Sport und psychische Gesundheit Wissensbausteine zum Lauf nach Athen von Jürgen Mennel Die folgenden Ausarbeitungen wurde im Rahmen des Hauptseminars „Sport und psychische Gesundheit“ (Prof. Dr. Gerhard Huber) von folgenden Studierenden erstellt · Einleitung (Hariri, Lam, Gast, Uhrig) · Depression (Konrath, Erl, Schleich) · Alkoholsucht (Stucke, ??) · Angststörungen (Klein, Tuszewski, Löbich, Vonhoff) · Essstörungen (Hoffmann, Morgenthaler, Straub, KraS) · PsychoregulaTon durch Bewegungstherapie (Lehr, Gebhardt) Referenten: Saied Hariri Denis Lam Felix Gast Laura Uhrig Einleitung In Anlehnung an das Seminar „ Sporttherapie in der Psychiatrie“ möchten wir anlässlich des Athenlaufs von Jürgen Mennel eine Nachricht überbringen lassen. Aus diesem Grund haben wir in unserem Seminar unter Leitung von Herr Prof. Dr. Gerhard Huber ein Modul erstellt, welches sich mit der Bewegungstherapie bei psychischen Erkrankungen auseinandersetzt. Jedes Jahr erkranken 83 Mio. Menschen der Gesamtbevölkerung der EU an mindestens einer psychischen Störung, wie z.B. Depression, bipolare Störung, Schizophrenie, Alkohol oder Drogenabhängigkeit, Sozialphobie, Panikstörung, Angststörung, Zwangstörung, somatoforme Störungen oder Demenz. Aufgrund der Erfolge der bewegungstherapeutischen Betreuung bei psychischen Erkrankungen haben wir uns der Wichtigkeit der Nachricht angenommen und in Zusammenarbeit aller Seminarteilnehmer ein Modul erstellt, welches auf die Bewegungstherapie der häufigsten psychischen Erkrankungen eingeht. Im folgenden Text werden die einzelnen Krankheiten anhand ihrer epidemiologischen Häufigkeit und das Auftreten des Krankheitsbildes differenziert. Der Fokus des Moduls liegt im Ziel und in der Wirkung von bewegungstherapeutischen Maßnahmen bei folgenden psychischen Erkrankungen: Schizophrenie, Depressionen, Suchterkrankungen, Neurosen und psychosomatischen Erkrankungen, sowie Essstörungen. Moritz Konrath, Lena Schleich, Simon Erl Depression Depressive Störungen werden im DSM-4 als „Major Depression“ und im ICD-10 als „typische depressive Episode“ bezeichnet. Die Depression wird den affektiven Störungen zugeordnet und ist von diesen die häufigste. Trotz vieler nicht erkannter Depressionen beträgt die 12Monatsprävalenz nach Wittchen und Jacobi (2005) in den europäischen Ländern für Menschen zwischen 18 und 65 Jahren 6,9%. Die Lebenszeitprävalenz wird auf mindestens 14% geschätzt. Frauen sind dabei ungefähr doppelt so häufig betroffen wie Männer. Laut ICD-10 (Kapitel F32) leiden die Betroffenen „unter einer gedrückten Stimmung und einer Verminderung von Antrieb und Aktivität. Die Fähigkeit zu Freude, das Interesse und die Konzentration sind vermindert“. Selbst bei der leichtesten Form kommt es fast immer zu Beeinträchtigungen des Selbstwertgefühls und des Selbstvertrauens. Auch somatische Symptome wie Appetitlosigkeit oder Schlafstörungen können eine depressive Episode begleiten. Wichtiger Bestandteil der Therapie ist Bewegung. Neben den körperlichen Anpassungen wie Verbesserung der Ausdauer, Beweglichkeit und der koordinativen Fähigkeiten hat die Bewegungstherapie auch psychologische Wirkungen. So führt sie nach ausreichendem Training unweigerlich zu messbaren Leistungsverbesserungen, die vom Patienten als Erfolgserlebnisse Wahrgenommen werden. Er bekommt somit das Gefühl, dass er etwas an seinem Körper und auch an seinem Dasein verändern kann. Dies wiederum fördert das schwache Selbstwertgefühl. Ein weiter wichtiger Bestandteil ist das Bewegen in der Gemeinschaft. Die Bewegungstherapie in einer Gruppe wirkt der sozialen Isolation entgegen, in der sich die meisten Betroffenen befinden und schult die soziale Kompetenz. Bewegung bessert aber nicht nur die Depression, sondern man geht davon aus, dass sie dieser sogar vorbeugen kann. In einer Studie von Sui X., Laditka JN., Church TS., Hardin JW., Chase N., Davis K., Blair SN., aus dem Jahr 2008, wurden insgesamt 14343 Männer und Frauen untersucht, die regelmäßig ein Fitnesscenter besuchen. Nach 12 Jahren kam es zu einer Nachuntersuchung. Je größer die kardiorespiratorische Fitness der Probanden war, desto geringer war die Wahrscheinlichkeit später eine Depression zu entwickeln. Quellen: • Zimbardo, Philip G.; Gerring, Richard J.: Psychologie(18.Aufl.). Pearson Studium, München 2008 • Huber, G.: Sport und Depression -­‐ ein bewegungstherapeuTsches Modell. Deutsch Verlag, Frankfurt/ M. 1990 Alkoholsucht Epidemiologie Alkoholsucht ist nach der Tabaksucht die zweit häufigste Sucht in Deutschland. Aktuell gibt es ca. 3,4 Millionen Betroffene in Deutschland, davon befinden sich ca. 163.000 (4,8%) Patienten in einer Therapie. Die Sterberate pro Jahr liegt bei 1,2% was ca. 42.000 entspricht. Krankheitsbild Die Abhängigkeit von Ethanol ist zuerst geistiger Natur und manifestiert sich später als eine körperliche Abhängigkeit. Die Beschaffung und der Konsum von Alkohol wird hierbei zu einem lebensbestimmenden Inhalt. Zwanghafter Konsum, fortschreitender Kontrollverlust, Vernachlässigung früherer Interessen, Entzugserscheinungen bei Konsumreduktion und eine steigende Toleranz gegenüber dem Alkoholkonsum sind typische Symptome. Bewegungstherapie Eine Therapie ist erst sinnvoll wenn der Betroffene erkennt, dass er alkoholabhängig ist. Die Methoden der Bewegungstherapie bei Alkoholsucht sind die konzentrative und die integrative Bewegungstherapie. Das Ziel der Therapie ist es dem Betroffenen einen Ausweg aus der Sucht aufzuzeigen. Die Therapeuten arbeiten mit dem Patienten daran, dass dieser wieder einen Zugang zu einem sozialen Netzwerk erhält und er es somit schafft ein geregeltes Leben zu führen. Im Vordergrund der Bewegungstherapie steht das Erleben des eigenen Körpers und seinen Bewegungen sowie die Interaktion und Kommunikation beim Sport mit anderen Betroffenen. Quellen: Tretter, F. & Müller, A. (Hrsg.)(2001). Psychologische Therapie der Sucht. Göttingen: Hogrefe-Verlag. Bundesgesundheitsblatt (2010). Online publiziert: Springer-Verlag 17.03.2010 Schlüter-Dupont, Lothar(1990). Alkoholismus-Therapie. Stuttgart: Schattauer. Samuel Klein, Nicole Tuszewski, Marcel Löbich und Luisa Vonhoff Angststörungen "Die generalisierte Angststörung ("Angstneurose" ist nach ICD-10 dazugehöriger Begriff) ist anhaltend und frei flottierend, oft verbunden mit Befürchtungen, der Patient oder ein Angehöriger könnten erkranken oder verunglücken, sowie vegetative Übererregbarkeit. Der Patient muss "primäre Symptome von Angst an den meisten Tagen, mindestens mehrere Wochen lang" aufweisen. "Depression" kann vorübergehend (wenige Tage) auftreten. Besteht sie gleichzeitig mit Angst, wird "Angst und depressive Störung, gemischt" (ICD-10 F41.2): leichte ängstliche Depression) verwendet." (vgl. Huber, G., 1999, S.459) Angststörungen werden nicht durch ein bestimmtes einschneidendes Ereignis ausgelöst, sondern entwickeln sich meist schleichend durch frühkindliche Erlebnisse. Die Erkrankung äußert sich durch ständige, ungerichtete Besorgnis über verschiedenste Dinge und Situationen im Leben. Zusätzlich treten Begleiterscheinungen wie Schlafstörung, Nervosität und Magen-Darm-Reizungen auf.Im Gegensatz dazu zeichnen sich Phobien durch eine gerichtete Angst aus, die durch bestimmte Objekte oder Situationen hervorgerufen werden.In Deutschland leiden etwa 7 % der Bevölkerung an generalisierter Angststörung. In der Regel sind Frauen doppelt so häufig betroffen als Männer. Patienten, die unter Angststörungen leiden, besitzen kein gesundes Körperbewusstsein. Wissenschaftler haben festgestellt, dass dieser physische Bewusstseinsmangel durch regelmäßige, individuell geplante und dosierte Bewegung, stark verbessert werden kann. Zusätzlich kann das Selbstvertrauen des Patienten gestärkt und ein soziales Netzwerk aufgebaut werden, dass Rückhalt und Erfahrungsaustausch ermöglicht. Einen praktischen Ansatz zur Behandlung von Angststörungen bietet die Integrative Leib- und Bewegungstherapie/Psychotherapie (IBT). Das integrative Therapiekonzept enthält eine aktive Psychoanalyse, Gestalttherapie, Psychodrama, sowie Bewegungs- und Leibtherapie. Trainiert werden dabei die Atmung, Körperverhalten, Stimme, aktionale sowie symbolische Kommunikations- oder Interaktionsformen in bestimmten Bewegungsformen oder – spielen. Die IBT orientiert sich bei allen Formen an drei bestimmten Prinzipien. 1. Übungszentriert-Funktional Ziel ist die Regulierung von Spannung- und Entspannung, sowie die Förderung der Wahrnehmungsfähigkeit. 2. Erlebnisorientiert Hierbei stehen die Entdeckung neuer Denk-, Erlebnis- und Verhaltensweisen, sowie die Wiederbelebung positiver Erinnerungen im Vordergrund. 3. Konfliktorientiert Der Betroffene soll mit persönlichen Erlebnissen konfrontiert werden. Bei der praktischen Durchführung werden Problemsituationen reinszeniert. Es wird also nicht nur der physische Teil des Patienten therapiert, sondern auch die Psyche. Quellen: Morschitzky, H.(2009). Anststörungen: Diagnostik, Konzepte, Therapie, Selbsthilfe (4. Auflage). New York: SpringerWien. Waibel, Martin J. (2009). Integrative Bewegungstherapie. Störungsspezifische und ressourcenorientierte Praxis. Stuttgart: Schattauer. OECD. (2003). Ländervergleich: Anteil der psychisch Kranken, der in den letzten 12 Monaten unter Angststörungen gelitten hat (12-Monats-Prävalenz) im Jahr 2003. Zugriff am 19.07.2010 unter http:// de.statista.com/statistik/daten/studie/35727/umfrage/laendervergleich%3A-anteil-psychisch-krankermit-angststoerungen-12-montas-praevalenz/ Hauptseminar: Bewegungstherapie bei psychischen Erkrankungen Ariane Hoffmann, Natascha Morgenthaler, Elisa Straub, Daniel Kraft Essstörungen: „Als Essstörung bezeichnet man bestimmte, psychisch bedingte und gesundheitlich belastende Störungen bezüglich der Art und Menge der Nahrungsaufnahme. Dazu gehören u.a. die mengenmäßig übertriebene, zur übermäßigen Bildung von Fettgewebe führende Ernährung (Adipositas), die mengenmäßige Unterernährung (Anorexie) sowie das anfallsweise Auftreten von gierigem, übermäßigen Essen bis zum Erbrechen (Bulimie).“ (Dieterich & Rietz 1996, S. 126) Bei anorektischen und bulimischen Patienten stellt die gestörte Körperwahrnehmung einen auslösenden Faktor für die Erkrankung dar. Bewegungstherapeutische Methoden setzen daran an, eine realitätsnahe Wahrnehmung wiederherzustellen. Neben dem Wiedererlernen eines angemessenen Essverhaltens, steht für die Bewegungstherapie die realistische Selbsteinschätzung im Vordergrund. Dabei erfolgt die Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper anhand verschiedener Übungen, wie zum Beispiel das Abschätzen des Körperumfangs mit Hilfe eines Seils. Im Gegensatz dazu, steht bei adipösen Patienten das richtige Verhältnis von Kalorienaufnahme und –verbrauch im Mittelpunkt. Die Patienten müssen lernen körperliche Aktivität in ihren Alltag zu integrieren. Dies kann sowohl in Form von gelenkschonenden Bewegungen, wie Nordic Walking, Fahrrad fahren und Schwimmen, als auch durch Alltagsbewegungen, wie Treppen steigen oder Rasenmähen erfolgen. · · · · Alexandridis, K. (2004). Bewegungstherapie und Bulimia nervosa Evaluation einer stationären Körpertherapie. Köln, Dissertationsarbeit Guntz, U. & Hillert, A. (2003). Essstörungen. Ursachen, Symptome, Therapien. München: Verlag C.H. Beck oHG Huber G. (2009). Normalgewicht – das Deltaprinzip. Köln: Deutscher ÄrzteVerlag GmbH Psychoregulation durch Bewegungstherapie Die Psychoregulation ist allgegenwärtig. Jeder Mensch, egal ob bewusst oder unbewusst. reguliert durch sein Verhalten seine eigene Psyche und beeinflusst dadurch auch sein Wohlbefinden. Es gibt Menschen die sich lieber in Gruppen aufhalten und es gibt Einzelgänger. So können manche Individuen besser alleine lernen, andere lernen lieber in Gruppen. Das Individuum bevorzugt immer das, was eine positive Auswirkung auf sein Wohlbefinden mit sich bringt. Naive Verfahren wie Musik hören, schlafen oder „Nichtstun“ und wissenschaftlich fundierte Maßnahmen wie progressive Muskelrelaxation(PMR), Autogenes Training(AT) oder Atementspannung erzielen eine positive Wirkung auf die Psyche. Durch diese Maßnahmen werden die Atem- und Herzfrequenz gesenkt, die Konzentrationsfähigkeit erhöht und die Durchblutung peripherer Hautgefäße verbessert. Ziel der Psychoregulation ist es eine Steigerung der Willenskraft und des Selbstbewusstseins aber auch eine Verringerung von Nervosität, Angstzuständen und Zwangsneurosen, sowie eine Verbesserung der Antriebs-/Lustlosigkeit zu erreichen. Deshalb ist die Regulation der Psyche ein wichtiger Bestandteil der Bewegungstherapie geworden. Viele Krankheiten deren Symptome die Psyche betreffen und die Gefühlslage eines Menschen beeinflussen, ließen sich allein durch Psychoregulation behandeln und deren Symptome lindern. So bildet die Psychoregulation einen wichtigen Bestandteil der Bewegungs- und Sporttherapie für psychische Erkrankungen wie z.B. der Depression. Kim Dénise Lehr, Christoph Gebhardt Rieder, H. , Huber, G. , Werle, J. (Hrsg.) (1996). Sport mit Sondergruppen. Ein Handbuch. Schorndorf: Hofmann Verlag. Schüle, K. , Huber, G. (Hrsg.) (2004) . Grundlagen der Sporttherapie. Prävention, ambulante und stationäre Rehabilitation. München: Urban & Fischer Verlag Baumann, S. (2006) . Psychologie im Sport. Aachen: Meyer & Meyer Verlag