Staatstheorien Vormodernes Staatsverständnis • Vormoderne Staatstheorien sind organismisch, d.h. sie bestehen nicht aus Individuen mit ihren Interessen, sondern aus Rollen oder Funktionen, die dem Einzelnen vom Zweck des Gesamtsystems zugewiesen werden. • Vgl. Aristoteles: Der Staat ist wie ein menschlicher Organismus, der aus verschiedenen Organen besteht, ohne die anderen Organe kann z.B. die Hand nicht existieren, sie ist im eigentlichen Sinne gar keine richtige Hand. Vormodernes Staatsverständnis • Wie im menschlichen Körper haben die Gruppen und Individuen von Natur aus verschiedene Aufgaben und Funktionen. • Die verschiedenen Rollen können nur vom Ganzen des Staates aus bestimmt werden. • Deshalb sagt Aristoteles, dass der Staat logisch dem Einzelnen vorausgeht und der Einzelne für sich schlimmer als ein Tier ist. • Der Mensch ist von Natur aus auf den Staat als übergeordnete Instanz verwiesen, er ist ein von Natur staatenbildendes Wesen, ein zoon politikon. Vormodernes Staatsverständnis • Mit Ferdinand von Tönnies kann man vormoderne Staaten auch als Gemeinschaft im Unterschied zu modernen Gesellschaften verstehen. • Vormoderne Staaten setzen ein gemeinsames Ziel (Gemeinwohl) oder eine gemeinsame Kultur (Religion) voraus, die bei den Einzelnen vorausgesetzt werden kann oder auf das die Einzelnen verplfichtet werden können (Rousseau, totalitäre Staaten). • Gegenwärtiger Erbe dieses Denkens ist der Kommunitarismus, der auf gemeinsame vorstaatliche Werte in den vorhandenen Gemeinschaften setzt (gegen den Liberalismus) Platon • Gemäß diesem Denken ist der Staat bei Platon in einzelne Funktionen aufgeteilt. • Die Gerechtigkeit des Staates besteht darin, dass jeder seine ihm von Natur zukommende Funktion erfüllt und nicht danach strebt, eine andere Funktion auszuüben. • Der Staat als solcher (nicht nur seine Mitglieder) erfüllen die Tugenden der Besonnenheit, Tapferkeit und Weisheit, weil einzelne Stände diese repräsentativ für den Gesamtstaat realisieren. Platon • Es gibt deshalb drei Stände: • Der Lehrstande (Philosophen) zeichnet sich durch Weisheit aus und hat deshalb die Funktion des Leitens und Regierens • Der Werhstand (Wächter) zeichnet sich durch Tapferkeit aus und hat deshalb die Funktion der Kriegsführung • Der Nährstand hat die Funktion der Versorgung mit dem Lebensnotwendigen. Platon • • Bei jedem Mitglied wird vorausgesetzt, dass er seine Funktion einsieht und sich in seine Aufgabe fügt. Die Ausrichtung auf das Gesamtwohl zeigt sich auch darin, dass von den Wächtern erwartet wird, dass sie auf Besitz und Familie verzichten. Aristoteles • Der Staat ist zwar logisch vor dem Einzelnen und der Familie, geht aber zeitlich aus diesen hervor. • In zeitlicher Hinsicht zuerst ist die Familie. Sie besteht natürlicherweise aus Ungleichen mit ungleichen Funktionen (Mann-Frau, Herr-Sklave). • Grundlage des Zustandekommens ist die Notwendigkeit, die aus der Verschiedenheit der Menschen resultiert (einer kann ohne den anderen nicht auskommen). Aristoteles • Genau so ist es auch im Dorf. Die unterschiedlichen Berufe und Fähigkeiten ergänzen sich so, dass alle überleben können. • Die Herrschaftsart ist jeweils patriarchal, d.h. der Herrscher vertritt den Gesamtnutzen und repräsentiert das Haus alleinverantwortlich. • Davon verschieden ist die politische Herrschaft, die nicht eine Herrschaft über Ungleiche, sondern dem Ideal nach eine Herrschaft von Gleichen über Gleiche ist. Moderne Staatstheorien • Moderne Staatstheorien gehen jeweils vom einzelnen Individuum aus. • Dieses existiert zunächst in einem vorstaatlichen Zustand (Urzustand). • Der Staat kommt erst nachträglich durch eine Übereinkunft dieser Individuen (Vertrag) zustande. • Der Vertragsgedanke ist die wesentliche gedachte Begründungsfigur, wieso es überhaupt Staaten gibt und welche Rechte es in ihm geben kann.