Hochleistung und Stoffwechsel – Negativere

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Hochleistung und Stoffwechsel – Negativere
­Energiebilanz bei hochleistenden Kühen
Dr. Katrin Mahlkow-Nerge, Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein
Die Milchleistung ist von Jahr zu Jahr gestiegen. Folgt man
Futteraufnahmemessungen in Futterkamp
der Leistungsentwicklung der letzten Jahre, so dürfte dieses
Das Futteraufnahmevermögen hat sich nicht in dem Maße ent-
Wachstum wohl auch weiterhin anhalten. So werden bei-
wickelt, wie es die höheren Milchmengen erfordern, schon gar
spielsweise bei fast 26 % der schwarzbunten Milchkühe in
nicht in den ersten Wochen nach der Kalbung. Auswertungen
Schleswig-Holstein aktuell Milchleistungen von 10.000 kg,
der Futterkamper Milchkuhherde zum Futteraufnahmevermö-
bei nahezu 13 % sogar 11.000 kg und mehr gemessen. Zehn
gen in Abhängigkeit vom Leistungsniveau belegen dieses.
Jahre zuvor betrug der Anteil der „10.000 kg-Kühe“ erst 8 %.
Dafür erhielten alle Kühe in den ersten 100 Laktationstagen
Hohe Leistungen werden für die meisten Betriebe auch
­eine identische, energiereiche Ration (maisbetonte TMR).
weiterhin ein zentrales Ziel bleiben. Auf der anderen Seite
Täglich wurde von jedem Tier die Futteraufnahme, die Milch-
beeinflussen aber auch die vielen Zwangsmerzungen und
menge, das Gewicht und insgesamt fünfmal während des
damit die hohen Reproduktionsraten (in vielen Betrieben
ersten Laktationsdrittels die Rückenfettdicke erfasst.
> 35 %) das wirtschaftliche Ergebnis nachteilig. Dass unsere
Milchkühe keine drei Nutzungsjahre durchhalten, wird häufig
auch im Zusammenhang mit den hohen Milchleistungen
diskutiert. Nicht selten werden Letztere sogar unmittelbar
Hochleistende Kühe haben einen intensiveren Stoffumsatz, sind
demnach auch anfälliger gegenüber Stoffwechselimbalanzen
als Tiere mit geringerer Leistung.
für die schlechtere (schlechter werdende?) Tiergesundheit
verantwortlich gemacht. Unbestritten ist, dass Leistungs­
steigerungen mit einer größer werdenden potentiellen
Gefahr für Erkrankungen einhergehen können (Übersicht 1).
Übersicht 1: Gesundheitsstörungen und Milchleistung
(Fleischer et al. 2001)
Dann wurde verglichen, welche Futtermengen die Kühe mit
unter- und überdurchschnittlicher Vorlaktationsleistung ab der
Viele dieser Erkrankungen bzw. Probleme treten verstärkt in der
zweiten Woche nach der Kalbung aufnahmen. Dabei zeigte
Zeit nach der Kalbung auf und sie mehren sich mit zunehmen-
sich, dass mit höherer Vorlaktationsleistung (Kilogramm Milch
der genetischer Leistungsfähigkeit der Tiere. Dieses scheint
je Melktag der Vorlaktation) tendenziell zwar die Futteraufnah-
insbesondere untrennbar mit der Futteraufnahme der Kühe
me in der Frühlaktation ebenfalls größer, im Vergleich dazu
zusammenzuhängen.
aber die Milchleistung höher war (Übersicht 2).
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Übersicht 2: Futteraufnahme und Milchleistung in der Früh­
laktation von Kühen unterschiedlicher Vorlaktationsleistungen
ECM Futteraufnahme
kg/Tag
kg TM/Tag
8. bis 21. Laktationstag
Dieses größere Energiedefizit muss durch eine entsprechend
intensivere Nutzung von Körperfett ausgeglichen werden.
Das zeigte sich anhand der schnelleren und auch insgesamt
umfangreicheren Abnahme der Rückenfettdicke der höher
leistenden Kühe (Übersicht 4).
Vorlaktationsleistung
> 28–33 kg/Laktationstag
39,6
17,1
Vorlaktationsleistung
> 36 kg/Laktationstag
43,2
18,7
Vorlaktationsleistung
> 28–33 kg/Laktationstag
38,6
20,8
Vorlaktationsleistung
> 36 kg/Laktationstag
43,6
21,2
Übersicht 4: Rückenfettdickenabnahme innerhalb der ersten
100 Laktationstage
22. bis 42. Laktationstag
Bei entsprechendem Management stehen aber hohe Leistungen
nicht im Widerspruch zu guter Gesundheit.
Letztere reduzierten ihre Rückenfettdicke innerhalb der ersten
100 Tage nach der Kalbung um 7 mm, die Kühe mit geringerer
Leistung aber nur um 4 mm. Dieser starke und vor allem auch
in den ersten Laktationswochen schnelle Körpersubstanzabbau
höherleistender Kühe führt bekanntermaßen zu einem höheren
Die Kühe mit einer höheren Milchleistung wiesen also in den
Ketoserisiko. Hochleistende Milchkühe werden anfälliger bzw.
ersten Laktationswochen eine stärker ausgeprägte negative
reagieren gravierender auf Fehler im Management.
Energiebilanz (NEB) auf als die Tiere mit geringerer Leistung
(Übersicht 3).
Was ist daraus abzuleiten
Daraus ergeben sich notwendige Konsequenzen für das Hal-
Übersicht 3: Energiebilanz in der Frühlaktation von Kühen unterschiedlicher Vorlaktationsleistungen
tungs-, Fütterungs- und Gesundheitsmanagement:
• Einstellung einer optimalen Körperkondition bereits während
des vorangegangenen letzten Laktationsdrittels/Verfettung
vermeiden,
• bedarfsgerechte Fütterung der Trockensteher (Energiegehalte
> 6,0 MJ NEL/kg TM in Rationen für Früh-Trockensteher unbedingt vermeiden),
• geeigneter und hygienischer Abkalbeort,
• qualitativ hochwertiges, schmackhaftes Futter,
• gepflegte Klauen,
• bestmöglicher Kuhkomfort, ganz besonders während der
Trockensteh- und Kalbezeit sowie der Frühlaktation und
nicht zuletzt
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• eine besondere Aufmerksamkeit und Beobachtung (z. B. des
Fazit
Fressverhaltens und der Pansenfüllung) der kalbenden und
Höherleistende Kühe haben einen intensiveren Stoffumsatz
frischlaktierenden Kühe, um Probleme und Erkrankungen
und sind demnach auch anfälliger gegenüber Stoffwechselim-
rechtzeitig zu erkennen und zu beseitigen.
balanzen als Tiere mit niedrigerer Milchleistung. Das bedeutet
aber nicht, dass Hochleistungskühe deshalb zwangsläufig
Da nicht in erster Linie die Milchleistung über die Höhe der
schneller krank werden (müssen). Vielmehr sagt dieses aus,
Futteraufnahme bestimmt, sondern die Ration, genauer ge-
dass Tiere mit sehr hohen Leistungen auch deutlich höhere
nommen die Energiekonzentration dieser, benötigen Kühe mit
Anforderungen an das gesamte Management stellen. Dieses
und nach der Kalbung energiereiches, hoch verdauliches Futter.
aber – das Haltungs-, Fütterungs- und Gesundheitsmanage-
Ein bewusstes Absenken des Energiegehaltes in der Ration der
ment – scheint in zahlreichen Betrieben nicht dem genetischen
Frischlaktierer würde die Tiere letztlich „energetisch ausbrem-
Leistungspotential zu entsprechen. Das bedeutet, dass die
sen“ und somit eher zu Stoffwechselimbalanzen führen. Das
Tiere eben nicht so gehalten, gefüttert und betreut werden,
Ziel muss also eher darin bestehen, unter Wahrung der notwen-
wie es entsprechend ihrer Leistungsbereitschaft und somit
digen Strukturversorgung höchstmögliche Energiegehalte in
ihrer Stoffwechselbeanspruchung notwendig wäre. Erschwe-
den Frühlaktationsrationen zu erzielen. Die Grundlage dafür ist
rend kommt hinzu, dass in vielen Betrieben für die Betreuung
sehr gutes Grobfutter.
der Einzeltiere nicht ausreichend Arbeitszeit investiert wird,
und das gilt für kleine Familienbetriebe genauso wie für große
Werden diese Grundsätze beachtet, kann man sogar erkennen,
Wachstumsbetriebe.
dass sich höherleistende Kühe aus diesem anfänglich tiefen
„Energieloch“ schnell und mitunter sogar schneller erholen kön-
Wer diese Grundsätze befolgt, wird erkennen, dass bei bereits
nen und folglich früher eine positive Energiebilanz aufweisen
vorhandenem hohen Milchleistungsvermögen eine hohe
als ihre Stallgefährtinnen mit geringerer Leistung (Übersicht 5).
Leistung und eine gute Tiergesundheit nicht im Widerspruch
Übersicht 5: Energiebilanz innerhalb der ersten
100 Laktationstage
zueinander stehen, sondern sich sogar bedingen.
DER DIREKTE DRAHT
Dr.Katrin Mahlkow-Nerge, Landwirtschaftskammer
Tel.: 04381/900949, Email: [email protected]
Stand: August 2011
Redaktion Proteinmarkt
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