Grundlagen der Ergotherapie 1. Klientenzentrierte Gesprächsführung Gespräche mit Patienten und Angehörigen: Nicht direktive Beratung Klient soll sich geborgen und sicher fühlen Soll zu eigenen Erkenntnissen gelangen Soll eigene Entscheidungen treffen Zusammen mit Klienten Lösungen finden, was für diesen am besten ist u. er möchte (Klienten begleiten und unterstützen) Konzept der personenzentrierten Gesprächsführung: Förderung und Freisetzung persönlichen Wachstums ( Wachstumspotenzial) und notwendige Veränderungs- u. Anpassungsprozesse 3 Faktoren zur therapeutischen Grundhaltung: Kongruenz ( Echtheit; eigene reale Sein in Kontakt mit einbringen) Akzeptanz ( Wertschätzung; nicht urteilendes, höchst sensibles Verstehen) Empathie (Einfühlung; emotionale Zuwendung) 2. Berufskompetenzen Schlüsselqualifikationen= grundlegende berufsübergreifende Qualifikationen Persönlich-charakteristische Grundfähigkeiten z.B. Ausdauer Geduld Zuverlässigkeit Lernbereitschaft Leistungs-, tätigkeits-, aufgabengerichtete Fähigkeiten z.B. entscheiden delegieren organisieren strukturieren Sozialgerichtete Fähigkeiten z.B. Kooperationsbereitschaft Empathie Konfliktbewältigung Wofür sind diese Fähigkeiten notwendig? Für therapeutische Berufe sind alle 3 Faktoren wichtig. So braucht man Geduld mit den Patienten, muss zuverlässig zu den Therapieeinheiten kommen, entscheiden was man mit dem Patienten machen möchte, ziele mit dem Patienten setzen. Man sollte dem Patienten empathisch sein und mit den anderen Berufsgruppen bzw dem Patienten kooperieren. Wenn Menschen mit Menschen arbeiten benötigen sie verschiedene Arten der Fähigkeiten und Fertigkeiten. Allein fachliche Kompetenz reicht für ein befriedigendes Ergebnis ebenso wenig aus wie allein soziale Kompetenz. Dies gilt nicht nur für die Arbeit am Patienten, sondern auch für die arbeit mit Angehörigen und die effektive Arbeit im Team. 1 4 Berufskompetenzen: Sachkompetenz= Erwerb von Wissen und Fertigkeiten Ergos brauchen medizinische, sozialwissenschaftliche und handwerklichgestalterische Kenntnisse, um physiologische, psychologische, soziale und pathologische Abläufe und Zusammenhänge zu erkennen und entsprechend zu handeln Wahrnehmungskompetenz (Eigen+ Fremdwahrnehmung) Erfassen, analysieren und reflektieren von: Situationen Prozessen Handlungen Strukturen Gefühlen Eigenem Verhalten und Verhalten anderer Wichtig für den therapeutischen Bereich,z.B. das Verhalten des Patienten und Heilungsprozesse beobachten u. analysieren und fähig sein, aus den Beobachtugnen Konsequenzen zu ziehen, Zielsetzungen und Durchführung der Behandlung verändern. Eigene Gefühle klar machen, Handeln reflektieren können.. Soziale Kompetenz: Kontaktaufnahme Beziehungen aufbauen und halten Beziehungen wieder beenden Zuhören Einfühlen Therapeutische Distanz einhalten Konflikte erkennen, aushalten und lösen Kritik äußern und annehmen können Handlungskompetenz Ergibt sich aus dem Erreichen der anderen 3 Kompetenzen Integration von Sach-, Wahrnehmungs- und Sozialkompetenz um eine adäquate therapeutische Intervention zu ermöglichen, die es dem Patienten ermöglicht, wieder eigene Kompetenzen zu entwickeln 3. Qualitätssicherung Am Beispiel der ET- Ausbildung Alle organisatorischen, technischen und normativen Maßnahmen, die geeignet sind, die Qualität der Dienstleistungen Berufsausbildung hinsichtlich der an sie gerichteten Erwartungen zu sichern, zu verbessern und sie der Weiterentwicklung des fachlichen und pädagogischen Wissens anzupassen. Z.B. Erwartung der Regierung an den Lehrplan wird im Examen nachgeprüft 4 Qualitätsbereiche an denen sich Qualitätssicherung messen und unterschieden lässt: Planungsqualität Strukturqualität Prozessqualität Ergebnisqualität 2 Strukturqualität (was ist vorhanden?) Durch Schule festgelegte Rahmenbedingungen z.B.: Organisationsform des Trägers Räumlichkeiten und Ausstattung Anzahl u. Qualifikation der Lehrer Leitungs- u. Kommunikationsstruktur Relation Schüler – Lehrkräfte Rahmenunterrichtsplan mit Angabe von Lerninhalten, Lernzielen, Lernkontrollen… Prozessqualität (wie?, wie Struktur umgesetzt wird) Realisierung der strukturellen Vorgaben u. Art u.Weise der Umsetzung z.B.: Fachlich-sachlich sowie methodisch-didaktisch fundierte Unterrichtsplanung u.-durchführung Dokumentation der Lehr-/Lern- o. praktischen Unterweisungsprozesse und ihre Ergebnisse Angebote bei Lernschwierigkeiten Einbeziehung von Schülern in schulische Entwicklung Ergebnisqualität Gradmesser für erbrachten Leistungen der Schule. Qualitätsaspekte der Berufsausbildung müssen vorher definiert und festgelgt werden, um erreichte Ergebnis genau überprüfen zu können z.B.: Fähigkeiten zur berufsspezifischen Diagnostik Therapieplanung u. Durchführung Behandlungsevaluation Instrumente der Qualitätsüberprüfung Ausbildungsstandards Zertifizierung WFOT Überprüfen durch Bund und Länder Mindestanforderungskatalog DVE u. WFOT Befragung von Anleitern und Schülern Befragung der zukünftigen Arbeitgeber Supervision Qualitätszirkel 4. Model of Human Occupation (MOHO) Modell menschlicher Betätigung (Gary Kielhofner) Subsystem= organisierte und aufeinander bezogene Zusammenstellung on Mustern und Prozessen, die einen gemeinsamen Zweck haben 3 gleichwertige nicht hierarchische Subsysteme des Menschen beeinflussen das menschliche Handeln Volition (Motivation) Selbstbild Werte Interessen Habituation (Gewohnheiten) Gewohnheiten Rollen Performance (Durchführung) Fertigkeiten im Bereich Geist Gehirn Körper 3 Volition System von Disposition und Selbsterkenntnis, das Menschen dazu führt und befähigt Betätigungsverhalten zu antizipieren, zu wählen, zu erleben und zu interpretieren. Disosition beinhaltet in diesem Zusammenhang die kognitive emotionale Ausrichtung gegenüber Handlungen wie Freude, Wertschätzung und ein Gefühl der Kompetenz bei der Durchführung bringt uns dazu etwas zu tun, eine Betätigung auszuführen Interessen: Disposition Freude und Zufriedenheit innerhalb von Betätigung zu finden und das Bewusstsein unseres Vergnügens an Betätigung (Interessen-Checkliste) Selbstbild: Sammlung von Disposition und Selbsterkenntnis bezogen auf eigene Kapazitäten und Wirksamkeit innerhalb von Betätigungen Werte: Zusammenhängende Sammlung von Überzeugungen, die einer Betätigung Bedeutung oder Standards zuschreiben und eine starke Disposition auslösen, entsprechend zu handeln Habituation Gewohnheiten sind latente Tendenzen, die sich aus früheren Wiederholungen ergeben, sich überwiegend auf einer unterbewussten Ebene abspielen und eine große Bandbreite an Verhaltensmustern beeinflussen ( Fragebogen zur Betätigung) Rollen schaffen in unserem leben ein gewisses Ausmaß an Struktur und Regelmäßigkeit. Wir erfahren über eine Vielzahl von Rollen eine große Bandbreite an Betätigungsmöglichkeiten und Wechsel an Aktivitäten (Rollen-Checkliste) Gewohnheiten laufen automatisiert ab, zu viel Gewohnheiten machen unflexibel und zwanghaft Performance Spontaner Aufbau von Handlung, die notwendig ist, um eine Beschäftigung durchzuführen MOHO differenziert 3 Arten von Fertigkeiten Motorische Prozesshafte Kommunikations- und Interaktionsfertigkeiten Assessment of Communication and Interaction Skills (ACIS) Assessment of Motor and Process Skilss (AMPS) Beispiel: Warum will jemand als Arzt arbeiten? Volition (Interessen, Selbstbild, Werte) Menschen zu helfen wichtige Aufgabe im Leben, bin ausdauernd um langes Studium zu absolvieren; Medizin und Bio haben mich schon immer interessiert Habituation ( Gewohnheiten, Rollen) Lerne bei lauter Musik am besten, seit vielen Generationen Ärzte in Familie, Praxis vom Vater übernehmen Performance ( Gehirn, Geist, Körper) Wacher Verstand kann Wissenschaft dienen, manuelle Geschicklichkeit für Gefäßchirurgie gut, Sozialkompetenz für Arztberuf wichtig 4 Räumliche Umwelt Umfasst das materielle Umfeld, welches natürliche und geschaffene Räume und Objekte enthält Ermöglicht Handeln Soziale Umwelt Ist die umgebende Welt der interagierenden Menschen und der Dinge die sie tun Gruppen Erfordert Handeln 5. Handlung/ Handeln Elemente des Handelns 1. Zielgerichtetheit einer Handlung Ziel ist der Zustand den man nach der Handlung erreicht haben will. z.B. satt zu sein, wenn ich Hunger habe 2. Handlungsentwurf (des Planens) Kognitive Repräsentation des Ablaufs einer künftigen Handlung Mache mir Plan im Kopf, wie komme ich an mein Ziel, was ist zu tun Über einen Plan zu verfügen bedeutet eine ausreichende Vorstellung des Handlungsablaufs zu besitzen 3. Veränderbarkeit von Plänen Findet nur kognitiv und automatisch statt; Verfügbarkeit von Alternativplänen, wenn Probleme auftreten bei Verwirklichung eines Plans 4. Rückkoppelung zwischen Planen und Handeln Überprüfung der bisherigen Handlungschritte und Annäherung an gesetztes Ziel Stimmt der Weg/ Plan 5. Wissen des Handelnden Wissen ist zusammen mit Wahrnehmung der Gegebenheiten Grundlage der Realitätsanpassung des Handelns. Wissen sind Kenntnisse des Handelnden, die in Zusammenhang mit der Handlung bewusst werden und sich auf den Handelnden, seine Partner, die Situation und Handlung einschließlich ihrer Vorgeschichte und Bedeutung beziehen Warum ist Betätigung wichtig? Grundbedürfnis des Menschen Notwendig für Gesundheit und Wohlbefinden Wesentliche des menschlichen Daseins Gibt dem Verhalten Struktur (arbeitlose ziehen sich morgens nicht an..) Verändert sich in einzelnen Lebensabschnitten Für einzelnen charakteristisch und einzigartig 5 Handlungsfähigkeit Handlungsfähig im Alltag zu sein bedeutet, dass der Mensch die Aufgaben, die er sich stellt und die, die ihm durch sein leben bzw. durch die Gesellschaft gestellt werden für sich zufrieden stellend erfüllen kann. Für eine effiziente Handlungsfähigkeit ist Voraussetzung , dass körperliche, geistige und psychische Funktionen weitgehend intakt sind und der Mensch in eine sinnvolle Interaktion mit der Umwelt treten kann. Occupational Performance Handlungsdurchführung Fähigkeit, sinnvolle kulturell bedingte und altersentsprechende Betätigungen auszuwählen, zu organisieren und zufrieden stellend auszuführen, um sich selbst zu versorgen, Freude am leben zu haben und zum sozialen u. ökonomischen Gefüge einer Gesellschaft beizutragen 6. Grundannahmen der klientenzentrierten Praxis Klientenzentrierte Praxis in der Ergotherapie geht davon aus, dass jede Person, die behandelt wird, sich selbst am besten kennt und daher den Schwerpunkt der Behandlung selbst festlegen sollte. Jeder zu behandelnde Klient bringt spezifische Stärken und Bedürfnisse mit. Kanadisches Modell der Ocupational Performance (CAOT) Respekt vor Klienten und ihren Familien Überzeugung, das Klienten und Familien dafür verantwortlich sind zu entscheiden, welchen Betätigungen sie nachgehen Bereitstellung einer auf den einzelnen abgestimmten Therapie Einbeziehen der Umwelt, in der jemand lebt und der Rollen, die er übernimmt, während der gesamten therapeutischen Intervention Informative Hilfestellung, die es dem Klienten ermöglicht, seine Occupational Performance Probleme zu identifizieren Verständnis von ergotherapeutischer Intervention als Partnerschaft zwischen Klienten, ihren Familien und Ergos Beispiele für Betätigung in Performance Bereichen Selbstversorgung Sorgen für eigene Person: waschen, anziehen, essen Mobilität: Treppen steigen, Bett, Auto Regelung persönlicher Angelegenheiten: Transport, Finanzen Produktivität Bezahlte/unbezahlte Arbeit: Arbeitsstelle finden/erhalten Haushaltsführung: kochen, Wäsche waschen Spiel/ Schule: Spiele spielen, in Schule gehen, Hausis machen Freizeit Ruhige Erholung: Hobbies, Lesen Aktive Erholung: sport , reisen Soziale Aktivitäten: telefonieren, Parties, Besuche 6 6. Assessment Diagnostischer Prozess in der Rehabilitation. Es handelt sich um eine multidimensionale Gesamterfassung und Bewertung der gesundheitlichen Person eines Patienten, bei der körperliche, psychische und soziale Komponenten sowie Daten zu seinem Unfeld erfasst, gegliedert und bewertet werden „Beurteilung der Fähigkeiten eines Patienten, in der Arena Alltag zu funktionieren“ Ergotherapeutischer Befund ist diagnostisches Verfahren Befunderhebung verläuft durchgehend in jeder Alltagssituation u. ist nie abgeschlossen 7. Befunderhebung Heißt: Einfluss und Größe der Störung auf das Handeln u. Verhalten zu verstehen z.B. Lehrer hat Sprachstörung; sehr problematisch für den Beruf geht evtl nicht mehr unter Leute Beeinflussbarkeit der Störung erkennen Fähigkeiten und Fertigkeiten des Patienten u. seine Ressourcen kennen lernen Weitere med., therapeutische und pharmakologische Maßnahmen u. ihren Einfluss auf den Krankheitsprozeß zu ermitteln bzw. zu verstehen Quellen der Befunderhebung Patientenbefragung (Eigenangaben) VORTEILE subjektiv erlebte Einschränkungen persönliche Schwerpunkte Rollenerwartungen Hobbys/Anforderungen der Arbeitsstelle Informationen über Partnerschaft/Familie NACHTEILE subjektiv evtl. fehlende Krankheitseinsicht peinliche Situation für Patienten nicht möglich bei Sprachstörungen Angehörigengespräch VORTEILE spezifischere Fragen möglich evtl. Fragebogen genaue Kenntnis der häuslichen Umgebung Angaben über Gewohnheiten/Rollenverteilung NACHTEILE subjektiv evtl. zu viel Hilfestellung zu wenig oder zu viele Erwartungen freie unsystematische Beobachtungen VORTEILE NACHTEILE keine zuverlässige Messung keine Testsituation streßfreier keine Vergleichswerte Beobachtung spontaner Reaktionen alltagsrelevante Situationen Beobachtungen am Rande der Therapie 7 systematische Beobachtungen VORTEILE geplante arrangierte Situation objektivere Vergleichsmöglichkeiten NACHTEILE evtl. ungewohnte Tätigkeit kaum spontane Reaktionen keine Alltagssituation Fremdangaben professioneller Helfer VORTEILE objektiv klare spezifische Terminologie Wissen über Normwerte NACHTEILE anderer spezifischer Gesichtspunkt beeinflussend Testverfahren VORTEILE Objektivität – unabhängig vom Untersucher Reliabilität –mißt das, was es zu messen vorgibt einheitliche sprachliche Definition zur Beschreibung des Befunds NACHTEILE geben keinen Hinweis, warum der Patient die Aufgabe nicht ausführen kann lassen persönliche und psychosoziale Aspekte unberücksichtigt 8.Canadische Modell der Occupational Performance (CMOP) Ist ein von Ergos für Ergos entworfenes Messinstrument, mit dem über einen bestimmten Zeitraum die Veränderungen in der Eigenwahrnehmung eines Klienten bezügliche seiner Occupational Performance festgestellt werden kann. COPM soll dazu dienen das Ergebnis der Rehabilitation zu dokumentieren. Erklärung des Modells Die Person: Spiritualität: persönliche Innere, Anteile einer Person, die motivieren sich Aufgaben und Tätigkeiten im Leben zu stellen. Zusätzlich charakteristische Züge Affektive Komponente alle sozialen u. emotionalen Anteile, die bei Betätigung vorkommen Kognitive Komponente geistige Faktoren (Kognition, Intellekt, Konzentration, Gedächtnis u. Beurteilung) Körperliche Komponente sensorische und motorische Anteile, die bei Betätigung zum Tragen kommen Occupational (Betätigung) Selbstversorgung (Körperpflege, Mobilität, Regelung persönl. Sachen) Produktivität ( bezahlte/unbezahlte Arbeit, Hausarbeit, Schularbeiten) Freizeit ( ruhige Freizeit, aktive Freizeit, soziale Kontakte) Umwelt Kulturelle ( Traditionen u. Werte von Personengruppen innerhalt Gesellschaft, ethnische Praktiken, Feier u. Routinegewohnheiten) Institutionelle ( gesellschaftliche Praktiken, ökonomische, rechtliche u. politische Dienststellen wie Regierung Behörden) 8 Soziale (soziale Beziehungen, Organisationsstrukturen innerhalb einer Gemeinde, soz. Einstellungen und Überzeugungen) 4 Schritte Identifiziert Problembereiche der Occupational Performance Stuft die Prioritäten des Klienten bezüglich seiner Occupational Performance ein Bewertet Performance u. Zufriedenheit der Patienten in Bezug auf diese Problembereiche Misst, wie sich die Wahrnehmung des Patienten im laufe der ergotherapeutischen Behandlung verändert 7 Schritte des COPP (Occupational Performance Prozess 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. Occupational Performance Probleme benennen; Prioritäten setzen Theoretische Ansätze auswählen OP Komponenten u. Umweltbedingungen identifizieren herausfinden Stärken und Ressourcen identifizieren anzustrebende Ergebnisse aushandeln u. Aktionsplan entwickeln Plan durch entsprechende Betätigung umsetzen OP Ergebnisse evaluieren 9