Kapitel 7: Somatoforme und dissoziative Störungen

Werbung
Somatoforme und dissoziative Störungen


Zusammenhang zw. somatoformen, dissoziativen Störungen & Angsstörungen
o alle galten früher als Neurosen
o Angst als vorherrschendes Merkmal
o bei somatoformen & dissoziativen Störungen aber Angst nicht direkt beobachtbar
Beginn: belastendes Ereignis
Somatoforme Störungen
-
soma = Körper
psychische Probleme kommen durch körperliche Symptome zum Ausdruck, für die es
keine physiologische Erklärung gibt & die nicht willentlich kontrollierbar sind
o psychische Ursachen, insbesondere Zusammenhang mit Angst
-
ICD-10: Somatoforme Störungen (F45)
o Somatisierungsstörung
o undifferenzierte Somatisierungsstörung
o hypochondrische Störung (inkl. Dysmorphophobie)
o somatoforme autonome Funktionsstörung
o anhaltende somatoforme Schmerzstörung
o sonstige somatoforme Störungen
o nicht näher bezeichnete somatoforme Störungen
-
DSM-IV: Somatoforme Störungen
o Somatisierungsstörung
 wiederkehrende, vielgestaltige körperliche Beschwerden, die aber
offensichtlich nicht körperlich bedingt sind
o Konversionsstörung
 sensorische & oder motorische Symptome ohne physiologische
Ursache
o Hypochondrie
 übermäßige Angst, an einer ernsthaften Erkrankung zu leiden
o somatoforme Schmerzstörung
 bei Einsetzen & Fortdauer des Schmerzes spielen psychologische
Faktoren eine große Rolle
o körperdysmorphe Störung
 intensive Beschäftigung mit einem eingebildeten oder übertriebenen
Mangel der eigenen Erscheinung
1
Körperdysmorphe Störung (Dysmorphophobie)








= Intensive Beschäftigung mit einem eingebildeten oder übertriebenen Mangel der
eigenen Erscheinung
o Falten, starker Haarwuchs im Gesicht, Form/ Größe der Nase
o Frauen: Haut, Hüften, Brüste, Beine
o Männer: geringe Körper-/ Penisgröße
äußert sich durch
o stundenlanges Betrachten im Spiegel
o Ergreifen von Maßnahmen, um Leid zu mindern (Bsp. OPs, Spiegel abhängen)
 OPs helfen den Pat. kaum
v.a. bei Frauen
Beginn: Ende der Pubertät
Komorbidität: Depression, soziale Phobie
in einigen Fällen könnte übertriebene Beschäftigung mit Aussehen & häufiges
Kontrollieren des Äußeren als Zwangsstörung diagnostiziert werden
in anderen Fällen ist die mit Makel zusammenhängende Überzeugung so realitätsfremd,
dass auf wahnhafte Störung geschlossen werden könnte
 Sorge um vermeintliche Mängel des Aussehens nicht Störung an sich, sondern
Symptom von mehreren Störungen?
Hypochondrie





= Übermäßige Angst, an einer ernsthaften Krankheit zu leiden, trotz gegenteiliger
Beteuerungen durch den Arzt
Annahme:
o auf normale körperliche Empfindungen wird überreagiert
o  geringfügige Abweichungen (Bsp. Husten, erhöhter Herzschlag) werden als
Bestätigung der Befürchtung angesehen
o Symptome werden als verhängnisvoll interpretiert (Bsp. Roter Fleck auf der Haut
 Hautkrebs)
Beginn: frühes Erwachsenenalter; Verlauf meist chronisch
Komorbidität: Angststörung, affektive Störungen
Abgrenzung zur Somatisierungsstörung ist nicht ganz klar
2
Konversionsstörung (früher: Hysterie)
DSM-IV: Konversionsstörung
A.) Symptome oder Ausfälle willkürlicher
motorischer oder sensorischer Funktionen
B.) stehe in Zusammenhang mit psychischen
Faktoren
C.) keine absichtliche Erzeugung oder
Vortäuschung
Bestimme den Typus
- mit motorischen Symptomen oder
Ausfällen
- mit sensorischen Symptomen oder
Ausfällen
- mit Anfällen oder Krämpfen
- mit gemischtem Erscheinungsbild
ICD-10: Dissoziative Störung der
Bewegung & der Sinnesempfindung
Verlust oder Veränderung von
Bewegungsfunktionen oder
Sinnesempfindungen
1.) Körperliche Krankheit als Ursache ist
auszuschließen
2.) Psychische Verursachung
(psychologischer & sozialer Hintergrund &
Beziehungen sollten bekannt sein, um das
Auftreten der Krankheit erklären zu können
- dissoziative Bewegungsstörungen
- dissoziative Krampfanfälle
- dissoziaitve Sensibilitäts- &
Empfindungsstörungen
- dissoziaitive Störungen
(Konversionsstörungen) gemischt
Symptome
-

sensorische & oder motorische Symptome (bspw. plötzlicher Verlust des
Sehvermögens oder Lähmung), obwohl Körperorgane & neuromuskulärer Apparat
gesund
- teilweisen/vollständigen Lähmung, Anfälle & Koordinationsstörungen, Anästhesie
(Schmerzunempfindlichkeit), Gesichtsfeldausfall, Aphonie (Stimmverlust), Anosmie
(Verlust des Geruchsinns)
- stellen sich meist in Belastungssituationen ein
o Umgehen best. Tätigkeiten oder Verantwortung
o Aufmerksamkeit anderer bekommen
 Pat. „leiden“ nicht so sehr unter den physiologischen Symptomen, sind zufrieden,
wollen es nicht loswerden (sehen keinen Zusammenhang zw. Symptomen & belastender
Lebenssituation)
Epidemiologie






Lebenszeitprävalenz: <1%
Beginn: Jugend – frühes Erwachsenenalter; Verlauf: kann abrupt enden, aber Rückfall ist
wahrscheinlich
Auslöser: belastendes Lebenssituation
bei Frauen häufiger
Komorbidität: Depression, Drogenmissbrauch, Boderline- PS, histrionische PS
Differentialdiagnose: Ausschluss neurologischer Erkrankungen
3
Somatisierungsstörung
DSM-IV: Somatisierungsstörung
A.) Vorgeschichte mit vielen körperlichen
Beschwerden mit Beginn vor 30.LJ.
B.) Erfüllung folgender (8) Kriterien
1.) 4 Schmerzsymptome
2.) 2 gastrointestinale Symptome
3.) 1 sexuelles Symptom
4.) 1 pseudoneurologisches Symptom
D.) keine absichtliche Erzeugung oder
Vortäuschung
ICD-10: Somatisierungsstörung
1.) mind. 2 Jahre lang mehrere verschiedene
körperliche Symptome ohne ausreichende
somatische Erklärung
2.) Betroffener weigert sich anzunehmen,
dass es keine körperliche Erklärung gibt
3.) Beeinträchtigung sozialer Funktionen
durch die Symptome & das
Krankheitsverhalten
Symptome
-
wiederkehrende, vielseitige körperliche Beschwerden, die aber offensichtlich nicht
körperlich bedingt sind
Symptome sind intensiver als bei Hypochondrie & führen zu starken
Beeinträchtigungen, v.a. am Arbeitsplatz
kulturabhängig (häufig in Kulturen, in denen Emotionen nicht offen gezeigt werden)
Somatisierungsstörung & Konversionsstörung haben viele Symptome gemeinsam &
oft können beide Diagnosen bei 1 Pat. zutreffen
Pat. suchen häufig Ärzte auf
starker Medikamentenkonsum
häufig Störungen des Menstruationszyklus & sexuelle Indifferenz
Epidemologie







Lebenszeitprävalenz: < 0,5% (südamerikanischen Ländern höher)
Beginn: frühes Erwachsenenalter
bei Frauen häufiger (v. a. afrikanischer oder hispanischer Herkunft); häufiger bei
medikamentös behandelten Pat.
familiäre Häufung
Komorbidität: Depression, Angst, Drogenmissbrauch, verschiedene PS
Prognose: nicht immer dauerhaft
Differentialdiagnose: schwer abzugrenzen von der Konversionsstörung
4
Ätiologie der somatoformen Störungen
Risikofaktoren





Genetische Faktoren: familiäre Belastung
epidemiologische Faktoren: weibliches Geschlecht, geringer sozialer Status
entwicklungspsychologische Faktoren: sexuelles Übergriffe, entsprechende familiäre
Krankheitsmodelle
auslösende Faktoren: kritische Lebensereignisse, organische Erkrankung,…
aufrechterhaltenden Bedingungen: inadäquater Copingstil, Verstärkung durch
nahestehende Personen
Ätiologie der Somatisierungsstörung

Schmerzen, Funktionsstörungen sind Ausdruck einer unrealistischen Angst (Rief et al.,
1998)
o Somatisierungspatienten haben eine erhöhte Sensibilität für körperliche
Empfindungen
o  hoher Kortisolspiegel durch den Stress in der angstauslösenden Situation
o starke Beachtung körperliche Empfindungen / Interpretation der Empfindungen
als verhängnisvoll
o  Bsp. Anspannung in der Magengegend  Übelkeit
o  Verstärkung durch Beachtung oder Meidung der auslösenden Situation
Psychodynamische Theorie der Konversionsstörung



1) traumatisches Erleben  emotionale Erregung  kann nicht ausgedrückt werden & die
Erinnerung an das Ereignis wird verdrängt (Freud)
2) Meidung des ungelösten Elektrakomplexes1 & verdrängter ES Impulses (Freud):
o sexuelle Bindung zum Vater wird missbilligt
o  verstärkter Sexualtrieb, wird aber gemieden
o  Erinnerung oder sexuelle Erregung lösen Angst aus
o  Ausweg: Konversion
o d.h. verdrängte Triebenergie wird in sensomotorische Kanäle umgelenkt???
3) Dissoziation von Wahrnehmung & Bewusstsein bei hysterischer Blindheit (Sackheim
et al., 1979)
o Verarbeitung von visuellen Reizen, obwohl bewusste Wahrnehmung geleugnet
wird
o Bsp. Reizen im blinden Gesichtsfeld unterzufällig häufig nicht erkannt (30%)
schneiden schlechter ab als Blinde  unbewusste Bemühung, Blindheit zu
bewahren ?  Motivation beeinflusst die Leistung
Elektrakomplex: Theoretische Basis: Freuds Annahme eines „Penisneids“. Freud ging
von einer ursprünglichen Bindung zw. Mutter & Tochter aus. Der Penisneid markiert
dabei eine Bruchstelle in dieser Beziehung, weil die Tochter der Mutter vorwirft, sie
mit einem Mangel geboren zu haben.
1
5
Verhaltenstheoretische Erklärung der Konversionsstörung

Symptomsimulation zur Zielerreichung (Ullman und Krasner)
o Fähigkeit zur Simulation
o Wissen über Symptome aus Erfahrung mit anderen
o Belohnung durch Meidung oder Aufmerksamkeit
Soziale & kulturelle Faktoren bei der Konversionsstörung


sexuelle Repression: mittlerweile Wandel des Umgangs mit Sex & steigende Akzeptanz
von Angst im Vgl. zu Dysfunktionen ohne physiologische Grundlage
geringes medizinisches & psychologisches Wissen: Belege möglicherweise mehrdeutig
Biologisch Faktoren der somatoformen Störungen



keine genetische Komponente in Zwillingsstudien nachgewiesen
Hirnasymmetrie: Konversionsstörungen meisten links  rechte, „emotionale“
Hemisphäre als Auslöser ???
Annahme: kognitive Verarbeitung sensorischer Information findet bei Pat. mit
Konversionssymptomen nicht statt (Exp. Simulierender Pat. & Konversions – Pat. 
Simulierender zeigt mehr Aktivität  eher kognitive als sensorische Reaktion?)
6
Therapie somatoformer Störungen
Psychoanalyse



früher: Katharsis2 durch Konfrontation mit den infantilen Ursprüngen der Verdrängung
heute: Aufhebung der Verdrängung (Technik: freie Assoziation, usw)
 wenig effektiv
Verhaltenstherapeutisch



Ursprung Angst  Behandlung der Angst bspw. mit Desensibilisierung  Verstärkung
von Verhaltensweisen, die Symptome zum verschwinden bringen
FAZIT: Reduktion der Angst führt zur Reduktion somatoforme Beschwerden.
VORSICHT: schwaches, abhängiges Verhaltensmuster der Pat. muss auch behandelt
werden
Therapie von Angst & Depression


Pat. mit Angst & Depression machen sich häufig auch Sorgen um ihren Körper
 Behandlung reduziert auch somatoforme Beschwerden
Familientherapie & Selbstsicherheitstraining



Autonomie bestärken
Pat. soll Fertigkeiten im Umgang mit anderen & eigenen Bedürfnissen erwerben (bspw.
Augenkontakt aufnehmen, Kritik annehmen, Forderungen stellen)
Ziel: Bedürfnisbefriedigung OHNE die Krankheit
Therapie von Schmerz



Differentialdiagnostische Abklärung der Schmerzursache
Entspannungstraining
Belohnung von nicht schmerzentsprechendem Verhalten  mehr Aktivität  mehr
Kontrolle
Biologischer Ansatz

Antidepressiva
Operante Ansätze


operante Verstärkung durch Belohnung hilfreich (gemiedene Verhaltensweisen werden
bei Ausführung belohnt)
WICHTIG: Bloßstellen des Pat. durch Überzeugung, dass seine Symptome psychisch
sind, vermeiden
2
Die Katharsis ( „die Reinigung“) = Hypothese, dass das Ausleben von inneren
Konflikten & verdrängten Emotionen zu einer Reduktion der Konflikte & Gefühle
führt. Vornehmlich wird von Katharsis gesprochen, wenn durch das Ausleben von
Aggressionen z. B. das Schlagen auf einen Sandsack eine Reduktion der
Aggressionsbereitschaft (Reduktion von Ärger, Wut ...) erzielt werden soll.
7
Dissoziative Störungen




Bewusstseinszusammenhang von Wahrnehmung, Gedächtnis & Identität wird plötzlich
aufgehoben
wichtige persönliche Ereignisse können nicht erinnert werden
eigene Identität geht zeitweilig verloren
neue Identität wird angenommen & gewohnte Umgebung wird verlassen

ICD-10: Dissoziative Störungen (Konversionsstörungen) (F44)
o dissoziative Amnesie
o dissoziative Fugue
o dissoziativer Stupor
o Trance & Besessenheitszustände
o dissoziative Bewegungsstörungen
o dissoziative Krampfanfälle
o dissoziative Sensibilitäts- & Empfindungsstörungen
o dissoziative Störungen (Konversionsstörungen), gemischt
o sonstige dissoziative Störungen (Konversionsstörungen)
 Ganser- Syndrom
 Multiple Persönlichkeitsstörung
 transitorische dissoziative Störungen (Konversionsstörungen) des Kindes& Jugendalters
 sonstige näher bezeichnete dissoziative Störungen (Konversionsstörungen)
 nicht näher bezeichnete dissoziative Störung (Konversionsstörung)

DSM-IV: Dissoziative Störungen
o dissoziative Amnesie
 Gedächtnisverlust nach einer belastenden Erfahrung
o dissoziative Fugue
 Gedächtnisverlust, bei dem die Betroffenen ihre gewohnte Umgebung
verlassen & eine neue Identität annehmen
o dissoziative Identitätsstörung (multiple Persönlichkeit)
 Existenz von 2 oder mehr verschiedenen, unabhängig voneinander
handelnden Persönlichkeiten innerhalb eines Individuums
o Depersonalisationsstörung
 Abrupte Veränderung der Selbstwahrnehmung & des Selbsterlebens
Problem: Abgrenzung von der PTBS:
o Störungen sind sich ähnlich, gehen auf stark traumatisierendes Ereignis zurück
o ABER Definition PTBS beinhaltet, dass man Flash Backs hat  gerade die
Erinnerung an das Ereignis fehlt!
o  dissoziative Störung als Spezialform

8
Dissoziative Amnesie
Symptome






plötzlich einsetzende Unfähigkeit, sich an wichtige Ereignisse zu erinnern ABER
Erinnerungen sind nicht verloren, sondern während der amnestischen Episode nicht
abrufbar
Gedächtnisverlust betrifft meist Zeitabschnitt nach Trauma
selektive Amnesie: Ereignisse innerhalb einer bestimmten Episode können nicht erinnert
werden
vollständig Amnesie erstreckt sich auf gesamtes Leben & ist am seltensten
während der amnestischen Episode ist Verhalten unauffällig
in Folge des Gedächtnisverlusts Desorientiertheit & zielloses Umherlaufen möglich
Epidemiologie





Lebenszeitprävalenz: 7%
Beginn und Ende: plötzlich; vollständige Heilung, Rezidive sind selten
Dauer: mehrere Stunden oder Jahre
Auslöser: Trauma
Differentialdiagnose:
o bei degenerativen Störungen lässt Gedächtnis allmählich & unabhängig von
belastenden Ereignissen nach & geht mit anderen kognitiven Defiziten einher
o bei Hirnverletzung, die durch Trauma oder Substanzmissbrauch verursacht wird,
kann der Gedächtnisverlust leicht auf Trauma oder konsumierte Subtanz
zurückgeführt werden
o normaler Vergesslichkeit: amnestische Episode ist viel größer
Dissoziative Fugue
Symptome






Gedächtnisverlust ist umfangreicher als bei der dissoziativen Amnesie
vollständige Amnesie
plötzliches Verlassen von Heim & Arbeitsplatz & Annehmen einer völlig neuen Identität
manchmal nehmen Betroffene sogar neue Persönlichkeitszüge an
kürzere Dauer
Beschränkung der sozialen Kontakte auf ein Minimum oder vollständiges Fehlen davon
Epidemiologie



Lebenszeitprävalenz: 0,2 %
Auslöser: schwere Belastung (bspw. Ehestreit, Naturkatastrophe)
Verlauf: vollständige Heilung ABER keine Erinnerung an „Flucht“
9
Depersonalisationsstörung
Symptome







Abrupte Veränderung der Selbstwahrnehmung & des Selbsterlebens
Verlust des Gefühls für sich selbst
Bsp. Glieder schwellen an oder schrumpfen; Stimme klingt anders in eigenen Ohren;
fühlen sich außerhalb ihres Körpers; Gefühl, sich selbst wie aus Entfernung zu betrachten
KEINE Gedächtnisstörung
oft liegt ein Trauma in der Kindheit vor
manchmal bewegen sie sich wie im Traum, weil die Welt ihnen unwirklich geworden ist
ähnliche Erfahrungen glgtl. auch bei Schizophrenie, Panikattacken, Zwangsstörungen,
PTBS, Borderline- PS
Epidemiologie




Lebenszeitprävalenz: 2,4 %
Beginn: Jugend, Verlauf chronisch
Auslöser: starke Belastung
Komorbidität: Persönlichkeitsstörungen, Angststörungen, Depression
Dissoziative Identitätsstörung
DSM-IV: Dissoziative Identitätsstörung
A.) 2 oder mehr unterscheidbare Identitäten
oder Persönlichkeiten in 1 Person
B.) Mind. 2 davon übernehmen wdh. die
Kontrolle
C.) Unfähigkeit, sich an wichtige persönliche
Infos zu erinnern
ICD-10: Multiple PS
Vorhandensein von 2 oder mehr
Persönlichkeiten bei einem Menschen, wobei
immer nur 1 auf einmal sichtbar ist
Symptome







Existenz von 2 oder mehr verschiedenen, unabhängig voneinander handelnden
Persönlichkeiten innerhalb eines Individuums.
jede Persönlichkeit hat ihre eigene Lebensform, Gefühle und Verhaltensmustern (bspw.
andere Gangart, unterschiedlich empathisch) die zu unterschiedlichen Zeitpunkten
dominieren, allerdings gibt es eine Hauptpersönlichkeit
Erinnerungslücken: mindestens eine Persönlichkeit weiß nichts über die anderen.
zum Zeitpunkt der Diagnose sind in der Regel 2-4 Persönlichkeiten beteiligt, im Laufe der
Behandlung können aber noch weitere dazukommen
Existenz verschiedener Persönlichkeiten muss chronisch (lang andauernd) sein & das
eigene Leben stark beeinträchtigen
meist sind die einzelnen Persönlichkeiten sehr verschieden
ursprüngliche Persönlichkeit & Subpersönlichkeiten sind sich der zeitlichen Lücken
bewusst & Stimmen der einen können ins Bewusstsein der anderen dringen, ohne dass
diese wissen, wem die Stimmen gehören
10

weitere Symptome
o Kopfschmerzen
o Substanzmissbrauch
o Phobie
o Halluzination
o Suizidversuch
o sexuelle Dysfunktion
o selbstzerstörerisches Verhalten
o andere dissoziative Symptome: Amnesie, Depersonalisation
Epidemiologie







Lebenszeitprävalenz: 7%
Beginn: Kindheit, wird aber selten vor Erwachsenenalter diagnostiziert Verlauf: chronisch
bei Frauen häufiger
Komorbidität: Depression, Boderline, Somatisierungsstörungen
Prognose: Heilung weniger vollständig
Komorbidität
o Borderline- PS
o Somatisierungsstörungen
o Depression
o PTBS
Differentialdiagnose: Schizophrenie (Bsp. Denkstörung & desorganisiertes Verhalten
liegt bei der dissoziativen Identitätsstörung nicht vor)
Ätiologie dissoziativer Störungen


unzugängliche Erinnerungen: Kognitionen, Emotionen & Motivation werden während
einer Belastung anders abgespeichert  im Normalzustand nicht abrufbar
Vermeidungsreaktion: Vermeidung des belastendenden Ereignisses & der Erinnerung
daran  Angst wird durch Vermeidung verstärkt & kann nicht gelöscht werden
Ätiologie dissoziativer Identitätsstörungen


1) Störung aufgrund von schwerem körperlichen oder sexuellen Missbrauch
o Dissoziation, um Situation auszuhalten  Entstehung versch. Persönlichkeiten
o ABER weitere bedingende Faktoren wie: leicht Hypnotisierbarkeit, Neigung, sich
Phantasien hinzugeben
2) erlerntes soziales Rollenverhalten
o Auftreten der Persönlichkeiten im Erwachsenenalter, meist angeregt durch
Therapeuten
o Wichtig: Entstehung & aufrechterhaltende Bedingungen
o Beleg: Studie von Spanos
 Vpn spielen Rolle eines angeklagten Mörders
 verschiedene Gruppen: Hypnosegruppe angewiesen, 2. Persönlichkeit
auftreten zu lassen
  Persönlichkeitsfragebogen wurden unter der Hypnosebedingung
unterschiedlich ausgefüllt (Bsp: anderer Name, gestanden den Mord).
 ABER keine anderen Symptome der dissoziativen Identitätsstörung (bspw.
akustische Halluzination, Zeitlücken, Depersonalisation,…)
11

Problem beider Theorien: Nachweis der Entstehung der Störung in der Kindheit in Folge
von Missbrauch
o Untersuchung von Straftätern mit Diagnose dissoziative Identitätsstörung (Lewis,
1997)
 alle litten unter einem massiver Missbrauch bzw. Misshandlung in der
Kindheit (Bsp. Kind musste sich in einen Ofen setzen)
 Symptome (Bsp. Absence, Halluzination, Phantasiegefährte,…) bestanden
bereits in der Kindheit Beleg: externe Quellen
 ABER Inhaftierte profitieren von einer psychiatrischen Diagnose
Verdrängte Erinnerungen an sexuellen Missbrauch in der Kindheit


z.T. keine Erinnerung an Missbrauch, obwohl Missbrauch vorlag
o Nicht erinnern ≠ Verdrängung  möglicherweise aktives NICHT erinnern
o ABER
 Symptom der PTBS ist u.a. Flashbecks
 außerdem erinnern sich Kinder sehr genau an neg. Ereignisse
Glaubwürdigkeit wiedererlangter Erinnerungen (Bsp. Suggestivbefragung bei Autounfall)
 Therapeut kann an der Erzeugung von Erinnerungen beteiligt sind
12
Therapie dissoziativer Störungen
Therapie der dissoziativen Identitätsstörung

Therapieerfolg: je mehr Persönlichkeiten desto länger die Behandlung
Psychoanalytisch und verhaltenstherapeutisch


Arbeit mit der mit den verlorenen Erinnerungen verbundenen Angst
Psychoanalyse: Aufhebung der Verdrängung
o Techniken (wie bei PTBS):
 Erinnerung an Ereignis  Betrachtung der vergangenen traumatischen
Situation in einem sicheren, geschützten Rahmen
 Hypnose  Zugang zu den anderen Teilen der Persönlichkeit
 ABER Hypnose ist für diese Zwecke nicht wissenschaftlich
validiert
 VORSICHT: Erinnerung evtl. erst unter Hypnose durch Therapeut
eingepflanzt
Altersregression



Grundlage:
o leichte Hypnotisierbarkeit
o Pat. hypnotisierten sich selber, um mit Belastung klarzukommen  dissoziativer
Trancezustand
o Zustandsabhängiges Lernen: wird Pat. in gleichen Zustand versetzt (Hypnose) wie
beim Missbrauch  besseres Erinnern möglich
Vorgehen der Altersregression:
o unter Hypnose an Ereignisse aus der Kindheit zurückdenken
o Ziel: Bewusstwerdung, dass Gefahren aus der Kindheit jetzt nicht mehr bestehen
Frage: Warum heißt das jetzt Altersregression und nicht Hypnose, man macht doch gar
nichts anderes, als bei der Hypnose?????
Psychopharmaka

Wirkung der Medikamente auf komorbide Störungen Angst & Depression ABER nicht
dissoziative Identitätsstörung
Behandlungsgrundsätze



Ziel: Verschmelzung der verschiedenen Persönlichkeiten
Aufgabe des Therapeuten
o jede Persönlichkeit unterstützen, zu verstehen, dass sie Teil derselben Person sind
o Therapeut darf die Namen der Persönlichkeiten lediglich zur Kennzeichnung
benutzen
o Empathie gegenüber allen Persönlichkeiten
o Unterstützung der Zusammenarbeit & der Empathie zw. den Persönlichkeiten
o Trauma: Unterstützung & Freundlichkeit
Allgemein:
o Pat. überzeugen, dass Spaltung nicht mehr nötig
o Identitätsstörung = Fluchtreaktion auf Belastungssituationen  Training von
Bewältigungsstrategien
13
Herunterladen