Forschungswerkstatt Schule und LehrerInnenbildung Wolfgang Fichten Selbstgesteuertes Lernen im Open it-Projekt: Ergebnisse einer Schülerbefragung Oldenburg, Februar 2006 Inhalt 1. Einleitung 2. Selbstgesteuertes Lernen in sozialen Zusammenhängen 2.1 Organisation selbstgesteuerten Lernens 2.2 Grundzüge selbstgesteuerten Lernens 3. Evaluation: Erkenntnisinteresse und Fragestellungen 4. Datenerhebung: Design und Verfahren 5. Quantitative Erhebung (Teilstudie I) 5.1 Erhebungsinstrument 5.2 Ergebnisse 5.2.1 Erhebungsinstrument zur Erfassung von Zielorientierungen (Köller/Baumert 1998) 5.2.2 Skalen zu motivational relevanten Aspekten (adaptiert nach Wild et al. 1995) 6. Qualitative Untersuchung (Teilstudie II) 6.1 Gruppendiskussion und Interviews 6.2 Ergebnisse 6.2.1 Selbstgesteuertes Lernen: Motivation und Projektverläufe 6.2.2 Selbstgesteuertes Lernen: Gruppenprozesse 6.2.3 Selbstgesteuertes Lernen: Rolle der Lehrkräfte 6.2.4 Selbstgesteuertes Lernen: Genese von Bewertungsmaßstäben 6.2.5 Bewertung selbstgesteuerten Lernens 6.2.6 Selbstgesteuertes Lernen im Fachunterricht? 7. Zusammenfassung der Ergebnisse 8. Diskussion 9. Literatur 10. Anhang: Fragebogen 1. Einleitung Das an der Gesamtschule Mitte, Bremen, angesiedelte Projekt Open it lässt sich als stadtteilbezogene Kulturarbeit charakterisieren. Eine der mit dem Projekt verbundenen Intentionen besteht darin, Schule zu ihrem Umfeld hin zu öffnen und Verbindungen zwischen Schule und Stadtteil herzustellen. Schule wird damit nicht als in sich abgeschlossene und sich selbst genügende Institution definiert, sondern als Bestandteil eines komplexen Umfeldes gesehen. Schule ist aus ökologischer Sicht in die lebensweltlichen Strukturen und Bezüge der Bewohner des Stadtteils integriert und gehört zu dem Ensemble von Einrichtungen, welche die besondere Signatur eines Stadtviertels ausmachen. Um nur einen Aspekt hervorzuheben: Die GS Mitte wird von Schüler/innen des Stadtteils besucht, demzufolge wird sie in vielen Elternhäusern des Einzugsbereichs wahrgenommen. Open it ist aber nicht ausschließlich als Bestandteil einer Intensivierung von SchuleElternschaft-Beziehungen zu sehen, da das Projekt über ein derartiges Segment schulischer Aktivitäten hinausgeht. Vielmehr besteht der Anspruch, mit schulischer Projektarbeit einen Beitrag zur kulturellen Szene des Stadtteils (und darüber hinaus) zu leisten, d.h. das kulturelle Leben durch öffentliche Veranstaltungen zu bereichern. Dahinter steht die Idee, Schule im Bewusstsein der Bürger/innen als Einrichtung eines demokratischen Gemeinwesens zu verankern. Die GS Mitte zeigt sich den Stadtteilbewohnern über Open it als eine Schule mit künstlerischkulturellen Ambitionen. Es ist davon auszugehen, dass sie in der Öffentlichkeit als eine 1 Schule wahrgenommen wird, die sich besonders um die Förderung der Kreativität der Schüler/innen bemüht. Sie gewinnt über die Open it-Aktivitäten für Außenstehende eine bestimmte Kontur, das Schulprofil wird durch künstlerische und kulturelle Schwerpunktsetzungen ausgeformt und nach außen hin mit dieser Ausrichtung präsentiert. Auf der Subjektebene folgt aus der o.g. Orientierung, dass schulisches Lernen in einem übergreifenden Kontext situiert wird. Schulische Lernprozesse und ihre Ergebnisse erhalten eine außerschulische Rahmung und schulumfeldbezogene Bezugspunkte. Das bedeutet, dass die an Open it beteiligten Schüler/innen die Erfahrung machen können, dass ihre Ideen, Anstrengungen, Vorhaben usw. nicht Selbstzweck sind und nur für sie selbst Sinn machen, sondern auch in einem umfassenderen Kontext und für andere Personen eine Bedeutung haben bzw. bekommen können. Schulisches Lernen bleibt damit nicht auf sich selbst bezogen, d.h. es ist nicht quasi selbstreferentiell in sich „eingeschlossen“, sondern es wird für außerschulische Anwendungen geöffnet und bekommt eine soziale, gemeinwesenorientierte Dimension. 2. Selbstgesteuertes Lernen in sozialen Zusammenhängen 2.1 Organisation selbstgesteuerten Lernens Das Open it-Projekt wird von Lehrkräften getragen, die an der GS Mitte Fächer des künstlerisch-musischen Bereichs vertreten. Die Projektgruppe besteht im Kern aus vier Lehrer/innen, einer Fachkraft für das Zirkusprojekt und einer Studentin, die durch externe Fachkräfte und studentische Halbjahrespraktikant/innen unterstützt werden. Die Teilprojekte sind in den Bereichen Musik, Chor, Tanz, Kunst. Theater, Zirkus/ Stelzenlaufen angesiedelt. Die Angebote werden den Schüler/innen zum Schuljahresbeginn vorgestellt. Bemerkenswert ist, dass die Projektgruppen jahrgangsübergreifend zusammengesetzt sind, woraus sich eine Reihe lernprozessbezogener Effekte ergeben (s. unten). Die Teilprojekte sind aufeinander bezogen und werden über ein von den Lehrkräften vorgegebenes Rahmenthema in Zusammenarbeit mit einem bezahlten Regisseur miteinander koordiniert. ( ) Insgesamt ist die Projektarbeit dadurch gekennzeichnet, dass die einzelnen Schülergruppen ihre Ziele und Vorhaben zwar relativ autonom verfolgen können, andererseits aber insoweit aufeinander bezogen bleiben, dass eine gemeinsame öffentliche Ergebnispräsentation erfolgt. 2.2 Grundzüge selbstgesteuerten Lernens Mit Open it soll den Schüler/innen selbstgesteuertes Lernen in kulturellen Lernfeldern ermöglicht werden. „Gegenstand des Lernens ist ein zu Beginn relativ offenes Vorhaben, welches auf der Basis der Bedürfnisse, Neigungen und Interessen der Projektmitglieder von ihnen selbst erschlossen und auf ein Ziel hin geplant und bearbeitet wird“ (Reimers 2004, 51). Die Schüler sollen anspruchsvolle Ziele selbst entwickeln, eigeninitiativ verfolgen und ihre Aktivitäten reflektieren. In der Literatur zum selbstgesteuerten Lernen wird übereinstimmend auf die besondere Qualität selbstregulierter Lernvorgänge hingewiesen. Dadurch dass sich Lernende Ziele selber setzen, Strategien zur Zielerreichung selbst auswählen, Handlungspläne weitgehend ohne 2 Außenlenkung umsetzen und kontrollieren, ergeben sich positive Auswirkungen auf das Kompetenzerleben, auf Selbstwirksamkeitsüberzeugungen und auf das eigene Selbstkonzept als Lerner. Es wird davon ausgegangen, dass selbstgesteuertes Lernen einen nachhaltigen Einfluss auf die Lernmotivation und auf die Interessengenese hat. Selbstgesteuertes Lernen wird als Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung und Kompetenzförderung gesehen. Open it zielt auf die Förderung sozialer und kommunikativer Kompetenzen sowie auf die Entwicklung kreativer Ausdrucksmöglichkeiten ab. Die Projektvorhaben stellen eine Selbststeuerung und –tätigkeit ermöglichende Lernumgebung bereit, in welche die Schüler/innen ihre Interessen sowie Kenntnisse und Fertigkeiten einbringen können. Bei der Umsetzung und Realisierung der Ideen und Vorhaben können sie im Unterricht vermittelte und angeeignete Lernstrategien flexibel einsetzen. Die selbstgesteuerte Gestaltung eigener Lernprozesse soll Lernfreude und –motivation fördern und stützen. Es wird angenommen, dass die Beteiligung an Open it positive Auswirkungen auf das Lernund Arbeitsverhalten im Fachunterricht hat und dass im Projekt verankerte und dort erworbene Lernstrategien im alltäglichen Unterricht zur Geltung gebracht werden. Insbesondere ist als Ergebnis der Projektarbeit mit einer verbesserten Lernmotivation, mit einer größeren Selbständigkeit und mit dem Verfügenkönnen über ein breiteres Spektrum von Lernmethoden und –strategien zu rechen. Hier deutet sich ein aus miteinander vernetzten und in Beziehung stehenden Elementen konstituierter Kreislauf an: Selbstgesteuertes Lernen im Kontext von Open it ist nicht voraussetzungslos, sondern wird unter anderem beeinflusst durch im herkömmlichen Unterricht vermittelte und angeeignete Kompetenzen und Lernmethoden. Im Gegenzug sollen die im Projekt geförderten und erweiterten Kompetenzen bei fachunterrichtlichem Lernen eingesetzt und angewandt werden. 3. Evaluation: Erkenntnisinteresse und Fragestellungen Für die Projektphase im Schuljahr 2004/05 wurden in mehreren Teambesprechungen mögliche Schwerpunkte einer wissenschaftlichen Begleituntersuchung eruiert. Im Vordergrund stand dabei zunächst das Interesse an einer systemorientierten bzw. ökologischen Betrachtung, bei welcher der Durchlässigkeit zum Stadtteil und der Akzeptanz der Projektarbeit im Viertel nachgegangen werden sollte. Im Laufe der Diskussionen verschob sich das Erkenntnisinteresse zunehmend auf die personale Ebene und damit auf die mit selbstgesteuertem Lernen einhergehenden Prozesse und ihre Wirkungen. Aus der Logik der Projektarbeit und aus den mit selbstgesteuertem Lernen verknüpften Postulaten lassen sich folgende Aspekte herausfiltern: (1) Lernumgebung - Inwieweit ermöglicht und fördert die Lernumgebung (z.B. offene Ateliers, MusikStudio) selbstgesteuertes Lernen? - Welche Aufgaben haben Lehrkräfte bei der Gestaltung einer solchen Lernumgebung? - Nehmen die Schüler/innen die Angebote im intendierten Sinne wahr? Wie nutzen sie die Angebote? 3 (2) Lernprozesse (Zielsetzung und –planung, Lernstrategien, Selbstüberwachung und –kontrolle, Selbstbewertung) - Setzen sich die Schüler/innen eigenständig Ziele? Entwickeln sie Vorstellungen bezüglich eines Produkts und der Präsentation? - Auf welche Weise gehen die Schüler/innen bei der Realisierung der Vorhaben vor? Welche Strategien setzen sie ein? - Sind die Schüler/innen dazu in der Lage, den Fortgang ihrer Projekte selbst zu überwachen? Welche Formen der Selbstkontrolle werden bevorzugt und eingesetzt? - Nach welchen Kriterien beurteilen die Schüler/innen die Qualität ihrer Arbeit und der Produkte? (3) Auswirkungen der Lernprozesse (auf Motivation und Interessengenese, Kompetenzerwerb und –förderung, Selbstkonzept) - Trägt das Projektlernen zu einer gesteigerten Lernfreude bei? Ergibt sich ein Motivationsschub? - Welche Lern-, Sozial- und Kommunikationskompetenzen werden durch Open it gefördert und entwickelt? Welche Schwerpunkte sind erkennbar? - Inwieweit tragen die Erfahrungen mit selbstgesteuertem Lernen zu einer Modifikation des Selbstkonzepts als Lerner bei? (4) Soziales Setting - Welche Bedeutung hat das gemeinsame Lernen in alters- und jahrgangsgemischten Gruppen für die Schüler/innen? Welche positiven und negativen Effekte hat diese Konstellation? (5) Auswirkungen auf den Fachunterricht - Werden im Rahmen von Open it erworbene Kompetenzen und Fertigkeiten auch im Fachunterricht eingesetzt? - Ändern sich bei den Schüler/innen aufgrund der Projektmitarbeit Ansprüche an den Fachunterricht? Ergeben sich andere Erwartungen? (6) Lehrer-Rolle und Lehrer-Schüler-Beziehung - Welche Aufgaben haben Lehrkräfte bei der Initiierung und Begleitung selbstgesteuerter Lernprozesse? In welcher Hinsicht muss die Lehrer-Rolle erweitert oder modifiziert werden? - Wie wird die Lehrer-Schüler-Beziehung im Rahmen der Open it-Arbeit von Lehrkräften und von den Schüler/innen gesehen? Dieses Spektrum an Fragestellungen konnte im Kontext der Begleituntersuchung natürlich nicht in voller Breite bearbeitet werden. Man einigte sich darauf, die Lernprozesse selbst und ihre Auswirkungen auf die Persönlichkeitsentwicklung sowie ihre „Ausstrahlung“ auf den Fachunterricht in den Mittelpunkt zu rücken. Außerdem sollte bei dieser Evaluation ausschließlich die Schüler/innensicht berücksichtigt werden. 4. Datenerhebung: Design und Verfahren Im Mittelpunkt der Untersuchung sollten die Erfahrungen der Schüler/innen mit dem selbstgesteuerten Lernen in Open it-Projekten stehen. Es ging also um die subjektive Wahrnehmung von Prozessabläufen sowie um deren Bewertung und Einschätzung seitens der Schüler/innen. Das bedeutet, dass bei der Erhebung sowohl auf anschauliche Situationsschilderungen (narrative Komponente) wie auch auf summativ-bilanzierende Eindrucksverdichtungen und Bewertungen (evaluative Komponente) zu achten war. Der 4 subjektiven Sicht der Schüler/innen kommt eine große Bedeutung zu, da sie letztlich die Repräsentanz der „Spuren“ darstellt, welche die Projektmitarbeit bei den Schüler/innen kognitiv und emotional hinterlassen hat. Diese subjektive Sicht ist insofern handlungswirksam, als beispielsweise Selbstkonzeptveränderungen, veränderte Selbstwirksamkeitsüberzeugungen oder Motivtendenzen das Agieren in anderen Zusammenhängen beeinflussen und mit bestimmen. Außerdem werden die gemachten Erfahrungen und ihre Bewertungen gegenüber Peers kommuniziert und sind so für das (schulische) Image des Projekts von Bedeutung. Die Ausrichtung der Untersuchung auf die Erhebung subjektiver Sichtweisen legt den Einsatz qualitativer Erhebungsverfahren nahe, wobei allerdings der Nachteil einer geringen Probandenzahl in Kauf genommen werden muss. Um diesen Nachteil zu kompensieren, bietet sich eine Kombination qualitativer und quantitativer Datenerhebungen an. Noch eine weitere Überlegung forcierte die Entscheidung für ein kombiniertes Verfahren: Aus theoretischen Erwägungen heraus muss die Kompetenz-Performanz-Problematik bzw. das Spannungsverhältnis von Wissen und Können/ Können und Handeln in Betracht gezogen und berücksichtigt werden. Wie bereits erwähnt, findet selbstgesteuertes Lernen in Open itProjekten nicht voraussetzungslos statt. Zudem ist davon auszugehen, dass Schüler/innen aufgrund vorgängiger Lernerfahrungen und des jeweils erreichten Kompetenzstandes die Open it-Angebote unterschiedlich nutzen und davon auch in unterschiedlicher Weise profitieren. Als letztes muss mit der Möglichkeit gerechnet werden, dass im Laufe der Mitarbeit bei Open it zwar bestimmte Kompetenzen ausgebildet werden, die dann aber – aus welchen Gründen auch immer – in anderen Kontexten kaum oder gar nicht zum Tragen kommen und eingesetzt werden. Aus diesen Überlegungen ergab sich folgendes Design für die Untersuchung: (1) Quantitative Erhebung: Befragung aller derzeit an Open it teilnehmender Schülerinnen und Schüler mittels eines Fragebogens (2) Qualitative Erhebung: Gruppendiskussion und leitfadengestützte Einzelinterviews mit einigen Schüler/innen. Die eingesetzten Instrumente werden im Folgenden beschrieben. Bei der Ergebnisdarstellung wird zunächst auf beide Erhebungsteile gesondert eingegangen. Im Anschluss daran werden die Ergebnisse beider Teilstudien aufeinander bezogen und vor einem Theoriehintergrund diskutiert. 5. Quantitative Erhebung (Teilstudie I) 5.1 Erhebungsinstrument Für die Erhebung wurde ein ausschließlich aus geschlossenen Items bestehender Fragebogen eingesetzt (s. Anhang). Bei der Fragebogenkonstruktion wurde auf vorliegende Erhebungsinstrumente ganz oder teilweise zurückgegriffen. Für den ersten Fragebogenteil wurde das von Köller und Baumert (1998) stammende Instrumentarium zur Zielerfassung vollständig übernommen. Der zweite Teil besteht aus verschiedenen Skalen zu motivational relevanten Aspekten, die von Wild et al. (1995) im Rahmen eines DFG-Projekts entwickelt und eingesetzt worden sind. Aus diesen Erhebungsinstrumenten wurden nur für den schulischen Kontext relevante Items übernommen und zudem an Open it angepasst und auf dieses Projekt bezogen (Ausdrücke wie z.B. „der Unterricht/ die Ausbildung“ wurden durch „das Projekt/ Open it“ ersetzt). 5 Nach Köller und Baumert (1998) stellt das Konstrukt der Zielorientierung den Versuch dar, „motivationale Tendenzen zu konzeptualisieren bzw. diejenigen Personmerkmale zu identifizieren, die Einfluß auf die situationsspezifische Lernmotivation ausüben“ (S. 173). Die Zielorientierung kann als tätigkeitsspezifische Variante der Lernmotivation verstanden werden, zu der Interesse das gegenstandsspezifische Pendant darstellt. Eine Ausdifferenzierung erfährt das Konstrukt `Zielorientierung`, wenn man Folgendes annimmt: Lernende können entweder das Ziel haben, Aufgaben zu bewältigen, oder der Lernprozess kann durch Folgeerwartungen aufrechterhalten werden. Mit der Aufgabenorientierung (Lernzielorientierung) geht ein Streben nach Kompetenzzuwachs einher, sie stellt eine Stützvariable intrinsischer Motivation dar. Die jeweiligen Zielorientierungen (Aufgaben-/Lernziel-/Bewältigungsorientierung – Leistungsziel-/Ichorientierung) sind an subjektive Theorien angeschlossen, die in leistungsthematischen Situationen vor allem (1) Selbstwirksamkeitsüberzeugungen (Verfügbarkeit über die Mittel zur Zielerreichung), (2) Kausalitätsüberzeugungen (Wissen über Mittel der Zielerreichung) und (3) Kompetenzmeinungen (Erreichbarkeit erwünschter Ziele) beinhalten. Aufgabenorientierte Personen haben die subjektive Theorie, schulische Erfolge seien durch eigene Anstrengung und Kooperation mit anderen erreichbar; das Motto lautet: Anstrengung führt zum Erfolg! Ichorientierte Lerner meinen, schulische Erfolge seien durch Wettstreit mit anderen und vorgetäuschtes Interesse zu erlangen; das Motto lautet hier: Konkurrenz führt zum Erfolg! Aufgrund dieser theoretischen Überlegungen haben Köller und Baumert (1998) ein aus drei Skalen: Aufgabenorientierung – Ichorientierung – Anstrengungsvermeidung bestehendes Erhebungsinstrument entwickelt. Anstrengungsvermeidung bildet dabei einen Teilaspekt der Ichorientierung (positiv korreliert), zur Aufgabenorientierung besteht kein Zusammenhang. Für die Aufnahme des Erhebungsinstruments zur Zielorientierung in die Open itUntersuchung sprechen mehrere Argumente: Zunächst ist es von generellem Interesse, Genaueres über motivationale Orientierungen von Schüler/innen zu erfahren. Aufgrund der Einbettung selbstgesteuerten Lernens in soziale Prozesse (Gruppenarbeit, jahrgangsgemischte Teams) bei Open it, ist es nicht unerheblich, ob die daran beteiligten Schüler/innen meinen, Projektziele eher in Kooperation mit oder in Konkurrenz zu anderen erreichen zu können. Gemäß der Transferannahme (s. oben) werden derartige Orientierungen vom Lernen in fachunterrichtlichen Zusammenhängen in die Projektarbeit mitgebracht oder von dort in den übrigen Unterricht verschoben. Überdies ist die mit einer Aufgabenorientierung einhergehende Anstrengungsbereitschaft ein Faktor, der die Erreichung der Projektziele in Form einer öffentlichen Ergebnispräsentation mit bestimmt. Da das Instrument nur einmal eingesetzt wurde, lassen sich keine Aussagen darüber treffen, ob die Projektmitarbeit bestehende Zielorientierungen verändert hat. Bei fast allen Items des Fragebogens wurde ein vierstufiges forced-choice-Antwortformat mit den Stufen 1 (trifft überhaupt nicht zu), 2 (trifft eher nicht zu), 3 (trifft eher zu) und 4 (trifft voll zu) verwendet. Im Folgenden werden die Antworten zu den Stufen 1 und 2 manchmal zu einem „Ablehnungspol“ und diejenigen zu den Stufen 3 und 4 zu einem „Zustimmungspol“ zusammengefasst. Die Fragebögen wurden den an Open it beteiligten Schülerinnen und Schülern durch die im Projekt mitwirkenden Lehrkräfte überreicht und von diesen auch wieder eingesammelt. 6 Es konnten 36 Fragebögen ausgewertet werden. Die Mädchen sind in der Stichprobe überrepräsentiert, so dass man anfragen kann, ob künstlerisch-musische Betätigungen eher zu den mädchentypischen Aktivitäten gehören. Die Befragten sind 11 bis 16 Jahre alt; ein deutlicher Schwerpunkt ist bei den 12- und 13jährigen Jugendlichen zu verzeichnen. Alter: Geschlecht: 11 12 13 14 15 16 3 10 10 7 1 4 Mädchen Jungen 26 9 Von den insgesamt 36 Fragebögen wurde einer ohne Alters- und Geschlechtangabe abgegeben. 5.2 Ergebnisse 5.2.1 Erhebungsinstrument zur Erfassung von Zielorientierungen (Köller/ Baumert 1998) (a) Aufgabenorientierung Die Antworten zu den 9 Items der Subskala (Satzstamm: „Ich fühle mich in der Schule wirklich zufrieden, wenn ...“) zeigen, dass die Befragten zumeist deutlich aufgabenorientiert und intrinsisch motiviert sind. Ihre Zufriedenheit in der Schule wird dadurch konstituiert, dass der Unterricht zu einem Verstehen komplexer Zusammenhänge beiträgt, Anreize zum Weiterlernen beinhaltet und sinnstiftend ist. Den Befragten geht es darum, komplizierte Probleme zu verstehen: ca. 2/3 stimmen der Itemaussage „wenn ich ein kompliziertes Problem endlich verstehe“ voll und rund 22% mit leichten Einschränkungen zu (Zustimmungspol 88,89%). Ebenso hat der persönliche Bezug zum Lerngegenstand in Form einer Sinngebung eine große Bedeutung („wenn das Gelernte wirklich Sinn für mich macht“: trifft völlig zu: 55,56%, trifft eher zu: 33,33% - Zustimmungspol 88,89%). Außerdem soll die Beschäftigung mit einem Thema Neugier wecken; der Aussage „wenn mich das Gelernte dazu bringt, mehr über das Thema erfahren zu wollen“ stimmt die überwiegende Mehrheit der Respondenten voll oder mit leichten Abstrichen zu (Zustimmungspol 80,55%). Für aufgabenorientierte Lerner steht also die Trias Verstehen, Sinngebung und Anregung im Vordergrund. Für die Mitarbeit bei Open it dürfte vor allem der Sinngebungsaspekt bedeutsam sein, da bei der Projektarbeit selbst gesetzte Ziele verfolgt und realisiert werden und die Aktivitäten auf die Erstellung eines Produkts für einen subjektiv als sinnvoll erachteten Verwendungszweck ausgerichtet sind. Auch bei den Items, in denen es um die Intensität der Arbeit bzw. des Lernens, um Problemlösen, Reflektieren und Entdecken interessanter Themenaspekte geht, überwiegt der Zustimmungspol gegenüber dem Ablehnungspol deutlich. Der Aussage, schulische Zufriedenheit ergäbe sich bei intensivem Arbeiten, stimmen ca. 80% der Befragten voll oder mit leichten Abstrichen zu, während nur 5 Respondenten (13,89%) angeben, dies träfe für sie weniger zu. Einen neuen Weg herauszufinden, um eine Aufgabe oder ein Problem zu lösen, ist für 75% der Respondenten ein zur Zufriedenheit beitragender Faktor. Eine vergleichbare Bedeutung hat das Entdecken neuer thematischer Aspekte („wenn ich etwas herausbekomme, das mich beim Thema festhält“: trifft völlig zu: 33,33%, trifft eher zu: 41,67%). Für 69,44% der Befragten ist es von Belang, wenn der Unterricht zum Nachdenken anregt. 7 Auch von diesen Ergebnissen aus lassen sich wieder Bezüge zur Projektarbeit herstellen: Selbstgesteuertes Lernen im Rahmen von Open it dürfte für die meisten Schüler/innen deshalb stimulierend und befriedigend sein, weil sie hierbei Problemlösungen eigenständig generieren können; außerdem wird über Teilerfolge die Motivation aufrecht erhalten. Hinsichtlich des Beschäftigtseins und des Nachdenkens über Aufgaben als Zufriedenheitsfaktoren gehen die Meinungen auseinander. Der Aussage „wenn ich die ganze Zeit intensiv beschäftigt bin“ stimmt etwa nur die Hälfte der Schüler/innen ganz oder mit Abstrichen zu; ebenso verhält es sich bei dem Item „wenn die Aufgaben wirkliches Nachdenken erfordern“. Hier muss auf eine Differenz aufmerksam gemacht werden: Während eigenes intensives Arbeiten (intrinsisch motiviert) deutlich als Zufriedenheitsfaktor hervortritt, ist das intensive Beschäftigtsein, das als von außen induziert wahrgenommen werden kann, für das Zufriedenheitsgefühl weniger ausschlaggebend. Die Open it-Arbeit bekommt also für die Schüler/innen vor allem dann eine positive Valenz, wenn sie sich mit der Projektarbeit identifizieren und selbstgesteuert und intensiv an ihren Vorhaben arbeiten. (b) Ichorientierung Aufgrund der Konstruktion des Erhebungsinstruments müsste sich bei der Skala zur Ichorientierung (Konkurrenzverhalten, vorgetäuschtes Interesse) ein umgekehrtes Bild ergeben, d.h. die Itemaussagen müssten zumeist abgelehnt werden. Dies trifft tendentiell auch zu. Alle Aussagen, bei denen der Konkurrenzaspekt besonders angesprochen und betont wird, werden von der überwiegenden Mehrheit der Befragten voll oder mit leichten Einschränkungen zurückgewiesen. Das Zufriedenheitsgefühl in schulischen Lernzusammenhängen wird demnach nicht vorwiegend dadurch gespeist, mehr zu wissen als die Mitschüler, eher als diese fertig zu sein, mehr Aufgaben richtig zu haben als Klassenkameraden und bessere Noten als sie zu bekommen. Dieses Ergebnis ist für Open it interessant, da für die Projektarbeit Kooperation statt Konkurrenz entscheidend ist. Die beteiligten Schüler/innen bringen in den meisten Fällen eine zusammenarbeitsförderliche Orientierung mit. Nur bei zwei Items sieht es etwas anders aus. Diese Aussagen können von den Schüler/innen selbstwertdienlich verstanden werden. Ein Zufriedenheitsgefühl ergibt sich für immerhin 44,45% der Befragten, wenn sie als einzige die richtige Antwort wissen. Und der Aussage „wenn ich zeigen kann, dass ich ein schlauer Typ bin“ stimmen sogar 58,33% der Schüler/innen ganz oder teilweise zu (dagegen: trifft überhaupt nicht zu: 13,89%, trifft eher nicht zu: 27,78% - Ablehnungspol 41,67%). (c) Anstrengungsvermeidung Köller und Baumert (1998) gehen davon aus, dass bei ichorientierten Probanden eine Tendenz besteht, Lernanstrengungen zu vermeiden. Demzufolge müssten auch bei den sechs Items dieser Skala eher negative Voten auftreten. Die Ergebnisse zeigen, dass dies aber nicht durchweg gegeben ist. Zwar wird von der Mehrheit bekundet, dass sich keine Zufriedenheit einstellt, wenn man sich beim Lernen nicht habe anstrengen müssen, aber der Prozentsatz der Schüler/innen, für die Anstrengungsvermeidung mit Zufriedenheit gekoppelt ist, ist vergleichsweise hoch (38,89% bzw. 47,22%). Sogar über die Hälfte der Schüler/innen ist zufrieden, wenn Unterricht und Aufgabenstellungen einfach sind, d.h. ohne größere Anstrengung bewältigt werden können (55,55% bzw. 55,56%). Noch krasser fällt das Votum zu den Aussagen „wenn ich ohne Anstrengung durchkomme“ und „wenn ich ohne Mühe gute 8 Noten bekomme“ aus: In beiden Fällen trägt dies bei über der Hälfte der Befragten (61,11%) zum Zufriedenheitsgefühl bei. Die Ergebnisse stehen z.T. im Widerspruch zu den zuvor aufgezeigten Tendenzen. Zumindest deuten sie auf durch den herkömmlichen Unterricht geprägte Einstellungen (Erreichen guter Noten) und eine eher geringe Anstrengungsbereitschaft hin. Dies könnte für die Projektarbeit problematisch sein, da es hierbei darum geht, über längere Zeit hin engagiert auf ein präsentierbares und qualitätvolles Ergebnis hinzuarbeiten. Wenn man sich selbst anspruchsvolle Ziele setzt, müsste man auch die Bereitschaft mitbringen, sich zu ihrer Erreichung entsprechend anzustrengen. Denkbar ist aber auch, dass die befragten Schüler/innen die Itemaussagen vorwiegend auf den herkömmlichen Unterricht bezogen und damit in Zusammenhang gebracht haben und das Open it-Projekt davon abheben, also gegenüber dem Projekt und ihrer Mitarbeit andere Einstellungen haben. Daraus würde folgen, dass sie es im Fachunterricht bevorzugen, ohne größere Mühe gute Noten zu erhalten, während sie bereit sind, sich bei der Projektrealisierung durchaus anzustrengen. Diese Hypothese wird man bei der weiteren Datenanalyse im Blick behalten müssen. Eine gewisse Klärung bringen die Ergebnisse zum zweiten Fragebogenteil, der eindeutig auf Open it bezogen formuliert war. Zwischenergebnis 1. Die befragten Schüler/innen sind zumeist aufgabenorientiert. Schulisches Lernen ist für sie dann befriedigend, wenn Lernprozesse zu tiefergehendem Verstehen von Sachzusammenhängen beitragen und Interesse wecken bzw. zum Weiterlernen anregen. Die Lerninhalte müssen als persönlich bedeutsam und sinnvoll erfahren werden. 2. Die Schüler/innen sind eher kooperativ als konkurrenzorientiert eingestellt. 3. Es besteht eine Tendenz zur Anstrengungsvermeidung – zumindest im herkömmlichen Unterricht. 5.2.2 Skalen zu motivational relevanten Aspekten (adaptiert nach Wild et al. 1995) (a) Gründe für die Teilnahme In diesem Fragebogenteil geht es um die Motive für die Projektmitarbeit. Zwei Items fokussieren emotionale bzw. soziale Motive, mit drei Items wird ein gegenstandsbezogenes bzw. inhaltliches Interesse thematisiert (Satzstamm: „Ich mache bei Open it mit, weil...“). Erwartungsgemäß fällt das Votum der Befragten recht einheitlich und überaus positiv aus. Man hat sich zur Beteiligung an Open it entschlossen, da das Projekt „sehr anregend gestaltet ist“ und im Projekt eine gute Arbeitsatmosphäre herrscht (Zustimmungspol 86,11%). Beide Aspekte konnten bei der Entscheidung zur Teilnahme nicht von allen Schüler/innen antizipiert werden, sondern können nur für diejenigen, die zum wiederholten Mal daran teilnehmen, ausschlaggebend gewesen sein. So wird mit dem Votum auch indirekt das positive Image deutlich, welches Open it in der Schülerschaft hat. Hauptbeweggrund, an Open it teilzunehmen, ist fast ausnahmslos ein gegenstandsbezogenes Interesse („ich großes Interesse an den Inhalten habe“: trifft völlig zu: 69,44%; trifft eher zu: 22,22% - Zustimmungspol 91,66%) sowie die Erwartung, dass die Beschäftigung mit den Projektinhalten „Spaß“ machen wird. Die Projektinhalte haben eine positive Valenz, weil sie persönlichen Neigungen entsprechen (Zustimmungspol 94,45%). Das bedeutet, dass die Schüler/innen an Open it teilnehmen, weil sie im Rahmen des Projekts persönlichen 9 Neigungen nachgehen und eigene Interessen verwirklichen können. Dies weist auf die Dominanz intrinsischer Motivation hin, welche eine gute Eingangsvoraussetzung zur Aufnahme selbstgesteuerten Lernens ist. (b) Selbstwirksamkeitsüberzeugung und Kompetenzerleben In diesem Fragebogenteil sollten die Schüler/innen unter anderem einschätzen, inwieweit ihre Kompetenzen für die Mitarbeit bei Open it ausreichen (Antwortvorgabe: ganz – teilweise – gar nicht). Die Schüler/innen sind – wie die Daten zeigen – eindeutig der Meinung, die für das Projekt erforderlichen Fähigkeiten zu besitzen. 27 Personen (75%) meinen, die eigenen Fähigkeiten reichten voll aus, um an Open it teilzunehmen, 9 Respondenten haben „teilweise“ angekreuzt. Demzufolge sehen sie sich auch in der Lage, die meisten der sich in diesem Zusammenhang stellenden Aufgaben „gut lösen“ zu können; nur für 2 Schüler/innen ist dies „gar nicht“ gegeben. Insgesamt ergibt sich, dass die Schüler/innen – bezogen auf das Projekt – ein positives Fähigkeitsselbstkonzept haben. Sie sind der Auffassung, über die Fähigkeiten zu verfügen, die eine erfolgreiche und befriedigende Projektmitarbeit ermöglichen. Dieser positiven Selbstzuschreibung entspricht das Kompetenzerleben. Bei der Aussage „Ich komme im Open it Projekt auch mit schwierigen Aufgaben gut zurecht“ bekunden 63,39% der Befragten, dies „ganz“ schaffen zu können, für 12 Respondenten (ca. 1/3) ist dies teilweise der Fall und nur eine Person fühlt sich dabei überfordert. Etwas selbstkritischer gehen die Schüler/innen mit der Qualität der Aufgabenerledigung um: Während 21 Respondenten meinen, übernommene Aufgaben wirklich gut zu erledigen, trifft dies für 13 Personen (36,11%) nur teilweise zu. Da man sich zumeist zutraut, auch schwierige Aufgaben bewältigen zu können, ergibt sich hier eine gewisse Relativierung, was die tatsächliche Erledigung übernommener Aufgaben betrifft. Unter anderem dürften bei diesem Votum interne, an die Aufgabenerledigung angelegte Gütemaßstäbe eine Rolle spielen. Die Passung von Anforderungen und Fähigkeitsniveau wird in zwei Items angesprochen. Bei beiden Aussagen ist eine positive Tendenz zu verzeichnen. Die meisten Befragten meinen, sie könnten ihre Fähigkeiten bei Open it zur Geltung bringen und einsetzen (voll: ca. 61%; teilweise: ca. 36%). Dieses Ergebnis korrespondiert mit der Teilnahmemotivation: Die für eine Teilnahme entscheidende Erwartung, bei Open it eigene Interessen verwirklichen zu können, wird im Projekt weitgehend erfüllt. Allerdings bleibt auch ein Teil der Fähigkeiten ungenutzt. Auf alle Fälle dürfte die große Korrespondenz von Erwartungen und der Grad ihrer Erfüllung im Projektzusammenhang wesentlich zur Zufriedenheit bei den Schüler/innen beitragen. Nicht ganz so positiv fällt das Votum zu der Aussage „Die übernommenen Aufgaben stellen eine Herausforderung für mich dar“ aus: Nur für 27,78% ist das „voll“ gegeben, während 20 Schüler/innen (55,56%) hier „teilweise“ abgekreuzt haben. Zusammen mit dem Votum zum Zurechtkommen mit schwierigen Aufgaben ergibt sich, dass sich manche Schüler/innen bei der Projektarbeit unterfordert fühlen. Auf alle Fälle übersteigen die Anforderungen nicht die eigenen Fähigkeiten. Es kann im allgemeinen von einer zufriedenstellenden Passung von Anforderungs- und Fähigkeitsniveau gesprochen werden. Das Arbeitsklima in den Projektgruppen wird überwiegend positiv bewertet. Der Aussage „Wenn nötig unterstützen sich die Schüler gegenseitig“ stimmen 28 Personen (77,78%) voll und 6 Respondenten (16,67%) teilweise zu. Damit wird eine mit der Teilnahmeentscheidung 10 verknüpfte Erwartung (gute Arbeitsatmosphäre) erfüllt. Zugleich ist dies eine Bestätigung dafür, dass die prinzipiell vorhandene Kooperationsbereitschaft (s. oben: Skala Aufgabenorientierung) im Projektgeschehen tatsächlich umgesetzt wird. (c) Intrinsische Motivierungstechniken Der letzte Fragebogenteil bezieht sich auf intrinsische Motivierungstechniken. Damit wird die Rolle der Lehrkräfte im Kontext selbstgesteuerter Lernprozesse angesprochen. Hier wurde wieder das vierstufige Antwortformat eingesetzt (Satzstamm: „Die Lehrer haben im Open it Projekt...“). Zunächst muss das positive Gesamtergebnis hervorgehoben werden. Den Lehrkräften ist es nach Meinung der Befragten gelungen, Neugier zu wecken, Schülerinteressen zu berücksichtigen und das Gefühl zu vermitteln, etwas Sinnvolles zu tun. Allen Itemaussagen wird von der überwiegenden Mehrheit der Befragten voll oder mit leichten Abstrichen zugestimmt. Dieses generelle Bild kann man differenzieren, wenn man den Zustimmungsgrad berücksichtigt. Am positivsten fällt das Votum bezüglich des Weckens von Neugier (trifft völlig zu: 66,67%) und des Zulassens eigenständiger Zielsetzung (trifft völlig zu: 69,44%) aus. Auch wenn 21 Personen der Meinung sind, die Lehrer hätten ihnen Gelegenheit gegeben, eigene Ziele zu setzen, haben 10 Respondenten hier Vorbehalte und für 5 Personen trifft dies eher nicht zu. Der Aussage „Die Lehrer haben...mir das Gefühl gegeben, sinnvolle Dinge zu machen“ stimmen 17 Schüler/innen voll zu und für 15 gilt dies mit Einschränkungen. Ähnlich verhält es sich mit der Vermittlung des Gefühls wachsender Fähigkeit: 17 Personen (47,22%) sehen dies als voll erfüllt an, 14 Respondenten (38,89%) schränken dies ein und für 5 Schüler/innen trifft dies eher nicht zu. Ungeachtet dieser Nuancen muss das Ergebnis insgesamt als ein beachtenswerter Erfolg gewertet werden. Den Lehrkräften ist es weitgehend gelungen, die Schüler/innen intrinsisch zu motivieren. Sie realisieren nach Ansicht der Schüler/innen Verhaltensweisen, die für die Förderung selbstgesteuerten Lernens von Bedeutung sind. Zugleich werden sie damit den Merkmalen und Attitüden aufgabenorientierter Lerner gerecht, für die sinnhaftes Lernen und das Wecken von Neugier entscheidende Orientierungspunkte darstellen, von deren Realisierung die subjektiv empfundene Zufriedenheit mit Lernprozess und –ergebnis wesentlich mitbestimmt wird. Diese motivationale Stützung selbstgesteuerten Lernens ist zudem mit sozial-konstruktiven Komponenten verbunden. Die Mehrheit der Befragten attestiert den Lehrkräften, sie hätten sich um eine gute Beziehung zu den Schülern bemüht (trifft völlig zu: 61,11%, trifft eher zu: 25% - Ablehnungspol nur 13,89%). Ihnen wird auch bescheinigt, dass sie „ein angenehmes Klima geschaffen“ haben: 21 Personen stimmen dem völlig, 11 mit leichter Einschränkung zu (Zustimmmungspol 88,89%). Damit wird unterstrichen, dass die Projektarbeit von einer positiv wahrgenommenen Lehrer-Schüler-Beziehung geprägt ist. Zwischenergebnis 11 1. Die Schüler/innen beteiligen sich an Open it aufgrund der Erwartung, im Rahmen des Projekts persönlichen Neigungen nachgehen und eigene Fähigkeiten einsetzen zu können. Sie sind intrinsisch motiviert. 2. Die Schüler/innen haben ein günstiges Fähigkeitsselbstkonzept, so dass sie sich bei der Projektarbeit zumeist als kompetent erleben. 3. Projektanforderungen und Fähigkeitsniveau sind aufeinander abgestimmt. Einem Teil der Schüler/innen könnten allerdings anspruchsvollere Aufgaben übertragen werden. 4. Die Projektarbeit ist durch ein kooperatives Miteinander geprägt. Dies wird auch durch die Lehrkräfte gestützt und gefördert. 5. Die Lehrkräfte setzen nach Ansicht der Schüler/innen intrinsische Motivierungstechniken ein. Sie kommen damit der bei den Schüler/innen herrschenden Aufgabenorientierung entgegen. Die Lehrer/innen lassen es zu, dass die Schüler/innen sich eigene Ziele setzen und geben ihnen das Gefühl, etwas Sinnvolles zu machen. Die Ergebnisse sprechen für die oben geäußerte Hypothese, dass die Schüler/innen die Items des Instruments zur Erfassung der Zielorientierung vorrangig nicht mit Open it in Verbindung gebracht, sondern auf den übrigen Unterricht bezogen haben, denn es besteht durchaus eine Bereitschaft, sich den bei der Projektarbeit auftretenden Anforderungen zu stellen und auch schwierigere Aufgaben zu übernehmen. Nach Ansicht der Schüler/innen verfügen sie über die erforderlichen Kompetenzen im musisch-künstlerischen Bereich; es besteht sogar eine leichte Tendenz, dass diese nicht vollständig abgerufen und zum Einsatz gebracht werden (können). Bei selbstgesteuertem Lernen werden Leistungen/ Erfolge nach selbst gesetzten Kriterien und internen Gütemaßstäben beurteilt. Es geht nicht um das Erreichen „guter Noten“, die man aus Bequemlichkeitsgründen eher ohne eigene Anstrengung zu erreichen bestrebt ist, sondern um die Realisierung selbst gesetzter Ziele, deren Erreichung nicht einer Fremd-, sondern einer Selbstbeurteilung unterliegt. Worin diese internen Bewertungsmaßstäbe bestehen und wie sie zustande kommen, ist unter anderem Gegenstand der qualitativen Untersuchung. 6. Qualitative Untersuchung (Teilstudie II) 6.1 Gruppendiskussion und Interviews Aus den oben genannten Gründen wurde, ergänzend zu der quantitativen Befragung, eine qualitative Erhebung durchgeführt. Diese besteht aus drei Interviews und einer Gruppendiskussion. An der Gruppendiskussion nahmen fünf Schülerinnen der Theatergruppe teil, die aus dem 6., 7. und 10. Jahrgang stammen. Die Diskussion gestaltete sich schwierig, weil die beiden Sechstklässlerinnen während der Projektarbeit andere Erfahrungen als die übrigen Schülerinnen gemacht hatten und sie sich wenig getrauten, ihre abweichenden Eindrücke bei der Diskussion zur Geltung zu bringen, es blieb bei Andeutungen. – Die Einzelinterviews wurden mit einem Jungen der 6. Klasse (H., Kunst), mit einer Schülerin des 8. Jahrgangs (E., Chor) und mit einem Schüler aus der 10. Klasse (N., Musik) durchgeführt. Der Gruppendiskussion wie den Interviews lag derselbe Leitfaden (s. Anhang) zugrunde, in den die zuvor generierten erkenntnisleitenden Fragen (s. oben) aufgenommen worden sind. Diskussion und Interviews wurden mit Einverständnis der Schüler/innen aufgezeichnet und anschließend transkribiert. Im Folgenden werden die Aussagen der Schüler/innen sechs inhaltlichen Aspekten zugeordnet und von diesen thematischen Bezugspunkten aus analysiert. 6.2 Ergebnisse 12 „Es ist schön, sich selbst zu entdecken.“ (Schülerin 10. Klasse, Theater) 6.2.1 Selbstgesteuertes Lernen: Motivation und Projektverläufe Einige Schüler/innen haben schon an mehreren Open it-Runden und an verschiedenen Teilprojekten teilgenommen, andere haben erstmals Erfahrungen mit der Projektarbeit gemacht. So skizziert beispielsweise Schülerin E. verschiedene Etappen der Arbeit im Chor: Während der Schwerpunkt zuvor bei der Beschäftigung mit populärer Musik lag, richten sich die Interessen jetzt stärker auf klassischen Chorgesang. Sie wird auch beim nächsten Open itDurchlauf wieder im Chor mitmachen. Das deutet darauf hin, dass zumindest für einen Teil der Jugendlichen die Open it-Mitarbeit so befriedigend verläuft, dass sie am Projekt längerfristig teilnehmen. Teilweise geht das auf das entstandene Wir-Gefühl zurück; man fühlt sich in der Gruppe wohl und möchte mit den Gruppenmitgliedern weitere Projekte realisieren. In einem anderen Fall (Schüler N., Musik) ist die Teilnahme an Open it instrumentell motiviert. Er ist Mitglied einer schon seit längerem bestehenden Schüler-Band, der ein geeigneter Übungsraum fehlte. Diese Übungsmöglichkeit wird ihm und seinen Mitschülern bei Open it zur Verfügung gestellt; es wird eine Infrastruktur genutzt, die sonst nicht da wäre. Open it bietet N. die Möglichkeit, ein eigenes Vorhaben zu verwirklichen („Wir sind auch eine Band und deshalb sind wir halt in dieses Projekt gegangen, weil wir eine CD aufnehmen wollten“). Das Interesse an der Projektarbeit ist bei ihm vorwiegend produkt-, weniger prozessorientiert ausgerichtet; die CD-Produktion ist wichtiger als der Auftritt bei einer Open it-Präsentation, denn „Auftritte haben wir schon öfters.“ Deutlich nehmen die Schüler/innen Open it als ein Projekt selbstgesteuerten Lernens wahr. Sie betonen dabei einerseits den Aspekt der Selbständigkeit, zum anderen die Freiheit bei der Wahl der Inhalte. Selbstgesteuertes Lernen wird geschätzt und positiv bewertet, weil man „selbständig was machen konnte“ und weil man aussuchen konnte, „was man selber machen möchte.“ Eine Schülerin meint: „...da hat mir gut gefallen, dass ich mir selber aussuchen konnte, was ich für ein Gedicht nehme und was ich dazu dann auch mache“ (Theater, Gruppendiskussion). Die Aussagen belegen, dass das die Teilprojekte koordinierende Gesamtthema nicht einengend wirkt, sondern die Verwirklichung eigener Zielsetzungen, Vorstellungen und Ideen zulässt. Bei der Realisierung der eigenen Vorhaben sind Hilfe und Unterstützung durch die Lehrkräfte erforderlich und dies wird auch weitgehend akzeptiert (s. unten: Selbst- und Fremdbewertung/ -steuerung). Die Schüler/innen beschreiben die auf die Erstellung eines Produkts ausgerichteten selbstgesteuerten Lernprozesse zumeist als einen Problemlöseprozess mit mehreren Phasen. In einer kreativen Anfangsphase geht es um das Generieren verschiedener Zielvorstellungen. Daran schließt sich eine Formierungsphase an, in der man sich in der Gruppe auf eine konkrete Idee einigt. Hat man eine gemeinsame Zielvorstellung entwickelt, werden die Kräfte auf die Realisierung des Vorhabens ausgerichtet (Arbeitsphase). Schülerin E. (Chor) beschreibt die Anfangsphase als ein kreatives „Gewusel“; es herrscht in der Gruppe ein „ziemliches Durcheinander“, bis man sich auf eine Idee geeinigt hat. – Schüler H. (Kunst) schildert ausführlich, wie es in seiner Gruppe über mehrere Problemlöseschritte zu einem Projektprodukt gekommen ist. Die Gruppe war sich einig, bei der Abschlusspräsentation nicht nur einfach „Werke ausstellen“ zu wollen, daraus wurde eine Aktionsidee entwickelt („über Kopf malen“). Auf dem Weg zur Realisierung der Idee sind die 13 Schüler experimentierend vorgegangen (Experimente mit verschiedenen Materialien, Farben, Techniken). Aus diesen Beobachtungen ergeben sich zwei Konsequenzen: Es wird erstens deutlich, dass selbstgesteuertes Lernen eher nicht einer linearen Progressionslogik folgt, vielmehr ist mit zyklischen bzw. spiralförmigen Lernvorgängen zu rechen, in die tentative Suchbewegungen, Trial-and-error-Strategien, das Ansteuern und Verwerfen von Zwischenlösungen, Neubestimmung von Zielsetzungen usw. eingelagert sind. Die damit einhergehenden Spannungen (u.a. Rückschläge, Enttäuschungen) werden durch intrinsische Motivation aufgefangen und abgefedert. Es scheint so zu sein, dass die Nicht-Linearität des Lernens, die im herkömmlichen Unterricht eventuell frustrierend wirken kann, weil keine Lernfortschritte registrierbar sind, bei selbstgesteuertem Lernen eher „ausgehalten“ und geradezu als besonderes Merkmal dieser Lernform und der damit gegebenen „Freiheitsgrade“ und Selbstbestimmungsmöglichkeiten wahrgenommen wird. Zweitens bedürfen die verschiedenen o.g. Prozessphasen ganz unterschiedlicher Formen der Unterstützung seitens der Lehrkräfte. Coaching, Prozessmoderation und ggf. Interventionen sind auf die einzelnen Phasen abzustellen. So scheint es geboten, in der kreativen Anfangsphase beispielweise eher emotionalen Support zu geben und die Gruppe durch das „Gewusel“ vorsichtig zu begleiten. In der Formierungsphase müsste auf die Konsensbildung geachtet werden, während in der Performanz-/ Arbeitsphase vielfältige Experimentiermöglichkeiten bereit zu stellen sind. Ein Postulat der Projektprogrammatik, nämlich zur Interessengenese beizutragen, ist – jedenfalls bei den befragten Schüler/innen – nicht eingelöst worden. Das Bandmitglied N. verwirklicht bei Open it eigene, zuvor schon bestehende Interessen. Eine Schülerin aus der Theatergruppe gibt an, sich auch schon vor der Projektmitarbeit mit Tanzen beschäftigt und an Theateraufführungen teilgenommen zu haben (Grundschulzeit). Die Schüler/innen sehen also in Open it einen Rahmen, eigenen Interessensetzungen weiter nachgehen zu können, aus dem Kontakt zu anderen kulturellen Ausdrucksformen ergeben sich kaum neue Orientierungen. Nur eine Schülerin aus der Theatergruppe gibt an, als nächstes eventuell am Chor teilnehmen zu wollen. Andere bleiben bei ihren Gruppen (E., Chor; N., Musik) und wollen die Arbeit fortsetzen. Von den Projekterfahrungen hängt die weitere Beteiligung an Open it ab; negative Eindrücke (Theatergruppe, zwei Schülerinnen aus Jahrgang 6) lassen die Tendenz entstehen, aus dem Projekt auszusteigen. 6.2.2 Selbstgesteuertes Lernen: Gruppenprozesse Selbstgesteuertes Lernen findet in Open it-Projekten in sozialen Zusammenhängen statt. Damit ergibt sich zum einen ein Spannungsverhältnis von individuumzentrierten und kollektiven Lernprozessen. Die Schüler/innen bringen in Open it eigene Interessen und Ziele ein und haben, wie oben ausgeführt, die Erwartung, diese im Projekt verfolgen und realisieren zu können. Zum anderen werden diese Ambitionen in der Projektarbeit sozial überformt. Sie müssen mit den Vorstellungen anderer Gruppenmitglieder abgeglichen und in ein gemeinsames Vorhaben eingebunden werden. Dabei werden sie auch zum Teil modifiziert. Die Schüler/innen haben in der kreativen Anfangsphase die Möglichkeit, eigene Ideen zur Geltung zu bringen. Die Zielsetzung, zu einer gemeinsamen Präsentation zu kommen, macht aber gruppeninterne Abstimmung und Konsensbildung erforderlich (s. oben: aus dem kreativen „Gewusel“ wird ein gemeinsames Vorhaben; Interview E.). Entscheidend ist, dass sich die einzelnen Gruppenmitglieder mit dem gemeinsamen Vorhaben identifizieren können und darin auch – zumindest teilweise – ihre eigenen Vorstellungen aufgehoben sehen. 14 Einige Schüler/innen treten bereits als bestehende Gruppe in das Projekt ein (Beispiel: Band). Dies führt aber nicht zur Abschottung gegenüber anderen Schüler/innen, die ebenfalls Atelier und Musik-Studio nutzen, wie aus dem Interview mit H. hervorgeht: Auch wenn die Produktion einer CD bei den Bandmitgliedern im Vordergrund stand, war man doch auch anderen Schülern gegenüber aufgeschlossen. H. meint: „Also insgesamt, der ganze Kurs ist so zusammengewachsen...Also, wir machen jetzt immer was mit den anderen Leuten...da sind ja ziemlich viel Jüngere und ab und zu machen wir halt was mit denen.“ Dadurch dass man über die Projektmitarbeit andere Schüler näher kennenlernt, wird das soziale Miteinander gefördert. Das geht über den Projektrahmen hinaus: Man grüßt sich auf dem Schulhof und in den Pausen und unternimmt gelegentlich in der Freizeit etwas gemeinsam. Aus der Jahrgangs- und Altersmischung resultieren nach Aussagen der befragten Schüler/innen keine Spannungen oder Konflikte. Im Gegenteil: Die Altersmischung wird positiv wahrgenommen („es ist halt schön, dass es gemischt ist mit den Altersstufen“, Schülerin 7. Jg., Gruppendiskussion). Die Gruppenbildung hat gut geklappt: "Wir sind eine große Familie geworden." Die soziale Rahmung selbstgesteuerter Lernprozesse hat bedeutsame Implikationen: Die Schüler/innen unterstützen sich gegenseitig; sie nutzen die Gruppe als soziale Ressource: „Wir haben uns gegenseitig ganz viel geholfen und Tipps gegeben“ (Schülerin 10. Klasse, Gruppendiskussion). Dadurch dass die Jugendlichen sich gegenseitig helfen, sind weniger Lehrerinterventionen nötig; die Selbständigkeit beim Lernen bleibt gewahrt bzw. wird verstärkt. Aufgrund der Heterogenität sind in der Gruppe auch unterschiedliche Kompetenzen vertreten, die sich ergänzen. Eine Schülerin der Theatergruppe (7. Klasse) erwähnt, dass sie von Gruppenmitgliedern mit Theatererfahrung profitieren konnte („ihr habt ja schon öfters Theater gespielt und Aufführungen gemacht und bei mir war es halt noch nicht so. Und das war ganz gut, weil sie konnten mir halt auch Tipps geben“). Wie das Beispiel zeigt, lernen Schüler bei Open it auch von Schülern. Die Gruppenmitglieder sind außerdem eine Bewertungsinstanz. Man bekommt ein Feedback von anderen Gruppenmitgliedern. Damit wird eine wesentliche Funktion, die im herkömmlichen Unterricht der Lehrer ausübt, den Schüler/innen überlassen (s. unten: Bewertungskriterien). Alle drei Merkmale machen die besondere Qualität selbstgesteuerten Lernens in sozialen Zusammenhängen aus: die gegenseitige Unterstützung, der Austausch von Kompetenzen und die Selbstbewertung. Damit wird deutlich, dass das Konzept selbstgesteuerten Lernens dann zur vollen Entfaltung kommt, wenn die traditionell beim Lehrer angesiedelten Aufgaben und Funktionen wie lernstützende Hilfen, Feedback und Bewertungen an die Schüler/innen übergeben und von diesen ausgeübt werden. Letztlich werden damit tendentiell auch Rollenfestlegungen aufgelöst: Die Schüler/innen sind Lernende und zugleich Lehrende. 6.2.3 Selbstgesteuertes Lernen: Rolle der Lehrkräfte Damit deutet sich schon an, dass Lehrkräfte im Rahmen selbstgesteuerten Lernens von traditionellen Rollenauffassungen Abstand nehmen müssen und andere Funktionen auszufüllen haben. Interviews und Gruppendiskussion zeigen, worin diese aus der Sicht der Schüler/innen zu bestehen haben. Zunächst wird deutlich, dass den Lehrkräften die Rolle „technischer Assistenten“ zufällt, d.h. dass von ihnen erwartet wird, technisches Know how einzubringen. Das Bandmitglied N. 15 beispielsweise beschreibt dies eingehend: der Lehrer hat „...Mikrophon und alles hingestellt und alles aufgebaut und am Computer alles gemacht.“ In ähnlicher Weise hat der Lehrer in der Kunstgruppe den Schülern beim Experimentieren mit Materialien geholfen. Die Lehrkräfte sind daneben tendentiell in die Gruppe integriert, sie sind nicht nur „Hilfspersonal“ und Zuschauer, sondern aktiv an der Gruppenarbeit beteiligt. N. erwähnt, dass der Musiklehrer gelegentlich in der Band mitgespielt hat („er spielt auch Instrumente, wenn mal ein Schlagzeuger fehlt oder so“). Auch wenn die anderen Gruppenmitglieder als Bewertungsinstanz fungieren (s. oben), ist das Feedback der Lehrkräfte dennoch erwünscht und notwendig. Es kann zu Problemen kommen, wenn Lehrkräfte dabei zu stark eigene Gesichtspunkte und Qualitätsansprüche zugrunde legen. Dies wird von den beiden jüngeren Schülerinnen der Theatergruppe angemerkt. In der Gruppendiskussion haben sich die Schülerinnen recht ausführlich zum Feedback seitens der Lehrer/innen geäußert. Grundsätzlich wird eine Rückmeldung zur Projektarbeit begrüßt und für notwendig erachtet. Angesichts des Ziels, eine öffentliche Vorstellung zu geben und vor Publikum zu agieren, sind Rückmeldungen und Kommentare zur Arbeit erforderlich: „Theater...lebt vom Feedback von anderen und dass man es noch mal aus dem Standpunkt vom Publikum sieht und es dann noch mal verändern kann, wenn man merkt, dass irgendetwas nicht wirklich verständlich ist“ (Schülerin 7.Jg., Gruppendiskussion). Rückmeldungen der Lehrkraft werden von den meisten Mitgliedern der Theatergruppe als nützliche Hilfe gesehen („Ich hab das immer so gesehen als Hilfe, als ne Idee“). Dass die Lehrerin „Tipps gegeben“ habe, habe sehr geholfen. Entscheidend scheint vor allem die Art und Weise des Feedbacks zu sein. Manche Formen der Rückmeldung können als Versuch einer Fremdsteuerung aufgefasst werden und passen nicht zu dem auch von den Schüler/innen internalisierten Anspruch, selbstgesteuert zu lernen. Als hilfreich werden anerkennende und die eigenen Bemühungen respektierende Äußerungen angesehen, denen Hinweise zur Qualitätsverbesserung beigemischt werden (können). Eine Schülerin der Theatergruppe führt als positives Beispiel die Zusammenarbeit mit einer externen Fachkraft (Regisseur) an: „Der hat einem immer das Gefühl gegeben, dass das toll ist, was man macht, und dann zum Schluss (hat er) gesagt, (man) kann es noch ein bisschen...“ Eine andere Schülerin stimmt zu: „...er hat einem immer das Gefühl gegeben, dass es gut ist, aber dass man noch so ein klein bisschen verbessern kann. Das fand ich toll.“ Die Schülerinnen wollen ihre Anstrengungen wert geschätzt sehen und sind zugleich offen für Verbesserungsvorschläge. 6.2.4 Selbstgesteuertes Lernen: Genese von Bewertungsmaßstäben Bei fremdgesteuertem Lernen werden Gütemaßstäbe und Bewertungskriterien von einer äußeren Instanz vorgegeben bzw. festgelegt. Die Selbststeuerung des Lernens manifestiert sich dagegen unter anderem darin, dass hierbei auch die Kontrolle über Lernfortschritte und die Bewertung der Zielerreichung bei den Lernenden liegen. Es ist schon herausgearbeitet worden, dass Lernen in Open it-Projekten nicht ganz ohne externes Feedback auskommt. Insofern besteht ein Ineinandergreifen von Selbst- und Fremdbewertung. Die befragten Schüler/innen haben aber den Stellenwert der Rückmeldungen der Lehrkräfte eingeschränkt und auf Ermunterung (Abstützung intrinsischer Motivation) sowie auf Optimierungshinweise begrenzt (s. oben). Des weiteren ist zwischen Prozess- und Produktbewertung zu unterscheiden. Die Produktbewertung erfolgt intern direkt 16 vor der Ergebnispräsentation (“Generalprobe“) oder extern unmittelbar nach der Präsentation durch das anwesende Publikum. Bei der Untersuchung interessierte vor allem die Prozessbewertung. Dabei war zu bedenken, dass sich eine Präsentation aus einem zu Beginn relativ offenen Vorhaben und aus einem diffusen Anfangszustand (s. oben: Prozess-Modell) heraus entwickelt. Bei der Bearbeitung schlecht definierter Probleme haben die Lerner, weil der Endzustand/das Produkt unbekannt ist, keine Referenzpunkte zur Ableitung von Bewertungen; erreichte Zwischenzustände können nicht von konkreten Zielvorgaben aus eingeschätzt werden. Als Anhaltspunkte bietet sich lediglich die Bezugnahme auf eigene Fähigkeiten und Fertigkeiten und ihre Aktualisierung in der Projektarbeit an; erreichte Zwischenergebnisse werden mit Aufwand, Anstrengung und eigenem Fähigkeitsniveau verglichen. Das bedeutet aber, dass die Schüler/innen auf interne Gütemaßstäbe zurückzugreifen haben. Diese sind subjektiv begründet und lassen sich nicht aus sachbezogenen Normen, also vom Gegenstand her ableiten. Zunächst ist festzuhalten, dass die befragten Schüler/innen interne Gütekriterien generieren und ihre Aktivitäten bei Open it danach beurteilen. Dabei ist durchaus zu bemerken, dass sich die Schüler/innen nicht einfach mit der Ausführung einer Tätigkeit zufrieden geben, sondern Qualitätsansprüche haben. Für Schülerin E. ist beispielsweise ständiges Üben im Chor selbstverständlich. Wenn ein befriedigendes Ergebnis trotz Anstrengung nicht zustande kommen will, sei es manchmal besser, an dieser Stelle abzubrechen (ebenso: Schüler N., Band). Es lässt sich eine Tendenz erkennen, die Eigenbewertung für wichtiger zu erachten als die Bewertung durch andere Personen. Dies könnte auch als Ausdruck eines erhöhten Selbstbewusstseins gewertet werden. Schüler N., der mit der Band schon mehrfach öffentlich aufgetreten ist, hat Erfahrungen mit kritischen Publikumsreaktionen sammeln können („Ja, so was kommt oft vor, ziemlich oft“). Aber er lässt sich dadurch „den Spaß“ am Musikmachen nicht nehmen; eine negative Kritik wird ignoriert: Wenn „irgendjemand kommt und sagt hier, ihr seid schlecht, das ist uns egal eigentlich. Wir wissen, dass wir keine Profimusiker sind.“ Durch die Projektmitarbeit hat er gelernt, sich von der Meinung anderer Personen unabhängig zu machen: „Ja, ich glaub, ...ich hab ein bisschen gelernt, dass es mir egal ist, was andere Leute über mich denken.“ Man mag hierin einen Abwehrmechanismus gegenüber Publikumskritik sehen, kann diese Einstellung aber auch als Ausdruck eines gesteigerten Selbstbewusstseins und einer auf selbstgesteuertes Lernen zurückgehenden Unabhängigkeit von Fremdurteilen interpretieren. Dass letzteres eher zutrifft, ergibt sich daraus, dass sich andere Schüler ähnlich äußern. In der Gruppendiskussion meinte eine Schülerin: „ich mach es halt so oft, bis ich merke, dass es mir gefällt...Und wenn es den anderen nicht gefällt, dann haben die Pech gehabt.“ Bei der Prozessbewertung gehen die befragten Schüler/innen intuitiv vor. Die Bewertung kommt von innen, Urteile werden „aus dem Bauch heraus“ gefällt. Vor allem bei Chor- und Musikprojekten kommt eine innere „Stimmigkeit“ als bewertendes Moment zum Tragen. Vergleichbares können die Schüler/innen des Theaterprojekts berichten: „Ja, ich merk das immer, wenn ich selber getanzt hab, dann merk ich auch, das hat mir jetzt gefallen und das mag ich so.“ Aus dieser „Stimmigkeit“ ergibt sich ein Zufriedenheitsgefühl: „Man hat auf jeden Fall ein besseres Gefühl, wenn man was macht, was einem gefällt.“ – „Ich finde, wenn man selber zufrieden ist. Das fand ich, hab ich jetzt gut gemacht und da setze ich weiter an.“ Das als interner Indikator für die Erreichung von Ausführungsqualität fungierende 17 Zufriedenheitsgefühl entsteht Anstrengungsbemühungen. vor dem Hintergrund subjektiv wahrgenommener Da selbstgesteuertes Lernen bei Open it in einem sozialen Kontext stattfindet, kommen nicht nur individuelle Gütemaßstäbe zum Zuge. Schülerin E. schildert beispielsweise, wie sich bei der Chorarbeit langsam Gruppennormen herausbilden, also Gütekriterien sozial konstituiert werden. Die Chormitglieder entwickeln quasi ein „kollektives Gefühl“ für die Qualität der Arbeit. Indikator ist, dass alle Chormitglieder darin übereinstimmen, dass etwas misslungen ist und man daran noch mehr arbeiten müsse und dass andererseits auch alle meinen, „jetzt hat es geklappt“ und mit einem Ergebnis zufrieden sind. Insgesamt ist erkennbar, dass sich die Schüler/innen bei Open it im wesentlichen von internen Gütekriterien leiten lassen. Diese sind wegen des Fehlens eines sachbezogenen Referenzrahmens intuitiv begründet und führen zu einem – vermutlich auch von ästhetischen Bewertungen und Körpergefühl beeinflussten – „Stimmigkeitsurteil“. Indikator für das Erreichen eines Qualitätsniveaus ist ein Zufriedenheitsgefühl, das sich aus der Verrechnung von eigenen Fähigkeiten und Aufwand/ Anstrengung speist. Die internen – individuell wie kollektiv bestehenden – Bewertungen werden gegenüber kritischen Rückmeldungen von außen abgeschottet. Anerkennendes, unterstützendes Feedback seitens der Lehrerinnen oder externer Fachkräfte wird zwar akzeptiert und geschätzt, aber in seiner Bedeutung von den selbstgesteuerten Lernern, für die vorrangig die Selbstbewertung relevant ist, auch relativiert. 6.2.5 Bewertung selbstgesteuerten Lernens Die befragten Schüler/innen sind sich bewusst, dass es bei Open it darauf ankommt, selbstgesteuert zu lernen. Sie verbinden mit diesem Konzept, dass ihnen Wahlmöglichkeiten in Bezug auf die Inhalte, die Prozessgestaltung und das anvisierte Produkt überlassen werden. Diese Entscheidungsfreiheit wird positiv aufgenommen („Ja, einfach aussuchen, was man selber möchte.“ .- „Ja, dass wir selbständig was machen konnten“, Gruppendiskussion). Das „extrem selbständige Arbeiten“ stellt keine Überforderung dar; die Schüler/innen sind in der Lage, die Gestaltungsfreiräume auszufüllen und die Rolle fremdbestimmter Lerner aufzugeben, während aus ihrer Sicht den Lehrkräften eine Rollenveränderung schwerer fällt: "Ich glaube, dass wir als Schüler uns schneller daran gewöhnen können, mehr Freiheiten zu haben, als die Lehrer sich daran gewöhnen können, sich nicht immer einzumischen“ (Gruppendiskussion). Die Aussagen der Schüler/innen machen deutlich, dass sie mit der Erwartung in die Projektarbeit eintreten, hier selbständig arbeiten zu können. Die Informationen über das Projekt sind zutreffend; auf dieser Informationsbasis machen an Open it Schüler mit, für die selbständiges Lernen und Arbeiten einen hohen Stellenwert hat. Insofern zieht das Projekt nur eine bestimmte Schülerklientel an (Filtereffekt). Dies wird auch in den Interviews deutlich. Schüler N. (Musik) grenzt sich und die anderen Open it-Beteiligten gegenüber Mitschülern ab, die seiner Ansicht nach nicht selbständig lernen wollen. Selbständiges Lernen „muss man...schon wollen. Wenn man das nicht will, dann kann man das auch nicht machen.“ Ähnlich äußert sich eine Schülerin bei der Gruppendiskussion: „oft ist es...auch so, dass viele Schüler sich gar nicht darauf einlassen, selbständig zu arbeiten.“ In der Konsequenz bedeutet das, dass man selbständiges Arbeiten/ selbstgesteuertes Lernen nicht verordnen kann. Deswegen ist die Freiwilligkeit der Teilnahme an Open it eine wesentliche Voraussetzung für eine gelingende Projektarbeit: „es sollen...nur die Leute machen, die da wirklich Lust zu haben“ (Schüler N.). 18 Angesprochen wird damit auch das Spannungsverhältnis von Können und Wollen. In die Abgrenzung gegenüber Mitschülern gehen beide Aspekte ein: Sie wollen nicht selbständig arbeiten und zum Teil können sie es auch nicht. Schüler N. unterstellt, dass alle Open itSchüler selbständig arbeiten wollen; Eingangsvoraussetzung ist also eine auf Selbständigkeit gerichtete Lernattitüde. Ob man dann aber auch in der Lage ist, selbstgesteuert zu lernen (Können), ist eine andere Sache. Schüler N. ist der Meinung, man müsse Selbständigkeit erst entwickeln. Er beschreibt seinen eigenen Entwicklungspfad folgendermaßen: Er sei eigentlich kein selbständiger Lerner. Ihm sei allerdings klar, dass er zur Erreichung des Schulabschlusses selbständiger werden müsse („Ich mach bald...Abitur..., da muss ich ja auch selbständiger werden...sonst schaff ich das ja nicht“). Aus der Spannung zwischen dem Selbstkonzept als Lerner (eigentlich kein „selbständiger Lernmensch“) und der Ausrichtung auf ein Ziel (Abitur) ergibt sich der Antrieb, Selbständigkeit zu entwickeln. Man bekommt den Eindruck, dass die Open it-Mitarbeit für ihn eine Art Experimentierfeld und eine Einübungsmöglichkeit für Selbständigkeit ist. Das Spannungsverhältnis von Wollen und Können sowie der Entwicklungsaspekt werden auch von Schüler H. (Kunst) thematisiert. Er ist recht skeptisch bezüglich des Beitrags, den Schule zur Entwicklung von Selbständigkeit leisten kann. Selbständigkeit könne nicht von der Schule allein hervorgebracht werden, sondern man müsse sie in gewissem Maße mitbringen. Er unterstreicht die Bedeutung des Elternhauses bei der Entwicklung von Selbständigkeit und belegt dies mit eigenen Erfahrungen (Übernahme häuslicher Aufgaben, Betreuung kleinerer Geschwister usw.). Bilanziert man diese Schüleräußerungen, lässt sich festhalten, dass Open it vornehmlich für Schüler geeignet und attraktiv ist, die Selbständigkeit zu schätzen wissen und selbstreguliertes Arbeiten als positive Herausforderung begreifen. Eine bedeutsame Eingangsvoraussetzung besteht darin, selbstgesteuert lernen zu wollen. Inwieweit man dazu befähigt ist, hängt von vorgängigen Lernerfahrungen ab – folgt man Schüler H., sind diese vor allem in außerschulischen Kontexten angesiedelt. Die Projektarbeit wird als ein Feld gesehen, in dem man Selbständigkeit erproben und teilweise auch weiter entwickeln kann. Dies spielt dann eine besondere Rolle, wenn man Selbständigkeit beim Lernen als wesentlichen Bestandteil des weiteren Lernweges und als Anforderung für die Erreichung selbst gesetzter Ziele (z.B. Abitur) sieht. 6.2.6 Selbstgesteuertes Lernen im Fachunterricht? Bei den Befragungen wurde auch das Thema „Übertragbarkeit auf den Fachunterricht“ angesprochen. Dem lagen folgende Überlegungen zugrunde: Man kann davon ausgehen, dass die Schüler/innen bei Open it Lernerfahrungen machen, die ihre Erwartungen an und Einstellungen zum Fachunterricht verändern. Die Schüler/innen lernen über Open it eventuell Arbeitsweisen kennen, zu denen sie sonst eher wenig Zugang haben. Über damit geschaffene Vergleichsmöglichkeiten ändert sich der Referenzrahmen. Die Schüler/innen können beispielsweise didaktische Vorstellungen bezüglich eines anders gestalteten Unterrichts entwickeln. Des weiteren ist in der Projektprogrammatik verankert, dass die Open it-Mitarbeit über Verbesserung der Motivation, Steigerung des Selbstbewusstseins, Aneignung von Lernstrategien usw. Auswirkungen auf die Mitarbeit im Fachunterricht hat. Bei den Befragungen haben die Schüler/innen die Projektarbeit zu traditionellem Unterricht in Beziehung gesetzt und vor diesem Hintergrund subjektive didaktische Theorien entfaltet. Open it und damit selbstgesteuertes Lernen ist für die Schüler/innen durch Freiwilligkeit, Sinnhaftigkeit, Freiheit bei Themenwahl und Zielsetzung sowie durch ein hohes Maß an 19 Selbständigkeit beim Arbeiten charakterisiert. Der herkömmliche Fachunterricht ist im Gegensatz dazu durch Zwang, Außensteuerung und Fremdbestimmtheit bezüglich der Inhalte und Methoden gekennzeichnet. Während Lernleistungen im Fachunterricht benotet werden, gibt es bei Open it keine Zensuren. Im Fachunterricht sind die Inhalte durch Rahmenrichtlinien und Lehrpläne vorgegeben, also extern legitimiert. Bei Open it sind die Inhalte intern legitimiert und werden deshalb als subjektiv bedeutsam erfahren. Diese Charakterisierungen zeigen, dass die Open it-Arbeit kontrastiv vom üblichen Schulunterricht abgehoben wird. Die Schüler/innen machen bei Open it-Projekten Lernerfahrungen, die im Gegensatz zu denjenigen stehen, die sie im Fachunterricht machen. Die Konstruktion ihrer subjektiven didaktischen Theorie wird dadurch erweitert, dass als weitere „Größe“ der Flex-Unterricht in die Überlegungen einbezogen wird, in dem selbstgesteuertes Lernen in fachunterrichtlichen Zusammenhängen stattfindet. Der FlexUnterricht wird von allen befragten Schüler/innen negativ bewertet. Kritisiert werden die Dimensionierung der Aufgaben, das parallele Arbeiten an zwei fachlichen Themen, was die Schüler als kognitiv überfordernd empfinden, und die Praxis des Abtestens der bei Flex erreichten Leistungen, wodurch eine Mehrfachbelastung durch Klassenarbeiten entsteht. Der tiefere Grund für die ablehnende Haltung gegenüber dem Flex-Unterricht liegt aber darin, dass er aus Schülersicht eine „Mogelpackung“ ist. Er ist ein Hybrid-Modell aus selbstgesteuertem Lernen und herkömmlichem Unterricht: Einerseits soll selbständig gearbeitet werden, andererseits wird dies benotet („schreiben wir zum Schluss einen Test darüber. Weil das ist dann ja auch kein selbständiges Arbeiten mehr“, Gruppendiskussion). Benotung steht im Widerspruch zu dem von den Schülern verinnerlichten Bild von selbstgesteuerten Lernprozessen, die sich, wie oben erwähnt, für sie durch Freiwilligkeit, Selbstbestimmtheit und eben auch Zensurenfreiheit auszeichnen. Vor diesem Hintergrund äußern sich die befragten Schüler/innen zu den Chancen und Möglichkeiten einer Übertragung des Selbständigkeitsprinzips in Unterrichtsfächer. Schüler H. (Kunst) äußert sich aufgrund des Urteils, viele Mitschüler würden nicht selbständig arbeiten können oder wollen, skeptisch: Würde man in den Fächern den Schülern die Auswahl der Inhalte überlassen und ihnen freistellen, womit sie sich beschäftigen wollen, würde dies zu „Vereinseitigungen“ führen (Beispiel: Manche würden sich in Mathematik nur mit Subtraktion beschäftigen, aber nichts anderes lernen). Dahinter steht die Ansicht, dass die Schule ihren (Bildungs-)Auftrag nur dadurch erfüllen kann, dass Lerninhalte vorgegeben werden. Bei der Gruppendiskussion räumten die Schülerinnen ein, dass „selbständige(s) Arbeiten auch in anderen Fächern Spaß machen kann.“ Dabei müsste zugelassen werden, dass man eigenen Fragestellungen nachgehen kann („manchmal kommen ja eben so Fragen auf und dass man die dann selbständig hinterfragen kann und nicht immer dies: so, wir machen das jetzt, weil es auf dem Lehrplan steht“). Die Stofffülle der Lehrpläne begrenzt nach Ansicht der Schülerinnen Möglichkeiten selbständigen Arbeitens in den Fächern. Ob selbständiges Lernen im üblichen Unterricht vorkommt, hängt nach Meinung der Schülerinnen von den Lehrkräften ab. Die Lehrer müssten sich dafür umstellen und sich weitgehend aus den Lernprozessen heraushalten, „so dass man...sagen kann, es haben nur die Schüler gearbeitet unter sich“ (Gruppendiskussion). Außerdem lässt sich aus Schülersicht selbstgesteuertes Lernen in musischen Fächern leichter realisieren als in „Deutsch und Englisch und Mathe und Naturwissenschaften.“ 20 Insgesamt kann man feststellen, dass die Projektarbeit für die befragten Schüler/innen in deutlichem Kontrast zum sonstigen Unterricht steht. Sie bietet Möglichkeiten für Lernerfahrungen, die von einem auf Lehrpläne verpflichteten und benotendem Unterricht nicht erzeugt werden können. Bei der Einlagerung selbstgesteuerter Lernphasen in den Fachunterricht müssten die subjektiven Theorien der Schüler/innen bezüglich selbstgesteuertem Lernen berücksichtigt werden. Ihnen müssten Möglichkeiten des Einbringens eigener Fragestellungen und Mitbestimmung bei der Auswahl der Inhalte eingeräumt werden. Als problematisch erweist sich die Assoziation von selbstgesteuertem Lernen und Noten- bzw. Bewertungsfreiheit. Deshalb müsste mit den Schülern über verschiedene Formen der Bewertung solcher Lernprozesse, einschließlich von Selbstbewertungsprozeduren gesprochen werden. 7. Zusammenfassung der Ergebnisse Aus der vorstehenden Analyse der quantitativen und qualitativen Daten geht hervor, dass Open it zweifellos ein erfolgreiches Projekt ist und bei den Schüler/innen vorhandene Interessen im musisch-künstlerischem Bereich abruft und ihrem Bedürfnis nach einer selbstbestimmten Entfaltung von Begabungen und Kompetenzen nachkommt. Selbstgesteuertes Lernen im Rahmen der Projektarbeit ist für einen bestimmten Schülertyp attraktiv, nämlich für aufgabenorientierte und intrinsisch motivierte Schüler/innen. Inwiefern Schüler/innen, die nicht an Open it teilnehmen, nicht auch derartige motivationale Orientierungen aufweisen, lässt sich auf der Grundlage der Erhebung nicht beurteilen. Aber es deutet einiges darauf hin, dass zumindest ein Teil der Schülerschaft mit Angeboten selbstregulierten Lernens wenig anfangen kann. Die übereinstimmenden Beobachtungen der befragten Schüler/innen zum Verhalten von Mitschüler/innen im Flex-Unterricht erscheinen glaubwürdig. Es kann aber begründet angenommen werden, dass auch eine Reihe der zu selbständigem Lernen disponierten Schüler/innen Open it-Angebote aus verschiedenen Gründen (andere Interessen, „verplante“ Freizeit usw.) nicht nutzen. Die bei Open it mitarbeitenden Schüler/innen schätzen sinnhaftes und entdeckendes Lernen, sie sind kooperativ eingestellt und verfügen über ein stabiles Fähigkeitsselbstkonzept. Sie haben die Projektprogrammatik verinnerlicht und eine subjektive Theorie selbstgesteuerten Lernens entwickelt. Dies geht daraus hervor, dass ihnen sehr deutlich bewusst ist, bei Open it selbstreguliert und eigenständig zu lernen und zu arbeiten. Sie verbinden mit selbstgesteuertem Lernen verschiedene Qualitäten und Merkmale, so unter anderem Freiheiten bei der Auswahl der Inhalte und weitgehende Autonomie bei der Prozessgestaltung. Das bedeutet nicht, dass die selbstbestimmte Projektarbeit ganz ohne Unterstützung und Begleitung durch die Lehrkräfte auskommt. Aber Rolle und Aufgaben der Lehrer/innen sind hier deutlich andere als im herkömmlichen Unterricht. Die Schüler/innen bescheinigen den Lehrkräften, dass sie intrinsische Motivationsimpulse gegeben und sich um eine positive Lehrer-Schüler-Beziehung bemüht haben. Die Lehrkräfte sorgen für die Bereitstellung einer technisch-räumlichen Infrastruktur. Des Weiteren müssen sie die ablaufenden Prozesse beobachten und entscheiden, welche Hilfen in den einzelnen Projektphasen jeweils geboten sind. Die befragten Schüler/innen schätzen Hilfestellung und Unterstützung seitens der Lehrkräfte, sie reagieren aber äußerst sensibel auf Interventionen, die nicht mit ihrem Bild von selbstgesteuertem Lernen vereinbar erscheinen. Rückmeldungen zu Zwischenergebnissen, die 21 als Eingriff in die Eigendynamik und als Fremdsteuerung aufgefasst werden können, werden negativ bewertet. So scheint es weniger darum zu gehen, dass Rückmeldungen gegeben werden, viel entscheidender sind vielmehr Form und Inhalt der Feedback-Botschaften. Die Schüler/innen wollen ihre Bemühungen und Anstrengungen wert geschätzt sehen, sind dann aber auch bereit, Hinweise aufzunehmen und sich für konstruktive Kritik zu öffnen. Die Schüler/innen entwickeln im Laufe der Zeit Gütemaßstäbe für die Projektarbeit. Diese sind interner Natur und haben die Form eines Stimmigkeitsurteils. Das steht im Einklang mit der Charakteristik der Projektarbeit, bei der ein zunächst ganz offen gehaltenes Vorhaben schrittweise konkretisiert und ausgeformt wird. Es bestehen zu Anfang keine präzisen Vorstellungen über das Endprodukt, so dass keine aus dem Endzustand ableitbaren Bewertungskriterien zur Verfügung stehen. Eine Überwachung und Kontrolle der Arbeitsfortschritte (monitoring) und eine Einschätzung der jeweils vorliegenden Zielerreichungsdistanz sind deshalb zumindest in den ersten Phasen der Projektarbeit schwer möglich, weshalb die Schüler/innen bei der Selbstbewertung die Einschätzung erfolgter Anstrengungen und eingesetzter Fähigkeiten heranziehen. Lernen in Open it-Projekten ist nicht linear, sondern gestaltet sich in zyklischen bzw. spiralförmigen Lernbewegungen, über die eine schrittweise Annäherung an ein Ziel erreicht wird. Dabei müssen die Schüler/innen Handlungsverläufe und –ergebnisse imaginieren. Im Prozessverlauf werden immer wieder Zielvorstellungen entworfen und mögliche Endprodukte antizipiert. Diese antizipativen Imaginationen sind aber zunächst nicht stabil, sie werden in den ersten Projektphasen noch häufig umgeschrieben. Wie aus den Aussagen der Schüler/innen hervorgeht, gestaltet sich die Projektarbeit weitgehend als Problemlöseprozess, wie er typischerweise bei der Bearbeitung sog. schlecht definierter Probleme vorkommt: Trial-and-error-Strategien und ein experimentierender Umgang mit Materialien, Ausdrucksformen usw. dominieren. Es ist daher damit zu rechnen, dass mit diesen Strategien zwar einem Endziel dienende Teilzustände erreicht, aber auch wieder verworfen werden. Erst allmählich kristallisieren sich stabilere Zwischenergebnisse und genauere Zielvorstellungen heraus. Angesichts der mit der Offenheit der Lernprozesse einhergehenden Möglichkeit des Scheiterns, von Rückschritten usw. bedarf es einer gewissen emotionalen Stabilität. Die Schüler/innen müssen in der Lage sein, eventuell auftretende Misserfolge, Frustrationen usw. zu verarbeiten. Es scheint so zu sein, dass die Stärke der intrinsischen Motivation bei der Überwindung von Widerständen hilft und „Durststrecken“ überbrückt. Ein wesentliches Ergebnis der Studie bezieht sich auf die Annahmen der Schüler/innen zum Erwerb und zur Entwicklung von Selbständigkeit. Wie herausgearbeitet wurde, gibt es eine Vorstellung, bei der ein Pfad vom Wollen zum Können führt: Selbständigkeit muss man wollen und dann entwickeln. Open it bietet nach dieser Annahme ein optimales Entwicklungsmilieu. Die Selbständigkeitskompetenz (Können) wird für die Erreichung übergreifender Lern- und Leistungsziele als notwendig erachtet und dabei eingesetzt. – Einer anderen Annahme zufolge sind Können und Wollen in umgekehrter Reihenfolge angeordnet. Danach muss man Selbständigkeit mitbringen (Können), um sie bei Open it einzusetzen (Wollen). Der Schule wird eine untergeordnete Rolle bei der Ausbildung von Selbständigkeit zuerkannt, entscheidend seien Anforderungen und Lernerfahrungen in außerschulischen Handlungsfeldern. Folgt man dieser Annahme, müsste das Thema „Selbständigkeitserziehung“ verstärkt bei der Elternarbeit aufgegriffen werden. Zu erwähnen ist, dass von der Wollen-Können-Thematik und vom eigenen Selbstkonzept als Lerner aus eine Abgrenzung gegenüber Mitschülern vorgenommen wird. Diese könnten vielfach nicht selbständig arbeiten und manche wollten dies auch nicht. 22 Open it steht zum herkömmlichen Unterricht in einem komplementären Verhältnis, und zwar insofern als hier für eine spezielle Schülergruppe alternative Lernerfahrungen ermöglicht werden. Open it ist ein ergänzendes Angebot, wo man Kreativität ausleben und kultivieren kann. Die befragten Schüler/innen stehen einer Implementation selbstgesteuerten Lernens in den herkömmlichen Unterricht skeptisch gegenüber. Sie gestehen zwar zu, dass selbstgesteuertes Lernen (phasenweise) auch im Regelunterricht vorkommen kann, machen dies aber von den Lehrkräften abhängig und sehen die Lehrpläne als begrenzend an. Dass den Lehrkräften die entscheidende Rolle und eine Schlüsselstellung bei der Realisierung selbstgesteuerten Lernens zuerkannt wird, steht in Übereinstimmung mit ihrer Dominanz bei der Gestaltung von Lernumgebungen und –prozessen (Expertise auf didaktisch-methodischem Gebiet). Auch bei diesem thematischen Aspekt wird wieder die Abgrenzung verschiedener Schülertypen herangezogen; unterschieden wird zwischen denen, die selbstgesteuert lernen können und solchen, die mit selbstgesteuerten Lernphasen wenig anfangen können. Dies müsse man einkalkulieren und hinnehmen, denn diese Schüler würden ja auch im „normalen Unterricht“ nichts machen („Da hat man dann das Problem ja auch“). Den Schüler/innen ist bewusst, dass man mit schulischen Angeboten und Lernarrangements zumeist nicht alle Schüler erreichen kann. Von daher müsse man bei der Realisierung selbstgesteuerten Lernens im Fachunterricht das Risiko eingehen, dass davon nicht alle Schüler gleichermaßen profitieren. Sie selbst, die sich als selbständige Lerner verstehen, würden solche Ansätze selbstregulierten Lernens allerdings begrüßen, denn – das ist bei der Datenanalyse deutlich geworden – die bei Open it mitwirkenden Schüler/innen sind von selbstgesteuertem Lernen angetan und bewerten die ihnen dort eröffneten Möglichkeiten des eigeninitiativen Verfolgens von Interessen, der Mitbestimmung über die Auswahl der Inhalte und der eigenständigen Ausgestaltung ihrer Lernprozesse überaus positiv. 8. Diskussion Abschließend werden die Befunde der Untersuchung im Kontext von Theorien zu selbstgesteuertem Lernen diskutiert. Selbstbeurteilung und -bewertung Selbstkontrolle der Zielerreichung Zielsetzung und Strategieplanung Selbstüberwachte Ausführung des Plans 23 Legt man ein Prozess-Modell selbstgesteuerten Lernens (Zimmerman 1996) zugrunde, lässt sich zeigen, zu welchen Prozessaspekten Aussagen aufgrund der Befragungen möglich sind. Die Ergebnisse decken nahezu alle Felder ab, aber es ist auch deutlich, dass durch die Offenheit der Projektarbeit (vgl. Melzer 2005) nicht alle Bereiche dicht besetzt sind. Der Grund ist darin zu sehen, dass im Modell davon ausgegangen wird, dass eine klare Zielsetzung besteht. Dies ist bei Open it in der Anfangsphase nicht der Fall; insofern kann eine Strategieplanung beispielsweise erst relativ spät greifen. Nur einige Schüler bringen konkretere Vorstellungen mit, diese sind aber eher produktbezogen (Beispiel: eine CD produzieren) und inhaltlich kaum gefüllt. Hinsichtlich der selbständigen Überwachung der Ausführung des Plans konnte festgestellt werden, dass dies weitgehend der Fall ist, auch wenn externe Support-Strukturen genutzt werden. Außerdem wurde deutlich, dass eine Selbstbewertung in Form intuitiver Stimmigkeitsurteile stattfindet. „Um selbstgesteuert lernen zu können, muss der Lernende zum Lernen motiviert sein und er muss an dem, was er tut und wie er es tut, Interesse haben oder entwickeln“ (Konrad 2001, 284). Diese Voraussetzung ist bei den bei Open it mitarbeitenden Schüler/innen gegeben. Es konnte festgestellt werden, dass die Projektarbeit deshalb attraktiv ist, weil man hierbei eigene Interessen auf künstlerisch-musischem Gebiet verwirklichen kann. Vielfach bringen Schüler/innen spezielle Fähigkeiten und Kompetenzen für die Projektarbeit mit, Open it fördert und entwickelt kreative Begabungen. Diese wurden in einigen Fällen auch zuvor schon zur Geltung gebracht, beispielsweise bei Theateraufführungen während der Grundschulzeit. Einige Schüler wechseln von einem Teilprojekt in ein anderes und lernen so verschiedene künstlerische Ausdrucksformen kennen. In der Literatur wird selbstgesteuertes Lernen häufig fremdbestimmtem Lernen gegenüber gestellt. Danach zeichnet sich selbstgesteuertes Lernen durch „die Abwesenheit externer personaler Lernkontrollen“ aus (Weinert 1982, 99). Die befragten Schüler/innen liegen mit ihrem Verständnis selbstgesteuerten Lernens auf dieser Linie, da für sie unter anderem Leistungsmessung und Benotung mit selbstgesteuertem Lernen unvereinbar sind. Daneben muss man sich den Blick dafür freihalten, dass Lernen generell nie völlig fremdbestimmt ist, es „enthält stets selbstregulative Komponenten“ (Weinert 1982, 104). Und umgekehrt kommt selbstgesteuertes Lernen nicht ganz ohne externe Unterstützung und Begleitung aus (Straka 2005). Dies wird durch die Untersuchungsergebnisse unterstrichen. Die Schüler/innen sehen Rückmeldungen der Lehrkräfte sowie deren technisches Know how als hilfreich und förderlich an. Dabei kommt es aber auch auf ein sensibles Ausbalancieren an; bestimmte Interventionen werden von den Schüler/innen als zu weitreichend und als Eingriffe in die Eigensteuerung angesehen. Zudem dürfte das Ausmaß externer Lenkung bei den einzelnen Teilprojekten und in den einzelnen Phasen der Projektarbeit recht unterschiedlich sein. Während bei einem Kunstprojekt eher ein weitgehend eigenständiges Experimentieren mit Materialien und Ausdrucksformen möglich ist, ist der Chor stärker auf eine Leitung angewiesen. Bei selbstgesteuertem Lernen ist von einer Interdependenz von Person- und Situationsmerkmalen auszugehen (Konrad 2001). Als für selbstgesteuertes Lernen disponierendes Personenmerkmal konnte in der Studie die Aufgabenorientierung der Schüler/innen identifiziert werden. Zu den situativen Merkmalen gehört die Bereitstellung einer Lernumwelt, die den Schüler/innen „Spielräume für die selbständige Festlegung von Lernzielen, Lernzeiten und Lernmethoden“ lässt (Weinert 1982, 102). Dies wird bei Open it dadurch realisiert, dass die vorbereitete Lernumgebung vielfältige kreative Ausdrucksformen zulässt. Auch wenn die Teilprojekte durch eine Rahmenvorgabe koordiniert sind, sind die 24 Schüler/innen bei deren Ausfüllung weitgehend autonom. Autonomie- und Kompetenzerleben sind – wie Deci und Ryan (1993) festgestellt haben – wesentliche Faktoren intrinsischer Motivation. Diese wiederum ist wichtig, um bei der offenen Projektarbeit auftretende frustrierende Momente abzufedern und zu überbrücken. Aufgrund des Zusammenführens all dieser Faktoren ergibt sich, dass Open it als ein schlüssiges Konzept und eine gelungene Realisierung selbstgesteuerten Lernens anzusehen ist. 9. Literatur Deci, E.L./ Ryan, R.M. (1993). Die Selbstbestimmungstheorie der Motivation und ihre Bedeutung für die Pädagogik. Zeitschrift für Pädagogik, 2, 223-238. Köller, O./ Baumert, J. (1998). Ein deutsches Instrument zur Erfassung von Zielorientierungen bei Schülerinnen und Schülern. Diagnostica, 4, 173 – 181. Konrad, K. (2001). Selbstgesteuertes Lernen im Kontext persönlicher Selbstregulation, konstruktivistischer Lernumgebungen und situativer Randbedingungen. Empirische Pädagogik, 2, 283 – 303. Melzer, W. (2005). Kompetenzentwicklung durch Projekte. Ergebnisse der Unterrichts- und Schulforschung als Begründung für Projektlernen. In G. Wiesner/ A. Wolter (Hrsg.), Die lernende Gesellschaft (S. 279 – 298). Weinheim, München: Juventa. Reimers, H. (2004). Zur Forschungsfrage im Projekt ´Open it `. In Jahrbuch 2004 der Schulbegleitforschung Bremen (S. 50 – 57). Bremen: Landesinstitut für Schule. Straka, G. A. (2005). Selbstgesteuertes Lernen als Chance lebenslangen Lernens? Konzept, empirische Ergebnisse und Konsequenzen. In G. Wiesner/ A. Wolter (Hrsg.), Die lernende Gesellschaft (S. 161 – 180). Weinheim, München: Juventa. Weinert, F.E. (1982). Selbstgesteuertes Lernen als Voraussetzung, Methode und Ziel des Unterrichts. Unterrichtswissenschaft, 2, 99 – 110. Wild, K.-P. et al. (1995). Dokumentation und Analyse der Fragebogen und Tests. (Berichte aus dem DFG-Projekt „Bedingungen und Auswirkungen berufsspezifischer Lernmotivation“ Nr. 2). Neubiberg: Universität der Bundeswehr. 25 10. Anhang I. Fragebogen Open it! Schülerfragebogen 1. Angaben zur Person Alter: Jahre Junge Mädchen 2. Kreuze bitte nach Grad der Zustimmung an 2.1 Ich fühle mich in der Schule wirklich zufrieden, wenn... trifft trifft trifft trifft überhaupt eher eher völlig nicht zu nicht zu zu zu ...ich mehr weiß, als die anderen ... ich mich nicht anstrengen muss ... ich als einziger die richtige Antwort weiß ...ich die ganze Zeit intensiv beschäftigt bin ... ich vor meinen Klassenkameraden fertig bin ... der Unterricht einfach ist ...die Aufgaben von mir wirklichen Nachdenken verlangen ... ich ohne Anstrengung durch komme ... ich mehr Aufgaben richtig habe als meine Klassenkameraden ... ich bessere Noten bekomme, als andere ... das Gelernte wirklich Sinn für mich macht ... ich intensiv arbeite ... ich zeigen kann, dass ich ein schlauer Typ bin ...es einfach ist, Aufgaben richtig zu haben ...ich einen neuen Weg herausfinde, eine Aufgabe oder ein Problem zu lösen 26 ... der Unterricht mich zum Nachdenken bringt ... mich das Gelernte dazu bringt, mehr über das Thema erfahren zu wollen ...ich ohne Mühe gute Noten bekomme ... ich etwas heraus bekomme, das mich beim Thema festhält ... ich die Anstrengung vermeiden kann ... ich ein kompliziertes Problem endlich verstehe 2. Kreuze bitte nach Grad der Zustimmung an! 2.2 Ich mache bei Open it mit, weil.... trifft trifft trifft trifft überhaupt eher eher völlig nicht zu nicht zu zu zu ...das Projekt sehr anregend gestaltet ist ... im Projekt eine gute Arbeitsatmosphäre herrscht ... mir die Beschäftigung mit den Projektinhalten Spaß macht ...ich großes Interesse an den Inhalten habe ... die Projektinhalte meinen persönlichen Neigungen entsprechen 2.3 Kreuze bitte das für dich Zutreffende an ganz teilweise Gar nicht Meine Fähigkeiten reichen aus, um an dem Open it – Projekt teilzunehmen Die meisten der sich im Open it – Projekt stellenden Aufgaben kann ich gut lösen Ich komme im Open it – Projekt auch mit schwierigen Aufgaben gut zurecht Ich habe das Gefühl, dass ich die übernommenen Aufgaben wirklich gut erledige 27 Wenn nötig unterstützen sich die Schüler gegenseitig Ich kann meine Fähigkeiten im Open it – Projekt voll einsetzen Die übernommenen Aufgaben stellen eine Herausforderung für mich dar 2.4 Kreuze bitte das für dich Zutreffende an. Die Lehrer haben im Open it – Projekt... trifft völlig zu trifft eher zu trifft trifft eher überhaupt nicht nicht zu zu ...mir das Gefühl gegeben, sinnvolle Dinge zu machen ... meine Neugier geweckt ... meine Interessen berücksichtigt ...mich eigene Ziele setzen lassen ... ein angenehmes Klima geschaffen ...sich um eine gute Beziehung zu den Schülern bemüht ... mir das Gefühl wachsender Fähigkeit vermittelt II. Fragebogen mit Daten 1. Angaben zur Person Alter: 11 3 12 10 13 10 14 7 15 1 16 4 Geschlecht: Mädchen Jungen 26 9 2. Kreuze bitte nach Grad der Zustimmung an 2.1. Ich fühle mich in der Schule wirklich zufrieden, wenn… trifft überhaupt % trifft eher nicht % trifft eher zu % trifft völlig zu % Enthaltun- 28 zu nicht zu gen 12 33,33 13 36,11 3 8,33 7 19,44 …ich mich nicht anstrengen muss …ich als einziger die Antwort weiß …ich die ganze Zeit intensiv beschäftigt bin …ich vor meinen Klassenkameraden fertig bin 8 22,22 14 38,89 6 16,67 8 22,22 1 0 9 25 9 25 10 27,78 6 16,67 2 3 8,33 13 36,11 13 36,11 7 19,44 0 9 25 14 38,89 9 25 4 11,11 …der Unterricht einfach ist …die Aufgaben von mir wirkliches Nachdenken verlangen …ich ohne Anstrengung durch komme …ich mehr Aufgaben richtig habe,als meine Klassenkameraden …ich bessere Noten bekomme, als andere …das Gelernte wirklich Sinn für mich macht 5 13,89 9 25 12 33,33 8 22,22 0 2 5 13,89 10 27,78 11 30,56 8 22,22 2 3 8,33 11 30,56 15 41,67 7 19,44 0 9 25 12 33,33 8 22,22 7 19,44 0 8 22,22 14 38,89 4 11,11 8 22,22 2 0 3 8,33 12 33,33 20 55,56 …ich intensiv arbeite …ich zeigen kann, dass ich ein schlauer Typ bin …es einfach ist, Aufgaben richtig zu haben …ich einen neuen Weg herausfinde, eine Aufgabe oder ein Problem zu lösen …der Unterricht mich zum Nachdenken bringt …mich das Gelernte dazu bringt, mehr über das Thema erfahren zu wollen …ich ohne Mühe gute Noten bekomme …ich etwas herausbekomme, dass mich beim Thema festhält … ich die Anstrengung vermeiden kann …ich ein kompliziertes Problem endlich verstehe 1 2,78 5 13,89 20 55,56 9 25 1 1 5 13,89 10 27,78 13 36,11 8 22,22 0 5 13,89 10 27,78 15 41,67 5 13,89 1 2 5,56 7 19,44 15 41,67 12 33,33 0 4 11,11 7 19,44 16 44,44 9 25 0 1 2,78 6 16,67 12 33,33 17 47,22 0 2 5,56 10 27,78 13 36,11 9 25 2 1 2,78 7 19,44 15 41,67 12 33,33 1 7 19,44 12 33,33 13 36,11 4 11,11 0 0 3 8,33 8 22,22 24 66,67 1 ..ich weiß mehr, als die anderen 2. Kreuze bitte nach Grad der Zustimmung an! 2.2 Ich mache bei Open it mit, weil… trifft überhaupt nicht zu …das Projekt sehr anregend gestaltet ist …im Projekt eine gute Arbeitsatmoshäre herrscht …mir die Beschäftigung mit den Projektinhalten Spaß macht …ich großes Interesse an den Inhalten habe …die Projektinhalte meinen persönlichen Neigungen entsprechen trifft eher % nicht zu % trifft eher zu % trifft völlig zu % Enthaltungen 5 13,89 3 8,33 13 36,11 15 41,67 0 1 2,78 3 8,33 13 36,11 18 50,00 1 0,00 1 2,78 4 11,11 31 86,11 0 0,00 2 5,56 8 22,22 25 69,44 1 0,00 1 2,78 6 16,67 28 77,78 1 2.3 Kreuze bitte das Zutreffende an 29 ganz Meine Fähigkeiten reichen aus, um am Open it- Projekt teilzunehmen Die meisten der im Open it – Projekt stellenden Aufgaben kann ich gut lösen Ich komme im Open it – Projekt auch mit schwierigen Aufgaben zurecht Ich habe das Gefühl, dass ich die übernommenen Aufgaben wirklich gut erledige Wenn nötig unterstützen sich die Schüler gegenseitig Ich kann meine Fähigkeiten im Open it – Projekt voll einsetzen Die übernommenen Aufgaben stellen eine Herausforderung für mich dar % teilweise % 27 75,00 9 25,00 28 77,78 6 16,67 23 63,89 12 21 58,33 28 gar nicht % Enthaltungen 0,00 0 2 5,56 0 33,33 1 2,78 0 13 36,11 2 5,56 0 77,78 6 16,67 0,00 2 22 61,11 13 36,11 1 2,78 0 10 27,78 20 55,56 5 13,89 1 2.4 Kreuze bitte das für dich Zutreffende an. Die Lehrer haben im Open it – Projekt … trifft völlig zu …mir das Gefühl gegeben, sinnvolle Dinge zu machen …meine Neugier geweckt …meine Interessen berücksichtigt …mich eigene Ziele setzen lassen …ein angenehmes Klima geschaffen …sich um eine gute Beziehung zu den Schülern bemüht …mir das Gefühl wachsender Fähigkeit vermittelt % trifft eher zu % trifft eher nicht zu % 17 24 21 25 47,22 66,67 58,33 69,44 15 7 10 9 41,67 19,44 27,78 25,00 2 5 5 2 5,56 13,89 13,89 5,56 21 58,33 11 30,56 4 11,11 22 61,11 9 25,00 4 11,11 17 47,22 14 38,89 5 13,89 trifft überhaupt nicht zu 1 1 % Enthaltungen 2,78 0,00 0,00 0,00 1,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 2,78 0,00 0,00 0,00 III. Interviewleitfragen Interviewleitfaden Open it! 1. Hast du in dem Projekt etwas gelernt, was du auch im alltäglichen Unterricht anwenden kannst? 2. Interessierst du dich, seit du an dem Projekt teilnimmst, für Dinge, für die du dich vorher nicht so begeistern konntest? 3. Haben euch die Lehrer genug unterstützt und geholfen? Haben sie sich zu viel eingemischt? 30 4. Welche Ziele habt ihr gehabt? Worauf hast du persönlich hingearbeitet? Was wolltest du erreichen? 5. Wann bist du mit einem Projektergebnis zufrieden? 6. Was kannst du aufgrund des Projekts nun besser als vorher? 7. Was hat dir persönlich die Mitarbeit im Projekt gebracht? 8. Kannst du dir vorstellen, dass auch in den üblichen Unterrichtsfächern so gearbeitet wird wie im Projekt? Wie müsste/ sollte der Unterricht dort aussehen? 31