Aufgang - Infine

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–Aufgang
Aufgang sind zwei klassische Pianisten und ein klassisch ausgebildeter Schlagzeuger. Rami
Khalifé und Francesco Tristano sind allerdings nicht die üblichen klassischen Pianisten und
Aymeric Westrich nicht der typisch unterbeschäftigte Konzertschlagzeuger. Ihre zweite
Heimat, neben dem Konzertsaal, ist der Club.
Rami Khalifé stammt ursprünglich aus dem Libanon. Sein Vater
ist dort ein berühmter Komponist. Er selbst hat neben
Einspielungen von Prokofiev, Brahms, Ravel und Mozart auch
CDs mit unklassifizierbaren Eigenkompositionen irgendwo
zwischen Klassik, Jazz und Rock aufgenommen. Nebenbei hat
er noch Musik für Film und Tanztheater komponiert.
Der Luxemburger Francesco Tristano Schlimé gehört zu den
zeitgenössischen Klassikstars. Er hat neben vielen Preisen,
Auftritten in den großen Konzertsälen dieser Welt und seinen
viel gelobten Aufnahmen von Bach, Debussy, Ravel und Berio auch zwei CDs im
Grenzbereich von Klassik und Techno aufgenommen. Auf „Not For Piano“ (2007, das erste
Album auf InFiné) und „Auricle Bio/On“ (2008) behandelte er das Piano als RhythmusInstrument. Seine Versionen von Jeff Mills „The Bells“ und „Strings of Life“ von Rhythim Is
Rhythim (Derrick May) stießen auf Gegenliebe bei den Urhebern. Jeff Mills ist sogar
verantwortlich für die Zusammenarbeit zwischen Rami Khalifé und Francesco Tristano. Mit
Carl Craig und Moritz von Oswald bildet Tristano das Trio S.H.A.P.E. Zudem war er ein Teil
des Crossover-Projekts „XVI Reflections On Classical Music“, erschienen bei Universal
Music. Und er spielt auch immer mal wieder auf den Stücken des Infiné-Labelchefs Agoria.
Rami Khalifé und Francesco Tristano trafen sich 2000 in New York wo sie an der Julliard
School studierten. Gemeinsam gingen sie in Clubs und fingen an Techno- und Houseinspirierte Stücke zu entwerfen. 2001 stieß Ramis alter Freund Aymeric Westrich zu ihnen.
Aymeric ist bislang als HipHop-Produzent für Kery James
und Tour-Schlagzeuger von Cassius aufgefallen. Er hat
allerdings auch ein klassisches Percussion-Studium in
Bolougne absolviert. Aus dieser Zeit kennt er Rami.
Das offizielle Geburtsdatum von Aufgang ist 2005.
Francesco Tristano spielte ein klassisches Konzert in einer
Kunstgalerie in Barcelona zur Zeit des Sonar-Festivals. Für
die Zugabe kam Rami Khalifé mit auf die Bühne, um eine
vierhändige Version von „The Bells“ zu spielen. Im
Publikum befanden sich auch Jeff Mills und ein Booker des Sonar Festivals. Schnell war die
Idee für ein kurzfristiges Sonar-Event geboren. Francesco, Rami und Aymeric arbeiteten fünf
Tage an einem Programm. Das anwesende Publikum war restlos überzeugt. Seitdem
contact: Julien Gagnebien / [email protected]
Heinrich Roller Strasse 8, 10405 Berlin, T: + 49 (0) 30 37 00 55 19
verfeinern Aufgang ihren Ansatz die repetitiven Strukturen des Techno mit
improvisatorischen Anteilen und klassischen Strukturen zu verbinden.
Nach einer Ep namens „Sonar“ folgt nun das Debut-Album des Trios. Produziert hat es
Francois Baurin (heimliches viertes Mitglied der Band). Galt für Tristanos Abstecher in die
Welt des Technos schon, daß die resultierende Musik unklassifizierbar ist, gilt dies für
Aufgang erst recht. Natürlich gibt es Anklänge an die Minimal Music, das bleibt bei der
Kombination klassischen Instrumentariums mit den repetitiven Strukturen des Technos gar
nicht aus, aber Aufgang klingen auch genau so oft nach Rock und Filmmusik. Aber der Reihe
nach: Der Opener „Channel 7“ ist BIG. Rasende Klavierläufe
und ein wuchtig hämmerndes Schlagzeug entwickeln einen
treibenden Sog.
Das zweite Klavier sorgt mit gegenläufigen Klangsplittern für
Spannung. Baurins Produktion suggeriert weite
Resonanzräume. „Channel 8“ könnte die Musik für einen
Horrorfilm sein. Die düster schwelenden elektronischen
Klänge erinnern an John Carpenters eigene Soundtracks. Das
Klavier bewegt sich in atonalen Gefilden. Die Trommel
schlägt stoisch einen archaischen Beat. „Barock“ ist, wie der
Titel schon sagt, an die klassische Strenge der Barock-Musik
angelehnt. Mathematisch umzirkeln sich die Muster und der
Beat.
Der später einsetzende Synthesizer spielt eine kurze Hommage
an Wendy Carlos. Ganz kommt man an ihm/ihr nicht vorbei, wenn man Klassik und
Elektronik kreuzt. „Sonar“ ist dann das erste Stück, das wirklich auf die Tanzfläche zielt. Erst
hier wird einem wirklich bewusst was für einem ungewöhnlichen Album man lauscht. Wie
die Erwartungen mit jedem Stück umgekrempelt werden. Das Jeff Mills-mäßige Stück
mündet in eine heftig rockende Kakophonie aus der sich zwei ineinander verschlungene
Klavierlinien herausschälen. Und so geht es munter weiter. Nie weiß man was um die nächste
Ecke lauert. Das zarte „Prelude Du Passe“, das melodisch perlende House-Stück „Good
Generation“, das abstrakte „3 Vitesses“, das an Conlon Nancarrows rasante Stücke für
automatisches Klavier erinnert, „Aufgang“ mit seinen Acid-Linien und den schweren
Klavierakkorden. Und zu guter letzt lotet „Soumission“ noch nach Art John Cages all die
Klangmöglichkeiten aus, die das Klavier so bietet – von den präparierten Saiten bis zum
Hohlkörper, den man als Percussionsinstrument nutzen kann.
Aufgang ist die Umsetzung von Francesco Tristano-Schlimés Prämisse, daß es in der Musik
letztlich immer um Melodien, Harmonik, Rhythmik, Kontinuität und Kontrast ginge – und
das Genre egal sei.
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