Anämie Definition Eine Anämie ist ein Symptom eines zugrunde liegenden Krankheitsprozesses und entsteht durch Verlust, übermäßigen Abbau oder verringerte Bildung von Erythrozyten. Klassifizierung Da manche Anämien verschiedene pathogenetische Wurzeln aufweisen, kann kaum eine ideale Einteilung gefunden werden und gewisse Überschneidungen sind unumgänglich: regenerativ nicht-regenerativ akut oder chronisch mikrozytär / normozytär / makrozytär in Bezug auf Erythrozytengröße (MCV) hypochrom / normochrom / hyperchrom in Bezug auf Hämoglobingehalt (MCHC) Allen gemeinsam ist die Symptomatik der schnellen Ermüdbarkeit, blasse Schleimhäute und mehr oder weniger ausgeprägte Dyspnoe und Tachykardie. Die Schwere dieser Symptome hängt von der Entstehung der Anämie ab. Je langsamer sie sich entwickelt, desto wirksamer werden die Gegenregulationsmechanismen. Nicht-regenerative Anämie (verminderte Bildung von Erythrozyten) 1. 2. 3. 4. 5. Ernährungsstörungen: Eisenmangel, Vitamin-B12-Mangel, Folsäuremangel Hypoplastische Anämie, Selektive Depression der Erythropoese Chronische Nierenerkrankungen Chronischer Morbus Addison (Insuffiziens der Nebennierenrinde) Hypothyreose Chronische Lebererkrankungen Chronische Infektionen (Bakterien, Pilze, Viren) Aplastische Anämie: (Schädigung der Stammzellen im Knochenmark Thrombozytopenie, Granulozytopenie) Chemikalien (z.B. cyclische Kohlenwasserstoffe) Hormone (Hyperöstrogenismus) Ionisierende Strahlung Neoplasie (Tumoren metastasieren ins Knochenmark)/ Myelophthise (Leukose, leukämisches Lymphom, Plasmazytom) Ehrlichiose (Befall von Blutparasiten) Felines Myeloproliferatives Syndrom Parvovirose Myelofibrose / Osteosklerose Idiopathische Erkrankung (ohne erkennbare Ursache entstanden) Aplasie der Erythrozyten Felines Leukose-Virus (FeLV) Immunvermittelte Mechanismen Pharmaka-induzierte Störungen (z.B. nach Caparsolat) Idiopathische Erkrankungen Kongenitale Makrozytose beim Pudel Regenerative Anämie (Verlust oder übermäßige Zerstörung der Erythrozyten) Blutverlust 1. Trauma inneres Trauma (Kontusion, Fraktur) äußeres Trauma (Risswunden) 2. Parasiten des gastro-intestinal-Traktes (Trichuris, Hakenwürmer) 3. Neoplasmen (z.B. Hämangiosarkom) 4. Gerinnungsstörungen (Disseminierte Intravasale Gerinnung, Faktorenmängel, Thrombozytopenie) 5. Ruptur einer Hämatozyste 6. Läsionen des Gastro-intestinal-Traktes (z.B. ulcerierte Tumoren) 7. Läsionen der Harnwege (hämorrhagische Zystitis, Neoplasie) Vit.-K-Antagonisten, Hämolyse 1. Intrakorpuskuläre Anomalien Pyrovatkinasemangel des Basenji und Beagle Bleivergiftung 2. Isoimmunes Hämolytisches Syndrom bei Neugeborenen 3. Blutparasiten Haemobartonella Felis/Canis Babesiose 4. Immunvermittelte-hämolytische Anämie Primär (idiopathisch-ohne Verbindung zu einer anderen Erkrankung) Secundär (in Verbinung mit einem anderen Krankheitsprozess) z.B.: Systemischer Lupus Erythematodes (SLE), Lymphosarkom, Lymphozytäre Leukose, Bakterielle Infektion, Granulomatöse Erkrankung, Virusinfektionen, Immunvermittelte Thrombozytopenie nach Applikation von Pharmaka (z.B. Kz. Propylthiouracil) 5. Heinzkörperanämien Acetaminophen Kz. Harnantiseptika die Methylenblau enthalten Phenazopyridin (Harnantiseptikum) Benzocain (lokal appliziert) Zwiebelvergiftung 6. Reaktion auf eine Transfusion 7. Splenomegalie 8. Hypophophatämie (bei diabetischer Ketoacidose) 9. Mechanische Schädigungen (z.B. Magendrehung bei Milztorsion oder disseminierte intravasale Gerinnung Erythrozyten werden durch Fibrinstränge geschädigt) Ergänzungen: Nicht-regenerative Anämie Ernährungsstörungen Hierbei darf nicht nur an die verminderte Zufuhr gedacht werden, sondern auch an den Eisenverlust durch resorptionshemmende Substanzen (z.B. Tetrazyklin), oder Diarrhoe (physiologisch herabgesetzter Hkt bei Jungtieren und Graviden). Vitamin B12 und Folsäure sind an der Erythropoese beteiligt. Hypoplastische Anämie Niereninsuffiziens: Erythropoetin wird nicht mehr synthetisiert, verminderte Ausscheidung von urämischen Toxinen hemmen Erythropoese, führen zu Schleimhautulzera (chr. Blutungen) und rufen eine Thrombozytopathie hervor. NNR-Insuffizienz: Hierbei kommt es zu einem Mangel an Mineralkortikoide. Durch den Aldosteronmangel kommt es u.a. zu schweren Störungen des Elektrolyt- und Wasserhaushaltes, die ihrerseits zu Blutdruckabfall, Hypovolämie und kardialen Störungen führen. Durch den Glukokortikoidmangel werden große Teile des Stoffwechsels beeiträchtigt Funktionnausfall der Niere. Hypothyreose: H. führt zu einer niedrigeren Körpertemperatur. Diese beeinträchtigt die Erythropoese Lebererkrankungen: verminderte Transferrinbildung, Eisenspeicherung, Blutgerinnung, Aktivierung von Erythropoetin Sec.: verminderte Entgiftung Giftstoffe stören Erythropoese Infektionen: Hemmung der Bildung, Reifung oder Ausschüttung der Erythrozyten Aplastische Anämie Oestrogene: Hyperoestrogenismus hemmt die Stammzellproliferation im Knochenmark Panzytopenie (Endstadium). Außerdem blockiert es die Erythropoetinwirkung (reversibel) Ehrlichiose: Blutparasiten werden u.a. durch Zecken übertragen und hemmen bei Befall ebenfalls die Erythropoese Myelophthise: bösartig verlaufende, neoplastische Erkrankungen des hämatopoetischen Systems Parvovirose: Viruserkrankung, die die lymphatischen Gewebe inkl. Knochenmark, sowie Myokard und Gastrointestinal-Trakt befällt Myelofibrose: vermutlich Stammzellenneoplasie mit zunehmender Verödung des Knochenmarks und extramedullärer Blutbildung Aplasie der Erythrozyten FeVL: Retroviren übersetzen mittels reversen Transkriptase die Virusribonukleinsäure in die DNA des Wirtes und bauen sie in deren Genom ein. Die Symptome sind mannigfaltig. Hier Anomalien der Hämatopoese Kongenitale Makrozytose beim Pudel Durch externe Faktoren (z.B. Stress) setzt eine erhöhte Knochenmarksproduktion ein, so dass vermehrt unreife Reticulozyten freigesetzt werden. Es kommt zu einem Anstieg des Mittleren- Erythrozyten-Volumen ( MCV) Makrozytose. Beim Pudel besteht eine Disposition zu einer angeborenen Makrozytose. Regenerative Anämie Gerinnungsstörungen Disseminierte Intravasale Gerinnung Faktorenmängel: Faktor VIII Defizit (Hämophelie A) Faktor IX- Defizit (Hämophelie B) Faktor VII- Defizit Faktor X- Defizit Faktor XI- Defizit Faktor XII -Defizit Fibrinogen- Defizit Prothrombinkomplex-Defizit Konstitutionelle Thrombopathie (v.-Willebrand-Jürgens-Syndrom) Vit.-K-Antagonisten: z.B. Cumarin Thrombozytopenie: Verringerte Thrombozytenproduktion Vermehrte Zerstörung der Thrombozyten durch das retikuloendotheliale System, welche sich auch gegen Stoffe richten kann, die von den Thrombos adsorbiert sind Verteilungsstörrungen durch Milzerkrankungen Erhöhter Thrombo-Verbrauch durch endogene Entzündungen Funktionelle Defekte der Thrombos (Leber-/Nierenerkrankung) Toxine Intrakorpuskuläre Anomalien Pyruvatkinasemangel: P. ist ein essentielles Enzym bei der Glykolyse, welche die Energie für den Stoffwechsel der Erys liefert. Fehlt es werden die Erys vorzeitig von der Milz eliminiert. Phopho-Fructo-Kinase-Mangel (Spaniel) Energiebereitstellung für Erys Bleivergiftung: Blei hemmt hemmt die Erythropoese durch eine Unterdrückung der Hämsynthese und gleichzeitig verkürzter Lebensdauer der Erys. Isoimmunes Hämolytisches Syndrom bei Neugeborenen Neonatenikterus durch Zerfall der Erythrozyten vor allem bei Katzen. Antikörper der Mutter wirken gegen Erythrozyten-Oberflächenantigen des Kindes (Blutgruppe des Vaters). Blutparasiten Die Erys werden nicht nur von den Parasiten zerstört. Einige Arten (z.B. Hämobartonellen) setzen sich auch an den Erys fest und werden dadurch samt Erythrozyten phagozytiert. Immunvermittelte-hämolytische Anämie Primär: betrifft nur die Erys selbst und macht ca. 70% der Fälle aus. Sie folgt meist einer Virusinfektion oder einer genetischen Prädisposition. Secundär: kann bei zahlreichen Grunderkrankungen auftreten, Medikamentapplikation und Transfusionszwischenfälle. SLE: Autoimmunerkrankung. Es werden Antikörper gegen DNA und Basalmembran von Organen gebildet Ursachen: 1. Es tritt eine pathologische Zellwandalteration der Erys auf, die zur Bildung eines neuen Antigens führt. 2. Das Immunsystem ist unfähig körpereigene Bestandteile zu erkennen und produziert daher Autoantikörper. Beteiligte Antikörper sind IgG und IgM, welche das Komplement bzw. Makrophagen aktivieren und dadurch zur Zerstörung der Erys führen. Richtet sich die Antikörper gegen Vorläuferzellen führt dies zu einer nicht regenerativen Anämie. Heinzkörperanämien Oxydantien, welche die Zellschutzmechanismen überlasten, führen zur Methämoglobinbildung. Dieses wird weiter oxydiert und bildet Globulin-Ausfällungen (Heinzsche Innenkörper). Erys, die diese enthalten, können vorzeitig von der Milz eliminiert oder für die intravaskuläre Hämolyse zunehmend empfänglich werden. Splenomegalie Durch die Vergrößerung der Milz, werden zu schnell zu viele Blutbestandteile herausgefiltert. Hypophosphatämie Kann aufgrund einer Niereninsuffienz auftreten. Der Mangel an Phophor führt zu Verteilungsdefiziten, da Phosphat maßgeblich am Energiestoffwechsel beteiligt ist (ATP) Hypo-/ normo-/ hyperchrom Beispiele: Hypochrom Eisenmangelanämie, infektiös-toxische Anämie, Störungen der Erythropoese Normochrom Blutungsanämie, hämolytische A., nephrogene A.. Hyperchrom Vit. B12-/ Folsäuremangel Mikro-/ normo-/ makrozytär Beispiele Mikrozytär Eisenmangelanämie Normozytär Hypoplastische, symptomatische, nicht regenerative Anämien Makrozytär Regenerative Anämien