04. Promo S. 1-14 Einleitung

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Einleitung
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A. Einleitung
1. Gap-junction-Kanäle und zelluläre Kommunikation
Damit Organe ihre Funktionen koordiniert ausüben können, ist die interzelluläre
Kommunikation von Zellverbänden von entscheidender Bedeutung. Dies gewährleistet eine
zielgerichtete Abstimmung zellulärer Interaktionen in einem multizellulären Organismus und
kennzeichnet letztendlich den Unterschied eines funktionsfähigen Organs zu einer bloßen
Ansammlung von Einzelzellen.
Zur Aufrechterhaltung der Homöostase und Anpassung des Körpers auf sich ständig ändernde
Umweltbedingungen besitzt der Organismus verschiedene Wege, Kommunikation unter den
einzelnen Organen, Geweben und Zellen zu erreichen. Einerseits erfolgt diese über größere
Distanzen durch neuronale und endokrine Mechanismen (Neurotransmitter, Hormone,
Mediatoren), andererseits wird Kommunikation über kurze Entfernungen durch parakrine
Signale, Wachstumsfaktoren sowie durch direkte Kommunikation der Zellen untereinander
über interzelluläre Kanäle, den Gap-junctions, realisiert.
Gap-junction-Kanäle sind membrangebundene Proteinstrukturen, die zwei benachbarte Zellen
verbinden und über die ein direkter Austausch von chemischen oder elektrischen Signalen
möglich ist. Sie spielen eine bedeutende Rolle bei der Kontrolle von Proliferation und
Zelldifferenzierung (Guthrie und Gilua, 1989). Veränderungen in der Verteilung, Expression
und Funktion von Gap-junctions werden in der Pathogenese zahlreicher Erkrankungen sowie
in der Tumorgenese diskutiert (Yamasaki et al., 1999).
Die Bedeutung der direkten Zell-Zell-Kommunikation mittels Gap-junctions für die Kontrolle
von Wachstum, Invasivität und Differenzierung einer Tumorzellinie ist Gegenstand dieser
Arbeit. Durch Transfektionsexperimente an einer Chorionkarzinomzellinie, welche sich durch
unkontrolliertes Wachstum und hohe Invasivität auszeichnet, sollen stabile Klone etabliert
werden, die über Gap-junction-Kanäle gekoppelt sind und für in vitro- und in vivo-Experimente zur Verfügung stehen, in denen ihr Einfluß auf Wachstum, Invasion und
Differenzierung analysiert wird.
1.1 Aufbau, Struktur und Verteilung der Gap-junctions
Durch die Elektronenmikroskopie an Dünnschnitten und von Gefrierbrüchen sind diverse
interzelluläre Membrankontakte entdeckt und beschrieben worden. Mit Hilfe dieser
Techniken wurden auch die Zell-Zell-Kommunikationskanäle detektiert, welche als Gapjunctions bezeichnet wurden.
Gap-junctions findet man bei praktisch allen Säugetieren und in vielen Geweben in großer
Zahl. Abgesehen von Blutzellen und Skelettmuskelzellen kommunizieren alle bislang
untersuchten Körperzellen über diese Zell-Zell-Kanäle (Kumar und Gilula, 1996).
Elektronenmikroskopischen Aufnahmen entnimmt man, daß die Zellmembranen zweier
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benachbarter Zellen in einer solchen Kontaktzone sich nicht direkt berühren, sondern durch
eine ungefähr 2 nm breite Lücke getrennt sind.
Gap-junction-Kanäle bestehen aus Transmembranproteinen, die aus zwei aneinander
gegenüberliegenden Halbkanälen, den sog. Connexonen, gebildet werden. Die Connexone in
den Plasmamembranen zweier benachbarter Zellen bilden einen durchgehenden, wäßrigen
Kanal, der die beiden Zellinnenräume verbindet (Abb. 1). Diese Verbindung kommt dabei so
zustande, daß die zugehörigen Plasmamembranen nicht dicht beieinanderliegen, sondern
durch eine Lücke (gap) getrennt sind - daher der Name “Gap-junction”. Diese Hemikanäle,
die von beiden kommunizierenden Zellen gebildet werden, bestehen als Hexamer aus sechs
Proteinuntereinheiten, den Connexinen (Makowski et al., 1977).
Abb. 1:
Modell von Gap-junction Proteinen in interagierenden Plasmamembranen zweier benachbarter Zellen (aus Schmidt und Thews, 25. Auflage, 1993).
Zwei dieser senkrecht zur Membranebene stehenden Hexamere bilden den dodecameren
Kanal mit einem inneren Porendurchmesser von 12-13 Å (1,2-2 nm) und einer Länge von etwa
150 Å (Perkins et al., 1997). Diese zentrale, flüssigkeitsgefüllte Pore ermöglicht einen
passiven Transport von Ionen, wie z.B. Calcium, sowie von hydrophilen Molekülen mit einem
Molekulargewicht bis ca. 1000 Dalton, wie z.B. die second messenger cAMP und InositolTriphosphat. Außerdem wird der Transfer von Metaboliten wie Aminosäuren, Nukleotiden,
Glukose und dessen Derivate vom Zytoplasma einer Zelle in das Zytoplasma einer
benachbarten Zelle über diese Kanäle gesteuert (Loewenstein, 1979 und Schwartzmann et al.,
1981). Auf diese Weise regulieren und koordinieren sich gekoppelte Zellen im Stoffwechsel,
was besonders bei der Wachstumskontrolle eine Rolle zu spielen scheint (Loewenstein, 1979).
Jedes der Connexine ist eine Polypeptidkette mit vier -helikalen transmembranösen
Domänen. Die beiden Enden dieses Proteins (N-Terminus und C-Terminus) liegen
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intrazellulär, so daß zwei extrazelluläre und eine intrazelluläre Schleife gebildet werden. Die
Aminosäuresequenz der Connexinproteine ist hoch konserviert. Für die meisten von ihnen
findet man eine gute Übereinstimmung im Aufbau der membrandurchquerenden Helices, der
beiden äußeren Schleifen und des kurzen NH2-Endes, während die innere Schleife und das
lange COOH-Ende variieren. Einige Sequenzen von Aminosäuren, insbesondere im COOHEnde, wirken als Modulation für die Steuerung der Leitfähigkeit des Kanals. Die dritte
membranüberquerende Helix eines Connexins enthält einige hydrophile Aminosäuren,
während in den drei anderen Helices vorwiegend hydrophobe Aminosäuren vorkommen.
Daraus kann man schließen, daß die dritte Helix so in der Membran liegt, daß ihre
hydrophilen Aminosäuren Teil der inneren Kanalwand werden (Abb. 2).
Abb. 2:
Aufbau und Struktur von Gap-junctions und ihrer Proteinuntereinheiten, den Connexinen
(modifiziert nach Yamasaki, 1991).
Es gibt unterschiedliche Kanaltypen, die aus verschiedenen Connexinen aufgebaut sind. Ihre
Verteilung ist gewebs- und zellspezifisch (Dermietzel et al., 1990). Insgesamt unterscheidet
man bislang 15 Isoformen der Connexine (Dhein, 1998), wobei diskutiert wird, inwieweit
Gap-junction-Kanäle ausschließlich aus einem Conexintyp (homolog) oder aus zwei
verschiedenen Connexin-Halbkanälen (heterolog) bestehen können. Experimentell konnte die
Funktionsfähigkeit heterologer Kanäle an transfizierten Zellen gezeigt werden (Elfgang et al.,
1995). Dabei führen aber nur bestimmte Kombinationen zu funktionsfähigen Kanälen. Da
bestimmte Gewebe nur bestimmte Connexine exprimieren, ergibt sich hieraus die Möglichkeit
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zur Bildung von Kommunikationskompartimenten in vivo. So kann eine Kompartimentierung
entstehen mit zwei Kompartimenten in einem Gewebe, die nicht miteinander kommunizieren,
obwohl die Zellen innerhalb jedes Kompartimentes untereinander gekoppelt sind. Des
weiteren wird angenommen, daß der Aufbau heterologer Zell-Zell-Kommunikation zwischen
Tumorzellen und Endothelzellen eine Erklärung für die starke Metastasierung mancher
Tumore, wie z.B. das Chorionkarzinom darstellen könnte.
Gegenstand der Forschung ist außerdem die Frage nach der Existenz sog. heteromerer
Halbkanäle, d.h. ob ein Connexin sich nur aus sechs identischen Connexinen (homomere)
oder auch aus gemischten Connexintypen (heteromere) zusammensetzt (Stauffer, 1995).
Die Baupläne für die Connexine sind auf verschiedenen Genen gespeichert (Haefliger et al.,
1992). Die Multigenfamilie der Connexine läßt sich in zwei Gruppen einteilen, die sich in der
Länge des N-Terminus um eine Aminosäure unterscheiden. Gruppe  umfaßt die Connexine
Cx26, Cx30, Cx30.3, Cx31, Cx31.1, Cx32, und Gruppe  Cx37, Cx38, Cx40, Cx42, Cx43,
Cx45, Cx46, Cx50, Cx56 (Benett et al., 1995).
Die Connexin-Isoformen werden nach ihrem unterschiedlichem Molekulargewicht bezeichnet.
Dieses ergibt sich hauptsächlich aus den variablen Längen des C-Terminus. Zum Beispiel
steht Cx43 für ein Connexin mit 43 kDa Molekulargewicht. Einige dieser Isoformen sind
gewebetypisch (z.B. Cx30.3 in der Haut und Cx50 in der Linse), andere treten in zahlreichen
Geweben auf (s. Tabelle 1). So hat Cx43 beispielsweise ein sehr ubiquitäres
Expressionsspektrum.
Tab. 1:
Kennwerte und Gewebeverteilung der häufigsten Connexin-Isoformen. Unter Leitfähigkeit ist
die Einzelkanalleitfähigkeit angegeben, ggf. die der verschiedenen “substates”. (k. A. = keine
Angabe)
(aus Dhein, Dtsch. Med. Wschr., 1998)
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Nicht nur die Struktur der Gap-junctions zeigt stark konservierte Bereiche, sondern auch ihr
genomischer Aufbau. Alle bisher untersuchten Connexin-Gene bestehen aus zwei Exons, die
durch ein Intron variabler Länge getrennt sind. Die kodierende Region liegt vollständig in
Exon2, die Funktion des vergleichsweise kleinen Exon1 ist bisher nicht bekannt.
Die starke Konservierung der Cx-Proteine läßt sich in der Phylogenese wiederfinden.
Beispielsweise ist das Cx43 des Menschen ebenso aus 382 Aminosäuren zusammengesetzt
wie das Cx43 der Ratte. In nur neun Aminosäuren besteht keine Übereinstimmung.
Connexine werden im rauhen endoplasmatischen Retikukulum (rER) synthetitsiert,
posttranslationell modifiziert und noch im rER in die Membran inseriert und gefaltet.
Schließlich findet die Oligomerisierung im trans-Golgi-Apparat zu den Hexameren statt
(Musil und Goodenough, 1995). Diese Hemikanäle werden dann in die Plasmamembran
eingebaut und bewegen sich in der cholesterin-reichen Domäne, bis sie auf einen Hemikanal
der Nachbarzellen treffen. Gap-junction-Kanäle besitzen einen raschen “Turn-over”, der in
einer relativ kurzen Protein-Halbwertzeit von 1-3 Stunden zum Ausdruck kommt. Sie werden
in der Doppelmembran internalisiert und in Lysosomen und Proteosomen weiter abgebaut
(Laird, 1996).
1.2 Funktion, Regulation und pathogenetische Bedeutung der Gap-junctions
Die aus verschiedenen Connexinen aufgebauten Kanäle unterscheiden sich in ihren
elektrophysiologischen Eigenschaften, d.h. in ihrer Permeabilität (Elfgang et al., 1995), ihrer
Einzelkanalleitfähigkeit und Spannungsabhängigkeit (Waltzmann und Spray, 1995). Die
Leitfähigkeit der Gap-junction-Kanäle kann durch eine Vielzahl von Faktoren reguliert
werden. Beispielsweise wird die Einzelkanalleitfähigkeit und Offen-Wahrscheinlichkeit durch
Phosphorylierungsprozesse verändert (Kwak et al., 1996). Außerdem können die Kanäle
interessanterweise durch die Ionen reguliert werden, für die sie permeabel sind, so Ca2+, Na+
und H+. Diese führen zu einer reduzierten Leitfähigkeit, wie auch ATP-Mangel, intrazelluläre
Azidose, ansteigendes pCO2, Arachidonsäure und zahlreiche lipophile Substanzen wie
Heptanol, Octanol, Halothan und Ethrane (Dhein, 1998; Burt und Spray, 1988).
Die
rezeptorvermittelte
Stimulation
von
Proteinkinasen,
die
durch
Phosphorylierungsreaktionen die Gap-junction-Leitfähigkeit regulieren, ist besonders am
Herzen untersucht worden (Dhein, 1998). Dort führt in vielen Spezies die Stimulation von Adrenozeptoren via cAMP und Proteinkinase A zu einer verbesserten Kopplung. Im Myokard
des Herzens befinden sich Gap-junctions vorzugsweise an den Glanzstreifen und verbinden
die einzelnen Muskelzellen zu einem elektrischen Synzytium (Spray und Burt, 1990). Sie
gewährleisten damit eine ge-richtete Erregungsausbreitung von Aktionspotentialen (Delmar et
al., 1987). Kommt es im Herzen zu einem teilweisen Verschluß von Gap-junction-Kanälen,
wie es bei einer Hypoxie, Ischämie oder Azidose z.B. nach Myokardinfarkt der Fall ist, dann
breitet sich das Akti-onspotential irregulär aus und es treten Herzrhythmusstörungen bis hin
zum Herzkammerflimmern auf. Experimentell ließ sich dies durch die prophylaktische Gabe
eines antiarrhythmischen Peptides inhibieren, welches die Gap-junction-Leitfähigkeit erhöht
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(Müller et al., 1997). Andererseits dient das Schließen der Gap-junctions nach Beginn einer
Ischämie dem Schutz des umliegenden Myokards, indem es die Ausbreitung der Azidose in
nicht geschä-digte Areale verhindert. Die Bedeutung von Gap-junction im Reizleitungssystem
des Herzens wird an Untersuchungen von Mäusen deutlich, deren Cx40-Gen inaktiviert
wurde. Es kam zu einem partiellen Block im Leitungssystem, der zu einer unkoordinierten
Erregung der Ventrikel führte (Simon et al., 1998).
Ein weiteres Beispiel Connexin-gesteuerter elektronischer Kopplung von Zellen ist der
vermehrte Einbau von Cx43 in der Uterusmuskulatur vor Beginn der Geburtswehen. Auf
diese Weise entsteht ein elektrisches Synzytium im Myometrium, welches das elektrische
Signal zur synchronen Kontraktion während der Wehen ungehindert und verzögerungsfrei von
Zelle zu Zelle weiterleitet.
Des weiteren konnte bei einigen angeborenen Herzfehlern die pathogenetische Bedeutung von
Mutationen in Connexingenen herausgestellt werden. Beispielsweise konnten kardiale
Mißbildungen bei der viszeroatrialen Heterotaxie auf Mutationen im C-Terminus des Cx43
zurückgeführt werden (Britz-Cunningham et al., 1995). In Cx43 “Knock out”-Experimenten
von Mäusen fand zwar eine normale Entwicklung der Mäuse bis zur Geburt statt, mit
Einsetzen der Atmung verstarben sie jedoch unter Zeichen eines Versagens des pulmonalen
Gasaustausches. Ursache war eine Ausweitung des pulmonalen Ausflußtraktes mit
zahlreichen intra-ventrikulären Septen der rechten Herzkammer, was dazu führte, daß nicht
ausreichend Blut in die Lunge gepumpt werden konnte (Reaume et al., 1995).
Gap-junctions sind auch an der elektrischen Kopplung zwischen Synapsen von Nervenzellen
beteiligt (Faber et al., 1993). Cx32 wurde in Oligodendroglia und Neuronen der motorischen
Areale gefunden. Im Neostriatum führt ein Verlust dopaminerger Stimulation zu einer
verstärkten Cx32-mRNA-Transkription mit der Folge einer erhöhten zellulären Kopplung
(Fisher et al., 1990). Dies zeigt die Bedeutung von Dopamin bei der Regulation der
Connexinexpression und ist v.a. in Zusammenhang des M. Parkinson interessant. Cx43 fand
sich in Astrozyten und ependymalen Zellen (Fisher et al., 1993).
Eine weitere Erkrankung, bei der Cx32 eine Rolle spielt, wurde 1993 am peripheren
Nervensystem festgestellt. Das X-chromosomal vererbte Charcot-Marie-Tooth-Syndrom
(CMTX) wird durch Mutation des Cx32-codierenden Gens verursacht und führt zu
Muskelatrophie durch Degeneration der peripheren Nerven. Cx32 wird von den
Schwann’schen Zellen, den Ranvier’schen Schnürringen und an den Schmidt-LantermannInzisuren exprimiert und gewährleistet kurze Diffusionswege zwischen dem Zytoplasma der
Schwann’schen Zelle und dem periaxonalen Zytoplasma (Paul, 1995).
Eine sehr wichtige Funktion von Gap-junctions ist die Weiterleitung von Metaboliten und
Signalen wie second messenger und Mediatoren. Dies wird in der Versorgung der Augenlinse
besonders deutlich. Die Linse verfügt über zahlreiche Gap-junctions, die für den Austausch
von Nährstoffen essentiell sind, da die Linse frei von Blutgefäßen ist (Goodenough et al.,
1980). Inaktivierungsexperimente von Cx46 führte bei Mäusen zur Entwicklung von Katarakten (Gong et al., 1996). Bei der Weiterleitung von Noradrenalinsignalen in der Leber
scheint Cx32 eine entscheidende Rolle zu spielen. Die Mobilisation von Glukose aus den
Glykogenvorräten nach sympathischer Stimulation ist bei Cx32-defizienten Mäusen deutlich
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verringert (Nelles et al., 1996). Für Blutgefäße wird vermutet, daß die sog. “upstream
Regulation” des Vasotonus, d.h. die Ausbreitung von Mediatoren entgegen der Richtung der
Blut-strömung, Gap-junction-vermittelt ist (Christ et al., 1996). Das Ausmaß der Sekretion
exokriner Drüsen, wie z.B. des Pancreas oder der Speicheldrüsen wird ebenfalls durch Gapjunctions reguliert, wobei vermehrte Sekretion mit Entkopplung assoziiert ist (Chanson und
Meda, 1993).
Im Rahmen von Entzündungsprozessen sind Gap-junctions bei der Interaktion zwischen
Zellen der Gefäßwand und Entzündungszellen beteiligt. Bakterielle Lipopolysaccharide
bewirken, daß Leukozyten, die normalerweise zu den Zellen gehören, die keine Gap-junction
zur Kommunikation besitzen, im Verlauf einer Entzündung Cx43 exprimieren. Diese
Expression ist vermutlich für Endothel-Leukozyten-Kontakte sowie für Kontakte unter den
Leukozyten verantwortlich (Jara et al., 1995).
Im Ovar scheint Cx37 essentiell für die Ovulation zu sein. Der Gap-junction-Kanal wird
zwischen Oozyten und Granulosazellen exprimiert. Cx37 defiziente Mäuse waren infertil, da
anstelle von reifen Follikeln es zur Bildung zahlreicher, kleinerer Gelbkörper kam (Simon et
al., 1997).
2. Die Plazenta und die Rolle von Gap-junctions bei der Trophoblastentwicklung
Während der Gravidität entwickeln alle Säugetiere ein lebensnotwendiges Organ, welches den
mütterlichen Organismus mit dem Fötus verbindet und den Stoffaustausch zwischen
mütterlichem und embryonalem Kreislauf ermöglicht, die Plazenta.
Beim Aufbau dieses Organs, der Plazentation, invadieren embryonale Trophoblastzellen in
das mütterliche Endometrium, um einen schnellen und direkten Kontakt mit dem maternalen
Blut herzustellen. Dabei kommt es zu einem teilweisen Abbau des Endometriums und einer
Arrosion maternaler Gefäße. Auf diese Weise kommt es zur Ausbildung einer sog.
hämochorialen Plazenta.
Vorrausetzung für die Implantation des Embryos ist die Fähigkeit des Trophoblasten zur
Proliferation und Invasion. Dieser Vorgang unterliegt einer strikten räumlichen und zeitlichen
Regulation durch das maternale Gewebe. Die Dezidua verfügt über regulative Potenz, um das
Vordringen des enzymatisch hochaktiven Trophoblasten zu begrenzen.
Gap-junctions als Vermittler der direkten Zell-Zell-Kommunikation spielen bei der
Abgrenzung
von
Gewebekompartimenten
sowie
bei
Proliferationsund
Differenzierungsprozessen eine wichtige Rolle (Winterhager, 1993 und 1996; Reuss et al.,
1997). Gezielte Mutationen an diesen Regulationsmechanismen führen zu Fehlentwicklungen
der Plazenta und zum Absterben des Embryos in utero (Copp et al., 1995).
Die Trophoblastzellen durchlaufen während der Implantation und Plazentation verschiedene
Differenzierungsstufen, wobei Trophoblastsubpopulationen mit unterschiedlichen Aufgaben
entstehen (Pijnenborg et al., 1980).
Bei der humanen Plazentaentwicklung hat sich zum Zeitpunkt der Implantation die befruchtete Eizelle bereits in Embryoblast und Trophoblast differenziert. Durch interzelluläre
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Flüssigkeitsansammlung im Zentrum der Morula ist die Blastozyste entstanden. Während sich
aus dem Embryoblast Embryo, Nabelschnur und Strukturen der Dottersackmembran
entwickeln, heftet sich der Trophoblast an das Uterusepithel an und wächst in dieses zur
Bildung der Plazenta ein (Abb. 3).
Abb. 3:
Adhäsion, Invasion und nachfolgende Arrosion
von maternalen Gefäßen durch den Zytotrophoblasten, (modifiziert nach Kaufmann, 1983).
Bereits am 8. Tag, unmittelbar nach der Implantation, findet eine Differenzierung des
Trophoblasten in Zyto- und Synzytiotrophoblast statt (Stegner, 1996). Die soliden
invadierenden Trophoblastzapfen werden als Primärzotten bezeichnet, welche durch
trabekuläre Ausspros-sungen der Zellen des Zytotrophoblasten gebildet werden. Diese
Primärzotten sind außen vom Synzytiotrophoblasten umhüllt. Diese Zellpopulation stellt
einen kontinuierlichen, multinukleären Zellschlauch dar, in dem keine Kernteilungen mehr
stattfinden und der sich durch Wachstum und spätere synzytiale Verschmelzung des
darunterliegenden villösen Zytotrophoblasten regeneriert. Der Synzytiotrophoblast besitzt
enzymatische Aktivität, welche die mütterlichen Kapillaren arrodieren. Dies führt zu einem
kommunizierenden Lakunensystem, in dem die fetalen Zotten in unmittelbarem Kontakt mit
maternalem Blut stehen (Stegner, 1996).
Durch Einsprossen von extraembryonalem Mesenchym entwickeln sich aus den Primärzotten,
Sekundärzotten, die sich im Zuge der fetalen Kapillarisierung in Tertiärzotten differenzieren.
Auf diese Weise entwickelt sich ein Zottenbaum, der in das frei zirkulierende maternale Blut
eintaucht (Abb. 4). Im Laufe der Gravidität verschmälert sich die Zytotrophoblastschicht, der
Zottendurchmesser verkleinert sich und die Zottenkapillaren verschieben sich randständig. So
wird die Diffusionsbarriere, die sog. Plazentaschranke, zwischen den fetalen Kapillaren und
den maternalen Blutsinus, dem sog. intervillösen Raum, auf ein Minimum reduziert (von
0,025 mm zu Beginn bis auf 0,002 mm am Enden der Schwangerschaft).
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Der Synzytiotrophoblast dient mit zahlreichen Carrier- und Transportmechanismen für den
Glukose- und Eiweißstoffwechsel nicht nur dem feto-maternalen Austausch, sondern besitzt
auch endokrine Funktionen, wie die Synthese von hCG, hPL bzw. hCS sowie aus Vorstufen
Östrogene und Progesteron (Kliman et al., 1986).
Bei den Zytotrophoblastzellen unterscheidet man hochdifferenzierte villöse und invasive
extravillöse Zellpopulationen (Ohlsson, 1989). Zum extravillösen Trophoblasten zählt man
Zell-inseln und Zellsäulen, die sich durch ständige Proliferation auszeichnen (Abb. 4).
Zellinseln findet man v.a. an den Stammzottenabgängen der Chorionplatte und an den
Stammzotten in der Nähe der Basalplatte. Als Zellsäulen bezeichnet man die Areale, in denen
Haftzotten mit dem maternalem Gewebe, der Dezidua, verbunden sind. Basalwärts lösen sich
einige Trophoblastzellen aus den Zellsäulen ab und dringen in die Basalplatte ein.
Abb. 4:
Schematischer Ausschnitt eines Zottenbaums
mit Verankerung einer Plazentazotte durch
eine Haftzotte in der maternalen Dezidua.
Mit Pfeilen dargestellt ist eine durch stetige
Proliferation gekennzeichnete Zellinsel und
Zellsäule des sog. extravillösen Trophoblasten,
(modifiziert nach Castellucci et al., 1991).
v = fetale Kapillare, f = Fibrinoid,
m = mesenchymaler Villus, c = Haftzotte,
e = peripherer Villus.
Gap-junctions sind an diesen Vorgängen entscheidend beteiligt. Die proliferativen
Eigenschaften der Zellinseln und Zellsäulen sind mit einer Expression von Cx40 gekoppelt
(von Ostau, 1997). Diejenigen Zellen der Zellsäulen, die in die Dezidua migrieren, also vom
proliferativen zum invasiven Charakter übergehen, verlieren die Cx40-Expression. Bei
erneuter Zellaggregation in der Dezidua kommt es wieder zu einer Cx40-Reexpression
(Winterhager et al., 1999).
Die Abgrenzung solcher Kompartimente bzw. Proliferationszonen durch Gap-junctions läßt
sich auch in der Plazentaentwicklung anderer Spezies wiederfinden. Reuss und Mitarbeiter
(1997) haben das Expressionsmuster von Connexinen bei der Implantation und Plazentation
der Ratte untersucht. So bildeten sich zum Zeitpunkt der Implantation zwei
Kommunikationskompartimente, an denen Cx31 und Cx43 beteiligt waren und die
untereinander keine funktionellen Kanäle ausbilden können (Elfgang et al., 1995). Die
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Expression von Cx31 beschränkte sich auf die invasiven und proliferativen Trophoblastzellen
der Plazentaanlage, nämlich den Ektoplazentar-Konus, während der aus der inneren Zellmasse
hervorgehende Embryo eine Cx43-Expression aufwies. Beide Cx-Typen konnten in der
Blastozyste vor der Implantation noch in beiden Zellpopulationen nachgewiesen werden.
Die spätere Differenzierung der Trophoblasten in verschiedene Subpopulationen war mit
einem Wechsel der Connexin-Expression verbunden. Im sog. labyrinthären Abschnitt konnte
eine Cx26-Expression detektiert werden, die mit einem diaplazentaren Glukosetransport und
anderer Metabolite in Verbindung gebracht wurden (Gabriel, 1998). Der Spongiotrophoblast
und die Trophoblast-Riesenzellen zeichneten sich durch eine Cx43-Expression aus (Reuss et
al., 1997).
Die Beispiele der Plazentaentwicklung an Mensch und Ratte zeigen, wie eng
Differenzierungsprozesse und Bildung von Kompartimenten mit der Expression von
Connexinen verbunden sind.
3. Das Chorionkarzinom
Das Chorionkarzinom ist in Europa im Gegensatz zu Asien ein eher seltener, von der Plazenta
bzw. dem Trophoblasten ausgehender Tumor. Er zeichnet sich durch stark invasives und
destruierendes Wachstum aus, neigt zu rascher hämatogener Metastasierung und produziert in
großen Mengen -hCG.
Etwa die Hälfte aller Chorionkarzinome entsteht aus einer Blasenmole, einer durch abnorme
Eizellbefruchtung entstandenen Wucherung des Trophoblasten. Etwa ein Drittel findet man
im Anschluß an einen Abort, 25% nach intrauteriner Schwangerschaft und 2% nach
Tubargravidität. Die meisten Chorionkarzinome entstehen innerhalb von 2 Jahren nach
vorangegangener Schwangerschaft. Alte Erstgebärende sind am stärksten gefährdet (Torhorst,
1995).
Vaginale Blutungen nach Amenorrhoe ist das häufigste Symptom. Seltener sind Schwellungen
des Leibes oder Knotenbildungen in der Vagina und am äußeren Genitale (Stegner, 1996). In
anderen Fällen wird das klinische Bild durch die Metastasierung bestimmt. Das
Chorionkarzinom bricht häufig in die Blutbahn ein und metastasiert vornehmlich in die Lunge
(80%). Lungensymptome wie Dyspnoe und Hämoptysis finden sich in ca. 3% der Fälle
(Schmidt-Matthiesen und Bastert, 1982). Metastasierungsziele sind auch Vulva und Vagina
(30%), kleines Becken (20%), Leber und meist im Finalstadium Gehirn (10%).
Makroskopisch sind Primärtumor und Metastasen durch ihren schwammig-hämorrhagischen
Aspekt charakterisert. Im Uterus wächst der Tumor polypös und/oder invasiv ins
Myometrium. Histologisch besteht das Chorionkarzinom aus atypischen Zytotrophoblasten
und Synzytiotrophoblasten, die einen Resorptionsbürstensaum aufweisen. Der Tumor
infiltriert Myometrium und Blutgefäße (Torhorst, 1995).
Das Invasionsvermögen des Trophoblasten wurde häufig mit Tumorzellen verglichen (Yagel,
1989; Strickland und Richards, 1992). Durch die regulative Schutzfunktion des maternalen
Gewebes unterscheidet sich jedoch die kontrollierte Invasion des Trophoblasten vom
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schrankenlosen, infiltrativen Wachstum eines malignen Tumors. Trotzdem werden humane
Chorionkarzinomzellinien als in vitro-Modell für die Invasion des Trophoblasten während der
frühen Phase der Plazentaentwicklung verwendet (Grümmer, 1991).
Neben einigen tumorspezifischen Eigenschaften, wie Verschiebung der Kern-PlasmaRelation, starke Unregelmäßigkeiten in Kernform- und Kerngröße (Knoth et al., 1969),
Chromosomenanomalien (Takamizawa und Sekiya, 1984), spezielle Enzymmuster (Patillo et
al., 1970) sowie die Überexpression von Proto-Onkogenen (Landers et al., 1994) weisen
Chorionkarzinomzellinien auch zahlreiche gemeinsame, funktionelle und morphologische
Charakteristika von Trophoblastzellen auf.
Beide Zelltypen besitzen eine große Zahl proteolytischer Enzyme, um die Basalmembran zu
durchdringen und in die extrazelluläre Matrix zu invadieren. Hierzu zählen die Urokinase,
Plasminogen-Aktivator, Typ IV-Kollagenase sowie Metalloproteinasen (Strickland et al.,
1976; Librach et al., 1991; Behrendtsen et al., 1992).
Chorionkarzinome sythetisieren wie Trophoblastzellen Plazentahormone wie Östradiol,
Progesteron und -hCG (Patillo et al., 1968). Als Syntheseort des trophoblasttypischen
Hormons -hCG wird der Synzytiotrophoblast vermutet (Midgley und Pierce, 1962).
Chorionkarzinomzellinien zeichnen sich durch eine inhomogene, morphologische Variabilität
ihrer Zellpopulationen aus. Sie setzen sich aus unterschiedlich differenzierten Zellen
zusammen, wie man sie auch im Trophoblasten der unreifen und reifen Plazenta findet
(Kurman et al., 1984), nur ist beim Chorionkarzinom der topologische Aufbau im Gegensatz
zu den Zotten der Plazenta mit dem innen liegenden Zytotrophoblasten, die von dem außen
anliegenden Synzytiotrophoblasten bedeckt werden, nicht vorhanden. Es finden sich
zytotrophoblast-ähnliche Zellen und differenzierte Zellen mit einer Synzytiotrophoblastähnlichen Morphologie. Letztere gehen mit einem größeren Organellenbestand einher
(Kurman et al., 1984). Insbesondere ein hoher Gehalt an endoplasmatischem Retikulum zeigt
sich für ein eletronendichteres Zytoplasma als bei undifferenzierten Zellen verantwortlich und
zeugt davon, daß die differenzierten, Synzytiotrophoblast-ähnlichen Zellen Produktionsstätte
von -hCG und anderen Plazentahormonen sind. Die Menge der Hormonproduktion kann
damit mit dem Differenzierungsgrad des Chorionkarzinoms korreliert werden. Loke und
Mitarbeiter (1983) stellten in ihren Untersuchungen fest, daß ein fließender morphologischer
Übergang von Zyto- zu Synzytiotrophoblastzellen mit einer kontinuierlichen Zunahme der
Hormonproduktion einhergeht.
In diesem Zusammenhang ist auch die gemeinsame Sensibilität von Chorionkarzinomzellen
und Trophoblastzellen gegenüber dem Chemotherpeutikum Methotrexat sowie gegenüber
Retinsäure interessant. Beide Substanzen führen zu einer erhöhten Differenzierung der Zellen.
Insbesondere bei der Therapie maligner Trophoblasttumoren ist die Chemotherapie das Mittel
der Wahl. Trotz des aggressiven und frühzeitigen Metastasierungspotentials des
Chorionkarzinoms führt die Behandlung mit Methotrexat zu Remissionsraten, die 100%
erreichen können. Für diese bei malignen Tumoren ungewöhnlich hohe Remissionsraten wird
nicht allein die zytostatische Wirkung des Folsäureantagonisten diskutiert, sondern auch eine
Stimulation der Differenzierung von Zyto- zu Synzytiotrophoblasten (Friedmann et al., 1984).
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Untersuchungen zur Connexinexpression an den drei Chorionkarzinomzellinien BeWo, Jeg-3
und JAr von Hellmann (1996) spiegelten die Inhomogenität des Chorionkarzinoms wieder. In
allen drei Zellinien konnte zwar eine Cx40-Expression detektiert werden, diese war jedoch
äußerst inhomogen (BeWo) und in ihrem Ausmaß unterschiedlich. Während Jeg-3-Zellen
lediglich auf mRNA-Ebene geringe Cx40-Transkripte aufwiesen, zeigten sich bei BeWo und
JAr-Zellen eine auf Proteinebene immunhistochemisch sichtbare Cx40-Expression. JArZellen exprimierten zusätzlich geringe Mengen von Cx43.
Diese inhomogene Expression von Cx40-Proteinen wird, ähnlich wie die hCG-Produktion,
auf den unterschiedlichen Differenzierungsgrad der malignen Trophoblastzellen zurückgeführt
(Hellmann,
1995).
Da
der
trophoblastische
Ursprungsort
der
humanen
Chorionkarzinomzellinie unbekannt ist, führte die Detektion der Cx40-Expression zu der
Vermutung, daß der extravillöse Trophoblast mit seinen Zellinseln und Zellsäulen
Ausgangsmaterial für Chorionkarzinome sein könnte.
Beide Zellformen zeichnen sich durch stetige Proliferation aus. Weitere Gemeinsamkeiten wie
zellspezifische Markermoleküle (c-erbB 2 oder EGF-Rezeptor) sowie die verlängerte
Halbwertzeit des Tumorsuppressor-Gens p53 bei fehlender Mutation, bestätigen eine
Verwandtschaft dieser Gewebetypen (Marzusch et al., 1995; Landers et al., 1994; Mühlhauser
et al., 1993).
Neben diesen Gemeinsamkeiten von humanen Chorionkarzinomzellen und Trophoblastzellen
besteht jedoch der Unterschied in der kontrollierten Invasivität des Trophoblasten in vivo.
Welche Regulations- und Schutzmechanismen im einzelnen an der Begrenzung des Invasionsund Proliferationsvermögens beteiligt sind, ist Gegenstand der aktuellen Forschung.
Daß Gap-junctions, die Vermittler der direkten Zell-Zell-Kommunikation, bei der
Implantation eine wichtige regulative Funktion übernehmen, wurde bereits beschrieben.
Durch Transfektion von Cx-Genen in die Chorionkarzinomzellinie BeWo sollte sich zeigen,
ob die Ausbildung von Gap-junctions auch zu einer Kontrolle von Proliferation und Invasion
einer malignen Trophoblastzellinie in vitro wie in vivo führt.
Diese Chorionkarzinomzellinie ist aufgrund ihrer endogenen Connexin-Ausstattung gut
geeignet, um durch Transfektionsexperimente
der Frage nach einer kontrollierten
Proliferation und Differenzierung mittels Gap-junctions nachzugehen.
In Untersuchungen an Chorionkarzinomzellinien (Hellmann et al.,1995 und 1996) wurde
nachgewiesen, daß die parentale BeWo-Zellinie eine heterogene endogene Expression von
Cx40 aufweist. RNA-Analysen (Northern Blot und RT-PCR) bestätigten eine ausreichende
Transkriptionsrate. Zudem konnte immunhistochemisch eine inhomogene Expression von Cx40-Proteinen im Zellmonolayer aufgezeigt werden.
Transfektionsexperimente mit Cx40 würden eine wesentlich homogenere Zellpopulation
erwarten und somit einen Effekt auf Proliferation und Invasion vermuten lassen. Eine Cx26und Cx43-Expression in der parentalen BeWo-Zellinie konnte nicht nachgewiesen werden.
Somit erweisen sich die BeWo-Zellen für diese Transfektionsstudien als besonders geeignet,
um die Rolle der Zell-Zell-Kommunikation mittels Gap-junctions auf Proliferation, Invasion
und Differenzierung zu untersuchen.
Einleitung
13
Einleitung
14
4. Gap-junction und Tumorgenese
Es gibt zahlreiche experimentelle Befunde, welche die Bedeutung von Gap-junctions bei der
Kontrolle von Proliferations- und Invasionsvorgängen herausstellen.
Yamasaki (1991) stellte die Hypothese auf, daß als Folge eines Defizits direkter
zytoplasmatischer Zell-Zell-Kommunikation keine Wachstumskontrolle von Tumorzellen
mehr möglich ist und diese daraufhin klonal wachsen und sich aus dem Gewebsverband lösen.
Dabei kann es sowohl zu einem Verlust der Kommunikationsfähigkeit von Tumorzellen
untereinander (homozelluläre Kommunikation) als auch mit dem benachbarten Gewebe
(heterozelluläre Kommunikation) kommen.
Ein Verlust der homozellulären Kommunikation ist von zahlreichen Autoren für verschiedene
Tumore beschrieben worden (Wilgenbusch et al., 1992; Krutovskikh et al., 1994; Grossmann
et al., 1994). Bereits 1966 konnten Loewenstein und Kanno an Lebertumorzellen zeigen, daß
diese nicht kommunizieren. Die Aktivierung von Tumorpromotoren und Onkogenen führt in
diesen Studien zu einer Inhibition zellulärer Kommunikation. Umgekehrt kann eine
Überexpression von Connexinen durch Transfektion maligner, kommunikationsdefizienter
Zellinien eine Wachstumskontrolle und ein Verlust von Tumorigenität herbeiführen. Eine
Transfektion mit Cx43 führte in nicht-kopplungskompetenten 10T1/2 Zellen zu einer
Verstärkung der Kommunikation und reduzierter Proliferation (Mehta et al., 1991). Eine
Überexpression von Cx26, welches natürlicherweise in Zervixzellen vorhanden ist, bewirkte
in kommunikationsdefizienten HeLa-Zervixkarzinomzellen eine starke Reduzierung ihrer
Zellteilungsrate (Mesnil et al., 1995). Weitere Untersuchungsbefunde unterstreichen die
Bedeutung von Gap-junctions bei Verlust von Wachstumskontrolle und Differenzierung
(Eghbali et al., 1991; Rose, 1993, Omori, 1998). Des weiteren können Retinoide und
Carotenoide die zelluläre Kommunikation und Cx-Expression erhöhen und auf diese Weise
die Tumorgenese in vitro inhibieren (Hossain et al., 1993).
In vivo konnte an Lebertumoren von Mäusen die Rolle von Cx32 als Tumorsuppressorgen und
der Verlust homozellulärer Kommunikation an der Beteiligung der Tumorgenese verdeutlicht
werden. Cx32-defiziente Mäuse entwickelten deutlich mehr spontane und durch
Diethylnitrosamin induzierte Lebertumoren als ihr Wildtyp (Temme et al., 1997).
Der Verlust der heterozellulären Kommunikation zur Umgebung kann durch Schließen von
Gap-junction-Kanälen infolge Einwirkung von Tumorpromotoren wie Phorbolester induziert
werden (Klaunig und Ruch, 1990) sowie durch Veränderung der Connexin-Expression und
Bildung inkompatibler Connexine erfolgen (Krutovskikh et al., 1994; Oyamada et al., 1995).
Yamasaki (1995) machte folgende molekularen Mechanismen verantwortlich, die zu einer
defizienten Zellkommunikation via Gap junctions führen können: Mutation von ConnexinGenen, reduzierte oder fehlerhafte Expression von Connexin mRNA, atypische Lokalisation
von Connexin-Proteinen (z.B. intrazytoplasmatisch), durch Phosphorylierung abweichende
Cx-Proteine und Veränderung der Connexin-Funktion durch andere Proteine, die an der ZellAdhäsion beteiligt sind.
Darüber hinaus gibt es Studien, die gerade die Fähigkeit zur Ausbildung heterozellulärer
Kommunikation für die Invasion von Tumorzellen verantwortlich machen. Dies wurde in in-
Einleitung
15
vitro Invasionsassays von Tumorzellinien in vorkultivierten Hühnerherzfragmenten und
Gefäßendothel-Monalayern demonstriert (El-Sabban und Pauli, 1991; Grümmer et al., 1994).
Andererseits gibt es Untersuchungen an bestimmten Gliomzellen und Melanomzellen, die
keinen Zusammenhang zwischen invasivem Wachstum und Gap-junction-Kommunikation
aufzeigen (Heilige et al., 1997 und Singh et al., 1997). Auch gibt es Arbeiten, die keine
Einschränkung der direkten Zell-Zell-Kommunikation in Tumorzellen feststellen (HoltzWagenblatt und Shalloway, 1993) und damit Yamasakis Hypothese widersprechen.
Dies zeigt erneut die multikausalen Zusammenhänge der Tumorgenese auf. Zwar scheint ein
Verlust der Gap-junction-Kommunikation in der Karzinogenese einiger Tumoren nicht
essentiell zu sein, doch führt im allgemeinen die Reduktion dieser kommunizierenden ZellZell-Kanäle, wie durch eine Vielzahl von Tumorpromotoren verursacht, zu einem Verlust an
Differenzierungskontrolle durch die Umgebung und zu aggressivem, unkontrolliertem
Wachstum.
5. Zielsetzung
An der Chorionkarzinomzellinie BeWo soll der Einfluß der interzellulären Kommunikation
durch Gap-junctions auf Proliferation, Invasion und Differenzierung untersucht werden.
Ziel der Arbeit ist es durch Einbringen verschiedener Connexin-Expressionsvektoren stabil
transfizierte BeWo-Zellklone zu etablieren, die eine exogene Expression von verschiedenen
Connexinen aufweisen.
An diesen Zellklonen soll die postulierte Rolle der Gap-junctions als Tumorsuppressorgene
und ihre Bedeutung in der Kontrolle von Wachstum, Invasivität und Differenzierung
analysiert werden.
Zur Klärung der Frage, ob sich durch Verbesserung der interzellulären Kopplung eine
Reduktion der Zellteilungsrate dieser malignen Chorionkarzinomzellinie erzielen läßt, wird
eine Proliferationsstudie in vitro durchgeführt und die Zellteilungsrate verschiedener
kommunizierender Cx-Klone mit ihren Kontrollen verglichen.
Unterschiede im Differenzierungsverhalten soll mit der -hCG-Hormonproduktion korreliert
werden.
Das Invasionsvermögen und Metastasierungspotential des Chorionkarzinoms und ihre
Beeinflußbarkeit durch die Ausbildung von Gap-junctions soll in vivo an Nacktmäusen
demonstriert werden.
Von besonderem Interesse bei diesen Untersuchungen sind die Eigenschaften des Cx40Kanals, welcher bei bestimmten Trophoblastpopulationen der humanen Plazenta mit starker
Proliferation assoziiert ist sowie die Frage, ob sich anhand der Ergebnisse der transfizierten
malignen Trophoblastzellen bestätigen läßt, daß Connexine wesentliche regulative Faktoren
darstellen, die für den benignen und kontrollierten Invasionsprozeß des Trophoblasten in das
maternale Gewebe verantwortlich sein können.
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