61 - PSA Selbsthilfegruppe Prostatakrebs Bielefeld

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Bericht vom 61. Urologenkongress in Dresden 2009 –
Ein Rückblick von Annette Siekmann-Frost und Wolfhard D. Frost
PSA Selbsthilfegruppe Prostatakrebs in Bielefeld
Kongress-Eröffnung
Prof. Wirth referierte über Urologie im Wandel. Das Thema beinhalte die Integration
innovativer Techniken wie Laparoskopie und Roboterchirurgie wie auch den Wandel in
den Versorgungsstrukturen des Gesundheitswesens z.B. mit der Bildung von
spezialisierten und zertifizierten Zentren. Besonders wichtig sei es, dass die Urologie eine
forschende Disziplin bleibe und nach dem Vorbild anderer Länder zertifizierte
Ausbildungszentren mit regelmäßigen Kontrollen eingerichtet würden. Im Verlaufe seines
Vortrages hob er den zum dritten Mal integrierten Pflegekongress für Assistenz- und
Pflegeberufe hervor und lobte ausdrücklich "die Vielzahl von jungen Kolleginnen und
Kollegen mit ihren klinischen und experimentellen Vorträgen und Postern". Prof. Wirth:
Ohne interdisziplinäre Zusammenarbeit werden wir unser Fachgebiet in der Breite nicht
erhalten können." Dr. Bloch. Präsident des BDU betonte wie wichtig die konstruktive
Zusammenarbeit der beiden urologischen Verbände "gerade in schlechten wie auch von
Verwerfungen im Gesundheitssystem geprägten Zeiten." Davon seien im Besonderen die
Niedergelassenen Urologen betroffen.
(Anzumerken ist hier, dass drei Patientenvertreter aus dem BPS als Referenten zum
Urologenkongress eingeladen waren.)
Sicher entscheiden - FIFA Schiedsrichter Dr. Markus Merk
Dr. Markus Merk, zweifacher Weltschiedsrichter plauderte auf dem DGU-Kongress aus
dem Nähkästchen und knüpfte Verbindungen mit dem Geschehen auf dem grünen Rasen
und Abläufen im ärztlichen Alltag, im Wirtschaftsleben sowie im Privatleben.
Eine Vielzahl von Faktoren müsse zusammenwirken, das Team muss funktionieren, denn
ebenso wie der Schiedsrichter nicht allein steht, sondern seine Assistenten an den
Seitenlinie als Unterstützung hat, so ist jeder Entscheider auf seine Mannschaft
angewiesen.
Wichtigste Voraussetzung für ein funktionierendes Team ist wohl die Vertrauensbasis.
Nur wenn der Entscheider sich auf sein Umfeld verlassen kann, wird er dem Team
vertrauen. Das Team wiederum braucht die Gewissheit, dass der Entscheider sich selbst
als Teil davon sieht und auch hinter seinen Teamkollegen steht. Der gesamte Vortrag war
eine überzeugende Demonstration für ein erfolgreiches Krisenmanagement:
Gelassenheit, hektische Aufgeregtheit und Panik sind schlechte Ratgeber für jeden, der
schnell, sicher und richtig entscheiden muss.. “Niemand ist zu 100 Prozent fehlerfrei, wer
langfristig erfolgreich und glaubwürdig bleiben will, lernt aus seinen Fehlern und stellt sich
selbstkritisch immer wieder selbst aufs Neue selbst in Frage.”
Es ist eine Mischung aus Merks Biografie, Managersprache und Fußballanekdötkes. Merk
gelang es in beeindruckender Weise, seine Theorien mit praktischen Beispielen aus dem
Fußballalltag zu verknüpfen.
Die Zuhörer erfuhren viel über die großen und kleinen Eigenheiten der wirklichen
Weltstars des Fußballs, aber sie erhielten auch einen Einblick in die Allüren der vielen
Möchtegernstars. Da erzählt Merk, wie er mit seinen "Kunden" Konflikte vermeidet.
Wie er mit David Beckham plaudert. Wie er den schweigsamen Zinédine Zidane vor
Tretern schützt. Wie er den lamentierenden Figo ruhig stellte: "Irgendwann bin ich nach
einem Pfiff immer 30 Meter weggelaufen. Dann hatte ich meine Ruhe. Der Figo läuft
nämlich nicht so gern."
Merks Botschaft: Sicher entscheiden bedeutet, sich schnell entscheiden, das
überzeugend zu vertreten und hinterher nicht zu wackeln. Dass Merk stets sicher
entscheidet, glaubt ihm jeder, allein schon wie er als Redner breitbeinig auf dem Podium
stehend brilliert.
Urologie im Wandel: S3 –Leitlinie Prostatakarzinom
Moderation: Prof. Horsch, Offenburg, Prof. Stöckle, Homburg/Saar Prof. Wirth, Dresden
Prof. Rübben, Essen, referierte über Früherkennung
Da frühe Erkennung in hohem Maß Heilung bedeutet, wird die Früherkennung des
Prostatakarzinoms (PCa) von allen urologischen und Krebsgesellschaften national und
international empfohlen. Nicht empfohlen wird die Verwendung des PSA beim PCaMassenscreening. Prof. Rübben: 25 Prozent der Biopsien könnten eingespart werden und
30 Prozent weniger Messungen seien möglich, wenn bei Männern ab 40 bei einem PSA
>2 einmal jährlich und bei einem PSA<2 nur alle zwei Jahre PSA gemessen würde und
eine Biopsie erst dann erfolgen würde, wenn der PSA-Wert 0,5 ng/ml und mehr in einem
Jahr ansteigen würde.
PD Dr. Grimm, Dresden gab einen Überblick bzgl. Radikale Prostatektomie: Wenngleich
die Rolle der radikalen Prostatektomie als primäre Therapieoption beim lokal begrenzten
und lokal fortgeschrittenen Prostatakarzinom heraus gestellt wurde, bestehe kein
Konsens bzgl. eines qualitativen Vergleiches der verfügbaren operativen Verfahren. So
würde heute die offene, perineale radikale Prostatektomie, die laparoskopische und die
roboterunterstützte laparoskopische Prostatektomie angeboten. Alle diese
Operationstechniken seien im Vergleich untereinander gleich effektiv, es konnte bisher
noch kein eindeutiger Vorteil bei einer der Techniken gefunden werden. Wichtig sei: In der
deutschen S3 Leitlinie sei der Patientenwunsch vorangestellt, das sei anders als im
sonstigen Europa.
Prof. Wiegel aus Ulm erläuterte den Part Strahlentherapie und verdeutlicht, ein Benefit
durch RT sei dann erreichbar, wenn PSA in den Nullbereich absinken würde, wenn
bereits bei PSA kleiner 0,5 bestrahlt würde. Lymphabflußwege sollten nicht mitbestrahlt
werden. Und betont: Urologen und Radiologen seien Freunde..
Active Surveillance und Watchful Waiting wurden in einem blendenden Vortrag von
Prof. Weißbach dargestellt
Die Aufklärung über Active Surveillance wird gleichrangig mit der über die Operation, die
perkutane Strahlentherapie und die Brachytherapie durchgeführt. Damit wird Active
Surveillance erstmals in einer deutschen Leitlinie gebührend gewürdigt. Prof. Weißbach:
AS ist in den Leitlinien eine ebenbürtige Therapieoption
AS ist für alle Patientengruppen, jedoch 50% Abbrecher
WW ist eine Option für symptomatische Patienten, die nur noch vor dem Tode behandelt
werden.
Interessant sein Paradoxon:
bisher galt:
- wächst der Krebs trotz Behandlung erneut, dann ist der Patient der Meinung, der
Urologe habe alles in seinen Kräften stehende getan
- wächst der Krebs nicht, denkt der Patient, der Urologe habe ihn geheilt
bei AS gilt:
- wächst der Krebs, dann ist der Patient der Meinung, der Urologe habe nichts getan
- wächst der Krebs nicht, dann ist der Patient der Meinung, er brauche keinen Urologen
Generalsekretär Abrahamson aus Malmö -Prostate Cancer: What does the future
hold? aus Malmö - gab in einem zeitlich überdimensionierten Vortrag einen Ausblick in
die Zukunft der Urologie: "Nur wer den Wandel als Herausforderung annimmt, der kann in
Zukunft auch in Krisenzeiten erfolgreich sein."
Prostatakarzinom S3-Leitlinie - Moderation Prof. Graefen, Prof. Weißbach,
Prof. Wörmann
Stellenwert der Lymphadenektomie beim Prostatakarzinom - Laut Prof. Thüroff,
Mainz, stellt die Lymphadenektomie (LNE) zur Zeit das zuverlässigste
Staginginstrument zum Nachweis einer lymphogenen Metastasierung beim
Prostatakarzinom dar. Die Zuverlässigkeit steigt mit der Ausdehnung der LNE.
Insgesamt zeigen Patienten mit positiven Lymphknoten nach radikaler
Prostatektomie und LNE gute Langzeitüberlebensraten, unabhängig von der
Ausdehnung der LNE und unabhängig, ob eine adjuvante Therapie eingeleitet
wurde oder nicht.
Prof. Thüroff zitiert in diesem Zusammenhang Daten der Mayoklinik, USA:
Wenn mehr als ein Lymphknoten positiv sei, dann sei die
Langzeitüberlebensrate ungünstig. Ein T3 PCa mit positiven Lymphknoten
habe ein siebenfach höheres Rezidivrisiko gegenüber einem T1. Bei positiven
Lymphknoten sei eine sofortige Hormontherapie besser gegenüber einer
verzögerten (37% zu 9% längeres Überleben)
Neoadjuvante versus adjuvante Therapie - Prof. Ebert, Fürth, erläutert Evidenzgrade
und ausgewählte Begrifflichkeiten in der Leitlinie:
A
Soll
starke Evidenz
(I)
B
Sollte
mäßige Evidenz
(II)
0
Kann
schwache Evidenz
(III - IV)
neoadjuvant
zusätzlich VORher
in kurativer Absicht
adjuvant
zusätzlich NACHher
in kurativer Absicht
Beispiele aus der S3 Leitlinie:
VOR:
lokal begrenzter Tumor
lokal fortgeschr. Tumor
NACH:
lokal begrenzter Tumor
lokal fortgeschr. Tumor (pNo)
pT3pNoR1
pT3 Ro u. positiv. Samenblase
pT2 R1
A
B
SOLL keine neoadjuvante Hormontherapie.....
SOLLTE keine neoadjuvante Hormontherapie....
KEINE adjuvante Hormontherapie......
SOLL keine adjuvante Hormontherapie
A
B
0
SOLL eine externe Bestrahlung (EBRT)....
SOLLTE eine externe Bestrahlung (EBRT)....
KANN eine Strahlentherapie....
Um die S3-Leitlinie besser zu verstehen empfahl Prof. Ebert: Lesen, Lesen, Lesen...
PSA-Rezidiv - Prof. Heidenreich, Aachen, erläuterte, 34% der Patienten würden ein
Rezidiv von über 0,2 ng/ml mehr als 3 Monate nach der Prostatektomie (Zwei
Anstiege in Folge) entwickeln. Bei der Hälfte davon (50%) steige PSA in der Folge
weiter an bis PSA 0,4 ng/ml. Und davon bei wiederum etwa der Hälfte (50%) steige PSA
über 0,4 ng/ml hinaus an.
Für die Diagnostik des biochemischen Rezidivs nach radikaler Prostatektomie
nicht geeignet seien DRU, TRUS, CT, Szintigrafie. Keine Routineuntersuchung aber eine
vielversprechende Option sei das Cholin-PET. Gut geeignet seien PSA-DT und die
Histologie. Die MRT mit einer endorektalen Sonde sei dem konventionellen MRT
mittels Ganzkörperspule zur Rezidivdarstellung eindeutig überlegen.
Anzeichen für ein Lokalrezidiv (KEINE Fernmetastasen): kein Nachweis einer
Samenblaseninfiltration oder von Lymphknotenmetastasen im
Operationspräparat, Gleason-Summe unter 8, postoperativer PSA-Nadir unter
der Nachweisgrenze, PSA-Anstieg erst 2 Jahre nach der Operation und eine
PSA-Verdoppelungszeit von über 10 Monaten.
Eine Rezidiv-Bestrahlung empfiehlt Prof. Heidenreich bei einem PSA-Wert
<0,5ng/ml.
Hormontherapie beim Prostatakarzinom - Prof. Wolff, Viersen, zitierte aus der S3Leitlinie und wies eindringlich auf die Problematik Metabolisches Syndrom und
kardiovaskuläre Probleme bei ADT hin.
(Persönliche Anmerkung: Aus einer schwedischen Studie mit 30.000 Teilnehmern: "In
Bezug auf KHK, Herzinfarkt und Herzschwäche war die Behandlung mit Antiandrogenen
am sichersten. Dagegen waren die GnRH-Injektionen laut Studiendaten in jeder Hinsicht
am riskantesten für das Herz.")
Ein weiterer Hinweis betraf die intermittierende Hormontherapie, die nicht erwogen
werden sollte, wenn der PSA-Nadir nicht unter 0,4 ng/ml absinken würde.
Behandlung des hormonrefraktären Prostatakarzinoms - Lt. Prof. Wörmann,
Braunschweig, sei das Beste an der Leitlinie, dass es die Leitlinie gibt. Neue Erkenntnisse
sind in der Leitlinie umfassend aufgenommen. Neue Studien belegen die Wirksamkeit der
Behandlung des hormonunabhängigen Prostatakrebs mit dem Chemotherapeutikum
Docetaxel. Von großer Bedeutung sei auch hier die Kombination mit Strahlentherapie,
dem Einsatz von anderen Medikamenten wie Bisphosphonaten und ein adäquates
Management von Schmerz und Nebenwirkungen.
Die Leitlinie, so Prof. Wörmann, müsse regelmässig aktualisiert werden, um neue
Erkenntnisse zu bewerten.
Insgesamt war die S3-Leitlinie beherrschendes Thema für Mediziner und Patienten.
Anmerkungen zur S3-Leitlinie:
- interdisziplinär und wir Patienten waren beteiligt.
-
-
zur Früherkennung, Diagnose und Therapie der verschiedenen Stadien des
Prostatakarzinoms“
entstand unter der Federführung der Deutschen Gesellschaft für Urologie in
Kooperation mit dem Ärztlichen Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) und wurde
von der Deutschen Krebshilfe e.V. gefördert.
- startete Ende 2005 unter Mitwirkung von
- Berufsverband der Deutschen Urologen (BDU),
- Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO)
- Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO),
- Berufsverband Deutscher Strahlentherapeuten (BVDST),
- Deutsche Gesellschaft für Pathologie (DGP),
- Deutsche Gesellschaft für Nuklearmedizin (DGN),
- Deutschen Röntgengesellschaft (DRG),
- Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe (BPS)
- Deutsche Krebsgesellschaft (DKG).
Enthält Statements und Empfehlungen zu den Bereichen
- Prävention,
- Früherkennung,
- Diagnostik,
- Therapie und Begleitung des
-
-
lokal begrenzten, des lokal fortgeschrittenen, des rezidivierten und des metastasierten
Prostatakarzinoms sowie zu Rehabilitation und Nachsorge.
ein wesentlicher Schritt für die Optimierung der Patientenversorgung
-
berücksichtigt das Erkrankungsstadium und die individuelle Situation des Patienten
sowie seine Präferenzen
-
Ermöglicht, Wünsche des Patienten, seine familiäre Situation, seine Vorgeschichte und
seinen Anspruch auf Lebensqualität in die Therapieentscheidung mit einfließen zu
lassen
-
Active Surveillance (Aktive Überwachung) als Therapieoption
-
vermehrte Pflicht zur Information durch den Arzt
-
Leitlinie keine Vorschrift jedoch kompetente Orientierungshilfen und
Argumentationshilfen
-
KEIN Konsens besteht zwischen den einzelnen Operationsverfahren (offen,
laparoskopisch, robotergestützt, weil für den Vergleich keine ausreichende Datenlage
zur Verfügung steht
-
RPE und RT werden beim lokal begrenzten Pca als „primäre Therapieoptionen“
nebeneinander gestellt
-
Bei nerverhaltender OP wird im Gegensatz zur europäischen Leitlinie der Wunsch des
Patienten in den Vordergrund gestellt, ebenso die Aufklärung über die Risiken wie auch
das Abraten von nerverhaltender OP, wenn daraus eine R1 Situation entstehen könnte.
-
Auf Wunsch der Patientenvertreter im S3-Beratergremium wurde eine Mindestmenge
an OP’n pro Einrichtung (50) und pro Operateur (25) pro Jahr sowie ein
entsprechendes Ausbildungsprogramm festgelegt.
Der verkaufte Patient war ein heiß diskutiertes Thema
auf dem Podium war kein Vertreter der Niedergelassenen und auch kein Vertreter der
GKV'n vertreten.
Moderne Optionen in der Diagnostik und Therapie des
Prostatakarzinoms - Moderation Prof. A. Heidenreich, Aachen
Screening und Diagnostik
J. Breul, Freiburg
Eine frühzeitige Diagnostik ist wohl die effektivste Maßnahme, um die Mortalität des
Prostatakarzinoms zu senken. 3000 Männer müßten pro Jahr NICHT an einem
ProstataKarzinom sterben, wenn ein Screening gemacht würde und wenn bessere
Testverfahren zur Verfügung stünden.
Der Referent beleuchtete verschiedene diagnostische Verfahren und Möglichkeiten
hinsichtlich ihres diagnostischen und/oder prognostischen Aussagewertes:
DRU – allein hilft nicht beim Screening und auch nicht beim Staging. In Kombination mit
PSA ist DRU jedoch derzeit noch die beste Methode.
DRU mit Kontrastmittel erkennt vorzugsweise die eher aggressiven Tumore.
Elastografie – Die Methode verbessere die Trefferquote bei einer Biopsie. Anzumerken
sei, dass man mit der E. insbesondere die aggressiveren Tumore detektieren könne,
diese seien weniger elastisch.
EPCA-2 - Mit EPCA-2 ist ein neuer Biomarker mit höherer Genauigkeit als PSA
vorhanden. pT2 von pT3 Tumoren, genauer organbegrenztes und organüberschreitendes
Wachstum sind unterscheidbar.
PCA3 - PCA3 ist ein Gen, das ausschließlich in Prostatagewebe exprimiert wird. Wenn
Prostatazellen entarten, wird PCA3 überexprimiert. Prostatakarzinomzellen synthetisieren
dabei 60-100fach mehr PCA3-mRNA als normales Prostatagewebe. Der PCA3-Score
kann als ergänzende Information zur Vorhersage des prä-operativen Risikos der PCaProgression (Prädiktor für extrakapsuläre Ausdehnung) und der Notwendigkeit einer
frühen Behandlung genutzt werden.
GSTP1 – ist im Serum und im Urin nachweisbar; wird in HGPIN und in Karzinomgewebe
nicht jedoch im normalen Prostatagewebe gefunden. Ist als potentieller
Früherkennungsmarker interessant.
Zirkulierende Tumorzellen – Im peripheren Blut frei zirkulierende Tumorzellen helfen
sind für diagnostische Zwecke nicht hilfreich
Anzahl Biopsiestanzen – Der Referent stellt die Frage, ob aus diagnostischer Sicht 20
Stanzen einen Vorteil gegenüber 10 Stanzen bringen würden.
Androgenstimulation – Für prognostische bzw. diagnostische Zwecke zum Nachweis
eines Prostatakarzinoms nicht verwendbar.
3dimensionales Mapping mit Sättigungsbiopsie - sei ein nur in
wenigen Ausnahmefällen geeignetes Mittel zur Diagnosegewinnung
Side-fire oder End-fire-Technik - Eine entscheidende Rolle für das Erreichen guter
Ergebnisse hat nach Aussage des Referenten im Rahmen der Ultraschallgesteuerten
Prostatabiopsie die Verwendung des Vaginalscanners in Verbindung mit der End-FireFührungshilfe
Molekulare Tests – die Trefferquote sei dabei nur bei etwa 50%, da könne man auch
eine Münze werfen.
Bildgebende Diagnostik und Therapie des lokal fortgeschrittenen
Prostatakarzinoms – Prof. A. Heidenreich, Aachen
Prof. Heidenreich favorisierte das endorektale MRT mit MR Spectroskopie.
Aber es brauche einen Radiologen, der sich wirklich gut mit der Prostata auskennen
würde.
Nur etwa ein Viertel der Unikliniken habe eine endorektale Spule und MR Spectroskopie.
Wenn ein HighRiskTumor T3 operiert werden müsse, sei das keine OP für alle. T3
brauche eine besondere OP-Erfahrung. Es sei eine Modifikation der Operationstechnik
erforderlich, um die sonst übliche Rate positiver Absetzungsränder von ca. 30 %
signifikant zu senken und die hohe Rate an metastasierten Lymphknoten zu entdecken.
Diese Operationstechnik der extendierten radikalen Prostatektomie basiere darauf, die
urethrale Präparation (Durchtrennen der Harnröhre) nicht intraprostatisch (in Höhe der
Prostata), sondern mit einem Abstand von ca. 3–4 mm nach distal (aussen gerichtet)
durchzuführen. Zudem wird der laterodorsale (seitlich zum Rücken hin) Bereich der
Gefäßnervenbündel weit bis in das Niveau des perirektalen (nahe zum Dickdarm gelegen)
Fettgewebes reseziert (entfernt), um die häufig durch Perineuralscheideninvasion in
diesem Bereich vorkommenden Tumorzellinfiltrationen komplett entfernen zu können.
In einer Studie, so Prof. Heidenreich, hatte nach der klassischen Operationsmethode
ungefähr ein Drittel der Patienten einen R1-Befund, während bei der modifizierten OPTechnik, der extendierten radikalen Prostatektomie, nur 9 % positive Schnittränder
aufwiesen. Die PSA-Progressionsrate sei nach drei Jahren bei den modifiziert Operierten
deutlich niedriger gewesen.
(Persönliche Anmerkung: In einer urologischen Schrift an anderer Stelle hat sich Prof.
Heidenreich hierzu noch zusätzlich wie folgt geäußert: "Für junge Patienten mit lokal
fortgeschrittenem Prostatakarzinom ohne bildgebend erfaßbare Metastasen stellt die
radikale Prostatektomie bei guter Selektion eine Behandlungsoption mit kurativer Intention
dar. Günstige Prognosefaktoren sind ein PSA < 20 ng/ml, ein Biopsie-Gleason-Score < 7
sowie ein Befund < cT3a.")
Strahlentherapie beim lokal fortgeschrittenen Prostatakarzinom – Prof. T.
Wiegel, Ulm, stellt voran: Bei einer kombinierten Radio- und Hormontherapie nach RPE
sollen 72Gy nicht unterschritten werden. Das daraus resultierende längere
Gesamtüberleben wird jedoch erst nach 8 bis 10 Jahren deutlich.
Eine kombinierte HT und RT sei um 12% besser als eine alleinige HT.
Urogenitale Spätfolgen hätten den Ausführungen des Referenten zufolge zumeist
diejenigen, die vor der Bestrahlung schon Akutprobleme gehabt hätten. Ein
RektumKarzinom als Sekundärtumor tritt laut Prof. Wiegel statistisch gesehen nur bei
einem von 1000 Patienten und erst nach etwa 10 Jahren auf.
Prof. Wiegel erläuterte auszugsweise den Teil der S3 Leitlinie zur
Primären kurativen Strahlentherapie:
Bei Vergleichen von operativ oder strahlentherapeutisch behandelten Patienten würden
sich ähnliche Raten bezüglich 5-Jahres-biochemischen-progressionfreien-Überleben
(bPFS) und 5- bzw.10-Jahres-krankheitsspezifischem Überleben ergeben,
während das 10-Jahres-bPFS und 10-J-Gesamtüberleben in den Untersuchungen bei
operierten Patienten insgesamt etwas höher sei.
Es sei jedoch zu bedenken, dass die operativen Patienten zumeist jünger seien.
Antihormonelle Therapie des PCa - Moderation Prof. Stief, München
Marker wie PSA, PCA3, Sarkosin...
Prof. Semjonow, Münster erläuterte in seiner bekannt launigen Art, drei Marker:
Sarcosin - Hier steht die Publicity in keinem Verhältnis zum Nutzen. Es gibt nur eine
Studie mit 53 Männern
pro-PSA - ist eine Subgruppe des fPSA und ist nicht sehr stabil; proPSA sinkt beim
Lagern nicht ab, sondern es steigt. Man muß es innerhalb 3 Stunden zentrifugieren.
Lt. Prof. Semjonow "proPSA wahrscheinlich ein Fortschritt zum alleinigen fPSA"
PCA3 - ein Urintest; kommt im normalen Prostatagewebe so gut wie gar nicht vor; bei
etwa 90% aller Prostatakarzinomgewebe ist es jedoch überexprimiert.; Prof. Semjonow:
"Leider hilft uns der PCA3-Score nicht, festzustellen, dieser Mann braucht KEINE
(weitere?) Biopsie. Selbst bei normalem PCA3-Score hatten noch 12% der Männer ein
Karzinom." PSA wird uns nach Meinung von Prof. Semjonow noch längere Zeit weiter
begleiten, zumindest als Selektionskriterium für dann aufwendigere Untersuchungen bei
Verdacht auf Prostatakarzinom.
Neu in den Guidelines: Intermittierende Therapie
Prof. Tunn, Offenbach stellte voran: Die iADT sei erstmals in einer Leitlinie enthalten. Die
iADT verlange lt. Prof. Tunn jedoch große Anforderungen an den überwachenden Arzt.
Der Urologe sei gefordert, ein aktives Überwachungsmanagement zu betreiben. Eine
intermittierende Therapie sei immer eine chronische Behandlung.
Voraussetzung für den Einsatz der intermittierenden Behandlung sei zuallererst ein
exzellentes Ansprechen auf eine 6- bis 9monatige Induktionsphase, d. h. bei
metastasierten oder nicht vortherapierten Patienten sollte der PSA-Wert < 4 ng/ml
absinken, bei Patienten mit PSA-Rezidiv nach kurativer Therapie auf einen PSA-Wert <
0,5 ng/ml.
Der Schwellenwert für den Wiedereinsatz der Hormontherapie sei dann indiziert, wenn
Anzeichen einer klinischen Progression bestehen.
Ansonsten nennt Prof. Tunn folgende Werte:
Bei Patienten mit M1 bei einem PSA von 10–20 ng/ml
Bei Patienten mit M0 bei einem PSA von 6 bis 15 ng/ml
bei lokal fortgeschrittenem PCa und PSA-Rezidiv nach kurativer Therapie bei einem PSA
von >3 ng/ml
Die Patienten seien durchschnittlich 50% der Zeit ohne medikamentöse Therapie.
Die iADT verbessere die Lebensqualität und reduziere die Toxizität, es gäbe keine
negativen Effekte auf Prognose und Überleben
Jedoch, es braucht rd. 100 Tage bis Testosteron wieder ansteigt nach Absetzen des
LHRH.
Prof. Tunn: "Die iADT ist eine sichere Behandlungsmethode - wenn der Patient richtig
ausgewählt wurde."
Was kommt nach LHRH? Abiraterone...
Lt. Prof. Albers, Düsseldorf leben die meisten Patienten mit einem PCa länger als 10
Jahre. In der verbleibenden nur noch kurzen Lebensspanne vor der Chemotherapie muß
dann aber anders als mit der Lebensqualität gemessen werden. Trotz einer
ausgezeichneten ersten Reaktion auf First-Line-hormonelle Behandlung werden die
meisten Patienten mit metastasierendem Prostatakrebs kastrationsresistent, d.h. nach
LHRH folgt entweder eine sekundäre Hormontherapie oder Chemotherapie.
Jedoch im kastrationsresistenten Prostatakarzinom (CRPCa) wachsen die Tumorzellen
trotz niedriger Testosteronwerte, weil die Zelle in der Lage sei, Testosteron selbst zu
produzieren. Prof. Albers: "Sie schaltet sich wieder an." Diese Tumoren sind dann
unabhängig von einem funktionalen Androgenrezeptor (AR) und es sei notwendig, neue
und wirksamere Antiandrogene zu finden und einzusetzen
Abiraterone hemmt die androgene Steroidsynthese und verhindert somit die
ligandengesteuerte AR-Stimulation. Es sei deutlich wirksamer als Ketokonazol
Eine sekundäre Hormontherapie mit Abiraterone kombiniert mit 0,5 mg Dexamethason
könne bis zu einem Jahr wirksam sein. Es sei eine "verträgliche Therapie, nur 1 Patient
von 30 entwickelt Ödeme."
Das gerade erst publizierte MDV3100 sei ein 10fach potenteres Antiandrogen als
Bicalutamid. MDV3100 sei ein AR-Antagonist. Ein Antiandrogenentzugseffekt wie nach
Flutamid oder Bicalutamid sei nicht zu erwarten. MDV3100 wirke auch bei Tumoren, die
Casodex-resistent seien.
BMS-641988 zeige ebenfalls eine höhere Potenz im Vergleich zu dem StandardAntiandrogen, Bicalutamid, und eine 10fach höhere Bindungsaffinität zum AR.
State of the Art
Moderation Prof. Frohneberg, Karlsruhe, OA Dr. Grimm, Dresden, Prf. Müller, Bonn
Neue Marker beim Prostatakarzinom
Prof. Pummer Graz unterscheidet diagnostische Marker und prognostische Marker und
proteinbasierende Marker basierend auf Gewebe, Ejakulat, Urin, Serum
Marker aus Gewebe: Die Ergebnisse sind unbefriedigend, lassen sich nicht validieren
Marker im Ejakulat: nicht erläutert.
Marker aus dem Urin: bisherige Ergebnisse liegen nur in sehr kleinen Serien vor; keine
Validierung möglich und es gibt keine Standards für die Uringewinnung
PCA3 sei fast schon tägliche Routine. Vorteil: Keine Abhängigkeit des Score-Wertes vom
Prostatavolumen; jedoch einschränkend meint Prof. Pummer: "ich fühle mich nicht in der
Lage, die Aggressivität von einem Prostatakarzinom mittels dem PCA3-Test zu
bestimmen."!
TMPRSS22=ERG=Fusionsgen ist ein Indikator für HGPIN. Die prognostische Bedeutung
ist verwirrend. Wenn es vorkommt (?), muß man mit einer schlechten Prognose rechnen.
Sarcosin, da gäbe es nur eine Publikation und es sei eher ein prognostischer als ein
diagnostischer Marker
ossäre Marker - die meisten kommen aus dem Serum; keiner davon sei als primärer
Marker tauglich
Von den weiteren getesteten über 50 diagnostischen Markern lt. Prof. Pummer "war
keiner brauchbar" oder zumindest nicht zufriedenstellend oder nur zusammen mit PSA
brauchbar, darunter CRP, EGF, KLK, Caveolin, HK2, STEP-1.
(Persönliche Anmerkung: Bis jetzt habe ich bzgl. der diagnostischen und auch der
prognostischen Marker viel Presse, viel Spektakuläres aber wenig für uns Patienten
Greifbares, Umsetzbares, sicher Anwendbares, von unseren Urologen Akzeptiertes
kennengelernt. Wo ist z.B. eine biochemische Kenngröße, die z.B. Knochenmetastasen
sicher nachweist? Ich glaube mittlerweile, dass mit ganz wenigen Ausnahmen die
chemischen Messgrößen für eigenständige Diagnosen kaum brauchbar sind, wohl aber
bei Bedarf als einzelne Bausteine in dem Puzzle Diagnose eine unterstützende und
ergänzende Funktion haben können.)
Immuntherapie versus "small molecules" beim Prostatakarzinom
Prof. J. Vieweg ,Gainsville, USA, ging in seinem in englischer Sprache gehaltenen
Vortrag auf die Entwicklung neuer „molekularer“ Substanzen ein, die gezielter als die
konventionellen Zytostatika das Wachstum von Tumorzellen blockieren könnten. Derzeit
kennt man erst bei etwa 500 von über 100.000 Proteinen, die vom menschlichen Genom
beeinflußt (kodiert) werden können, Möglichkeiten zur Beeinflussung. Umso interessanter
sei es, neue (nieder?)molekulare Verbindungen, so genannte „Small Molecules“ zu
entdecken, die in der Lage sind, Proteine, die mit einer Krebskrankheit in Verbindung
gebracht werden können, in ihrer Funktion zu beeinflussen.
Sofern ich Prof. Vieweg richtig verstanden habe, führt die Injektion von modifizierter
mRNA im Körper des Empfängers zur Expression funktionaler Proteine. Laienhaft
ausgedrückt: Es geht dabei um die Entwicklung eines Impfstoffes gegen Krebs. Der
Impfstoff enthält als aktive Substanz modifizierte langkettige mRNA-Moleküle, die
verschiedene Antigene beeinflussen (kodieren?), welche auf Prostatakrebszellen
exprimiert werden. In der Folge erkennt das Immunsystem diese Antigene mit Hilfe
dendritischer Zellen und reagiert mit der Bildung von antigenspezifischen T-Zellen und
(humoralen?) Antikörpern. Derzeit läuft eine Studie zur Behandlung von Patienten mit
Prostatakrebs, die auf Hormontherapie nicht mehr ansprechen
Nachsorge nach Harnableitung -Prof. Studer, Bern betonte, regelmäßige Nachsorge
allein und dann noch unterschiedliche Nachsorgeuntersuchungen reichen nicht.
Besser sei eine aktive Nachsorge, enger zu kontrollieren, das "volle Programm" und nicht
erst warten, bis Symptome auftreten.
12% hätten Obstruktionen, weil bereits kleinste Hindernisse Harnwegsinfekte auslösen
würden. Diese Infekte sollten sofort behandelt werden.
Roboterchirurgie pro und kontra
Prof. Siemer und Prof. Miller
Pro - Prof. Stöckle:
- ohne Roboterchirurgie (Anmerkung: d.h. da vinci) geht nichts mehr.
- da vinci ist die logische Weiterentwicklung operativer Techniken
- Die retropubische OP ist out. Die Patienten möchten keinen Schnitt.
Contra - Prof. Miller:
- Brauchen wir den Roboter überhaupt?
- Nach wie vor ist das Können des Chirurgen entscheidend
- Eine bessere Bohrmaschine macht aus einem Handwerker keinen besseren
Handwerker.
Pflegekongress
Fortbildung für urologisches Assistenz- und Pflegepersonal
Zertifiziertes Qualitätsmanagement
Frau Dr. Baldauf-Twelker und Frau Hensel, Uniklinik Dresden, berichten ganz global und
auch klinikspezifisch von der Umsetzung der gesetzlichen Grundlagen und der QMRichtlinien in den Klinikalltag
Anforderungen an ein Prostata-Karzinom-Zentrum der Deutschen
Krebsgesellschaft
Dr. Olbert, Marburg, erläutert detailliert spezielle Anforderungen im QM-System.
Prostata-Karzinom-Zentren aus Sicht der Patienten
Wolfhard D. Frost, Bielefeld, stellt einen detaillierten Katalog mit den Erwartungen und
den Forderungen an ein zertifiziertes Klinikum aus Sicht des Patienten vor.
Die perfekte Prostatabiopsie: Was gibt es Neues?
Dr. Kaminski und G. Wirsing aus Fulda erläutern den Ablauf einer ultraschallgesteuerten
Mehrfachbiopsie
Postersitzungen:
(Persönliche Anmerkung: In den Postersitzungen haben wir die jungen Ärzte
gesehen, die uns morgen als Chefs behandeln werden.)
Prostatakarzinom Therapie lokalisierter Tumoren
Moderation: Frau Prof. Weckermann, Augsburg
Quantifizieren der erektilen Funktionen nach RPE
Dr. Lehmann, Baden, CH
Präoperativ sowie 3 monatlich im ersten Jahr und anschliessend halbjährlich wurden 141
Männer mit nervenschonender RP über den IIEF-5-Fragebogen über einen mittleren
Zeitraum von 36 Monaten befragt.
Schlussfolgerung: Die Patienten waren, sofern man die postoperativen Daten nicht
einbezieht, mit dem Ergebnis der nervschonenden OP überwiegend zufrieden.
(Persönliche Anmerkung: Interessant war die Feststellung des Berichterstatters, dass 1/4
der beteiligten Patienten PDE5In verwendeten. Ich frage mich, ob das nicht das Ergebnis
der Befragung verfälscht hat.)
Qualitätskontrolle der radikalen nervschonenden Prostatektomie
Prof. Heidenreich, Aachen
Es ging darum, Qualitätskriterien für die RP zu identifizieren. Von 6 Operateuren aus 6
europäischen Kliniken wurden zwischen 50 und 100 RP auf Fragebögen dokumentiert,
insbesondere ging es um Daten zu Blutverlust, Transfusionsrate, Op-Dauer,
Komplikationen, Nervschonung und pelvine Lymphadenektomie. Nach 3 und 12 Monaten
wurden zudem onkologische und funktionelle Resultate wie positive Resektionsränder,
PSA Serumspiegel, Kontinenz und Potenz ermittelt.
Ergebniss: Die Auswertung der Daten von 500 Patienten zeigte bei den onkologischen
und funktionellen Ergebnisse keinen ausgeprägten Zusammenhang mit der Anzahl der
RP pro Operateur oder pro Klinik. Dennoch sei lt. Prof Heidenreich mit diesen wenigen
Daten eine individuelle Qualitätskontrolle der RP möglich. Nicht die Zahl der RP'n sei
entscheidend sondern die Technik.
Kontinenz, Miktionsfunktionen und die damit zusammenhängende
Lebensqualität.....
Dr. Musch, Essen
Es wurden Kontinenz, Miktion und Lebensqualität von 677 Prostatakarzinom-Patienten
mit einem Durchschnittsalter von 66 Jahren zu verschiedenen Zeitpunkten vor und 3 bis
24 Monate nach radikaler retropubischer Prostatektomie (RRP) untersucht.
Der Kontinenzstatus wurde anhand der „PAD-free" Definition bestimmt.
Schlussfolgerungen: Nach RRP seien die Patienten aufgrund einer hohen postoperativen
Kontinenzrate und gering ausgeprägten Miktionsfunktionsstörungen im Vergleich zur
präoperativen Situation in ihrer Lebensqualität nur wenig beeinträchtigt gewesen.
(Persönliche Anmerkung: ...was bei einer hohen Kontinenzrate nach der OP wohl kaum
verwundert.)
Bizentrale Studie zur Lebensqualität nach EERPE
Dr. Holze, Leipzig
Mit einer Fragebogenaktion wurden vor der OP und 3 bis 12 Monate nach einer
endoskopischen extraperitonealen radikalen Prostatektomie (EERPE) Daten zur
Lebensqualität bei 160 Patienten im Alter von 46 bis 76 Jahren in Dortmund und Leipzig
abgefragt. Berichtet wurde von Verschlechterung der körperlichen Funktionen, der
Rollenfunktion, der sozialen Funktion, bei der allgemeinen Lebensqualität, durch Fatigue
und von finanziellen Schwierigkeiten . Hingegen hätten sich die emotionale Funktion
verbessert, was mit weiterem Abstand zur OP auch für die körperliche Funktion wie auch
die Rollenfunktion zuträfe.
Verringert habe sich sehr deutlich die Angst in den ersten drei Monaten nach der OP
gegenüber der Situation vor der OP.
Als Ergebnis wurde präsentiert: Patienten weisen vor der OP signifikant höhere
Angstwerte auf. Dies sollte im präoperativen Aufklärungsgespräch Berücksichtigung
finden.
(Persönliche Anmerkung: Gut, dass hinsichtlich der Angst harte Fakten ermittelt wurden.
Gewußt habe ich das mit der Angst, leider auch sehr darunter gelitten.)
Mittelfristige onkologische Nachsorge..
Dr. Hruza, Heilbronn
Präsentiert wurden Nachsorgedaten von 370 Patienten nach laparoskopisch radikaler
Prostatektomie. Das mittlere Follow-up beträgt 89 Monate (Spanne 74 bis 115 Monate).
Bei 120 Patienten lag eine Nachsorgezeit von 8 Jahren oder mehr vor.
Das PSA-progressionsfreie Überleben betrug bei Patienten mit pT2-Tumoren 88,3 %
nach 5 Jahren und 80,2% nach 8 Jahren,
Bei Patienten mit pT3a-Tumoren waren es 68,0% bzw. 52,2%, bei Patienten mit
pT3b/4-Tumoren 62,7% nach 5 und 50,6 % nach 8 Jahren.
Das klinisch progressionsfreie Überleben lag bei Patienten mit pT2-Karzinomen bei 97,7%
nach 5 und 97,2% nach 8 Jahren. Die betroffenen pT2-Patienten zeigten einen lokalen
Progress, Metastasen wurden nicht nachgewiesen.
Bei Patienten mit pT3a-Tumoren waren nach 5 Jahren 88,0% ohne klinische Progression,
nach 8 Jahren waren es 84,4%.
Bei pT3b/4-Tumoren zeigten nach 5 und 8 Jahren jeweils 78,0% keinen klinischen
Progress.
Das Prostatakarzinom-spezifische Überleben am Ende des Follow-up lag bei den
vorgenannten Patienten dieser Klinik bei 97,8%.
8 Patienten verstarben im Progress des Prostatakarzinoms, bei allen war ein
organüberschreitendes Tumorwachstum (pT3/4) festgestellt
worden.
Zusammenfassung: Die laparoskopische radikale Prostatektomie zeigt in der
mittelfristigen onkologischen Nachsorge gute Ergebnisse, die mit denen
großer Studien an offen-chirurgisch operierten Patienten vergleichbar sei.
Vertrauen der Patienten nach RPE in die erfolgte Operation
Dr. Herkommer, München
Fragestellung: 5000 Prostatakarzinompatienten wurden deutschlandweit 6 Jahre im
Gefolge ihrer RP befragt, ob sie sich mit dem jetzigen Wissen nochmals für eine
Operation entscheiden, bzw. einem Freund mit Prostatakarzinom (PC) zu einer OP raten
würden. Zudem sollten die Patienten angeben, ob auf ihr Anraten im Bekanntenkreis
jemand zur Vorsorge ging und ob hierbei ein PC diagnostiziert wurde.
Ergebnis: Patienten nach radikaler Prostatektomie würden sich wieder für eine OP
entscheiden und diese auch einem Freund mit kurativ diagnostiziertem PC raten. Bei 2/3
der Pat. ging auf deren Anraten mindestens ein Bekannter zur Vorsorgeuntersuchung und
bei einem beachtlichen Teil dieser Männer wurde ein PC diagnostiziert.
Interviewstudie zur Therapieentscheidung bei lokalisiertem PCa
Dr. Ihrig, Heidelberg
Prostatakarzinompatienten haben im Frühstadium der Erkrankung u.a. die Wahl zwischen
einer radikalen Prostatektomie und einer perkutanen Bestrahlung. Ziel der Studie ist es
herauszufinden, welche Strategien Patienten bei der Entscheidungsfindung benutzen und
was die Hauptgründe für die Entscheidung sind.
15 Prostatakarzinompatienten wurden nach Operation und 5 nach Beginn der Bestrahlung
interviewt. Gefragt wurde nach Informationsquellen, Erfahrungsaustausch, Empfehlungen
und Konzepte in der Phase zwischen Diagnosestellung und Behandlung.
Ergebnisse: Die meisten Patienten möchten die Therapieentscheidung in Absprache mit
Ärzten treffen, konsultierten jedoch mehrere Fachärzte, die z.T. unterschiedliche
Meinungen vertreten. Zu 60% empfiehlt der Hausarzt oder Urologe eine bestimmte
Therapieoption, nämlich die OP. Die Entscheidung für RT basiert auf Empfehlung
anderer. Viele Patienten kontaktieren Betroffene aus dem Freundeskreis zum
Erfahrungsaustausch. Internet oder Broschüren werden von allen Patienten als
zusätzliche Informationsquelle benutzt. Erste Ergebnisse weisen darauf hin, dass ein
Hauptgrund von Patienten, die sich für eine Operation entschieden haben, subjektiven
Ursprungs sind: „Durch die Operation geht der Krebs weg, bei Bestrahlung bleibt er
drinnen". Dahingegen geben Patienten mit Bestrahlung häufiger gute bzw.
schlechte Erfahrungen von Mitpatienten an.
(Persönliche Anmerkung: Wenngleich die Interviewgruppe sehr klein ist, wird dennoch
ansatzweise der selbstbestimmte Patient und das Wirken der Selbsthilfe erkennbar.)
Lebensqualität 24 Monate nach kurativer Therapie
Dr. Rohde, Bad Schwartau
Für welche Therapieform sich ein Patient entscheidet, hängt vorwiegend von der zu
erwartenden posttherapeutischen Lebensqualität (LQ) ab.
In 10 deutschen Studienzentren wurden Daten von 297 Patienten ausgewertet, davon 75
Patienten mit RT und 222 Patienten mit RP.
Anfänglich berichteten RT Patienten von größere Beeinträchtigung bei „Erektiler
Dysfunktion" und „Sexualität".
Nach 24 Monaten änderte sich das, denn dann war bei den RT Patienten der
„Harndrang" die größte Beeinträchtigung und „Darmsymptomatik" . RP Patienten
berichteten von deutlich größeren Beeinträchtigungen bei ED, Sex und Stressinkontinenz.
Die Abnahme der Lebensqualität, so war herauszuhören, ist bei Operierten stärker
ausgeprägt als bei bestrahlten Patienten.
9 Jahre Erfahrung Low dose Brachytherapie.....
Dr. Madersbacher, Wien berichtet von der 9-jährigen Erfahrung mit dieser Methode.
Insgesamt wurden 325 Patienten behandelt. Nach der Brachytherapie wurden die
Patienten regelmäßig nachkontrolliert.
Das biochemische 3-Jahre rezidivfreie Überleben (nach ASTRO-Kriterien) war 92%.
Bei 90.3% der Patienten mit einem Follow-up von >24 Monaten wurde ein PSA-Nadir von
< 0.5ng/ml erreicht. Bei 8% war eine TURP notwendig, ein intermittierender
Katheterismus bei 1,6% und eine Dauerkatheterableitung bei 3,2%. Die rektale Toxizität
war gering, Grad IV Toxizität (Fistulierung) wurde nie beobachtet. Nach zwei Jahren
entwickelten 60% der Patienten, die vor der Brachytherapie potent waren eine erektile
Dysfunktion. Das seien, so Dr. Maderbacher, zufriedenstellende intermediäre
onkologische Ergebnisse mit geringer urogenitaler/rektaler Morbidität.
Einfluß eines höheren BMI
Dr. Wolf, Hof
Es ging bei dieser Studie um den Einfluss des BMI auf die perioperative Morbidität und
die Wiedererlangung der Kontinenz nach RPP. Es wurden Daten von 827 Patienten
ausgewertet, und zwar OP-Zeit, der Blutverl., Transfusionsrate, Rektum fisteln,
Lymphozelen und Leckagen. Bzgl. Wiedererlangung der Kontinenz wurden die Patienten
1,3, 6 und 12 Monate postoperativ befragt
Das Ergebnis zeitigte keinen Einfluß des BMI zum Zeitpunkt der RPP auf die
perioperative Morbidität und die Wiedererlangung der postoperativen Kontinenz und
Lebensqualität. 6 Monate nach Operation erreicht die Lebensqualität bezüglich der
Miktionsfunktion wieder ihren Ausgangswert.
Postoperative Lebensqualität im ersten Jahr nach radikaler Prostatektomie
K. Herkommer, München
Hier ging es um den Zusammenhang von Alter, Schulbildung und Lebensqualität.
Betrachtungszeitraum: Erstes Jahr nach radikaler Prostatektomie
114 Patienten wurden vor und bis zu 12 Monate nach RP zu den Themen Angst vor
erneutem Tumorwachstum, Angst vor Komplikationen als Folge der OP, Einschätzung der
körperlichen Belastbarkeit, Einschätzung der Konzentrationsfähigkeit und Sorge um
länger andauernde Inkontinenz befragt worden.
Die Angst vor einem erneuten Tumorwachstum war bei allen Pat direkt postoperativ am
größten, nach einem Jahr war diese Angst zwar niedriger als der Höchstwert, jedoch
immer noch höher als der präoperative Ausgangswert.
Berichtet wurde: Jüngere Patienten und Patienten mit höherem Schulabschluss wiesen
postoperativ eine höhere Lebensqualität auf, waren jedoch psychisch weniger belastbar.
Lebensqualität vor und nach radikaler Prostatektomie - Vergleich zwischen
retropubischem und roboterassistiert laparoskopischem Zugang
L. Twelker, Dresden
Untersucht wurde der Einfluß auf die Lebensqualität in Abhängigkeit, welche OP-Methode
(radikaler Prostatektomie und da wiederum im Unterschied zwischen retropubischem und
roboterassistiertem Zugang) angewendet wurde.
Berichtet wurde von schneller Erschöpfung und Kurzatmigkeit sowie von einer Zunahme
der finanziellen Probleme, von einem Einfluss des operativen Zuganges auf QoL des
Patienten wurde nicht berichtet.
Wie wirksam ist die Dreifachhormonblockade (DHB) beim Prostatakarzinom (PCa)?
Ergebnis einer Nachverfolgung bei Patienten mit Dreifacher
Hormonblockade (DHB) nach Leibowitz
Autoren: J. Kamradt1, D. Schmitt, C. Ligensa, R.-R. Damm, B. Wullich, M. Stöckle
Die DHB ist eine von dem amerikanischen Onkologen Leibowitz propagierte Therapie des
PCa, die in Deutschland eine gewisse Popularität hat. Nach Leibowitz wird ein Patient für
13 Monate mit einem LH-RH Analogon, einem Antiandrogen und einem 5alphaReduktasehemmer (5aRH) therapiert. Ab dem 14. Monat wird dann nur noch der 5aRH
weiter gegeben. Bisher fehlen vergleichende Studien.
In Zusammenarbeit mit dem Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe e.V. (BPS) hat das
Uniklinikum des Saarlandes, Klinik für Urologie, bei 377 Patienten, die nach eigenem
Bekunden die DHB gemacht haben, per Fragebogen die bisherige Datenlage abgefragt.
194 Patienten haben geantwortet, von denen 138 die DHB als Primärtherapie gewählt
haben.
Ergänzung:
Zwischenzeitlich liegen mir neuere Daten vor, die im dem -mir als bisherige Unterlage
dienenden- Dresdener Abstract (noch) nicht enthalten waren. Für den Vergleich mit der
Leibowitzstudie haben die Autoren aus den 194 Patienten 118 Patienten herausgefiltert
ohne Metastasen, mit der von Leibowitz empfohlenen Medikation und keiner Vortherapie
des PCa. In Spalte (4) habe ich diese gefilterten Daten aufgelistet und rechts daneben in
Spalte (5) die zugehörigen Leibowitzdaten, allesamt Daten aus dem Dresdener Poster.
korrigiertes Ergebnis:
(1)
Mediane
Nachbeobachtungsdauer
Durchschnittsalter
PSA bei Diagnose
Gleason Score bei
Diagnose
Klinisches Stadium
Metastasen
PSA unter alleiniger
5aRH Medikation
Nach 12 Monaten
Nach 24 Monaten
Nach 36 Monaten
Nach 48 Monaten
Nach 60 Monaten
Folgetherapie
(vorab veröfftl. Daten)
Folgetherapie nach
median 36,4 Monaten
(Korrigt. Studiendaten)
(2)
43 Monate
(3)
62,4 Jahre
< 10 ng/ml
10-20 ng/ml
> 20 ng/ml
≤6
7
>7
cT1
cT2
cT3 und cT4
keine Angab.
cN1 und/oder
cM1
51%
27%
22%
62%
29%
9%
40%
43%
17%
76 Pat.
7 Pat.
2,43 ng/ml
4,40 ng/ml
n=32
n=18
Im Median 20
Monate nach
Ende der DHB
28%
(n=39)
(4)
(5)
58,3 Monate
62 Jahre
64%
25%
11%
66%
31%
3%
67 Jahre
59%
23%
18%
51%
34%
15%
1,55 (n=91)
2,58 (n=70)
3,15 (n=54)
2,96 (n=37)
3,37 (n=14)
1,60 (n=85)
1,88 (n=57)
28%
(n=33)
Bei den ungefilterten Daten folgerten die Autoren:
Aufgrund der heterogenen Datenlage beim klinischen Stadium und der kurzen
Nachbeobachtungszeit sahen sich die Autoren dieser Nachuntersuchung nicht in der
Lage, die Leibowitzdaten zu reproduzieren.
Bei den selektierten Patienten (gefilterte Daten) erfolgte diese Schlußfolgerung (verkürzt):
1. Entgegen der initialen Auswertung (oben Spalten (2)+(3), die mit Zahlen einer
ungefilterten Patientengruppe und über eine verkürzte Nachverfolgungszeit erfolgte,
lassen sich die Leibowitzdaten für den Zeitraum 12 Monate nach DHB reproduzieren.
2. Es gibt gute PSA-Verläufe unter alleiniger 5aRH Medikation bis 5 Jahre nach Ende der
DHB (zur Erläuterung: PSA nach 24 M=0,01 bis18,1; PSA nach 36M=0,01-21,5; PSA
nach 48M=0,07-13,77; PSA nach 60M=0,33-6,9)
3. keiner der 118 Befragten hat einen Tumorprogress angegeben.
4. Es wird vermutet, dass Patienten, bei denen die DHB nicht die erwünschte Wirkung
zeitigte, keine Rückmeldung gegeben haben.
(Meine Anmerkung:
Zugegeben, es gibt Daten, die die DHB als mögliche Therapie für einen eng begrenzten
Zeitraum bestätigen, wenngleich eine Positivauslese bei den Rückmeldungen aufgrund
der emotional belasteten Diskussion um diese Therapie durchaus vermutet werden kann.
Das Herausfiltern von Patienten mit bestimmten Kriterien bestärkt mich in meiner
Meinung, dass die Patienten-Information, die im Einzelfall zu der Entscheidung für die
DHB geführt hat, vor dem Beginn der DHB unzulänglich war, dass Patienten unkritisch
gegenüber den teils fast militanten Propagandisten der DHB waren und dass die
begleitenden Urologen möglicherweise ebenfalls zu wenig kritisch (siehe klinisches
Stadium, hoher PSA-Wert und Metastasierung zu Beginn der DHB) dem Patientenwunsch
bzgl. der DHB-Therapie nachgegeben haben.
Nicht untersucht ist m.E. eine aus meiner Sicht besonders wichtige
Therapieüberlegung, nämlich ob bei den 50 Patienten, die nach 12 bzw. 24
Monaten einen PSA-Wert von 2,43 ng/ml bzw. 4,4 ng/ml hatten, aber noch
mehr bei den 118 selektierten Patienten, eine nichtinvasive Therapieoption wie
Active Surveillance oder Watchful-Waiting auch zielführend gewesen wäre. Bei
einem Gleasonscore von ≤6 bei 66% der selektierten Patienten drängt sich
diese Überlegung auf.)
Bielefeld, 22. Oktober 2009
WDF + ASF
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