Protokoll Grundkurs TW, Hoffmann, Mo 10-12h 28.10.02 Grundlegende Texte: Platon, Der Staat, Zehntes Buch Aristoteles, Poetik, Kapitel 5-9 1. Betrachtung von Texten Wenn wir Texte betrachten, müssen wir uns bewusst machen, in welchem Kontext der jeweilige Text steht. Die Moderne beginnt etwa um 1800 n.Chr.. Texte, die vorher verfasst worden sind, erscheinen uns oft fremd, und wir neigen dazu, sie zu modernisieren. Daher müssen wir eine Historisierung der Texte vornehmen, um sie im richtigen Kontext betrachten zu können. Des Weiteren müssen wir die Perspektive der Kontinuität und die Perspektive der Diskontinuität berücksichtigen. 2. Das Staatsmodell nach Platon Gott Lehrstand Philosophen Weisheit Wehrstand Wächter Tapferkeit Nährstand Kaufleute Triebe Anthropologische Grundelemente unterschiedliche Grade der Ausprägung in jedem Stand Anmerkungen zum Staatsbild: der Staat ist analog zum Menschenbild aufgebaut Hineingeburt in den jeweiligen Stand die Mobilität (Auf- und Abstieg) zwischen den Ständen ist gering der Nährstand ist die Grundlage des Staates ZIEL der Staatsfindung: Gerechtigkeit 3. Gedanken aus Platons „Der Staat“, Zehntes Buch 3.1 Kontext Platon spricht im Dritten Buch bereits in Verbindung mit der Erziehung der Wächter von der Dichtkunst als eine staatspolitische Kunst. Im Zehnten Buch kommt er auf dieses Problem zurück. 3.2 3.3 Thesen Gegenstände der Welt sind nur Abbildungen eines Urgedanken das Schauspiel ist ein Abbild vom Abbild Ideen Gott Produkt Umsetzung Realien Handwerker Nachahmung Maler, Dichter SEIN SCHEIN Kritik an die Dichter und Maler Da Platon die Auffassung hat, dass jeder Bürger in seiner bestimmten Sparte der Arbeitsteilung bleiben soll („jedem das Seine“), verurteilt er die Maler und Dichter, da sie die Arbeitsteilung missachten und ohne jede Sachkenntnis viele Berufe und Dinge nachahmen. Zudem hat die Nachahmung in Platons Augen keinen Bezug zu den wahren Ideen. Somit sind Dichter und Maler mit ihren Künsten jenseits der Wahrheit. epistemologisches Argument 3.4 Befürchtungen Da Platon in seiner Jugend selbst Dramen geschrieben hat, weiß er genau, dass das Schauspiel Gefühlsregungen wachruft. Er ist nun aber der Auffassung, dass diese Gefühle nicht in einen Staat gehören. Beispielsweise befürchtet er, dass tapfere Krieger zu verweichlichten Memmen werden. Zudem könnte das Schauspiel, das einen großen Einfluss auf die Bevölkerung hat, die Menschen von der Wahrheit wegführen. Daher möchte er die Dichter aus dem Staat verweisen, um die Bevölkerung zu schützen. 3.5 Idealvorstellung von der Dichtkunst Ideen selbst sollten dargestellt werden, keine Nachahmung Ideenmimese belehrende Dichtkunst, die nützlich für das Gemeinwesen ist nicht nur ergötzlich, sondern nützlich Staatspropaganda der Künstler als Mensch, der eine eigenständige Welt hervorbringt, also eine Analogie zu Gott aufweist (Genie) kein großer Wahrheitsverlust 4. Poetik, Aristoteles 4.1 Grundsätzliches über die Poetik Aufbau: Kapitel 1-5 Allgemeines Kapitel 6-22 Tragödie Kapitel 23-26 Epos (Komödie fehlt) Die Poetik des Aristoteles wurde ca. 1 Jh. v. Chr. publiziert. Vorher war das lange unbekannte Vorlesungsmanuskript, das sich explizit mit Poetik beschäftigt, nur Eingeweihten zugänglich. Aristoteles versucht mit dieser Niederschrift eine Antwort auf Platons Kritik an die Dichtkunst zu geben, wobei für ihn nicht die Frage nach Sein und Schein, sondern die Frage nach dem Allgemeinen und dem Besonderem entscheidend ist. 4.2 Gedanken aus der Poetik, Kapitel 5-9 4.2.1 Das Besondere und das Allgemeine Der Historiker stellt an Einzelfällen dar, wie es wirklich war. (das Besondere) Der Dichter zeigt allgemeine Aspekte auf, und führt auf, was sein könnte. (das Allgemeine) Somit ist die Dichtung in Aristoteles Augen wichtiger als die Geschichtsschreibung. 4.2.2 Der Mythos Der Mythos muss als Zusammenfügung von Geschehnissen einen Anfang, eine Mitte und ein Ende aufweisen, die zusammen ein Ganzes, eine Geschlossenheit, eine Einheit bilden. Zudem muss eine bestimmte Größe eingehalten werden. Der Mythos kann auch ohne Charaktere auskommen. Nachbildungen von Geschehnissen ist wichtiger als die Darstellung von Charakteren 4.2.3 Nachahmung – Mimesis Im Fall der Nachahmung muss vorher etwas existieren, damit man es imitieren kann. Da Aristoteles aber davon ausgeht, dass die Dichtung aufzeigt, was sein könnte, kann bei ihm nicht von Nachahmung gesprochen werden, sondern von Darstellung, Mimesis. Daher ist die Nachahmung als eine spezielle Form der Darstellung anzusehen. 4.2.4 Die Wirkung der Dichtkunst auf Menschen Aristoteles glaubt, dass man bei einem Theaterbesuch Gefühlsregungen loswerden kann, damit man im Alltag ausgeglichener ist. Anschaulich gesagt: Männer gehen als Memmen ins Theater, können dort ihre Gefühle „ausleben“ und kommen als starke Männer aus der Vorstellung heraus. 5. Gegenüberstellung: Platon – Aristoteles Kontext „Kunst“ Funktion Wertung Platon Produktion: - epistemologisch Rezeption: - staatstheoretisch - staatspädagogisch das ästhetische Argument fehlt Dichtkunst, Handwerkskünste, Kochkunst, Malerei, Heilkunst, Heereskünste, Schiffsbaukunst, astronomische Kunst, Rechenkunst téchné (beschreibt Künste der Kunst, Wissenschaft, Handwerk) - Belehrung - Erbauung - Affektstimulation - Unterhaltung (gefährlich) negativ Miriam Schupp Aristoteles Produktion: Mimesis Rezeption: Kartharsis Mitleid: eleos -jammernFurcht: phobos -schaudern medizinische Reinigung téchné - Unterhaltung Stimulation, um im Alltag gelassen zu sein positiv