5. Bedeutungsbezogene Wissensrepräsentation Das Gedächtnis besitzt die Fähigkeit, sich am besten an Dinge zu erinnern, die am Wichtigsten sind Wie sind Informationen in bedeutungsbezogenen Repräsentationen gespeichert? Gedächtnis für verbale Information Experiment von Warner(1968): Zwei Gruppen von VPn lasen im Versuchsverlauf eine von vier möglichen Instruktionsformulierungenen (einzelne Sätze, die hinsichtlich Bedeutung und Stil minimal variiert waren). Einer Gruppe wurde vor dem Versuch der Hinweis gegeben, dass Teile der Instruktion nachher in einem Test zu erinnern seien. Ergebnis: Die bedeutungshaltige Variation wurde in beiden Gruppen gleich gut und wesentlich besser als die stilistische Variation erinnert, die stilistische Variation wurde besser in der Gruppe mit Hinweis erinnert.(Diagramm s.S.141) Interpretation: Das bedeutungsbezogene Gedächtnis ist überlegen, man extrahiert normalerweise die Bedeutung einer sprachlichen Nachricht (nicht den genauen Wortlaut), auch ohne Hinweis, erinnern zu sollen. Der genaue Wortlaut wird nicht erinnert, ist bei Hinweis und entsprechender Aufmerksamkeit aber erinnerbar, wenn auch schlechter als Inhalte des bedeutungsbezogenen Gedächtnisses. Fazit: Nach der Verarbeitung einer sprachlichen Äußerung erinnern Menschen normalerweise nur ihre Bedeutung und nicht ihren exakten Wortlaut Gedächtnis für visuelle Information Das Gedächtnis scheint höhere Kapazität für visuelle Info als verbale Info zu besitzen. Experiment Shepard(1967): VPn betrachteten Paare von Bildern, jeweils ein vorher gesehenes und ein unbekanntes Bild und sollten unbekanntes Bild benennen. Ebenso sollten in Paare von Sätzen die unbekannten Sätze benannt werden. Ergebnis: Fehlerrate in der Satzbedingung 11,8%, in der Bildbedingung 1,5%. Experiment Standing(1973): Nach Durchsicht von 10000 Bildern Fehlerrate von nur 17% Interpretation: s. o. Menschen erinnern eher die Bedeutung eines Bildes bzw. dessen Interpretation als dessen physikalischen Oberflächenmerkmale ( analog bei Sätzen,s.o.) Experiment von Mandler und Ritchey(1977): Nach Betrachtung von 8 Bildern sollten in Testphase diese von Distraktorbildern unterschieden werden; die Distraktorbilder variierten bezüglich Typenersetzung (Bsp: Bild statt Landkarte im Klassenraum, d.h. möglicherweise anderer Unterrichtsgegenstand) oder Merkmalsersetzung (Bsp: Farbe der Hose der Lehrerin). Ergebnis: In 77% der Fälle wurde Originalbild erkannt, aber merkmalsverändernde Distraktorbilder wurden nur in 60%, typenverändernde in 94% aussortiert. Interpretation: Typenersetzung führt zu wichtigeren Veränderungen der Bildbedeutung, offensichtlich wurde die Bildbedeutung besser erinnert als Oberflächendetails. Experiment Bower,Karlin,Dueck: Nicht offensichtlich leicht zu interpretierende Bilder sollten nachgezeichnet werden, in einer Bedingung wurde eine Interpretation der Bilder mitgegeben, in der anderen nicht. Ergebnis: Bei mitgelieferter Interpretation wurde besser Reproduziert(70% zu 51%) Interpretation : s. o. Fazit: Es wird in der Regel die Interpretation der Bedeutung eines Bildes gemerkt Detail vs. Bedeutung beim Behalten Menschen enkodieren zunächst wahrnehmungsbezogene Details von Sätzen/Bildern, danach wird diese Info schnell vergessen. Erinnerung an Inhalte bleibt erhalten. Experiment Gernsbacher(1985): Vpn wurden nach Betrachtung eines Bildes zwei Bilder, original und gespiegeltes Bild gezeigt. Ergebnis: Nach 10s noch 79% korrekt erkannt, nach 10m 57% korrekt erinnert. Interpretation: Räumliche Orientierung wird nur kurz sehr gut erinnert, Inhalte von Bildern werden länger erinnert. Experiment Anderson(1974): Vpn hörten Geschichte mit kritischem Satz(Gärtner erschießt Maler), dann wurden vier Schlussfolgerungen vorgelegt, zwei richtige und zwei falsche Schlussfolgerungen, wobei die richtigen bzw. falschen Schlussfolgerungen sich hinsichtlich Satzbau unterschieden. Ergebnis: Bei sofortiger Testung und zweiminütig verzögerter Testung der richtigen logischen Schlussfolgerung kaum ein Unterschied(98% zu 96%) an richtigen Antworten, bei Frage zur Satzstruktur schon (99% zu 56% korrekte Antworten) Erinnerungsvermögen für Bedeutungen: Anwendungsaspekte Mnemotechnik: Da Menschen besser bedeutungshaltige als bedeutungsleere Information erinnern, sollte man zu Erinnerndes in bedeutungshaltiges Material umwandeln. Propositionale Repräsentationen Propositionale Darstellung: Notationssystem, um die bedeutungshafte Struktur (bei Abstraktion von wahrnehmungsbezogenen Details) von Sätzen und Bildern darzustellen. Proposition(aus Linguistik/Logik):kleinste Wissenseinheit, die eine selbständige( von anderen Wissenseinheiten unabhängige) Aussage bilden kann. Kann sinnvoll als wahr oder falsch beurteilt werden. Propositionale Analyse: Zerlegung eines Satzes in Propositionen Bsp: Lincoln, der Präsident der Vereinigten Staaten während eines bitteren Krieges, befreite die Sklaven. A Lincoln war Präsident der Vereinigten Staaten während eines Krieges B Der Krieg war bitter C Lincoln befreite die Sklaven Diese einzelnen Sätze entsprechen Propositionen, die dem komplexen Satz zugrunde liegen. Bedingung: jede Darstellungseinheit muss Bedeutungseinheit entsprechen Anderson(1972) zeigte, dass Info so im Gedächtnis repräsentiert wird, dass Bedeutung elementarer Aussagen, nicht deren Wortlaut, erhalten bleibt. Proposition ist eine Struktur, die aus einer Relation und einer geordneten Menge von Argumenten besteht(Kintsch1974). Relationen, im Deutschen als Prädikate einer Proposition bezeichnet, organisieren die Struktur der Argumente, entsprechen meistens Verben(befreien), Adjektiven(bitter) und anderen relationalen Ausdrücken(Präsident von) Argumente beziehen sich auf Zeitpunkte, Örter, Menschen, Gegenstände, sind i.d. R. Nomina (Lincoln, Krieg, Sklaven) Prädikate drücken also best. Relationen zwischen Gegebenheiten aus, auf die die Nomina verweisen. Kintsch stellt jede Proposition durch eine in Klammern gesetzte Liste dar, bestehend aus einem Prädikat mit den dazugehörigen Argumenten: A´(Präsident von, Lincoln, Vereinigte Staaten, Krieg) B´(bitter, Krieg) C´(befreien, Lincoln, Sklaven) Experiment von Bransford und Franks(1971): Den VPn wurden zwei Gruppen von verschiedene Sätze vorgelegt, denen innerhalb einer Gruppe die gleichen Propositionen zugrunde lagen, aber in verschiedenen Kombinationen. Nachher wurde die Wiedererkennungsleistung getestet, an Sätzen die die Propositionen innerhalb einer Gruppe verschieden kombiniert hatten und an Sätzen, in denen die Propositionen zwischen den Gruppen gemischt waren. Ergebnis: Wenn die Propositionen innerhalb einer Gruppe Sätzen verschieden kombiniert waren, konnte Sätze nicht unterschieden werden, wohl aber, wenn Propositionen aus der anderen Gruppe eingebaut waren. Interpretation: Menschen können sich gut erinnern, was für Propositionen sie gesehen haben, aber nicht, in welcher Kombination die Propositionen vorliegen. (für Genaueres s.S. 149) Fazit: Propositionale Analysen stellen das Erinnerungsvermögen für komplexe Sätze anhand einfacher, abstrakter propositionaler Einheiten dar. Propositionale Netzwerke Eine Form der Darstellung eines propositionalen Netzwerkes ist, jede Proposition durch eine Ellipse darzustellen, die durch beschriftete Pfeile mit ihrem Prädikat und ihren Argumenten verbunden ist. Propositionen, Prädikate und Argumente nennt man die Knoten des Netzwerkes, die Pfeile heißen Verbindungen.Die Beschriftung der Pfeile beschreibt die Funktion des Prädikats bzw. der Argumente( z.B. Lincoln->Agent). Die einzelnen Propositionen eines Satzes lassen sich zusammenhängend und überlappend darstellen, da die einzelnen Netzwerke (Propositionen) in Wirklichkeit zusammenhängende Teile eines größeren Netzwerks sind. Dabei ist die räumliche Anordnung der Elemente des Netzwerkes für seine Interpretation völlig irrelevant, es kommt lediglich darauf an, welche Elemente mit welchen verknüpft sind. (s. unbedingt S. 150 Abb.5.5) Die propositionale Struktur eines Satzes ist also auf zwei Arten darstellbar: In linearer Form, wie in A´,B´,C´ oder in einem Netzwerk, wie im vorherigen Abschnitt beschrieben. Vorteil der linearen Darstellung ist die höhere Übersichtlichkeit und Kompaktheit, die Netzwerk-Darstellung hat den Vorteil, Verbindungen zwischen den propositionalen Elementen zu verdeutlichen. Propositionen eines Satzes können in hierarchische Beziehung treten, in denen eine Proposition als eine Einheit innerhalb einer anderen Proposition auftrit. Beispielsweise tritt in dem Satz „John kaufte Süßigkeiten, weil er hungrig war“ eine übergreifende Proposition („weil“) auf, die aussagt, dass die erste Proposition (kaufte, John, Süßigkeiten) durch die zweite (hungrig, er) verursacht wird.(s.S. 151 Abb5.6) Experimente sprechen dafür, dass es sinnvoll ist, sich die Knoten in propositionalen Netzwerken als mentale Vorstellungen und die Verbindungen zwischen den Knoten als Assoziationen zwischen den Vorstellungen zu denken: Experiment von Weisberg(1989): Versuchspersonen sollten sich einen Satz einprägen und darauf hin in einer freien Assoziationsaufgabe auf ein gegebenes Wort aus dem Satz möglichst schnell ein assoziiertes Wort aus dem Satz nennen. Ergebnisse: Es wurden fast immer Wörter genannt, die zwar im Satz weiter voneinander entfernt stehen, aber in einer propositionalen Darstellung des Satzes nahe, d.h. über wenige Verbindungen, zusammen stehen.(s.S. 151 Abb5.6) Interpretation: Befund für die vorher genannten Hypothese Fazit: Propositionale Information kann man in Netzwerken darstellen, die die Beziehungen zwischen Konzepten aufzeigen. Konzeptuelles Wissen Die Bildung von propositionalen Repräsentationen ist ein Prozess der Abstraktion: Löschung vieler wahrnehmungsbezogener Details und Speicherung der wichtigen Beziehungen zwischen den Inhaltselementen Eine weitere Möglichkeit zur Abstraktion ist, von spezifischen Erfahrungen abzusehen und statt dessen Merkmale und Kennzeichen der jeweiligen Erfahrungsklasse allgemein zu kategorisieren, d.h. konzeptuelles Wissens in Form von Kategorien zu schaffen. Diese Kategorien können genutzt werden, um spezifische Erfahrungen zu repräsentieren. (z.B. statt vierbeinigen pelzigen Objekt, kann man einfach „Hund“ repräsentieren) Dadurch können Vorhersagen über Dinge gemacht werden, da ja spezifische andere Dinge mit einer Kategorie assoziiert sind( Der Hund könnte bellen). Außerdem ermöglichen Kategorien große Einsparungen bei der Repräsentation und Kommunikation. Die Forschung über Kategorisierung untersucht, wie Kategorien gebildet, zur Interpretation von Erfahrung genutzt werden und wie das kategoriale Wissen in Notationssystemen darzustellen ist: Semantische Netzwerke In semantischen Netzwerken sind Hierarchien kategorialer Tatsachen über isa-Verbindungen skizziert. Isa-Verbindungen sind der Ausdruck der Oberbegriff-Unterbegriff-Relation. Mit den einzelnen Kategorien sind die jeweils zutreffenden Eigenschaften verbunden; Eigenschaften für höhere Hierarchieebenen gelten auch für darunter liegende Ebenen(werden „vererbt“). Die isaVerbindungen bauen eine Generalisierugshierarchie auf, d.h. die Konzepte werden von oben nach unten immer allgemeiner. Es kann Ausnahmen geben: z.B. Ist der Strauß ein Vogel, obwohl er nicht fliegen kann.(s.S.154) Experiment von Collins& Quillian (1969) : Den VPs wurden verschiedene Sätze vorgelegt, in denen einer Kategorie naheliegende Eigenschaften genannt wurden (Kanarienvögel sind gelb) oder die zur Kategorie genannten Eigenschaften waren Eigenschaften auf höheren Hierarchieebenen (Kanarienvögel haben Federn; Kanarienvögel haben Haut)Die VPs sollten möglichst schnell beurteilen, ob die Sätze richtig oder falsch sind. Ergebnis: Umso weiter die genannte Eigenschaft „vererbt“ wurde (z.B. ist „Haut“ eine Eigenschaft der Kategorie „Tier“), umso länger dauerte die Beurteilung der Sätze. Interpretation: Die VPs müssen bei weiter „vererbten“ Eigenschaften ihr semantisches Netz „entlangfahren“, was mehr Zeit zur Beurteilung beansprucht. Allerdings erwies sich in späteren Experimenten, dass die Häufigkeit, mit der man Erfahrung mit bestimmten Sachverhalten macht, ein starker Einflussfaktor ist.(„Äpfel sind essbar“ wird schneller abgerufen als „ Äpfel haben schwarze Kerne“, obwohl „essbar“ bei höherem Konzept gespeichert ist) Schlussfolgerungen aus Forschungsarbeiten: 1. Wenn man Information über ein Konzept häufig begegnet, wird diese zusammen mit dem Konzept gespeichert, auch wenn sie aus einem höheren Konzept abgeleitet sein könnte. 2. Je häufiger man einer Tatsache über ein Konzept begegnet, desto stärker wird sie mit dem Konzept assoziiert. Und je stärker Fakten mit Konzepten assoziiert sind, desto schneller werden entsprechende Aussagen verifiziert. 3. Es dauert relativ lange, Aussagen über Tatsachen zu verifizieren, die nicht direkt bei einem Konzept gespeichert sind, sondern die zuerst abgeleitet werden müssen. Fazit: Faktoren bei Abrufzeit: Verbindungsstärke (erfahrungsabhängig) und Abstand zwischen Tatsache und Konzept im semantischen Netz. Wenn ein Merkmal nicht direkt bei einem Konzept gespeichert ist, kann man es von einem übergeordneten Konzept abrufen. Schemata Das Wichtige an einem Kategorienbegriff besteht darin, dass er vorhersagbare Infos über einzelne Exemplare der Kategorie speichert. Semantische Netzwerke, die lediglich Eigenschaften von Konzepten speichern, können nicht die Komplexität unseres Wissens erfassen, z.B. alle Möglichkeiten wie ein „Haus“ aussehen kann. In Schemata ist kategoriales Wissen in Form einer Struktur von Leerstellen repräsentiert; solche Leerstellen nenn man Slots(Attribute). In die Slots werden die Ausprägungen, die die einzelnen Exemplare einer Kategorie auf verschiedenen Attributen besitzt, eingesetzt. Z.B. „Haus“ in einer (unvollständigen) Schemarepräsentation Obergebegriff: Gebäude Teile: Zimmer Material: Holz, Stein .... Oberbegriff, Teile usw. sind die Slots oder Attribute, deren Ausprägung Gebäude und Zimmer sind. Jede Kombination aus einem Slot und seinen Ausprägungen spezifiziert ein typisches Merkmal. Die genannten Ausprägungen der Slots nennt man Default-Werte. Ist z.B. ein Haus aus Glas, überschreiben wir einfach den Default-Wert. Schemata erlauben die Enkodierung kategorialer Regelhaftigkeiten, egal ob sie propositional (Menschen wohnen in Häusern) oder wahrnehmungsbezogen sind(Häuser sind groß). Schemata sind dahingehend abstrakt, dass sie das für eine Kategorie im allgemeinen Zutreffende enkodieren und nicht das, was für ein bestimmtes Exemplar einer Kategorie gilt (wie bei Propositionen). Ein besonderer Slot ist der Oberbegriff-Slot in jedem Schema. Er entspricht der isa-Verbindung im semantischen Netzwerk und gibt die übergeordnete Kategorie der Objektklasse an. Solange keine widersprüchliche Info vorliegt, erbt ein Konzept die Merkmale seine Oberbegriffs. Bei Schemata gibt es neben der Generalisierungshierarchie noch eine zweite Art von Hierarchie, die sich auf die Teil-Ganzes (Teil-Ganzes-Hierarchie) Relation bezieht. Z.B. weisen die Teile von Häusern, also z.B. Wände, eigene Schemadefinitionen auf: Wände haben möglicherweise Fenster, also haben möglicherweise Häuser Fenster. Schemata sind also Abstraktionen spezifischer Exemplare, die zu Schlussfolgerungen über Exemplare der in den Schemata gespeicherten Konzepte genutzt werden können. Man muss außerdem die wechselseitigen Einschränkungen für die Ausprägungen der einzelnen Attribute kennen, z.B. kann ein unterirdisches Haus kaum Fenster haben und Ausnahmen müssen beachten werden(wie ist unklar im Anderson) Fazit: Schemata repräsentieren Konzepte in Form von Oberbegriffen, Teilen und anderen Zuweisungen von Ausprägungen zu Attributen(Slots). Die psychische Realität von Schemata Da in Schemata die Attribute Default-Werte annehmen, gibt es einen nützlichen Schlussfolgemechanismus: Wenn erkannt wird, dass ein Objekt einer Objektklasse angehört, kann man folgern - solange kein Widerspruch besteht- , dass das Objekt die Default-Werte des Schemas des entsprechenden Objektklassekonzepts besitzt. Experiment von Brewer und Treyens (1981): Die VPn wurden in das Büro des Versuchsleiters geführt, wo sie unter Vorwand 35s warten sollten. Anschließend wurden sie zur Ausstattung des Büro-Raumes befragt. Ergebnis: Die meisten erinnerten sich richtiger Weise, dass ein Stuhl vorhanden war, sehr viel weniger Erinnerten sich an Schädel und Notizbrett. Einige gaben auch an, sich an Bücher zu erinnern, obwohl es keine Bücher gab. Interpretation: Die Versuchspersonen wurden durch ihr Schema zur Büroausstattung beeinflusst, so gar so stark, dass sie nicht vorhandene Gegenstände zu erinnern glaubten. Erinnerung an die Beschaffenheit eines Ortes wird also stark von Default-Annahmen beeinflusst Fazit: Menschen gehen davon aus, dass ein Objekt die Default-Werte seiner ObjektKlasse besitzt, solange sie nicht explizit etwas anderes feststellen Unterschiedliche Grade der Klassenzugehörigkeit Objekte, die zu einem Schema passen, können gewisse Unterschiede aufweisen, da es zwar bestimmte typische Ausprägungen einzelner Slots gibt, aber insgesamt wenig Ausschlusskriterien. Es sollte sich ein Übergang von weniger typischen zu sehr typischen Mitgliedern einer Kategorie feststellen lassen, je besser die Merkmale den im Schema vorgegeben Restriktionen entsprechen. Experiment von Rosch(1973): Vpn sollten Typikalität von verschiedenen Mitgliedern einer Kategorie auf einer Skala (1=sehr typisch bis 7=typisch) schätzen. Ergebnis: Bestimmte Mitglieder wurden durchgängig typischer Eingeschätzt( z. B. Mord=1,0 zu Landstreicherei= 5,3 bei Verbrechen) Interpretation: Befund für s.o. Experiment von Rosch(1975): Diesmal sollten nicht Wörter, sondern Bilder beurteilt werden, im Hinblick darauf, ob sie zu einer bestimmten Kategorie gehörten. Ergebnis: Manch Mitglieder werden schneller eingeordnet als andere, z.B. Aäpfel wird schneller als Obst erkann als Wassermelonen Interpretation: Typische Mitglieder einer Kategorie sind bei der Wahrnehmungserkennung im Vorteil Experiment von Rosch(1977): Die Vpn sollten mit vorgegeben Kategoriebezeichnungen Sätze bilden. Dann wurden die Kategoriebezeichnungen durch ein typisches(zentrales) Mitglied, eines mittlerer Typikalität und ein untypisches(peripheres) Mitglied ersetzt. Anschließend sollten die VPs schätzen, wie sinnvoll die entstandenen Sätze waren Ergebnis: Sätze mit zentralen Mitgliedern wurden als sinnvoller als Sätze mit peripheren Mitgliedern eingeschätzt. Interpretation: Wenn Menschen sich Kategoriemitglieder vorstellen, denken sie bevorzugt an typische Exemplare der Kategorie Experiment von McCloskey und Glucksberg(1978): Untersuch wurde, ob welche Exemplare am Rande einer Kategorie noch dazugehören und welche nicht. Dazu wurden VPs eindeutig zugehörige(Apfel-Obst), unzugehörige(Huhn-Obst) und kritischere Exemplare dargeboten (Kürbis-Obst?). Einen Monat später wurden die gleichen VPs noch einmal um Einschätzung der Exemplare gebeten. Ergebnis: Bei kritischeren Exemplaren war die Übereinstimmung zwischen den VPs sehr gering, bei eindeutig dazu- bzw. nicht dazugehörigen Exemplaren sehr groß. Nach einem Monat hattem viele VPn ihre eigene Meinung geändert und Kategorisierten anders. Interpretation: Es gibt keine konsistente Übereinstimmung über Kategoriezugehörigkeit zwischen Menschen,v. a. bei peripheren Exemplaren und offensichtlich sind die Einschatzungen nicht einmal intraindividuell Stabil. Experiment von Labov(1973): Den VPn wurden verschiedene Gefäße(mit Henkel) gezeigt, die sich im Verhältnis von Durchmesser zu Höhe unterschieden. In einer zweiten Bedingung sollten sich die Probanden das Gefäß mit Kartoffelbrei gefüllt vorstellen. Die VPs sollten das Gefäß benennen Ergebnis: Umso größer der Durchmesser des Gefäßes im Verhältnis zur Höhe war, umso seltener wurde es als „Tasse“ bezeichnet. Erst bei sehr großem relativen Durchmesser wurde es als „Schüssel“ erkannt. In der Essenskontext-Bedingung wurde das Gefäß grundsätzlich und bei steigendem relativen Durchmesser seltener als „Tasse“ bezeichnet, während es gleichzeitig mit steigendem Durchmesser öfter als „Schüssel“ bezeichnet wurde. Interpretation: Die Klassifikationsurteile andern sich nicht nur in Abhängigkeit von Objekteigenschaften, sondern variieren auch mit dem Kontext. (s.S.162) Fazit: Verschiedene Objektexemplare werden in unterschiedlichem Ausmaß als Mitglieder einer Objektklasse beurteilt, und typischere, zentrale Mitglieder zeigen Vorteile bei ihrer kognitiven Verarbeitung Ereigniskonzepte Nicht nur Gegenstände haben eine konzeptuelle Struktur, auch Ereignisarten. Solche Kategorien können mit Hilfe von Schemata dargestellt werden. Wissen über stereotype Ereignisse können an Hand ihrer einzelnen Bestandteile enkodiert werden. Jedes der Teilereignisse kann wiederum in seine Teile zerlegt werden. Wie bei Objekt-Schemata gibt es Teil-Ganzes-Hierarchien und Generalisierungshierarchien, die Slots enthalten auch typische Personen( z.B. Kellner im Restaurant-Schema) und Gegenstände und es gibt ebenfalls typische Ausprägungen oder Beschränkungen(z.B. verlässt man das Restaurant mit dem selben Gefährt, mit dem man gekommen ist) der Slots. Schank und Abelson (1977) entwickelten eine Variante von Ereignisschemata, genannt Skripts, in denen hervorgehoben wird, dass oft stereotype Handlungssequenzen auftreten. Experiment von Bower, Black, Turner (1979): Die VPn sollten aus ihrer Sicht die wichtigsten Teilereignisse einer Episode( z.B. Restaurantbesuch) aufzählen. Ergebnis: Keine Handlung wurde von allen VPn genannt, aber es gab beträchtliche Übereinstimmungen. Z. B. stimmten 73% darin überein, dass Platz nehmen, Speisekarte lesen, bestellen, essen, bezahlen, gehen zur Restaurant-Episode gehoren. Interpretation: Befund für die psychische Realität von Skripts Experiment von Bower, Black, Turner: Die VPn sollten Geschichten lesen, in denen einige, nicht alle, typischen Teilereignisse eines Skripts vorkamen. In einer Bedingung sollte die Geschichte wiedergegeben werden, in einer anderen sollte entschieden werden, ob Aussagen zu der Geschichte gehörten. Ergebnis: Beim Nacherzählen werden oft Sachverhalte berichtet, die zum jew. Skript gehören, aber in der Geschichte nicht vorkamen. Ähnlich meinten die VPn in der WiedererkennungsBedingung, einen Teil des Skripts gelesen zu haben, obwohl dem nicht so war. Trotz der Gedächtnisverzerrungen zugunsten des Schemas neigten die VPn dazu, tatsächliche Teile der Geschichte wiederzugeben, viel geringer waren Wiedererkennungen hinzuerfundener Bestandteile. Interpretation: Handlungsskripts haben Effekte auf die Erinnerung an Ereignisabläufe, es wird skriptkonform besser erinnert (und sogar ergänzt). Experiment von s.o.: VPn bekamen Geschichten mit prototypischen Handlungen im Rahmen einer Episode vorgelesen, dabei waren die Handlungen teilweise in falscher Reihenfolge. Ergebnis: Bei Wiedergabe der Geschichte wurde stark die Teilereignisse in die übliche Reihenfolge gebracht. Interpretation: Zeigt die starken Effekte von Schemata auf die Erinnerung von Ereignissen/Handlungen Insgesamt scheint es so, dass neue Ereignisse unter Berücksichtigung allgemeiner Schemata enkodiert werden und dass die spätere Wiedergabe unter dem Einfluss der Schemata steht. Scripts oder Schemata existieren, will sie die bevorzugte Abfolge von Teilereignissen in best. Situationen enkodieren. Sie sind also nützliche Grundlage für Auffüllung fehlender Informationen und Berichtigung falscher Infos. Fazit: Skripts sind Ereignisschemata, die beim logischen Nachdenken über prototypische Ereignisse zum Einsatz kommen Abstraktionstheorien vs. Exemplartheorien Beide Theorien zum konzeptuellen Wissen haben Nachteile: semantische Netzwerke werden dem graduellen Charakter kategorialen Wissens nicht gerecht( ein Haus kann unendlich verschieden aussehen, dass ist glaube ich gemeint), bei Schemata ist unklar, wie sie genau in Beziehung zum Verhalten gesetzt werden können. Es gibt zwei Alternativtheorien: Die Abstraktionstheorie (dazu gehören Schemata) geht davon aus, dass wir aus Exemplaren, mit denen wir zu tun hatten, allgemeine Merkmale und Eigenschaften abstrahieren. Die gegensätzliche Exemplartheorie geht davon aus, dass wir im wesentlichen bestimmte Exemplare speichern und dass sich die allgemeinen Schlussfolgerungen aus diesen Exemplaren ergeben. Wenn beurteilt wird, wie typisch ein bestimmtes Objekt für eine Kategorie ist, vergleichen wir das Objekt mit konkret spezifizierten Objekten der Kategorie und kommen zu einer Einschätzung der mittleren Unterschiede. Zu letzterer gehört die Prototypentheorie (nach Reed,1972), die besagt, dass man einen einzigen Prototypen davon speichert, wie Exemplare der jeweiligen Kategorie beschaffen sind und einzelne Exemplare anhand der Ähnlichkeit zum Prototyp beurteilt. In ähnlichen Modellen speichert man eine Repräsentation, die eine Art Vorstellung von der zulässigen Variation um den Prototyp herum enkodiert(u.a. Anderson 1991) Obwohl beide Theorien ganz verschiedene Annahmen über kognitive Funktionen haben, kommen beide für viele Experimente zu ähnlichen Vorhersagen(z.B. erwarten beide bessere Verarbeitung zentraler Mitglieder einer Kategorie: einmal weil diese Exemplare der abstrakten Repräsentation ähnlicher sind, einmal weil diese Exemplare eine größere durchschnittliche Ähnlichkeit mit den anderen Exemplaren der Kategorie aufweisen. Es gibt aber feiner Unterschiede zwischen den Theorien. Exemplartheorien sagen Effekte spezifischer Exemplare voraus (Befund Medin& Schaffer 1978): ein ungewöhnlich aussehender nicht bellender Hund würde zur Erwartung führen, dass ein ähnlich aussehender Hund ebenfalls nicht bellt. Des weiteren neigt man dazu, auf sachverhalte zu schließen, die nicht in den einzelnen Exemplaren gegeben sind (Elio&Anderson 1981): wenn man vielen bellenden Hunden begegnet ist und Hunden, die einem Briefträger nachjagen, könnte ein Briefträger-jagender bellender Hund als besonders typisch angesehen werden, obwohl man keinen Hund beobachtet hat, der beides tut. Fazit: Die Effekte im Zusammenhang mit Strukturen von Kategorien lassen sich sowohl durch die Annahme erklären, dass wir die zentrale Tendenz von Kategorien extrahieren, als auch durch die Annahme, dass wir best. Exemplare der Kategorie speichern Erlernen von Schemata in neuronalen Netzen Experiment von Gluck und Brower(1988): VPn sollten fiktiven Patienten, die an vier verschiedenen Symptomen litten, eine von zwei (eine häufige, eine seltene) möglichen Krankheiten zuschrieben. Gluck und Brower nutzten ein neuronales Netzwerkmodell, um die Entscheidungen der VPn vorherzusagen. Dabei bilden die Symptome vier Eingänge, die synaptisch mit den zwei Ausgabeneuronen, die die beiden Krankheiten abbilden, verschaltet sind. Aktivation von den Eingabeneuronen (Symptome) soll nur zu den Ausgabeneuronen wandern, das mit der Krankheit übereinstimmt, d.h. die Verbindungsstärken zwischen den Neurone müssen entsprechend geändert, also gelernt werden. Gluck und Brower setzten die verbreitete Delta-Regel ( für genaue Formel s.S 167.) ein. Diese Regel dient der Fehlerkorrektur: die Assoziationsstärken zwischen den Neuronen soll so verändert werden, das die Differenz zwischen der Ist-Aktivation und der Soll-Aktivation der Ausgabeneurone minimiert wird. Die gelernten Assoziationsstärken des Netzwerkmodells wurden dann mit Schätzwerten der VPn verglichen, die schätzen sollten, wie hoch der Beitrag eines Symptoms zu einer Krankheit sein könnte. Vorher hatten die VPn an Hunderten von fiktiven Patienten die Symptomkombinationen und daraus resultierende Krankheiten kennen gelernt. Ergebnis:Die Vorhersagen des Modells deckten sich sehr gut mit den Klassifikationsverhalten der VPn. Interpretation: Das Netzwerk-Modell illustriert einen Mechanismus, der die schematische Abstraktion zeigt. Die Schemarepräsentation ist v.a. in den synaptischen Gewichten lokalisiert, d h. die synaptische Verbindungsstärke ist ein Maß dafür, wie typisch ein Symptom für eine Krankheit ist. Fazit: Mit Hilfe der Delta-Regel können synaptische Assoziationsstärken gelernt werden die die Merkmalsstruktur einer Kategorie enkodieren Kategorien und das Gehirn Warrington & Shallice (1984) und Saffran & Schwartz (1994) entdeckten, dass es scheinbar eine neuronale Basis bestimmter Objektkategorien gibt: Patienten mit geschädigten Temporallappen zeigten v. a. Defizite in ihrem Wissen über biologische Kategorien wie Tiere, Früchte oder Gemüse, nicht aber bei künstlichen Kategorien (z.B. Möbel). Diese Patienten zeigen Schwierigkeiten beim Benennen von entsprechenden Objekten. Umgekehrt haben Patienten mit frontoparietalen Läsionen Probleme beim verarbeiten künstlicher, nicht aber biologischer Kategorien. Ersterer Fall tritt allerdings häufiger auf, da nach Warrington & Shallice (1991) biologische Kategorien eher mit Wahrnehmungskategorien assoziiert werden, während künstliche Kategorien eher mit Handlungen, die mit diesen Objekten vollzogen werden, assoziiert werden. Bei diesen Patienten scheint der Verlust an kategorialer Info in Beziehung zum Verlust von Info über (äußerliche) Merkmale zu stehen, die diese Kategorie definieren. Fazit: Wissensdefizite in Bezug auf unterschiedliche Kategorien werden durch Schädigung unterschiedlicher Gehirnregionen hervorgerufen Schlussfolgerungen zur bedeutungsbezogenen Wissensrepräsentation: 1. Propositionen stellen die atomaren Bedeutungseinheiten dar, mit denen man die Bedeutung von Sätzen und Bildern enkodieren kann und die man in Netzwerken darstellen kann 2. Bestimmte Mengen von Sachverhalte hängen in größeren kategorialen Einheiten zusammen und lassen sich als semantische Netzwerke, Schemata und Skripts darstellen