1 j = 0. Um dies einzusehen, sei ein ∈ R, > 0, gegeben. Wir müssen eine Zahl N ∈ N finden, sodass | 1j − 0| = 1j < gilt, wenn nur j ≥ N. Dazu benützen wir die Tatsache, dass N als Teilmenge von R nicht nach oben beschränkt ist. Wähle N ∈ N mit 1 < N. Für alle j ∈ N mit j ≥ N gilt dann 1j ≤ N1 < . 3 Kürzer lässt sich das folgendermaßen schreiben: ∀ ∈ R, > 0 ∃N ∈ N : ∀n ≥ N ⇒ d(xn , x) < . 76 3 Der Grenzwert (iii) Aus dem letzten Beispiel zusammen mit Bemerkung 3.2.3 schließen wir auf lim j→∞ (1 + 1j ) = 1, da |(1 + 1j ) − 1| = 1j → 0. (iv) Sei q ∈ R, 0 ≤ q < 1, und betrachte die Folge (qn )n∈N . Dann gilt limn→∞ qn = 0. Um das einzusehen, können wir q > 0 voraussetzen, da sonst die betreffliche Folge identisch gleich Null ist. Wir verwenden zum Beweis die Bernoullische Ungleichung aus Lemma 2.3.7. Setzt man in der Bernoullischen Ungleichung x = 1q − 1 > 0, so gilt 1 q !n ! 1 ≥1+n −1 . q Da R archimedisch angeordnet ist, gibt es zu jedem > 0 eine Zahl N ∈ N mit 1 + N( 1q − 1) > 1 und damit auch ( 1q )N > 1 , also qN < . Es folgt d(0, qn ) = qn ≤ qN < für alle n ≥ N. (v) Sei z ∈ C mit |z| < 1. Setzen wir q := |z|, so folgt aus dem vorherigen Beispiel n→∞ d(0, zn ) = |zn − 0| = qn −→ 0 . Mit Hilfe von Bemerkung 3.2.3 erkennen wir, dass limn→∞ zn = 0 in C versehen mit der euklidischen Metrik d2 (z, w) = |z − w|.. 3.2.5 Beispiel. Es gibt viele Folgen, die nicht konvergieren. Die Folge zn := in in C, also i, −1, −i, 1, i, −1, −i, 1, . . . , zum Beispiel, ist divergent, wobei wir immer, wenn wir nichts anderes explizit angeben, C mit der euklidischen Metrik versehen. Um das nachzuprüfen, nehmen wir an, dass zn → z für ein gewisses z ∈ C. Wählt man N ∈ N, sodass |zn − z| < 21 für alle n ≥ N, und nimmt ein n ≥ N, welches durch 4 teilbar ist, so folgt der Widerspruch 2 = |1 − (−1)| = |zn − zn+2 | ≤ |zn − z| + |z − zn+2 | < 1 1 + = 1. 2 2 Es gelten folgende, zu (3.3) äquivalente Konvergenzbedingungen. 3.2.6 Lemma. Sei hX, di ein metrischer Raum, x ∈ X und (xn )n∈N eine Folge aus X. Dann gilt limn→∞ xn = x, also (3.3), genau dann, wenn für gewisse K ∈ (0, +∞) und α ∈ (0, +∞) ∪ {+∞} ∀ ∈ (0, α) ∃N ∈ N : d(xn , x) < K · für alle n ≥ N . (3.4) Die Konvergenz von (xn )n∈N gegen x ist auch äquivalent zu (3.3) bzw. (3.4), wenn man in diesen Bedingungen · · · < bzw. · · · < K · durch · · · ≤ bzw. · · · ≤ K · ersetzt. 3.2 Der Grenzwert in metrischen Räumen 77 Beweis. Offenbar folgt (3.4) aus (3.3). Gelte umgekehrt (3.4). Für > 0 gilt min (0, α). Nimmt man diese Zahl als in (3.4), so gibt es ein N ∈ N, sodass α d(xn , x) < K · min , ≤ für alle n ≥ N . K 2 α , K 2 ∈ Also gilt auch (3.3). Dass aus (3.3) bzw. (3.4) die jeweiligen Bedingungen mit ≤ anstatt < folgt, ist klar, da aus < ja immer ≤ folgt. Für die Umkehrung wende die Bedingungen mit ≤ statt < auf 2 an. q Man erhält dann · · · ≤ 2 < bzw. · · · ≤ K · 2 < K · . 3.2.7 Definition. Ist (xn )n∈N eine Folge und n : N → N eine streng monoton wachsende Funktion4 , also n(1) < n(2) < n(3) < . . . , so nennt man (xn( j) ) j∈N eine Teilfolge von (xn )n∈N . Folgende elementare Sachverhalte sind von großer Bedeutung und werden in Beweisen immer wieder Verwendung finden. 3.2.8 Satz. Sei hX, di ein metrischer Raum, und sei (xn )n∈N eine Folge aus X. (i) Die Folge (xn )n∈N hat höchstens einen Grenzwert. (ii) (xn )n∈N konvergiert gegen x ∈ X genau dann, wenn es ein k ∈ N gibt, sodass (xn )n∈Z≥k gegen x ∈ X konvergiert. Es kommt also nicht auf endlich viele Folgenglieder an, ob und wogegen eine Folge konvergiert. (iii) Aus limn→∞ xn = x folgt limn→∞ xn+k = x und limn→∞ xn−k = x für jedes k ∈ N. (iv) Ist limn→∞ xn = x, so konvergiert auch jede Teilfolge (xn( j) ) j∈N gegen x. Beweis. Wir zeigen zunächst (i). Es gelte xn → x und xn → y, wobei x , y und damit d(x, y) > 0. Wähle N1 ∈ N, sodass d(xn , x) < d(x,y) , n ≥ N1 , und N2 ∈ N, sodass d(xn , y) < 3 d(x,y) , n ≥ N2 . Dann folgt für N := max{N1 , N2 } der Widerspruch 3 d(x, y) ≤ d(x, xN ) + d(xN , y) < d(x, y) d(x, y) 2d(x, y) + = < d(x, y) . 3 3 3 Wir zeigen auch noch (iv). Die Verifikation der restlichen Aussagen sei dem Leser überlassen. Sei also (xn( j) ) j∈N eine Teilfolge der gegen x konvergenten Folge (xn )n∈N . Ist > 0, so gibt es ein N ∈ N, sodass d(xn , x) < , wenn nur n ≥ N. Ist nun J ∈ N so groß, dass n(J) ≥ N (z.B. J = N), so folgt für j ≥ J auch n( j) ≥ N und somit d(xn( j) , x) < . Also gilt lim j→∞ xn( j) = x. q 3.2.9 Beispiel. (i) Ist p ∈ N, so gilt limn→∞ n1p = 0. Das folgt unmittelbar aus Satz 3.2.8 und der Tatsache, 1 dass diese Folge eine Teilfolge von n ist. n∈N 4 Klarerweise ist eine solche Funktion n immer injektiv, und es gilt n( j) ≥ j. 78 3 Der Grenzwert (ii) Sei z ∈ C, |z| < 1. Betrachte die Folge (die sogenannte geometrische Reihe) S n := n X zk = 1 + z + z2 + . . . + zn . k=0 Aus (2.9) folgt 1n − zn = (1 − z)(1n−1 + 1n−2 z + . . . + 1zn−2 + zn−1 ) = (1 − z)(1 + z + . . . + zn−1 ) , und wir erhalten 1 zn − . (3.5) 1−z 1−z Sei nun beliebig > 0 vorgegeben, und wähle N ∈ N, sodass |z|n < für alle n ≥ N; vgl. Beispiel 3.2.4, (iv). Dann folgt |z|n 1 = S n−1 − < für alle n ≥ N . 1−z |1 − z| |1 − z| S n−1 = Mit Lemma 3.2.6 erhalten wir S n−1 → 1 , 1−z und infolge limn→∞ S n = 1 . 1−z 3.2.10 Lemma. Sei hX, di ein metrischer Raum und seien (xn )n∈N , (yn )n∈N Folgen von Elementen von X, sodass limn→∞ xn = x und limn→∞ yn = y. Dann folgt lim d(xn , yn ) = d(x, y) . n→∞ Beweis. Zunächst wollen wir folgende Ungleichung d(a1 , b1 ) − d(a2 , b2 ) ≤ d(a1 , a2 ) + d(b1 , b2 ), a1 , a2 , b1 , b2 ∈ X , (3.6) beweisen. Aus der Dreiecksungleichung folgt d(a1 , b1 ) − d(a2 , b1 ) ≤ d(a1 , a2 ) sowie d(a2 , b1 ) − d(a1 , b1 ) ≤ d(a1 , a2 ) und damit |d(a1 , b1 ) − d(a2 , b1 )| ≤ d(a1 , a2 ). Entsprechend gilt |d(a2 , b1 ) − d(a2 , b2 )| ≤ d(b1 , b2 ). Also erhalten wir d(a , b ) − d(a , b ) ≤ d(a , b ) − d(a , b ) + d(a , b ) − d(a , b ) 1 1 2 2 1 1 2 1 2 1 2 2 ≤ d(a1 , a2 ) + d(b1 , b2 ) . Sei nun > 0 und N ∈ N so groß, dass d(xn , x) < 2 und d(yn , y) < 2 , wenn n ≥ N. Aus (3.6) folgt d(xn , yn ) − d(x, y) ≤ d(xn , x) + d(yn , y) < q für alle n ≥ N. Ein weiterer Begriff, der im Zusammenhang mit Folgen auftritt, ist die Beschränktheit. 3.2.11 Definition. Sei hX, di ein metrischer Raum, und sei Y ⊆ X. Dann heißt Y beschränkt, wenn es eine Zahl C > 0 und einen Punkt x0 ∈ X gibt, sodass d(x0 , y) ≤ C für alle y ∈ Y . Eine Funktion f : E → X heißt beschränkt, wenn die Bildmenge f (E) beschränkt ist. Insbesondere heißt eine Folge (xn )n∈N beschränkt, wenn ihre Bildmenge {xn : n ∈ N} beschränkt ist. 3.2 Der Grenzwert in metrischen Räumen 79 Die Menge Y ist also beschränkt, wenn sie ganz in einem gewissen Kreis5 liegt. 3.2.12 Bemerkung. Y ⊆ X ist genau dann beschränkt, wenn es zu jedem Punkt x ∈ X eine Zahl C x > 0 gibt mit d(x, y) ≤ C x , y ∈ Y. Denn ist x ∈ X gegeben, so setze C x := d(x, x0 ) + C. Dann gilt für jedes y ∈ Y d(x, y) ≤ d(x, x0 ) + d(x0 , y) ≤ d(x, x0 ) + C = C x . Mit Hilfe dieser Tatsache sieht man auch, dass Y ⊆ C (Y ⊆ R) versehen mit der euklidischen Metrik genau dann beschränkt ist, wenn für ein gewisses C > 0 gilt, dass |x| = d(x, 0) ≤ C für alle x ∈ Y . Im Falle Y ⊆ R stimmt somit diese Definition von Beschränktheit mit der von Definition 2.2.5 überein. 3.2.13 Proposition. In einem metrischen Raum ist jede konvergente Folge (xn )n∈N auch beschränkt. Beweis. Wähle N ∈ N mit d(xn , x) < 1 für alle n ≥ N. Setzt man C := 1 + max{d(x1 , x), . . . , d(xN−1 , x)} , so erhält man d(xn , x) ≤ C für jedes n ∈ N. q Insbesondere gibt es zu jeder konvergenten reell- bzw. komplexwertigen Folge (xn )n∈N eine Konstante C > 0, sodass |xn | ≤ C, n ∈ N. 3.2.14 Bemerkung (*). Die Umkehrung von Proposition 3.2.13 ist falsch und zwar in jedem metrischen Raum, der mehr als einen Punkt enthält. In der Tat gilt für x, y ∈ X mit x , y, dass die Folge x, y, x, y, x, y, x, . . . zwar beschränkt, aber nicht konvergent ist. 3.2.15 Beispiel. Man betrachte die Folge (S n )n∈N aus Beispiel 3.2.9, (ii), für den Fall |z| = 1 aber z , 1. Wegen (3.5) gilt |S n | ≤ 1 + |zn+1 | 2 = . |1 − z| |1 − z| Die Folge (S n )n∈N ist damit beschränkt. Sie ist aber nicht konvergent, denn gemäß den Ergebnissen im nächsten Abschnitt wäre dann auch (zn )n∈N konvergent. Das ist aber nicht der Fall. Man setze z.B. z = i oder z = −1. 5 Ein Kreis in einem metrischen Raum hX, di ist hier zu verstehen als {y ∈ X : d(x0 , y) ≤ C}. 80 3 Der Grenzwert 3.3 Folgen reeller und komplexer Zahlen Wir wollen uns hier zunächst mit dem metrischen Raum hR, di beschäftigen, und folgendes einfaches, aber sehr nützliches Lemma bringen. 3.3.1 Lemma. Für zwei konvergente Folgen (xn )n∈N , (yn )n∈N reeller Zahlen mit den Grenzwerten x bzw. y gilt: (i) Ist c ∈ R mit x < c (c < x), so gibt es ein N ∈ N, sodass xn < c (c < xn ) für alle n ≥ N. (ii) Ist x < y, so gibt es ein N ∈ N, sodass xn < yn für alle n ≥ N. (iii) Gilt ab einem gewissen N ∈ N die Ungleichung xn ≤ yn , so folgt x ≤ y. Beweis. (ii) Setzt man = y−x , so folgt aus der Konvergenz die Existenz eines N ∈ N, sodass 2 y−x |xn − x| < y−x und |y n − y| < 2 für n ≥ N. Somit gilt 2 (y − x) + xn − yn = −(yn − y) − (x − xn ) ≤ |yn − y| + |x − xn | < (y − x) , woraus xn < yn für n ≥ N folgt. (i) Folgt aus (ii), wenn für (yn )n∈N ((xn )n∈N ) die identische Folge (c)n∈N wählen. (iii) Wäre x > y, so würde aus (ii) folgen, dass xn > yn für alle n ≥ k mit einem hinreichend großen k ∈ N. Das widerspricht der Annahme. q Der nächste Satz dient häufig als Werkzeug zur Berechnung von Grenzwerten. 3.3.2 Satz (Einschluss-Satz). Seien (xn )n∈N , (yn )n∈N und (an )n∈N drei reelle Folgen mit xn ≤ an ≤ yn für alle bis auf endlich viele n ∈ N . Existieren zudem die Grenzwerte limn→∞ xn und limn→∞ yn , und gilt lim xn = lim yn , n→∞ n→∞ so existiert auch der Grenzwert limn→∞ an und stimmt mit dem gemeinsamen Grenzwert von (xn )n∈N und (yn )n∈N überein. Beweis. Setze a := limn→∞ xn . Zu > 0 wähle N ∈ N mit |xn − a|, |yn − a| < und xn ≤ an ≤ yn für n ≥ N. Für solche n folgt − < xn − a ≤ an − a ≤ yn − a < , und damit |an − a| < . q 3.3 Folgen reeller und komplexer Zahlen 3.3.3 Beispiel. Als einfaches Beispiel betrachte man die Folge leicht, dass 1 1 0≤ 2 ≤ für n ≥ 3 . n − 3n + 3 n 1 Also folgt mit Satz 3.3.2, dass limn→∞ n2 −3n+3 = 0. 81 1 n2 −3n+3 n∈N . Man sieht 3.3.4 Beispiel. (i) Jede Zahl x ∈ R ist Limes einer Folge (rn )n∈N bestehend aus rationalen Zahlen. Um das einzusehen, wähle gemäß Satz 2.8.3 für jedes n ∈ N eine Zahl rn ∈ Q, sodass x < rn < x + 1n . Aus Satz 3.3.2 folgt limn→∞ rn = x. Genauso gibt es eine Folge irrationaler Zahlen größer x, die gegen x konvergiert. *Arbeitet man mit größerer mathematischen Strenge, so muss man obiges Argument folgendermaßen präzisieren: Nach Satz 2.8.3 ist die Menge Mn der r ∈ Q mit x < r < x + 1n nicht leer. Nun sei ρ einfach eine nach dem Auswahlaxiom existierende Funktion von N nach ∪n∈N Mn , sodass ρ(n) ∈ Mn , und setze rn = ρ(n). (ii) Mit einer etwas feineren Argumentation kann man (rn )n∈N sogar streng monoton fallend (rn1 > rn2 wenn n1 < n2 ) wählen. Dazu definiert man rn induktiv so, dass x < rn < min(x + 1n , rn−1 ). Genauso kann man eine streng monoton wachsende Folge aus Q konstruieren, die gegen x konvergiert. *Lässt man auch hier mehr Strenge walten, so benötigt man zur Existenz der Folge (rn )n∈N den Rekursionssatz: Für jedes y > x und jedes n ∈ N ist die Menge Q ∩ (x, min(y, x + 1n )) nicht leer. Sei % : N × (x, +∞) → Q eine Auswahlfunktion, sodass %(n, y) ∈ Q ∩ (x, min(y, x + 1n )). Sei a := (1, r1 ) ∈ N × ((x, +∞) ∩ Q) =: A und g : A → A definiert durch g(n, y) = (n + 1, %(n, y)). Nach dem Rekursionssatz gibt es eine Funktion φ : N → A mit φ(1) = a und φ(n + 1) = g(φ(n)). Ist für n ∈ N nun rn die zweite Komponente von φ(n), so hat (rn )n∈N die geforderten Eigenschaften. (iii) Sei F ⊆ R nach oben beschränkt und x := sup F. Gemäß der Definition des Supremums gilt (x − 1n , x] ∩ F , ∅ für alle n ∈ N. Wählt man für jedes n ∈ N eine reelle Zahl xn ∈ (x − n1 , x] ∩ F, so erhält man eine Folge (xn )n∈N , in F, die gegen sup F konvergiert. Man kann ähnlich wie oben (xn )n∈N sogar monoton wachsend wählen. Entsprechendes gilt für nach unten beschränkte Mengen und deren Infimum. Im nächsten Satz wollen wir zeigen, dass die algebraischen Operationen und die Betragsfunktion auf R und C mit dem Grenzwertbegriff verträglich sind. 3.3.5 Satz (Rechenregeln für Folgen). Seien (zn )n∈N und (wn )n∈N konvergente Folgen reeller oder komplexer Zahlen, limn→∞ zn =: z, limn→∞ wn =: w. Dann gilt für k ∈ N (i) limn→∞ |zn | = |z|, limn→∞ z̄n = z̄. (ii) limn→∞ (zn + wn ) = z + w, limn→∞ (−zn ) = −z. 82 3 Der Grenzwert (iii) Ist z = 0, also zn → 0, n → ∞, und ist (un )n∈N eine beschränkte Folge aus R bzw. C, dann gilt limn→∞ (zn · un ) = 0. (iv) limn→∞ (zn · wn ) = z · w. (v) limn→∞ zkn = zk . (vi) Falls z , 0 ist, gilt limn→∞ 1 zn = 1z . √ √ (vii) Ist zn ∈ R und zn ≥ 0, so folgt limn→∞ k zn = k z. 3.3.6 Bemerkung. Bis auf den letzten Punkt werden wir Satz 3.3.5 für komplexe Folgen beweisen. Fast derselbe Beweis funktioniert für reellwertige Folgen. Man kann aber die Rechenregeln für reellwertige Folgen auch aus denen für komplexwertige Folgen herleiten, da – wie wir gleich zeigen wollen – eine Folge (xn )n∈N in R genau dann konvergiert, wenn (xn +i0)n∈N in C konvergiert. Dabei gilt limn→∞ (xn +i0) = (limn→∞ xn )+i0. Ist (xn )n∈N eine reellwertige Folge, welche gegen ein x ∈ R konvergiert, so konvergiert (xn + i0)n∈N gegen x + i0, da ja |(xn + i0) − (x + i0)| = |xn − x| → 0; vgl. Bemerkung 3.2.3. Konvergiert umgekehrt für eine reellwertige Folge (xn )n∈N die Folge (xn + i0)n∈N in C gegen x + iy ∈ C, so folgt wegen n→∞ 0 ≤ max(|xn − x|, |0 − y|) ≤ |(xn + i0) − (x + iy)| −→ 0 , gemeinsam mit Satz 3.3.2, dass xn → x und |y| → 0, also y = 0. Beweis. (Satz 3.3.5) (i) Zu > 0 wähle N ∈ N, sodass |zn − z| < für n ≥ N. Mit der Dreiecksungleichung nach unten erhält man |zn | − |z| ≤ |zn − z| < , |z̄n − z̄| = |zn − z| < . Man kann limn→∞ |zn | = |z| auch als Spezialfall von Lemma 3.2.10 sehen: |zn | = d(zn , 0) → d(z, 0) = |z|. (ii) Sei > 0 gegeben. Wähle N so, dass |zn − z| < Es gilt für solche n 2 und auch |wn − w| < 2 |(zn + wn ) − (z + w)| = |(zn − z) + (wn − w)| ≤ |zn − z| + |wn − w| < für alle n ≥ N. + =. 2 2 Also ist (zn + wn )n∈N konvergent und der Grenzwert ist z + w. Weiters gilt für N so groß, dass |zn − z| < , wenn nur n ≥ N, auch |(−zn ) − (−z)| = | − (zn − z) | = |zn − z| < , n ≥ N. Also konvergiert (−zn )n∈N gegen −z. 3.3 Folgen reeller und komplexer Zahlen 83 (iii) Ist C > 0 so, dass |un | ≤ C, n ∈ N, und ist > 0, so gibt es wegen zn → 0 ein N ∈ N, sodass |zn | < C , n ≥ N. Es folgt |zn · un | < für alle n ≥ N, also zn · un → 0. (iv) Ist N so groß, dass |wn − w| < für n ≥ N, so gilt |zwn − zw| = |z| · |wn − w| < |z| · für alle n ≥ N . Gemäß (3.4) folgt daher zunächst zwn → zw. Um zn wn → zw nachzuweisen, sei daran erinnert, dass gemäß Proposition 3.2.13 konvergente Folgen beschränkt sind. Nach (ii) konvergiert (zn − z) gegen Null, und mit (iii) daher auch (zn − z)wn → 0, n → ∞. Der schon bewiesene Teil von (iv) gibt nun zusammen mit (ii) n→∞ zn wn = (zn − z)wn + zwn −→ 0 + zw . (v) Das folgt durch vollständige Induktion nach k aus (iv). (vi) Sei nun z , 0. Wegen (i) und Lemma 3.3.1 folgt aus zn → z für hinreichend großes n, dass |zn | > |z|2 . Es folgt die Abschätzung 1 − 1 = |z − zn | ≤ |z − z | · 2 , n zn z |z| · |zn | |z|2 und damit wird die Differenz 1 zn − 1 z für große n beliebig klein. (vii) Sei zunächst z > 0. Wegen (i) und Lemma 3.3.1 folgt aus zn → z die Existenz von N ∈ N, sodass für n ≥ N sicher zn > 2z > 0 und |zn − z| < . Gemäß (2.9) gilt für solche n √ √ |zn − z| | k zn − k z | = √ k−1 √ k−2 √ √ k−2 √ √ k−1 k k k | z + z zn + . . . + k zn k z + k zn | |zn − z| ≤ p k−1 p k−2 p < p k−1 , p p p k−2 k−1 k z k z | k 2z + k 2z + . . . + k 2z + k 2z | k k 2z 2 2 √ √ da klarerweise auch z > 2z . Gemäß (3.4) folgt k zn → k z. Ist z = 0, so sei > 0 vorgegeben. Ist nun N ∈ N so, dass zn = |zn − 0| < k für n ≥ N, dann folgt aus der Monotonie der Wurzelfunktion (vgl. Bemerkung 2.9.7) √ √ √ | k zn − 0| = k zn < . Also k zn → 0. q 3.3.7 Beispiel. (i) Wegen limn→∞ 1n = 0 folgt aus Satz 3.3.5, (vii), dass limn→∞ Satz 3.3.5, (v), erhält man also, dass für alle r ∈ Q, r > 0, lim n→∞ 1 = 0. nr 1 √ p n = 0. Zusammen mit 84 3 Der Grenzwert √ √ (ii) Um für xn = n3 + 1 − n3 + 2n den Grenzwert zu berechnen, verwenden wir (2.9) und erhalten √ √ (n3 + 1) − (n3 + 2n) n3 + 1 − n3 + 2n = √ √ n3 + 1 + n3 + 2n 1 −2 1 − 2n n = √ = q . q √ n3 + 1 + n3 + 2n n + n12 + n + n2 Wegen 0≤ q n+ 1 1 n2 q + n+ 2 n 1 ≤ √ n ergibt Satz 3.3.2, dass der mittlere Ausdruck gegen Null konvergiert. Zusammen mit Satz 3.3.5, (iv), folgt limn→∞ xn = 0. √ (iii) Die Folge xn = n n konvergiert gegen 1. In der Tat gilt für die Folge an := xn − 1, dass an ≥ 0 und (1 + an )n = n. Nach dem Binomischen Lehrsatz gilt ! n X n k n−k n(n − 1) 2 n n = (an + 1) = an 1 ≥ 1 + an . k 2 k=0 Damit folgt a2n ≤ xn → 1, n → ∞. 2(n−1) n(n−1) = 2 n → 0. Gemäß Satz 3.3.5, (vii), gilt an → 0 und daher √ (iv) Ist q > 0 fest, so gilt limn→∞ n q = 1. Betrachte zunächst den Fall q ≥ 1. Dann gilt für n ≥ q √ √ 1 ≤ nq ≤ nn. q √ Nach Satz 3.3.2 folgt n q → 1. Im Fall 0 < q < 1 betrachte √n1q = n 1q und verwende Satz 3.3.5. (v) Um für z ∈ C mit |z| < √ 1 und k ∈ N den Grenzwert limn→∞ nk · zn zu berechnen, sei n N ∈ N so groß, dass | nk · z| < 1+|z| (< 1) für alle n ≥ N. Diese Wahl ist wegen 2 √n k limn→∞ n · |z| = |z| zusammen mit Lemma 3.3.1 möglich. Für n ≥ N gilt dann !n 1 + |z| k n 0 ≤ |n · z | ≤ , 2 und somit limn→∞ nk · zn = 0. 3.4 Monotone Folgen Bisher haben wir zwar gesehen, was aus der Konvergenz einer oder mehrerer Folgen folgt. Das Problem, ob eine gegebene Folge konvergiert oder nicht, haben wir jedoch nicht betrachtet. Die definierende Eigenschaft von R, vollständig angeordnet zu sein, wird uns in R die Existenz von Grenzwerten bestimmter Folgen liefern. 3.4 Monotone Folgen 85 3.4.1 Definition. Eine Folge (an )n∈N in R heißt monoton wachsend, falls an ≤ an+1 für alle n ∈ N, also a1 ≤ a2 ≤ a3 ≤ . . . Sie heißt monoton fallend, falls an ≥ an+1 für alle n ∈ N, also a1 ≥ a2 ≥ a3 ≥ . . . Eine Folge heißt monoton, wenn sie monoton wachsend oder monoton fallend ist. 3.4.2 Satz. Sei (xn )n∈N eine monoton wachsende und nach oben beschränkte Folge. Dann konvergiert (xn )n∈N , wobei lim xn = sup{xn : n ∈ N} . n→∞ Entsprechend konvergiert eine monoton fallende und nach unten beschränkte Folge (xn )n∈N gegen inf{xn : n ∈ N}. Beweis. Sei (xn )n∈N monoton wachsend und nach oben beschränkt. Somit existiert x := sup{xn : n ∈ N}. Wir zeigen, dass limn→∞ xn = x. Sei > 0. Wegen x − < x kann x − keine obere Schranke der Menge {xn : n ∈ N} sein. Es gibt also ein N ∈ N mit xN > x − . Wegen der Monotonie folgt auch xn > x − für alle n ≥ N. Da stets x ≥ xn gilt, erhält man für n ≥ N 0 ≤ x − xn < , und damit |xn − x| < . Für monoton fallende Folgen schließt man in analoger Art und Weise. q 3.4.3 Beispiel. . Gemäß Beispiel 2.8.2 gilt inf{ 1n : n ∈ N} = 0. Also folgt (i) Betrachte die Folge 1n n∈N aus Satz 3.4.2, dass limn→∞ n1 = 0. Dieses Konvergenzverhalten haben wir übrigens auch schon in Beispiel 3.2.4, (ii), festgestellt. (ii) Die Bedingung in Satz 3.4.2 hinreichend für Konvergenz, aber nicht notwendig. (−1)ist n Betrachte dazu die Folge n . n∈N √ √ (iii) Nach dem Rekursionssatz Satz 2.3.3 ist durch a1 = 2 und an+1 = 2 + an eine Folge in [0, +∞) wohldefiniert. Wir behaupten, dass dabei an ≤ 2 und an ≤ an+1 für alle n ∈ N, was wir mittels vollständiger Induktion zeigen wollen. q √ √ √ Für n = 1 gilt offenbar a1 = 2 ≤ 2 und a1 = 2 ≤ 2 + 2 = a2 . √ √ Gelte nun an√≤ 2 und a√ 2 + an ≤ 2 + 2 = 2 und n ≤ an+1 . Daraus folgt an+1 = auch an+1 = 2 + an ≤ 2 + an+1 = an+2 . Gemäß Satz √ 3.4.2 konvergiert (an )n∈N gegen a = sup{an : n ∈ N}, welches sicher a ≥ a1 = 2 > 0 erfüllt. Um a genau zu berechnen, sei bemerkt, dass auch (vgl. Satz 3.3.5) p √ a = lim an+1 = lim 2 + an = 2 + a . n→∞ n→∞ 86 3 Der Grenzwert Somit erfüllt a die Gleichung a2 − a − 2 = 0. Also gilt a = 2 oder a = −1, wobei die zweite Möglichkeit wegen a > 0 ausgeschlossen werden kann. (iv) Für n ∈ N sei 1 en = 1 + n !n 1 und fn = 1 + n !n+1 . Offenbar gilt immer 1 < en < fn . Wir rechnen mit Hilfe der Version der Bernoullische Ungleichung aus Beispiel 2.3.14 ! !n+1 1 n+1 en+1 1 1 + n+1 n + 1 n2 + 2n + 1 − 1 = 1+ = en n n n2 + 2n + 1 1 + 1n !n+1 n+1 1 = 1− n (n + 1)2 ! 1 n+1 n n+1 1 − (n + 1) = = 1. > 2 n (n + 1) n n+1 Ähnlich gilt fn fn+1 n+2 !n+2 1 + 1n n n2 + 2n + 1 = 1 1 n+1 n2 + 2n 1 + n+1 n !n+2 1 n 1+ 2 = n+1 n + 2n ! n 1 n n+1 > 1 + (n + 2) 2 = = 1. n+1 n + 2n n+1 n 1 = 1+ Also ist (en )n∈N streng monoton wachsend und ( fn )n∈N streng monoton fallend. Wegen 1 < en < fn ≤ f1 = 4 für alle n ∈ N sind diese Folgen auch beschränkt, und somit konvergent, wobei ! 1 lim fn = lim 1 + · en = 1 · lim en . n→∞ n→∞ n→∞ n Den gemeinsamen Grenzwert dieser Folgen nennt man die Eulersche Zahl e. Wir wollen nun Satz 3.4.2 dazu verwenden, um jeder beschränkten Folge (xn )n∈N aus R zwei Zahlen zuzuordnen, die als Verallgemeinerung eines Grenzwertes angesehen werden können. Dazu betrachten wir für jedes N ∈ N die Zahlen yN := inf{xn : n ≥ N} und zN = sup{xn : n ≥ N} . Weil die Mengen {xn : n ≥ N} beschränkt sind, sind yN und zN in R wohldefiniert. Aus {xn : n ≥ N + 1} ⊆ {xn : n ≥ N} folgt für jedes N ∈ N yN ≤ yN+1 ≤ zN+1 ≤ zN , 3.4 Monotone Folgen 87 womit (yN )N∈N monoton wachsend und (zN )N∈N monoton fallend ist. Wegen der Beschränktheit von (xn )n∈N gibt es ein C ≥ 0 mit |xn | ≤ C bzw. −C ≤ xn ≤ C für alle n ∈ N, woraus −C ≤ yN ≤ zN ≤ C für alle N ∈ N folgt. Gemäß Satz 3.4.2 konvergieren die Folgen (yN )N∈N und (zN )N∈N , womit folgende Definition Sinn macht. 3.4.4 Definition. Sei (xn )n∈N eine beschränkte Folge aus R. Dann heißt lim inf xn := lim inf{xn : n ≥ N} n→∞ N→∞ Limes Inferior und lim sup xn := lim sup{xn : n ≥ N} n→∞ N→∞ Limes Superior der Folge (xn )n∈N . Nach Satz 3.4.2 haben wir auch lim inf xn = sup inf xn sowie lim sup xn = inf sup xn . n→∞ N∈N n≥N N∈N n≥N n→∞ Zunächst bringen wir ein Resultat über den Limes Inferior bzw. den Limes Superior, welches sich im Folgenden noch als sehr nützlich herausstellen wird. 3.4.5 Lemma. Ist (xn )n∈N eine beschränkte Folge aus R, so gibt es eine Teilfolge (xm( j) ) j∈N von (xn )n∈N , die gegen lim inf n→∞ xn konvergiert, und auch eine Teilfolge (xn( j) ) j∈N von (xn )n∈N , die gegen lim supn→∞ xn konvergiert. Beweis. Sei N ∈ N und > 0. Wegen inf{xk : k ≥ N} ≤ lim inf xn < lim inf xn + n→∞ n→∞ ist lim inf n→∞ xn + keine untere Schranke von {xk : k ≥ N}. Also gibt es ein l(N, ) ≥ N, sodass inf{xk : k ≥ N} ≤ xl(N,) < lim inf xn + . (3.7) n→∞ Wir definieren nun rekursiv eine Teilfolge6 (xm( j) ) j∈N von (xn )n∈N , indem wir zunächst 1 m(1) = 1 setzen. Ist m( j) ∈ N definiert, so gilt wegen (3.7) für m( j + 1) := l m( j) + 1, j+1 ≥ m( j) + 1 > m( j) inf{xk : k ≥ m( j) + 1} ≤ xm( j+1) < lim inf xn + n→∞ 1 . j+1 Für j → ∞ konvergieren die linke und die rechte Seite dieser Ungleichungskette gegen lim inf n→∞ xn . Nach dem Einschlusskriterium Satz 3.3.2 folgt die Konvergenz von (xm( j) ) j∈N gegen lim inf n→∞ xn . Der Beweis für den Limes Superior verläuft entsprechend. q 6 Dass man so verfahren kann, wird durch den Rekursionssatz gewährleistet. 88 3 Der Grenzwert Wir wollen uns noch mit einigen weiteren Eigenschaften des Limes Inferior bzw. Limes Superior beschäftigen. 3.4.6 Fakta. 1. Aus inf n≥N xn ≤ supn≥N xn für jedes N ∈ N folgt unmittelbar lim inf xn ≤ lim sup xn . n→∞ n→∞ 2. Weiters folgt aus den Rechenregeln für Suprema und Infima sofort, dass lim supn→∞ (−xn ) = − lim inf n→∞ xn sowie lim supn→∞ an ≤ lim supn→∞ bn und lim inf n→∞ an ≤ lim inf n→∞ bn für beschränkte Folgen (an )n∈N , (bn )n∈N mit an ≤ bn ab einem Index N ∈ N. 3. Ist (xn )n∈N konvergent, so folgt aus Lemma 3.4.5 und Satz 3.2.8, (iv), dass lim inf xn = lim xn = lim sup xn . n→∞ n→∞ n→∞ (3.8) Gilt umgekehrt y := lim inf n→∞ xn = lim supn→∞ xn , so gibt es zu jedem > 0 ein N1 ∈ N, sodass y − < inf n≥N xn ≤ y für alle N ≥ N1 , und ein N2 ∈ N, sodass y ≤ supn≥N xn < y + für alle N ≥ N2 . Für N ≥ max(N1 , N2 ) folgt y − < inf xn ≤ xN ≤ sup xn < y + , n≥N n≥N und damit die Konvergenz von (xn )n∈N gegen y; also gilt (3.8). 4. Aus lim supn→∞ xn = limN→∞ supn≥N xn zusammen mit Satz 2.8.3 und Lemma 3.3.1 zeigt man, dass lim supn→∞ xn < ξ genau dann, wenn es ein q < ξ gibt, sodass xn ≤ q für alle bis auf endlich viele n ∈ N. Entsprechendes gilt für lim inf n→∞ xn > ξ. 5. Ähnlich gilt lim supn→∞ xn > ξ genau dann, wenn es ein q > ξ gibt, sodass xn ≥ q für unendlich viele n ∈ N. Entsprechendes gilt für lim inf n→∞ xn < ξ. 3.4.7 Bemerkung (*). In der Tat ist lim supn→∞ xn jene eindeutige Zahl x, für die gilt: Für jedes > 0 gibt es nur für endlich viele n ∈ N, die der Ungleichung xn ≥ x + genügen, wogegen für unendlich viele n ∈ N die Ungleichung xn ≥ x − gilt. Auch hier gilt entsprechendes für lim inf n→∞ xn . 3.5 Cauchy-Folgen Um in allgemeinen metrischen Räumen Folgen auf Konvergenz zu untersuchen, führt man den Begriff der Cauchy-Folge ein. 3.5.1 Definition. Sei hX, di ein metrischer Raum. Eine Folge (xn )n∈N von Elementen aus X heißt Cauchy-Folge, falls ∀ ∈ R, > 0 ∃N ∈ N : d(xn , xm ) < für alle n, m ≥ N . (3.9) 3.5 Cauchy-Folgen 89 3.5.2 Bemerkung. Da es wegen Satz 2.8.3 zwischen jedem ∈ R, > 0 und der Zahl 0 ein ε ∈ Q mit 0 < ε < gibt, erhält man eine zu Definition 3.5.1 äquivalente Definition, wenn man in (3.9) statt ∀ ∈ R, > 0 . . . den Ausdruck ∀ ∈ Q, > 0 . . . schreibt. Aus demselben Grund lässt sich die Konvergenz einer Folge durch (3.3) charakterisieren, wenn man in eben dieser Gleichung ∀ ∈ Q, > 0 . . . anstatt ∀ ∈ R, > 0 . . . schreibt. Ähnlich wie in Proposition 3.2.13 gilt: 3.5.3 Proposition. Sei (xn )n∈N eine Cauchy-Folge. Dann ist {xn : n ∈ N} beschränkt. Beweis. Wähle N ∈ N mit d(xn , xm ) < 1 für n, m ≥ N. Setzt man C := 1 + max{d(x1 , xN ), . . . , d(xN−1 , xN )} , q so gilt d(xn , xN ) ≤ C für jedes n ∈ N. Aus dem nächsten Resultat erkennt man einen Zusammenhang zum Begriff der Konvergenz. 3.5.4 Proposition. Jede konvergente Folge (xn )n∈N ist eine Cauchy-Folge. Beweis. Sei > 0 gegeben. Aus der Definition der Konvergenz folgt die Existenz einer Zahl N ∈ N mit der Eigenschaft, dass d(xn , x) < 2 , n ≥ N. Hier bezeichnet x den Grenzwert der Folge (xn )n∈N , der zwar nach Voraussetzung existiert, über den sonst aber nichts bekannt zu sein braucht. Dann gilt nach der Dreiecksungleichung für n, m ≥ N d(xn , xm ) ≤ d(xn , x) + d(x, xm ) < + =. 2 2 q Also ist jede konvergente Folge eine Cauchy-Folge. Würde nun umgekehrt jede CauchyFolge konvergieren, so könnten wir die Konvergenz einer Folge nachweisen, ohne ihren Grenzwert explizit in der Hand zu haben. Leider ist dies bei vielen metrischen Räumen nicht der Fall. 3.5.5 Definition. Ein metrischer Raum hX, di heißt vollständig, wenn jede Cauchy-Folge von Elementen aus X in X einen Grenzwert besitzt. 3.5.6 Beispiel. Die rationalen Zahlen sind nicht vollständig. Dazu betrachte man √ z.B. eine Folge (rn )n∈N bestehend aus rationalen Zahlen wie in Beispiel 3.3.4, die gegen 2 ∈ R \ Q konvergiert. Diese ist eine Cauchy-Folge in R und daher auch in Q. Sie konvergiert aber nicht in Q. √ Denn würde sie das tun, so würde sie in R einerseits gegen 2 und andererseits gegen einen Grenzwert in Q konvergieren. Das widerspricht der Eindeutigkeit des Grenzwertes in R. 3.5.7 Lemma. Sei (xn )n∈N eine Cauchy-Folge in einem metrischen Raum hX, di, die eine konvergente Teilfolge hat. Dann ist (xn )n∈N konvergent. 90 3 Der Grenzwert Beweis. Sei (xn(k) )k∈N die konvergente Teilfolge mit limk→∞ xn(k) = x. Zu > 0 wähle N1 so groß, dass d(xn , xm ) < für n, m ≥ N1 . Wähle N2 so groß, dass d(xn(k) , x) < für k ≥ N2 . Setze N := max{N1 , N2 }. Wählt man nun k ≥ N, so folgt n(k) ≥ k ≥ N, und man erhält für n≥N d(xn , x) ≤ d(xn , xn(k) ) + d(xn(k) , x) < + = 2 . q Das wichtigste Beispiel für einen vollständig metrischen Raum sind die reellen Zahlen. 3.5.8 Satz (Cauchysches Konvergenzkriterium). Sei (xn )n∈N eine Cauchy-Folge reeller Zahlen. Dann existiert eine reelle Zahl x, sodass (xn )n∈N gegen x konvergiert. Also ist R versehen mit der euklidischen Metrik ein vollständig metrischer Raum. Beweis. Gemäß Proposition 3.5.3 ist die Cauchy-Folge (xn )n∈N beschränkt. Nach Lemma 3.4.5 hat (xn )n∈N eine konvergente Teilfolge. Schließlich konvergiert gemäß Lemma 3.5.7 auch die Folge (xn )n∈N selbst. q 3.5.9 Beispiel. (i) Der metrische Raum X = [0, 1] versehen mit der euklidischen Metrik ist auch vollständig, denn ist (xn )n∈N eine Cauchy-Folge in X, so ist sie das auch in R. Wegen Satz 3.5.8 gilt limn→∞ xn = x für ein x ∈ R. Wegen 0 ≤ xn ≤ 1, n ∈ N, folgt aus Lemma 3.3.1, (iii), dass auch x ∈ X. Also hat jede Cauchy-Folge in X einen Grenzwert in X. eine (ii) Ist dagegen etwa X = (0, 1] versehen mit der euklidischen Metrik, so ist 1n n∈N 1 Cauchy-Folge in X. Sie hat aber in X keinen Grenzwert, denn sonst würde n n∈N auch in R gegen diesen Grenzwert x ∈ X ⊆ R und andererseits gegen 0 streben. Wegen 0 < X muss x , 0 im Widerspruch zu Satz 3.2.8, (i). 3.6 Konvergenz in weiteren metrischen Räumen Wir betrachten die Menge R p (p ∈ N) und versehen diese mit den drei schon vorgestellten Metriken d1 , d2 , d∞ . Wie bereits bemerkt, unterscheiden sich diese Metriken voneinander. Der Unterschied ist aber nicht allzu groß. In der Tat werden wir sehen, dass wenn eine Folge bezüglich einer der drei Metriken konvergiert, diese dann auch bezüglicher der anderen zwei konvergiert7 . Der Grund dafür liegt in der Ungleichungskette max |xk | ≤ k=1,...,p p X k=1 2 |xk | 12 ≤ p X k=1 |xk | ≤ p · max |xk | . k=1,...,p (3.10) Das zweite „≤“ sieht man durch quadrieren. Das erste und dritte ist klar. 7 Es sei aber hier auch darauf hingewiesen, dass es auf ein und derselben Menge Metriken d, d̃ geben kann, sodass eine gewisse Folge (xn )n∈N in dieser Menge bezüglich d konvergiert, aber bezüglich d̃ divergiert. 3.6 Konvergenz in weiteren metrischen Räumen 91 3.6.1 Proposition. Sei (xn )n∈N eine Folge von Punkten xn = (xn,1 , . . . , xn,p ) ∈ R p , und x = (x1 , . . . , x p ) ∈ R p . Dann impliziert limn→∞ xn = x bezüglich einer der Metriken d1 , d2 , d∞ auch limn→∞ xn = x bezüglich der anderen zwei Metriken aus d1 , d2 , d∞ . Die Konvergenz von (xn )n∈N gegen x bezüglich einer und daher aller dieser Metriken ist wiederum äquivalent zur komponentenweisen Konvergenz 8 lim xn,k = xk für alle k = 1, . . . , p . n→∞ (3.11) Insbesondere konvergiert eine Folge (zn )n∈N komplexer Zahlen gegen ein z ∈ C genau dann, wenn9 lim Re(zn ) = Re z und lim Im(zn ) = Im z . n→∞ n→∞ Beweis. Aus Ungleichung (3.10) schließen wir auf d∞ (xn , x) ≤ d2 (xn , x) ≤ d1 (xn , x) ≤ p · d∞ (xn , x) . Das Einschlusskriterium Satz 3.3.2 liefert nun sofort, dass, wenn eine der Folgen d1 (xn , x) n∈N , d2 (xn , x) n∈N bzw. d∞ (xn , x) n∈N eine Nullfolge ist, es dann die beiden anderen Folgen auch sind. Aus Bemerkung 3.2.3 folgt, dass die Konvergenzbegriffe bzgl. der drei Metriken übereinstimmen. Sei nun limn→∞ xn = x bezüglich bezüglich einer dieser Metriken und daher insbesondere bezüglich d∞ . Für k = 1, . . . , p gilt 0 ≤ |xn,k − xk | ≤ max |xn, j − x j | = d∞ (xn , x) . j=1,...,p Wieder nach dem Einschlusskriterium Satz 3.3.2 zusammen mit Bemerkung 3.2.3 folgt limn→∞ xn,k = xk . Sei umgekehrt (3.11) vorausgesetzt und > 0 gegeben. Wähle N1 , . . . , N p , sodass für k = 1, . . . , p folgt |xn,k − xk | < , n ≥ Nk . Setzt man N := max{N1 , . . . , N p }, so folgt d∞ (xn , x) = max |xn,k − xk | < . k=1,...,p Also gilt xn → x bezüglich d∞ . 3.6.2 Beispiel. Man betrachte die Folge (xn )n∈N im R3 gegeben durch n X 1 1 . xn = · (−1)n , 2 − 3n, k n 2 k=0 q P Wegen | 1n · (−1)n | = 1n → 0 und 1n · nk=0 21k ≤ n2 → 0 konvergieren die erste und die dritte Komponente gegen 0. Die zweite konvergiert wegen 1n (2 − 3n) = 2n − 3 gegen −3. Also konvergiert unsere Folge bezüglich d1 , d2 , d∞ gegen (0, −3, 0). 8 9 Diese Konvergenz versteht sich in R bezüglich der euklidischen Metrik. Vergleiche Bemerkung 3.3.6. 92 3 Der Grenzwert 3.6.3 Korollar. Der Raum R p versehen mit einer der Metriken d1 , d2 , d∞ ist vollständig. Insbesondere sind die komplexen Zahlen vollständig. Beweis. Zunächst sei bemerkt, dass wenn eine Folge (xn )n∈N von Punkten des R p eine Cauchy-Folge bezüglich einer der Metriken d1 , d2 , d∞ ist, so ist sie das wegen d∞ (xn , xm ) ≤ d2 (xn , xm ) ≤ d1 (xn , xm ) ≤ p · d∞ (xn , xm ) auch bezüglich der beiden anderen Metriken. Sei nun (xn )n∈N eine Cauchy-Folge von Punkten des R p (bzgl. d1 , d2 , d∞ ), wobei xn = (xn,1 , . . . , xn,p ). Dann gibt es zu jedem vorgegebenen > 0 eine Zahl N ∈ N mit d∞ (xn , xm ) < für n, m ≥ N. Es folgt für jedes k ∈ {1, . . . , p} |xn,k − xm,k | ≤ d∞ (xn , xm ) < für alle n, m ≥ N , wodurch jede der Folgen (xn,k )n∈N , k = 1, . . . , p eine Cauchy-Folge reeller Zahlen ist. Daher existieren y1 , . . . , y p ∈ R mit lim xi,k = yk , k = 1, . . . , p . i→∞ Wegen Proposition 3.6.1 folgt limn→∞ xn = y mit y = (y1 , . . . , y p ). q 3.6.4 Bemerkung. Die in Satz 3.3.5 hergeleiteten Rechenregeln gelten zum Teil auch in R p , wenn R p mit der euklidischen Metrik und mit den Verknüpfungen „+“ und „skalares Multiplizieren“ wie aus der Linearen Algebra bekannt versehen wird. Sind also (xn )n∈N , (yn )n∈N Folgen in R p , die gegen x bzw. y konvergieren, und ist (λn )n∈N eine gegen ein λ ∈ R konvergente Folge in R, so gilt (i) limn→∞ (xn + yn ) = x + y. (ii) limn→∞ λn xn = λx. (iii) limn→∞ (xn , yn ) = (x, y) in R. In (iii) steht (.,.) für das Skalarprodukt (3.2). Das folgt aus Proposition 3.6.1, da man die jeweiligen Konvergenzen auf die Komponenten von R p zurückführen kann. Eine andere Möglichkeit, diese Behauptungen zu beweisen, besteht darin, den euklidischen Abstand qP p p 2 d2 (x, y) zweier Punkte x, y ∈ R als kx − yk2 zu schreiben, wobei kxk2 = k=1 |xk | , und im Beweis von Satz 3.3.5 den Betrag durch k.k ersetzt. Siehe Bemerkung 3.1.6 sowie Lemma 9.1.2. Dass es auf ein und derselben Menge zwei Metriken geben kann, sodass die Konvergenz einer Folge bezüglich der einen Metrik nicht die Konvergenz bezüglich der anderen bedingt, zeigt folgendes Beispiel. 3.7 Konvergenz gegen unendlich 93 3.6.5 Beispiel. Man betrachte R einerseits versehen mit der Euklidischen Metrik d2 , also die von |.| induzierte Metrik, und andererseits mit der diskreten Metrik d aus Beispiel 3.1.5, (iv). Außerdem betrachte man die Folge 1n , welche bezüglich d2 bekannterweise gegen 0 n∈N konvergiert. Bezüglich d tut sie das nicht, da ja immer d(0, n1 ) = 1, n ∈ N. Man zeigt unschwer, dass eine Folge (xn )n∈N bezüglich d genau dann gegen x konvergiert, wenn xn = x für alle n ≥ N mit einem gewissen N ∈ N. 3.6.6 Beispiel (*). Sei p eine feste Primzahl. Die Folge (pn )n∈N ist bezüglich der Metrik d(p) auf Z gegen 0 konvergent, bezüglich der euklidischen Metrik d2 auf Z jedoch divergent. Um das einzusehen, sei > 0 gegeben. Wählt man N ∈ N mit p1N < , so gilt für alle n ≥ N d(p) (pn , 0) = 1 1 ≤ N <. n p p Angenommen es existiere x ∈ Z, sodass pn → x bezüglich d2 . Wähle N ∈ N, sodass d2 (pn , x) < 1, n ≥ N. Dann folgt mit der Bernoullischen Ungleichung 1 + n(p − 1) ≤ pn = d2 (pn , 0) ≤ d2 (pn , x) + d2 (x, 0) < 1 + |x| für alle n ≥ N , und weiter, dass n(p − 1) ≤ |x für alle n ≥ N, was der Tatsache widerspricht, dass R archimedisch angeordnet ist. Tatsächlich sind in hZ, d2 i nur die ab einem Index konstanten Folgen konvergent, da konvergente Folgen auch Cauchy-Folgen sind, und damit insbesondere ab einem gewissen Index der Abstand zweier Folgenglieder kleiner als 1 ist. Zwei verschiedene ganze Zahlen haben aber sicher einen Abstand von mindestens 1. 3.7 Konvergenz gegen unendlich Die Folge xn = n, n ∈ N, als Folge in R ist nicht konvergent. Sie ist ja nicht einmal beschränkt. Trotzdem zeigt sie ein doch recht determiniertes Verhalten. Aus dem Bauch heraus würde man sagen, dass sie „gegen unendlich“ strebt. Wir wollen dieses Verhalten von Folgen exaktifizieren. 3.7.1 Definition. Eine Folge (xn )n∈N aus R heißt konvergent gegen +∞, falls ∀M > 0 ∃N ∈ N : xn > M für alle n ≥ N . (3.12) Entsprechend sagen wir, dass eine Folge (xn )n∈N aus R gegen −∞ strebt, wenn ∀M < 0 ∃N ∈ N : xn < M für alle n ≥ N . (3.13) Folgen, die im obigen Sinne gegen +∞ oder −∞ streben, heißen auch bestimmt divergent. Wir schreiben limn→∞ xn = +∞ bzw. limn→∞ xn = −∞ dafür. 94 3 Der Grenzwert 3.7.2 Bemerkung. Unmittelbar aus (3.12) bzw. (3.13) und Lemma 3.3.1, (i), erkennt man, dass sich für eine Folge (xn )n∈N und ein x ∈ R die Konvergenzen limn→∞ xn = +∞ und limn→∞ xn = x gegenseitig ausschließen. Genauso kann limn→∞ xn = −∞ und limn→∞ xn = x nicht gleichzeitig stattfinden. Ebenso schließen sich limn→∞ xn = +∞ und limn→∞ xn = −∞ gegenseitig aus. Ist (xn )n∈N in R und x ∈ R oder x = ±∞, so kann man x = limn→∞ xn einheitlich folgendermaßen beschreiben: (∀ξ ∈ R, ξ < x ∃N ∈ N : ∀n ≥ N ⇒ xn > ξ) ∧ (∀η ∈ R, η > x ∃N ∈ N : ∀n ≥ N ⇒ xn < η) . Für die Konvergenzbegriffe aus Definition 3.7.1 gelten ähnliche Regeln wie bei der Konvergenz gegen Zahlen. 3.7.3 Satz. Sind (xn )n∈N und (yn )n∈N Folgen in R, wobei limn→∞ xn = +∞, so treffen folgende Aussagen zu. (i) limn→∞ (−xn ) = −∞. (ii) Ist {yn : n ∈ N} nach unten beschränkt, so gilt lim (xn + yn ) = +∞ . n→∞ (iii) Ist yn ≥ C für alle n ≥ k mit einem C > 0 und einem k ∈ N, so gilt lim xn yn = +∞ . n→∞ (iv) Ist xn ≤ yn für alle n ≥ k mit einem k ∈ N, so gilt lim yn = +∞ . n→∞ (v) Sind alle bis auf endlich viele, also alle ab einem Index k ∈ N, yn positiv (negativ), so ist limn→∞ yn = +∞ (−∞) äquivalent zu limn→∞ y1n = 0. (vi) Sei (yn )n∈N monoton wachsend (fallend). Ist (yn )n∈N beschränkt, so ist diese Folge konvergent gegen eine reelle Zahl. Ist (yn )n∈N unbeschränkt, so konvergiert sie gegen +∞ (−∞). Analoge Aussagen gelten im Fall limn→∞ xn = −∞. Beweis. (i) limn→∞ (−xn ) = −∞ folgt unmittelbar aus xn > M ⇔ −xn < −M. 3.7 Konvergenz gegen unendlich 95 (ii) Sei C eine untere Schranke von {yn : n ∈ N}. Zu M > 0 wähle N so groß, dass xn > M − C für alle n ≥ N. Dann folgt für n ≥ max(N, k) xn + yn > (M − C) + C = M , also (xn + yn ) → +∞. (iii) Wähle N ∈ N, sodass N ≥ k und xn > M C xn yn > für alle n ≥ N. Dann folgt für n ≥ N auch M ·C = M, C und infolge xn yn → +∞. (iv) Aus xn > M und xn ≤ yn folgt sicherlich auch yn > M. (v) Seien alle yn mit n ≥ k positiv. Wir nehmen zuerst an, dass y1n → 0. Zu vorgegebenem M wähle N ≥ k so groß, dass für n ≥ N gilt y1n < M1 . Es folgt yn > M. Gilt umgekehrt yn → +∞, und ist > 0, so wähle N so groß, dass für n ≥ N gilt yn > 1 . Daraus folgt | y1n | = y1n < . Die Äquivalenz im Falle yn < 0 für n ≥ k sieht man genauso. (vi) Ist (yn )n∈N beschränkt, so folgt die Aussage aus Satz 3.4.2. Im Fall der Unbeschränktheit gibt es eben wegen dieser zu jedem M > 0 ein N ∈ N, sodass yN > M. Wegen der Monotonie folgt dann auch yn > M für alle n ≥ N. q 3.7.4 Beispiel. Sei q ∈ R und betrachte die Folge qn , n ∈ N. Dann gilt +∞ , falls q > 1 , falls q = 1 , 1 , lim qn = n→∞ 0, falls − 1 < q < 1 , @ , falls q ≤ −1 . Dabei haben wir den Fall 0 ≤ q < 1 schon in Beispiel 3.2.9 behandelt. Der Fall q = 1 ist klar. Für q > 1 folgt aus 0 < 1q < 1, dass q1n → 0. Daraus erhält man mit Satz 3.7.3, dass qn → +∞. Ist −1 < q < 0, so beachte |qn | = |q|n → 0. Ist q ≤ −1, so hat man qn ≥ 1 für n gerade und qn ≤ −1 für n ungerade. Insbesondere ist der Abstand zweier aufeinanderfolgender Folgenglieder ≥ 2, und wir sehen, dass qn keine Cauchy-Folge und erst recht keine konvergente Folge sein kann. Konvergenz gegen +∞ oder −∞ kann aber auch nicht stattfinden, denn dann müssten ja die Folgenglieder insbesondere ab einem Index alle das gleiche Vorzeichen haben. 3.7.5 Beispiel. Seien p, q aus R[x], p, q , 0, also zwei Polynome mit reellen Koeffizienten ungleich dem Nullpolynom. Betrachte die Folge xn := p(n) q(n) 96 3 Der Grenzwert für alle n ∈ N mit q(n) , 0. Da Polynome nur endlich viele Nullstellen haben, ist xn sicher für alle n ∈ N, n ≥ n0 mit einem gewissen n0 ∈ N definiert. Schreiben wir p und q als p(x) = am xm + . . . + a0 und q(x) = bk xk + . . . + b0 mit am , bk , 0 an, so gilt 0, falls m < k , a m falls m = k , bk , lim xn = n→∞ +∞ , falls m > k, abmk > 0 , −∞ , falls m > k, am < 0 . bk Um dieses einzusehen, betrachte zuerst den Fall, dass m ≤ k, und schreibe xn = am nm + am−1 nm−1 + . . . + a0 am nm−k + am−1 nm−1−k + . . . + a0 n−k = . bk nk + bk−1 nk−1 + . . . + b0 bk + bk−1 n−1 + . . . + b0 n−k Dann konvergiert der Nenner dieses Bruches gegen bk , 0. Ist m < k, so konvergiert der Zähler gegen 0, insgesamt also xn → 0. Ist m = k, so strebt der Zähler gegen am und wieder folgt unsere Behauptung. Ist m > k, so schreiben wir xn als nm−k am + am−1 n−1 + . . . + a0 n−m . bk + bk−1 n−1 + . . . + b0 n−k Also gilt xn = nm−k yn , wobei yn → abmk . Nach Lemma 3.3.1 hat yn für hinreichend große Indizes dasselbe Vorzeichen wie abmk . Wegen x1n → 0 folgt aus Satz 3.7.3 das behauptete Konvergenzverhalten für xn . 3.7.6 Beispiel. Ist (xn )n∈N eine Folge aus R, die nicht nach oben beschränkt ist, es also kein reelles C > 0 gibt mit xn ≤ C für alle n ∈ N, so hat (xn )n∈N eine Teilfolge (xn(k) )k∈N , die limk→∞ xn(k) = +∞ erfüllt. Dazu wählt man n(1) ∈ N so, dass xn(1) ≥ 1, und definiert n(k + 1) ∈ N rekursiv so, dass n(k + 1) > n(k) und xn(k+1) ≥ k + 1. Aus Satz 3.7.3, (iv), folgt dann wegen xn(k) ≥ k, dass limk→∞ xn(k) = +∞. 3.8 Konvergenz gegen ±∞ als metrische Konvergenz* Am Ende dieses Kapitels wollen wir eine Möglichkeit vorstellen, wie man die eingeführte Konvergenz gegen ±∞ als herkömmliche Konvergenz in einem metrischen Raum auffassen kann. Dazu müssen wir ±∞ als Elemente unseres Raumes anerkennen, denn eine Folge von Elementen eines Raumes X kann gegen ein Element von X konvergieren, aber nicht gegen irgendetwas. Betrachte also die Menge R = R ∪ {+∞, −∞}, wobei +∞ und −∞ zwei verschiedene formale Elemente sind, die nicht in R liegen. Wir versehen die Menge R in naheliegender Weise mit der Relation x ≤ y :⇔ (x ≤ y falls x, y ∈ R) oder x = −∞ oder y = +∞ . 3.8 Konvergenz gegen ±∞ als metrische Konvergenz* −∞ R 97 +∞ Abbildung 3.1: Veranschaulichung von R Diese Relation ist offensichtlicherweise eine Totalordnung, welche die Supremumseigenschaft hat. 3.8.1 Lemma. Die Funktion φ : R → (−1, 1), φ(x) = x , 1 + |x| bildet R bijektiv und streng monoton wachsend auf das offene Intervall (−1, 1) ab. Für ihre Inverse φ−1 : (−1, 1) → R gilt y φ−1 (y) = . 1 − |y| Beweis. Als erstes wollen wir festhalten, dass für x ∈ R stets |φ(x)| < 1, also φ(x) ∈ (−1, 1) gilt, und dass φ(x) das gleiche Vorzeichen wie x hat. y Ist ψ : (−1, 1) → R definiert durch ψ(y) = 1−|y| , so folgt φ ◦ ψ(y) = 1 und ψ ◦ φ(x) = 1 y 1−|y| |y| + 1−|y| = y = y, (1 − |y|) + |y| x 1+|x| |x| − 1+|x| = x = x. (1 + |x|) − |x| Somit ist nach Satz 1.2.19 die Abbildung φ bijektiv, und ψ ist die Inverse von φ. Für die behaupteten Monotonieeigenschaft seien x1 , x2 ∈ R mit x1 = 0 oder x2 = 0 oder sgn(x1 ) = sgn(x2 ). Wegen x1 |x2 | = |x1 |x2 gilt dann x1 < x2 ⇔ x1 (1 + |x2 |) = x1 + x1 |x2 | < x2 + x2 |x1 | = x2 (1 + |x1 |) ⇔ φ(x1 ) < φ(x2 ) . Da x und φ(x) dasselbe Vorzeichen haben, folgt für den verbleibenden Fall x1 , x2 , 0, sgn(x1 ) = − sgn(x2 ), wobei ohne Beschränkung der Allgemeinheit x1 < x2 , dass sowohl x1 < 0 < x2 als auch φ(x1 ) < 0 < φ(x2 ). q Nun setzten wir φ fort zu einer Abbildung von R nach [−1, 1]. Diese Fortsetzung, welche wir ebenfalls φ nennen wollen, sei definiert durch x , falls x ∈ R , 1+|x| φ(x) := 1, falls x = +∞ , −1 , falls x = −∞ . 98 3 Der Grenzwert +∞ φ [−1, 1] R φ−1 −∞ Abbildung 3.2: Die Abbildung φ Offensichtlich ist diese Fortsetzung auch bijektiv und streng monoton wachsend, wobei y , falls − 1 < y < 1 , 1−|y| −1 φ (y) := +∞ , falls y = 1 , −∞ , falls y = −1 . Wir definieren nun eine Metrik auf R, indem wir die euklidische Metrik mittels φ nach R übertragen. 3.8.2 Lemma. Die Abbildung d : R × R → R definiert durch d(x, y) := φ(x) − φ(y) , ist eine Metrik auf R. Dabei konvergiert eine Folge (xn )n∈N in R gegen ein x ∈ R bezüglich d genau dann, wenn die Folge (φ(xn ))n∈N in [−1, 1] gegen φ(x) ∈ [−1, 1] bezüglich der euklidischen Metrik d2 konvergiert. Beweis. Zunächst sei bemerkt, dass die Abbildung (a, b) 7→ |a − b| eine Metrik und φ injektiv ist. Somit gilt d(x, y) = |φ(x) − φ(y)| ≥ 0, wobei d(x, y) = 0 genau dann, wenn φ(x) = φ(y) bzw. genau dann, wenn x = y. Offensichtlich gilt auch d(x, y) = |φ(x) − φ(y)| = |φ(y) − φ(x)| = d(y, x) und auch d(x, z) = | φ(x) − φ(z) | ≤ | φ(x) − φ(y) | + | φ(y) − φ(z) | = d(x, y) + d(y, z) . Also ist d eine Metrik auf R; vgl. Definition 3.1.1. Die Aussage über die Konvergenz folgt wegen xn → x (bzgl. d) ⇔ d(xn , x) = d2 (φ(xn ) → 0 ⇔ φ(xn ) → φ(x) (bzgl. d2 ) leicht aus Bemerkung 3.2.3. q 3.8 Konvergenz gegen ±∞ als metrische Konvergenz* 99 Wir wissen jetzt also, was es bedeutet, dass eine Folge reeller Zahlen in hR, di gegen +∞ bzw. −∞ konvergiert. Haben wir unser Modell nun richtig in dem Sinne gebaut, dass dieser Begriff von Konvergenz gegen ±∞ tatsächlich mit dem eingangs eingeführten Begriff von Konvergenz gegen ±∞ übereinstimmt? 3.8.3 Proposition. Sei (xn )n∈N eine Folge reeller Zahlen. Dann gilt limn→∞ xn = +∞ im Sinne einer Konvergenz im metrischen Raum hR, di genau dann, wenn (3.12) gilt. Analog gilt limn→∞ xn = −∞ in hR, di genau dann, wenn (3.13) gilt. Zudem bleibt unser alter Konvergenzbegriff reeller Zahlen in dem Sinne erhalten, dass für ein x ∈ R genau dann limn→∞ xn = x in hR, di gilt, wenn limn→∞ xn = x in R bezüglich der euklidischen Metrik d2 . Beweis. Gilt xn → +∞ in hR, di, und ist M > 0, so gibt es zu := 1 − φ(M) > 0 ein N ∈ N, sodass 1 − φ(xn ) = | φ(xn ) − 1 | = d(xn , +∞) < = 1 − φ(M) für alle n ≥ N . Aus dem Monotonieverhalten von φ folgt xn > M für alle n ≥ N. Gilt umgekehrt (3.12), und ist 0 < < 1, so gibt es zu M := φ−1 (1 − ) > 0 ein N ∈ N, sodass xn > M für n ≥ N. Daraus folgt d(xn , +∞) = | φ(xn ) − 1 | = 1 − φ(xn ) < 1 − φ(M) = für alle n ≥ N . Also ist xn → +∞ in hR, di äquivalent zu (3.12). Die Behauptung für xn → −∞ sieht man genauso. Gilt xn → x in R bezüglich d2 für ein x ∈ R, so folgt aus unseren Rechenregeln für Folgen, xn x → 1+|x| Satz 3.3.5, dass auch φ(xn ) = 1+|x = φ(x). Aus Lemma 3.8.2 erhalten wir dann n| xn → x in hR, di. Gilt umgekehrt xn → x in hR, di, also φ(xn ) → φ(x) in R (vgl. Lemma 3.8.2), so schließen wir wegen φ(x) ∈ (−1, 1) wieder mit Satz 3.3.5 auf xn = φ−1 (φ(xn )) = φ(xn ) n→∞ φ(x) −→ =x 1 − |φ(xn )| 1 − |φ(x)| in R bezüglich der euklidischen Metrik d2 . q Wir haben nun unser Zahlensystem etwas erweitert, um den Begriff des „Strebens gegen unendlich“ als Konvergenz in metrischen Räumen interpretieren zu können. Dabei sind jedoch unsere algebraischen Operationen + und · verloren gegangen. Gemäß Satz 3.7.3 macht es zwar Sinn, für x, y ∈ R, y > 0, 1 = 0, usw. ±∞ zu setzen, auf dass die Operationen mit den Grenzwerten verträglich bleiben, (+∞) + (−∞) und 0 · (+∞) aber, lassen sich nicht so definieren, dass Grenzwertregeln wie in Satz 3.3.5 gültig sind. Als einfaches Beispiel betrachte man xn = 2n, yn = n. Offenbar gilt xn , yn → +∞. Dabei würde das Grenzwertverhalten xn − yn = n → +∞ auf (+∞) − (+∞) = +∞, yn − xn = −n → −∞ dagegen auf (+∞) − (+∞) = −∞ deuten. x + (+∞) = +∞, −(+∞) = −∞, y · (+∞) = +∞, 100 3.9 3 Der Grenzwert Unendliche Reihen Wir sind schon einmal einer Folge (S n )n∈N begegnet, die von der speziellen Gestalt S n = Pn k=0 ak mit gewissen Zahlen ak war. In Beispiel 3.2.9 haben wir nämlich die Folge S n = 1 + z + . . . + zn mit |z| < 1 betrachtet. Dort haben wir gezeigt, dass diese Folge gegen den P 1 Grenzwert 1−z konvergiert. Das heißt also, dass für große Werte von n die Summe nk=0 zk 1 den Wert 1−z beliebig gut approximiert. Es ist also naheliegend, dafür ∞ X 1 zk = 1 − z k=0 zu schreiben. 3.9.1 Definition. Sei (ak )k∈N eine Folge reeller oder komplexer Zahlen10 . Wir bezeichnen für n ∈ N mit S n die n-te Partialsumme S n := a1 + a2 + . . . + an , und bezeichnen die Folge (S n )n∈N auch als Reihe mit den Summanden ak . Hat die Folge (S n )n∈N einen Grenzwert, so heißen wir die Reihe konvergent. In diesem Fall nennen wir ihren Grenzwert limn→∞ S n die Summe der Reihe und schreiben ∞ X ak := lim S n . k=1 n→∞ Falls der Grenzwert limn→∞ S n nicht existiert, so heißt die Reihe divergent. Sind die ak alle reell und gilt limn→∞ S n = +∞ bzw. limn→∞ S n = −∞ im Sinne von Definition 3.7.1, so heißt die Reihe konvergent gegen +∞ bzw. −∞, und man schreibt ∞ X k=1 ak = +∞ bzw. ∞ X k=1 ak = −∞ . Man nennt die Reihe dann auch bestimmt divergent gegen +∞ bzw. −∞. P Um die Notation zu vereinfachen, benützt man die Schreibweise ∞ k=1 ak auch für die Reihe P∞ (S n )n∈N selbst, und nennt k=1 ak konvergent bzw. divergent. P Ausdrücke, wie etwa ∞ k=6 ak haben eine sinngemäß analoge Interpretation durch Grenzwerte von Partialsummen. 3.9.2 Bemerkung (*). Eine unendliche Reihe ist per definitionem die Folge ihrer Partialsummen. Somit ist die Theorie der Reihen ein Spezialfall jener der Folgen in R bzw. C. Umgekehrt kann man auch jede Folge reeller oder komplexer Zahlen als Folge der Partialsummen einer Reihe auffassen. Ist nämlich (cn )n∈N irgendeine Folge, und setzt man a1 := c1 , a2 := c2 − c1 , a3 := c3 − c2 , . . . , ak := ck − ck−1 , . . . , P so gilt cn = nk=1 ak . 10 Allgemeiner kann (ak )k∈N auch eine Folge von Elementen eines metrischen Raumes wie etwa der R p sein, auf dem man eine Verknüpfung + hat. 3.9 Unendliche Reihen 101 Aufgrund der Definition einer unendlichen Reihe als Limes ihrer Partialsummen können wir Aussagen über Folgen sofort auf Reihen übertragen. P P∞ P∞ 3.9.3 Korollar. Sind ∞ k=1 ak und k=1 bk konvergent, so ist auch k=1 (ak + bk ) konvergent, wobei ∞ ∞ ∞ X X X (ak + bk ) = ak + bk . k=1 k=1 k=1 P P Ist ∞ ak konvergent und λ eine feste reelle oder komplexe Zahl, so sind auch ∞ k=1 k=1 (λak ) P∞ und k=1 āk konvergent, wobei ∞ X k=1 (λak ) = λ · ∞ X ak , k=1 ∞ X k=1 āk = ∞ X ak . k=1 Beweis. Für die entsprechenden Partialsummen Sn = n X k=1 ak , T n = n X k=1 n n n X X X bk , U n = (ak + bk ), Vn = (λak ), Wn = āk k=1 k=1 k=1 gilt S n + T n = Un , Vn = λS n und Wn = S̄ n . Also folgen die Rechenregeln aus den entsprechenden Regeln für Folgen; vgl. Satz 3.3.5. q Für endliche Summen gelten Rechengesetze wie Kommutativität, Distributivität und Assoziativität. Diese Rechengesetze lassen sich aber nicht ohne weiteres auf unendlichen Reihen übertragen; vgl. Beispiel 5.4.1. 3.9.4 Fakta. 1. Man kann in einer Reihe endlich viele Reihenglieder abändern, ohne das Konvergenzverhalten zu stören. In der Tat unterscheidet sich die neue Folge der Partialsummen ab einem gewissen Index von der alten nur um eine additive Konstante. Die Summe der Reihen unterscheidet sich dann auch im diese additive Konstante. P P∞ Ähnlich konvergiert für ein m ∈ Z \ {0} mit ∞ k=1 ak auch die Reihe k=1 ak+m , wobei man im Falle m < 0 die Summanden am+1 , . . . , a−1 , a0 alle Null setzt. In der Tat gilt P P Pm für m > 0 immer nk=1 ak+m = n+m für n → ∞, dass mit k=1 ak − k=1 ak und damit P P der rechten Seite auch die linke konvergiert. Für m < 0 gilt nk=1 ak+m = n+m k=1 ak für alle n ∈ N mit n > −m. P 2. Hat man eine konvergente Reihe ∞ k=1 ak gegeben, so dürfen beliebig Klammern gesetzt werden, ohne das Konvergenzverhalten der Reihe zu verändern. Exakt formuliert bedeutet das, dass für jede streng monoton wachsende Folge (k(n))n∈N natürlicher Zahlen ∞ ∞ X X aj = An , j=1 n=1 gilt, wobei A1 = a1 + · · · + ak(1) und An = ak(n−1)+1 + · · · + ak(n) für n ≥ 2. 102 3 Der Grenzwert Dieser Sachverhalt folgt aus der einfachen Beobachtung, dass die Folge der ParP tialsummen unserer neuen Reihe ∞ A genau die Teilfolge (S k(n) )n∈N der Folge P∞ n=1 n (S k )k∈N der Partialsummen von j=1 a j ist; vgl. Satz 3.2.8, (iv). P Die Umkehrung gilt hier nicht. Es kann nämlich vorkommen, dass ∞ n=1 An konP∞ vergiert, aber k=1 ak nicht. Man betrachte nur die Reihe 1 − 1 + 1 − 1 + . . . und klammere immer zwei aufeinanderfolgende Summanden ein. P P∞ 3. Sind ∞ sodass k=1 ak und k=1 bk zwei konvergente Reihen mit reellen Summanden, P ak ≤ bk für alle k ∈ N, so gilt für die Partialsummen klarerweise auch nk=1 ak ≤ Pn k=1 bk für alle n ∈ N. Aus Lemma 3.3.1 erhalten wir dann für die Grenzwerte dieser zwei Folgen von Partialsummen ∞ X k=1 ak ≤ ∞ X bk . k=1 Ist nun zusätzlich sogar al < bl für zumindest ein l ∈ N, so folgt al + δ ≤ bl für P P ein hinreichend kleines δ > 0. Somit gilt für n ≥ l, dass δ + nk=1 ak ≤ nk=1 bk . Für n → ∞ folgt wieder aus Lemma 3.3.1, dass ∞ X ak < δ + k=1 ∞ X k=1 ak ≤ ∞ X bk . k=1 3.9.5 Beispiel. (i) Betrachte die Reihe P∞ 1 k=1 k(k+1) . S n := n X k=1 Wegen 1 k(k+1) = 1 k − 1 k+1 gilt ! n X 1 1 1 1 = − =1− . k(k + 1) k=1 k k + 1 n+1 P 1 Die Reihe ∞ k=1 k(k+1) konvergiert also gegen limn→∞ S n = 1. Reihen, deren Grenzwert sich derartig berechnen lässt, nennt man auch Teleskopreihen. (ii) Lässt man die ersten drei Terme weg, also ersetzt sie durch 0, dann gilt für die entsprechenden Partialsummen S n0 stets (n ≥ 3) S n0 ! 1 1 1 1 3 1 = Sn − − − = 1− − → . 1·2 2·3 3·4 n+1 4 4 Somit ist die Reihe P∞ 1 k=4 k(k+1) ebenfalls konvergent. Ihre Summe ist 41 . P 1 (iii) Fasst man immer zwei Summanden der Reihe ∞ k=1 k(k+1) zusammen, so erhält man P∞ 2 die Reihe k=1 (2k−1)(2k+1) , welche nach Fakta 3.9.4, 2, ebenfalls die Summe 1 hat. 3.9 Unendliche Reihen 103 3.9.6 Bemerkung. Aus dem entsprechenden Resultat für Folgen erhält man, dass eine P Reihe ∞ aus komplexen Zahlen genau dann konvergiert, wenn die reellen n=1 zn bestehend P P∞ ∞ Reihen n=1 Re zn und n=1 Im zn beide konvergieren. In diesem Fall gilt ∞ X n=1 zn = ∞ X Re zn + i n=1 ∞ X n=1 Im zn . Folgendes Resultat liefert uns eine einfache notwendige Bedingung für die Konvergenz einer Reihe. Wie wir in Beispiel 3.9.9 sehen werden, ist diese notwendige Bedingung bei weitem nicht hinreichend. P 3.9.7 Proposition. Ist ∞ k=1 ak konvergent, so folgt limk→∞ ak = 0. P Beweis. Ist (S n )n∈N die Folge der Partialsummen von ∞ k=1 ak , so folgt für n ≥ 2 S n − S n−1 = n X k=1 ak − n−1 X ak = an . k=1 Aus Satz 3.2.8 folgt, dass (S n )n∈N gegen den gleichen Grenzwert s, wie (S n−1 )n∈Z≥2 konvergiert. Somit erhalten wir an = S n − S n−1 → s − s = 0. q P 3.9.8 Lemma. Sei ∞ k=1 ak mit ak ∈ R und ak ≥ 0 für alle k ∈ N. (i) Die Reihe ist genau dann konvergent, wenn die Folge (S n )n∈N der Partialsummen P P beschränkt ist. In diesem Fall gilt nk=1 ak ≤ ∞ k=1 ak für alle n ∈ N. Anderenfalls ist sie bestimmt gegen +∞ divergent. P (ii) Minorantenkriterium: Ist ∞ divergente Reihe nichtnegativer reeller Zahlen k=1 bk eine P mit ak ≥ bk für alle k ∈ N, so ist auch ∞ k=1 ak divergent. P (iii) Majorantenkriterium: Ist ∞ Reihe nichtnegativer reeller Zahlen k=1 bk eine konvergente P P P∞ mit ak ≤ bk für alle k ∈ N, so ist auch ∞ a konvergent, wobei ∞ k=1 k k=1 ak ≤ k=1 bk . Beweis. Wegen der Voraussetzung ak ≥ 0 ist (S n )n∈N monoton wachsend. Somit folgt (i) aus Satz 3.7.3, (vi). Die behauptete Ungleichung gilt, da im Falle der Konvergenz der monoton wachsenden Folge (S n )n∈N der Grenzwert gemäß Satz 3.4.2 nichts anderes als sup{S n : n ∈ N} ist. P Bezeichnet (T n )n∈N die Folge der Partialsummen einer Reihe ∞ k=1 bk , wobei bk ∈ R und bk ≥ 0 für alle k ∈ N, so ist auch diese monoton wachsend. P Ist ∞ k=1 bk divergent, so folgt aus ak ≥ bk für alle k ∈ N sicherlich S n ≥ T n . Also kann die Folge (S n )n∈N nicht beschränkt und infolge auch nicht konvergent sein. P Ist dagegen ∞ k=1 bk konvergent, so folgt aus ak ≤ bk für alle k ∈ N, dass S n ≤ T n . Mit (T n )n∈N ist daher auch die Folge (S n )n∈N nach oben beschränkt und wegen (i) auch konvergent. Die behauptete Ungleichung folgt wegen S n ≤ T n aus Lemma 3.3.1; vgl. auch Fakta 3.9.4, 3. q 104 3 Der Grenzwert 3.9.9 Beispiel. Die harmonische Reihe ∞ X 1 k=1 k ist nicht konvergent. Genauer gesagt ist sie bestimmt divergent gegen +∞. Betrachtet man nämlich die Folge der Partialsummen S n = 1 + 12 + · · · + 1n , so ist diese monoton wachsend. Für die Existenz des Limes ist es also notwendig und hinreichend, dass diese Folge beschränkt ist; vgl. Lemma 3.9.8, (i). Im Falle der Konvergenz wäre auch jede Teilfolge beschränkt. Nun gilt jedoch 1 1 1 1 1 1 1 1 1 + + + + + + + + ... + l 2 3 4 5 6 7 8 9 2 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 ≥ 1 + + + + + + + + + ... + l = 1 + l · , 2 |{z} 4 4 | 8 8{z8 } 8 16 2 2 S 2l = 1 + = 21 = 12 womit (S 2l )l∈N nicht beschränkt ist. 3.9.10 Beispiel. Durch Vergleich mit der harmonischen Reihe ist nach dem MinorantenP 1 11 kriterium die Reihe ∞ k=1 kα für α < 1 divergent . P 3.9.11 Lemma (Cauchysches Konvergenzkriterium). Die Reihe ∞ k=1 ak mit reellen oder komplexen Summanden ist genau dann konvergent, wenn n X ∀ > 0 ∃N ∈ N : ak < für alle n > m ≥ N . (3.14) k=m+1 Beweis. Da R und C vollständig metrische Räume sind, ist die Konvergenz der Folge P der Partialsummen S n = nk=1 ak mit der Tatsache gleichbedeutend, dass (S n )n∈N eine P Cauchy-Folge ist. Wegen S n − S m = nk=m+1 ak ist das aber zu (3.14) äquivalent. q Wir werden später weitere Konvergenzkriterien kennenlernen. Diesen Abschnitt beenden wir mit einer weiteren wichtigen Begriffsbildung. P 3.9.12 Definition. Sei (ak )k∈N eine Folge reeller oder komplexer Zahlen. Die Reihe ∞ k=1 ak P∞ heißt absolut konvergent, wenn die Reihe der Beträge k=1 |ak | konvergiert. 3.9.13 Lemma. Jede absolut konvergente Reihe ist auch konvergent. Beweis. Laut Voraussetzung P und gemäß Lemma 3.9.11 gibt es zu jedem > 0 ein N ∈ P N, sodass nk=m+1 |ak | = nk=m+1 |ak | < für alle n > m ≥ N. Daraus und aus der Dreiecksungleichung erhält man n n X X ak ≤ | ak | < . k=m+1 k=m+1 Wieder wegen Lemma 3.9.11 konvergiert damit die Reihe. 11 Bemerke, dass wir kα erst für rationales α definiert haben. q 3.10 Konvergenzkriterien 105 Die Umkehrung von Lemma 3.9.13 gilt im Allgemeinen nicht. P k+1 1 3.9.14 Beispiel. Die alternierende harmonische Reihe ∞ ist konvergent, wie k=1 (−1) k man aus dem Leibnizschen Konvergenzkriterium, Korollar 3.10.7, weiter unten erkennt. P 1 Die Reihe der Beträge ∞ k=1 k ist gemäß Beispiel 3.9.9 aber divergent. 3.10 Konvergenzkriterien Wir wollen das Majorantenkriterium ausnützen, um durch Vergleich mit der geometrischen Reihe zwei oft einsetzbare, hinreichende Bedingungen für die absolute Konvergenz einer Reihe herzuleiten. P 3.10.1 Satz (Wurzelkriterium). Sei ∞ n=1 an eine Reihe mit reellen oder komplexen Summanden. Gibt es eine feste Zahl q ∈ [0, 1) und ein N ∈ N, sodass pn |an | ≤ q für alle n ≥ N , (3.15) √n oder gilt √ die äquivalente Bedingung, dass ( |an | )n∈N beschränkt ist mit P lim supn→∞ n |an | < 1, so ist die Reihe ∞ n=1 an absolut konvergent. p Gibt es dagegen eine Teilfolge12 (an(k) )k∈N mit n(k) |an(k) | ≥ 1, k ∈ N, so ist die √n Reihe P∞ divergent. Diese Teilfolgenbedingung ist sicher dann erfüllt, wenn ( |an | )n∈N a n=1 n √n nach oben nicht beschränkt ist oder wenn lim supn→∞ |an | > 1. √ √ Beweis. Dass (3.15) zur Beschränktheit von ( n |an | )n∈N samt lim supn→∞ n |an | < 1 äquivalent ist, 4, bemerkt. √n haben wir in Fakta 3.4.6, P n n Aus |an | ≤ q folgt |an | ≤ q für alle n ≥ N. Da die Reihe ∞ zeigt das n=N q konvergiert, P∞ P Majorantenkriterium aus Lemma 3.9.8, dass auch n=N |an |, und damit ∞ |a n=1 n | konvergiert.√ Ist ( n |an | )n∈N nach p oben nicht beschränkt, so haben √n wir in Beispiel 3.7.6 eine Teilfolge n(k) konstruiert, die |an(k) | ≥ k, k ∈ N, erfüllt. Ist ( |an | )n∈N nach oben beschränkt und gilt p √n n(k) lim supn→∞ |an | > 1, so folgt aus Fakta 3.4.6, 5, und Lemma 3.3.1, (i), dass |an(k) | > √n 1, k ∈ N, für eine gewisse Teilfolge von ( |a | ) . n n∈N p Gibt es eine Teilfolge (an(k) )k∈N mit n(k) |an(k) | ≥ 1, so folgt |an(k) | ≥ 1. Also kann (|an(k) |)k∈N P und damit auch (an )n∈N keine Nullfolge sein. Wegen Proposition 3.9.7 ist ∞ n=1 an divergent. q 3.10.2 Beispiel. (i) Betrachte die Reihe 12 P∞ 1 n=1 (3+(−1)n )n . s n Die Folge der n-ten Wurzeln 1 1 = n n (3 + (−1) ) (3 + (−1)n ) Diese Bedingung ist äquivalent dazu, dass √n |an | ≥ 1 für unendlich viele n ∈ N; vgl. Lemma 2.3.18. 106 3 Der Grenzwert hat zwar keinen Grenzwert, aber ihre Glieder sind alle ≤ 12 . Somit kann man Satz 3.10.1 anwenden. Der Grenzwert der Reihe lässt sich mit Hilfe der hergeleiteten Regeln für Reihen berechnen: ∞ X n=1 ! X ∞ ∞ ∞ X X 1 1 1 1 1 = + 2k = + n n 2k−1 2k−1 (3 + (−1) ) 2 4 2 42k k=1 k=1 k=1 ∞ ∞ X 1 1 1 X 1 =2 + = 2 − 1 + − 1 . 1 1 k k 4 16 1− 4 1 − 16 k=1 k=1 P 1 (ii) Wie wir in Beispiel 3.10.8 sehen werden, ist die Reihe ∞ n=1 nα für rationales α > 1 absolut konvergent. Das Wurzelkriterium können wir wegen (vgl. Satz 3.3.5 und Beispiel 3.3.7) pn √ lim sup |n−α | = lim ( n n)−α = 1 n→∞ | {z } n→∞ <1 weder dazu verwenden, um auf absolute Konvergenz noch auf Divergenz zu schließen. P 3.10.3 Satz (Quotientenkriterium). Sei ∞ n=1 an eine Reihe mit reellen oder komplexen Summanden. Gibt es eine feste Zahl q ∈ [0, 1) und ein N ∈ N, sodass13 |an+1 | ≤ q für alle n ≥ N , |an | (3.16) | oder gilt die äquivalente Bedingung, dass ( |a|an+1 )n∈Z≥N für ein gewissen N ∈ N n| P |an+1 | beschränkt ist mit lim supn→∞ |an | < 1, so ist die Reihe ∞ n=1 an absolut konvergent. Gibt es dagegen einen Index N ∈ N, sodass an , 0 und P Reihe ∞ n=1 an divergent. |an+1 | |an | ≥ 1 für n ≥ N, so ist die | )n∈Z≥N samt der Bedingung Beweis. Dass (3.16) zur Beschränktheit von ( |a|an+1 n| |an+1 | lim supn→∞ |an | < 1 äquivalent ist, folgt unmittelbar aus Fakta 3.4.6, 4. Unter dieser Voraussetzung gilt |an+1 | ≤ q |an | für alle n ≥ N. Durch vollständige Induktion erhalten wir |aN | |an | ≤ qn N für alle n ≥ N , q q √ woraus n |an | ≤ q · n |aqNN | für n ≥ N folgt. Da der zweite Faktor mit n → ∞ gegen 1 strebt, gilt gemäß Lemma 3.3.1, (i), 13 pn 1+q |an | < für alle n ≥ N 0 2 Dies beinhaltet die Bedingung an , 0 für n ≥ N. 3.10 Konvergenzkriterien 107 mit einem N 0 ≥ N. Also können wir das Wurzelkriterium anwenden und erhalten die absolute Konvergenz. | Aus |a|an+1 ≥ 1 für n ≥ N folgt dagegen |an+1 | ≥ |an | ≥ · · · ≥ |aN | > 0. Also kann (an )n∈N n| keine Nullfolge und infolge die Reihe nicht konvergent sein; vgl. Proposition 3.9.7. q 3.10.4 Beispiel. P zn (i) Betrachte die Reihe ∞ n=0 n! , wobei n! := 1 · 2 · 3 · . . . · n die Zahl n-faktorielle bezeichnet und z ∈ C beliebig ist. Diese Reihe ist konvergent, denn es gilt n+1 z 1 · 2 · ... · n |z| = (n+1)! · |z| = → 0. zn 1 · 2 · . . . · n · (n + 1) n+1 n! Insbesondere ist auch der Limes Superior der linken Seite gleich Null und damit kleiner 1. (ii) Bezeichne mit τ(n) die Anzahl der Teiler der natürlichen Zahl n. Wir betrachten die P n Reihe ∞ n=1 τ(n)x , wobei x > 0 ist. Wegen τ(n) ≤ n gilt pn pn √ τ(n)xn = x · τ(n) ≤ x · n n → x . Ist also x < 1, so ist die Reihe konvergent. Für x ≥ 1 ist sie sicher divergent, denn dann bilden die Summanden keine Nullfolge. Im Beweis von Satz 3.10.3 haben wir das Wurzelkriterium verwendet, um das Quotientenkriterium herzuleiten. Also ist ersteres stärker, wenn auch nicht immer am praktikabelsten. Das eben betrachtete Beispiel – genauso wie Beispiel 3.10.2 – ist gerade eines, wo uns das Wurzelkriterium zum Ziel führt, das Quotientenkriterium aber versagen würde. Denn ist n > 2 eine Primzahl, so gilt τ(n) = 2. Weiters ist n sicher ungerade, und damit kann n + 1 keine Primzahl sein. Also gilt τ(n + 1) ≥ 3. Wir erhalten damit τ(n + 1)xn+1 3 ≥ · x. τ(n)xn 2 Für x ≥ 23 ist daher der Quotient ≥ 1. Da es unendlich viele Primzahlen gibt, können wir somit das Quotientenkriterium nicht anwenden. Die nächsten Kriterien basieren auf folgendem, auch später verwendeten Lemma. 3.10.5 Lemma. Seien a1 , . . . , am und b1 , . . . , bm komplexe oder reelle Zahlen, so gilt m X n=1 an bn = am · βm − wobei die βn die Partialsummen Pn j=1 m−1 X (an+1 − an ) · βn , n=1 b j = βn bezeichnen. 108 3 Der Grenzwert Beweis. m−1 X n=1 (an+1 − an ) · βn = m−1 X n=1 an+1 · βn − = am · βm−1 − m−1 X n=1 m−1 X n=2 an · βn = m X n=2 an · βn−1 − m−1 X n=1 an · βn an · (βn − βn−1 ) − a1 · β1 = am · βm − am bm − m−1 X n=2 an bn − a1 b1 = am · βm − m X an bn . q n=1 3.10.6 Satz (Dirichletsches Kriterium). Sei (an )n∈N eine monotone Nullfolge reeller Zahlen und sei (bn )n∈N eine Folge reeller oder komplexer Zahlen. Gilt für eine Zahl C > 0 n X b j ≤ C für alle n ∈ N , j=1 so ist die Reihe P∞ k=1 ak bk konvergent. Beweis. Sei N so groß, dass |an | < für n ≥ N. Dann folgt für n > m ≥ N aus Lemma 3.10.5 und der Dreiecksungleichung n n−1 k n X X X X |ak+1 − ak | · b j . ak bk ≤ an b j + k=m+1 j=m+1 k=m+1 j=m+1 P P P Wegen | kj=m+1 b j | ≤ | mj=1 b j | + | kj=1 b j | ≤ 2C schätzen wir diesen Ausdruck weiter nach oben durch n−1 X 2C |an | + 2C |ak+1 − ak | k=m+1 ab. Voraussetzungsgemäß haben die Ausdrücke der Form (ak+1 − ak ) immer das gleiche Vorzeichen, womit n−1 n−1 X X 2C |an | + |ak+1 − ak | = 2C |an | + (ak+1 − ak ) k=m+1 k=m+1 ≤ 2C (|an | + |an | + |am+1 |) ≤ 2C · 3 . P Nach dem Cauchyschen Kriterium, Lemma 3.9.11, ist die Reihe ∞ q k=1 ak bk konvergent. P k 3.10.7 Korollar (Leibniz Kriterium). Sei ∞ k=1 (−1) ak eine alternierende Reihe, also an ∈ R, a ≥ 0, n ∈ N. Ist (an )n∈N monoton fallend und gilt limn→∞ an = 0, so konvergiert P∞ n k k=1 (−1) ak . Beweis. Setze im Dirichletschen Kriterium bn = (−1)n . q 3.10 Konvergenzkriterien 109 P 1 m+1 14 3.10.8 Beispiel. Für α > 1 ist die Reihe ∞ k=1 kα konvergent . Wegen m → 1 kann man m+1 m ∈ N so wählen, dass m ≤ α. Nach dem Majorantenkriterium genügt es, die Behauptung für den Exponenten m+1 zu zeigen. m P k+1 1 Betrachte die nach dem Leibnizschen Kriterium konvergente Reihe ∞ 1 . Fassen k=1 (−1) km wir immer je zwei Summanden zusammen, so konvergiert nach Fakta 3.9.4, 2, auch die Reihe ! ∞ X 1 1 − . 1 1 m (2k) m k=1 (2k − 1) Nun ist 1 1 = (2k − 1) m 1 1 m (2k − 1) (2k) 1 m ≥ · − (2k) 1 (2k) m m−1 m = + (2k) 1 2 m (2k) m(2k) 1 1 1 m−1 m (2k) m − (2k − 1) m 1 1 (2k − 1) m (2k) m (2k) − (2k − 1) m−2 m = 1 (2k − 1) m + . . . + (2k − 1) 1 m2 m+1 m · 1 k m+1 m m−1 m . Nach dem Majorantenkriterium folgt somit, dass auch die Reihe P∞ k=1 1 k m+1 m konvergiert. P 3.10.9 Korollar (Abelsches Kriterium*). Sei die reell- oder komplexwertige Reihe ∞ n=1 bn konvergent, und sei (an )n∈N eine monotone und beschränkte Folge aus R. Dann ist die Reihe P∞ k=1 ak bk konvergent. Beweis. Gemäß Satz 3.4.2 konvergiert die Folge (an )n∈N gegen ein a. Für n → ∞ existiert in n n n X X X ak bk = (ak − a)bk + a bk k=1 k=1 k=1 für jeden der beiden Summanden auf der rechten Seite der Grenzwert, denn die Reihe P∞ P∞ k=1 (ak − a)bk konvergiert nach dem Dirichletschen Kriterium und die Reihe k=1 bk nach Voraussetzung. q 3.10.10 Satz (Kriterium von Raabe*). Sei (an )n∈N eine Folge reeller oder komplexer Zahlen. Gibt es eine Zahl β > 1, sodass ab einem Index K immer ak , 0, und |ak+1 | β ≤1− für alle k ≥ K , |ak | k P so ist die Reihe ∞ k=1 ak absolut konvergent. | Ist ab einem gewissen Index K jedoch |a|ak+1 ≥ 1 − 1k , so ist sie nicht absolut konvergent, also k| höchstens bedingt konvergent. 14 Bemerke, dass wir kα erst für rationales α definiert haben. 110 3 Der Grenzwert Beweis. Für k ≥ K gilt wegen unserer Voraussetzung k |ak+1 | ≤ k |ak | − β |ak | und daher (β − 1) |ak | ≤ (k − 1) |ak | − k |ak+1 | . (3.17) Wegen β > 1 ist (k − 1) |ak | > k |ak+1 | > 0. Somit ist die Folge ( (k − 1) |ak | )k∈Z≥2 monoton und beschränkt, und daher konvergent. Daraus ergibt sich die Konvergenz der Folge n X k=2 (k − 1)|ak | − k|ak+1 | = |a2 | − n|an+1 | für n → ∞. Wegen (3.17) und dem Majorantenkriterium konvergiert dann auch die Reihe P∞ k=1 |ak |. | Gilt nun |a|ak+1 ≥ 1 − 1k für k ≥ K (> 1), so folgt k |ak+1 | ≥ (k − 1) |ak | ≥ (K − 1) |aK | := k| P α > 0. Also ist |ak+1 | ≥ αk , und nach dem Minorantenkriterium kann ∞ k=1 |ak | nicht konvergieren. q Wir wollen noch anmerken, dass man die Konvergenz von ( n1α )n∈N für α ∈ N, n ≥ 2, mit dem Kriterium von Raabe und der Bernoullischen Ungleichung zeigen kann. 3.11 Übungsaufgaben 3.1 Welche der folgenden Paare sind metrische Räume, und warum oder warum nicht? (i) hCn , di, wobei (vgl. (2.16)) P d((z j )nj=1 , (w j )nj=1 ) = nj=1 |z j − w j |, (z j )nj=1 , (w j )nj=1 ∈ Cn . (ii) hR+ , di, wobei d(x, y) = xy. (iii) hR \ {0}, di, wobei d(x, y) = | 1x − 1y |, x, y ∈ R \ {0}. 3.2 Welche der folgenden Paare sind metrische Räume, und warum oder warum nicht? (i) hX, di, wobei X eine nichtleere Menge ist, und d : X × X → R mit 0 , falls x = y , d(x, y) = 1 , falls x , y . (ii) hX, di, wobei X eine nichtleere Menge ist, und d : X × X → R mit d(x, y) = 0 für alle x, y ∈ X. 3.3 Sind folgende Folgen konvergent/divergent? Begründen Sie ihre Antwort! (i) 2 + (−1)n 3n in R, versehen mit der euklidischen Metrik. n∈N (ii) (−1)n + n16 in R, versehen mit der euklidischen Metrik. n∈N 3.4 Sind folgende Folgen konvergent/divergent? Begründen Sie ihre Antwort! 3.11 Übungsaufgaben 111 (i) (3 + (−1)n 4n )n∈N in R versehen mit der euklidischen Metrik. (ii) ((−1)n + 1 ) n4 n∈N in R versehen mit der euklidischen Metrik. 3.5 Sind folgende Folgen konvergent/divergent? Begründen Sie ihre Antwort! (i) ( n+1 1 )n∈N in R versehen mit der euklidischen Metrik. n2 (ii) n ( (−1) 3n+1 + i ) 3n+1 n∈N in C versehen mit der euklidischen Metrik. 3.6 Sind folgende Folgen konvergent/divergent? Begründen Sie ihre Antwort! (i) ( 12 + i 12 )n in C, versehen mit der euklidischen Metrik. n∈N P 1 (ii) (S n )n∈N in R, versehen mit der euklidischen Metrik, wobei S n = nj=1 j( j+1) . Beachte: 1 n(n+1) = 1 n − 1 n+1 . 2 +n 3.7 Man betrachte die Folge 4n4n2 +n−4 in R und bestimme ihren Grenzwert x. Weiters bestimme n∈N man zu einem gegebenen ε > 0 das kleinst mögliche N ∈ N, sodass 4n2 + n <ε x − 2 4n + n − 4 für alle n ≥ N gilt. 2 +4n 3.8 Man betrachte die Folge 2n2n2 +4n−3 in R. Man bestimme ihren Grenzwert x. Weiters bestimn∈N me man zu einem gegebenen ε > 0 das kleinst mögliche N ∈ N, sodass 2n2 + 4n x − 2 <ε 2n + 4n − 3 für alle n ≥ N gilt. 1 + in(k) )k∈N 3.9 Man betrachte die Folge ( 1n + in )n∈N in C. Geben Sie ein > 0 und eine Teilfolge ( n(k) von ( n1 + in )n∈N an, sodass 1 d2 (1, + in(k) ) ≥ , n(k) für alle k ∈ N. 3.10 Geben Sie eine unbeschränkte Folge in R an, die eine konvergente Teilfolge hat! Weiters geben Sie eine unbeschränkte Folge in R an, die keine konvergente Teilfolge hat, die aber auch nicht monoton wachsend ist! Schließlich geben Sie eine beschränkte Folge in R an, die nicht konvergent ist, aber eine streng monoton wachsende Teilfolge besitzt. 3.11 Sei M , ∅ versehen mit der diskreten Metrik d; vgl. Beispiel 3.1.5, (iv). Zeigen Sie, dass eine Folge in M genau dann konvergiert, wenn sie ab einem gewissen Index konstant ist. 3.12 Sei (xn )n∈N eine Folge in einem metrischen Raum. Zeigen Sie, dass (xn )n∈N genau dann gegen ein x konvergiert, wenn (x2n )n∈N und (x2n−1 )n∈N beide gegen x konvergieren. Anmerkung: Hat man zwei Folgen (an )n∈N , (bn )n∈N , die beide gegen denselben Grenzwert x konvergieren, so zeigt dieses Beispiel, dass die gemischte Folge (cn )n∈N auch gegen x konvergiert, wobei c2k = ak , k ∈ N und c2k−1 = bk , k ∈ N. 112 3 Der Grenzwert 3.13 Ist die Folge (xn )n∈N mit xn = 1 1 1 + + ··· + n+1 n+2 2n konvergent? Wenn ja, warum? 3.14 Es sei (an )n∈N eine reelle Folge, die gegen ein a ∈ R konvergiere. Man beweise, dass dann die Folge (bn )n∈N definiert durch n 1X bn := aj n j=1 ebenfalls gegen a konvergiert. Hinweis: Zeigen Sie, dass bn − a = bn − 1 n Pn j=1 a j gegen Null geht. 3.15 Zeigen Sie, dass für reelle Folgen (an )n∈N und (bn )n∈N , die gegen a bzw. b konvergieren, die Folgen max(an , bn ) und min(an , bn ) gegen max(a, b) bzw. min(a, b) konvergieren. 3.16 Sind folgende Folgen konvergent/divergent? Begründen Sie ihre Antwort! 10 (i) ((−1 + 2i + 1−i n ) − 1)n∈N in C versehen mit der euklidischen Metrik. √ √ (ii) ( 9n2 + 2n + 1 − 3n)n∈N in R versehen mit der euklidischen Metrik. 3.17 Sind folgende Folgen konvergent/divergent? Begründen Sie ihre Antwort! (i) ((1 − 1n )n )n∈N in R versehen mit der euklidischen Metrik. Hinweis: Sie dürfen verwenden, dass die Folge ((1 + 1n )n )n∈N konvergiert, wobei der Grenzwert als Eulersche Zahl e bezeichnet wird; vgl. Beispiel 3.4.3. 1 n (ii) ((1 − 2n ) )n∈N in R versehen mit der euklidischen Metrik. Hinweis: Sie dürfen verwenden, dass die Folge ((1 + 1n )n )n∈N konvergiert, wobei der Grenzwert als Eulersche Zahl e bezeichnet wird; vgl. Beispiel 3.4.3. 3.18 Sind folgende Folgen konvergent/divergent? Begründen Sie ihre Antwort! (i) ((1 + n12 )n )n∈N in R versehen mit der euklidischen Metrik. Hinweis: Betrachte eins durch die Folge, wende die Bernoullische Ungleichung an und gehe wieder zu den Kehrwerten über! (ii) (1 + 1n )n∈N in R versehen mit der diskreten Metrik aus Beispiel 3.1.5, (iv). 3.19 Sind folgende Folgen konvergent/divergent? Begründen Sie ihre Antwort! (i) ((1 + n12 )2n−2 )n∈N in R versehen mit der euklidischen Metrik. Hinweis: Betrachte eins durch die Folge, wende die Bernoullische Ungleichung an und gehe wieder zu den Kehrwerten über! (ii) ((1 − 3n )n )n∈N in R versehen mit der euklidischen Metrik. Hinweis: Sie dürfen verwenden, dass die Folge ((1 + 1n )n )n∈N konvergiert, wobei der Grenzwert als Eulersche Zahl e bezeichnet wird; vgl. Beispiel 3.4.3. 3.20 Sind folgende Folgen konvergent/divergent? Begründen Sie ihre Antwort! √ √ (i) ( 16n2 + 2n + 1 − 4n)n∈N in R versehen mit der euklidischen Metrik. 3.11 Übungsaufgaben (ii) ((3 + 4i + 1−i 7 2n ) 113 − 1)n∈N in C versehen mit der euklidischen Metrik. 3.21 Sind folgende Folgen konvergent/divergent? Begründen Sie ihre Antwort! (i) 3−n ((−1)n n, 2n + 3, n22+1 ) n∈N in R3 versehen mit der euklidischen Metrik. 1 −1 , 3n+1 , (−1)n 1n ) n∈N in R3 versehen mit der euklidischen Metrik. (ii) ( 3n+1 3.22 Untersuchen Sie folgende rekursiv definierte Folge (xn )n∈N auf Konvergenz und berechnen Sie gegebenenfalls den Grenzwert! 1 x1 = 0 und xn+1 = (a + xn2 ) für n ∈ N, wobei 0 ≤ a ≤ 1 . 2 Hinweis: Überprüfen Sie zuerst auf Monotonie und Beschränktheit. Beweise dafür mittels vollständiger Induktion! Der Grenzwert (falls existent) erfüllt limn→∞ xn = limn→∞ xn+1 = limn→∞ 12 (a + xn2 ) = . . . 3.23 Sind folgende metrische Räume vollständig oder nicht? Begründen Sie ihre Antwort! Hier ist d2 die euklidische Metrik. (i) hC \ {0}, d2 i. (ii) h[0, 1] ∪ [2, 3], d2 i. (iii) hZ, d2 i. 3.24 Sei (cn )n∈N eine Folge positiver reeller Zahlen, die gegen eine positive reelle Zahl c konvergiert. 1 Wohin konvergiert (cn ) n ? Warum ? Hinweis: Ist b < c < d für positive b, d, so erfüllt cn ab einem Index b < cn < d. 3.25 Als Intervallschachtelung in R wird eine Folge (In )n∈N von Intervallen In = [an , bn ] bezeichnet, wobei an , bn ∈ R, an < bn , In+1 ⊆ In und limn→∞ (bn − an ) = 0. Man zeige, dass unter diesen Voraussetzungen (an )n∈N und (bn )n∈N gegen denselben Grenzwert konvergieren. Weiters zeige man für feste 0 < a < b: Die rekursiv definierten Folgen (an )n∈N und (bn )n∈N mit a1 = a, b1 = b und 2an bn an+1 = , an + bn an + bn bn+1 = , 2 √ bilden eine Intervallschachtelung, welche gegen das geometrische Mittel ab von a und b konvergiert. Hinweis: an bn = ab für alle n ∈ N. 3.26 Zifferndarstellung reeller Zahlen: Sei b ∈ N, b ≥ 2. Wir betrachten Folgen (zn )n∈N∪{0} bestehend aus ganzen Zahlen, sodass zn ∈ {0, 1, . . . , b − 1} für n ≥ 1. Weiters fordern wir, dass die Folge nicht ab einem gewissen Index aus lauter Zahlen b − 1 besteht, also ∀N ∈ N ∃n ≥ N : zn , b − 1. Die Menge aller solchen Folgen bezeichnen wir mit D. 114 3 Der Grenzwert Man zeige: Zu jeder reellen Zahl x gibt es eine Folge (zn )n∈N∪{0} ∈ D, sodass die durch an = z0 + n X j=1 zj 1 , bj definierte Folge rationaler Zahlen (an )n∈N gegen x konvergiert. Hinweis: Für x ≥ 0 setze z0 = bxc (größte ganze Zahl ≤ z). Dann definiere zn rekursiv, sodass an ≤ x und dass der Abstand von x zu an möglichst klein wird. Dieser Abstand ist dann ≤ b−n . Bemerkung: Für b = 10 erhält man die Dezimaldarstellung einer reellen Zahl, wenn x ≥ 0. 3.27 Mit der Notation aus dem obigen Beispiel weise man nach, dass für jedes (zn )n∈N∪{0} ∈ D die Folge (an )n∈N mit n X 1 an = z0 + zj j , b j=1 eine Cauchy-Folge ist. Weiters zeige man, dass zu zwei verschiedenen (zn )n∈N∪{0} , (wn )n∈N∪{0} ∈ D für die entsprechenden Folgen (an )n∈N und (bn )n∈N gilt: limn→∞ an , limn→∞ bn . Bemerkung: Zusammen mit dem obigen Beispiel sieht man, dass es über diese Folgen eine bijektive Beziehung zwischen D und R gibt. Für b = 10 und für Zahlen ≥ 0 ist das genau die bekannte Dezimaldarstellung der reellen Zahlen. 3.28 Mit der Notation aus den beiden vorherigen Beispielen, sei (zn )n∈N∪{0} die b-Darstellung einer reellen Zahl x. Eine solche Darstellung heißt periodisch ab dem Index m ∈ N, wenn es eine natürliche Zahl p gibt, sodass zm+ j = zm+kp+ j für j = 0, . . . , p − 1 und allen k ∈ N. Zeigen Sie, dass die Zahl x genau dann rational ist, wenn ihre Dezimaldarstellung ab einem gewissen Index periodisch ist. Hinweis: Beim Dividieren einer natürlichen Zahl durch die natürliche Zahl m ist der Rest immer in der endlichen Menge {0, . . . , m − 1}. 3.29 Sei (xn )n∈N eine reelle Folge und sei ξ ∈ R. Zeigen Sie, dass lim supn→∞ xn < ξ genau dann, wenn es ein q < ξ gibt, sodass xn ≤ q für alle bis auf endlich viele n ∈ N. Zeigen Sie auch, dass lim supn→∞ xn > ξ genau dann, wenn es ein q > ξ gibt, sodass xn ≥ q für unendlich viele n ∈ N; vgl. Fakta 3.4.6. 3.30 Weisen Sie den in Bemerkung 3.4.7 erwähnten Sachverhalt nach. 3.31 Man betrachte die Menge C := C ∪ {∞}, wobei ∞ ein nicht in C enthaltenes Element ist. Man sagt, dass eine komplexe Folge (zn )n∈N gegen ∞ konvergiert (in Zeichen limn→∞ zn = ∞ oder zn → ∞), falls ∀M ∈ R, M > 0 ∃N ∈ N : |zn | > M für alle n ≥ N . Man zeige, dass zn → ∞ genau dann, wenn |zn | → +∞ im Sinne der Vorlesung. Weiters zeige man: Sind p(z) und q(z) zwei Polynome mit komplexen Koeffizienten, sodass p p(n) einen höheren Grad als q hat, dann konvergiert die komplexe Folge ( q(n) ) gegen ∞ im obigen Sinne. 3.11 Übungsaufgaben 115 Bemerkung: Ist k der Grad von q und bk , 0 der Führungskoeffizient von q, so gilt n−k q(n) → bk und daher |n−k q(n)| → |bk | > 0. Somit ist q(n) sicher nicht Null, wenn nur n ≥ K für ein K ∈ N. p(n) ) ab n = K wohldefiniert. Also ist die Folge ( q(n) 3.32 Ist (xn )n∈N in R und x ∈ R oder x = ±∞, so zeige man, dass x = limn→∞ xn genau dann, wenn (∀ξ ∈ R, ξ < x ∃N ∈ N : ∀n ≥ N ⇒ xn > ξ) ∧ (∀η ∈ R, η > x ∃N ∈ N : ∀n ≥ N ⇒ xn < η) . 3.33 Ist die Folge (an )n∈N konvergent, divergent, bestimmt divergent? Berechnen Sie gegebenenfalls ihren Grenzwert! q (i) an = n(1 − 1 − 1n ), (ii) an = √ n5 +3 , n2 −2n+6 2 (iii) an = (1 + 1n )n . 3.34 Ist die Folge (an )n∈N konvergent, divergent, bestimmt divergent? Berechnen Sie gegebenenfalls ihren Grenzwert! √ (i) an = (−1)n (n − n2 + 1), (ii) an = (iii) an = √ 3 2n7 +7n3 +1 , 3n2 −1 q q √ √ n + n − n − n. 3.35 Ist die Folge (an )n∈N konvergent, divergent, bestimmt divergent? Berechnen Sie gegebenenfalls ihren Grenzwert! (i) an = 1 √ , n n! 3 (ii) an = (1 + n12 )n , √n (iii) an = an + bn , wobei a, b ∈ R+ . 3.36 Man zeige, dass man auch für eine nicht notwendigerweise beschränkte reelle Folge (xn )n∈N die Ausdrücke lim inf n→∞ xn und lim supn→∞ xn sinnvoll definieren kann, wenn man das Infimum (Supremum) einer nicht nach unten (nicht nach oben) beschränkten Menge als −∞ (+∞) definiert. Geben Sie an, wie? Falls inf n≥N xn ∈ R (supn≥N xn ∈ R) für alle N ∈ N, stimmt dann auch lim inf n→∞ xn = limN→∞ inf n≥N xn bzw. lim supn→∞ xn = limN→∞ supn≥N xn ? ˙ Schließlich zeige man, dass auch hier (xn )n∈N genau dann gegen ein x ∈ R∪{−∞, +∞} konvergiert, wenn lim inf n→∞ xn = x = lim supn→∞ xn . 3.37 Man untersuche ob folgende Reihen absolut konvergieren, und berechnen gegebenenfalls ihren Grenzwert: ∞ ∞ X X 1 1 (−1)n , ( n + n ). n(n + 1)(n + 2) n=0 2 2 n=1 116 3 Der Grenzwert 3.38 Man untersuche ob folgende Reihen absolut konvergieren, konvergieren oder divergieren: ∞ ∞ X X (−1)n (−1)n . , √4 1+(−1)n n3 + n n=1 (n + 1)n n=1 3.39 Man untersuche ob folgende Reihen absolut konvergieren, konvergieren oder divergieren: √ √ ∞ ∞ X n!2n X n n+1− n (−1) . , √4 3 (2n)! n=1 n n=1 3.40 Man untersuche ob folgende Reihen konvergieren oder divergieren: !n3 ∞ ∞ X n! X n2 , . nn n=1 n2 + 1 n=1 3.41 Man untersuche ob folgende Reihe konvergiert oder divergiert: ∞ X 1 n=1 1 (e − (1 + )n ) . n n Hinweis: Suchen Sie mit Hilfe von (1 + 1n )n < e < (1 + 1n )n+1 eine konvergente Majorante. 3.42 Für welche x ∈ R ist die Reihe konvergent und für welche divergent? ∞ X 3xn 2 + x4n n=1 3.43 Für welche z ∈ C mit |z| = 1 ist die komplexe Reihe gent? 3.44 Sei (an )n∈N rekursiv definiert durch a1 = 3 und konvergiert! P∞ an+1 an zn n=1 n = 2 3 konvergent bzw. absolut konver- + (−1)n 2 . Zeigen Sie, dass P∞ n=1 an 3.45 Man zeige die Cauchy-Schwarzsche und die Minkowskische Ungleichung für komplexe Zahlen: Für z1 , . . . , z p , w1 , . . . , w p ∈ C gilt v v u u tX tX p p p p X X 2 z j w j ≤ |z j | · |w j |2 , |z j w j | ≤ j=1 j=1 j=1 v u tX p j=1 |z j + w j |2 ≤ v u tX p j=1 |z j |2 + j=1 v u tX p j=1 |w j |2 . Hinweis: Führen Sie diese Ungleichungen auf die schon bekannten reellen Versionen dieser Ungleichungen zurück. 3.11 Übungsaufgaben 117 P P∞ 2 2 3.46 Sein (zn )n∈N und (wn )n∈N zwei Folgen von komplexen Zahlen, sodass ∞ n=1 |zn | und n=1 |wn | konvergieren. P P∞ 2 Man zeige, dass dann ∞ n=1 zn wn absolut konvergiert und n=1 |zn + wn | konvergiert, und dass | und dass ( ∞ X n=1 ∞ X n=1 ∞ ∞ X X zn wn |2 ≤ ( |zn |2 )( |wn |2 ) n=1 n=1 ∞ ∞ X X 1 1 1 |zn + wn |2 ) 2 ≤ ( |zn |2 ) 2 + ( |wn |2 ) 2 . n=1 n=1 P 2 Bezeichne nun die Menge aller Folgen (zn )n∈N , sodass ∞ n=1 |zn | konvergiert, dann 2 zeige man unter Verwendung obiger Ungleichung, dass (` (N, C), d) ein metrischer Raum ist, P 2 12 wobei d((zn ), (wn )) := ( ∞ n=1 |zn − wn | ) . `2 (N, C) 3.47 Man zeige, dass (`2 (N, C), d) ein vollständig metrischer Raum ist! Hinweis: Ist ((zkn )n∈N )k∈N eine Cauchy-Folge, so auch (zkn )k∈N für alle n ∈ N. Warum?. Man zeige für zn := limk→∞ zkn die Folge (zn )n∈N in `2 (N, C) liegt und dass limk→∞ (zkn )n∈N = (zn )n∈N bzgl. d. Q 3.48 Sei (zn )n∈N eine Folge reeller oder komplexer Zahlen. Man sagt, dass ∞ konvergiert, n=1 zn Q QN wenn die Folge PN = n=1 zn für N → ∞ konvergiert. In diesem Falle bezeichnet ∞ n=1 zn den Grenzwert dieser Folge. Q Man zeige, dass dann im Fall ∞ n=1 zn , 0 immer limn→∞ zn = 1.