Neuroleptika - MedUni Wien

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Neuroleptika
Sefan Böhm, Institut für Pharmakologie, Universität Wien.
Begriffsklärung
Neuroleptika (NL) sind Psychopharmaka, welche zur Therapie von Schizophrenie
und Manie eingesetzt werden. Sie können Halluzinationen, Wahnvorstellungen,
psychomotorische Erregung, affektive Erregbarkeit, Vigilanz, gesteigerten Antrieb,
erhöhte Spontanbewegung, vermehrte Ausdrucksmotorik (Positivsymptome)
vermindern und affektive Verflachung, Apathie, Verarmung der Sprache, sozialen
Rückzug (Negativsymptome) bessern. Aufgrund dieser Wirkungen sind NL als
Antipsychotika zu bezeichnen, ein Begriff der auch im Englischen verwendet wird.
Die Bezeichnung NL wurde nach Entdeckung der ersten wirksamen Vertreter
eingeführt: die Wirkung dieser Substanzen auf das Nervensystem war durch eine
Beeinträchtigung der spontanen Motorik (EPS; extrapyramidal motorische
Symptomatik) gekennzeichnet. Ursprünglich wurde vermutet, dass die
antipsychotische Wirkung der NL mit dieser motorischen Wirkung kausal verknüpft
ist. Heute unterscheidet man zwischen typischen (Prototyp: Chlorpromazin) und
atypischen (Prototyp: Clozapin) NL. Typische NL sind dadurch charakterisiert, dass
ihre antipsychotische Wirksamkeit mit der Inzidenz und/oder Ausprägung der EPS
korreliert. Diese Korrelation trifft für atypische NL nicht zu, d.h. die antipsychotische
Wirkung wird nicht notwendigerweise von EPS begleitet.
Grundlagen
Die pathophysiologischen Ursachen der Schizophrenie sind weitgehend ungeklärt,
es existieren aber neurochemische Hypothesen hierzu.
Dopaminhypothese:
Im ZNS gibt es drei große dopaminerge Systeme: (i) Das nigrostriatale System mit
Nervenzellkörpern in der Substantia nigra (pars compacta) und Axonen, die das
Striatum innervieren; hier wird die Motorik reguliert. (ii) Das tuberoinfundibuläre
System mit Zellkörpern im Hypothalamus und mit Axonen, die in den
Hypophysenstiel ziehen; hier wird die endokrine Funktion der Adenohypophyse
reguliert, insbesondere die Prolaktinfreisetzung. (iii) Das mesolimbischmesokortikale System mit Zellkörpern im ventralen Tegmentum und Axonen, die
durch das mediale Vorderhirnbündel u.a. in das ventrale Striatum (z.B. Nucleus
accumbens) und den präfrontalen Cortex ziehen. Als Ursache für schizophrene
Symptomatik wird ein Überschuss an Dopamin oder eine Überempfindlichkeit
der Dopaminrezeptoren im zuletzt genannten System verantwortlich gemacht.
Diese Hypothese wird durch folgende Befunde gestützt:
 Substanzen, die zu vermehrter Dopaminfreisetzung im Gehirn führen (z.B.
Amphetamine) verursachen Symptome einer Schizophrenie.
 Agonisten an Dopaminrezeptoren (z.B. Bromocriptin) verschlechtern
schizophrene Symptomatik.
 Substanzen, die die Dopaminspeichervesikel in Nervenzellen entleeren (z.B.
Reserpin), schwächen schizophrene Symptomatik ab.
 Antagonisten an Dopaminrezeptoren schwächen auch schizophrene
Symptomatik ab.
Glutamathypothese
Glutamat ist ubiquitärer exzitatorischer Neurotransmitter im ZNS. Es erzielt seine
Wirkungen u.a. durch Aktivierung sogenannter NMDA Rezeptoren. Ein Mangel an
Glutamat in bestimmten Hirnarealen bzw. eine Unterfunktion von NMDA
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Rezeptoren wird für die Entstehung der Schizophrenie verantwortlich gemacht.
Diese Hypothese wird durch folgende Befunde gestützt:
 Substanzen, die die Ionenkanäle der NMDA Rezeptoren blockieren (z.B.
Phencyclidin und Ketamin), verursachen Symptome, die jener einer
Schizophrenie sehr ähnlich sind.
 Insbesondere atypische Neuroleptika (z.B. Clozapin) verstärken die Funktion
von NMDA Rezeptoren.
Neben den oben genannten existieren noch weitere neurochemische Hypothesen,
wobei insbesondere Serotonin (5-Hydroxytryptamin; 5-HT) von Bedeutung ist: 5-HT
könnte im Rahmen einer Schizophrenie vermehrt vorhanden sein oder die
zugehörigen Rezeptoren könnten hypersensitiv sein. Folgende Befunde
unterstützen diese Hypothese:
 LSD ist ein (partieller) Agonist an 5-HT Rezeptoren und verursacht
Halluzinationen und Gedankenstörungen.
 Einige, insbesondere atypische, NL blockieren bestimmte 5-HT Rezeptoren.
Wirkmechanismen
NL wirken primär als Antagonisten (Blocker) an Neurotransmitterrezeptoren
(siehe Tabelle 1.). Daneben werden durch höhere Konzentrationen Enzyme und
Ionenkanäle gehemmt.
Typische
NL
Tabelle 1. Neuroleptika und deren Affinität zu bestimmten Rezeptoren
D2
D4 5-HT2 H1
M
1
Chlorpromazin
Haloperidol
Thioridazin
Fluphenazin
Sulpirid
19
4
2.3
0.8
7.4
12.3
1.4
9.1
60
10.3
36
1890 >20000
12
41
10
9.3
19
20.8
2000
52 >1000
>1000
0.6
6.2
1.1
9
>1000
5HT2/D
2
0.07
9
17.8
23.8
135
Atypisc
he NL
Clozapin
180
9.6
1.6
2.8
7.5
9
0.01
Risperidon
3.3
16.6 0.16 58.8 >10000
2
0.05
Sertindol
0.45
21
0.38
500 >10000
0.8
0.84
Olanzapin
11
9.6
4
7.14
1.89
19
0.36
Affinitäten (in Ki Werten in nM) von NL an verschiedenen Rezeptoren. 5HT2/D2
beschreibt den Quotienten der entsprechenden Affinitäten.
Bei typischen NL korreliert die Ausprägung der antipsychotischen Wirkung
(und daher die übliche Dosierung) linear mit ihrer Affinität zu D2 Rezeptoren
korreliert (je höher die Affinität, desto größer die Wirkung und desto geringer die
tägliche Dosis). Durch die Blockade dieser Rezeptoren entstehen aber nicht nur die
erwünschten, sondern auch unerwünschte Wirkungen, wie EPS (im nigrostriatalen
System) oder Hyperprolaktinämie (im tuberoinfundibulären System). Daher korreliert
mit der klinischen Wirksamkeit auch die Inzidenz dieser unerwünschten Effekte.
Diese beiden Korrelationen treffen für atypische NL nicht zu, d.h. die
antipsychotische Wirkung ist nicht direkt mit der Affinität zum D2 Rezeptor
verbunden und wird daher nicht notwendigerweise von EPS oder
Hyperprolaktinämie begleitet.
Neben D2 gibt es noch andere Dopaminrezeptoren, nämlich D1 bis D5. Diese
werden in zwei Gruppen unterteilt: Die D1-ähnliche Gruppe enthält D1 und D5, die
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D2-ähnliche Gruppe enthält D2,3,4. Rezeptoren der Gruppe ‚D1-ähnlich’ koppeln an
stimulatorische G Proteine und erhöhen zelluläres cyclo-AMP, Rezeptoren der
Gruppe ‚D2-ähnlich’ koppeln an inhibitorische G Proteine und reduzieren zelluläres
cyclo-AMP. Das NL Clozapin ist durch höhere Affinität an D4 als an D2 Rezeptoren
gekennzeichnet.
Alle NL (typische und atypische) blockieren neben D2 Rezeptoren auch noch
zahlreiche andere. Durch diese Effekte sind die meisten der bekannten (teilweise
unerwünschten) Wirkungen der NL zu erklären (siehe Tabelle 2.).
Tabelle 2.
Rezeptor (Lokalisation)
D2 Dopamin (mesolimbisch-mesokortikal)
D2 Dopamin (nigrostriatal)
D2 Dopamin (tuberoinfundibulär)
D2 Dopamin (hypothalamisch)
D2 Dopamin (Area postrema)
5-HT2 Serotonin
H1 Histamin
alpha1 Noradrenalin
M Acetylcholin
Effekte
antipsychotisch
EPS
Hyperprolaktinämie
Hypothermie
antimemetisch
antipsychotisch; Gewichtszunahme
Sedation
Vasodilatation
verringerte EPS, atropinartig
Die antipsychotische Wirkung der typischen NL hängt von deren Affinität zum D2
Rezeptor ab. Das bedeutet, dass alle Wirkungen, die durch Blockade dieser
Rezeptoren erzielt werden, bei gut antipsychotisch wirksamen typischen NL am
stärksten ausgeprägt sind. Unter solchen hochpotenten NL (siehe unten) werden bei
therapeutischen Plasmakonzentrationen andere Rezeptoren kaum blockiert und die
entsprechenden Wirkungen treten nicht oder kaum auf. Werden hingegen NL mit
geringer Affinität zu D2 Rezeptoren eingesetzt, so müssen höhere
Plasmakonzentrationen erzielt werden und die Wahrscheinlichkeit der Blockade von
anderen Rezeptoren und Ionenkanälen nimmt zu. Somit treten bei solchen
niederpotenten typischen NL häufig und ausgeprägt sedative, vegetative, und
kardiovaskuläre Wirkungen auf.
Wirkungen
Zentrale Dämpfung, aber im Unterschied zu anderen sedierend wirkenden
Substanzen (z.B. Opioide, Benzodiazepine) keine Narkose, keine Dämpfung des
Atemzentrums, keine Antikonvulsion; Indifferenz gegenüber Umgebung;
Verminderung der Spontanaktivität; Dämpfung von Erregung und Aggressivität;
Hemmung bedingter (konditionierter) Reflexe, aber Erhaltung unbedingter Reflexe;
bei Psychosen Wirkung gegen Positiv- und Negativsymptome; beim Gesunden
Dysphorie (daher kein Abhängigkeitspotential); im Tierexperiment Katalepsie (=
Tiere bleiben in eingestellter Körperhaltung); antiemetische Wirkung.
Alle Wirkungen mit Ausnahme der antipsychotischen Wirkung treten sofort nach
Aufnahme der NL auf. Die antipsychotische Wirkung stellt sich erst mit einer Latenz
von einigen Wochen ein. Diese Diskrepanz wird mit der Wirkung der NL auf die
Aktivität dopaminerger Neurone erklärt: werden NL verabreicht, nimmt zunächst die
Aktivität solcher Nervenzellen zu und es wird vermehrt Dopamin freigesetzt. Durch
kompensatorische Mechanismen (ev. Veränderungen in der Rezeptordichte) nimmt
trotz weiterer Aufnahme des NL die neuronale Aktivität und die Dopaminfreisetzung
wieder ab.
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Unerwünschte Wirkungen
Psychisch:
Dysphorische
Verstimmung,
Gedächtnisstörung,
Konzentrationsschwäche, Beeinträchtigung der Reaktionsfähigkeit, depressive
Symptomatik, paradoxe Verschlechterung der Psychose (= neuroleptische
Turbulenz), nach Beenden einer Therapie infolge einer Überempfindlichkeit der
Rezeptoren: Supersensitivitäts-Psychose.
EPS: (1) Frühdyskinesien (Hyperkinesie in Gesicht, Zunge, und Schlund, choreoathetotischen Bewegungen besonders im Schultergürtel, ev. respiratorischer Stridor;
tritt innerhalb der ersten Therapiewoche auf). (2) Parkinsonoid (Rigor, Tremor,
Akinese, Amimie; tritt innerhalb des ersten Therapiemonats auf). (3) Akathisie
(quälende Bewegungsunruhe, insbesondere an den unteren Extremitäten,
besonders im Sitzen oder auf der Stelle Treten im Stand, innere Unruhe; tritt
innerhalb des ersten Therapiemonats auf). (4) Spätdyskinesie (orobuccofaciale
Dyskinesie mit Saug-, Schmatz-, Kau- und Zungenbewegungen, in bis zu 20% der
Fälle, im Durchschnitt nach 2 Jahren Therapie, die Inzidenz ist direkt abhängig von
der kumulativ eingenommenen NL-Dosis; schlecht zu behandeln, am ehesten mit
atypischen NL).
Neurologisch: Störung der Temperaturregulation, selten Krampfanfälle oder
pharmakogenes Delir; Appetitsteigerung.
Vegetativ: Orthostatische Dysregulation, Hypotonie, Tachykardien, Extrasystolie,
Mundtrockenheit, Akkomodationsstörung, Obstipation, Harnretention.
Herz: Rhythmusstörungen bis zum Kammerflimmern.
Leber: Transaminasenanstieg, Ikterus, selten toxische Hepatose
Blut: Leukozytose (bei langer Therapie), Eosinophilie, Leukopenie, Agranulozytose
(am ehesten in früher Therapiephase).
Stoffwechsel: Störung im Glukosestoffwechsel, Gewichtszunahme.
Endokrin: Galaktorrhö, Gynäkomastie, Menstruationsstörung, Potenzstörung.
Haut: Allergische Effloreszenzen, Fotosensibilisierung.
Augen: Linsentrübung, Hornhauttrübungen, Retinapigmente
Malignes Neuroleptika Syndrom: Hyperthermie, erhöhter Muskeltonus,
wechselndes Bewusstsein; in bis zu 20% der Fälle tödlicher Verlauf; Therapie durch
sofortigem Absetzen des NL und Behandlung mit Dantrolen (muskulotropes
Muskelrelaxans), Amantadin (Antiparkinsonmittel); und Dopaminagonisten (z.B.
Bromocriptin).
Kontraindikationen
absolute: Störungen der Blutbildung.
relative: Epilepsie, allergische Disposition und je nach Affinität der Präparate zu
verschiedenen Rezeptoren: anticholinerg - Glaukom, Prostatahypertrophie,
Stenosen
im
Gastrointestinaltrakt;
sympatholytisch
Hypotension,
Herzrhythmusstörungen; antidopaminerg -M. Parkinson.
Interaktionen
Verstärkung anderer zentral dämpfender Substanzen; Antagonismus gegen LDopa und andere Parkinsonmittel, sowie gegen Amphetamine (Psychostimulantien)
und Halluzinogene (z.B. LSD, Phencyclidin); Abschwächung der Wirkung von Insulin
und oralen Antidiabetika; Neurotoxizität bei Kombination mit Li+-Salzen;
Verstärkung der Wirkung von Anticholinergika (mit Gefahr von Blasenatonie,
Ileus und Hyperthermie) sowie von Vasodilatatoren (mit starkem Blutdruckabfall).
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Pharmakokinetik
Obwohl nahezu alle NL oral bioverfügbar sind, ist die Resorption nach oraler
Aufnahme nicht nur zwischen den einzelnen Präparaten sehr unterschiedlich,
sondern auch einzelne NL können in unterschiedlichen Individuen sehr
unterschiedlich resorbiert werden. Die Elimination der NL erfolgt überwiegend durch
Metabolismus in der Leber über das Cytochrom P-450 System. Die entsprechenden
Halbwertszeiten bewegen sich typischerweise zwischen 15 und 30 Stunden. Einige
NL, insbesondere Butyrophenone und Diphenylbutylpiperidine, werden mit
mehrphasischer
Eliminationskinetik
ausgeschieden,
und
können
auch
Gesamthalbwertszeiten von mehreren Tagen aufweisen.
Zwischen den erzielten Plasmaspiegeln und den erreichten Wirkungen besteht keine
eindeutige Korrelation, sodass in jedem Individuum die Dosierung bis zum Erreichen
der Wirkung titriert werden muss. Die meisten NL sind auch als Depotpräparate
erhältlich; diese werden durch Veresterung der Ausgangssubstanzen mit
längerkettigen Fettsäuren erhalten. Solche Präparate werden wesentlich langsamer
resorbiert und können daher nach einmaliger intramuskulärer Verabreichung
Wirkungen für 2 bis 4 Wochen erzielen.
Präparate
Zumindest 50 verschieden Substanzen werden als NL verwendet. Diese können
nach unterschiedlichen Prinzipien in Gruppen unterteilt werden, wobei die
übergeordnete Unterteilung jene in typische und atypische NL ist. Danach können
typische NL dann einerseits nach ihrer antipsychotischen Wirkstärke und
andererseits anhand ihrer chemischen Struktur weiter unterteilt werden.
Für den klinischen Gebrauch ist die Unterteilung nach Wirkstärke von besonderer
Bedeutung. Da aber die antipsychotische Wirkung schwer zu quantifizieren ist,
wurden NL nach ihrer neuroleptischen Potenz gereiht, und diese wiederum wurde
anhand des Auftretens der EPS (einer eigentlich unerwünschten Wirkung)
festgelegt. In dieser Reihung werden alle NL mit der Ursubstanz, dem
Chlorpromazin, verglichen (Chlorpromazin-Äquivalente), und als hoch-, mittel-, oder
niederpotent qualifiziert (Abbildung 1). Da die antipsychotische Wirkung der
atypischen NL nicht mit der Affinität zum D2 Rezeptor korreliert, ist deren
antipsychotische Potenz losgelöst vom Auftreten von EPS. Daher erscheint es wenig
sinnvoll, atypische NL in diese Reihung einzuschließen.
6
hoch
Benperidol
Trifluperidol
Flupentixol
Fluphenazin
Pimozid
Haloperidol
400
200
70
70
60
50
Perphenazin
Zuclopenthixol
Chlorpromazin
Chlorprothixen
10
5
1
1
Prothipendyl
0.8
Levomepromazin 0.5
Thioridazin
0.5
CA, Chlorpromazin-Äquivalente.
Sedative Wirkung
CÄ
Vegetative Wirkung
NL
Niedrig
EPS
Potenz
Mittel
Abbildung 1.
Eine Unterteilung nach der chemischen Struktur kann sowohl typische, als auch
atypische NL umfassen. Hierbei ist aber festzustellen, dass es unter den einzelnen
Vertretern typischer NL hohe Strukturhomologien gibt, anhand welcher Gruppen
gebildet werden können, während atypische NL strukturell sehr heterogen sind.
Dementsprechend gibt es:
Phenothiazine (typisch): Chlorpromazin, Fluphenazin, Perphenazin, Thioridazin,
Levomepromazin
Thioxanthene (typisch): Flupentixol, Zuclopentixol, Chlorpothixen
Butyrophenone (typisch): Haloperidol, Benperidol, Trifluoperidol
Diphenylbutylpiperidine (typisch): Pimozid
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Andere heterozyklische NL (atypisch)
Klinischer Einsatz
Hauptindikationen für NL sind Schizophrenie (sowohl Akuttherapie als auch
Langzeitprophylaxe von Rezidiven) und manische Episoden. Daneben können NL
als Antiemetika, als Adjuvantien in der Schmerztherapie, sowie als Sedativa und
Hypnotika eingesetzt werden. Seltene Indikationen sind das Tourette Syndrom und
Chorea Huntington.
Bei einem akutem Schizophrenieschub wird nach 6- bis 8-wöchiger Therapie in ca.
70% der Fälle ein Erfolg erzielt, wobei Positivsymptomatik zumeist besser anspricht
als Negativsymptomatik. In therapierefraktären Fällen kann auf ein NL einer anderen
chemischen Gruppe gewechselt werden. Häufig wird von atypischen NL behauptet,
dass sie besser gegen Negativsymptomatik und besser in therapierefraktären Fällen
wirken. Betrachtet man aber eine größere Zahl vergleichender klinischer Studien,
lässt sich diese Einschätzung nicht objektivieren: sowohl die erwünschten, also auch
die Anzahl der unerwünschten Wirkungen sind ähnlich, mit einer einzigen
Ausnahme, die der EPS. Somit ist der wesentliche Vorteil der neueren atypischen
NL das weitgehende Fehlen von EPS, und sie sind daher dann besonders indiziert,
wenn das Auftreten von EPS unter Therapie mit typischen NL ein besonderes
Problem darstellt.
Nachfolgend sind einige in Österreich erhältliche typische und atypische NL mit
zugehörigen Dosierungen gelistet (Tabelle 3).
atypische
typische
Tabelle 3.
NL
Freiname
Handelsnamen
Dosierung (mg/d)
Üblich
Extremwerte
Flupentixol
Fluphenazin
Pimozid
Haloperidol
Perphenazin
Zuclopenthixol
Chlorprothixen
Prothipendyl
Levomepromazin
Thioridazin
Fluanxol
Dapotum
Orap
Haldol
Decentan
Cisordinol
Truxal
Dominal
Nozinan
Melleril
5-15
1-20
2-6
3-30
4-12
10-30
15-90
40-240
25-150
50-300
1-100
1-500
1-10
1-100
2-80
2-80
10-500
40-720
12.5-600
25-800
Clozapin
Risperidon
Sertindol
Olanzapin
Froidir, Lanolept, Leponex
Belivon, Risperidal
Serdalect
Olansek, Zyprexa
25-300
2-6
12-20
5-20
12.5-900
1-16
4-24
2.5-40
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