Seminar „Symbolisches Heilen: Modelle, Mythen, Fakten“ Prof.Dr. Dagmar Eigner VerfasserIn: Kerstin Schürer-Waldheim Matr: 0505051 Studkz: A297 Form und Bedeutung magischer Akte Ein Standpunkt S.J. Tambiah Einleitung Die allgemein These von Tambiah (1970) lautet folgendermaßen: „Die analogische Denkweise wurde immer und von allen Menschen verwendet. Sowohl die „Magie“ wie die „Wissenschaft“ weisen Züge analogischen Denkens und Handelns auf, sie umfassen jedoch gesonderte Spielarten, und es wäre unangemessen, deren Gültigkeit mit den gleichen Maßstäben messen und verifizieren zu wollen. Magische Akte, die sich gewöhnlich aus verbalen Äußerungen und dem Manipulieren (manipulation) von Gegenständen zusammensetzten, sind „performative“ Akte, durch die aufgrund einer Analogie eine Eigenschaft auf einen Empfänger- sei es ein Gegenstand oder eine Personkategorisch übertragen wird. Magische Akte sind rituelle Akte, und rituelle Akte wiederum sind performative Akte, deren positive und schöpferische Bedeutung nicht verstanden werden kann und deren Gültigkeit falsch beurteilt wird, wenn sie einer Methode der Verifikation, die der wissenschaftlichen Tätigkeit zugehört, unterworfen werden. Weder Magie noch Rituale sind angewandte Wissenschaft im engeren Sinn“ (Tambiah 1970, zitiert nach Kippenberg/Luchesi 1995, 259). Wenn nun die Wissenschaft betrachtet wird, dann kommt dort analogisches Denken im Bereich, wo ein bekanntes Beispiel als Modell herangezogen wird, um ein Phänomen zu erklären, vor. So wird eine Theorie entwickelt, die in weiterer Folge einem Verifikationsverfahren unterzogen wird. Das Beobachterproblem: das Beispiel der Zande Der Autor bezieht sich in seinem Standpunkt auf ein von Evans-Pritchard verfasstes Buch über die Zande in der dieser die magischen Riten und Sprüche des Volkes beschreibt. Evans-Pritchard schreibt in seinem Buch, dass magische Sprüche fast immer zu den magischen Riten der Zande gehörten, betont jedoch, dass es die „Medizinen“ waren, die die bedeutendere Rolle spielten. So war, wie Tambiah (1970) schreibt, das Interesse Evans-Pritchards die Erforschung der charakteristischen Eigenschaften der Zande- Medizinen, aber auch die Logik ihrer Auswahl, sowie ihre Rolle bei der Herbeiführung des vom Ritus angestrebten Resultates. Seminar „Symbolisches Heilen: Modelle, Mythen, Fakten“ Prof.Dr. Dagmar Eigner VerfasserIn: Kerstin Schürer-Waldheim Matr: 0505051 Studkz: A297 In seinem Standpunkt führt Tambiah an, dass Evans-Pritchard sich widersprüchlich dazu äußert, ob die Zande-Medizin nun mystisch oder empirisch sei. Dazu führt er einige Beispiele an wie z.B. „Das Ding oder das Tier, das als der Krankheit „ähnlich“ ausgewählt wird, kann nicht nur die Medizin gegen, sondern auch die Ursache für die Krankheit sein. Hühnerexkremente z.B. sind die Ursache von Ringelflechte und deren Heilmittel“ (Tambiah 1970, zitiert nach Kippenberg/Luchesi 1995, 262). Eine versuchte Auswertung der Daten von Evans-Pritchard selbst führt zu dem Ergebnis, dass plötzlichen und akuten Krankheiten „mystische“ Ursachen zugrunde liegen und chronische Erkrankungen eine doppelte Verursachung haben können, nämlich die Krankheit selbst und Hexerei, die deren Auftreten und Dauer beeinflusst. Laut Tambiah hatte Evans-Pritchard klare Anhaltspunkte dafür, dass ein Großteil der Zande-Magie auf analogischem Denken und Handeln beruht, jedoch wird diese Thematik nicht tief greifender von Evans-Pritchard erörtert. Die Verwendung von Analogien Tambiah selbst versucht anhand der vorliegenden Erörterungen von Evans-Pritchard die Verwendung von Analogien bei den Zande herauszuarbeiten. Er schreibt, dass über das gesamte Buch von Evans-Pritchard verstreut immer wieder Beispiele für analogische Verfahren zu finden sind. Daraus führt er unter anderem folgendes Beispiel an: „ Wenn die Zande die Stämme der Bananenstauden mit Krokodilszähnen anstechen, sagen sie: „Krokodilszähne seid ihr, ich steche Bananen mit ihnen an, die Bananen mögen so fruchtbar wie Krokodilszähne sein“ (Tambiah 1970, zitiert nach Kippenberg/Luchesi 1995, 266). Was wird unter einer Analogie verstanden? Bei Analogien geht es hauptsächlich darum, dass Ähnlichkeiten zwischen den verglichenen Instanzen festgestellt werden. So hat Analogie die Bedeutung eines Prototypen des Argumentierens aus der Erfahrung. Tambiah unterscheidet zwei Typen von Analogien, den wissenschaftlich- prädizierenden Typ und den konventionellenpersuasiven Typ. „Positive Analogie“ meint Ähnlichkeiten oder gemeinsame Eigenschaften der verglichenen Dinge , „negative Analogie“ kennzeichnen Unterschiede, oder Eigenschaften, die sie nicht gemeinsam haben und „neutrale“ Analogien sind jene Eigenschaften der verglichenen Dinge, wo nicht bekannt ist, ob die positiv oder negativ sind. Ein Beispiel für eine positive Analogie wäre: Ähnlichkeitsbeziehung Seminar „Symbolisches Heilen: Modelle, Mythen, Fakten“ Prof.Dr. Dagmar Eigner VerfasserIn: Kerstin Schürer-Waldheim Matr: 0505051 Studkz: A297 Kausalbeziehungen Toneigenschaft Lichteigenschaft Widerhall Reflexion Lautstärke Helligkeit Tonhöhe Farbe usw. Es gibt zwei Arten von Zweierbeziehungen in dieser Analogie, die horizontalen und die vertikalen Beziehungen. Um für die Wissenschaft als materiale Analogie nützlich zu sein, müssen die horizontalen Begriffspaare entweder identisch oder ähnlich sein, die vertikalen Beziehungen jedoch kausal. Bei einer negativen Analogie geht es um eine Differenz, um ein Fehlen von etwas. Anhand des nächsten Beispieles, wo es um die Analogie Vogel/Fisch geht soll dies verdeutlicht werden: Ähnlichkeit Vogel Fisch Gleichzeitiges Flügel Flosse Vorkommen Lunge Kiemen Federn Schuppen Diese Analogie geht von den bekannten Teilen des Vogelskelettes aus und im Vergleich mit dem Fisch, werden die diesem Tier fehlenden Teile aufgezeigt. Als Beispiel für eine neutrale Analogie führt Tambiah folgendes an: Vater Arbeitgeber : Kinder Arbeiter „Wir wollen einmal annehmen, dass zwischen der Vater-Kinder-Beziehung und der ArbeitgeberArbeiter-Beziehung (positive Analogie) insofern ein Zusammenhang besteht, als der Arbeitgeber in Form von Arbeit und Löhnen so für seine Arbeiter sorgt, wie der Vater für die materiellen Bedürfnisse seiner Kinder“ ( Tambiah 1970, zitiert nach Kippenberg/Luchesi 1995, 275). Weiters wird jedoch angenommen, dass die Beziehung der Kinder zum Vater über dieses bloße Seminar „Symbolisches Heilen: Modelle, Mythen, Fakten“ Prof.Dr. Dagmar Eigner VerfasserIn: Kerstin Schürer-Waldheim Matr: 0505051 Studkz: A297 Abhängigkeitsverhältnis hinausgeht und das Kind den Vater liebt, ihm gehorcht, ihn respektiert, usw. Diese Bedeutung lässt sich jedoch nicht auf die Arbeitgeber-Arbeiter-Beziehung übertragen, was eine negative Analogie kennzeichnet. Jedoch ist genau diese Bedeutung der Grund für diese Analogie, da der Zweck dahinter jener ist, den Arbeiter den Glauben zu vermitteln, dass er wie ein „Kind“ sei. Daher wird diese Analogie und ihre Varianten als „persuasiv“, „rationalisierend“ oder „evozierend“ bezeichnet. So lautet die These von Tambiah, „dass das analogische Verfahren bei einer rituellen Tätigkeit, die Worte und das Manipulieren von Gegenständen umfasst, eher dem „persuasiven“ als dem „wissenschaftlichen“ Modell entspricht“ (Tambiah 1970, zitiert nach Kippenberg/Luchesi 1995, 276). Laut Tambiah beruht das rituelle Vorgehen der Zande auf der expliziten Erkenntnis sowohl der Ähnlichkeit als auch der Differenz zwischen den vertikalen Beziehungen der Begriffspaare. So wird die Manipulation in der rituellen Tätigkeit realistisch und in der Übertragung nicht nur durch das Wort geleitet, sondern auch dadurch, dass ein materielles Stück des gewünschten Gegenstandes aus der gewünschten Analogie in Berührung mit dem Gegenstand gebracht wird, der der Übertragung bedarf (vgl Tambiah 1970). Es besteht jedoch ein wesentlicher Unterschied in der Verwendung von Analogien im Ritual und in der Wissenschaft. Bei magischen Ritualen erfolgt meist eine verbale Darlegung der analogischen Beziehung und der angestrebten Wirkung entweder gleichzeitig mit oder vor dem sogenannten „homöopathischen“ Akt. In der Wissenschaft wird dies jedoch meist nur angewendet, wenn ein Wissenschaftler ein Experiment einem Publikum erklärt und gleichzeitig durchführt, sonst würde er seine Tätigkeit nicht laut äußern. Wie kann man Rituale (die „Magie“ einschließen) verstehen? Tambiah ist der Ansicht, dass man, wenn Magie als einen fehlgeschlagenen Versuch sieht, Wissenschaft zu betreiben, damit behauptet, dass nicht westliche Völker in ihren Ritualen und ihrer Magie versuchten, so auf dem Weg des kausalen Denkens Ergebnisse zu erzielen und dabei scheiterten. Wie schon zuvor erwähnt, vertritt Tambiah die Überzeugung, dass ein Großteil der „primitiven“ Magie, wie auch die westliche Wissenschaft, auf analogischen Denken und Handeln beruht. Der Unterschied zwischen den beiden ist jedoch, dass die Verwendung von Analogien in der Wissenschaft vor allem auf der Falsifizierung von Aussagen beruht. Magische Riten können in diesem Sinne nicht nach wissenschaftlichen Kriterien als wahr/falsch beurteilt werden, sondern durch andere Maßstäbe, wie z.B. Überzeugungen und die Legitimität der Zeremonie. Wichtig ist ein Seminar „Symbolisches Heilen: Modelle, Mythen, Fakten“ Prof.Dr. Dagmar Eigner VerfasserIn: Kerstin Schürer-Waldheim Matr: 0505051 Studkz: A297 Verstehen der Form und der Bedeutung der Rituale unter dem Gesichtspunkt der inneren Bedeutungsform und der äußeren praktischen Form. Die meisten magischen Riten verbinden Wort und Tat miteinander und der Ritus soll als kategorische Übertragung von Wirkungen dienen. Um eine Perspektive zu formulieren, unter der die Form und die Bedeutung von Ritualen gesehen werden kann, bezieht sich Tambiah auf Ausführungen von Austin zur „Theorie der Sprechakte“. Dieser geht von einem performativen oder auch illokutionären Akt aus, und meint damit, dass das Äußere eines Satzes nicht allein damit beschrieben werden kann, dass etwas gesagt wird, sondern es geht mehr darum, dass damit ganz oder teilweise eine Handlung vollzogen wird. Zum Beispiel wenn ein Mann in seinem Testament sagt: „Ich gebe und hinterlasse...“ dann ist damit gemeint, dass ich nicht beschreibe was ich tue, oder feststelle, dass ich es tue, sondern es heißt: es tun. Um herauszufinden, wann Sprechen Handeln ist, oder wann im Sprechen selbst gehandelt wird, oder wann eine Handlung durch sprechen vollzogen wird, ist folgende Einteilung von Sprechakten hilfreich: „1. Die Aufführung eines lokutionären Aktes: bedeutet die Äußerung eines Satzes mit einer bestimmten Bedeutung und Bezugnahme (eine Behauptung, die beschreibende Angabe einer Tatsache), die in einem referenziellen Sinn wahr oder falsch ist. 2. Die Aufführung eines illokutionären Aktes: das bezieht sich auf eine Äußerung, der kraft Konvention eine bestimmte Rolle zukommt, ein performativer Akt, der etwas tut (wie es im Versprechen, Befehlen, Entschuldigen, Warnen usw. impliziert ist). Gewöhnlich ist die explizite illokutionäre Äußerung reduzierbar auf oder zerlegbar in eine Form, in der das Verb in der 1.Person Singlular Präsens Indikativ Aktiv erscheint (d.h. Das „Ich“, der „Aktiv“ und das „Präsens“ gehören offenbar zusammen). Diese Aussagen können nicht als wahr oder falsch bewiesen werden, sondern werden normativ beurteilt, als glücklich/unglücklich, usw. 3. Die Aufführung eines perlokutionären Aktes: das bezieht sich auf das, was wir durch die Rede bewirken oder erreichen (wie es im Überzeugen, Überreden, Irreführen mitklingt). Es bezieht sich sowohl auf die intendierte wie auf die nichtintendierte Auswirkung auf den Hörer der vom Sprecher geäußerten Worte. (Durch mein Reden überzeugte ich ihn...)“ (Tambiah 1970, zitiert nach Kippenberg/Luchesi 1995, 286). Die Trennung der drei Akte ist hier nur analytischer Art, sonst schließen sie einander nicht aus. Was bedeutet dies nun für rituelle Akte und magische Riten? Beide gehören, aufgrund der Tatsache, dass sie eine Veränderung herbeiführen, also etwas bewirken, zur „illokutionären“ oder Seminar „Symbolisches Heilen: Modelle, Mythen, Fakten“ Prof.Dr. Dagmar Eigner VerfasserIn: Kerstin Schürer-Waldheim Matr: 0505051 Studkz: A297 „performativen“ Art. Dabei sollten die Aspekte des Ritus von seinen prelokutionären (Auswirkungen auf Beteiligte) und seinen lokutionären (referenziellen, informationstransportierenden) Zügen unterschieden werden. Jedoch ist zu beachten, dass Äußerungen nicht das einzige ist, was notwendig erscheint, um einen illokutionären Akt für durchgeführt zu halten und dass auch Handlungen, die kein Sprechen sind, dazugehören. Es kann auch der Fall eintreten, dass ein performativer Akt ganz ohne Worte vollzogen wird (wie z.B. bei einer Blutsbruderschaft), jedoch vereint die überwiegende Mehrheit von Ritualen und magischen Handlungen Wort und Tat. Bei einem Ritus kommt es meist zu einem engen Ineinandergreifen von Handlung und Rede. Dabei kommt es im Rahmen von Aussagen und Bezugnahmen zu analogischen Verbindungen, Vergleiche und Übertragungen. Es leitet sich daher die illokutionäre Wirkung und Macht aus der Verwendung von Worten in Form von Befehlen, Anordnungen, Überredungen,... her. In einer ähnlichen Weise kann auch die Handlung analysiert werden, denn die Gegenstände, die beeinflusst werden, werden auf der Grundlage von Ähnlichkeit und Differenz auf Analogien hin ausgewählt und sollen so Bedeutung transportieren. Es besteht die Handlung darin, dass an einem symbolischen Gegenstand etwas durchgeführt wird, was sich in einer Übertragung seiner Eigenschaften auf einen Empfänger auswirken soll. So möchte man, dass sich Eigenschaften von einem Gegenstand auf einen anderen, dem diese Eigenschaften fehlen, übertragen. Dies zeigt, dass die Verbindung von Wort und Handlung wesentlich ist für magische Akte und Riten. Daher wäre es nicht angemessen zu versuchen, diese Riten zu verifizieren, da sie nicht, in einem referenziellen Sinne, wahr oder falsch sind. Es wäre nicht richtig von einer Zeremonie als solcher zu sagen, dass sie falsch sei, jedoch können einzelne Durchführungsschritte nicht richtig oder mangelhaft durchgeführt worden sein (vgl. Tambiah 1970). „Daraus ergibt sich, dass man (1) normative Urteile über die Wirksamkeit (Richtigkeit, Mangelhaftigkeit, Angemessenheit etc.) zwar an die einzelnen rituellen Aufführungen vom illokutionären oder performativen Typus anlegen kann, es aber unangemessen ist, ihre Wirksamkeit unter dem Gesichtspunkt von Verifikationsaussagen und induktiven Regeln zu beurteilen und dass (2) zwar das Ritual nicht im allgemeinen, als Institution, für mangelhaft erklärt werden kann, dafür aber gewisse Einzelfälle, wenn die richtigen Bedingungen der Durchführung nicht eingehalten werden“ (Tambiah 1970, zitiert nach Kippenberg/Luchesi 1995, 290). Hier wäre es nicht richtig, Magie, die auf das Erreichen von Wirkungen ausgerichtet ist, mit dem europäischen Denkmuster zu vergleichen, da dieses auf den Regeln des Beweisens und des Experiments beruht. Denn die Zande, auch wenn sie vielleicht Seminar „Symbolisches Heilen: Modelle, Mythen, Fakten“ Prof.Dr. Dagmar Eigner VerfasserIn: Kerstin Schürer-Waldheim Matr: 0505051 Studkz: A297 an dem Wissen einzelner Medizinmänner usw. zweifeln, ihr Glaube an das System jedoch davon nicht betroffen ist. So widersetzt sich das afrikanische Denksystem, welches auf Erklärung und Vorhersage ausgerichtet ist, einer Falsifizierung. Das kommt daher, da das traditionelle afrikanische Denken ein „geschlossenes System“ darstellt, aus dem die Gläubigen nicht heraustreten können. Dies stellt auch ein unreflektiertes Denken dar, was heißt, dass diesem Denken die Logik, Philosophie und die Reflexion über die Regeln der Erklärung fehlen. „Das analogische Denken in der westlichen Wissenschaft einerseits und im primitiven Ritual andererseits hat verschiedene Implikationen. Wie die „illokutionären“ und „performativen“ Akte haben die rituellen Akte Folgen, bewirken sie Veränderungen, strukturieren sie Situationen nicht im Idiom der „westlichen Wissenschaft“ und „Rationalität“, sondern im Sinne der Konvention und der normativen Beurteilung und als Lösungen existentieller Probleme und Denkrätsel. Diese Art zu denken und zu handeln ist übrigens auch in den westlichen Gesellschaften anzutreffen- sie besteht neben der Wissenschaft und gedeiht außerhalb ihres Tätigkeits- und Bedeutungsbereichs“ (Tambiah 1970, zitiert nach Kippenberg/Luchesi 1995, 292). So sollte die Frage nach der Daseinsberechtigung von Magie und Ritualen nicht unter der Perspektive einer angewandten Wissenschaft beantwortet werden, sondern es sollte vielmehr zur Kenntnis genommen werden, dass magische Riten in Bereichen eingesetzt werden, wo der nichtwestliche Mensch nicht das westliche Wissen erreicht hat und so die Wirklichkeit in seinem Maße zu kontrollieren versucht. „Vielleicht sind deswegen, weil sich Magie und angewandte Wissenschaft sozusagen auf verschiedenen Wellenlängen befinden und sich trotzdem (partiell) in den Bereichen, auf die sie sich erstrecken, überlappen können, die Auswirkungen der Ausbreitung der modernen Wissenschaft und der Technologie in den sog. „traditionellen“ Gesellschaften komplex, inkonsisten und nichtlinear“ (Tambiah 1970, zitiert nach Kippenberg/Luchesi 1995, 293f). Die Bedeutung der europäischen Erfahrung Um Rituale nichtwestlicher Gesellschaften verstehen zu können ist es wichtig diese unabhängig von unsere eigenen wissenschaftlichen Erfahrungen zu sehen. „Nur dadurch, dass wir die Rituale nichwestlicher Gesellschaften als „Magie“ und die Substanzen, die sie verwenden, als „Medizinen“ und „Heilmittel“ bezeichnen, können wir -allein durch Bezeichnen- den so bezeichneten Phänomenen keine Wesenszüge beilegen, die vielleicht nur der eigenen heutigen Zivilisation eigen sind. Von hier ist es nur ein kleiner Schritt dazu, eben diese rituellen Praktiken und Ideen als zwar der empirischen Wissenschaft gleichgestellt, aber selbstverständlich irregeleitet hinter ihr Seminar „Symbolisches Heilen: Modelle, Mythen, Fakten“ Prof.Dr. Dagmar Eigner VerfasserIn: Kerstin Schürer-Waldheim Matr: 0505051 Studkz: A297 zurückstehend einzuschätzen“ ( Tambiah 1970, zitiert nach Kippenberg/Luchesi 1995, 296). Literaturverzeichnis: Tambiah, S.J. (1970: Form und Bedeutung magischer Akte. Ein Standpunkt, in: Kippenberg/ Luchesi (Hg): Magie (1995), 2. Auflage, Suhrkamp: Frankfurt am Main