LE Gruppen leiten – (k)ein Problem? 1.9 Gruppen leiten – (k)ein Problem? Kurzbeschreibung Gruppenprozesse, Strukturen in Gruppen, Rollen, Normen, Konflikte und ihr Umgang damit Kurzbeschreibung Der Umgang in und mit Gruppen gehört zu den wichtigsten Herausforderungen und Tätigkeitsfeldern von Sporthelfer/innen. Um zufrieden und erfolgreich arbeiten zu können, dürfen Jugendliche die Gruppe nicht als Bedrohung ansehen, sondern müssen sich als kompetent im Umgang auch mit schwierigen Situationen erleben können. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Sporthelfer/innen in der Regel nicht allein mit Gruppen arbeiten, sondern dass ein/e erfahrene/r Sportlehrer/in als Gruppenleiter/in direkt dabei ist, oder doch zumindest die Arbeit des Sporthelfers/ der Sportlehrerin durch Beratung unterstützt. Daher werden Sporthelfer/innen auch weniger gefragt sein, Impulse für Gruppenentwicklungen geben zu können, sondern benötigen eher Kompetenzen dafür, in konfliktgeladenen Gruppensituationen angemessen handeln zu können. Ziele Die TN kennen Kennzeichen von Gruppen und können die Begriffe Strukturen in Gruppen, Rollen und Normen sowie Entwicklungsphasen von Gruppen mit Leben füllen haben sich mit den Anforderungen und Aufgaben beim Leiten von Gruppen auseinandergesetzt haben sich mit Begriff und Verständnis von Konflikten auseinandergesetzt können Konflikte erkennen und haben Kompetenzen entwickelt, einfache Konflikte zu regeln und mit Konfliktsituationen angemessen umzugehen Didaktisch-methodische Überlegungen Konflikte sollen nicht als Bedrohung wahrgenommen werden, sondern als regel- und lösbare Bestandteile jedweden Umgangs von Menschen innerhalb von Gruppen. Daher soll jede/r Sporthelfer/in in dieser Lerneinheit erfahren, dass prinzipiell jeder Konflikt lösbar oder zumindest regelbar ist Die Auseinandersetzung mit Fallbeispielen die mittels der Methode Rollenspiel vorgenommen wird, lässt Situationen relativ realitätsnah bearbeiten. Im Spiel können Verhaltensweisen erprobt werden. Durch die Übernahme einer vorgegebenen Rolle wird nicht das korrekte oder verbesserungsbedürftige Verhalten eines Lehrgangsteilnehmers/einer Teilnehmer analysiert, sondern das mögliche Verhalten in einer fiktiven Situation. Im Spiel werden eventuell auch Emotionen freigesetzt, so dass das Lernen auf mehreren Ebenen angesiedelt sein kann. Ein gelungenes Erlebnis in einem Rollenspiel kann die Sporthelfer/innen stark machen, auch in realen Situationen adäquat zu handeln. Es besteht die Hoffnung, dass eine Erinnerung eintritt, wenn in einer Sporthelfer-Handlungssitutation ein ähnlicher Fall auftritt, wie er im Rollenspiel erlebt oder gesehen wurde. Unterstützende Medien Sportjugend NRW (Hrsg): Jugendarbeit im Sport. Materialien zur Qualifizierung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Duisburg 1998 1.3 Verhalten in Gruppen, 1.4 Kommunikation und Zusammenarbeit Zeit: 120 Minuten 1 LE Gruppen leiten – (k)ein Problem? Material: Gruppenraum mit Stuhlkreis Wandzeitung, Flipp Chart, Filzstifte Arbeitsmaterial: Fallkarten für Rollenspiel Sporthalle, Ball und Parteibänder Inhalte/Stundenverlauf Kennzeichnen von Gruppen (20 Min) Die LL stellt wesentliche Kennzeichen (Anzahl der Mitglieder, Dauer, Zweck/Ziel, Interaktion, …) vor und vergleicht diese Kennzeichen mit der Lerngruppe Sporthelfer in Form eines Lehr-/Lerngespräches. Kennzeichen werden an der Wandzeitung festgehalten (Anlage). Ziele/Gedanken Die TN kennen Definitionen von Gruppen und können diese auf die Lehrgangsgruppe übertragen und anwenden. Durch die Herangehensweise an den Inhalt Gruppe unter Bezugnahme auf die Lerngruppe Sporthelfer wird zum einen das Lernen sehr praxisnah angelegt und zum anderen die Sensibilität geweckt, dass die Jugendlichen den Gruppenprozess im Lehrgang aufmerksam mitverfolgen. Die TN wissen, dass sie Gruppenkonstellationen beobachten können und daraus Konfliktpotenziale ableiten können. Die TN bearbeiten das Arbeitsblatt unter Anwendung des Wissens über Gruppe und Gruppendynamik und erarbeiten sich dabei auch das Thema Konflikte. Die TN kennen ein Verständnis von Konflikten und Konfliktentstehung. Sie haben eine Idee davon, wie dem Ausbruch eines Konfliktes vorgebeugt werden kann. Die TN erkennen, dass Konflikte eine Herausforderung, aber keine Katastrophe bedeuten. Durch die Fähigkeit, Gruppenprozesse erkennen zu können, haben die TN einen ersten Ansatzpunkt für systematisches Konfliktmanagement. Sie haben erlebt, dass sie Konflikte identifizieren und Lösungsideen eigenständig entwickeln können. Die TN können das bisher Gelernte in einer Rollenspielsituation in der Sportstätte anwenden. Sie erkennen Konflikte und haben fundierte Vorstellungen davon, wie sie den Konflikten begegnen können. Bestimmte Kennzeichen von Gruppen und daraus sich ergebende Konflikte werden erfahren. Damit versetzen sich die TN intensiver in Konfliktsituationen hinein. Sie erfahren sie sozusagen „am eigenen Leib“. Konflikte, die ihren Ursprung in Gruppenkonstellationen haben (10 Min) Die TN setzen sich mit dem Arbeitsblatt „Gruppenbaum“ (Anlage 2) auseinander. In Partnergesprächen werden einzelne „Gruppenmitglieder“ in ihrem Kontakt mit anderen genauer analysiert. Umgang mit Konfliktpotenzialen und mit aufgetretenen offenen und verdeckten Konflikten (30 Min) Die Ergebnisse der Partner-Arbeit werden nach und nach vorgestellt und in Bezug auf mögliche oder bereits entstandene Konflikte besprochen. Die Lehrgangsleitung schreibt Ideen auf, wie mit den Situationen konstruktiv umgegangen werden kann. Diese Ideen werden gezielt nachgefragt oder auch durch die LL eingebracht. Mögliche Konflikte in Gruppen innerhalb eines Sportspieles (20 Min) Das Spiel „10-er Ball“ wird gespielt. In diesem als Rollenspiel durchgeführten Spiel erhält jede Person in den beiden Teams eine Rollenkarte und verhält sich im Spiel entsprechend der Vorgabe (Anlage 3). 2 LE Gruppen leiten – (k)ein Problem? Inhalte/Stundenverlauf Konflikte regeln und lösen (30 Min) Die LL hat Szenen des Rollenspieles danach ausgewählt, inwieweit sie das Thema genau und exemplarisch treffen. Dabei sollte jede Person nur einmal als Mitspieler betroffen sein. Spieler/innen, die nicht als Akteur im ausgewählten Rollenspiel auftreten, haben die Möglichkeit, sich als Sporthelfer/Gruppenleiter/in zu erproben. Die Spielsequenzen werden angespielt bis zur sich anbahnenden oder aufgetretenen Konfliktsituation, dann werden sie durch die Intervention des Sporthelfers unterbrochen. Damit auch der Einsatz des Sporthelfers/der Sporthelferin im Rollenspiel erfolgen kann, kann den Sporthelfer/innen eine Lösungskarte gegeben werden, z.B. „Dein Lösungsansatz ist dadurch gekennzeichnet, dass Du den „Verursacher“ des Konfliktes vor der Gruppe bloßstellen willst“. Auf diese Weise können auch ungeeignete Lösungen erlebt werden und in Bezug auf ihre Schwächen reflektiert werden. Ziele/Gedanken Die TN können bei konfliktbeladenen Spielsituationen intervenieren Durch das erneute Aufgreifen von zuvor im Spiel erlebten Situationen wird das Lernen besonders anschaulich und die relativ anstrengenden Reflexionsphasen treffen auf die Interessen der Schüler/innen. Dadurch, dass die Szenen an unterschiedlichen Stellen angehalten werden, wird erkennbar, dass ein rechtzeitiges Eingreifen der Eskalation einer Situation vorbeugt. Jede/r Lehrgangsteilnehmer/in ist mindestens einmal Spieloder Gruppenleiter/in, so dass das Lernen interessant gehalten wird. Konflikte werden als lebendig erlebt und die Lerneinheit ist insgesamt gespickt mit witzigen Elementen, die sich aus der Adhoc-Situation ergeben. So wird das Thema „Konflikte in Gruppen“ insgesamt positiv besetzt. Dass Szenen aus der Sporthalle zum Ausgangspunkt genutzt werden, hält das Thema nah an den Anforderungen für die zukünftigen Sporthelfer/innen. Die TN werden sensibilisiert für möglich auftretende Konflikte in der eigenen Lerngruppe und kennen ihre eigene Verantwortung für die Lösung und Prävention von Konflikten Konflikte in der eigenen Lerngruppe (10 Min) Anlagen Anlage 1: Anlage 2: Anlage 3: Anlage 4: Kennzeichen von Gruppen und Übertragung der Kennzeichen auf die Sporthelfer-Ausbildungsgruppe, Beispiel für ein Tafelbild Baum Spielbeschreibund für das Rollenspiel, Rollenkarten für das „10er Ball“ Spiel Strukturen in Kindergruppen 3 LE Gruppen leiten – (k)ein Problem? Anlage 1 Kennzeichen von Gruppen und Übertragung der Kennzeichen auf die SporthelferAusbildungsgruppe Beispiel für ein Tafelbild Kennzeichen von Gruppen Besonderheiten in unserer Lerngruppe Anzahl, die Kontakt und Kommunikation aller 12 Jugendliche, die vieles gemeinsam tun miteinander ermöglicht, 7-12 TN optimal und dabei mit wechselnden Gruppenmitgliedern in wechselnder Anzahl in Untergruppen Kontakt haben Freiwillige, spontane Zusammensetzung Freiwilligkeit: wer wollte, konnte sich melden, oder durch Vorgaben und Zwang niemand wurde gezwungen, aber nicht zusammengesetzte Gruppen jede/r wurde angenommen Gemeinsamer Zweck, gleiches Ziel Alle wollen Sporthelfer/innen werden, aber teilweise mit unterschiedlichen Schwerpunkten Auf Dauer angelegt 40 Lerneinheiten über einige Monate hinweg Entwicklung sozialer Normen im Normen, die in unserer Gruppe gelten: Entwicklungsprozess der Gruppe -… Jede/r Einzelne, muss zur Gruppe Anpassungsprozesse an die sozialen dazugehören können, ohne die eigene Normen unserer Gruppe durch die Identität aufzugeben Gruppenmitglieder -… Entwicklung sozialer Rollen im Rollen, die es in unserer Gruppe gibt Entwicklungsprozess der Gruppe … Umgang jeder einzelnen Person mit sozialen Rollenerwartungen zwischen Übernahme starrer Verhaltenserwartungen und Verhaltensvielfalt Gruppen entwickeln spezifische Dynamik Gruppenprozesse entwickeln sich in Phasen Orientierungsphase Strukturierungsphase Harmoniephase Differenzierungsphase Auflösungsphase Umgang mit Rollenerwartungen in unserer Lerngruppe Dynamiken in unserer Gruppe Phase, in der sich unsere Gruppe befindet mit ihren Kennzeichen -… 4 LE Gruppen leiten – (k)ein Problem? Anlage 3 a Spielbeschreibung für das Rollenspiel Es werden per Zufall zwei Teams bestimmt und die Spielidee und die Spielregeln des „10-erBall-Spieles“ erklärt. Die Idee, das Spiel als Rollenspiel umzusetzen, wird der Gruppe benannt und begründet. Die Spieler, die eine Rollenkarte erhalten werden gebeten und aufgefordert, sich gut in die Rolle hineinzuversetzen und sich entsprechend im Spiel zu verhalten. Außerdem sollen sie versuchen, die Rolle zwar echt, aber nicht übertrieben auszuleben und vor allen Dingen niemanden wirklich weh zu tun. Die Lehrgangsleitung muss bei der Zuordnung der Rollenkarten darauf achten, dass die Teilnehmer/innen mit der Rolle nicht überfordert sind oder dass sie die Aufgabe so „echt“ umsetzen, dass damit das Spiel eskalieren könnte. Es gibt eine Stopp-Regel. Sobald der Lehrgangsleiter/die Lehrgangsleiterin oder ein Mitspieler „Stopp“ ruft, wird das Rollenspiel unterbrochen und die Gründe für das StoppRufen werden besprochen. In dieser Phase sind die Rollen ausgesetzt und jede Person spricht wieder für sich selbst. Nach dem Spiel werden die Rollen aufgeklärt. Jede Person beschreibt, wie es ihr mit der eigenen Rolle ergangen ist. Es werden Rückmeldungen zur Füllung der anderen Rollen durch die Mitspieler/innen gegeben. In dieser Gesprächsphase wird geklärt, wie realistisch die Rollen gespielt wurden und ob es tatsächlich häufig zu Situationen kommt, wie sie hier vorgegeben wurden. Nur erfolgen die Konfliktlösungsansätze und ihre Reflexion. 5 LE Gruppen leiten – (k)ein Problem? Anlage 3 b Rollenkarten für das „10-er-Ball-Spiel“ Rolle Andrea Andrea hat große Lust an diesem Spiel, sie läuft viel, bietet sich an, ruft, macht auf sich aufmerksam. Aber bei jedem zweiten Mal wenn sie den Ball bekommt, lässt sie ihn entweder fallen oder spielt ihn so unsauber weiter, dass das eigene Team den Ball verliert. Rolle Boris Boris ist sehr ehrgeizig. Er zählt laut die gefangenen Bälle. Und wenn das eigene Team 10 Erfolge hatte, dann jubelt er ausgelassen über den gewonnenen Punkt. Gleichzeitig wird er sauer, wenn ein Gruppenmitglied einen Fehler macht. Er beschimpft die Personen dann manchmal lautstark. Rolle Connie Connie hat eine beste Freundin in der eigenen Mannschaft. Ganz egal, wer gerade in guter Position frei steht, sie spielt fast immer nur zur eigenen Freundin und dabei geht der Ball oft verloren. Sie hält sich entsprechend auch immer in der Nähe dieser Freundin auf. Rolle Dirk Dirk spielt aktiv mit. Sobald er einmal von einem Gegenspieler auch nur leicht berührt wird, fordert er lautstark einen Freistoß. Immer wieder kritisiert er die SchiedsrichterEntscheidungen, wenn sie gegen die eigene Mannschaft ausfällt. Er droht dem Gegenspieler auch schon einmal „Rache“ nach der Sportstunde an. Rolle Eva Eva spielt sehr „robust“. Sie geht entschlossen in jeden Zweikampf und berührt auch die Gegenspieler/innen, obwohl das gemäß der Spielregeln verboten ist. Sie merkt gar nicht, dass sie anderen weh tut und ihnen ein wenig die Freude am Spiel vermiest. Rolle Fred Fred hat offensichtlich keine große Lust am Spiel. Er läuft und steht eher abseits und wenn er doch einmal einen Ball bekommt, spielt er ihn emotionslos weiter. Ob das eigene Team Punkte bekommt ist ihm ziemlich egal. 6 LE Gruppen leiten – (k)ein Problem? Anlage 4 Strukturen in Kindergruppen gleichgeschlechtliche Gruppe - verschieden geschlechtliche Gruppe (nur Mädchen, nur Jungen) (Jungen und Mädchen gemischt) altershomogene Gruppe (die Kinder sind etwa gleich alt) - altersheterogene Gruppe (die Kinder sind unterschiedlich alt) leistungshomogene Gruppe (die Kinder haben etwa das gleiche Leistungsvermögen) - leistungsheterogene Gruppe (die Kinder haben unterschiedliche Leistungsvermögen) Ethnisch/kulturell einheitliche Gruppe (alle Kinder sind deutscher oder anderer Herkunft) - ethnisch/kulturell gemischte Gruppe (die Gruppe besteht aus Kindern verschiedener Nationalitäten) 7