Aggressionstheorien, Teil 2

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Tabea Kellermann
Seminar: Prosoziales Verhalten und Aggression
Seminarleiter: Dr. Andreas Zick
WS 06/07
Menschliche Aggression
1.Definition von Aggression:
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„Aggression beim Menschen wird definiert als körperliches oder verbales Handeln,
das mit der Absicht ausgeführt wird, zu verletzten oder zu zerstören. Gewalt ist
Aggression in ihrer extremen und sozial nicht akzeptablen Form.“1
2. Angeborene Aggression:
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Theorie von Freud:
o Eros (Lebenstrieb)
Sorgt für die Energie für das Wachstum und Überleben
o Thanatos (Todestrieb)
strebt nach der Selbstzerstörung des Individuums
Annahmen von Freud:
 Thanatos wird nach außen in Gestalt der Aggression gegen andere umgelenkt
 Die Energie wird dafür stetig im Körper generiert
 Wenn diese Energie nicht in kleinen Mengen und auf sozial akzeptable Weise
abgegeben wird, wird sie so lange anwachsen bis sie „abläuft“.
o Möglichkeit für eine solche Ableitung kann die Katharsis (Reinigung) sein
o Dabei werden die Emotionen in ihrer vollen Intensität ausgedrückt: durch
weinen, Worte, symbolische Mittel oder direkte Handlungen.
o Katharsistheorie wird von Psychologen abgelehnt, da sie keine spezifischen
Faktoren angibt, welche vorherzusagen erlauben, ob Aggression auftreten und
in welche Richtung oder Form sie annehmen wird.
o Emotionales Herauslassen von aggressiven Gefühlen durch die Sprache lässt
die Aggression sinken, so denkt man, aber das Gegenteil ist der Fall: Durch das
darüber sprechen verstärkt sich die Aggression noch.
3. Der Aggressionstrieb:
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1
Konrad Lorenz stellte anhand von Tierbeobachtungen die Behauptung auf, dass die
Aggression eine spontane Bereitschaft zum Kampf sei, welche für das Überleben eines
Organismus entscheidend sei.
Im Tierreich kommt es selten zu Verletzungen, da sich einer von Beiden Rivalen
unterwerfen wird. Lorenz meint, dass beim Menschen diese aggressionshemmende
geblieben ist.
Andrey (1966) behauptet zusätzlich, dass die Aggression aus dem Territorialverhalten
entspringt.→ sog. Territorialer Imperativ, d.h. es ist ein angeborener Trieb,
Grundbesitz zu gewinnen und zu verteidigen.
Zimbardo: Psychologie, S. 425.
o Es gibt keine eindeutigen Beweise für diese Instinkttheorie:
Es zeigen nicht ale Arten Territorialverhalten
Reaktion von Tieren auf Beschwichtigung sehr unterschiedlich
4. Individuelle Unterschiede in der Aggressivität
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Es wurde sich in den letzten Jahren zunehmend damit beschäftigt ob Aggressivität
genetisch bedingt ist.
Wichtigste Methode besteht darin die Ähnlichkeit von Merkmalsausprägungen mit
dem Verwandschaftsgrad von Personen in Beziehung setzen.
o Dies wird in der Zwillingsforschung untersucht: Vergleich der Korrelationen
zwischen monozygoten Zwillingen (stimmen in 100% der Gene überein) mit
den Werten von dizygoten (50%-ige Übereinstimmung der Gene), bei
vergleichbaren Umweltbedingungen
o Höhere Korrelationen bei monozygoten Zwillingen → werden als Beweis für
die Wirksamkeit genetischer Einflüsse auf die fragliche Eigenschaft
genommen
o Neuere Belege fanden einen bedeutenden Beitrag genetischer Faktoren zur
Aggressivität wie auch zum Altruismus heraus.
o Indirekt können die Gene das Verhalten beeinflussen, da sie biologische
Programme (codes) zur Produktion bestimmter Proteine bereitstellen→ haben
direkten Einfluss auf das Verhalten, da sie im Gehirn und im Nervensystem
arbeiten
o Es ist wichtig die Einflüsse von Hormonen und Neurotransmittern auf die
Aggression zu untersuchen.
5. Physiologische Grundlagen der Aggression
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Hormone beeinflussen direkt das Verhalten von Tieren, beim Menschen ist dies eher
indirekt der Fall, da die Persönlichkeitsfaktoren noch hinzukommen.
Beziehung zwischen physiologischen Faktoren und Aggression beim Menschen
vielschichtiger als bei den meisten anderen Arten, da das Lernen sowie die Erfahrung
eine große Bedeutung bei der Steuerung und Kontrolle des Verhaltens.
„Die physiologische Regulation der Aggression beruht eindeutig auf einer komplexen
Interaktion neurochemischer und neuroendokriner Systeme.“2
Es gibt extreme Geschlechtsunterschiede in interpersonaler sowie selbstgerichteter
Aggressivität
o Einige postulieren eine biologische Prädisposition zur Gewalt→ verweisen auf
körpereigene Faktoren (z.B. männliche Hormone), welches die Männer zu
Gewalttätigkeit neigen lässt.3
o Andere meinen, bei der Entstehung von Aggression, spielt die Umwelt eine
gewisse Rolle gegenüber der Vererbung→ durch die besonderen
Anforderungen der Männer an den Lebensstil und die Geschlechterrolle seien
Männer in höherem Maß aggressiv.
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2
3
Experiment: Sexualhormone und Aggressivität
Zimbardo :Psychologie S.428, nach Whalen & Simon.
nach Herrnstein & Wilson, siehe Zimbardo: Psychologie, S.428.
„Die oftmals bestätigte größere Aggressivität des männlichen Geschlechts bei Mensch
und Tier scheint teilweise auf die frühe Wirkung von Sexualhormonen auf das Gehirn
zurückgehen. Weibliche Tiere zeigen, wenn man ihnen männliche Hormone injiziert,
oft ein erhöht aggressives Verhalten. Vor einigen Jahren wurde vielen Frauen
Progesteron verschrieben, um Fehlgeburten vorzubeugen. Es stellte sich heraus, dass
sowohl männliche als auch weibliche Kinder, die im Embryonalstadium geringe
Mengen dieses Hormons aufgenommen hatten, eine signifikant höhere Bereitschaft für
körperliche Aggression zeigten, als ihre Geschwister, die diese Behandlung nicht
erhalten hatten. (...) Etwa 10 Millionen der heute in den USA lebenden Menschen
haben während kritischer Perioden ihrer Entwicklung derartige Medikamente
erhalten.4
6. Die Frustrations- Aggressions- Hypothese
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Definition: Nach dieser Hypothese ist Aggression ein erworbener (kein angeborener)
Trieb, welcher als Reaktion auf Frustration entstanden ist. Dabei tritt Frustration auf,
wenn die Ausführung einer Zielaktion blockiert oder unterbrochen wird. Je größer die
angestaute (gegenwärtige und angesammelte) Frustration, desto stärker die daraus
resultierende aggressive Reaktion.
Revidierung der Frustrations- Aggressions- Hypothese dahingehend, dass jede
Frustration zwar eine Neigung zur Aggression hervorruft, dieses muss jedoch nicht
verursacht werden, wenn die Neigung zu schwach ist.
Zustimmung zu Freuds Theorie dahingehend, dass es zu einer Steigerung des
aggressiven Triebes kommt wenn dieser keinen Ausdruck findet. Vor allen Dingen
dann wenn die Frustration andauert.
Der Ursprung dieser Theorie liegt woanders: Ursprung im externen Faktoren, z.B.
Anhäufung frustrierender Situationen und eben nicht als angeborenen
Aggressionstrieb.
Der erste und stärkste Impuls bei einer auftretenden Frustration liegt in der Quelle.
Ziele fehlgeleiteter Aggressionen sind oft Minderheiten, Kinder sowie Frauen. →diese
Gruppen befinden sich in gefährdeten Positionen, da sie oftmals nicht zurückschlagen
und sich damit auch nicht wehren.
Je weniger das Ersatzziel der Quelle der Frustration ähnelt, desto schwächer fällt die
fehlgeleitete Aggression aus.→ Der Katharsis- Effekt fällt umso weniger vollständig
aus
Das Frustration zu Aggression führt, ist dann am Größten, wenn die Aggression bei
der Beeinflussung der Frustration einen instrumentellen Wert hat.
7. Aggression als provozierte Bereitschaft
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4
Berkowitz zweifelt die Frustrations- Aggressions- Hypothese an. Er nimmt eine
Interaktion zwischen den emotionalen Zuständen sowie Hinweisen aus der Umwelt an.
Er sagte, dass Frustration, ähnlich wie die vorausgegangene Verstärkung aggressiver
Handlungen, eine Bereitschaft zu aggressiven Handlungen schafft. Ob dies nun in eine
offene Aggression umgesetzt wird, ist noch von einem zweiten Faktor abhängig.
Nämlich von den Hinweisreizen aus der Umwelt, welche mit Aggression assoziiert
sind. (z.Bsp. das Vorhandensein einer Waffe, welcher mit der Emotion der Wut
gekoppelt wurde)
Zimbardo: Psychologie S.428, nach Reihnisch.
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Berkowitz geht davon aus, dass Aggression größtenteils nicht planbar und
vorhersagbar sei, sondern impulsiv als Reaktion auf provozierende Reize aus der
Umwelt ausbricht.
 Durch Bedingungen und Ereignisse in der Umwelt kann Aggression stimuliert werden,
die intensive sexuelle oder feindselige Emotionen anregen oder aggressive Elemente
enthalten
 Experiment: Eskalation bis zur offenen Gewalt
„Nur selten tritt interpersonale Aggression als die Gewalt eines Aggressors gegenüber
einem völlig passiven Partner auf. Typischerweise sind beide Personen in die
Eskalation verwickelt. Eine Analyse von 344 Verhaftungsprotokollen erbrachte, wenn
sich gewalttätige Zwischenfälle ereignet hatten, beide Parteien auf das reagierten, was
sie als Bedrohungen ihrer Integrität und ihres Selbstwertgefühles empfanden. Oft
begann die Auseinandersetzung mit der Bitte um Informationen seitens eines Beamten
oder mit der Aufforderung „weitergehen“, „aufhören“. In 60% der Episoden reagierte
der Zivilist negativ auf die amtliche Aufforderung und verweigerte die Kooperation.
Die Aufforderung wurde als unberechtigt oder unhöflich oder als Ausdruck
persönlicher Feindseligkeit aufgefasst. Der Polizeibeamte sah die Verweigerung der
Kooperation als irrational, respektlos und vielleicht als Verdecken krimineller
Aktivitäten. Eine Kette von Ereignissen wurde so in Gang gebracht, wobei beide
Parteien zur Eskalation bis zur offenen Gewalt beitrugen. 5
8. Sozial gelernte Aggression
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Albert Bandura ist der führende Vertreter dieser Auffassung von der sozial erlernten
Grundlage menschlicher Aggression.
8.1 Erlernte und antizipierte Konsequenzen
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Jede Art von aversiven Erfahrungen (nicht nur Aggression) führt ganz allgemein zu
einem Zustand emotionaler Erregung. Und abhängig von der Lerngeschichte eines
Individuums kann diese Erregung zu einer Reihe von unterschiedlichen
Verhaltensweisen führen. D.h. Menschen, deren Aggressionen in der Vergangenheit
belohnt worden sind, werden sich zurückziehen, um Hilfe bitten oder sich um
konstruktives Problemlösen bemühen; andere werden aggressiv reagieren, je nachdem,
was sich in der Vergangenheit für sie bewährt hat.
Allerdings kann Aggression auch unter Abwesenheit emotionaler Erregung auftreten
und zwar dann, wenn eine Person das Gefühl hat, dass so ein erwünschtes Ziel erreicht
werden kann (z.Bsp. wenn ein älteres Geschwisterkind das jüngere haut, um an das
Spielzeug zu kommen).
8.2 Modelle und Normen
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5
Aggression kann man ebenfalls lernen, indem man andere beobachtet, die sich
aggressiv verhalten (z.Bsp. das „Bodo“ –Experiment)
Es kann auch die soziale Gruppe sowie das weitere kulturelle Umfeld können
gewalttätiges Verhalten ermutigen.
Gruppendruck, Alkohol oder andere Drogen können sich in ähnlicher Weise indirekt
auf sie Aggression auswirken, wie die folgende Untersuchung zeigt:
Zimbardo: Psychologie, S.430, nach Toch.
o Aggression unter Drogen
„In dieser Untersuchung an amerikanischen Studenten bestand der aggressive
Akt in Schocks, die im Rahmen eines Wettbewerbs einem Partner zu
verabreichen waren. Die Analyse im Vergleich zu Marihuana und Aggression
erbrachte, dass beide Substanzen entgegengesetzte Wirkungen hatten. Als die
Alkoholdosierung gesteigert wurde, stieg das Ausmaß aggressiver Handlungen
auf mehr als das zweifache. Im Gegensatz dazu senkten höhere Marihuana –
Dosen die Schocks, die der anderen Person verabreicht wurden.“6
8.3 Verringert Katharsis die Aggression?
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Die soziale Lerntheorie stellt eine entgegengesetzt Prognose zur Freudschen
Vorhersage über Katharsis und Aggression: Die Beobachtung von Aggression oder
der Ausdruck aggressiver Impulse bei anderen wird die Wahrscheinlichkeit
künftiger Aggressionen erhöhen.
Soziale Lerntheorie wird durch Untersuchungen bestätigt, welche eine Zunahme
der Aggression nach der Beobachtung aggressiver Modelle zeigen. Dazu wurde
zusätzlich gezeigt, dass die Gelegenheit, aggressiven Gefühlen in einer
pessimistischen Umgebung Ausdruck zu verleihen, diese Gefühle auf ihrem
ursprünglichen Niveau hält, anstatt sie zu verringern.
Dieser Befund scheint dem gesunden Menschenverstand zu wiedersprechen,
welcher ja besagt, dass es gut tut, „Dampf abzulassen“ sowie „alles rauszulassen“.
Dies ist jedoch kein Wiederspruch, wenn man eine Entscheidung macht zwischen
dem Ausdrücken von Gefühlen einerseits und aggressivem Handeln oder der
Beobachtung aggressiven Handelns andererseits.
o Wenn wir unseren Gefühlen Ausdruck verleihen, indem wir weinen,
lachen, mit anderen sprechen, etc., fühlen wir uns besser oder unsere Angst
wird gelindert.
o Unsere Neigung zur Aggression wird wahrscheinlich nicht reduziert, durch
das Ausüben von Aggression gegen unsere Gegner, verbal oder in offener
Handlung.
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Das Bedürfnis nach körperlicher Aggression gegen andere kann man senken, wenn
man lernt sich, im Konfliktfall, verbal auszudrücken.
Zimbardo: S. 431, nach Taylor, Vardaris, Rawtich, Gammon, Cranston & Lubetkin.
Literaturverzeichnis:
Zimbardo,P.G.: Psychologie, 6.Auflage, Berlin/Heidelberg 1995.
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