anderson-kap5-bedeutungsbezogene

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5. Bedeutungsbezogene Wissensrepräsentation
Das Gedächtnis besitzt die Fähigkeit, sich am besten an Dinge zu erinnern, die am Wichtigsten
sind
 Wie sind Informationen in bedeutungsbezogenen Repräsentationen gespeichert?
Gedächtnis für verbale Information
Experiment von Warner(1968): Zwei Gruppen von VPn lasen im Versuchsverlauf eine von vier
möglichen Instruktionsformulierungenen (einzelne Sätze, die hinsichtlich Bedeutung und Stil
minimal variiert waren). Einer Gruppe wurde vor dem Versuch der Hinweis gegeben, dass Teile
der Instruktion nachher in einem Test zu erinnern seien.
Ergebnis: Die bedeutungshaltige Variation wurde in beiden Gruppen gleich gut und wesentlich
besser als die stilistische Variation erinnert, die stilistische Variation wurde besser in der Gruppe
mit Hinweis erinnert.(Diagramm s.S.141)
Interpretation: Das bedeutungsbezogene Gedächtnis ist überlegen, man extrahiert normalerweise
die Bedeutung einer sprachlichen Nachricht (nicht den genauen Wortlaut), auch ohne Hinweis,
erinnern zu sollen.
Der genaue Wortlaut wird nicht erinnert, ist bei Hinweis und entsprechender Aufmerksamkeit
aber erinnerbar, wenn auch schlechter als Inhalte des bedeutungsbezogenen Gedächtnisses.
Fazit: Nach der Verarbeitung einer sprachlichen Äußerung erinnern Menschen
normalerweise nur ihre Bedeutung und nicht ihren exakten Wortlaut
Gedächtnis für visuelle Information
Das Gedächtnis scheint höhere Kapazität für visuelle Info als verbale Info zu besitzen.
Experiment Shepard(1967): VPn betrachteten Paare von Bildern, jeweils ein vorher gesehenes
und ein unbekanntes Bild und sollten unbekanntes Bild benennen.
Ebenso sollten in Paare von Sätzen die unbekannten Sätze benannt werden.
Ergebnis: Fehlerrate in der Satzbedingung 11,8%, in der Bildbedingung 1,5%.
Experiment Standing(1973): Nach Durchsicht von 10000 Bildern Fehlerrate von nur 17%
Interpretation: s. o.
Menschen erinnern eher die Bedeutung eines Bildes bzw. dessen Interpretation als dessen
physikalischen Oberflächenmerkmale ( analog bei Sätzen,s.o.)
Experiment von Mandler und Ritchey(1977): Nach Betrachtung von 8 Bildern sollten in
Testphase diese von Distraktorbildern unterschieden werden; die Distraktorbilder variierten
bezüglich Typenersetzung (Bsp: Bild statt Landkarte im Klassenraum, d.h. möglicherweise
anderer Unterrichtsgegenstand) oder Merkmalsersetzung (Bsp: Farbe der Hose der Lehrerin).
Ergebnis: In 77% der Fälle wurde Originalbild erkannt, aber merkmalsverändernde
Distraktorbilder wurden nur in 60%, typenverändernde in 94% aussortiert.
Interpretation: Typenersetzung führt zu wichtigeren Veränderungen der Bildbedeutung,
offensichtlich wurde die Bildbedeutung besser erinnert als Oberflächendetails.
Experiment Bower,Karlin,Dueck: Nicht offensichtlich leicht zu interpretierende Bilder sollten
nachgezeichnet werden, in einer Bedingung wurde eine Interpretation der Bilder mitgegeben, in
der anderen nicht.
Ergebnis: Bei mitgelieferter Interpretation wurde besser Reproduziert(70% zu 51%)
Interpretation : s. o.
Fazit: Es wird in der Regel die Interpretation der Bedeutung eines Bildes gemerkt
Detail vs. Bedeutung beim Behalten
Menschen enkodieren zunächst wahrnehmungsbezogene Details von Sätzen/Bildern, danach
wird diese Info schnell vergessen. Erinnerung an Inhalte bleibt erhalten.
Experiment Gernsbacher(1985): Vpn wurden nach Betrachtung eines Bildes zwei Bilder, original
und gespiegeltes Bild gezeigt.
Ergebnis: Nach 10s noch 79% korrekt erkannt, nach 10m 57% korrekt erinnert.
Interpretation: Räumliche Orientierung wird nur kurz sehr gut erinnert, Inhalte von Bildern
werden länger erinnert.
Experiment Anderson(1974): Vpn hörten Geschichte mit kritischem Satz(Gärtner erschießt
Maler), dann wurden vier Schlussfolgerungen vorgelegt, zwei richtige und zwei falsche
Schlussfolgerungen, wobei die richtigen bzw. falschen Schlussfolgerungen sich hinsichtlich
Satzbau unterschieden.
Ergebnis: Bei sofortiger Testung und zweiminütig verzögerter Testung der richtigen logischen
Schlussfolgerung kaum ein Unterschied(98% zu 96%) an richtigen Antworten, bei Frage zur
Satzstruktur schon (99% zu 56% korrekte Antworten)
Erinnerungsvermögen für Bedeutungen: Anwendungsaspekte
Mnemotechnik: Da Menschen besser bedeutungshaltige als bedeutungsleere Information
erinnern, sollte man zu Erinnerndes in bedeutungshaltiges Material umwandeln.
Propositionale Repräsentationen
Propositionale Darstellung: Notationssystem, um die bedeutungshafte Struktur (bei Abstraktion von
wahrnehmungsbezogenen Details) von Sätzen und Bildern darzustellen.
Proposition(aus Linguistik/Logik):kleinste Wissenseinheit, die eine selbständige( von anderen
Wissenseinheiten unabhängige) Aussage bilden kann. Kann sinnvoll als wahr oder falsch beurteilt
werden.
Propositionale Analyse: Zerlegung eines Satzes in Propositionen
Bsp: Lincoln, der Präsident der Vereinigten Staaten während eines bitteren Krieges,
befreite die Sklaven.
A Lincoln war Präsident der Vereinigten Staaten während eines Krieges
B Der Krieg war bitter
C Lincoln befreite die Sklaven
Diese einzelnen Sätze entsprechen Propositionen, die dem komplexen Satz zugrunde liegen.
Bedingung: jede Darstellungseinheit muss Bedeutungseinheit entsprechen
Anderson(1972) zeigte, dass Info so im Gedächtnis repräsentiert wird, dass Bedeutung
elementarer Aussagen, nicht deren Wortlaut, erhalten bleibt.
Proposition ist eine Struktur, die aus einer Relation und einer geordneten Menge von Argumenten
besteht(Kintsch1974).
Relationen, im Deutschen als Prädikate einer Proposition bezeichnet, organisieren die Struktur der
Argumente, entsprechen meistens Verben(befreien), Adjektiven(bitter) und anderen relationalen
Ausdrücken(Präsident von)
Argumente beziehen sich auf Zeitpunkte, Örter, Menschen, Gegenstände, sind i.d. R. Nomina
(Lincoln, Krieg, Sklaven)
Prädikate drücken also best. Relationen zwischen Gegebenheiten aus, auf die die Nomina
verweisen.
Kintsch stellt jede Proposition durch eine in Klammern gesetzte Liste dar, bestehend aus einem
Prädikat mit den dazugehörigen Argumenten:
A´(Präsident von, Lincoln, Vereinigte Staaten, Krieg)
B´(bitter, Krieg)
C´(befreien, Lincoln, Sklaven)
Experiment von Bransford und Franks(1971): Den VPn wurden zwei Gruppen von verschiedene
Sätze vorgelegt, denen innerhalb einer Gruppe die gleichen Propositionen zugrunde lagen, aber
in verschiedenen Kombinationen. Nachher wurde die Wiedererkennungsleistung getestet, an
Sätzen die die Propositionen innerhalb einer Gruppe verschieden kombiniert hatten und an
Sätzen, in denen die Propositionen zwischen den Gruppen gemischt waren.
Ergebnis: Wenn die Propositionen innerhalb einer Gruppe Sätzen verschieden kombiniert waren,
konnte Sätze nicht unterschieden werden, wohl aber, wenn Propositionen aus der anderen
Gruppe eingebaut waren.
Interpretation: Menschen können sich gut erinnern, was für Propositionen sie gesehen haben,
aber nicht, in welcher Kombination die Propositionen vorliegen.
(für Genaueres s.S. 149)
Fazit: Propositionale Analysen stellen das Erinnerungsvermögen für komplexe Sätze
anhand einfacher, abstrakter propositionaler Einheiten dar.
Propositionale Netzwerke
Eine Form der Darstellung eines propositionalen Netzwerkes ist, jede Proposition durch eine
Ellipse darzustellen, die durch beschriftete Pfeile mit ihrem Prädikat und ihren Argumenten
verbunden ist. Propositionen, Prädikate und Argumente nennt man die Knoten des Netzwerkes,
die Pfeile heißen Verbindungen.Die Beschriftung der Pfeile beschreibt die Funktion des Prädikats
bzw. der Argumente( z.B. Lincoln->Agent).
Die einzelnen Propositionen eines Satzes lassen sich zusammenhängend und überlappend
darstellen, da die einzelnen Netzwerke (Propositionen) in Wirklichkeit zusammenhängende Teile
eines größeren Netzwerks sind.
Dabei ist die räumliche Anordnung der Elemente des Netzwerkes für seine Interpretation völlig
irrelevant, es kommt lediglich darauf an, welche Elemente mit welchen verknüpft sind.
(s. unbedingt S. 150 Abb.5.5)
Die propositionale Struktur eines Satzes ist also auf zwei Arten darstellbar:
In linearer Form, wie in A´,B´,C´ oder in einem Netzwerk, wie im vorherigen Abschnitt
beschrieben. Vorteil der linearen Darstellung ist die höhere Übersichtlichkeit und Kompaktheit,
die Netzwerk-Darstellung hat den Vorteil, Verbindungen zwischen den propositionalen
Elementen zu verdeutlichen.
Propositionen eines Satzes können in hierarchische Beziehung treten, in denen eine Proposition
als eine Einheit innerhalb einer anderen Proposition auftrit.
Beispielsweise tritt in dem Satz „John kaufte Süßigkeiten, weil er hungrig war“ eine übergreifende
Proposition („weil“) auf, die aussagt, dass die erste Proposition (kaufte, John, Süßigkeiten) durch
die zweite (hungrig, er) verursacht wird.(s.S. 151 Abb5.6)
Experimente sprechen dafür, dass es sinnvoll ist, sich die Knoten in propositionalen Netzwerken
als mentale Vorstellungen und die Verbindungen zwischen den Knoten als Assoziationen
zwischen den Vorstellungen zu denken:
Experiment von Weisberg(1989): Versuchspersonen sollten sich einen Satz einprägen und darauf
hin in einer freien Assoziationsaufgabe auf ein gegebenes Wort aus dem Satz möglichst schnell
ein assoziiertes Wort aus dem Satz nennen.
Ergebnisse: Es wurden fast immer Wörter genannt, die zwar im Satz weiter voneinander entfernt
stehen, aber in einer propositionalen Darstellung des Satzes nahe, d.h. über wenige
Verbindungen, zusammen stehen.(s.S. 151 Abb5.6)
Interpretation: Befund für die vorher genannten Hypothese
Fazit: Propositionale Information kann man in Netzwerken darstellen, die die
Beziehungen zwischen Konzepten aufzeigen.
Konzeptuelles Wissen
Die Bildung von propositionalen Repräsentationen ist ein Prozess der Abstraktion: Löschung
vieler wahrnehmungsbezogener Details und Speicherung der wichtigen Beziehungen zwischen
den Inhaltselementen
Eine weitere Möglichkeit zur Abstraktion ist, von spezifischen Erfahrungen abzusehen und statt
dessen Merkmale und Kennzeichen der jeweiligen Erfahrungsklasse allgemein zu kategorisieren,
d.h. konzeptuelles Wissens in Form von Kategorien zu schaffen. Diese Kategorien können genutzt
werden, um spezifische Erfahrungen zu repräsentieren. (z.B. statt vierbeinigen pelzigen Objekt,
kann man einfach „Hund“ repräsentieren)
Dadurch können Vorhersagen über Dinge gemacht werden, da ja spezifische andere Dinge mit
einer Kategorie assoziiert sind( Der Hund könnte bellen).
Außerdem ermöglichen Kategorien große Einsparungen bei der Repräsentation und
Kommunikation.
Die Forschung über Kategorisierung untersucht, wie Kategorien gebildet, zur Interpretation von
Erfahrung genutzt werden und wie das kategoriale Wissen in Notationssystemen darzustellen ist:
Semantische Netzwerke
In semantischen Netzwerken sind Hierarchien kategorialer Tatsachen über isa-Verbindungen
skizziert. Isa-Verbindungen sind der Ausdruck der Oberbegriff-Unterbegriff-Relation. Mit den
einzelnen Kategorien sind die jeweils zutreffenden Eigenschaften verbunden; Eigenschaften für
höhere Hierarchieebenen gelten auch für darunter liegende Ebenen(werden „vererbt“). Die isaVerbindungen bauen eine Generalisierugshierarchie auf, d.h. die Konzepte werden von oben nach
unten immer allgemeiner.
Es kann Ausnahmen geben: z.B. Ist der Strauß ein Vogel, obwohl er nicht fliegen kann.(s.S.154)
Experiment von Collins& Quillian (1969) : Den VPs wurden verschiedene Sätze vorgelegt, in
denen einer Kategorie naheliegende Eigenschaften genannt wurden (Kanarienvögel sind gelb)
oder die zur Kategorie genannten Eigenschaften waren Eigenschaften auf höheren
Hierarchieebenen (Kanarienvögel haben Federn; Kanarienvögel haben Haut)Die VPs sollten
möglichst schnell beurteilen, ob die Sätze richtig oder falsch sind.
Ergebnis: Umso weiter die genannte Eigenschaft „vererbt“ wurde (z.B. ist „Haut“ eine
Eigenschaft der Kategorie „Tier“), umso länger dauerte die Beurteilung der Sätze.
Interpretation: Die VPs müssen bei weiter „vererbten“ Eigenschaften ihr semantisches Netz
„entlangfahren“, was mehr Zeit zur Beurteilung beansprucht.
Allerdings erwies sich in späteren Experimenten, dass die Häufigkeit, mit der man Erfahrung mit
bestimmten Sachverhalten macht, ein starker Einflussfaktor ist.(„Äpfel sind essbar“ wird
schneller abgerufen als „ Äpfel haben schwarze Kerne“, obwohl „essbar“ bei höherem Konzept
gespeichert ist)
Schlussfolgerungen aus Forschungsarbeiten:
1. Wenn man Information über ein Konzept häufig begegnet, wird diese zusammen mit
dem Konzept gespeichert, auch wenn sie aus einem höheren Konzept abgeleitet sein
könnte.
2. Je häufiger man einer Tatsache über ein Konzept begegnet, desto stärker wird sie mit
dem Konzept assoziiert. Und je stärker Fakten mit Konzepten assoziiert sind, desto
schneller werden entsprechende Aussagen verifiziert.
3. Es dauert relativ lange, Aussagen über Tatsachen zu verifizieren, die nicht direkt bei
einem Konzept gespeichert sind, sondern die zuerst abgeleitet werden müssen.
Fazit: Faktoren bei Abrufzeit: Verbindungsstärke (erfahrungsabhängig) und Abstand
zwischen Tatsache und Konzept im semantischen Netz.
Wenn ein Merkmal nicht direkt bei einem Konzept gespeichert ist, kann man es von
einem übergeordneten Konzept abrufen.
Schemata
Das Wichtige an einem Kategorienbegriff besteht darin, dass er vorhersagbare Infos über
einzelne Exemplare der Kategorie speichert.
Semantische Netzwerke, die lediglich Eigenschaften von Konzepten speichern, können nicht die
Komplexität unseres Wissens erfassen, z.B. alle Möglichkeiten wie ein „Haus“ aussehen kann.
In Schemata ist kategoriales Wissen in Form einer Struktur von Leerstellen repräsentiert; solche
Leerstellen nenn man Slots(Attribute). In die Slots werden die Ausprägungen, die die einzelnen
Exemplare einer Kategorie auf verschiedenen Attributen besitzt, eingesetzt.
Z.B. „Haus“ in einer (unvollständigen) Schemarepräsentation
Obergebegriff: Gebäude
Teile: Zimmer
Material: Holz, Stein
....
Oberbegriff, Teile usw. sind die Slots oder Attribute, deren Ausprägung Gebäude und Zimmer
sind. Jede Kombination aus einem Slot und seinen Ausprägungen spezifiziert ein typisches
Merkmal. Die genannten Ausprägungen der Slots nennt man Default-Werte. Ist z.B. ein Haus aus
Glas, überschreiben wir einfach den Default-Wert.
Schemata erlauben die Enkodierung kategorialer Regelhaftigkeiten, egal ob sie propositional
(Menschen wohnen in Häusern) oder wahrnehmungsbezogen sind(Häuser sind groß).
Schemata sind dahingehend abstrakt, dass sie das für eine Kategorie im allgemeinen Zutreffende
enkodieren und nicht das, was für ein bestimmtes Exemplar einer Kategorie gilt (wie bei
Propositionen).
Ein besonderer Slot ist der Oberbegriff-Slot in jedem Schema. Er entspricht der isa-Verbindung im
semantischen Netzwerk und gibt die übergeordnete Kategorie der Objektklasse an. Solange keine
widersprüchliche Info vorliegt, erbt ein Konzept die Merkmale seine Oberbegriffs.
Bei Schemata gibt es neben der Generalisierungshierarchie noch eine zweite Art von Hierarchie, die
sich auf die Teil-Ganzes (Teil-Ganzes-Hierarchie) Relation bezieht. Z.B. weisen die Teile von
Häusern, also z.B. Wände, eigene Schemadefinitionen auf: Wände haben möglicherweise Fenster,
also haben möglicherweise Häuser Fenster.
Schemata sind also Abstraktionen spezifischer Exemplare, die zu Schlussfolgerungen über
Exemplare der in den Schemata gespeicherten Konzepte genutzt werden können.
Man muss außerdem die wechselseitigen Einschränkungen für die Ausprägungen der einzelnen
Attribute kennen, z.B. kann ein unterirdisches Haus kaum Fenster haben und Ausnahmen
müssen beachten werden(wie ist unklar im Anderson)
Fazit: Schemata repräsentieren Konzepte in Form von Oberbegriffen, Teilen und
anderen Zuweisungen von Ausprägungen zu Attributen(Slots).
Die psychische Realität von Schemata
Da in Schemata
die Attribute Default-Werte annehmen, gibt es einen nützlichen
Schlussfolgemechanismus: Wenn erkannt wird, dass ein Objekt einer Objektklasse angehört,
kann man folgern - solange kein Widerspruch besteht- , dass das Objekt die Default-Werte des
Schemas des entsprechenden Objektklassekonzepts besitzt.
Experiment von Brewer und Treyens (1981): Die VPn wurden in das Büro des Versuchsleiters
geführt, wo sie unter Vorwand 35s warten sollten. Anschließend wurden sie zur Ausstattung des
Büro-Raumes befragt.
Ergebnis: Die meisten erinnerten sich richtiger Weise, dass ein Stuhl vorhanden war, sehr viel
weniger Erinnerten sich an Schädel und Notizbrett. Einige gaben auch an, sich an Bücher zu
erinnern, obwohl es keine Bücher gab.
Interpretation: Die Versuchspersonen wurden durch ihr Schema zur Büroausstattung beeinflusst,
so gar so stark, dass sie nicht vorhandene Gegenstände zu erinnern glaubten.
Erinnerung an die Beschaffenheit eines Ortes wird also stark von Default-Annahmen beeinflusst
Fazit: Menschen gehen davon aus, dass ein Objekt die Default-Werte seiner ObjektKlasse besitzt, solange sie nicht explizit etwas anderes feststellen
Unterschiedliche Grade der Klassenzugehörigkeit
Objekte, die zu einem Schema passen, können gewisse Unterschiede aufweisen, da es zwar
bestimmte typische Ausprägungen einzelner Slots gibt, aber insgesamt wenig Ausschlusskriterien.
Es sollte sich ein Übergang von weniger typischen zu sehr typischen Mitgliedern einer Kategorie
feststellen lassen, je besser die Merkmale den im Schema vorgegeben Restriktionen entsprechen.
Experiment von Rosch(1973): Vpn sollten Typikalität von verschiedenen Mitgliedern einer
Kategorie auf einer Skala (1=sehr typisch bis 7=typisch) schätzen.
Ergebnis: Bestimmte Mitglieder wurden durchgängig typischer Eingeschätzt( z. B. Mord=1,0 zu
Landstreicherei= 5,3 bei Verbrechen)
Interpretation: Befund für s.o.
Experiment von Rosch(1975): Diesmal sollten nicht Wörter, sondern Bilder beurteilt werden, im
Hinblick darauf, ob sie zu einer bestimmten Kategorie gehörten.
Ergebnis: Manch Mitglieder werden schneller eingeordnet als andere, z.B. Aäpfel wird schneller
als Obst erkann als Wassermelonen
Interpretation: Typische Mitglieder einer Kategorie sind bei der Wahrnehmungserkennung im
Vorteil
Experiment von Rosch(1977): Die Vpn sollten mit vorgegeben Kategoriebezeichnungen Sätze
bilden. Dann wurden die Kategoriebezeichnungen durch ein typisches(zentrales) Mitglied, eines
mittlerer Typikalität und ein untypisches(peripheres) Mitglied ersetzt. Anschließend sollten die
VPs schätzen, wie sinnvoll die entstandenen Sätze waren
Ergebnis: Sätze mit zentralen Mitgliedern wurden als sinnvoller als Sätze mit peripheren
Mitgliedern eingeschätzt.
Interpretation: Wenn Menschen sich Kategoriemitglieder vorstellen, denken sie bevorzugt an
typische Exemplare der Kategorie
Experiment von McCloskey und Glucksberg(1978): Untersuch wurde, ob welche Exemplare am
Rande einer Kategorie noch dazugehören und welche nicht. Dazu wurden VPs eindeutig
zugehörige(Apfel-Obst), unzugehörige(Huhn-Obst) und kritischere Exemplare dargeboten
(Kürbis-Obst?). Einen Monat später wurden die gleichen VPs noch einmal um Einschätzung der
Exemplare gebeten.
Ergebnis: Bei kritischeren Exemplaren war die Übereinstimmung zwischen den VPs sehr gering,
bei eindeutig dazu- bzw. nicht dazugehörigen Exemplaren sehr groß. Nach einem Monat hattem
viele VPn ihre eigene Meinung geändert und Kategorisierten anders.
Interpretation: Es gibt keine konsistente Übereinstimmung über Kategoriezugehörigkeit
zwischen Menschen,v. a. bei peripheren Exemplaren und offensichtlich sind die Einschatzungen
nicht einmal intraindividuell Stabil.
Experiment von Labov(1973): Den VPn wurden verschiedene Gefäße(mit Henkel) gezeigt, die
sich im Verhältnis von Durchmesser zu Höhe unterschieden. In einer zweiten Bedingung sollten
sich die Probanden das Gefäß mit Kartoffelbrei gefüllt vorstellen. Die VPs sollten das Gefäß
benennen
Ergebnis: Umso größer der Durchmesser des Gefäßes im Verhältnis zur Höhe war, umso
seltener wurde es als „Tasse“ bezeichnet. Erst bei sehr großem relativen Durchmesser wurde es
als „Schüssel“ erkannt. In der Essenskontext-Bedingung wurde das Gefäß grundsätzlich und bei
steigendem relativen Durchmesser seltener als „Tasse“ bezeichnet, während es gleichzeitig mit
steigendem Durchmesser öfter als „Schüssel“ bezeichnet wurde.
Interpretation: Die Klassifikationsurteile andern sich nicht nur in Abhängigkeit von
Objekteigenschaften, sondern variieren auch mit dem Kontext.
(s.S.162)
Fazit: Verschiedene Objektexemplare werden in unterschiedlichem Ausmaß als
Mitglieder einer Objektklasse beurteilt, und typischere, zentrale Mitglieder zeigen
Vorteile bei ihrer kognitiven Verarbeitung
Ereigniskonzepte
Nicht nur Gegenstände haben eine konzeptuelle Struktur, auch Ereignisarten. Solche Kategorien
können mit Hilfe von Schemata dargestellt werden. Wissen über stereotype Ereignisse können an
Hand ihrer einzelnen Bestandteile enkodiert werden. Jedes der Teilereignisse kann wiederum in
seine Teile zerlegt werden. Wie bei Objekt-Schemata gibt es Teil-Ganzes-Hierarchien und
Generalisierungshierarchien, die Slots enthalten auch typische Personen( z.B. Kellner im
Restaurant-Schema) und Gegenstände und es gibt ebenfalls typische Ausprägungen oder
Beschränkungen(z.B. verlässt man das Restaurant mit dem selben Gefährt, mit dem man
gekommen ist) der Slots.
Schank und Abelson (1977) entwickelten eine Variante von Ereignisschemata, genannt Skripts, in
denen hervorgehoben wird, dass oft stereotype Handlungssequenzen auftreten.
Experiment von Bower, Black, Turner (1979): Die VPn sollten aus ihrer Sicht die wichtigsten
Teilereignisse einer Episode( z.B. Restaurantbesuch) aufzählen.
Ergebnis: Keine Handlung wurde von allen VPn genannt, aber es gab beträchtliche
Übereinstimmungen. Z. B. stimmten 73% darin überein, dass Platz nehmen, Speisekarte lesen,
bestellen, essen, bezahlen, gehen zur Restaurant-Episode gehoren.
Interpretation: Befund für die psychische Realität von Skripts
Experiment von Bower, Black, Turner: Die VPn sollten Geschichten lesen, in denen einige, nicht
alle, typischen Teilereignisse eines Skripts vorkamen. In einer Bedingung sollte die Geschichte
wiedergegeben werden, in einer anderen sollte entschieden werden, ob Aussagen zu der
Geschichte gehörten.
Ergebnis: Beim Nacherzählen werden oft Sachverhalte berichtet, die zum jew. Skript gehören,
aber in der Geschichte nicht vorkamen. Ähnlich meinten die VPn in der WiedererkennungsBedingung, einen Teil des Skripts gelesen zu haben, obwohl dem nicht so war.
Trotz der Gedächtnisverzerrungen zugunsten des Schemas neigten die VPn dazu, tatsächliche
Teile der Geschichte wiederzugeben, viel geringer waren Wiedererkennungen hinzuerfundener
Bestandteile.
Interpretation: Handlungsskripts haben Effekte auf die Erinnerung an Ereignisabläufe, es wird
skriptkonform besser erinnert (und sogar ergänzt).
Experiment von s.o.: VPn bekamen Geschichten mit prototypischen Handlungen im Rahmen
einer Episode vorgelesen, dabei waren die Handlungen teilweise in falscher Reihenfolge.
Ergebnis: Bei Wiedergabe der Geschichte wurde stark die Teilereignisse in die übliche
Reihenfolge gebracht.
Interpretation: Zeigt die starken Effekte von Schemata auf die Erinnerung von
Ereignissen/Handlungen
Insgesamt scheint es so, dass neue Ereignisse unter Berücksichtigung allgemeiner Schemata
enkodiert werden und dass die spätere Wiedergabe unter dem Einfluss der Schemata steht.
Scripts oder Schemata existieren, will sie die bevorzugte Abfolge von Teilereignissen in best.
Situationen enkodieren. Sie sind also nützliche Grundlage für Auffüllung fehlender
Informationen und Berichtigung falscher Infos.
Fazit: Skripts sind Ereignisschemata, die beim logischen Nachdenken über
prototypische Ereignisse zum Einsatz kommen
Abstraktionstheorien vs. Exemplartheorien
Beide Theorien zum konzeptuellen Wissen haben Nachteile: semantische Netzwerke werden dem
graduellen Charakter kategorialen Wissens nicht gerecht( ein Haus kann unendlich verschieden
aussehen, dass ist glaube ich gemeint), bei Schemata ist unklar, wie sie genau in Beziehung zum
Verhalten gesetzt werden können. Es gibt zwei Alternativtheorien:
Die Abstraktionstheorie (dazu gehören Schemata) geht davon aus, dass wir aus Exemplaren, mit
denen wir zu tun hatten, allgemeine Merkmale und Eigenschaften abstrahieren.
Die gegensätzliche Exemplartheorie geht davon aus, dass wir im wesentlichen bestimmte
Exemplare speichern und dass sich die allgemeinen Schlussfolgerungen aus diesen Exemplaren
ergeben. Wenn beurteilt wird, wie typisch ein bestimmtes Objekt für eine Kategorie ist,
vergleichen wir das Objekt mit konkret spezifizierten Objekten der Kategorie und kommen zu
einer Einschätzung der mittleren Unterschiede.
Zu letzterer gehört die Prototypentheorie (nach Reed,1972), die besagt, dass man einen einzigen
Prototypen davon speichert, wie Exemplare der jeweiligen Kategorie beschaffen sind und
einzelne Exemplare anhand der Ähnlichkeit zum Prototyp beurteilt. In ähnlichen Modellen
speichert man eine Repräsentation, die eine Art Vorstellung von der zulässigen Variation um den
Prototyp herum enkodiert(u.a. Anderson 1991)
Obwohl beide Theorien ganz verschiedene Annahmen über kognitive Funktionen haben,
kommen beide für viele Experimente zu ähnlichen Vorhersagen(z.B. erwarten beide bessere
Verarbeitung zentraler Mitglieder einer Kategorie: einmal weil diese Exemplare der abstrakten
Repräsentation ähnlicher sind, einmal weil diese Exemplare eine größere durchschnittliche
Ähnlichkeit mit den anderen Exemplaren der Kategorie aufweisen.
Es gibt aber feiner Unterschiede zwischen den Theorien. Exemplartheorien sagen Effekte
spezifischer Exemplare voraus (Befund Medin& Schaffer 1978): ein ungewöhnlich aussehender
nicht bellender Hund würde zur Erwartung führen, dass ein ähnlich aussehender Hund ebenfalls
nicht bellt.
Des weiteren neigt man dazu, auf sachverhalte zu schließen, die nicht in den einzelnen
Exemplaren gegeben sind (Elio&Anderson 1981): wenn man vielen bellenden Hunden begegnet
ist und Hunden, die einem Briefträger nachjagen, könnte ein Briefträger-jagender bellender Hund
als besonders typisch angesehen werden, obwohl man keinen Hund beobachtet hat, der beides
tut.
Fazit: Die Effekte im Zusammenhang mit Strukturen von Kategorien lassen sich sowohl
durch die Annahme erklären, dass wir die zentrale Tendenz von Kategorien extrahieren,
als auch durch die Annahme, dass wir best. Exemplare der Kategorie speichern
Erlernen von Schemata in neuronalen Netzen
Experiment von Gluck und Brower(1988): VPn sollten fiktiven Patienten, die an vier
verschiedenen Symptomen litten, eine von zwei (eine häufige, eine seltene) möglichen
Krankheiten zuschrieben.
Gluck und Brower nutzten ein neuronales Netzwerkmodell, um die Entscheidungen der VPn
vorherzusagen. Dabei bilden die Symptome vier Eingänge, die synaptisch mit den zwei
Ausgabeneuronen, die die beiden Krankheiten abbilden, verschaltet sind. Aktivation von den
Eingabeneuronen (Symptome) soll nur zu den Ausgabeneuronen wandern, das mit der Krankheit
übereinstimmt, d.h. die Verbindungsstärken zwischen den Neurone müssen entsprechend
geändert, also gelernt werden.
Gluck und Brower setzten die verbreitete Delta-Regel ( für genaue Formel s.S 167.) ein. Diese
Regel dient der Fehlerkorrektur: die Assoziationsstärken zwischen den Neuronen soll so
verändert werden, das die Differenz zwischen der Ist-Aktivation und der Soll-Aktivation der
Ausgabeneurone minimiert wird.
Die gelernten Assoziationsstärken des Netzwerkmodells wurden dann mit Schätzwerten der VPn
verglichen, die schätzen sollten, wie hoch der Beitrag eines Symptoms zu einer Krankheit sein
könnte. Vorher hatten die VPn an Hunderten von fiktiven Patienten die Symptomkombinationen
und daraus resultierende Krankheiten kennen gelernt.
Ergebnis:Die Vorhersagen des Modells deckten sich sehr gut mit den Klassifikationsverhalten der
VPn.
Interpretation: Das Netzwerk-Modell illustriert einen Mechanismus, der die schematische
Abstraktion zeigt. Die Schemarepräsentation ist v.a. in den synaptischen Gewichten lokalisiert, d
h. die synaptische Verbindungsstärke ist ein Maß dafür, wie typisch ein Symptom für eine
Krankheit ist.
Fazit: Mit Hilfe der Delta-Regel können synaptische Assoziationsstärken gelernt werden
die die Merkmalsstruktur einer Kategorie enkodieren
Kategorien und das Gehirn
Warrington & Shallice (1984) und Saffran & Schwartz (1994) entdeckten, dass es scheinbar eine
neuronale Basis bestimmter Objektkategorien gibt: Patienten mit geschädigten Temporallappen
zeigten v. a. Defizite in ihrem Wissen über biologische Kategorien wie Tiere, Früchte oder
Gemüse, nicht aber bei künstlichen Kategorien (z.B. Möbel).
Diese Patienten zeigen Schwierigkeiten beim Benennen von entsprechenden Objekten.
Umgekehrt haben Patienten mit frontoparietalen Läsionen Probleme beim verarbeiten
künstlicher, nicht aber biologischer Kategorien.
Ersterer Fall tritt allerdings häufiger auf, da nach Warrington & Shallice (1991) biologische
Kategorien eher mit Wahrnehmungskategorien assoziiert werden, während künstliche Kategorien
eher mit Handlungen, die mit diesen Objekten vollzogen werden, assoziiert werden.
Bei diesen Patienten scheint der Verlust an kategorialer Info in Beziehung zum Verlust von
Info über (äußerliche) Merkmale zu stehen, die diese Kategorie definieren.
Fazit: Wissensdefizite in Bezug auf unterschiedliche Kategorien werden durch
Schädigung unterschiedlicher Gehirnregionen hervorgerufen
Schlussfolgerungen zur bedeutungsbezogenen Wissensrepräsentation:
1. Propositionen stellen die atomaren Bedeutungseinheiten dar, mit denen man die
Bedeutung von Sätzen und Bildern enkodieren kann und die man in Netzwerken
darstellen kann
2. Bestimmte Mengen von Sachverhalte hängen in größeren kategorialen Einheiten
zusammen und lassen sich als semantische Netzwerke, Schemata und Skripts
darstellen
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