Staatstheorien - Stephan Sturm

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Staatstheorien
Vormodernes Staatsverständnis
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Vormoderne Staatstheorien sind organismisch, d.h. sie
bestehen nicht aus Individuen mit ihren Interessen,
sondern aus Rollen oder Funktionen, die dem Einzelnen
vom Zweck des Gesamtsystems zugewiesen werden.
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Vgl. Aristoteles: Der Staat ist wie ein menschlicher
Organismus, der aus verschiedenen Organen besteht, ohne
die anderen Organe kann z.B. die Hand nicht existieren, sie
ist im eigentlichen Sinne gar keine richtige Hand.
Vormodernes Staatsverständnis
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Wie im menschlichen Körper haben die Gruppen und Individuen von
Natur aus verschiedene Aufgaben und Funktionen.
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Die verschiedenen Rollen können nur vom Ganzen des Staates aus
bestimmt werden.
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Deshalb sagt Aristoteles, dass der Staat logisch dem Einzelnen
vorausgeht und der Einzelne für sich schlimmer als ein Tier ist.
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Der Mensch ist von Natur aus auf den Staat als übergeordnete Instanz
verwiesen, er ist ein von Natur staatenbildendes Wesen, ein zoon
politikon.
Vormodernes Staatsverständnis
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Mit Ferdinand von Tönnies kann man vormoderne Staaten auch als
Gemeinschaft im Unterschied zu modernen Gesellschaften verstehen.
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Vormoderne Staaten setzen ein gemeinsames Ziel (Gemeinwohl) oder
eine gemeinsame Kultur (Religion) voraus, die bei den Einzelnen
vorausgesetzt werden kann oder auf das die Einzelnen verplfichtet
werden können (Rousseau, totalitäre Staaten).
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Gegenwärtiger Erbe dieses Denkens ist der Kommunitarismus, der auf
gemeinsame vorstaatliche Werte in den vorhandenen
Gemeinschaften setzt (gegen den Liberalismus)
Platon
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Gemäß diesem Denken ist der Staat bei Platon in einzelne
Funktionen aufgeteilt.
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Die Gerechtigkeit des Staates besteht darin, dass jeder seine
ihm von Natur zukommende Funktion erfüllt und nicht danach
strebt, eine andere Funktion auszuüben.
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Der Staat als solcher (nicht nur seine Mitglieder) erfüllen die
Tugenden der Besonnenheit, Tapferkeit und Weisheit, weil
einzelne Stände diese repräsentativ für den Gesamtstaat
realisieren.
Platon
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Es gibt deshalb drei Stände:
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Der Lehrstande (Philosophen) zeichnet sich durch Weisheit
aus und hat deshalb die Funktion des Leitens und Regierens
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Der Werhstand (Wächter) zeichnet sich durch Tapferkeit
aus und hat deshalb die Funktion der Kriegsführung
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Der Nährstand hat die Funktion der Versorgung mit dem
Lebensnotwendigen.
Platon
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Bei jedem Mitglied wird vorausgesetzt, dass
er seine Funktion einsieht und sich in seine
Aufgabe fügt.
Die Ausrichtung auf das Gesamtwohl zeigt
sich auch darin, dass von den Wächtern
erwartet wird, dass sie auf Besitz und
Familie verzichten.
Aristoteles
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Der Staat ist zwar logisch vor dem Einzelnen und der
Familie, geht aber zeitlich aus diesen hervor.
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In zeitlicher Hinsicht zuerst ist die Familie. Sie besteht
natürlicherweise aus Ungleichen mit ungleichen
Funktionen (Mann-Frau, Herr-Sklave).
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Grundlage des Zustandekommens ist die Notwendigkeit,
die aus der Verschiedenheit der Menschen resultiert (einer
kann ohne den anderen nicht auskommen).
Aristoteles
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Genau so ist es auch im Dorf. Die unterschiedlichen Berufe und
Fähigkeiten ergänzen sich so, dass alle überleben können.
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Die Herrschaftsart ist jeweils patriarchal, d.h. der Herrscher
vertritt den Gesamtnutzen und repräsentiert das Haus
alleinverantwortlich.
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Davon verschieden ist die politische Herrschaft, die nicht eine
Herrschaft über Ungleiche, sondern dem Ideal nach eine
Herrschaft von Gleichen über Gleiche ist.
Moderne Staatstheorien
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Moderne Staatstheorien gehen jeweils vom einzelnen
Individuum aus.
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Dieses existiert zunächst in einem vorstaatlichen Zustand
(Urzustand).
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Der Staat kommt erst nachträglich durch eine Übereinkunft
dieser Individuen (Vertrag) zustande.
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Der Vertragsgedanke ist die wesentliche gedachte
Begründungsfigur, wieso es überhaupt Staaten gibt und
welche Rechte es in ihm geben kann.
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