Zellen auf allen biologischen Organisationsebenen 1 Einzellige Lebewesen 84.1 Phagocytose bei einer Amöbe. Die Amöbe „frisst“ ein Pantoffeltierchen durch Bildung einer Nahrungsvakuole (LM-Bilder). 84.2 Amöbe (Schema) Zellmembran Cytoplasma verstärktes Cytoplasma pulsierende Vakuole (dient der Osmoregulation) Scheinfüßchen Zellkern Nahrungsvakuolen 84 Zellen auf allen biologischen Organisationsebenen Fortbewegungsrichtung Amöbe. Untersucht man mit dem Mikroskop Proben beispielsweise von faulenden Pflanzenteilen aus einem Tümpel, Teich oder Graben, kann man vielleicht auch Amöben entdecken. Diese 0,1 bis 0,8 mm großen Einzeller sehen wie farblose Schleimklümpchen aus. Die Amöbe verändert bei der Fortbewegung ihre Gestalt ständig. Deshalb werden Amöben auch Wechseltierchen genannt. Die Zelle kann an beliebigen Stellen Fortsätze ausbilden, so genannte Scheinfüßchen (Pseudopodien), in die ein Teil des Cytoplasmas einfließt. In den anderen Teilen der Zelle zieht sich das Plasma zurück. Oft treten die Füßchen aber bevorzugt in einer bestimmten Richtung auf und es kommt dadurch zu einer Fortbewegung. Das Cytoplasma besteht aus dem schmalen, durchsichtigen und zäheren Außenplasma (Ektoplasma) und dem körnigen und beweglicheren Innenplasma (Endoplasma), in dem sich der Zellkern befindet. Im Cytoplasma befindet sich auch ein rundes helles Bläschen, die pulsierende Vakuole. Sie kann sich plötzlich so stark zusammenziehen, dass sie vorübergehend im lichtmikroskopischen Bild nicht zu sehen ist. Das Cytoplasma hat einen höheren osmotischen Wert als das umgebende Wasser. Deshalb dringt durch die Zellmembran fortlaufend Wasser in die Zelle ein, das durch die pulsierende Vakuole nach außen befördert wird. Sie dient also der Osmoregulation. Bei der Fortbewegung umfließt die Amöbe mit ihren Scheinfüßchen z. B. Wimpertierchen, kleine Algen oder Pflanzenreste. Sie schließt sie in einer membranumkleideten Blase ein, die sich von der Zelloberfläche ins Innere abschnürt. In eine solche Nahrungsvakuole hinein werden vom Plasma Verdauungsenzyme abgegeben. Die verdaute Nahrung wird in das Plasma aufgenommen. Die Nahrungsvakuole wandert mit den unverdaulichen Bestandteilen an die Zelloberfläche, verschmilzt mit der Zellmembran und gibt ihren Inhalt nach außen ab. Durch Endocytose wird also feste oder flüssige Nahrung in die Zelle aufgenommen. Die Amöbe zeigt auch Reaktionen auf verschiedene äußere Reize, wie mechanische Hindernisse, Lichtreize oder Erschütterung. Amöben vermehren sich durch Teilung in zwei etwa gleich große Tochterzellen nach unmittelbar vorausgegangener Kernteilung. Die Tochterzellen wachsen auf die Größe der Mutterzelle heran. Bei Eintritt ungünstiger Lebensbedingungen, vor allem bei Trockenheit, aber auch bei Nahrungsmangel, bilden Amöben Dauerstadien (Cysten), indem sie eine feste Hülle um sich herum abscheiden. Pantoffeltierchen. Betrachtet man Proben von fauligem Wasser oder von einem Heuaufguss unter dem Mikroskop, so kann man häufig das Pantoffeltierchen entdecken. Es fällt durch seine schnelle Schwimmbewegung auf. Dabei dreht es sich in einer lang gezogenen Spirale um seine Längsachse. Oft ändert es ruckartig seine Bewegungsrichtung. Im Unterschied zur Amöbe besitzt der bis 0,3 mm große Einzeller durch das verdichtete Außenplasma, die Pellicula, eine feste, jedoch elastische Gestalt. Der ganze Zellkörper ist mit kurzen Plasmafäden, den Wimpern oder Cilien, bedeckt. Durch deren fortwährenden rhythmischen Schlag kommt die Bewegung zustande. Die Wimpern des Mundfeldes strudeln die Nahrung herbei. Sie gelangt dabei über den Mundtrichter bis zum Zellmund. Dort werden die Nahrungspartikel durch Endocytose in eine Nahrungsvakuole aufgenommen und auf dem Weg durch die Zelle enzymatisch verdaut. Unverdauliche Reste werden durch den Zellafter ausgeschieden. An den Zellenden fallen die pulsierenden Vakuolen auf. Sie füllen und entleeren sich in rhythmischem Wechsel. Sternförmig angeordnete Kanäle führen ihnen Wasser und darin gelöste Abfallstoffe zu. Die pulsierenden Vakuolen dienen der Osmoregulation. Sie transportieren osmotisch in die Zelle eingedrungenes Wasser wieder hinaus. Besonders auffällig ist die Reizbarkeit des Pantoffeltierchens. Es weicht vor mechanischen Hindernissen zurück und nimmt chemische Reize, Temperaturunterschiede und sogar die Schwerkraft wahr. Unter der Pellicula liegen blasenförmige Organellen (Trichocysten), aus denen bei starker Reizung klebrige Proteinfäden geschleudert werden können. Bei der ungeschlechtlichen Vermehrung teilen sich die Tierchen quer durch. Dabei teilen sich auch die für die meisten Wimperntierchen typischen beiden Zellkerne, der Groß- kern (Makronucleus) und der Kleinkern (Mikronucleus). Der Großkern kontrolliert die gesamten Stoffwechsel- und Bewegungsvorgänge der Zelle. Der Kleinkern ist Träger der genetischen Information. Die geschlechtliche Vermehrung findet in Form der Konjugation statt, wobei sich zwei Tierchen längs aneinander legen. Der Großkern löst sich auf, nach Teilungen des Kleinkerns werden Tochterkerne ausgetauscht. Nach der Trennung entsteht je ein neuer Großkern. Auch Pantoffeltierchen bilden Cysten aus. 85.1 Pantoffeltierchen (Paramecium caudatum). A LM-Bild (Interferenz-Kontrast); B Schema A pulsierende Vakuole Nahrungsvakuole Kleinkern Großkern B Zellafter Mundfeld Nahrung Wimpern Zellmund Zellplasma 85.2 Pantoffeltierchen mit ausgeschleuderten Trichocysten Zellen auf allen biologischen Organisationsebenen 85