LE CHATEAU DES SINGES Titel Deutschland: Kwom und der König der Affen Regie : Jean-François Laguionie Buch : Jean-François Laguionie, Norman Hudis Kinostart in Frankreich: 1999 Kinostart in Deutschland: 2003 Länge: 76 Minuten Französische Stimmen: Tara Römer, Nadia Farès, Pierre Arditi, Jean Piat, Michael Lonsdale, Patrick Préjean u.a. Musik : Alexandre Desplat Genre : Zeichentrickfilm Produktion : La Fabrique, Les Films du Triangle, Steve Walsh Productions, Cologne Cartoon Film und Medienproduktion GmbH Produzent: Patrick Moine, Steve Walsh, Gerd Hecker Kinoverleih: MFA Auszeichnungen: Hollywood Discovery Award (2000) Synopsis Vor langer Zeit lebten die Affen friedlich in der Savanne, bis eine Naturkatastrophe sie in zwei Stämme spaltete. Die Woonkos entkamen dem Hochwasser, in dem sie auf Urwaldbäume kletterten, die Lankoos dagegen fanden Zuflucht zwischen gigantischen Felsmassen. Die Zeit verging und die beiden Affenvölker entwickelten sich auseinander, sie wurden einander fremd und feindlich. Auch der junge Wonkoos-Affe Kwom weiß kaum noch etwas über die geheimnisvolle Welt der Lankoos, die nach Art der Menschen auf der Erde leben und vor denen sich alle Wonkoos fürchten. Eines Tages stürzt Kwom bei einem tollkühnen Sprung hinab ins Reich der Laankos. Die folgende abenteuerliche Entdeckungsreise führt ihn zum mythenumrankten Schloss der Affen, wo der Herrscher der Lankoos residiert und sich als Erfinder betätigt. Dieser rettet Kwom vor seinen Landsleuten, die den ‚Wilden’ töten wollen und ernennt ihn zu seinem Hofnarren. Mit Hilfe der hübschen Zofe Gina und dem alten Gelehrten Flavius entdeckt Kwom die Sitten der Laankos. Aber dem Königreich droht Gefahr: der Großkämmerer Serignole intrigiert, um an die Macht zu kommen und vergiftet systematisch die Tochter des Königs... Nach zahlreichen Verwicklungen gelingt es Kwom Serignoles Pläne zu durchkreuzen und beide Affen-Völker wieder zu versöhnen. Eine märchenhafte Komödie über Erwachsenwerden, Intoleranz, Machtmissbrauch und Aberglauben. Der Regisseur Der 1939 in Besancon geborene François Laguionie arbeitet zunächst als Ausstatter für Theater und Schattenspiele. Mit dem von Paul Grimault produzierten musikalischen Traumgedicht La Demoiselle et le Violoncelliste gewinnt er den Grand Prix der internationalen Animationsfestspiele in Annency. 1978 erhält Laguionie für seine Kurzfilme die Palme d’Or in Cannes und für das Märchen La traversée de l’Atlantique à la rame den Grand Prix in Ottawa. 1984 dreht er seinen ersten langen Zeichentrickfilm Gwen, le livre des sables. Le château des singes entsteht 1999. Er ist das erfolgreiche Ergebnis einer europäischen Zusammenarbeit: 1 Laguionie, dessen Produktionsfirma La Fabrique internationales Ansehen genießt, tat sich für die aufwändige Produktion, an der mehrere hundert Animationskünstler mitwirkten, u.a. mit dem Kölner Produzenten Jürgen Engelhof (Cologne Cartoon) zusammen. Die beiden hatten 1989 bereits gemeinsam die erste europäische Trickfilmgruppe EVA gegründet. Pressestimmen Première ... zwischen Dschungelfilm und Shakespeare-Drama. Les Inrockuptibles Endlich ein Zeichentrickfilm, der Anspruch und Unterhaltung verbindet... DisneyDreamWorks erzittert! Studio Die Handlung – zwischen philosophischer Fabel à la Voltaire und reiner Unterhaltung angesiedelt – ist für alle jene zugänglich, die nicht vergessen haben, dass man sich über Menschen am besten anhand von Tieren lustig macht. Aber anders als La Fontaine ist Laguionie kein Moralist und er versteht es wie die Engländer, Musiknummern, Verfolgungsjagden und eine gute Dosis Humor zu mischen. Ein Cocktail der den Kleinen wie den Großen munden wird. NRZ In Zeiten der dreidimensionalen Digitaltechnik erscheint Kwom und der König der Affen wie eine nostalgische Rückbesinnung an die guten, alten Trickfilmzeiten, als alles noch handgemacht war. Hamburger Abendblatt Es sind die gewohnten Kinderfilm-Zutaten: Ein frecher Held, eine Geschichte um Freundschaft und Toleranz und ein Abenteuer, das sein Leben verändert. Und dennoch hebt Jean-François Laguionies Zeichentrickfilm sich von der Massenware ab. Es sind die aquarellierten Hintergründe, die unscharfen Umrissen und die verwischten Übergänge, die ihm eine ganz eigene märchenhafte Stimmung verleihen. Die Welt Die Zeichner schufen kantige Figuren und blumige, leicht verwaschen wirkende Bilder in zarten Pastelltönen, die sich von den quietschbunten Disney-Werken mit ihren runden Helden abgrenzen und eine komplexe liebevolle Geschichte um Vorurteile, Toleranz und Eitelkeit erzählen. Hamburger Morgenpost Romeo und Julia räumen charmant mit Vorurteilen auf und sorgen für Frieden im Affenwald. 2 FAIS-MOI DES VACANCES Regie: Didier Bivel Buch : Didier Bivel, Djamila Djabri, Philippe Lasry, Marc Syrigas Kinostart in Frankreich: 2002 Länge: 86 Minuten Darsteller: Aymen Saidi, Ibrahim Koma, Nabil El Bouhairi, Hiam Abbass, Bernard Blancan, Marie-Philomène Nga, Rochelle Redfield, Makan Fofana, Hawa Yakaré Sissoko Musik: Martin Wheeler Genre: Komödie Produktion : Sunday Morning Productions Produzenten: Bertrand Gore Kinoverleih: Mars Films / Flach Pyramide International Auszeichnungen: Preis für den besten Film, Publikumpreis und Preis Ciné-Cinémas beim Festival Saint-Jean-de-Luz Synopsis Eine Hochhaussiedlung in der Pariser Vorstadt. Lucien und Adama, beide zehn Jahre alt, langweilen sich dort zu Tode. Sie haben nicht einmal einen Ball, um Fußball zu spielen. Wenn sie etwas erleben wollen, gehen sie in den Supermarkt – keine besonders spannende Reise! Obendrein müssen sie jeden Tag zusehen, wie ihre Nachbarn voller Vorfreude in den Urlaub fahren. Auch sie möchten weg! Es fehlt zwar das Geld aber an tollen Einfällen mangelt es ihnen nicht! Lucien und Adama beschließen, Urlaub zu machen, koste es was es wolle... Sie verstecken sich im Wohnwagen eines Nachbarn. Alles läuft wie nach Plan… bis sie in einem FKKZentrum landen. Eine böse Überraschung! Sie machen sich erneut auf den Weg, aber bald haben sie nichts mehr zu essen und müssen in den Wäldern übernachten. Fast sind sie bereit, nach Hause zurückzukehren. Da begegnet ihnen eine englische Touristin, die sie einlädt ihr Schwimmbecken zu nutzen. Kurz darauf richten sie es sich heimlich in einer Villa ein – bis die Besitzer zurückkehren. Der Regisseur Fais-moi des vacances ist Didier Bivels erster Kinospielfilm. Zuvor hat er die vier Kurzfilme Bas de plafond, Comme les autres, La nuit des corps und Juliette gedreht sowie den Fernsehfilm Maman a seize ans. 3 Auszüge aus einem Interview mit Didier Bivel Was wussten Sie von dem Leben in den Vororten? Wenig, außer vielleicht, dass ich dort achtzehn Jahre lang wohnte. Das Leben in den Hochhaussiedlungen ist genauso wie das Leben in den Häusern von Paris. Man isst zur selben Zeit! Man hat dieselben Wünsche und Bedürfnisse. Man findet dort tausend völlig verschiedene Schicksale und Geschichten. Natürlich ist das Umfeld ein anderes, aber das liegt daran, dass man weniger Geld hat. Fais-moi des vacances ist kein Film über die Pariser Vororte. Es ist vielmehr ein Film über das Erwachsenwerden in einem armen Milieu. Sind alle Schauspieler Profis? Nein, es gibt eine Mischung. Ich hatte das schon in meinen Kurzfilmen getestet und ich finde es interessant, mit Schauspielern und Laien zu arbeiten. Die Schauspieler brauchen Zeit und Material, um mit ihrer Rolle vertraut zu werden. Aber es ist wichtig, dass sie diese Zeit vor dem Drehen haben. Und darauf haben mich komischerweise die Nicht-Schauspieler aufmerksam gemacht. Sie werden auswählt als das, was sie sind, und sie akzeptieren ‚das Spiel zu spielen’, sie machen das auf eine spontane und natürliche Art. Wenn gedreht wird, sind sie bereit. Die Schauspieler müssen es auch sein. Die Arbeit konzentriert sich dann darauf, wie die Emotionen vermittelt werden. Wo haben Sie Ibrahim Koma und Aymen Saidi gefunden? Das Buch war lange fertig, bevor wir begonnen haben, die beiden Kinder zu suchen. Das Casting dauerte lange. Wir begannen mit den Agenturen, dann den Schulen, den Schauspielkursen, der Straße… Dort haben wir sie schließlich auch gefunden. Die Schwierigkeit bestand darin, dass die beiden sich gut verstehen mussten. Wir haben improvisiert und zu meiner großen Überraschung haben sie sich sehr schnell gegenseitig gratuliert. Jeder versuchte, den anderen zu beeindrucken. Der Film erinnert manchmal an L’été de Kikujiro... Welche Filme, welche Filmemacher, haben Sie inspiriert? Das ist richtig, das ist ein Film, der mir im Gedächtnis geblieben ist. ... Ich mag Takeshi Kitano gern, weil es ihm gelingt in einer Vielfalt an Genres spazieren zu gehen, der Komödie, der Gewalt, der Emotion, der Poesie. Das ist jemand, der eine wirklich einzigartige Arbeit macht. Ich mag auch sehr gern Stephen Frears und diese ganze Strömung des zugleich realistischen und sehr komischen englischen Films, wie z.B. The snapper.... Unter französischen Regisseuren gibt es einen, den ich sehr schätze, es ist Jacques Audiard, der Filme macht, die hart aber sehr schön sind. Pressestimmen Le Monde Didier Bivel filmt die alltägliche Not mit großer Genauigkeit. Fais-moi des vacances ist ein ermutigendes Spielfilmdebüt. Studio Der Reiz dieses Films besteht in der natürlichen Art der kleinen Schauspieler. … Didier Bivel ist es gelungen, den richtigen Ton zu finden, indem er die Ernsthaftigkeit des Themas „Kindheit in einem armen Milieu“ überwindet und zu einer größeren Leichtigkeit gelangt. … Eine optimistische und berührende Komödie. 4 SWING Titel Deutschland: Swing Regie: Tony Gatlif Buch: Tony Gatlif Kinostart in Frankreich: 2002 Kinostart in Deutschland: 2002 Länge: 90 Minuten Darsteller: Oscar Copp, Lou Rech, Tchavolo Schmitt, Mandino Reinhardt, Abdellatif Chaarani, Fabiène Mai, Ben Zimet, Hélène Mershtein, Colette Lepage u.a. Musik: Mandino Reinhardt, Tchavolo Schmitt, Abdellatif Chaarani, Tony Gatlif Genre: Musikfilm Produktion: Princes Films Kinoverleih: Arsenal Filmverleih GmbH Auszeichnungen: Offizielle Auswahl der Berlinale (2002) Synopsis Der zehnjährige Max verbringt seine Ferien bei seiner Großmutter im Elsass, während seine Mutter durch die Welt reist. Er ist ein großer Fan von Django Reinhardt, dem Begründer des Swing ‚manouche’* dem Jazz der 'Zigeuner'. Als er den Straßburger Swing-Meister Miraldo in einer Bar spiele hört, wird es sein sehnlichster Wunsch, bei ihm Unterricht zu nehmen. Max kauft sich im Sinti- und Roma-Viertel eine alte Gitarre und sucht Miraldo auf. Durch den Gitarrenunterrichten bei Miraldo lernt Max nicht nur die Musik der Manusch, sondern auch ihre Kultur kennen und lieben. Er begegnet dem Mädchen Swing, die ihn durch ihr Selbstvertrauen, ihren Freiheitssinn und Charme in den Bann zieht. In den beiden Kinder begegnen sich zwei Kulturen. *’manouche’ (dt. Manusch) bedeutet ‚Mensch’. So bezeichnen sich die Sinti und Roma selbst, um sich von dem Namen ‚Zigeuner’ zu distanzieren, der von den Nationalsozialisten missbraucht wurde . Der Regisseur Tony Gatlif wird 1948 in Algier geboren. Seit Anfang der 60er Jahre lebt er in Frankreich, zunächst als Straßenkind zwischen Jugendkriminalität und Erziehungsanstalten. Aber das Kino fasziniert ihn. Er trifft Michel Simon, der ihm hilft, einen Schauspielkurs zu besuchen. Nach seinem erstem Drehbuch zu La Rage au poing von Eric le Hung, wendet er sich 1975 mit La Tête en ruine der Regie zu. 1978 dreht er einen Film La Terre au ventre über den Algerienkrieg und 1981 macht er seinen ersten Film Corre Gitano über die Manusch. Mit Les Princes über die Manusch der Pariser Vororte gelingt Tony Gatlif der Durchbruch. Es folgen zahlreiche Filme, die meist Außenseiterfiguren darstellen (Rue du Départ, Pleure-pas my Love, Gaspard et Robinson, Mondo, Je suis né d’une cigogne). Seine Filme Corre Gitano, Latcho Drom, Gadjo Dilo, Vengo und Swing sind eine Hommage an die Kultur der Manusch. In den letzten beiden spielt Musik eine zentrale Rolle: Vengo ist dem andalusischen Flamenco gewidmet und Swing dem Jazz Manusch. 5 Auszüge aus einem Interview mit Tony Gatlif Nach Vengo, einer Rachegeschichte, treten Sie mit Swing ein in das Universum der Kindheit und der ersten Liebesaufregungen Ich wollte ein Kind zeigen, das noch einen ungetrübten Blick hat, ohne ständige Vernunftbeweise oder Vorurteile, und das einer Welt gegenüber steht, die es nicht kennt... Max besucht die Sinti und Roma und findet bei ihnen eine Gitarre. Die Musik ist die Verbindung. Max wird in eine Lebensart eingeweiht, die sich von seiner sehr unterscheidet. Die Begegnung der beiden Kinder ist die Begegnung zweier Welten, zweier Erziehungsweisen und zweier Träume ... Es ist die Kultur des Schriftlichen und die des Mündlichen. Max empfindet das Bedürfnis, seine Erinnerungen aufzuschreiben. Für Swing bedeutet Schreiben gar nichts, sie kann noch nicht einmal lesen. Die Nazis haben diese Kultur der mündlichen Überlieferung der Sinti und Roma teilweise vernichtet. Andalusien inspirierte Vengo, für Gadjo Dilo filmen Sie in einem Dorf in der Nähe von Bukarest. Diesmal spielt der Film inmitten sesshaft gewordener französischer Manusch Wir drehten mitten im Neuhofviertel und der Siedlung Cité des Aviateurs. Es ist ein besonderes Viertel von Straßburg, dort wohnt Tchavolo Schmitt. Ich hatte große Lust, einen Film mit ihm zu drehen. ... Für die Manusch ist Tchavolo Schmitt so etwas wie Tomatito für die Sinti und Roma Andalusiens. Der eine ist auf der ganzen Welt bekannt, der andere bevorzugt, in einem Übergangswohnheim in der Gegend von Straßburg zu bleiben. Ich habe ihn also in seinem eigenen Haus gefilmt. Er hat kein Auto und verdient sein Geld, indem er in Bars spielt. Die Überlieferung der Zigeunerkultur ist allgegenwärtig im Film. Es gibt eine schöne Szene, in der Miraldo (Tchavolo) Max erzählt, wie seine eigenen Kinder sich kaum für den Swing ‚manouche’ interessieren… Als wir mit Mandino und Tchavolo zusammengetroffen sind, haben sie gesagt: „unsere Kinder interessieren sich für unsere Vergangenheit nicht mehr, sie sagen, es sei überholt, und wenn wir Musik spielen, hören sie einem oder zwei Stücken zu, und dann gehen sie fort…“. Das ist schmerzhaft, es bedeutet, dass die Nazis, die die Zigeuner vernichteten, gesiegt haben; dass die Überlieferung aufhört. Wenn es keine Überlieferung mehr gibt, dann ist auch die Kultur verschwunden, besonders wenn es sich um eine mündliche Kultur handelt. ... Ich übe keine Kritik, so ist die Realität, und wenn Sie nach Straßburg gehen, dann können Sie das feststellen. Aber ich denke, dass die internationale Gesellschaft diesem Volk seine Kultur und seine Musik geraubt hat. Man sollte die Leute nicht zur Sesshaftigkeit zwingen. Das ist so, als würden Sie Wasser in einen Teich geben und es Jahrhunderte lang dort lassen: es versumpft, es entsteht nichts mehr. Die Manusch müssen in Hochhaussiedlungen wohnen, ohne Arbeit, ohne Zukunft, ohne Bildung. Ich will nicht, dass die Manusch wieder mit ihren Wohnwagen fahren, aber ihre Kultur beruhte auf dieser Lebensweise. Eine ganze Tradition wurde so zunichte gemacht. Ich habe diesen Film vor allem für die Manusch gedreht, damit sie diese sehen können, und damit sich die Kinder Fragen stellen. 6 Sie filmen die Lebensfreude der Feier, aber sie widmen eine Sequenz auch dem Völkermord an den Sinti und Roma Das ist ein schwieriges Thema. Die wenigen Sinti und Roma, die überlebt haben, zögern oder vermeiden noch darüber zu sprechen. Ich habe eine Frau gesucht, die einverstanden war, über ihre Deportation zu sprechen und habe Hélène Mershtein gefunden. Ich habe in dieser Sequenz jeden Ansatz einer Inszenierung vermieden. Die Kamera stand einfach da und ich ließ Hélène Mershtein absolute Freiheit, ihre Geschichte zu erzählen. Wie würden Sie den Swing Manusch beschreiben? Der Swing Manusch ist eine schwebende Musik, eine Musik der Weite: Tchavolos Hand, die auf dem Gitarrenarm auf und ab läuft, ist wie ein Vogel, der sich erhebt. Diese Musik, die mit Leiden und Wut gefüllt sein sollte, ist von mitteilsamer Freude. Man findet Sehnsucht, aber keine Ernsthaftigkeit. Es ist keine hübsche Musik, aber sie ist schön, fröhlich und frei, wie die kleine Swing auch... Es ist eine Musik, die vom Herzen und von den Ohren kommt, sie traut sich zu Noten, die sich ein ausgebildeter Musiker nicht ausdenken könnte. Tchavolo ist der Erbe von Django Reinhardt, der Erbe seiner Musik. Er besitzt die Freiheit, die Arroganz des Nichtwissens. Wie haben Sie die Musiksequenzen gedreht? Man hat den Eindruck, im Wohnwagen selbst und von den Musikern und den Tänzerinnen umgeben zu sein. Haben Sie improvisiert? Im Gegenteil: Der Wohnwagen war so eng, dass wir uns sorgfältig vorbereiten mussten. Wir haben jede Kamerabewegung präzise festgelegt, um im richtigen Moment im Rhythmus und mit der richtigen Brennweite auf jedem der Musiker zu sein. Als ich dem Tonmeister Régis Leroux und dem Kameramann Claude Garnier erklärte, dass wir 20 Musiker in einem Wohnwagen filmen würden, hat mich Claude gefragt: "Und wo soll die Kamera stehen?" Ich antwortete: "Überall." Sie haben zwei ‚César’ für die Musik in Gadjo Dilo und Vengo bekommen. Stört es Sie, dass die Filmbranche Sie eher als Musiker, der Filme macht, denn als Filmemacher betrachtet? Könnten Sie sich vorstellen, dass Sie eines Tages einen Film ohne Musik drehen? ... dass ich einen Film ohne Musik mache, darauf können Sie ewig warten. Ich glaube, dass am Anfang die Musik steht. Es gibt kein Volk ohne Musik, auch im Dschungel nicht. Ein Volk, dass seine Musik verliert, ist ein gefühlskaltes Volk. Ich spreche hier für die Franzosen, die bald keine Musiker mehr sind. Wenn zwanzig Leute in Frankreich zusammen feiern und einer sagt „na, lasst uns singen», kann niemand singen, oder sie singen falsch. Das finde ich nicht normal. Denken Sie an die Spanier oder die Kubaner: sie klatschen, sie kennen die Rhythmen und die Lieder ihres Lands. Das ist ein Warnsignal, es ist sehr schlimm. In Frankreich ist das Sprechen viel wichtiger, darin sind die Franzosen den Spaniern überlegen. … Vielleicht wiegt es den Verlust auf, ich ziehe aber die Lieder vor… 7 Pressestimmen Libération, 20.03.2002 Swing ist ein Film über musikalischen Rausch, aber auch ein Blues, der der verschwundenen Freiheit nachtrauert und das Leid der Ausgestoßenen, die tragischen Geschichte der Zigeuner beklagt... Studio Erneut wird man sie schätzen, die Menschlichkeit, die Zärtlichkeit, die Wärme und die Kraft, mit der der Regisseur von einer aussterbenden Kultur Zeugnis ablegt, deren bewegendstes und einzigartigstes Symbol die Musik ist. Le Figaro Sehr schöne poetische Momente, in denen man den Charme Gatlifs wiederfindet, glühend und rein. Ciné Libre Swing ist von großer Poesie, hinter der sich der tiefere Sinn der Humanität verbirgt ... DPA Zarte Liebe und kraftvolle Musik. Neue Zürcher Zeitung Der Swing „manouche“ strukturiert, gewissermaßen als Pulsschlag, diesen Film, er entsteht aus dem Nichts, hängt ständig in der Luft. Der Maschenzaun wird zu Musik, das Hundegebell zu Rhythmus, ein Fest im Wohnwagen wird zur atemberaubenden Party. Der Schnitt Vielmehr spielt die Musik, im speziellen der 'Jazz manouche', die eigentliche Hauptrolle. Die Gitarrenklänge der Roma und Sinti, deren Kultur Gatlif sich schon in früheren Filmen...annahm, erfüllen gleich mehrere Funktionen: An erster Stelle sind sie Identifikationsstifter für eine porträtierte Minderheit. Die Musik wird aber auch zu einer allgemeinen Metapher für eine unbeschwerte Freiheit, die die 'Zigeuner' als sesshaft gewordene Nomade längst nicht mehr besitzen...Und zuletzt wird der ‚Jazz manouche' zum Bindeglied zwischen zwei Kulturen. 8 MON PERE, CE HEROS. Titel Deutschland: Mein Vater, der Held Regie: Gérard Lauzier Buch: Gérard Lauzier Kinostart in Frankreich: 1991 Länge : 103 Minuten Darsteller : Gérard Depardieu, Marie Gillain, Patrick Mille, Catherine Jacob, Charlotte de Turckheim, Eric Berger, Jean-François Rangasamy, Yan Brian u.a. Musik: François Bernheim Genre: Komödie Produktion : Film Par Film, D.D.Production, Orly Films, Paravision International, TF1 Films Production Produzenten : Jean-Louis Livi Kinoverleih : Roissy Films Auszeichnungen: Marie Gillain wurde 1992 als bestes weibliches Nachwuchstalent für den Oscar nominiert Synopsis André und seine fünfzehnjährige Tochter Véronique machen auf der Insel Mauritius Urlaub. Wie jedes Jahr sind die gemeinsamen Ferien für den geschiedenen Vater die einzige Möglichkeit, seine Tochter wiederzusehen. Diesmal aber muss André sich der Tatsache stellen, dass Véronique kein Kind mehr ist: sie schminkt sich, zieht sich aufreizend an und wird von Männern umschwärmt. Am Strand begegnet Véronique dem jungen Benjamin. Ihm macht sie weis, André sei ihr Liebhaber, der sich für ihren Vater ausgebe, da sie eine minderjährige Ausreißerin sei. Außerdem sei André ein Geheimagent mit falschem Ausweis. Benjamin wird eifersüchtig und beschließt, Véronique von André zu befreien. André seinerseits versucht, mit Isabelle ein neues Leben zu beginnen. Als Véronique ihm ihre Lügen beichtet und ihn bittet, den Schein zu wahren, willigt er zögernd ein. Der Regisseur Gérard Lauzier wird 1932 in Marseille geboren. Nach dem Studium der Philosophie und Architektur, ist er zunächst Karikaturist und Comiczeichner. Sein Kinodebüt hat er als Drehbuchautor von Je vais craquer (François Leterrier). Der Film ist eine Adaptation seines Comics La course du rat. 1980 dreht er seinen ersten Langspielfilm T'empêches tout le monde de dormir. Danach die Filme P'tit con (1983) und La tête dans le sac (1984), in denen er das Universum seiner satirischen Skizzen verfilmt. Die romantische Komödie Mon père, ce héros mit Gérard Depardieu verhilft ihm 1991 zum Durchbruch. 9 Auszüge aus einem Interview mit Gérard Lauzier Wurde die Geschichte von Mon père, ce héros von eigenen Erfahrungen inspiriert? Ja natürlich, ich habe mich von der Beziehung zu meiner Tochter inspirieren lassen, um diese Geschichte über die ‚Komplizenschaft’ der Generationen zu schreiben. Und besonders über den etwas traurigen Moment, wenn ein junges Mädchen zur Frau wird, indem sie ihre erste Liebe erlebt. Wenn ein Mädchen verliebt ist, fühlt sich der Vater garantiert wie enteignet, das ist nicht dramatisch, aber er entwickelt eben etwas Eifersucht. Das ist auch das Alter, in dem die Jugendlichen sich dafür schämen, jung zu sein, und deshalb extravagante Geschichten erfinden. Meine Tochter ist da auch nicht drum herum gekommen. Die junge Heldin erfindet für ihren Vater eine romanhafte Vergangenheit. Aus welchem Grund? In diesem Alter – das glaube ich zumindest –, wünschen sich die Mädchen den Vater, den sie nicht gehabt haben. Und was dieser Generation fehlt, ist das Abenteuer ...Es gibt einen Mangel an Vorbildern. Wahrscheinlich lügen die Jugendlichen deshalb manchmal, um auf diese Weise das Leben interessanter zu machen. Ich habe keine soziologische Studie machen wollen, ich habe mich einfach nur von dem inspirieren lassen, was ich dank meiner Tochter kenne. Auszüge aus einem Interview mit Gérard Depardieu Was hat Ihnen bei der Lektüre des Drehbuchs von Mon père, ce héros gefallen? Zuerst hat mir gefallen, dass es um eine väterliche Figur geht. Ob er wirklich ein Held ist, weiß man nicht… Und ich habe auch die Geschichte schön gefunden, die von einem Mann erzählt, der nicht genau weiß, wer seine Tochter ist. Mit zwanzig Jahren wurde ich Vater, mit vierzig finde ich neben mir einen Mann, meinen Sohn Guillaume, und eine junge Frau, meine Tochter Julie, das zwingt einen, die Dinge anders zu betrachten. Ist ihrer Meinung nach das Hauptthema des Films das Leid eines Vaters, der zusieht, wie seine Tochter aufwächst und wie sie sich von ihm entfernt? Nein, es ist das Leid, sich selbst fortgehen zu sehen. Pressestimmen Le Monde … eine schöne psychologische Beobachtung väterlicher Sorgen. … Gérard Depardieu, der agile Koloss, versteht es, sein Gefühlsleben natürlich und wahrhaftig darzustellen. Ihm gegenüber Marie Gillain, die, eher von ihren Gefühlen als von ihrem Körper irritiert, mit dem Spiel ihrer Phantasie der Liebe zu ihrem Vater Ausdruck verleiht, den sie sich aufregender wünscht als er ist. Es ist ein Film ‚à deux’, ein Film über einen Vater und eine Tochter, die Komplizen werden, bevor sie sich trennen - mit einer Prise Traurigkeit und Zärtlichkeit. 10 LA GRANDE VADROUILLE Regie : Gérard Oury Buch: Gérard Oury Kinostart in Frankreich: 1966 Länge: 122 Minuten Darsteller: Bourvil, Louis de Funès, Terry-Thomas, Mike Marshall, Claudio Brook, Marie Dubois, Benno Sterzenbach, Pierre Bertin, Andrea Parisy Musik: Georges Auric Genre: Komödie Produktion : Les Films Corona Kinoverleih: Valoria Films Auszeichnungen: Goldene Leinwand (1977) Synopsis Paris 1942. Ein englisches Flugzeug wird über der Stadt abgeschossen. Am Bord drei Flieger, die noch rechtzeitig abspringen: Peter Cunningham landet vor der deutschen Militärkommandantur im Baugerüst von Augustin Bouvet. Alan Mac Intosh rettet sich auf das Dach der Pariser Oper, während einer Generalprobe des Dirigenten Stanislas Lefort. Und Sir Reginald springt in das Seehundbecken des Zoos. Während die Gestapo sich auf die Suche nach den drei Flüchtlingen macht, beschließen Augustin und Stanislas, den Engländern zu helfen. Sie treffen Sir Reginald im türkischen Dampfbad, wo sich die drei Engländer verabredet haben. Sir Reginald erklärt den beiden Franzosen seinen Plan: Er will mit den anderen beiden Fliegern die freie Zone zu erreichen. Währenddessen entdecken die Deutschen den Fallschirm in Stanislas’ Loge. Dieser sieht sich gezwungen, die Flucht zu ergreifen. Augustin und Stanislas beschließen, die drei Engländer bis nach Burgund zu begleiten. Um inkognito zu reisen, ziehen sie deutsche Uniformen an. Es folgen zahlreiche Abenteuer, bis alle fünf im Krankenhaus von Beaunes bei Schwester Marie-Odile Zuflucht finden. Der Regisseur Gérard Oury wird in einer Künstlerfamilie geboren. Mit siebzehn Jahren besucht er einen Schauspielkurs. Er dreht zuerst drei Krimis: La main chaude (1959), La menace (1960) und Le crime ne paie pas (1961). Während der Dreharbeiten von Le crime ne paie pas begegnet ihm ein damals noch unbekannter Schauspieler, der zu ihm sagt: „Du bist für komische Filme bestimmt, und du wirst dich erst dann wirklich finden, wenn du diese Wahrheit akzeptierst.“ Mit diesem Schauspieler, namens Louis de Funès, macht Oury daraufhin die meisten seiner Filme. Seine Spezialität ist es, heikle Themen mit viel Humor anzugehen. 11 Die Schauspieler Louis de Funès Bevor Louis de Funès in den sechziger Jahren zum beliebtesten französischen Kinostar wird, hat er lange in Varieté und Kabarett gespielt. Im Kino übernahm er zunächst komische Nebenrollen. Als ihn der Film Pouic-Pouic von Jean Girault 1963 zum Star macht, hat er schon in 112 Filmen gedreht. Seine plötzliche Beliebtheit wächst mit Le gendarme de Saint-Tropez und vor allem mit Le corniaud (1964) und La grande vadrouille (1966) von Gérard Oury, in denen er neben Bourvil spielt. Seine Figur des kleinen, leicht reizbaren Mannes, seine übertriebene Mimik, seine Grimassen gefallen dem Publikum, und bleiben ebenso unvergeßlich wie unnachahmlich. Mit Oury macht er noch zwei weitere erfolgreiche und ergötzliche Filme: La folie des grandeurs (1971) und Les aventures de Rabbi Jacob (1973). Bourvil Heutzutage ist Bourvil vor allem als Filmschauspieler bekannt. Seine Künstlerkarriere beginnt er als Sänger. Bereits mit zehn Jahren tritt er mit lustigen Liedern zu Schulfesten auf. Zu seinem Unterhaltungstalent gesellt sich seine musikalische Begabung: er lernt Akkordeon und Ventilkornett spielen. Als er zwanzig Jahre alt ist, spielt er in seinem Regiment Trompete. Nach dem Militärdienst wird er – um seinen Lebensunterhalt zu verdienen – Bäcker, später Klempner. 1946 nimmt er im Kabarett seine Sängerkarriere wieder auf und lässt von Pathé eine Schallplatte pressen. Während er als Sänger immer größere Erfolge feiert, beginnt seine Film-Karriere. Er spielt Musikerrollen oder glänzt in komischen Rollen. Mit Oury dreht er drei Filme: Le Corniaud (1964), La Grande Vadrouille (1966), und Le Cerveau (1968). Wie Louis de Funès, der oft sein Filmpartner war, zählt Bourvil zu den bekanntesten Schauspielern Frankreichs. 12 DIVA Titel Deutschland: Diva Regie : Jean-Jacques Beineix Buch: Jean-Jacques Beineix, Jean van Hamme nach einem Roman von Delacorta Kinostart in Frankreich: 1981 Kinostart in Deutschland: 1982 Länge: 123 Minuten Darsteller: Wilhelmenia Wiggins Fernandez, Frédéric Andrei, Richard Bohringer, Thuy An Luu, Jacques Fabbri, Chantal Deruaz, Anny Romand, Roland Bertin u.a. Musik: Vladimir Cosma Genre: Krimi Produktion: Les Films Galaxie, Greenwich Film Production Produzent: Irène Silberman Kinoverleih: Arsenal Filmverleih GmbH Auszeichnungen: vier César (1982) Synopsis Der junge Briefträger Jules ist ein leidenschaftlicher Fan der berühmten Opernsängerin Cynthia Hawkins, deren wunderschöne Stimme nur live zu erleben ist. Bei einem Konzert gelingt es ihm, die Stimme seines Stars heimlich aufzunehmen und ihr ein Kleid zu stehlen. Zwei Asiaten versuchen, die kostbare Aufnahme zu rauben, um als erste eine Schallplatte von Cynthia Hawkins zu pressen. Vor dem Bahnhof von Saint-Lazare in Paris steckt eine junge Prostituierte, kurz bevor sie getötet wird, ein weiteres brisantes Tondokument in Benjamins Tasche. Die Kassette enthält kompromittierende Informationen über Kommissar Saporta. Jules ahnt nichts davon und sieht sich plötzlich von einem Menschenhändlerring, Schallplattenbossen und der Polizei verfolgt. Inmitten der Wirren bringt Jules Cynthia das gestohlene Kleid zurück. Und es entsteht Freundschaft zwischen der Diva und ihrem Bewunderer... Die Musik von Vladimir Cosma und die ‚Diva’ Wilhelmenia Wiggins Fernandez machen den romantischen Thriller auch akustisch zum Genuss. Der Regisseur Jean-Jacques Beineix wird 1946 geboren. Er studiert zuerst Philosophie, dann Medizin, bevor er sich dem Kino zuwendet. Von 1969 bis 1977 arbeitet er als Regieund Produktionsassistent bei Regisseuren wie Claude Berri, Gérard Brach und René Clement, und für das legendäre Jerry-Lewis-Desaster The day the clown cried. Für seinen ersten Kurzfilm Le chien de Monsieur Michel erhielt er 1977 den ersten Preis auf dem Festival von Trouville. 1978 wird der Film für die Verleihung des Césars nominiert. Sein erster Spielfilm Diva wird zu einem Kultfilm der achtziger Jahre. Es folgen 1983 La Lune dans le caniveau und 1986 eine Verfilmung des Romans 37°2 le matin von Philippe Djian. Letzterer wird ein großer Kritiker- und Publikumserfolg und verhilft Béatrice Dalle zum Durchbruch. 1989 dreht Beineix Roselyne et les lions und 1992 L’île aux pachydermes, in dem Yves Montand zum letzten Mal zu sehen ist. 13 TGV Titel Deutschland: TGV Express. Der schnellste Bus nach Conakry Regie: Moussa Touré Buch: Moussa Touré, Alain Choquart Kinostart in Frankreich: 1997 Kinostart in Deutschland: 1999 Länge: 90 Minuten Darsteller: Makéna Diop, Al Hamdou Traoré, Bernard Giraudeau, Philippine LeroyBeaulieu, Joséphine M’Boup, Joséphine Zambo Musik: Wasis Diop Genre: Komödie Produktion : Flach Films, Les Films de la Saga, Les Films du Crocodile Produzenten : Jean-François Lepetit, Bernard Giraudeau, Moussa Touré Kinoverleih: Kairos Film Auszeichnungen: Prix Spécial des Festivals von Namur (1998), Publikumpreis des Internationalen Filmfestivals Mannheim-Heidelberg (1998), Nominierung für das Festival in Montréal (1998) Synopsis Der Held dieses afrikanischen Roadmovies ist ein klappriger, buntlackierter Reisebus, der zwischen Dakar und Conakry dahinrattert. Sein stolzer Besitzer Rambo hat ihn nach dem französischen Hochgeschwindigkeitszug TGV getauft. Trotz eines drohenden Aufstandes des Bassari-Volkes an der Grenze zu Guinea will Rambo das Krisengebiet nach Conakry durchfahren. Nur eine Handvoll Passagiere wagen die Reise ins Ungewisse, darunter ein Ex-Minister auf der Flucht, ein europäisches Ethnologen-Pärchen, zwei Marabouts und ein paar selbstbewusste Frauen. Natürlich gerät der Bus unterwegs von einer abenteuerlichen Situation in die nächste, und Rambo und sein Assistent Demba haben alle Hände voll zu tun, um die bunte Reisegesellschaft durch alle Widrigkeiten der afrikanischen Savanne und der politischen Wirren hindurch ans Ziel zu geleiten. Der Regisseur Moussa Touré wurde in Dakar geboren. Er beginnt seine Kinokarriere als Elektrotechniker, später wird er Regieassistent. 1987 dreht er den Kurzfilm Baram, 1991 seinen ersten Langfilm Toubab Bi, der ebenso wie sein späterer Film TGV mehrfach ausgezeichnet wurde. 14 Auszüge aus einem Interview mit Moussa Touré Wie kamen Sie auf die Idee, die aktuellen afrikanischen Probleme ausgerechnet in der für Afrika ungewöhnlichen Form des Roadmovies anzugehen? Es gibt drei Dinge im Leben, die ich besonders liebe: das Meer, das Reisen und die Familie. ... Ich bin ein Afrikaner, der Grenzen aufhebt. Wenn ich in Burkina oder in einem anderen afrikanischen Land bin, versuche ich Vergleiche anzustellen und merke, dass ich in Wirklichkeit Gemeinsamkeiten finde. Ich denke, heutzutage sollte jeder Afrikaner ein Roadmovie machen. Er sollte nicht einfach nur in seinem Land bleiben und von dort aus einen Schwenk machen. Mein Film ist eine lange Kamerafahrt, die im Senegal beginnt, und rund um Afrika führt. Die Kriege, die Freuden, die Leiden sind die gleichen für alle Afrikaner... Nach welchen Kriterien haben sie die Darsteller ausgesucht? Wenn Sie in ein ‚Taxi brousse’ einsteigen, wissen Sie nie, wem Sie gegenübersitzen... Sie können neben einem Polygamisten sitzen, einer Geschiedenen, einem Drogenhändler oder einem mysteriösen Mann, der heimlich eine Rebellenarmee führt... Das sind die Realitäten, die ich auseinandernehme. Was die Leute sonst flüstern, rufe ich laut heraus. Und das ist auch die Grundlage, nach der ich meine Schauspieler aussuche. Ihr Erzählstil folgt den Motiven populärer Geschichten und dem Rhythmus des Westerns Inspiriert hat mich der amerikanische Regisseur John Ford mit Two rode together. Ich ging vom Western aus, weil ich glaube, wir Afrikaner haben heute die besten Voraussetzungen für das Genre. Wenn Sie in eine afrikanische Bar gehen, tauchen Sie in die Atmosphäre des Westerns... Außerdem bin ich ein Geschichtenerzähler. Ich bin ein typischer Afrikaner, der Filme macht. Was für ein Afrikabild wollten Sie zeigen, indem Sie den ‚traditionellen’ Priester und den fundamentalistischen Marabout aufeinandertreffen lassen? Wir alle sind Christen oder Muslime, aber wir hängen alle auch am einen oder anderen Fetisch. Das ist das moderne Afrika. Um das zu zeigen, musste ich es ableiten von einem fundamentalistischen Muslim und einem Fetisch-Priester. Und dazu mussten Sie die beiden Priester auch noch mit einem Exminister zusammenbringen? Hier ging es mir genau um das Komplizentum zwischen Politikern und religiösen Führern. Ich habe in groben Zügen das Verhältnis herausgearbeitet zwischen moderner und traditioneller Macht. Was hat es mit dem französischen Anthropologenpaar auf sich? Hier sind es eben die beiden Anthropologen, die mit der Karte aus dem letzten Jahrhundert reisen, als ob sich seither nicht geändert hätte. Das reflektiert die europäische Vorstellung. Europa redet viel von der Moderne und ist überzeugt, dass sich in Afrika nie etwas verändert habe. Das ist der Grund dafür, dass ich behaupte, die Sklaverei existiere weiterhin. Sie existiert in ihren Köpfen. 15 Pressestimmen Ecrans d’Afrique Halb Roadmovie, halb Western, Moussa Tourés neuester Film TGV ist eine Metapher für ganz Afrika. Figaroscope Eine Reise, voller erfrischendem Witz. Africultures Das Abenteuer des Busses auf dem rissigen afrikanischen Leib wird untermalt von schönen Musikeinlagen, komponiert von den senegalesischen Musiker Wasis Diop, der Sinn hat für das Vibrieren der Menschen und der Dinge. Multimedia In wunderbaren Bildern und mit einem sorgfältigen Blick auf Details zeigt Touré die vielfältigen Probleme eines afrikanischen Staates. Diese kompakte Problematik in der Leichtigkeit und Beschwingtheit eines Roadmovies versteckt und in einen lebendigen Optimismus transformiert zu haben, ist das große Verdienst und Kunststück dieses Films. Zoom Touré ist ein Wurf gelungen. Sein TGV lebt nicht zuletzt auch von einem hervorragend geführten und motivierten Schauspielerensemble und ist einer der unterhaltsamsten und klügsten Filme aus Afrika, die man je in unseren Kinos gesehen hat. Tip Berlin TGV Express ist das seltene Beispiel eines rundum gelungenen afrikanischen Unterhaltungsfilms, der in sich bündige Dramaturgie, stilvolle Inszenierung und, nicht zuletzt, eine unaufdringlich formulierte Botschaft zu vereinen weiß. Regisseur Touré kommt ganz ohne Folklorismus aus, beschönigt nichts und gelangt dadurch zu einer kraftvollen Filmsprache. TAZ Zweifellos ist TGV Express ein großartiger kleiner Film. epd-Film ...einer der besten afrikanischen Filme seit langem. FAZ Abgründig munter schildert TGV eine Linienbusreise nach Guinea, die zugleich in Widersprüche afrikanischer Geschichte und Gegenwart einführt, wenn unterwegs ein argloses Ethnologenpaar von einem medienversierten Stammeshäuptling als Geisel genommen wird und ein gestürzter Minister auf der Flucht den nächsten korrupten Karrieresprung ausheckt. 16 LE FABULEUX DESTIN D’AMELIE POULAIN Titel Deutschland: Die fabelhafte Welt der Amélie Regie : Jean-Pierre Jeunet Buch : Jean-Pierre Jeunet und Guillaume Laurant Kinostart in Frankreich: 2001 Kinostart in Deutschland: 2001 Länge: 120 Minuten Darsteller: Audrey Tautou, Mathieu Kassovitz, Rufus, Serge Merlin, Jamel Debbouze, Yolande Moreau, Artus de Penguern, Urbain Cancelier, u.a. Erzähler: André Dussollier Musik: Yann Tiersen Genre: romantische Komödie Produktion : Victoire Productions, UGC Images Produzenten: Claudie Ossard, Brigitte Maccioni Kinoverleih: Prokino Filmverleih Auszeichnungen: vier César (2002) Synopsis Es war einmal ein ganz besonderes Mädchen namens Amélie Poulain. Als sie noch ein Kind war, sah sie, wie eine Touristin von Notre-Dame auf ihre Mutter hinabstürzte, die auf der Stelle tot war. Ihr Vater war darüber so erschüttert, dass er von da an seine ganze Zuneigung einem Gartenzwerg schenkte. Amélie wächst auf sich allein gestellt auf und verlässt das Haus ihres Vaters, um Kellnerin in einem Café im Pariser Künstlerviertel Montmartre zu werden. In ihrem Leben nehmen die Phantasie und die kleinen Freuden des Alltags einen großen Platz ein. Eines Tages trifft sie einen Entschluss, der ihr ruhiges Leben völlig verändert: Sie möchte andere glücklich machen. So schreibt sie ihrer Hausmeisterin im Namen des verschollenen Ehemannes Briefe. Ihrem Vater macht sie Lust auf Reisen, indem sie seinen Gartenzwerg entführt, und ihn dank der Hilfe einer Stewardess um die Welt reisen lässt... Da begegnet Amélie einem mysteriösen Mann, Nino Quincampoix. Nino arbeitet teils im Sexshop, teils im Karussel und sammelt Passfotos, die er in Automaten findet. Amelie verliebt sich in ihn, doch sie ist zu schüchtern diese Liebe zu gestehen. Es beginnt ein Versteckspiel durch ganz Paris. Der Regisseur Jeunet beginnt seine Filmkarriere als Autodidakt. Zuerst dreht er einige Werbespots, Clips, Kurzfilme und Zeichentrickfilme. Mit Marc Caro macht er seinen ersten Spielfilm, Delikatessen (1991), der sowohl bei der Kritik als auch beim Publikum großen Erfolg hatte. Damit ist das Jeunet-Caro Duo geboren. In Delikatessen ist es ihnen gelungen, eine ganz besondere persönliche Atmosphäre mit einem einzigartigen Dekor zu schaffen, die jeden ihrer weiteren Filme auszeichnet. Es folgt La cité des enfants perdus (1995), eine wunderschöne, düstere und lyrische Fabel. Jeunet dreht einen Teil der Alien-Serie: Alien la résurrection (1997). Mit dem unerwarteten Erfolg von Le fabuleux destin d’Amélie Poulain (2000) erlangt Jeunet Weltruhm. 17 Auszüge aus einem Interview mit Jean-Pierre Jeunet Die Figuren in Ihrem Film zeigen eine auffällige Sammelleidenschaft… Ich bin selbst ein großer Liebhaber von Listen und Sammlungen. Ich sammle zum Beispiel Ideen dazu, was man alles sammeln könnte. Und einiges davon ist in den Film eingeflossen: Ninos Sammlung von Fußabdrücken im Zement oder seine Leidenschaft für Fotos, die er an Fotoautomaten aufliest… Ich hatte lange Zeit eine Dose, in der ich das Ende von Geschichten und alle möglichen anderen Ideen gesammelt habe. Das tue ich heute auch immer noch, aber ich bin inzwischen rationeller geworden und ordne diese Ideen und Listen mit Hilfe meines Computers. Die Art und Weise, wie Sie die Figuren des Films einführen, diese Aufzählung ihrer Vorlieben und Abneigungen, erinnert stark an Ihren Kurzfilm Foutaises… Ja, das ist auch ganz typisch für mich. Ich habe endlos lange Listen darüber, was ich mag und was ich nicht mag. Aber davon die passenden für den Film auszuwählen, war enorm schwierig, denn diese Vorlieben und Abneigungen müssen einerseits sehr persönlich sein und zu der jeweiligen Figur passen, aber andererseits doch auch jedermann berühren, jedem Zuschauer etwas sagen. Außerdem müssen sie auch noch optisch zu illustrieren sein… Worin besteht Ihrer Meinung nach Audrey Tautous größte Qualität? Mit ihr zu arbeiten, ist die reinste Freude. Sie spielt nicht einfach nur sich selbst, sondern sie versteht es, eine Figur sorgsam zu komponieren, was in Frankreich selten genug ist. Außerdem hat sie ein unglaubliches Gespür für das richtige Timing. Dabei ist sie erst 23 Jahre alt! Für die Musik haben Sie Yann Tiersen gewonnen… Ich hatte eigentlich bereits etwas anderes geplant, aber dann hat mich eines Tages eine Praktikantin mit dem Auto abgeholt und dabei eine Musik gespielt, die ich nicht kannte und die ich absolut großartig fand: Es war ein Stück von Yann Tiersen. Noch am selben Abend hatte ich alle seine Platten. Ich habe ihn getroffen, und wir hatten auf Anhieb einen sehr guten Draht zueinander. Er hat uns neunzehn Stücke in fünfzehn Tagen komponiert! Außerdem hat er uns erlaubt, uns aus allen seinen Platten das auszuwählen, was uns gefiel… Allerdings fiel gerade diese Auswahl besonders schwer, weil alle seine Stücke zu den Bildern des Films passten. Idealere Bedingungen hätten wir uns nicht erträumen können. Während der Dreharbeiten haben Sie gesagt, Amélie solle „die Menschen glücklich machen“. Warum haben Sie neuerdings Lust, die Menschen glücklich zu machen? Das hängt vielleicht mit meiner persönlichen Entwicklung zusammen. Mit 47 Jahren hat man nicht mehr unbedingt zu denselben Dingen Lust wie vorher. Ich hatte noch nie einen durch und durch optimistischen Film gemacht, und genau das hat mich interessiert. An diesem Punkt meines Lebens, meiner Wegstrecke, hatte ich Lust, einen Film zu machen, der leicht und beschwingt ist, der zum Träumen verführt und einfach Vergnügen bereitet… 18 PRESSESTIMMEN Le Monde Mathematisch und gefühlsbetont, eine unwiderstehliche Romanze. ... Dieser Film ist eine Falle. ... Man kann den Kinosaal gar nicht verlassen, ohne dem Zauber Amélies, ihres Schicksals, ihrer Familie und ihrer Freunde erlegen zu sein. Studio Magazine Ein Stück Magie. Ein Juwel. Ein Schatz. Eine einzige Freude. Le fabuleux destin d’Amélie Poulain ist ein Film, wie man ihn nur allzu selten findet … Dieser Film ist die Melodie des Glücks. Le Point … ein Meisterwerk, phantasiereich und bewegend. Eine Rarität. Positif … Amélie Poulain knüpft an eine ganze cinematographische Tradition von ‚französischer Eigenart’ an (ohne negative Konnotation): Ästhetisierung der kleinsten Aufnahme, sorgfältige Komposition des Dekors … L’Express … ein Wunder. Zwei ganzen Stunden Vergnügen. Le Parisien Endlich ist das so oft schlecht verwendete Wort ‚Meisterwerk’ angemessen! … Ein Heilmittel gegen Melancholie, eine humorvolle Liebesgeschichte, ein von Anfang bis Ende inspirierter Film, der die Tür zum Glück ein wenig öffnet. Le Journal du Dimanche, ... Amélie Poulain ist einer dieser Filme, die Gemüt und Seele beglücken. Figaroscope Er ist entzückend, wie eine Ritornelle auf der Drehorgel. Spiegel Pariser Kinowunder Focus Zauberwerk Stern ‘Amélie, mon Amour’ Die Welt Hätten wir nur alle solch eine gute Fee: die schönste Eskapismus-Wolke am Kinohimmel seit langem. Augsburger Allgemeine, ... ein hinreißend poetisches Pariser Großstadt-Märchen 19 TAZ ... zweifellos der beste Film des Jahres! Tagesspiegel Wundern gibt man sich hin. Wunder nimmt man wie einen Rausch, wie Verliebtheit, wie einen schönen Wahnsinn. Nennen wir ihn: Ameliefolie. Berliner Morgenpost Kino der Imagination, mit visueller Perfektion und versponnenem Humor, da schwebt man am Ende mit Amélie auf der Wolke sieben. 20