Konzept Bewegungstherapie Abteilung 1 „Allgemeine Psychiatrie“ Abteilung 1 „Allgemeine Psychiatrie“: Die Abteilung 1 „Allgemeine Psychiatrie“ im Zentrum für Psychiatrie Münsterklinik Zwiefalten besteht aus drei Stationen. Station 3010 „Soteria“, in der Menschen mit akuten Psychosen in einem möglichst normalen Rahmen behandelt werden. Hier gibt es keine Bewegungstherapie. Station 3011 ist spezialisiert auf die Behandlung chronisch psychisch kranker Menschen mit dem Ziel der Reintegration. Station 3012, Akut- bzw. Aufnahmestation Krankheitsbilder: Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis, Affektive Störungen (Manien, bipolare Störungen, Depressionen im Akutstadium), Angst- und Zwangsstörungen, Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen. Station 3011 Chronisch psychisch kranke Menschen (hauptsächl. aus schizophrenem Formenkreis) Station 3012 akut psychotisch dekompensierte Menschen, akut suizidale Menschen, Menschen mit akuten Erregungszuständen, manisch getriebene Menschen Symptome: Kognitive Störungen (Beeinträchtigung von Denken, Aufmerksamkeit, Konzentration, Gedächtnis, Auffassung, Orientierung), Wahn, Ängste, Zwänge, Ich-Störungen, Affektstörungen (von Depression / Stimmungs- und Gefühllosigkeit bis hin zu Manien unkontrollierte euphorische Stimmung, dazu extreme Stimmungsschwankungen), Antriebsstörungen (von Antriebslosigkeit und sozialem Rückzug bis hin zu motorischer Unruhe, übermäßigem Rededrang, Umtriebigkeit) Bewegungstherapie: Die Bewegungstherapie ist ein Baustein des multimodalen Behandlungskonzepts. In der Bewegungstherapie wird das Medium Bewegung / Sport als Ansatz benutzt, um einen Zugang zum Patienten herzustellen (Beziehungsaufbau). Dem Patienten wird die Möglichkeit gegeben, seinen Körper als Kanal der Wahrnehmung und des Ausdrucks neu zu entdecken und wertzuschätzen. Über vielfältige Leib- und Bewegungserfahrungen vor allem spielerischer Art soll dem kranken Menschen eine Hilfestellung zum Umgang mit der Krankheit bzw. wenn möglich zur Bewältigung der Krankheit (bzw. der akuten Symptomatik) gegeben werden. In der Bewegungstherapie werden die funktionale, die pädagogische und die psychosoziale 1 Ebene angesprochen. Über das Erleben von Körper / Leib / Bewegung in der Auseinandersetzung mit Materialien, anderen Menschen und der Umwelt eröffnet sich erstens die Möglichkeit des bewussten Erlebens eigener Wirkkraft (Selbstwirksamkeit) und zweitens reflexiv wird die Selbstwahrnehmung angesprochen, die wiederum Einfluss auf die Ich-Identität ausübt. (Die Ich-Identität ist die Gewissheit der eigenen, personellen, physiognomischen (= äußeres Erscheinungsbild wie Gesichtszüge, Statur…), sexuellen, biographischen Identität.) Die Ich-Identität ist nach Scharfetter eine der fünf basalen Ich-Dimensionen. (Neben der Ich-Identität gehören dazu Ich-Vitalität (= Gewissheit der eigenen Lebendigkeit), Ich-Aktivität (= Gewissheit der Eigenbestimmung des Erlebens, Denkens, Handelns), Ich-Konsistenz (= Gewissheit der Ganzheit des Körpers) und Ich-Demarkation (Begrenzung des Eigenbereiches).) Diese Ich- Dimensionen können insbesondere bei schizophrenen Menschen gestört sein. Da in der Bewegungstherapie die Körperlichkeit des Menschen im Mittelpunkt steht, im Sinne von Körper als Kanal der Wahrnehmung und des Ausdrucks, stellt sie im Hinblick auf die Arbeit mit den Ich-Dimensionen das Mittel der ersten Wahl dar. Vorgehensweise in der Bewegungstherapie: Der Einsatz der Bewegungstherapie erfolgt… Adressatenorientiert Patient da abholen, wo er steht - Patienten werden auf Station abgeholt, um Motivation zu erhöhen; Möglichkeit sich aus dem Geschehen rauszuziehen, beobachtende Position einzunehmen; körperlich gering Belastbare Bewegung im Sitzen; misstrauische Menschen Angebot, sich als ersten Schritt die Räumlichkeiten anzusehen etc. … Ressourcenorientiert Realisation: jeder kann etwas; bei jedem ist etwas da, das gefördert werden kann, aber auch: es bestehen unterschiedliche Niveaus bezüglich des Könnens …und je nach Schwerpunktsetzung Übungszentriert Wiederholung als Prozess des Lernens Erlebnisorientiert Bewegung als Erlebnis; Erleben von Körperlichkeit, Vitalität (lebendig sein), - körperliche Anstrengung führt zu Wärmegefühl, Schwitzen, Durst, - Veränderung der Hautfarbe, erschöpft sein; Berührung schafft Erfahrung von Haut als Körpergrenze, als Kontaktfläche zur Außenwelt… … anschließend erfolgt die Reflektion zur Bewusstmachung des Erlebten. Ziele der Bewegungstherapie auf Station 3011: Entlasten, Begleiten, Stützen, Stabilisieren, Wiederentdecken, Neu Entdecken Reduzierung der Minussymptomatik (Aktivierung, Antriebssteigerung, Entwicklung von Eigeninitiative) Stabilisierung der Ich-Funktion durch Übungen zur realitätsbezogenen Körperund Selbstwahrnehmung Aktivierung (innerhalb des Kontinuums Entspannung – Anspannung Spannungsregulation) Stimmungsregulation durch körperliche Betätigung 2 Verbesserung sozialer Kommunikations- und Interaktionsfertigkeiten, Entwicklung von Gruppenzugehörigkeitsgefühlen und Gruppenfähigkeit Entwicklung bzw. Verbesserung von Vitalität, Ausdrucksfähigkeit, Umgang mit Frust, Grenzen Stärkung des Selbstwertgefühls, Entwicklung von Selbstkontrolle, Selbständigkeit, Selbstverantwortlichkeit Verbesserung von Konzentrations- und Merkfähigkeit, Verbesserung der Wahrnehmungsfähigkeit, Schulung von Problemlöseverhalten, Wissen um und Förderung von Gesundheitsverhalten (z.B. Körperhygiene), Wissen um Zusammenhang Körper<->Psyche /Körper-Geist-Seele Vermittlung von Freude an Bewegung, Sport als sinnvolle Freizeitgestaltung Förderung der Handlungs- und Leistungsfähigkeit Reduzierung medikamentöser Nebenwirkungen Erhaltung und Verbesserung konditioneller und koordinativer Fähigkeiten Ziele der Bewegungstherapie auf Station 3012: Entlasten, Begleiten, Stützen, Stabilisieren, Wiederentdecken, Neu Entdecken Reduzierung der Minussymptomatik v.a. bei schizophrenen Menschen (Aktivierung, Antriebssteigerung, Entwicklung von Eigeninitiative) Aktivierung (innerhalb des Kontinuums Entspannung – Anspannung Spannungsregulation) Stimmungsregulation durch körperliche Betätigung Stärkung des Selbstwertgefühls, Entwicklung von Selbstkontrolle, Selbständigkeit, Selbstverantwortlichkeit Verbesserung von Konzentrations- und Merkfähigkeit, Verbesserung der Wahrnehmungsfähigkeit, Schulung von Problemlöseverhalten, Wissen um und Förderung von Gesundheitsverhalten (z.B. Körperhygiene), Wissen um Zusammenhang Körper<->Psyche /Körper-Geist-Seele Verbesserung sozialer Kommunikations- und Interaktionsfertigkeiten, Entwicklung von Gruppenzugehörigkeitsgefühlen und Gruppenfähigkeit Vermittlung von Freude an Bewegung, Sport als sinnvolle Freizeitgestaltung Reduzierung medikamentöser Nebenwirkungen Förderung der Handlungs- und Leistungsfähigkeit Erhaltung und Verbesserung konditioneller und koordinativer Fähigkeiten Entwicklung bzw. Verbesserung von Vitalität, Ausdrucksfähigkeit, Umgang mit Frust, Grenzen Umsetzung der einzelnen Ziele durch Aufgaben, Übungen, Spiele. Beispiel: Zum Thema „Stabilisieren“ eignen sich Körperstabilisationsübungen aus der funktionellen Gymnastik, Gleichgewichtsübungen (auf unterschiedlichen instabilen Untergründen bsp. Trampolin, Pedalo, Pezziball, Wackelbrett etc.). Beim Einsatz von Spielformen wird das Thema „Stabilisieren“ angesprochen durch die Bewusstmachung von (Spiel-)Regeln, die Berechenbarkeit und damit Stabilität schaffen. Insgesamt wird Stabilität gefördert u.a. durch Regelmäßigkeit, Wiederholung, Sicherheit, Stärkung des Selbstwerts, das Erleben von Aufmerksamkeit, Beachtung finden. Inhalte: Kleine Spiele (Fang-, Lauf-, Ballspiele) Sportspiele in modifizierter Form (Basketball, Volleyball, Hockey, Tennis, Tischtennis, Federball…) 3 Freizeitspiele (Boccia, Tschoukball, Korbball…) Ausdauersportarten (Spazierengehen, Walking, Wandern, Fahrradfahren / Fahrradergometer, Skilanglauf…) Gymnastik Koordinationstraining Körperwahrnehmung Entspannung Tanz Schwimmen / kleine Spiele, Entspannung im Wasser Outdoor-Aktivitäten (Spaziergang, Wassertreten, Wanderung, Walking, Fahrradfahren, kleine Spiele im Freien…) Tätigkeitsmerkmale: Spielen Gestalten Explorieren ( = Erschließen) Üben Leisten Wetteifern Erholen Methodik: Bewegungs- und Reflektionsphasen im Wechsel Bewegung initiieren durch das Stellen von Bewegungsaufgaben Vom Vormachen zum Nachmachen Vom Einfachen zum Schwierigen Vom Einzelnen zum Komplexen Vom Imitieren zum Explorieren (=Erforschen) Einzel-, Partner- und Gruppenaufgaben Projekt-, und Bühnenarbeit Verhalten des Therapeuten: Motivieren, Ermutigen, Struktur geben, Grenzen setzen, Vorbild sein, Moderieren, Zuhören, Beruhigen, Verstärken positiver Verhaltensweisen Umsetzung der therapeutischen Grundprinzipien: Echtheit, Akzeptanz / positive Wertschätzung, Empathie (=einfühlendes Verstehen) Organisationsform: Gruppe max. 8 TN Einzel Zeitdauer Gruppe 60 min. Einzel 30 min. 4 Therapieorte: Gymnastikraum, Ausdauertrainingsraum (Baracke) Sporthalle (Rentalhalle) Klinikpark, Sportplatz (hinter der Rentalhalle) Lehrschwimmbecken (Schule Heudorf) Spezifischer Wochenplan Station 3011: Es findet Gruppen- und Einzeltherapie statt. In der wöchentlichen Therapiebesprechung, an der Ärzte, Therapeuten, Sozialdienst und Pflegedienst teilnehmen, erfolgt sowohl die Einteilung der Patienten in die Bewegungstherapie als auch die Abklärung der Zielsetzung. Zudem werden Rückmeldungen zum therapeutischen Verlauf ausgetauscht. Es wird die Einteilung in Einzel- oder Gruppentherapie und die Anzahl der wöchentlichen Gruppentermine besprochen. Die Therapieplanung erfolgt unter ärztlicher Leitung und in Diskussion mit dem Gesamt-Team. Die Gruppentermine bestehen aus: 1 Termin Rentalhalle sportlich orientierte Inhalte 1 Termin niederschwelliges „Outdoor“-Angebot Spaziergang (mit Wassertreten), Fahrradfahren 1 Termin Tanzen Gruppen- und Kreistänze im Gymnastikraum 1 Termin Gymnastikraum schwerpunktmäßig körpertherapeutische Themen, kleine Spiele, Entspannung (den räumlichen Gegebenheiten angepasst) 1 Termin Schwimmen Bewegung im Wasser (Aquatherapie): Schwimmen, kleine Spiele, Entspannung (in Kooperation mit Station 3012) In der Einzeltherapie sind alle oben angeführten Inhalte möglich. Einzeltherapie richtet sich insbesondere an Patienten, die (noch) nicht gruppenfähig sind und / oder spezifisches Angebot benötigen. Die Patienten werden auf Station abgeholt und wenn nötig zurückgebracht. Spezifischer Wochenplan Station 3012: Es findet Gruppen- und Einzeltherapie statt. In der wöchentlichen Therapiebesprechung, an der Ärzte, Therapeuten, Sozialdienst und Pflegedienst teilnehmen, erfolgt sowohl die Einteilung der Patienten in die Bewegungstherapie als auch die Abklärung der Zielsetzung. Zudem werden Rückmeldungen zum therapeutischen Verlauf ausgetauscht. Es wird die Einteilung in Einzel- oder Gruppentherapie besprochen. Die Therapieplanung erfolgt unter ärztlicher Leitung und in Diskussion mit dem Gesamt-Team. Es gibt zwei Bewegungstherapie-Gruppen mit je einem Termin in der Rentalhalle und einem Termin im Gymnastikraum. Die Einteilung zum Schwimmen erfolgt separat. In der Rentalhalle sind die Inhalte sportlich orientiert, im Gymnastikraum werden schwerpunktmäßig körpertherapeutische Themen, kleine Spiele, Entspannung (den räumlichen Gegebenheiten angepasst) durchgeführt. 1 Termin Schwimmen Bewegung im Wasser (Aquatherapie): Schwimmen, kleine Spiele, Entspannung (in Kooperation mit Station 3011) 5 In der Einzeltherapie sind alle oben angeführten Inhalte möglich. Einzeltherapie richtet sich insbesondere an Patienten, die (noch) nicht gruppenfähig sind und / oder spezifisches Angebot benötigen. Die Patienten werden auf Station abgeholt und wenn nötig zurückgebracht. Ausführlichere Informationen zum Konzept der Bewegungstherapie in der Münsterklinik Zwiefalten s. allgemeines Konzept „Bewegungstherapie in der Münsterklinik“. Für die Bewegungstherapie, Ruth Kleinagel (25.4.07) 6