4. Gleichgewicht und Effizienz in Wettbewerbsmärkten

Werbung
4. Gleichgewicht und Effizienz in
Wettbewerbsmärkten
Georg Nöldeke
Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät, Universität Basel
Intermediate Microeconomics (HS 10)
Gleichgewicht und Effizienz
1 / 45
1. Marktnachfrage und aggregierte Konsumentenrente
1.1. Marktnachfragefunktion
Die Marktnachfragefunktion für ein Gut ergibt sich aus der Addition
individueller Nachfragefunktionen.
Sei p der Preis des betrachteten Gutes und d1 (p), · · · , dn (p) die
Mengen des betrachteten Gutes, welches die Konsumenten
i = 1, · · · , n bei Preis p nachfragen.
Die Preise anderer Güter und die Einkommen m1 , · · · , mn der
Konsumenten werden als gegeben betrachtet.
Die Marktnachfragefunktion für das betrachtete Gut ist dann
n
D(p) = ∑ di (p).
i=1
Beachte:
Grafisch erhält man die Marktnachfragefunktion durch “horizontale
Addition” der individuellen Nachfragefunktionen.
Man verfährt entsprechend, um die Nachfragefunktionen
verschiedener Gruppen von Konsumenten zu addieren.
2 / 45
1. Marktnachfrage und aggregierte Konsumentenrente
1.2 Aggregierte Konsumentenrente
Die aggregierte Konsumentenrente ergibt sich aus der Addition
individueller Konsumentenrenten.
Sei kri = vi (xi ) − zi die Konsumentenrente von Konsument i.
vi (xi ) ist die Zahlungsbereitschaft von Konsument i dafür xi
Einheiten des betrachteten Gutes zu erhalten; zi ist die Zahlung, die
er dafür leisten muss.
Die aggregierte Konsumentenrente ist dann
n
n
n
KR = ∑ kri = ∑ vi (xi ) − ∑ zi .
i=1
i=1
i=1
Beachte:
Die aggregierte Zahlungsbereitschaft ∑ni=1 vi (xi ) hängt nicht nur von
der aggregierten Menge ∑ni=1 xi sondern auch davon ab, wie diese
Menge auf die Konsumenten aufgeteilt wird.
Hingegen spielt die Aufteilung der aggregierten Zahlung ∑ni=1 zi
keine Rolle bei Bestimmung der aggregierten Konsumentenrente.
3 / 45
1. Marktnachfrage und aggregierte Konsumentenrente
1.3 Aggregierte Konsumentenrente in Wettbewerbsmärkten
In einem Wettbewerbsmarkt kann die aggregierte Konsumentenrente
mit Hilfe der Marktnachfragefunktion bestimmt werden.
Können alle Konsumenten die von ihnen jeweils zum Preis p
nachgefragte Menge erwerben, sind die individuellen
Konsumentenrenten
kri (p) = vi (di (p)) − pxi =
Z ∞
di ( p̃)d p̃.
p
Die entsprechende aggregierte Konsumentenrente ist
Z∞
n
n Z ∞
KR(p) = ∑ kri (p) = ∑
di ( p̃)d p̃ =
D( p̃)d p̃.
i=1
i=1
p
Beachte: Die Gleichung vi (di (p)) − pxi =
dass es keine Einkommenseffekte gibt.
p
R∞
p
di ( p̃)d p̃ setzt voraus,
4 / 45
1. Marktnachfrage und aggregierte Konsumentenrente
1.3 Aggregierte Konsumentenrente in Wettbewerbsmärkten
Abbildung: Die aggregierte Nachfrage D(p) ist die Summe der individuellen
Nachfragen d1 (p) und d2 (p). Die Fläche links von der Marktnachfragefunktion
und oberhalb des Preises ist die aggregierte Konsumentenrente KR(p).
5 / 45
2. Marktangebot und aggregierte Produzentenrente
2.1 Marktangebotsfunktion
Die Marktangebotsfunktion für ein Gut ergibt sich aus der Addition
individueller Angebotsfunktionen.
Sei p der Preis des betrachteten Gutes und s1 (p), · · · sm (p) die
Mengen des betrachteten Gutes, welche die Unternehmen
j = 1, · · · , m bei Preis p anbieten.
Die Kostenfunktionen der Unternehmen und ihre Anzahl werden als
gegeben betrachtet.
Die Marktangebotsfunktion für das betrachtete Gut ist dann
m
S(p) =
∑ s j (p).
j=1
Beachte:
Je nachdem, ob man kurzfristige oder langfristige Kostenfunktionen
betrachtet, spricht man von der kurzfristigen Marktangebotsfunktion
oder der langfristigen Marktangebotsfunktion.
Das Lehrbuch verwendet eine abweichende Definition des
langfristigen Marktangebots!
6 / 45
2. Marktangebot und aggregierte Produzentenrente
2.1 Aggregierte Produzentenrente
Die aggregierte Produzentenrente ergibt sich aus der Addition
individueller Produzentenrenten.
Sei pr j = r j −VC j (y j ) die Produzentenrente von Unternehmen j.
VC j (y j ) die sind variablen Kosten von Unternehmen j dafür y j
Einheiten des betrachteten Gutes zu produzieren; r j ist der Erlös
den es dafür erhält.
Die aggregierte Produzentenrente ist dann
m
PR =
m
m
∑ pr j = ∑ r j − ∑ VC j (y j )
j=1
j=1
j=1
Beachte:
Die aggregierten Bereitstellungskosten ∑mj=1 VC j (y j ) hängen nicht
nur von der aggregierten Menge ∑mj=1 y j sondern auch davon ab,
wie diese Menge auf die Unternehmen aufgeteilt wird.
Hingegen spielt die Aufteilung des aggregierten Erlös ∑mj=1 r j keine
Rolle bei der Bestimmung der aggregierten Produzentenrente.
7 / 45
2. Marktangebot und aggregierte Produzentenrente
2.3 Aggregierte Produzentenrente in Wettbewerbsmärkten
In einem Wettbewerbsmarkt kann die aggregierte Produzentenrente
mit Hilfe der Marktangebotsfunktion bestimmt werden.
Können alle Unternehmen die von ihnen jeweils zum Preis p
angebotene Menge absetzen, sind die individuellen
Produzentenrenten
pr j (p) = ps j (p) −VC j (s j (p)) =
Z p
0
s j ( p̃)d p̃.
Die entsprechende aggregierte Produzentenrente ist
Z p
m
m Z p
PR(p) = ∑ pr j (p) = ∑
s j ( p̃)d p̃ =
S( p̃)d p̃.
j=1
j=1
0
0
8 / 45
2. Marktangebot und aggregierte Produzentenrente
2.3 Aggregierte Produzentenrente in Wettbewerbsmärkten
Abbildung: Das aggregierte Angebot S(p) ist die Summe der individuellen
Angebote s1 (p) und s2 (p). Die Fläche links von der Marktangebotsfunktion
und unterhalb des Preises ist die aggregierte Produzentenrente PR(p).
9 / 45
3. Allokationen, Effizienz und Wettbewerb
3.1 Allokation
Betrachtet wird ein Markt für ein Gut mit
Käufern i = 1, · · · , n, jeweils beschrieben durch ihre
Zahlungsbereitschaft vi (x) mit
vi (0) = 0, v0i (x) > 0 und v00i (x) < 0.
und dazugehöriger Nachfragefunktion di (p).
Verkäufern j = 1, · · · , m, jeweils beschrieben durch ihre variablen
Kosten VC j (y) mit
VC j (0) = 0, MC j (y) > 0 und MC0j (y) > 0.
und dazugehöriger Angebotsfunktion s j (p).
10 / 45
3. Allokationen, Effizienz und Wettbewerb
3.1 Allokation
Eine Allokation beschreibt:
Die Mengen des betrachteten Gutes, welche die einzelnen Käufer
erhalten: x1 , · · · , xn .
Die Zahlungen, welche die einzelnen Käufer leisten: z1 , · · · , zn .
Die Mengen des betrachteten Gutes, welche die einzelen Verkäufer
bereit stellen: y1 , · · · , ym .
Die Zahlungen, welche die einzelnen Verkäufer erhalten: r1 , · · · , rm .
Im Folgenden bezeichnen wir eine Allokation mit
A = (x1 , · · · , xn ; z1 , · · · , zn ; y1 , · · · , ym ; r1 , · · · , rn ).
Beachte: Die Allgemeinheit der Definition einer Allokation erlaubt
es, Alternativen zu dem Modell eines Wettbewerbsmarktes zu
betrachten, in denen es z.B. nicht der Fall ist, dass alle Käufer den
gleichen Preis pro Einheit des betrachteten Gutes bezahlen.
11 / 45
3. Allokationen, Effizienz und Wettbewerb
3.1 Allokation
In einer Allokation muss die Gesamtmenge des Gutes, welche die
Käufer erhalten, mit der Gesamtmenge, welche die Verkäufer
bereit stellen, übereinstimmen:
n
m
∑ xi = ∑ y j .
i=1
j=1
Wir gehen zudem davon aus, dass in einer Allokation auch die
Summe der Zahlungen, welche die Käufer leisten, und die Summe
der Zahlungen, welche die Verkäufer erhalten, übereinstimmen:
n
m
∑ zi = ∑ r j .
i=1
j=1
12 / 45
3. Allokationen, Effizienz und Wettbewerb
3.2 Allokation und Handelsgewinne
In einer Allokation A
erhält Käufer i die Konsumentenrente kri = v(xi ) − zi .
erhält Verkäufer j die Produzentenrente pr j = r j −VC j (y j ).
beträgt die aggregierte Konsumentenrente KR = ∑ni=i kri .
beträgt die aggregierte Produzentenrente PR = ∑mj=1 pr j .
Die Summe aus aggregierter Konsumentenrente und aggregierter
Produzentenrente, die in einer Allokation resultieren, bezeichnet man
als die aggregierten Handelsgewinne:
HG = KR + PR.
13 / 45
3. Allokationen, Effizienz und Wettbewerb
3.2 Allokation und Handelsgewinne
Die aggregierten Handelsgewinne werden oftmals als
Wohlfahrtsmass verwendet.
Dieses Wohlfahrtsmass ignoriert die Frage der Verteilung der
Handelsgewinne auf die einzelnen Marktteilnehmer:
Satz
Für jede Allokation gilt, dass die aggregierten Handelsgewinne der
Differenz zwischen aggregierter Zahlungsbereitschaft und
aggregierten Bereitstellungskosten entsprechen, d.h.:
n
m
HG = ∑ vi (xi ) − ∑ VC j (y j ).
i=1
j=1
14 / 45
3. Allokationen, Effizienz und Wettbewerb
3.3 Pareto-Effizenz
Das Konzept einer Pareto-Verbesserung stellt im Unterschied zu dem
Wohlfahrtsmass der aggregierten Handelsgewinne darauf ab, dass
alle Käufer und Verkäufer duch eine Änderung der Allokation besser
gestellt werden.
Definition (Pareto-Verbesserung)
Eine Allokation  heisst eine (strenge) Pareto-Verbesserung einer
Allokation A, wenn in der Allokation  jeder Marktteilnehmer einen
grösseren Handelsgewinn als in der Allokation A erzielt:
ci > kri und pc
kr
r j > pr j gilt für alle i und j.
15 / 45
3. Allokationen, Effizienz und Wettbewerb
3.3 Pareto-Effizenz
Ist eine Allokation  eine Pareto-Verbesserung einer Allokation A,
d > HG gelten.
so muss HG
d > HG, so muss  nicht unbedingt eine ParetoGilt HG
Verbesserung von A sein, jedoch lässt sich durch Abänderung der
Zahlungen in  – die Gewinner kompensieren die Verlierer - eine
Pareto-Verbesserung erreichen.
Definition (Pareto-Effizienz)
Eine Allokation A heisst Pareto-ineffizient, wenn es zu ihr eine
Pareto-Verbesserung gibt. Eine Allokation heisst Pareto-effizient,
wenn es zu ihr keine Pareto-Verbesserung gibt.
Pareto-ineffiziente Allokationen sind in einem offenkundigen Sinne
“schlecht”.
Umgekehrt gilt aber nicht, dass jede Pareto-effiziente Allokation
als “wünschenswert” anzusehen ist.
16 / 45
3. Allokationen, Effizienz und Wettbewerb
3.3 Pareto-Effizenz
Satz
Eine Allokation A ist genau dann Pareto-effizient, wenn sie die
aggregierten Handelsgewinne maximiert, d.h. für alle Allokationen Â
gilt:
d
HG ≥ HG.
Frage:
Wie kann man Allokationen, welche die aggregierten Handelsgewinne
maximieren und somit Pareto-effizient sind, identifizieren? Welche
Institutionen sind geeignet, sie zu erreichen?
17 / 45
3. Allokationen, Effizienz und Wettbewerb
3.4 Wettbewerbsallokation
Sei p∗ der Wettbewerbspreis für den betrachteten Markt, bei dem
Marktangebot und Marktnachfrage übereinstimmen:
D(p∗ ) = S(p∗ ).
Die dazugehörige Wettbewerbsallokation A∗ ist wie folgt gegeben:
xi∗ = di (p∗ ) und z∗i = p∗ di (p∗ ) für alle i.
y∗j = s j (p∗ ) und r∗j = p∗ s j (p∗ ) für alle j.
Die aggregierte Konsumentenrente in der Wettbewerbsallokation
ist KR∗ = KR(p∗ ), die aggregierte Produzentenrente ist
PR∗ = PR(p∗ ).
Satz (Effizienz der Wettbewerbsallokation)
Die Wettbewerbsallokation A∗ ist Pareto-effizient.
18 / 45
3. Allokationen, Effizienz und Wettbewerb
3.4 Wettbewerbsallokation
Intuition für die Effizienz der Wettbewerbsallokation: Es gibt keine
Möglichkeit, durch eine bilaterale Transaktion zwischen zwei
Marktteilnehmern ihre jeweiligen Handelsgewinne zu vergrössern
und damit auch keine Möglichkeit zu einer Pareto-Verbesserung.
Beachte:
In jeder Pareto-effizienten Allokation erhalten die Käufer die
Wettbewerbsmengen x1∗ , · · · , xn∗ und die Verkäufer die
Wettbewerbsmengen y∗1 , · · · , y∗n .
Dennoch gibt es viele Pareto-effiziente Allokationen, da die Höhe
der individuellen Zahlungen keinen Einfluss darauf hat, ob eine
Allokation effizient ist oder nicht.
19 / 45
3. Allokationen, Effizienz und Wettbewerb
3.4 Wettbewerbsallokation
Da die Wettbewerbsallokation A∗ Pareto-effizient ist, maximiert sie
die aggregierten Handelsgewinne.
Da die aggregierten Handelsgewinne HG∗ in der
Wettbewerbsallokation gleich der Summe von KR(p∗ ) und PR(p∗ )
sind, können diese maximalen aggregierten Handelsgewinne mit
Hilfe der Marktnachfragefunktion und Marktangebotsfunktion
bestimmt werden.
20 / 45
3. Allokationen, Effizienz und Wettbewerb
3.4 Wettbewerbsallokation
Abbildung: Aggregierte Produzentenrente PR∗ und aggregierte
Konsumentenrente KR∗ in einem Wettbewerbsgleichgewicht. Die Summe von
aggregierter Konsumenten- und Produzentenrente entspricht den
aggregierten Handelsgewinnen HG∗ .
21 / 45
4. Markteingriffe und Wohlfahrtsverlust
4.1 Mengensteuern
Wie in Kapitel 1 der Vorlesung betrachten wir ein
Wettbewerbsgleichgewicht mit Mengenbesteuerung.
Wettbewerbsgleichgewicht mit Mengensteuersatz τ ist durch
p∗s (τ), pd (τ ∗ ) und die dazugehörige aggregierte Menge q∗ (τ)
beschrieben.
In einem solchen Gleichgewicht resultieren
die aggregierte Konsumentenrente KR∗ (τ) := KR(p∗d (τ)),
die aggregierte Produzentenrente PR∗ (τ) := PR(p∗s (τ)) und
die Steuereinnahmen T ∗ (τ) = τ · q∗ (τ).
Die aggregierten Handelsgewinne sind
HG∗ (τ) = KR∗ (τ) + PR∗ (τ) + T ∗ (τ).
Wieso werden die Steuereinnahmen bei den aggregierten
Handelsgewinnen berücksichtigt?
22 / 45
4. Markteingriffe und Wohlfahrtsverlust
4.1 Mengensteuern
Frage
Was sind die Wohlfahrtsauswirkungen einer Mengensteuer mit Satz
τ > 0?
Da p∗d (τ) steigend in τ ist, ist die aggregierte Konsumentenrente
KR∗ (τ) um so niedriger, desto höher der Mengensteuersatz ist.
Da p∗s (τ) fallend in τ ist, ist die aggregierte Produzentenrente
PR∗ (τ) um so niedriger, je höher der Mengensteuersatz ist.
Die Steuereinnahmen T ∗ (τ) sind für kleine τ steigend in τ und für
grosse τ fallend in τ.
Der Gesamteffekt einer Erhöhung des Mengensteuersatzes auf
die aggregierten Handelsgewinne ist immer negativ:
23 / 45
4. Markteingriffe und Wohlfahrtsverlust
4.1 Mengensteuern
Satz (Wohlfahrtsauswirkungen einer Mengensteuer)
Die aggregierten Handelsgewinne HG∗ (τ) sind für τ > 0 fallend in τ.
Intuition:
Die aggregierten Handelsgewinne sind durch die Handelsmengen
bestimmt: HG = ∑ni=1 vi (xi ) − ∑mj=1 VC j (y j ).
Eine Erhöhung der Mengensteuer führt zu einer Reduktion der
Handelsmengen.
Da bei τ > 0 die marginale Zahlungsbereitschaften v0i (xi ) die
Grenzkosten c0j (y j ) übersteigen, führt die Reduktion der Mengen zu
einer Reduktion der Handelsgewinne.
Die Veringerung der aggregierten Handelsgewinne, die aus einer
Besteuerung resultieren, wird als Zusatzlast der Steuer
bezeichnet.
Diese Zusatzlast einer Mengensteuer lässt sich an Hand von
Marktnachfrage- und Marktangebotsfunktion bestimmen
24 / 45
4. Markteingriffe und Wohlfahrtsverlust
4.1 Mengensteuern
Abbildung: Aggregierte Produzentenrente PR∗ (τ), aggregierte
Konsumentenrente KR∗ (τ) und Steuereinnahmen T ∗ (τ) in einem
Wettbewerbsgleichgewicht mit Besteuerung. Die Zusatzlast der Besteuerung
entspricht der Fläche des grün gefärbten Dreiecks.
25 / 45
4. Markteingriffe und Wohlfahrtsverlust
4.1 Mengensteuern
Da die aggregierten Handelsgewinne bei einer Mengensteuer mit
Satz τ > 0 kleiner als in einem Wettbewerbsgleichgewicht ohne
Besteuerung sind, ist die resultierende Allokation in einem
Wettbewerbsgleichgewicht mit Besteuerung ineffizient.
Also muss es eine Pareto-Verbesserung geben, die bei
unveränderten Steuereinnahmen zu einer Vergrösserung der
aggregierten Handelsgewinne führt.
Eine Möglichkeit, eine solche Pareto-Verbesserung zu erreichen,
besteht darin, die Mengensteuer duch eine geeignete Kopfsteuer
zu ersetzen, die zu Steuereinnahmen in gleicher Höhe führt.
Beachte: Auch eine Mengensubvention führt zu einem
Wohlfahrtsverlust, der steigend in dem Subventionssatz ist.
Durch die Subvention steigen die Konsumentenrenten und
Produzentenrenten, aber um weniger als die Höhe der
Subventionszahlungen.
26 / 45
4. Markteingriffe und Wohlfahrtsverlust
4.2 Stützungspreise und Ausgleichszahlungen
Staat setzt einen Stützungspreis p > p∗ fest:
Konsumenten fragen zu diesem Preis die Menge D(p) nach.
Produzenten bieten zu diesem Preis die Menge S(p) an.
Staat kauft das Überschussangebot S(p) − D(p) > 0 zum Preis p
auf.
Frage
Was sind die Wohlfahrtsauswirkungen eines solchen Markteingriffs?
Um diese Frage zu beantworten, muss man wissen, was mit dem
aufgekauften Überschussangebot geschieht.
Darstellung im Lehrbuch unterstellt kostenfreie Vernichtung.
27 / 45
4. Markteingriffe und Wohlfahrtsverlust
4.2 Stützungspreise und Ausgleichszahlungen
Aggregierte Produzentenrente steigt von PR(p∗ ) auf PR(p)
Agggregierte Konsumentenrente fällt von KR(p∗ ) auf KR(p).
Es entstehen Staatsausgaben T = (S(p) − D(p))p.
Die Summe aus aggregierter Konsumentenrente und
Produzentenrente steigt auf Grund des Markteingriffs an . . .
aber die aggregierten Handelsgewinne fallen:
KR(p∗ ) + PR(p∗ ) > KR(p) + PR(p) − T.
Genauer: Die aggregierten Handelsgewinne entsprechen
denjenigen aus einem Wettbewerbsgleichgewichts mit einem
Mengensteuersatz τ, der so gewählt ist, dass D(p) die
Gleichgewichtsmenge ist, abzüglich der Herstellungskosten der
Einheiten, die vernichtet werden.
28 / 45
4. Markteingriffe und Wohlfahrtsverlust
4.2 Stützungspreise und Ausgleichszahlungen
Abbildung: Die aggregierten Handelsgewinne bei einem Unterstützungspreis
p entsprechen der rot schraffierten abzüglich der blau schraffierten Fläche.
Der Verlust an aggregierten Handelsgewinnen im Vergleich zum
Wettbewerbsgleichgewicht entspricht der blau schraffierten zuzüglich der
grünen Fläche.
29 / 45
4. Markteingriffe und Wohlfahrtsverlust
4.2 Stützungspreise und Ausgleichszahlungen
Der Staat setzt Ausgleichungszahlung wie folgt fest: Liegt der
Marktpreis p unterhalb von p > p∗ erhalten die Produzenten pro
verkaufter Einheit den Betrag p − p ausgezahlt.
Produzenten bieten unabhängig vom Marktpreis die Menge S(p)
an.
Marktpreis p ist durch die Bedingung D(p) = S(p) bestimmt.
Staat zahlt S(p) · (p − p) als Subvention an die Produzenten.
Frage
Was sind die Wohlfahrtsauswirkungen eines solchen Markteingriffs?
Die Situation ist identisch zu der einer Mengensubvention mit Satz
−τ = p − p.
30 / 45
5. Langfristiges Marktgleichgewicht und Marktzutritt
5.1 Fragestellung
Entsprechend zu unserer bisherigen Unterscheidung zwischen
kurzer Frist und langer Frist kann man kurzfristiges und
langfristiges Wettbewerbsgleichgewicht unterscheiden:
In der kurzen Frist gibt es fixe Inputs; ein kurzfristiges
Wettbewerbsgleichgewicht wird durch den Schnittpunkt der
entsprechenden kurzfristigen Marktangebotsfunktion mit der
Marktnachfragefunktion bestimmt.
In der langen Frist sind alle Inputs variabel; das langfristige
Wettbewerbsgleichgewicht wird durch den Schnittpunkt der
langfristigen Marktangebotsfunktion mit der Marktnachfragefunktion
bestimmt.
31 / 45
5. Langfristiges Marktgleichgewicht und Marktzutritt
5.1 Fragestellung
Für die komparative Statik macht es einen Unterschied, ob die
kurze oder lange Frist betrachtet wird, da die langfristige
Marktangebotsfunktion typischerweise elastischer als die
kurzfristige Marktangebotsfunktion ist.
Beispiele:
Verschiebung der Marktnachfragefunktion: Auswirkung auf den
Wettbewerbspreis in der langen Frist kleiner als in der kurzen Frist.
Für die Wettbewerbsmenge gilt gerade das umgekehrte.
Änderung eines Inputpreises: Ist der Input in der kurzen Frist fix,
gibt es keine Auswirkung auf das Wettbewerbsgleichgewicht. In der
langen Frist ist die komparative Statik durch die Auswirkung der
Faktorpreisänderung auf die Grenzkostenkurve der Unternehmen
bestimmt.
32 / 45
5. Langfristiges Marktgleichgewicht und Marktzutritt
5.1 Fragestellung
In der Bestimmung der langfristigen Marktangebotsfunktion sind
wir davon ausgegangen, dass die Anzahl der Unternehmen, die
das betrachtete Gut produzieren können, gegeben ist.
Dies erscheint dann problematisch, wenn die Unternehmen in
einem langfristigen Wettbewerbsgleichgewicht streng positive
Gewinne erzielen.
Beachte: In einem langfristigen Wettbewerbsgleichgewicht kann es
nie geschehen, dass die Unternehmen Verluste erleiden. Wird die
Produktion stillgelegt, resultiert ein Gewinn von Null.
Frage
Was hindert ein weiteres Unternehmen daran, in den Markt
einzutreten, sich die zur Produktion erforderlichen Inputs zu
beschaffen und ebenfalls einen streng positiven Gewinn zu
erwirtschaften?
33 / 45
5. Langfristiges Marktgleichgewicht und Marktzutritt
5.1 Fragestellung
Mögliche Hinderungsgründe:
Marktzutrittsbeschränkungen.
Potentielle Marktzudringlinge verfügen nicht über die gleichen
technologischen Möglichkeiten, wie die bereits im Markt etablierten
Unternehmen.
Potentielle Marktzudringlinge antizipieren, dass ihr Marktzutritt den
Outputpreis reduzieren und/oder Inputpreise erhöhen wird – so
dass sich entgegen des ersten Anscheins doch keine Gewinne in
dem Markt erzielen lassen.
Im Folgenden soll ein einfaches Modell des langfristigen
Wettbewerbsgleichgewichts vorgestellt werden, welches bewusst
von solchen Hinderungsgründen abstrahiert.
Ziel eines solches Modelles mit freiem Marktzutritt ist es neben
Wettbewerbspreis und Wettbewerbsmenge insbesondere auch die
Anzahl der im Markt aktiven Unternehmen zu erklären.
34 / 45
5. Langfristiges Marktgleichgewicht und Marktzutritt
5.2 Modellrahmen
Es gibt eine sehr grosse Anzahl M von Unternehmen, die das Gut
potentiell produzieren können.
Was “sehr gross” bedeutet, wird später noch erklärt.
Alle Unternehmen verfügen über die gleiche Technologie und
sehen sich identischen Faktorpreisen gegenüber.
Im Gegensatz zu der bisherigen Betrachtung gibt es nur zwei
mögliche Einsatzmengen des fixen Inputs:
x̄2 = 0. Ein solches Unternehmen kann nicht produzieren und wird
im folgenden als inaktiv bezeichnet.
x̄2 = 1. Ein solches Unternehmen produziert mit der kurzfristigen
Produktionsfunktion f (x1 , 1) und wird im Folgenden als aktiv
bezeichnet (selbst wenn es sich entscheiden sollte, y = 0 zu
produzieren).
Beachte: In der kurzen Frist ist die Anzahl der aktiven
Unternehmen fix.
35 / 45
5. Langfristiges Marktgleichgewicht und Marktzutritt
5.2 Modellrahmen
Die kurzfristige Kostenfunktion eines aktiven Unternehmens ist C
mit
C(0) = F > 0, MC(y) > 0, MC0 (y) > 0.
In der langen Frist kann ein Unternehmen entscheiden, ob es
aktiv oder inaktiv ist.
Für die langfristige Kostenfunktion aller Unternehmen gilt:
(
0
falls y = 0
Cl (y) =
C(y) falls y > 0
Bemerke:
In der kurzen Frist handelt es sich bei F um Fixkosten eines aktiven
Unternehmens.
In der langen Frist handelt es sich bei F um sogenannte quasifixe
Kosten. Diese können zwar - im Gegensatz zu echten Fixkosten durch y = 0 vermieden werden, fallen aber ansonsten unabhängig
von der produzierten Menge an.
Die langfristige Kostenfunktion hat einen Sprung bei y = 0.
36 / 45
5. Langfristiges Marktgleichgewicht und Marktzutritt
5.2 Modellrahmen
Abbildung: Kurzfristige Kostenfunktion für ein aktives Unternehmen mit der
dazugehörigen Grenzkosten- und Durchschnittskostenfunktion. Beachten
Sie, dass die Durchschnittskosten u-förmig verlaufen. Die langfristige
Kostenfunktion unterscheidet sich nur dadurch, dass C(0) = 0 gilt.
37 / 45
5. Langfristiges Marktgleichgewicht und Marktzutritt
5.3 Kurzfristiges Wettbewerbsgleichgewicht
Die Anzahl der aktiven Unternehmen ist gegeben: m ≥ 1.
Die kurzfristige Angebotsfunktion aller aktiven Unternehmen ist
identisch (und entspricht der Inversen ihrer
Grenzkostenfunktionen): s(p)
Die kurzfristige Marktangebotsfunktion ist
Sm (p) = m · s(p).
Der kurzfristige Wettbewerbspreis p∗m und die kurzfristige
Wettbewerbsmenge q∗m sind durch
D(p∗m ) = Sm (p∗m ) = q∗m
gegeben.
38 / 45
5. Langfristiges Marktgleichgewicht und Marktzutritt
5.4 Komparative Statik des kurzfristigen Wettbewerbsgleichgewichts
Steigt die Anzahl der aktiven Unternehmen, so
fällt der Wettbewerbspreis: p∗m ist fallend in m.
steigt die Wettbewerbsmenge: q∗m ist steigend in m.
fällt die Menge, die ein einzelnes aktives Unternehmen im
Gleichgewicht produziert: s(p∗m ) = q∗m /m ist fallend in m.
fällt der Gleichgewichtsgewinn eines jeden aktiven Unternehmens
Beachte:
Je nachdem wieviele Unternehmen aktiv sind, können in einem
kurzfristigen Wettbewerbsgleichgewicht die Gleichgewichtsgewinne
der Unternehmen auch streng negativ sein, da jedes aktive
Unternehmen in der kurzen Frist die Fixkosten F > 0 tragen muss.
39 / 45
5. Langfristiges Marktgleichgewicht und Marktzutritt
5.5 Langfristiges Wettbewerbsgleichgewicht
Die Durchschnittskosten AC(y) eines aktiven Unternehmens
verlaufen u-förmig.
Sei ŷ > 0 die sogenannte effiziente Betriebsgrösse, d.h. die
(eindeutig bestimmte) Menge, bei welcher die Durchschnittskosten
eines aktiven Unternehmens minimal sind.
Sei p̂ = AC(ŷ).
Die folgende Annahme formalisiert, was es bedeutet, dass es
“sehr viele” Unternehmen gibt, die in den Markt eintreten können:
Annahme
Produzieren alle Unternehmen mit der effizienten Betriebsgrösse, so
übersteigt das resultierende Angebot die Menge, die zum Preis p̂ im
Markt abgesetzt werden kann: M · ŷ > D( p̂) > 0.
40 / 45
5. Langfristiges Marktgleichgewicht und Marktzutritt
5.5 Langfristiges Wettbewerbsgleichgewicht
Abbildung: Die kurzfristige Angebotsfunktion eines aktiven Unternehmens
(braun) und langfristige Angebotsfunktion (rot) stimmen für p > p̂ überein. Für
p < p̂ ist in der langen Frist y = 0 gewinnmaximierend, während in der kurzen
Frist die gewinnmaximierende Menge durch die Bedingung erster Ordnung
MC(y) = p bestimmt ist.
41 / 45
5. Langfristiges Marktgleichgewicht und Marktzutritt
5.5 Langfristiges Wettbewerbsgleichgewicht
Die langfristige Angebotsfunktion sl eines Unternehmens ist wie
folgt bestimmt:
Für p < p̂ ist 0 die eindeutige gewinnmaximierende Menge.
Für p = p̂ sind 0 und ŷ gewinnmaximierende Mengen.
Für p > p̂ ist s(p) > ŷ die eindeutige gewinnmaximierende Menge.
Für p < p̂ übersteigt daher die Marktnachfrage das langfristige
Marktangebot:
Msl (p) = 0 < D( p̂) < D(p).
Für p > p̂ übersteigt hingegen das langfristige Marktangebot die
Marktnachfrage:
Msl (p) = Ms(p) > M ŷ > D( p̂) > D(p).
Also ist p = p̂ der einzige Kandidat für einen langfristigen
Wettbewerbspreis.
42 / 45
5. Langfristiges Marktgleichgewicht und Marktzutritt
5.5 Langfristiges Wettbewerbsgleichgewicht
Satz
Für den langfristigen Wettbewerbspreis muss p∗ = p̂ gelten. Die
dazugehörige Wettbewerbsmenge ist q∗ = D( p̂).
Merksatz: In der langen Frist bestimmen die Kosten den Preis und
die Nachfrage bestimmt die Menge.
Beides zusammen bestimmt die Anzahl der Unternehmen, m∗ , die
in einem langfristigen Wettbewerbsgleichgewicht aktiv sind:
Angebot und Nachfrage müssen bei dem Wettbewerbspreis
übereinstimmen. Es muss also
D( p̂)
m · s(p ) = D(p ) ⇔ m =
ŷ
∗
∗
∗
∗
gelten, so dass m∗ eindeutig bestimmt ist.
43 / 45
5. Langfristiges Marktgleichgewicht und Marktzutritt
5.5 Langfristiges Wettbewerbsgleichgewicht
Satz
In einem langfristigen Wettbewerbsgleichgewicht ist die Anzahl der
aktiven Unternehmen durch m∗ = D( p̂)/ŷ gegeben.
Merksatz: In der langen Frist bestimmen die Grösse des Marktes
und die effiziente Betriebsgrösse die Anzahl der im Markt aktiven
Unternehmen.
Beachte: Im langfristigen Wettbewerbsgleichgewicht erzielen alle
Unternehmen Nullgewinne – daher gibt es weder für inaktive
Unternehmen einen Anreiz in den Markt einzutreten noch für
aktive Unternehmen einen Anreiz aus dem Markt auszutreten.
44 / 45
5. Langfristiges Marktgleichgewicht und Marktzutritt
5.5 Langfristiges Wettbewerbsgleichgewicht
Diese Ergebnisse erlauben es, komparative Statik bezüglich des
langfristigen Wettbewerbsgleichgewichts zu betreiben.
Probleme einer solchen Vorgehensweise:
Macht es Sinn, von einem Wettbewerbsmarkt auszugehen, wenn
die Anzahl der aktiven Unternehmen klein ist?
Wie ist die Analyse zu interpretieren, wenn die Berechnung der im
Markt aktiven Unternehmen einen Wert wie m∗ = 14.5 ergibt?
Um diese Probleme zu lösen, bedarf es einer expliziten
Modellierung der strategischen Interaktion zwischen den
Unternehmen, welche
die Marktzutrittsentscheidungen und
den Preisbildungsprozess
umfasst.
45 / 45
Herunterladen