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IP/03/1479
Brüssel, den 29. Oktober 2003
Teilnahme Gibraltars an den Europa-Wahlen
In einer heute angenommenen Erklärung zur Beschwerde Spaniens gegen
das Vereinigte Königreich wegen einer angeblichen Verletzung des
Gemeinschaftsrechts bei den Wahlen zum EP in Gibraltar heißt es: "Die
Kommission stellt nach eingehender Prüfung der spanischen Beschwerde
und nach der Anhörung vom 1. Oktober fest, dass die vom Vereinigten
Königreich vorgenommene Ausdehnung des Wahlrechts auf Personen mit
Wohnsitz in Gibraltar im Rahmen des Ermessensspielraums bleibt, der den
Mitgliedstaaten vom EU-Recht zugestanden wird. In Anbetracht der zugrunde
liegenden heiklen bilateralen Angelegenheit lehnt es die Kommission
allerdings derzeit ab, eine mit Gründen versehene Stellungnahme nach
Artikel 227 EG-Vertrag anzunehmen; sie fordert die Beteiligten auf, sich
gütlich zu einigen."
"Die von Spanien angegriffene Regelung", so heißt es weiter in der Erklärung,
"wurde vom VK im Anschluss an das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für
Menschenrechte in der Sache Matthews angenommen. Spanien bestreitet nicht,
dass das Vereinigte Königreich verpflichtet ist, Personen mit Wohnsitz in Gibraltar,
die einen britischen Pass besitzen, das Recht einzuräumen, an der Wahl zum
Europäischen Parlament teilzunehmen. Ebenso wenig wendet sich Spanien gegen
die derzeitige Praxis der britischen Behörden, bestimmten Commonwealth-Bürgern
mit Wohnsitz im Vereinigten Königreich das EP-Wahlrecht zuzugestehen."
Hintergrund
Nach den Wahlgesetzen des Vereinigten Königreichs sind alle "Bürger des
Commonwealth" wahlberechtigt, und zwar auch dann, wenn sie nicht die
britische Staatsangehörigkeit besitzen. Folglich können in Gibraltar lebende
"Bürger des Commonwealth", die nicht EU-Angehörige sind, an der Wahl
zum Europaparlament teilnehmen.
Spanien hat am 27. Juli 2003 Beschwerde gegen das Vereinigte Königreich erhoben
mit dem Argument, der britische European Parliament Representation Act 2003
(EPRA 2003) verstoße gegen das Gemeinschaftsrecht.
Nach Auffassung Spaniens verstößt die britische Regelung gegen

die Artikel 17, 19, 189 und 190 EG-Vertrag, in denen die Unionsbürgerschaft
und die Vertretung der Unionsbürger im Europäischen Parlament geregelt ist,
da das aktive Wahlrecht auch Personen gewährt wird, die keine britischen
Staatsangehörigen und damit keine EU-Bürger sind. Wahlberechtigt sind nach
dem EPRA 2003 "qualified Commonwealth citizens", zu denen auch
Drittstaatsangehörige ohne britische Staatsangehörigkeit zählen;

und Anhang II des Akts von 1976 zur Einführung allgemeiner unmittelbarer
Wahlen der Abgeordneten der Versammlung, da das Vereinigte Königreich
Gibraltar in einen bestehenden Wahlbezirk in England und Wales
aufgenommen und so einen kombinierten Wahlbezirk ("combined electoral
region") geschaffen hat.
Das britische Gesetz, das Gegenstand der Beschwerde Spaniens ist, wurde im
Anschluss an das Urteil in der Rechtssache "Matthews gegen Vereinigtes
Königreich" vom 18. Februar 1999 angenommen, in der das VK unterlag, weil in
Gibraltar niemals Wahlen zum Europäischen Parlament abgehalten worden waren.
Im Mai 2003 erließ das Vereinigte Königreich den EPRA, um den Einwohnern
Gibraltars die Teilnahme an diesen Wahlen zu ermöglichen.
Einheitliches Verfahren
Nach dem EG-Vertrag ist die Europäische Gemeinschaft zur Einführung eines
einheitlichen Verfahrens für die Wahlen zum Europäischen Parlament berechtigt.
Dieses einheitliche Verfahren kann Vorschriften zur Bestimmung der
wahlberechtigten Personen einschließen. Das aktive Wahlrecht wird im Akt von 1976
jedoch nicht geregelt. Es gilt daher einzelstaatliches Recht.
Bei den Wahlen zum Europäischen Parlament unterliegt das aktive Wahlrecht zwar
den allgemeinen Grundsätzen, wonach die Wahlen unmittelbar, allgemein, frei und
geheim sein müssen, doch gibt es keinen allgemeinen Grundsatz des
Gemeinschaftsrechts, der besagt, dass die Berechtigung zur Teilnahme an den
Europa-Wahlen nicht auch Nicht-EU-Bürger einschließen könnte.
Wahlbezirke
Der Akt von 1976 enthält keine Vorschriften für die Festlegung von Wahlbezirken, so
dass es den Mitgliedstaaten überlassen bleibt, eine entsprechende Regelung
einzuführen.
Anhang II des Akts von 1976 ist vor dem Hintergrund der Europäischen
Menschenrechtskonvention auszulegen. Die Wahrung der Grundrechte impliziert die
Garantie freier Wahlen zur Bildung der gesetzgebenden Körperschaft. Die
betreffende Regelung bietet hinreichenden Raum, um die Wähler Gibraltars für die
Wahlen zum Europäischen Parlament nach dem einzelstaatlichen Wahlrecht des
Vereinigten Königreichs in die britische Wählerschaft einzugliedern.
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