Ist Steuerwettbewerb schädlich?

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Unternehmensbesteuerung in einem
internationalen Umfeld: Beurteilungskriterien für Unternehmenssteuern
Vorlesung an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
WS 2007/2008
Prof. Dr. Lars P. Feld
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg,
ZEW Mannheim, Universität St. Gallen
(SIAW-HSG), CREMA und CESifo
München
Unternehmen
Literatur
• Homburg, St. (2000), Allgemeine Steuerlehre, Vahlen, München, 2. Auflage.
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Beurteilungskriterien I
Allgemeine Anforderungen
(1) Steuerliche Entlastung der Unternehmen bzw. Realisierung eines geringen Belastungsniveaus sowie Vermeidung einer Substanzbesteuerung
(2) Möglichkeiten der wirtschaftspolitischen Instrumentalisierbarkeit (Wirkungen und
Lenkungsmöglichkeiten von Unternehmensteuern unter den verschiedenen Zielbezügen der Finanzpolitik). Dabei ist im einzelnen von Relevanz:
-
Fiskalziel (Ausreichendes Steueraufkommen, Hohe Nettoergiebigkeit, Erhebungsund Entrichtungsbilligkeit);
-
Verteilungsziel (horizontal und vertikal gerechte Verteilung der Steuerlast):
-
Konjunkturziel (automatische und diskretionäre Stabilisierungswirkungen);
Wachstumsziel (Auswirkungen auf Risikobereitschaft, Finanzierungsalternativen,
Investitionsmöglichkeiten und -bereitschaft sowie Leistungsmotivation);
-
Allokationsziel (Wahrung der Neutralität der Besteuerung sowie Korrektur vorhandener Verzerrungen in den Preisen und unternehmerischen Entscheidungen).
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Beurteilungskriterien II
Spezielle Anforderungen
Realisierung des Neutralitätspostulats der Besteuerung mit Blick auf unterschiedliche unternehmensbezogene Entscheidungstatbestände.
(1) Grundsatz der Rechtsformneutralität (Einzelunternehmen und Personengesellschaften
vs. Kapitalgesellschaften)
(2) Grundsatz der Standortneutralität (bezogen auf interregionale wie internationale
Standortentscheidungen )
(3) Grundsatz der Branchenneutralität (bezogen auf verschiedene Wirtschaftszweige, aber
auch mit Blick auf die sektorale Gliederung von Unternehmen)
(4) Grundsatz der Betriebsgrößenneutralität (kleine vs. große Unternehmen)
(5) Grundsatz der Gewinnverwendungsneutralität (Einbehaltung vs. Ausschüttung von
Gewinnen)
(6) Grundsatz der Finanzierungsneutralität (Eigen- vs. Fremdfinanzierung)
(7) Grundsatz der Investitionsneutralität (Sach- vs. Finanzinvestitionen sowie risikoreiche
vs. risikoarme Investitionen)
(8) Grundsatz der Faktoreinsatzneutralität (kapital- vs. arbeitsintensive Produktionsweise)
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Entscheidungsneutrale Besteuerung? I
• Entscheidungsneutral im Sinne der betriebswirtschaftlichen Steuerlehre
– Die Besteuerung soll die relativen Preise auf dem
Markt nicht verändern.
– Normative Interpretation: Sind entscheidungsneutrale Steuern wünschenswert?
– Positive Interpretation als gedanklicher Nullpunkt
einer Steuerwirkungslehre.
– Entscheidungsneutrale Steuern sind weder
wünschenswert noch möglich, da selbst erstbeste
Steuern die relativen Preise verändern.
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Entscheidungsneutrale Besteuerung? II
• Entscheidungsneutral im Sinne der betriebswirtschaftlichen Steuerlehre
– Beispiel: 2 Konsumgüter mit unterschiedlichen
Einkommenselastizitäten.
– Pauschalsteuer reduziert die Nachfrage nach dem
Gut mit der höheren Einkommenselastizität stärker
als diejenige nach dem anderen Gut.
– Der relative Preis des einkommenselastischeren
Gutes sinkt im Regelfall.
– Pauschalsteuern verändern die relativen Preisen und
sind damit nicht entscheidungsneutral.
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Entscheidungsneutrale Besteuerung? III
• Entscheidungsneutral im Sinne der betriebswirtschaftlichen Steuerlehre
– Bei konstanter Arbeitsnachfrage besteht Entscheidungsneutralität, wenn das Arbeitsangebot durch
eine Arbeitseinkommensteuer nicht verändert wird.
– Die Pauschalsteuer ist nicht entscheidungsneutral,
weil sie das Arbeitsangebot verändert.
– Die ineffiziente Steuer ist entscheidungsneutral.
– Die effiziente Steuer ist es nicht.
– Tragik der Wirtschaftswissenschaften, dass sie hier
aneinander vorbeireden.
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Entscheidungsneutrale Besteuerung? IV
• Entscheidungsneutral im Sinne der betriebswirtschaftlichen Steuerlehre
– Elschen (1991):
• „Im steuerwissenschaftlichen Schrifttum dominieren
disziplinär orientierte Publikationen, in denen die
Verfasser darauf bedacht scheinen, den Eigengeschmack
ihrer Disziplin möglichst unverfälscht zu bewahren. ... Der
reinrassige Adel der einzelnen Steuerdisziplinen schaut ...
auf den dilettierenden Bastard herab, der .... auch die
Niederungen der anderen Steuerwissenschaften
durchforscht. Und dieser disziplinäre Adel tut dies trotz
schwerer Erbkrankheiten, die sich infolge des geistigen
Inzests in seiner Disziplin zwangsläufig ergeben.“ (S. 99).
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Entscheidungsneutrale Besteuerung? V
• Entscheidungsneutral im Sinne der betriebswirtschaftlichen Steuerlehre
– Produktionseffizienztheorem von Diamond und
Mirrlees (1971): Jedes Zweitbestoptimum ist
effizient und es kann durch keine Produktionsteuer
verbessert werden.
– Es wird durch jede Steuer verschlechtert, die
Produktionseffizienz verhindert.
– Produktionsentscheidungen sollten stets unverzerrt
bleiben.
– Die Verzerrung von Konsumentscheidungen kann
optimal sein.
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Entscheidungsneutrale Besteuerung? VI
• Entscheidungsneutral im Sinne der betriebswirtschaftlichen Steuerlehre
– Produktions- und Unternehmenssektor als
Untersuchungsgegenstand der BWL.
– Forderung nach entscheidungsneutraler Steuer ist
deckungsgleich mit der finanzwissenschaftlichen
Sicht, solange sie sich auf den Unternehmensbereich bezieht.
– Im Konsumbereich werden sehr leicht Fehler
begangen.
– Insbesondere bei intertemporalen Verzerrungen ist
Entscheidungsneutralität kein hilfreiches Konzept.
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