Sozialpsychologie_WS_0405_RD

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Sozialpsychologie WS 04/05
Zusammenfassung der Vorlesungsfolien
März 2005
2
Inhaltsverzeichnis
I
Was ist Sozialpsychologie?
03
II
Die großen theoretischen Traditionen und ihre Menschenbilder 1
05
III
Die großen theoretischen Traditionen und ihre Menschenbilder 2
07
IV
Die großen theoretischen Traditionen und ihre Menschenbilder 3
10
Der Mensch als "kognitiver Geizhals"
V
Die großen theoretischen Traditionen und ihre Menschenbilder 4
12
Der Mensch als informationsverarbeitendes Wesen
VI
Sozialer Einfluss
14
VII
Einstellungen 1: Einstellung und Einstellungsänderungen
16
VIII
Einstellungen 2: Theorien der Einstellungsänderung
19
IX
Stereotype und Vorurteile
23
X
Gruppenprozesse
26
3
I
Was ist Sozialpsychologie
Wissenschaft =
Empirische Wissenschaft =
Psychologie als empirische Wissenschaft =
Formulierung von Gesetzmäßigkeiten
Formulierung von Gesetzmäßigkeiten und deren
Prüfung an der Realität
Formulierung von Gesetzmäßigkeiten über
Denken, Fühlen und Verhalten und deren Prüfung
an der Realität
Exkurs:
 Wundt als Begründer des ersten psychologischen Instituts, Methode der Introspektion
 Strukturalismus: Introspektion, Erleben als Gegenstand der Psychologie, elementaristische
Sichtweise
 Kritik am Strukturalimus (Introspektion nicht objektiv überprüfbar!) neue Theorien und
Methoden
 Behaviorismus: Experiment als Methode, Verhalten als Gegenstand, Konditionierung
 Kritik  kognitive Wende
 Gestaltpsychologie: holistische Sichtweise (Phänomen in seiner ganzen Komplexität sehen),
Grundlage für Sozialpsychologie
 Informationsverarbeitung: Experiment als Methode, "Denken" als Gegenstand der Psychologie,
Programm
es gibt beobachtbare und nicht beobachtbare Phänomene (bspw. Gedächtnis) - heute noch
dominierend
Sozialpsychologie ist sehr stark von Gestaltpsychologie beeinflusst, hat behavioristische Wende
nicht wirklich mitgemacht (aber Methode übernommen)
Merkmale der Sozialpsychologie:
- schon immer kognitiv
- holistisch
- experimentell
Definition (Allport):
Sozialpsychologie ist der "Versuch zu verstehen und zu erklären, wie
Denken, Fühlen und Verhalten von Individuen durch die tatsächliche,
vorgestellte oder implizite Anwesenheit anderer beeinflusst werden".
Methoden der Sozialpsychologie
Verstehen durch Erklären (= Behauptung von kausalen Zusammenhängen und deren Prüfung an der
Realität)
- Beobachtung einer natürlichen Situation (Problem: Konfundierung von Variablen verhindert
Kausalinterpretation!)
- Vergleich zweier natürlicher Situationen, die sich nur in relevantem Aspekt unterscheiden
(Problem: Selbstselektion verhindert Kausalinterpretation)
Probleme: umgekehrter Kausalzusammenhang, Drittvariable, Selbstselektion
Lösung der Probleme: Konfundierung 
Herstellung der Situation
Selbstselektion 
Kontrolle des Selektionsmerkmals durch Messung
Randomisierung
 EXPERIMENT
Nachteile: - künstliche Situation - nicht übertragbar auf natürliche Situation (mundane vs.
experimental realism)
- nur mit Studenten durchgeführt
- ethische Fragen
Bsp: Fernsehen als Ursache von Gewalt / Kriminalität
1. Möglichkeit: korrelatives Vorgehen
4
2. Möglichkeit: Quasi-Experiment (keine Bedingungsmanipulation und Randomisierung möglich)
3. Möglichkeit: Radikalenexperiment (Bedingungsmanipulation und Randomisierung in natürlichen
Situationen)
Ethische Prinzipien für psychologische Forschung (APA und BPS):
- gebe dem Teilnehmer ausreichendes Wissen über die Untersuchung, so dass sie sich "informiert"
für oder gegen die Teilnahme entscheiden kann
- sei ehrlich und verwende Täuschung nur dann, wenn sie durch ein wichtiges Untersuchungsziel
gerechtfertigt ist und es keine Alternative gibt
- schütze den Teilnehmer vor Schmerz und unnötigem Leiden
- behandle Info über Teilnehmer vertraulich
- kläre den Teilnehmer nach der Untersuchung über eine verwendete Täuschung auf. Dies gilt nicht
notwendig, wenn die Rückmeldung für den Teilnehmer schmerzhaft oder sehr unangenehm ist
5
II
Die großen theoretischen Traditionen und ihre Menschenbilder 1
Wozu dient das Denken?
Erkenntnis der Wahrheit
Vermeidung von Schmerz bzw. Steigerung von Lust
 Mensch als rationales Wesen
 Mensch als rationalisierendes Wesen
(man verzerrt Wahrheit, hat lieber Illusionen)
A. Mensch als rationalisierendes Wesen  Konsistenztheorien
Dissonanztheorien: Aussagen über relevante Beziehungen (konsonante oder dissonante)
Definition von Dissonanz (Festinger):
"Zwei Dinge stehen in einer dissonanten Beziehung, wenn - nur diese zwei allein betrachtend - die/der
Umkehrung/Kehrseite des einen Elements aus dem anderen folgt. Wegen der Logik, wegen kultureller
Sitten, wegen Dingen, die man gelernt hat und eventuell auch in anderen Hinsicht".
[wage Definition, aber sehr weit anwendbar]
quantitative Beschreibung der kognitiven Dissonanz:
[je größer der Anteil der dissonanten Kognition im Vergleich zu allen aktuellen Kognitionen ist, desto
größer ist die Dissonanz]
Strategien der Dissonanzreduktion:
- Addition neuer konsonanter Kognitionen
- Subtraktion dissonanter Kognitionen
- Substitution von Kognitionen: Subtraktion dissonanter bei gleichzeitiger Addition
konsonanter Kognitionen
Möglichkeiten der Dissonanzreduktion:






Einstellungsänderung ("Gesundheit ist nicht alles im Leben")
Veränderung der Wahrnehmung im Verhalten ("erste Zigarette in dieser Woche")
Addition konsonanter Kognitionen ("wenn ich rauche, habe ich die besten Ideen")
Subtraktion dissonanter Kognitionen ("Zigaretten sind weniger schädlich als Gras")
Minimierung der Wichtigkeit des Konflikts ("es macht mir nichts aus, wenn ich etwas früher
sterbe - lieber ein kurzes, dafür aber ein intensives Leben")
Reduzierung der wahrgenommenen Wahlfreiheit ("ich hatte keine Wahl, es wäre unhöflich
gewesen, die angebotene Zigarette abzulehnen")
2 klassische Experimente:
- Festinger & Carlsmith: das "superspannende" Experiment (1$ vs. 20$)
- Aronson & Mills: Aufnahme in Gruppe über Aufnahmeprozedur  je unangenehmer, desto
attraktiver die Gruppe (justification of effort)
Gegenüberstellung von Belohnungs- und Dissonanztheorie:
Belohnungstheorie:
hohe Belohnung  Einstellungsänderung wahrscheinlich
Dissonanztheorie:
niedrige Belohnung  Einstellungsänderung wahrscheinlich
6
B. Mensch als rationales Wesen  Theorie der Selbstwahrnehmung, Bem
keine motivationale Annahme notwendig, "sparsamere" Erklärung (Theorie kommt weniger
Annahmen aus; ist bei gleicher Evidenz vorzuziehen):
"genau wie Individuen bei anderen Personen die Einstellung aus dem Verhalten erschließen, so
schließen Personen oft aus dem eigenen Verhalten auf die eigene Einstellung, wenn keine
externen, situationalen Ursachen vorhanden sind".
Bem (interpersonale Replikation des $ Experiments): Pbn werden die Ergebnisse des Experiments von
Festinger und Carlsmith präsentiert, sollen das Verhalten der Vpn beschreiben und erklären  gleiche
Ergebnisse!
Untersuchungen:
 Freedman & Fraser; Fazio, Zanna & Cooper: Einfluss von einstellungskonsistenem Verhalten
Pbn werden dazu gebracht, einen Sticker ins Fenster mit der Aufschrift "keep california beautiful"
zu kleben, dann ein Plakat mit der Aufschrift "keep california beautiful" in ihren Vorgarten zu stellen
 die schon bereit waren, den Sticker zu befestigen, waren auch eher bereit, das Plakat aufzustellen
("Fuß-in-der-Tür-Technik") - man denkt über Einstellung nach, die dann zu einer festen Einstellung
wird!
 Lepper, Greene & Nisbett: Umterminierung von intrinsischer Motivation
Kinder die zusätzlich extrinsische Belohnung (intrinsisch "es macht Spass") bekommen, und diese
dann wieder weggenommen wird zeigen anschließend seltener dieses intrinsische Verhalten (fragen
sich, "warum mache ich das?" - folgern: "ja wegen der Belohnung")
 Schlussfolgerungen auf der Grundlage von Gefühlen
 Schwarz & Clore: Stimmung auf subjektives Wohlbefinden
 Jacoby & Woloshyn: Vertrautheit mit einem Namen auf Berühmtheit der Person
 Schlussfolgerungen auf der Grundlage vom Gefühlsausdruck auf ein Gefühl
 Olson: vom eigenem Lächeln auf die Amüsiertheit schließen
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III
Die großen theoretischen Traditionen und ihre Menschenbilder 2
Attributionstheorien  Mensch als rationales Wesen
Ziel: Denken als Realitäts- und Selbsterkenntnis
 Steigerung: Mensch als (intuitiver) Wissenschaftler
zentrale Frage der Attributionstheorien:
Wie erschließt eine Person die Ursachen von beobachteten Ereignissen?
Was sind Gesetzmäßigkeiten?



A. Heider (Vorläufer): "naive Psychologie"
= common sense - Psychologie, Psychologie des gesunden Menschenverstands, psychologischen
Einsichten des Laien; bevorzugte Ursachen: stabil und überdauernd, d.h. können auch auf andere
Situationen angewendet werden
Fritz Heider (1958): "psychology of interpersonal relations"
E.E.Jones & Davis: "Theorie der korrespondierenden Schlußfolgerungen" (correspondent
inference theory)
 Attributionsprozess der Personenwahrnehmung:
2 Stufen: (1) die Zuschreibung von Intention (Wissen, Fähigkeit, Wahlfreiheit - setzt voraus,
dass Person auch anders hätte handeln können)
(2) die Zuschreibung von Dispositionen
Determinanten der Zuschreibung von Dispositionen
a) Anzahl der distinktiven Merkmale (noncommon effects)  Bsp. Autokauf 3a (schnell,
bequem, rot) vs. 3b (energiesparend, bequem, rot)
Person wählt wohl nicht die Grünen, interessiert sich weniger für
Umweltfragen etc.
Übertragung auf andere Situationen: z.B. Person ist eher gegen
Dosenpfand
 noncommon consequences erlauben dispositionale Attribution: Je weniger, desto besser!
D.h. da Auto sich nur in einem Merkmal unterscheidet (schnell vs. energiesparend) ist es am
besten möglich, eine dispositionale Attribution vorzunehmen!
b) wahrgenommene soziale Erwünschtheit (social desirability)
Bsp. Fußgänger überquert Straße bei roter vs. grüner Ampel
erlaubt Schlußfolgerung,
z.B. Rücksichtslosigkeit
sagt nichts über Person aus
 Verhalten, das sozialer Erwünschtheit/Normen widerspricht, erlaubt Schlußfolgerungen
[je mehr ein Verhalten den Erwartungen widerspricht, desto mehr kann ich vom Verhalten auf
eine zugrundeliegende Disposition schließen]
empirische Befunde:
 Jones & Harris: (Fidel Castro Essay)
findet in den 60er Jahren statt  Kubakrise
2 Bedingungen: Pb hat Wahlfreiheit (ob er pro oder contra essay verfasst) oder keine Wahlfreiheit
 anti-Castro-Einstellung ist sozial erwünscht!
andere Pb sollen bewerten, ob Autor pro oder contra gegenüber Castro eingestellt ist
 obwohl Pb keine Wahlfreiheit hatten, wurde ihnen pro oder contra Einstellung unterstellt
8
 dispositionale Attribution eher bei normabweichendem Verhalten (=niedrige soziale
Erwünschtheit) und wenn Entscheidungsfreiheit nicht reduziert!
ABER: selbst wenn keine oder geringe Entscheidungsfreiheit vorhanden, wird auf Disposition
geschlossen (Attributionsfehler!)
fundamental attribution error (Ross)
(Tendenz, das situationale Ursachen weniger in die Attribution einbezogen werden als personale
Ursachen)
correspondence bias (Jones)
Kovariationsmodell von Kelley
"Individuum verhält sich als naiver Wissenschaftler und schließt von der Kovariation (als Grundlage
für Urteile über Kausalbeziehungen) eines beobachteten Verhaltens auf dessen Ursachen"
3 Arten von Info gehen in das Urteil ein:
(1) Konsensusinformationen [reagieren andere in dieser Situation in gleicher Weise?]
 lässt eher auf Situation schließen
(2) Konsistenzinformationen [reagiert die Person auf diesen Stimulus bei anderen Gelegenheiten in
gleicher Weise?]
(3) Distinktheitsinformationen [reagiert die Person auf andere, unterschiedliche Stimuli in gleicher
Weise?]
 hohe Distinktheit lässt eher auf Person schließen
2 Arten von Ursachen:
intern (in der handelnden Person) - extern (in der Situation)  Wechselwirkung
empirische Evidenz:
Mc Arthur: Simultane Präsentation der Information, in der Realität komplizierter (sukzessive
Beobachtungen über Zeit hinweg, etc.)
Bsp. 2 Tanzpartner John + Geene, John tritt Geene immer auf den Fuß  liegt es an John oder Geene?
 Konsensusinformation, aber: trotzdem denkt man, es liegt an John (Person) = fundamentaler
Attributionsfehler
Aber: mehrere potenzielle Ursachen (Drittvariablen)
kausale Schemata
1) Discounting (Abwertungs-) Prinzip
Bsp. Geldspende  Wohltätigkeit, aber: andere Person ist dabei und man will guten Eindruck
machen  1.Ursache "Wohltätigkeit" wird so abgewertet
 intrinsische Motivation wird zugunsten der externen Motivation abgewertet, wenn man
bspw. eine Belohnung für ein Verhalten erhält, wird die intrinsische Motivation abgewertet
(discounting)
2) Augmentation (Aufwertungs-) Prinzip
Bsp. Hilfeleistung, obwohl man sich selber dadurch in Gefahr bringt
schematisch:
Discounting
ein potenzieller Grund
Grund 1, 2, 3
 Verhalten  Grund bekommt Bedeutung zugeschrieben
 Verhalten  jedem Grund wird Bedeutung zugeschrieben
Augmentation
nur erleichternder Faktor da
erleichternde & hemmende Faktoren
 Verhalten
 Verhalten
 Verhalten wird Bedeutung zugeschrieben
 erleichterndem Faktor wird weniger Bedeutung zugeschrieben
trifft die Theorie zu?

allgemeine Merkmale
- hohe Anforderungen an Informationsverarbeitung
- tabula rasa: induktive Verarbeitung der Informationen
9

spezielle Merkmale
(1) Infos müssen sukzessiv (schrittweise) abgespeichert werden und dabei müssen
Kovariationen entdeckt werden  Individuen sind dazu nur beschränkt in der Lage
- Chapman & Chapman: Verzerrung bei Korrelationsurteilen durch Schemata
Rohrschach-Test (projektiv)
Interpretation von Klecksbildern, Beurteilung: homosexuell ja / nein, was kovariiert damit?
Weniger Häufigkeit des gemeinsamen Auftretens, sondern viel mehr die Erwartung (was
macht Sinn?) bestimmt die Beurteilung
- Hamiliton & Gifford: "illusory correlation"
warum sind Vorurteile so resistent gegen andere Info?
- distinkte Merkmale werden eher herangezogen
- Minderheitsmerkmale ziehen Aufmerksamkeit an (schwarz vs. weiß)
- verhaltensunterschiedliche Normen
 wenn Korrelation zw. Minderheit und normabweichendem Verhalten
 Überschätzung des Zusammenhangs
(2) verschiedene Informationen gehen nicht mit gleichem Gewicht in das Kausalurteil mit
ein
- Nisbett & Borgida: Konsensusinformation wird unterschätzt
- Ross, Amabile & Steinmetz: Einfluss der sozialen Rolle wird unterschätzt
Pb soll einschätzen, wer mehr Allgemeinwissen hat (aus Verhalten schließen), eine Vp ist
Fragesteller, andere wird befragt

a) Fragesteller soll sich und Befragten einschätzen  kein großer Unterschied
b) Befragter schätzt Fragenden wesentlich intelligenter ein als sich selbst
c) Beobachter schätzt ebenso Fragenden wesentlich intelligenter ein
fundamentaler Attributionsfehler: Befragter und Beobachter unterschätzen den
situationalen Einfluss und überschätzen die Personeneigenschaften
(3) Unterschiede in der Fremd- und Selbstwahrnehmung
Handelnde sehen Ursachen eher in der Situation, Beobachter dagegen eher in der Person
(Disposition) des Handelnden
Bsp. Diskussionsgruppe: Aufmerksamkeit wird entweder auf Person selbst (Kamera) oder auf
andere gerichtet  wenn Akteur sich selbst beobachtet, verändert sich die Ursachenzuschreibung
(4) motivationale Einflüsse umstritten...
"self-serving attribution", v. a. bei Ursachenzuschreibung bei Erfolg und Misserfolg
(5) Vielzahl von Attributionsmöglichkeiten (nicht nur Person/Situation)
- Unterscheidung zwischen intentionalen Handlungen ("actions") und nicht-intentionalen
Ereignissen ("occurences")
- Unterscheidung zwischen kausaler und teleologischer Erklärung (Ursache vs. Grund,
Kruglanski)
Bsp. Hilton & Slugoski
Frage: "warum bist du gestern ins Kino gegangen?"
mögliche Antworten:
a) weil das Kino geöffnet war (nicht informativ!)
b) weil alle Restaurants geschlossen waren
c) weil das Kino [nach dem Umbau wieder] geöffnet war.
Fazit:
1) klassische Attributionstheorien sind oft mehr rationale oder normative Modelle, und weniger
Theorien über psychologische Prozesse.
2) der Mensch als "intuitiver Wissenschaftler" ist problematisch, was das Ergebnis der kognitiven
Aktivität angeht
3) die Fehlerhaftigkeit menschlicher Erkenntnis bedeutet jedoch nicht notwendigerweise eine
Abkehr vom Menschenbild des "rationalen Wesens".
10
IV
Die großen theoretischen Traditionen und ihre Menschenbilder 3
Der Mensch als "kognitiver Geizhals"
Urteilsheuristiken
Kahneman & Tversky
I.
Kritik an Attributionstheorien:
sind eher rationale, normative Modelle und weniger Erklärungen für psychologische Prozesse
(empirische Befunde widersprechen Attributionstheorien)
A. Biases (Verzerrungen)
1) Personen sind schlechte Kovariationsbeurteiler [Schemata & illusory correlation]
2) situationale Ursachen werden unterschätzt, dispositionale Ursachen werden überschätzt
 fundamental attribution error
3) Beobachter sehen Ursache eher in Person, Handelnde eher in Situation
actor/observer bias
4) self-serving attribution (umstritten!)
Alltagsentscheidungen müssen unter suboptimalen Bedingungen gefällt werden
B. Ursachenfindung ist kommunikationsbedingt
II.
Täuschungen als Weg zur Erkenntnis
A. Wahrnehmungspsychologie (Helmholtz)
B. Urteilsbildung
"judgment under uncertainty" (Kahneman & Tversky)
Rationales Modell (der Ökonomie)
1. Verhalten wird durch den Nutzen des antizipierten Handlungsergebnisses bestimmt
2. Personen maximieren ihren Nutzen (U)
3. U = E (V)
E: Erwartung V: Wert
 ist aber normativ, Einschätzungen von Erwartung und Wert erfolgt unter suboptimalen
Bedingungen (bounded rationality)
III.
Heuristiken als Vereinfachung der Urteilsbildung
A. Verfügbarkeitsheuristik
1) Häufigkeitsund
Wahrscheinlichkeitsschätzungen
(u.a.
Grundlage
von
Kovariationsurteilen)
2 Aspekte von Verfügbarkeit:
- Prozess der Abrufung aus dem Gedächtnis
- Inhalt der leicht verfügbaren Informationen
[was ist häufiger? Worte mit "n" als viertletzten Buchstaben oder der Buchstabenfolge "ngen"]
2) soziale Urteilsbildung
a) divergente Ursachenzuschreibung von Handelndem vs. Beobachter, Storms (abhängig von
der Aufmerksamkeit, Beleuchtung einer Person etc.)
b) Kausalität von Personen, Taylor & Fiske
[bei entsprechender Schemaaktivierung auch umkehrbar (Strack et al.)]
c) Risikoeinschätzungen, Lichtenstein et al.
spektakuläre Unfälle etc. fallen leichter ein, z.B. durch Medien vermittelt
d) Erhöhung der subjektiven Wahrscheinlichkeit für hypothetische Ereignisse durch
Erklärung ihres Eintretens, Ross et al.
e) Selbstzuschreibung von Persönlichkeitseigenschaften durch Aufmerksamkeitslenkung auf
eigenes Verhalten (Salancik & Conway) oder durch Veränderung der Schwierigkeit des
Abrufung von Verhalten (Schwarz, Bless, Strack et al.)
11
Bsp. Religiöses Verhalten: "wie oft gehen sie in die Kirche?" 2 Antwortkategorien:
"häufig" - "manchmal"  bei "häufig" sofortige Ablehnung / bei "manchmal" wird Suche
aktiviert  reale religiöse Selbsteinschätzung
B. Repräsentativitätsheuristik
Ähnlichkeit bestimmt Urteilsbildung
Repräsentativität = der geschätzte Grad der Übereinstimmung zwischen einer Stichprobe und
einer Grundgesamtheit, einem Element und einer Kategorie, einer Handlung und einem
Handelndem, einer Wirkung und einer Ursache oder, allgemeiner ausgedrückt, die
Übereinstimmung zwischen einem Ergebnis und einem Modell.
1) Ist Stichprobe repräsentativ für Grundgesamtheit?
Welche der 3 möglichen Geburtsabfolgen ist am wahrscheinlichsten?
JJJJJJ MMMJJJ
JMMJJM
Auf welche Lottozahlen würden sie wetten?
a) 3, 8, 14, 15, 23, 48
b) 1, 2, 3, 4, 5, 6
2) Ist Element repräsentativ für Kategorie?
- Linda-Problem: ist es wahrscheinlicher, dass Linda Bankangestellte ist oder dass Linda
Bankangestellte und in der Frauenbewegung aktiv ist?
- Juristen-Ingenieur-Problem: 100 Personenbeschreibungen (darunter 30 Ingenieure und 70
Juristen), 5 zufällig ausgewählt, Wahrscheinlichkeit auf Skala von 0 bis 100 einschätzen, dass
es sich um einen Ingenieur handelt: Bsp. "Jack" - Beschreibung (konservativ, politisch
uninteressiert, mathematische Denksportaufgaben, tischlern)  obwohl Wahrscheinlichkeit
sehr gering (30%) wird "Jack" für einen Ingenieur gehalten
3) Ist Handlung repräsentativ für Handelnden?
Fundamentaler Attributionsfehler
4) Ist Wirkung repräsentativ für Ursache?
"mein lieber Junge, ich schreibe dir langsam, weil ich weiß, dass du nicht schnell lesen
kannst"
C. Verankerungsheuristik
Ausgangswert einer kognitiven Operation beeinflusst das Ergebnis
- Multiplikationsaufgabe (Kahneman & Tversky)
schätzen sie das Ergebnis, sie haben 5 Sekunden Zeit
8 x 7 x 6 x 5 x 4 x 3 x 2 x 1 (höherer Wert bei absteigender Reihe geschätzt)
1x2x3x4x5x6x7x8
Ergebnis (8! = 40.320) wird meist unterschätzt
D. Gefühlsheuristik
Gefühle als Urteilsgrundlage
- Stimmung als Grundlage für Beurteilung des subjektiven Wohlbefindens (Schwarz & Clore)
wenn Aufmerksamkeit aufs Wetter gelenkt wird, ist Wetter im Bewusstsein als "feeling as
information" für das Urteil
- Vertrautheit als Grundlage für die Beurteilung von Berühmtheit (Jacoby, Kelley et al)
Pbn erhalten Liste von Namen mit Zusatz "diese Personen sind nicht berühmt" - anschließende 2.
Liste mit Personen von erster Liste und neuen Namen  Personen aus vorheriger Liste werden
wegen Vertrautheit als berühmt eingeschätzt - Grund: episodische Erinnerung nimmt schneller ab,
Gefühl der Vertrautheit hält länger an [neues Experiment: Variation des Zeitabstandes, geringer!]
Kritik an Urteilsheuristiken:
 Kognitive Mechanismen sind relativ isoliert voneinander.
Keine kohärente Theorie!
 Spezifische Kritik an bestimmten Untersuchungen zur Repräsentativitätsheuristik auf Grundlage
von Kommunikationsprinzipien [Experimente sind oft suggestiv]
 Beweise für Heuristiken werden oft über Täuschungen erbracht
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V
Die großen theoretischen Theorien und ihre Menschenbilder 4
Der Mensch als informationsverarbeitendes System:
Social - Cognition - Ansatz
Vorgeschichte: Schwächen der Urteilsheuristiken und kognitive Wende in der Allgemeinen
Psychologie führen zu neuem Ansatz
aber: Sozialpsychologie war noch nie Anhänger des Behaviorismus, eher strukturell kognitiv
 Informationsverarbeitung wird als neuer Prozess eingebracht
 Konzentration auf kognitive Prozesse - Paradigma der Informationsverarbeitung

Standardsequenz der Informationsverarbeitung
Enkodierung

Repräsentation

Abrufung aus dem Gedächtnis
kognitive Operationen


2 Grundüberzeugungen
(1) kognitive Analyseebene adäquat (nicht neu für Sozialpsychologie)
(2) mentale Vorgänge können als Prozess der Verarbeitung von Informationen verstanden
werden, der im wesentlichen der Standardsequenz folgt (neu!)
(3)
Social - Cognition
Prozess, Verlauf (und weniger die Struktur) kognitiver Prozesse stehen im Mittelpunkt des
Interesses
Dabei werden viele Ergebnisse aus der Attributionsforschung und zu den Urteilsheuristiken in die
Standardsequenz der Informationsverarbeitung integriert!
Bsp. Daniel Gilbert
- beschäftigt sich mit "cognitive busyness": "korrespondierende Schlußfolgerungen" erfordern
geringere kognitive Ressourcen, die Verwendung des Abwertungsprinzips dagegen mehr. 
Erklärung: bei Abwertungsreaktion müsste die gesamte Situation analysiert werden: aufwendig!
- Paradigma: dual tasks (gleichzeitig 2 Aufgaben): Aufmerksamkeit begrenzt
Gilbert et al:
UV: Pbn werden durch zusätzliche Aufgabe abgelenkt (sollen sich ängstliche
Wörter vorstellen) vs. nicht abgelenkt
AV: Einschätzen, inwieweit Personen auf Bildern ängstlich sind (zusätzliche
Info: Frau spricht über heikles vs. harmloses Thema!)
 nicht abgelenkt: situationale Einflüsse werden in Urteil integriert (Frau
diskutiert heikles vs. harmloses Thema, je nachdem wird Ängstlichkeit nicht
so hoch oder höher eingestuft, wenn man heikles Thema bespricht schaut man
von vornherein evtl. schon angespannter aus!!)
abgelenkt: situationale Einflüsse werden nicht berücksichtigt
so kommt es zum fundamentalen Attributionsfehler

Integrative Funktion / Beispiel eines theoretischen Konzepts
(1) der Einfluss von übergeordneten Wissensstrukturen (Schemata) auf die Erinnerung und
Eindrucksbildung (Selz & Bartlett)
- sehr ökonomisch
- aber: Problem der Vorurteile und ihrer Resistenz gegen neue Informationen
- Schemata beeinflussen die Rekognition
- Anwendung: Zeugenaussagen und Formulierungen (bspw. Kollision oder reingerast bei
Unfall?)
 Suggestion!
13
(2) Neue Fragestellungen
- Wie sind Schemata repräsentiert? Sprachlich-propositional? Bildhaft?
- Was sind Konsequenzen der Art der Repräsentation für die Informationsverarbeitung?
(Urteilsbildung, Einstellungsgenerierung)
- Wie werden schemakonsistente im Vergleich zu schemainkonsistenten Informationen
verarbeitet?
- Zu welchem Zeitpunkt in der Sequenz werden Schemata wirksam?
[Konsequenzen für Erinnerungsleistung, Verfügbarkeit von Schemata, Art der Enkodierung,
kognitive Operationen etc.]
 vor allem im Zusammenhang mit den korrespondierenden Schlußfolgerungen (d.h. dem
Erschließen von Persönlichkeitseigenschaften aus beobachtetem Verhalten) untersucht.
wichtigstes Experiment: Higgins, Rholes & Jones


Annahme: Info, die leicht abrufbar (verfügbar) in dieser Situation ist, hat Einfluss auf
Informationsverarbeitung
Ablauf:
- 1/2 der Pbn lernte Adjektive, die positive Eigenschaften (abenteuerlustig, nett, etc.) - 1/2 der
Pbn lernt Adjektive, die negative Eigenschaften (leichtsinnig, respektlos, etc.) beschreiben
- alle Pbn lesen anschließend zweideutigen Text über "Donald"  bestimmte Kategorien
werden verfügbar gemacht: positiv/negativ und anwendbar/nicht anwendbar
- Pbn sollen anschließend Donald beschreiben
 Ergebnis: positive Adjektive + anwendbar aktiviert  positive Beschreibung
negative Adjektive + anwendbar aktiviert  negative Beschreibung
positiv, aber nicht anwendbar  diese Eigenschaften nicht zugeschrieben
negativ, aber nicht anwendbar  diese Eigenschaften nicht zugeschrieben
 Valenz (positiv/negativ) und Anwendbarkeit (kann/kann nicht auf Donald angewendet
werden) sind entscheidend!!
 Interpretation: Situation kann IV und somit Verhalten verändern
chronische Aktivierung von Schemata = Persönlichkeitseigenschaft
(3) Klassische Forschungsfragen aus neuer Perspektive
1. Selbstkonzept
 Markus: "self-schemas and the processing of information about the self"
 Wicklund: Selbstaufmerksamkeit
 McGuire et al: Situationale Determinanten der Aktivierung von Kategorien des Selbst
Bsp: schwarze Frau soll sich selbst beschreiben  unter weißen Frauen: beschreibt sich
als schwarz / unter Männern  beschreibt sich als Frau
= Kontrasteffekt: Aufmerksamkeit auf Hautfarbe bzw. Geschlecht
2. Einstellungs- und Persuasionsforschung
 Petty & Cacioppo: "cognitive-response"-Ansatz (Einstellung abhängig von bestimmter
Situation  Ergebnis eines Prozesses)
 Fazio et al.: Verfügbarkeit von Einstellungen als Verhaltensdeterminante
3. Stereotype und Vorurteile
 Bodenhausen & Lichtenstein: Stereotype als Urteilsheuristiken
 Hamilton & Gifford: Vorurteile durch Korrelationstäuschung
 Devine: Automatische und kontrollierte Prozesse bei der Verwendung von Vorurteilen
[siehe Vorlesung IX]
(4) Anwendungsbeispiele
A. die Erforschung des "subjektiven Wohlbefindens" (Strack & Schwarz)
a judgement model of subjectve well-being
B. kognitive und kommunikative Aspekte standardisierter Befragungen (Strack)
C. Verankerungsheuristik (Strack & Mussweiler)
Das reflective-impulsive-Modell RIM (Strack & Deutsch) [Schaubilder siehe Folien 26-33]
14
VI




Sozialer Einfluss
Im 19. Jahrhundert:
 Le Bon (1895):
Psychologie der Massen
Gruppe = amorphe Masse (Masse: Quelle allen Übels, Panik, Aufruhr, negativer Einfluss)
- "Massenphänomene", "Deindividuierung"
 Verhalten wird in Gruppe emotional impulsiv  steuerbar, rationales Verhalten verschwindet
(rationales Modell wird nicht angewendet!)
 Hypnose und Suggestion ist laut Le Bon einzige Methode, Menschen in Gruppen zu
beeinflussen (group mind)
 Freud (1921)
kritisiert Le Bon: "Massenpsychologie und Ich-Analyse"
Mensch verhält sich nicht völlig anders, nur Ich-Es-Über-Ich funktionieren unterschiedlich (group
mind ist also falscher Begriff)
Jahrhundertwende
 Norman Triplett (1898)
Gruppe: Quelle positiven Einflusses
 Aktivierung, Leistungssteigerung, Interaktion, Kommunikation (Bsp. einzeln vs. in Gruppe
Fahrrad fahren  in Gruppe besser)
 eigentlicher Beginn der modernen Sozialpsychologie
moderne Fragestellungen:
- Was sind Gesetzmäßigkeiten des interpersonalen Einflusses?
Erich
Moede
(1920):
Experimentelle
Massenpsychologie.
Experimentalpsychologie der Gruppe
Soziale Aktivierung
Floyd Allport (1890-1978): Social Psychology (1924)
Beträge
zur
Welcher Aspekt "der Anderen" bewirkt sozialen Einfluss?
 Direkte Aktivierung (Leistungsverhalten)
- bloße Anwesenheit anderer hinreichend
- Erregung erhöht dominante Verhaltensweisen
- Moede, Allport, Zajonc
Bsp. mündliche Prüfung:
gut vorbereitet: Öffentlichkeit hilft  dominante VW
schlecht vorbereitet: Öffentlichkeit verunsichert
[ Masse erhöht Erregung: moderne Theorien stimmen mit Le Bon überein; auch Erwartung,
dass andere mich beobachten sorgt für Aktivierung, z.B. Videokamera]
 motivationaler (normativer) Einfluss
- Verhalten in Gruppe wird durch Normen geregelt, bei Verstoß: Sanktionen
- Konformität (Übereinstimmung mit Gruppenmitgliedern, Abheben von anderen
Gruppen: ingroup (heterogener wahrgenommen) - outgroup (homogen
wahrgenommen)
- Devianz (Abweichung) unangenehm
- beeinflusst v.a. öffentliche Handlungsäußerungen
- Asch, Deutsch & Gerard
Bsp. Länge von Strichen soll eingeschätzt werden  Gruppe beeinflusst  Konformität
 informationaler Einfluss
- Verhalten anderer informiert über die Realität
- v.a., wenn "Realitätstest 1. Art" (eigenständige Überprüfung) nicht möglich
- beeinflusst öffentliche und anonyme Handlungsäußerungen
Bsp. Sherif: autokinetisches Phänomen (Lektürekurs Kap. 8)
15

Einfluss von Minderheiten:
 Durchsetzung in Gruppe auf informationaler Ebene
Minderheit muss konsistent in Meinung sein und negative Konsequenzen in Kauf nehmen
(Moscovici, Nemeth)

Strategien des sozialen Einflusses (Cialdini)
a) Belohnung und Bestrafung ("Box-Strategie" - Wucht beeinflusst Verhalten)
b) "Judo-Strategie": Ausnutzung von Urteilsheuristiken
1) Kontrast
2) Reziprozität
Keks probieren - "kleine Packung ist gerade im Angebot"  Verpflichtungsgefühl zum
Kauf  effektive Beeinflussung
3) Commitment und Konsistenz [Personen wollen ihr Denken und Handeln in Einklang
bringen] unangenehmes Gefühl bei Inkonsistenz  Versuch: Denken und Handeln
anzugleichen  wichtig im sozialen Kontext, da Verläßlichkeit und Vorhersagbarkeit
sozial erwünscht sind - öffentliche Bekanntmachung erhöht Commitment
Bsp. "keep california beautiful" ("foot-in-the-door")
Bsp. Gehirnwäsche (Korea Krieg): US-Soldaten geben öffentlich kund, dass seien und
dass das koreanische Regierungssystem überlegen sei - wie kann es sein, dass junge USSoldaten, die amerikanische Werte internalisiert haben, den Kommunismus bejahen? (Mc
Carthy-Ära = Antikommunismus!) - aber: keine Folter etc.
 Antwort: subtile Beeinflussungsstrategien:
- Aufschreiben von Amerika-kritischen Sätzen ("USA ist nicht perfekt" - "Korea hat
weniger Arbeitslose") für Zigaretten - mit Name in Zeitschrift veröffentlichen
- Soldaten müssen Meinung öffentlich verteidigen
 US-Soldaten haben auch nach Freilassung daran festgehalten!
Wie kann man das verhindern?
 Strategie durchschauen, Ursache von Gefühlen erkennen
4) Soziale Bestätigung ("türkischer Psychiater warnt vor Selbstmordlied")
soziale Vergleichsprozesse
Bsp. beim Spenden (im Korb liegen 5 Euro, also sind 5 Euro angebracht
direkt: Werbung: bekannte Menschen werden in Verbindung gebracht
indirekt: Werther-Effekt: Roman löste Selbsttötungswelle aus
5) Sympathie
- äußere Attraktivität
- für sympathische Menschen wird mehr getan (gilt sogar für Kleinkinder)
- Ähnlichkeit sorgt für Sympathie (z.B. am gleichen Tag Geburtstag)
Bsp. Comic: "sieht so ein Katzenkiller aus? - nein"
6) Autorität
- Uniformen haben autoritäre Wirkung
- Titel haben autoritäre Wirkung
Bsp. Milgram: Bestrafung bei Fehler  Vl tritt autoritär auf und fordert, dass
weitergemacht wird
Bsp. Betrug mit falschen (Doktor-)Titeln
7) Knappheit
- Werbung: "letzte Chance", "limitierte Auflage", "nur solange der Vorrat reicht"
- Wühltische beim Schlussverkauf signalisieren, dass es nur noch wenig gibt 
Erregung
-
 alle Prinzipien werden bei Verkaufsparty angewandt (Tupper-Party)
Freundin (die Umsatzbeteiligung bekommt) lädt nach Hause ein  Sympathie
Kleines Begrüßungsgeschenk  Reziprozität
Unterhaltung, was man damit macht  soziale Vergleichsprozesse
Bewertungsbogen  Commitment & Konsistenz
Keine Preisvorstellung  Vergleiche sind eliminiert
16
VII
Einstellung 1: Einstellung und Einstellungsänderung
I.
kurzer historischer Abriss
1. behavioristische Lerntheorien
- Forschungsprogramm: "Yale Communication & Attitude Change Program" (Havland, Kelley,
Janis)
- Einstellungsänderungen werden gelernt durch Veränderung der Botschaft des Kommunikators
2. Konsistenztheorien
- Bsp. Experiment von Carlsmith & Festinger: Einstellungsänderung hohe vs. niedrige
Belohnung für Lügen bzgl. langweiligem Experiment
3. Informationsverarbeitungstheorien
- Cacioppo & Petty: Tiefe der Verarbeitung spielt Rolle
- Auch Forschung zur automatischen Einstellungsänderung
- Allport (1935): attitude = distinktives und unentbehrliches Konzept
- Thurstone (1928):
- Überzeugung, dass psychische Phänomene (wie physikalische) gemessen werden können
- 1. Vorstoß in der Psychophysik
 Einstellungen können auch gemessen werden, Anwendungsaspekt (z.B. Gerichtsurteile)
- seit 50er Jahre: Einstellungsänderung im Fokus: welchen psychischen Prozessen liegt Änderung
zugrunde?
II
Grundfragen der Einstellungsforschung
1. Was ist eine Einstellung?
Definition: Einstellung = kognitive Repräsentation, die aus einer zusammenfassenden
Bewertung eines Einstellungsobjekts besteht
Einstellungsobjekt: Person (auch selbst), Objekt, Sachverhalt (z.B. Verhalten, Ereignis), Idee
 Bewertung muss zugänglich sein = Wissen
2. Warum haben Personen Einstellungen?
-
-
sehr praktische Zusammenfassung von Überzeugungen  kognitiv
 Einstellungen als Heuristiken = Vereinfachung von Infos (Bodenhausen & Lichtenstein)
praktische Zusammenfassung von Details
(Bsp. Filmbewertung: "wie fandest du den Film?" leichter zu beantworten als "was fandest du
gut an dem Film?")
Verhaltensvorhersage
Bsp. bewertet jemand etwas negativ, was ich gut finde  Konfliktgefahr
Bsp. Politiker: Bewertungen zum jetzigen Zeitpunkt deuten auf künftige Einstellungen hin
 verhaltensrelevante Funktion  behavioral
3. Wie werden Einstellungen gemessen?
a) direkte oder "subjektive" Verfahren (Selbstbericht, Personen werden nach Bewertung gefragt)
- Thurstone-Skala (Pbn bekommen Statements zu einem Aspekt vorgelegt, die vorher von
anderen Pbn skaliert wurden, und sollen die abhacken, denen sie zustimmen aufwendig)
- Likert-Skala
- Semantisches Differential: Statement und verschiedene Adjektivpaare darüber  Grad
der Übereinstimmung angeben (gut - schlecht / erfreulich - unerfreulich)
- Rating-Skala (Zahlen von 1 bis 7 ankreuzen)
 Nachteile: alle Verfahren setzen voraus, das Pbn ihrer Einstellung bewusst sind / sie
kennen und Gefahr der Verfälschung, z.B. soziale ERwünschtheit)
17
b) indirekte "objektive" Verfahren
 Verhaltensmaße
- Blickkontakt: bspw. haben Personen, die sich sympathisch finden, viel Blickkontakt
[Problem: auch andere Variablen können Blickkontakt zugrunde liegen 
Mehrdeutigkeit]
- Gesichtsaudruck: positive Einstellung: eher lächeln / negative Einstellung: eher
Stirnfalten [Problem: zu wenig Varianz, aber EMG-Messung einsetzbar]
- Räumliche Distanz: man sitzt eher neben jmd., den man mag

-
-
Physiologische Maße
Hautwiderstand (sinkt, wenn Leitfähigkeit durch verstärktes Schwitzen erhöht wird 
autonome Reaktion  Schlussfolgerung möglich), Lügendetektor
Pupilarreaktion (erweiterte Pupille bei positiver Einstellung)
Gesichtsmuskulatur  EMG (Messung der Aktiviertheit des Zygomaticus- und
Corrugator-Muskels)
fMRI

-
Implizite Maße (erfassen Assoziationsstärke)
Fehlerrate
Reaktionszeit
-




Stroop-Test: Welche Farbe hat das Wort: "grün" vs. "rot"
 unter Zeitdruck sagt man bei "grün" öfters grün als rot
Welche Farbe hat das Wort: "kemal" vs. "camel" [emotionaler StroopTest]
 RT länger bei "kemal" da negative Einstellung damit interferiert
Affektives Priming (Fazio):
1. Darbietung eines Bildes (schwarze Person)
2. Beurteilung der Valenz von Worten ("häßlich", "nett" etc.)
möglichst schnell!
 RT kürzer bei negativen Worten, wenn zuvor schwarze Person
eingeblendet wurde  indirektes Maß der Einstellung
weitere Bsp.
- Autofahren, in hoher Erregung: fluchen "Frauen am Steuer" etc., aber bei
expliziter Befragung keine Vorurteile über Frauen  Verhalten wird von
Assoziationen geleitet (v.a. wenn Bedingungen suboptimal!)
- Polizisten schießen unabhängig von ihrer eigenen Hautfarbe in kritischen
Situationen eher auf Schwarze als auf Weiße  gezeigt durch Videospiele
Impliziter Assoziationstest IAT (Greenwald)
Kategorisierungsaufgabe: valenz-kompatible / valenz-inkompatible Belegung von
Reaktionstasten
 Bsp. Altersstereotyp: Bilder von alten und jungen Leuten + gleichzeitig
Bewertung von Gegenständen  wenn gleiche Taste mit "alt" und "negativ" und
andere Taste mit "jung" und "positiv" belegt ist  RTs schneller
 Go/No-Go-Aufgabe (Go-Signal löst Reaktion aus, Stop-Signal (in 25% der
Fälle) soll initiierte Reaktion hemmen
4. Kann man durch Einstellungen Verhalten vorhersagen?


LaPiere & Corey: geringer Zusammenhang zwischen Einstellung und Verhalten
(Hotelbesitzer werden gefragt, ob sie ethnische Minderheiten aufnehmen würden - später: Vl geht
mit asiatischem Paar ins Hotel und will Zimmer mieten  klappt meistens
Wicker: "es gibt keinen Zusammenhang zwischen Einstellung und Verhalten"
18
Diskussion
Bedingungen, unter denen Einstellungen Verhalten vorhersagen
1. Antwort: Zusammenhang zwischen Einstellung und Verhalten ist umso größer, wenn sich
Einstellungen auf spezielles Verhalten beziehen (Fishbein & Ajzen)
Bsp. Einstellung gegenüber Geburtenkontrolle mit Anti-Baby-Pille (je spezieller die Aussagen,
desto höher der Zusammenhang)
2. Antwort: wenn Einstellungen zum Verhaltenszeitpunkt kognitiv verfügbar sind, wird
Einstellung in der Situation aktiviert (Fazio et al.)
3. Antwort: wenn Einstellungen auf Erfahrung gründen (im Gegensatz zu Überlegungen) (Fazio)
(a) Globale Einstellungen beziehen sich nicht auf spezielles Verhalten. Wenn man eine
Einstellung an einem bestimmten Verhalten validieren will, dann muss sich diese Einstellung auf
das jeweilige Verhalten beziehen
 Einstellungsspezifität (Fishbein & Ajzen)
(b) Einstellungen sind ein guter Prädiktor bei der Verwendung von allgemeinen
Verhaltenskriterien, d.h. wenn man unterschiedliche Verhaltensrealisierungen der Einstellung
berücksichtigt (Weigel & Newmann)
19
VIII
Theorien der Einstellungsänderung 2
I.
Behaviorismus / Lerntheorien
(im Lichte der jeweils vorherrschenden Paradigma)
 "Yale Communication and Attidue Change Program" (Hovland):
Einstellungsänderung durch "message learning" in der Kommunikation (Lernen von Botschaften)
 Hovland (Schüler des Lerntheoretikers Hull):
„their common learning-theory backgrund explains the oddity that Hull and Hovland each
conceptualized social influence as a passive process. They depicted the persuasion as teaching
the person to (...) use the sources‘ persuasive arguments for guidance in how to adjust their
attitudes.“ (McGuire, 2003)
 Systematisierung von Einflussfaktoren (weniger eine Theorie!):
unabhängige Variable

abhängige Variable
Wer sagt was zu wem

mit welchem Effekt?
wer?
=
Kommunikator / Quelle der Kommunikation
[Glaubwürdigkeit, Expertenstatus, persuasive Absicht, Attraktivität, Ähnlichkeit zum
Empfänger, etc]
was? =
Botschaft
[Verstehbarkeit, Zahl der Argumente, Wiederholung, ein- vs. zweiseitige Botschaft,
furchterregend, Reihenfolge, etc]
wem? =
Empfänger
[Selbstwertgefühl, Intelligenz, Geschlecht, etc.]
welchem Effekt?
=
Einstellungsänderung oder nicht
 Vielzahl von Untersuchungen generiert: einige Ergebnisse:
- wenn Kommunikator schlechte Argumente hat, kann Ablenkung gut sein, wenn er sehr
gute Argumente hat, dann ist Ablenkung hinderlich für Einstellungsänderung
- ist die Motivation bzw. die persuasive Absicht des Kommunikators offensichtlich, ist
die Überzeugungskraft geringer
- fear arousing funktioniert nur, wenn es auf Stimulus hinweist (Zigaretten)
- Programm ist nicht umfassend, da Informationsverarbeitung nicht erfasst ist!
Interessante Effekte:
 Inokulationseffekt [Analogie zur Impfung: geringere Dosis stärkt Abwehrkräfte]
schwächere Argumente stabilisieren die eigene Einstellung, wenn später dann stärkere
folgen  die stabilisierte Einstellung ist "immun"
 Sleeper-Effekt
Merkmale des Kommunikators wiesen unterschiedliche Verfallszeit auf, Unterschiede
zwischen Quellen nimmt über die Zeit ab (glaubwürdige vs. unglaubwürdigere Quelle 
Einstellungsänderung gleicht sich nach 3 Wochen an  Erklärung: episodisches Gedächtnis
(Glaubwürdigkeit des Kommunikators) baut sich schneller ab als semantisches! wenn man
allerdings die Personen wieder an die (Un)Glaubwürdigkeit der Quellen erinnert, dauert der
Effekt an)
II.
Konsistenztheorien / motivationale Theorien (in chronologischer Reihenfolge)
1) Balancetheorie (Fritz Heider)
„Geistige Harmonie“ von der Balanciertheit der kognitiven Triaden bestimmt.
20
kognitive Triaden: 3 Beziehungen (vani - urlaub, evi - urlaub, vani - evi), die entweder positiv oder
negativ geprägt sind, wenn man diese miteinander multipliziert und etwas positives erhält (+) spricht
man von einer balancierten Triade, wenn man etwas negatives erhält (-), ist es eine nicht-balancierte
Triade  diese löst Dynamik/Konflikt aus und muss gelöst werden (z.B. angleichen der Meinungen
bzgl. Urlaub)
 Theorie wird auch auf Stabilität von Beziehungen angewandt
Kritik: Grundidee richtig, aber die Intensität der Unbalanciertheit ist nicht immer gleich
2) Theorie der kognitiven Dissonanz (Festinger)
Experiment von Festinger & Carlsmith: 1$ vs. 20$  Einstellungsänderung, wenn keine
ausreichende externale Rechtfertigung
3) Theorie des Eindrucksmanagements (Tedeschi & Schlenker)
"impression management"
4) Reaktanztheorie (Brehm & Wicklund)
Freiheitswiederherstellung durch Einstellungsänderung in umgekehrte Richtung
Personen möchten Freiheit wiederherstellen, wenn diese eingeschränkt ist ("Trotz", "jetzt erst
recht"), kann die Freiheit nicht auf dieselbe Weise wiederhergestellt werden, ändert sich die
Einstellung
Bsp. Kunstposter konnten als Kompensation für die Teilnahme am Experiment ausgesucht werden
 aber: gewünschtes Poster nicht mehr verfügbar  Pbn sollen Poster bewerten  eliminierte
Alternative wird höher/attraktiver bewertet
III.
Attributionstheorien (wollen ohne motivationale Annahme auskommen)
1) Selbstwahrnehmungstheorie (Bem)
"wenn ich mich so verhalte, dann kann ich die oder die Einstellung daraus folgern"  Neuauflage
des $-Experiments  andere Pbn sollen aus Verhalten der Pbn (lügen) auf ihre Einstellung
schließen
2) Ansätze zur Interpretation von mehrdeutigen internen Stimuli (Schachter & Singer, Valins)
von der Erregung (= mehrdeutiger affektiver Zustand) wird auf einen Stimulus attribuiert
3) Ansätze zum Einfluss der wahrgenommenen Absicht des Kommunikators (Eagly & Chaiken)
Bsp. Verkäuferin hat entsprechende Motivation, sagt: "das steht Ihnen aber gut!" Überzeugung
oder Verkaufsstrategie? im Gegensatz zur Freundin, die evtl. ehrlicher berät
IV.
Integrative Ansätze
1) Theorie der überlegten Handlung (“reasoned action“) Fishbein & Ajzen
Mensch ist rational, verarbeitet ihm zur Verfügung stehende Informationen systematisch  Info
wird genutzt um eine behaviorale Entscheidung zu treffen (Verhalten = Entscheidung)
Verhaltensabsicht (A)

Verhalten (V)
Einstellung zum Verhalten (EV)
+
Subjektive Norm (SN)

Verhaltensabsicht (EV)
Einstellung zum Verhalten (EV):
Subjektive Norm (SN):
Determinanten:
verfügbare
Information
über
Verhaltenskonsequenzen und deren Bewertung (ist´s mir das
wert?)
(wahrgenommener sozialer Druck)
Determinanten:
normative
Überzeugungen,
Anpassungsmotivation, was denken die anderen über mein
Verhalten?
21
 Berechnung der Verhaltensabsicht (A):
A = (W1) (EV) + (W2) (SN)
gewichtet
Bsp. Autokauf: Benzinverbrauch: gering (Glaube)
x
ist mir wichtig (Bewertung)
Bewertungen von Frau, Nachbar Sam, Vater, Tochter Jane
- erfolgreiche Verhaltensvorhersage
- Konsequenzen für Einstellungsänderung
aber: Theorie sagt nichts darüber aus, wenn Entscheidung nicht mit Rationalem zutun hat!
2) Informationsintegrationstheorie („kognitive Algebra“) Norman Anderson
Informationen werden zerlegt in einzelne Bestandteile, durch die Kenntnis der Elemente wird
dann kann dann ein Gesamturteil berechnet werden
[Einzelne Informationen werden nach einem gewichteten Durchschnittsmodell zu Gesamturteil
verrechnet!]
Bsp.
[Psychologiestudent (+3) x 1] + [sozial engagiert (+4) x 1.5]
„sozial engagierter Psychologiestudent“: +9
Problem: nur lineare Beziehungen sind erfassbar, Wechselwirkung nicht miteinbezogen:
[lässig (+1) x 0.5] + [Chirurg (+3) x 1] = lässiger Chirurg: 3.5 (???)  gesamt ist eher negativ!
V.
Theorien, die sich auf die aktive Mitwirkung des Individuums beziehen
1) Rollenspiel (King & Janis)
2) Einstellungspolarisierung durch Nachdenken (Tesser)
Je mehr ich über etwas mäßig positives nachdenke, desto positiver wird es.
Je mehr ich über etwas mäßig negatives nachdenke, desto negativer wird es.
3) cognitive response - Ansatz (Petty, Ostrom & Brock) [wichtigster Ansatz!!!]
Frage:
Welche Prozesse der Informationsverarbeitung bewirken Einstellungsänderung?
These:
Einstellungsänderung und Beeinflussung kann am ehesten verstanden werden, wenn
man erforscht, was im Individuum abläuft.
[„What makes you change your mind is how and what you think about persuasive messages.“]
nicht hinreichend, zu wissen, ob Kommunikator überzeugend ist, sondern wichtig wie Empfänger
mit Nachricht umgeht!
elaboration likelihood model (ELM)
Petty & Cacioppo
(a) central route
Sorgfältiges Nachdenken über Inhalte (“high elaboration“) und Generieren von “cognitive
responses“: pro oder contra Argumenten
 Einstellungsänderung positive Funktion der Anzahl der Pro- und negative Funktion der
Anzahl der Contra-Argumente
Bsp. intensive Auseinandersetzung mit einer Werbung  pro und kontra - Reaktion wird
generiert  Kleingedrucktes wird gelesen etc.
(b) peripheral route
Oberflächliches Nachdenken über Inhalte (“low elaboration“). „Periphere“ Aspekte
bestimmen Einstellungsänderung
Bsp. Werbung: nur Bild oder Musik wird betrachtet
22
(a) Merkmale der central route:
 Aufmerksamkeitslenkung auf die Botschaft
 Verstehen der Botschaft
 Reaktion auf den Inhalt
 Akzeptieren der Botschaft
Vorteil: Stabilität
↔
Nachteil: hoher kognitiver Aufwand
(b) Merkmale der peripheral route

Aufmerksamkeitslenkung auf
- Merkmale des Kommunikators (Glaubwürdigkeit, Expertise, etc.)
- periphere Merkmale der Botschaft (Länge, Formulierung, Verständlichkeit etc.)
 Subjektives Erleben (bspw. Stimmung)
 ???
Vorteil: geringer kognitiver Aufwand ↔
Nachteil:
geringe Stabilität,
leichte Beinflussbarkeit
Was bestimmt welche Route eingeschlagen wird?
a) motivationale Faktoren

Streben nach einem möglichst genauen Urteil ("accountability")  eher central route

Persönliche Relevanz
Exp. (Petty et al.): persuasive Kommunikation zur Einführung einer Schlussprüfung
Variation:
- Qualität der Argumente (gute vs. schlechte Argumente)
- persönliche Relevanz/Involvement (betrifft mich vs. betrifft
mich nicht)
- Kompetenz des Kommunikators (Professor vs. Gymnasiast)
 Ergebnisse: persönliche Relevanz hoch  Qualität der Argumente wichtiger
persönliche Relevanz niedrig  Kommunikator ist wichtiger
b) kognitive Faktoren
 Fähigkeit zur Informationsverarbeitung
 Bewertungswissen
 Möglichkeit zur Konzentration
 Einfluss der Qualität der Argumente ist höher, wenn Pbn nicht abgelenkt
 “central route“ (= intensive Verarbeitung) erfordert mehr kognitive Kapazität
(Aufmerksamkeit) als “peripheral route“. Experiment von Petty, Wells & Brock (1976)
Rolle von Stimmungen und Emotionen:
Studien von Schwarz, Bless et al: Stimmung als Information
bei guter Stimmung
eher „peripheral route“ und breitere Kategorisierung
[alles ist in Ordnung, Aufmerksamkeit muss nicht auf spezifisches Problem gelenkt werden]
bei schlechter Stimmung
eher „central route“ und engere Kategorisierung
[miese Stimmung = Alarmsignal, den Autopilot "auszuschalten"]
wann funktioniert Persuasion nicht?



Reaktanz (Trotz): Freiheitseinschränkung (Brehm)
Vorwarnung: Wissen über persuasive Absicht  Generierung von Gegenargumenten
(Petty & Cacioppo)
“Inoculation“: Schutz gegen persuasive Inhalte  Gegenargumente (McGuire & Papageorgis)
23
IX
Stereotype und Vorurteile
Definitionen:
Vorurteil
Stereotyp
Einstellung
Schema
= negative Einstellung gegenüber oder Bewertung einer Person auf
der Grundlage der Zugehörigkeit zu einer Fremdgruppe
= Wissensstruktur über Gruppe (Wissen hier: Glauben)
= Bewertung, affektive Komponente  Vorläufer von Verhalten
= übergeordnete Wissensstrukturen (helfen bei Interpretation von
Situation, sind einfach  wenig Anstrengung)
Problem: wenn man sich nur auf "Wissen" über eine Gruppe verlässt, wird man einer Person
vermutlich nicht gerecht!

Standardsequenz der Informationsverarbeitung:
Person die bestimmter sozialer Gruppe angehört
Enkodierung 
Mehrdeutigkeiten werden
mithilfe des Schemas aufgelöst
Repräsentation
abgespeichertes Wissen
+ wenn Merkmal abweicht,

Abrufung aus dem Gedächtnis
Erinnern an Person  Zugehörigkeit zu bestimmter
Gruppe / Kategorie ist stark repräsentiert, und
verzerrt somit Abruf
dieses zusätzlich speichern
kognitive Operationen
I.


Entstehung von Stereotypen
Theorie des sozialen Konflikt (realistic conflict theory)
- Ausgangspunkt: tatsächlich existierender sozialer Konflikt zwischen 2 Personen
- wenn Ressourcen knapp  Wettbewerb  Konflikt
 Gruppen werden gebildet, ingroup wird aufgewertet, outgroup wird abgewertet + Abgrenzung
zur Fremdgruppe (bspw. durch Symbole)
Bsp. Ausländerdiskrimierung, bei sozialer Not / Armut mehr Stereotype, Lynchjustiz während
Baumwollrezession höher, NS-Zeit
- Lösung: Leute in Kontakt bringen  Kontakthypothese
Theorie der sozialen Kategorisierung / Identität
- Ausgangspunkt: Bedürfnis nach Kategorisierung als ordnungsstiftende Denkoperationen
- beruht eher auf Prozessen der Informationsverarbeitung
- man kann Personen zusammenfassen und unterscheiden outgroup - ingroup
- völlig willkürliche Kategorien (bspw. Blauäugige vs. Braunäugige, PunktwolkenÜberschätzer vs. Unterschätzer)
- Identität wird durch Gruppe bestimmt  Funktion: durch Zugehörigkeit zu einer Gruppe kann
man sein Selbstwertgefühl steigern
auch: Gruppenzugehörigkeit, die man sich nicht ausgesucht hat (z.B. Geschlecht):
Eigengruppe (Frauen) kann durch selektive Aufmerksamkeitslenkung oder durch social
comparison höher bewertet werden, während die Fremdgruppe (Männer) abgewertet wird
- möglicherweise bezieht man aus der nicht selbst ausgesuchten Gruppenzugehörigkeit
(Geschlecht etc) deshalb Selbstbewusstsein, weil alle anderen Möglichkeiten verschlossen
sind
- Cialdini: Kleidung mit Uni-Emblem wird eher getragen, wenn Footballteam am Wochenende
zuvor gewonnen hat, auch wenn man gar kein Teammitglied ist  "basking in reflected
glory"
 outgroup homogeneity effect (Überschätzung der Homogenität der outgroup!)
 ingroup favoritism (Aufwertung der Eigengruppe)
24
II.
Wirkung von Stereotypen bei der Urteilsbildung
1) Schemageleitete Enkodierung
 Darley & Gross: Einschätzung des Erfolgs an der High School von schwarzen und
weißen Kindern
- 2 Bedingungen: 1) Kinder spielen im Hintergrund - Hinweis auf soziale
Benachteiligung (typische Umwelt)
2) Kinder werden bei Bearbeitung von Schulaufgaben gezeigt
 Ergebnis: bei 1. macht Situation Stereotyp-Verwendung deutlicher - bei 2. kommt Vorurteil
stärker zur Geltung
 Experiment: Schuld einer Person soll anhand von Text beurteilt werden
UV: Name wird am Anfang vs. am Ende genannt + amerikanischer Name vs.
Minderheitenname (R. Garner vs. Garcia)
AV: Beurteilung der Schuld
 wenn ethnischer Name anfangs genannt  Person wird als mehr schuldig beurteilt
Grund: nicht der Name selbst, sondern die selektive Enkodierung, die infolge des
Namens aktiviert wird
 wenn Name zum Ende genannt wird  Umkehrung (vielleicht, weil es unerwünscht
ist, dass man nach Stereotypen urteilt, diskriminiert  wenn man sich über Verwendung
von Stereotyp bewusst ist, ist man vorsichtiger!)
 wenn Personen sich nicht bewusst sind, dass sie Vorurteile verwenden, sind auch diese
schwieriger zu korrigieren
2) Vereinfachung der Urteilsbildung (Heuristik)
Einfluss des Stereotyps ist groß, wenn Urteilsvereinfachungen benutzt werden!
 Galen v. Bodenhausen: verschiedene circadiane Rhythmen, je nach Tagesform der Person
werden Vorurteile verwendet: wenn geringste Kapazität und/oder geringe Motivation
vorhanden, werden am meisten Stereotype verwendet [bei morning-typ: 3h mittags / bei
evening-typ: 9h morgens]  nicht absichtliche Verwendung, sondern geringe kognitive
Kapazität
III.
Aufrechterhaltung und Resistenz von Stereotypen
Kontakthypothese:
 Sherif: 2 Jugendgruppen, die im Konflikt waren, in ein gemeinsames Camp eingeladen 
bringt zunächst gar nichts  wenn man zusätzlich Situationen schafft, indem sie
kooperieren müssen  dann gibt’s eine Chance
 rechts-extremistische Taten in verschiedenen Bundesländern und Ausländeranteil:
 dort, wo Ausländeranteil hoch ist, sind rechts-extremistische Taten seltener (Tabelle:
Hamburg)
 Neonazis nach Israel schicken, um rechtsradikale Einstellung zu verändern  überhaupt
kein Erfolg, denn Kooperation ist Voraussetzung
1) Zusammenhangstäuschung ("illusory correlation")
Hamilton & Gifford
Info wird nicht fair und gleichgewichtet verarbeitet  Zusammenhänge werden v.a.
enkodiert, wenn sie distinktiv salient sind
Bsp. Angehöriger einer Minderheit + Straftat  wird eher wahrgenommen!
2) Imaginale Bestätigung (Slusher & Anderson)
man kann schlecht unterscheiden, ob etwas tatsächlich stattgefunden hat, oder man es
sich nur eingebildet hat  wir lassen unsere Vorstellung von Schemata leiten
Bsp. "welche Farbe hatte die Krawatte des Mannes, der gerade hineingekommen ist" 
Pbn raten eine Farbe, dabei hatte der Mann gar keine Krawatte getragen
3) Subtyping
obwohl man ein Gegenbeispiel für das Stereotyp hat, ändert man dieses nicht, sondern
macht eine neue Unterkategorie auf
25
Bsp. türkischer sympathischer Chefarzt wird nicht mehr dem Stereotyp zugeordnet
 erst bei vielen Gegenbeispielen oder Widersprüchen kippt das Stereotyp um
4) Selbstbestätigende Vorhersage ("self-fulfilling prophecy")
Rosenthal et al: Rosenthal (Pygmalion) - Effekt
Je nachdem wie Schüler aufgrund von Erwartungen und Überzeugungen ihrer Lehrer
im Unterricht behandelt werden, schneiden sie besser oder schlechter im IQ-Test ab
(zuvor gefakt: "bloomers" vs. schlechtere Schüler nach angeblichen Test!)
 deshalb: Empfehlung des Doppelblindversuches
IV.
Automatische Prozesse
 Devine: befragt Pbn direkt nach Vorurteilen  Personen sind oft vorurteilsfrei in ihrer
Einstellung, trotzdem kommen Vorurteile in ihrem Verhalten zum tragen  Paradox
 Lösung: Verhalten kann auch impulsiv sein, ohne eine vorhergehende Entscheidung

Payne: Primingversuche
- "Shooting studies": Ergebnis: unabhängig von der ethnischen Zugehörigkeit des
Polizisten wird in kritischen Situationen sehr viel häufiger auf eine schwarze als eine
weiße Person geschossen
 extrem suboptimale Entscheidungssituation (Erregung, Zeitdruck), man hat nicht viel
Zeit zum Nachdenken
- Priming: schwarzes vs. weißes Gesicht subliminal dargeboten - dann soll Pbn möglichst
schnell ob das nächste target eine "Waffe" vs. ein "Werkzeug" ist
[speed-accuracy-trait-of: möglichst schnell vs. möglichst richtig entscheiden]
 Ergebnis: Pb identifiziert "Werkzeug" langsamer, wenn vorher "schwarzer-Prime" / Pb
macht mehr Fehler, wenn er "Werkzeug" identifizieren soll und vorher "schwarzer-Prime"
 Zusammenhang im impliziten Maß, nicht aber im expliziten Maß (Befragung)!
d.h. Vorurteile sind nicht als Überzeugungen manifestiert, sondern äußern sich nur
als assoziative Strukturen!
 wenn suboptimale Entscheidungsbedingungen (Zeitdruck etc) vorliegen, ist das Verhalten oft
impulsiv gesteuert im Gegensatz zum reflektiven Verhalten (u.a. Impulskontrolle)
bei uns verbreitete Vorurteile:
- Sexismus
- Ageism (Vorurteile gegenüber älteren Menschen)
- Stereotype threat (Wirkung des Stereotyps auf den Stereotypisierten selbst  self-fulfillingprophecy  Bsp. wenn Stereotyp aktiviert ist verschlechtert sich die Leistung)
26
X


Gruppenprozesse - Interaktion und Interdependenz
Definition: Interdependenz =
Abhängigkeit vom Handeln anderer Gruppenmitglieder zur Erreichung
materieller und sozialer Ziele
Intensität der Interdependenz bestimmt Art der Gruppe vom Kollektiv zu face-to-face-Gruppe
I. Kollektive
minimale Interdependenz  bringt soziale Erleichterung (facilitation) [Anwesenheit anderer führt
dazu, dass bestimmte Handlungen leichter durchführbar sind]
 erhöhte Erregung durch
- Bewertungsfurcht (evaluation apprehension)
- Ablenkung / Konflikt
- räumliche Enge
Konsequenzen:
- dominante / gut gelernte / leicht verfügbare Reaktionen (v.a. bei
einfachen Aufgaben) werden einfacher abgerufen
- nicht dominante / schlecht gelernt / schwer verfügbare Reaktionen
werden schwerer abgerufen
Bsp. Bartis et al:
Situation, in der Pbn in minimal interdependenten Situation sind, erwarten dass sie von
anderen bewertet werden
 Zahl der Verwendungsmöglichkeiten verbessern sich, wenn Pbn erwarten, bewertet zu
werden
 wenn Kreativität der Verwendungsarten bewertet werden, sind Pbn kreativer, wenn sie
nicht erwarten, bewertet zu werden
 durch antizipierte Bewertung oder Ablenkung kommt es zu Erregung
II. Face-to-Face-Gruppen
maximale Interdependenz und Gruppenleistung
A. 2 idealtypische Arten von Interdependenz
- sozial orientiert
Abhängigkeit von anderen bzgl. eines Gefühls der Zugehörigkeit,
soziale & emotionale Belohnungen, positive soziale Identität
 Selbstwertgefühl wird stabilisiert, Anerkennung, Gefühle
[Familie, Freundeskreis]
- aufgabenorientiert
Abhängigkeit von anderen bzgl. der Ergebnisse einer Tätigkeit
 klares Ziel definiert, das gemeinsam erreicht werden soll
[Arbeitsgruppe]
 in den meisten Gruppen liegen beide Arten der Interdependenz vor - beide tragen zur Sicherung der
Gruppenleistung bei
[face-to-face-group Diagramm, Folie 11]
B. idealtypischer Entwicklungsverlauf von Gruppen
1. Forming [Formierung] (man orientiert sich, checkt sich ab, öffnet sich)
2. Storming [Strukturierung] (unterschiedliche Einstellungen abchecken, Kritik & sozialen
Einfluss ausüben)
3. Norming [Normentwicklung] (gemeinsame Werte, Ziele verbindlich machen, Kohäsion =
Zusammenhalt in der Gruppe)
4. Performing [Leistung] (Beschäftigung mit Aufgabe, Ziel)
5. Adjourning [Auflösung]
27
C. Gruppenleistung
Art der aufgabenorientierten Interdependenz
 additiv (Leistung der einzelnen Mitglieder wird aufsummiert, bspw. Tauziehen)
 disjunktiv (Aufgabe ist gelöst, wenn mindestens einer aus der Gruppe sie gelöst hat, der
erste der ins Ziel kommt bestimmt die Gruppenleistung - Bsp. Radbahnrennfahren)
 konjunktiv (alle müssen die geforderte Leistung bringen, alle müssen ins Ziel kommen - Bsp.
Bergsteigen)
 komplex (obigen 3 Arten sind in unterschiedlichem Maße miteinander verknüpft)
 Gewinn und Verluste bei Gruppenarbeit:
2 gruppenspezifische Probleme
1) Absinken der Motivation - sozialer Müßiggang = "social loafing"
Latané et al: Pbn sollen in Gruppe so laut wie mögliche schreien (cheering) oder klatschen
(clapping)  je größer die Gruppe, desto eher tritt social loafing auf
2) Koordinationsverluste
Organisationsfehler: unklare Anweisungen / Aufgabenzuweisungen, die nicht den
Fähigkeiten entsprechen / Kommunikationsprobleme
 Interventionen zur Verhinderung von Gruppenverlusten
1) Erhöhung der Kohäsion (Zusammenhalt)
z.B. durch
 Schaffung einer "Unternehmenskultur" (corporate culture)
= Erhöhung der sozialen Interdependenz
bspw. Sport, Förderung privater Unternehmungen, Kulturveranstaltungen,
Uniform / Symbole, Zeremonien
 kooperative Aufgabenstruktur (jigsaw classroom)
 Konsequenzen: Kooperation, sozialer Einfluss auf Mitglieder, Attraktivität für attraktive
Mitglieder
2) Schaffung adäquater Kommunikationsstrukturen
 Kommunikation ist wichtigstes Vehikel für Kohäsion und Aufgabenlösung
 Einfluss moderner Kommunikationstechnologien
 verschiedene Kommunikationsstrukturen:
zentralisierte und dezentralisierte Netze [Diagramme]
D. Bedeutung der Gruppenführung (leadership)
 Führungsaspekte:
- aufgabenbezogene Führung (task leader stellt sicher, dass Leistung erbracht wird)
- sozioemotionale Führung (Gruppe soll sich wohl fühlen, Spass haben)

Kontingenzmodell von Fritz Fiedel: Effektivität des jeweiligen Führungsstils hängt von den
Charakteristika der Gruppe und der Aufgabe ab
III. Soziale Dilemmata
= Form der Interdependenz bei der der höchste kurzfristige Gewinn für jedes Individuum
zu einem langfristigen Verlust der ganzen Gruppe führt, wenn die entsprechenden
Handlungen von allen Gruppenmitgliedern gewählt würden
1) Prisoner´s-Dilemma: strikte Verfolgung eigener Interessen ist oft kontraproduktiv
(Gefangene, Kuh-Bsp., Steuerhinterziehung)
2) Soziale Dilemma: Konflikte zwischen Individuum und Gruppe bzw. Gesellschaft
Bsp. "free-rider" (Schwarzfahrer-Problem), Umwelt, Steuern, Allmende...
Bsp. Caporael et al.: jedes Gruppenmitglieder (n=7) erhält 5 $ - Versprechen des Vl, dass
alle Gruppenmitglieder 10$ erhalten, wenn 4 Personen anonym die 5$ zurückgeben
 weniger als 4 geben das Geld zurück!
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 Maßnahmen zur Lösung sozialer Dilemmata:
1) Veränderung der aufgabenbezogenen Interdependenz durch allgemeine Regeln (und
Sanktionen)
2) Veränderung der sozialen Interdependenz
- Verbesserung der Kommunikation
- Verringerung der Ungleichheit von Ressourcen
- höhere Verfügbarkeit von Gruppennormen
- erkennbare Verknüpfung des eigenen Verhaltens mit Gruppenergebnis
© Rike
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