begründen, verstehen, beurteilen II– Argumentation, Hermeneutik und Kritik als Methoden wissenschaftlichen Arbeitens 190464 VO, UE - Grundlagen: philosophische Methoden II, 2.2.3 [21b2] laut Studienplan Pädagogik 2002 (2 Std.) Lehrveranstaltungsleiter: Mag. Dr. Martin Steger /TutorInnen: Emanuel Frass, Claudia Gusenbauer, Angela Janssen, Markus Mandl, Kristina Willebrand Donnerstag, 8.00 - 10.00, HS C1 Campus 7. Termin 26.04.07: Übungstext Günther Buck Formales: Das Formale zum Tag habe ich Ihnen bereits letztes Mal (erzählt siehe Skript 6. Termin) - vor allem zu den Spielregeln während der Texttermine (26. Buck, 3. Habermas, 10. Luhmann). Dazu gehört, dass Sie hier kein Skript wie sonst vorfinden, sondern lediglich ein paar kurze Anmerkungen: Inhalt: In der Besprechung des Textes von Günther Buck folgen wir der knappen Skizze des Vorgehens aus der letzten Lv: Feststellen des Wahrheitsanspruches = Verstehen Beurteilung des Anspruches Festlegen des Kritikansatzes Überlegen der methodischen Implikationen 1. Inhalte strukturell betrachtet (blau sind Schlüsse, orange Prämissen, grün Prämissen+ Schlüsse): IV: S: Identität von Hermeneutik und Bildung verdeckt durch traditionellen Fokus der Hermeneutik auf Text V: P: Sprache ist bloß eine Form des Handelns Handeln stellt sich für Verstehen hinreichend dar PS: Es ist als Darstellung seiner selbst mehr als sein Thema 1 VI: Interpretation ist Explikation von im Vollzug impliziten Sinn Jede Auslegung ist Reflexion über das Auszulegende Sie kopiert es nicht, sondern wiederholt es anders VII: Unbewusster Sinn ist relativ zum Bewussten VIII: Dieses 'Unbewusste' unterscheidet sich von dem Freuds. Habermas' Tiefenhermeneutik zielt daher auf etwas Anderes. Der Begriff 'Unbewusstes' sollte hier nicht so verwendet werden IX: Hermeneutik ist eine Aufklärung des gelebten Lebens Ist Bildung als Selbstaufklärung durch praxisbezogene Reflexion Vollendung der Bildung ist: offen bleiben für neue Erfahrung. X: Bildung ist in sich hermeneutisch strukturiert. Hermeneutische Reflexion wiederholt sich in Theorie der Bildung Das hat allgemein-strukturelle und speziell didaktische Folgen 2. Struktur des Essay Die Struktur scheint auf den ersten Blick ähnlich der Lyotards zu sein – mit einem hohen Anteil an Mischformen von Prämissen und logischen Zwischenschritten (also Schlussfolgerungen, die gleich neue Inhalte/Voraussetzungen mit einbeziehen) – das ist zumeist der Fall. Doch im Unterschied zu Lyotard, bei dem der Prämissenanteil im Vordergrund stand (daher auch immer externe Begründungen über Beispiele), werden hier nicht konkrete begründungspflichtige Inhalte, sondern allgemeine evidente Fundierungen miteingeführt (z.B. Interpretation ist auch reflexiv). Im Vordergrund steht der logische Aufbau – ein Aspekt wird aus dem anderen entwickelt. Daher wird eine grundsätzliche Kritik auch immanent erfolgen müssen – weil sich das Vorgehen der Kritik aus dem Wahrheitsanspruch des Kritisierten und dessen Begründungsweg ergibt. Allerdings sind einzelne Kritikansätze natürlich auch normativ zu begründen – das betrifft vor allem Kritik des Geltungsbereichs, die den Erklärungsgehalt limitieren will. Prinzipiell sind immanente und normative Kritik ebenso wie positive und negative als ergänzend, nicht als einander auschließend zu betrachten – differenzierte Kritik operiert nicht eindimensional. 3. Kritikansätze der Gruppen systematisieren, ausbauen wurden besprochen und anhand der Systematik aus der letzten Lv auf ihre methodischen Implikationen überprüft – aus der präzisen und überlegten Beurteilung des kritisierten 2 Anspruchs ergeben sich zumeist bereits die einzuschlagenden Vorgehensweisen (wie besprochen: z.B. Kritik des Wahrheitsanspruches aus der Wirklichkeitsebene heraus (das ist (nicht) wirklich so) verlangt nach normativer Kritik). D.h.: Die Qualität Ihrer Kritik legen Sie bereits zu beginn, nicht am Ende Ihrer Überlegungen Fest!! Nehmen Sie sich Zeit genug, zu überlegen welchen Wahrheitsanspruch Sie in welcher Hinsicht kritisieren!!! als ein Beispiel haben wir eine kleine semantische Unterscheidung angeführt: Es ist ein Unterschied, ob Sie etwas als nachvollziehbar (rhetorische Kritik: die Inhalte konnten vermittelt werden - immanente Begründung: Sie zeigen z.B. die Stringenz, die logische Struktur auf, die diese Nachvollziehbarkeit erleichtert; normative: Sie zeigen z.B. die Angemessenheit des Vokabulars zum angesprochenen Rezipienten) wichtig/interessant (Relevanz – z.B. Beispiele der Aktualität) umfassend/fruchtbar (Geltungsbereich – z.B. Vergleich, was alles im Vergleich zu anderen Theorien damit erklärt werden kann) schlüssig (Begründungsweg – z.B. logisch, widerspruchsfrei, stringent etc.) plausibel/wahr (Wahrheit – Übereinstimmung mit Wirklichkeit: zielt auf Korrespondenz – Wahrheit im kohärenten Sinn fällt mit Schlüssigkeit zusammen (wie bei der trennschärfe zwischen den Beurteilungsperspektiven besprochen)) beurteilen 4. Kritikstruktur Wie umgehen mit mehreren kleinen Kritikpunkten? chronologisch ordnen – wird leicht erzählend, kann wenig, unsystematisch – Arbeit kann zerfallen nach Argumentationsfaden ordnen– des Autors, des Kritikers nach Priorität ordnen – des Autors, des Kritikers –nach Perspektiven/Kriterien systematisieren Eine dieser Systematisierungsmöglichkeiten folgt den theoretischen Metaebenen – von der Gegenstandsebene (verstehen) über Wissenschaftstheorieebene (Hermeneutik) bis hin zur Einbindung der Wissenschaftstheorie in Positionen der Erkenntnistheorie: 5. Verstehenskonzepte Vergleich der Modelle – Was kann wer? 6. Hermeneutikkonzepte 3 Vergleich der Modelle – Was kann wer? alle unsere Texte zielen sowohl auf verstehen als auch auf Hermeneutik – siehe dazu und als Basis kritischen Vergleichs etwa unser Raster aus dem Wintersemester (Schleiermacher, Dilthex, Gadamer, Buck, Habermas, Luhmann) 7. erkenntnistheoretische Konzepte Luhmann Dilthey Gadamer Husserl Phänomenologie Heidegger Buck Hegel Habermas Etliche Punkte zielen aus unterschiedlichen Perspektiven auf einen gemeinsamen Themenkomplex (wie kann ein Verstehenskonzept, dass ohne Interaktion auskommt, Missverstehen feststellen und korrigieren) Das zeigt, dass es sich auszahlt, verschiedene Aspekte zusammenzudenken – und damit Bezug auf das Gesamtmodell des Verstehens zu nehmen. Oft wird auch einiges klar, wenn man die Modelle miteinander vergleicht – bei Habermas und Luhmann ist etwa dieser Aspekt Missverstehen- Kommunikation wichtig. Ähnliches gilt etwa auch im Vergleich theoretischer Grundlagen – z.B. unseres erkenntnistheoretischen Modells oder der Einbeziehung der phänomenologischen Wurzeln Bucks (aus denen sich etwa sein subjektivistisches Modell erklärt). 4