Predigt - EFG Neuhofen

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Evangelisch-Freikirchliche Gottesdienstentwürfe
Predigt
7. Sonntag nach Trinitatis
Datum: 07.08.2011
Text: Johannes 6, 30-35
Autorin: Claudia Deppner, Referentin im Frauenwerk
Wer bist du? Was sagst du über dich, wenn man dich fragt, wer du bist? Was fällt dir
als erstes ein, wenn du z.B. in einer Vorstellungsrunde sitzt und etwas zu deiner
Person sagen sollst? Fallen dir dann dein Beruf, dein Alter, dein Familienstand, deine
Kinder, dein Haus, dein Auto, deine Frau/dein Mann, ein? Wer bist du, worüber
definierst du dich?
Jesus musste keine Vorstellungsrunden über sich ergehen lassen, aber auch er
wurde immer wieder direkt oder indirekt gefragt, wer er sei. Die Menschen, die ihm
begegnet sind, haben versucht ihn einzusortieren, ihn zu verstehen. So auch die
Menschen in dem Bibeltext, um den es heute geht. Am Morgen nach der
Brotvermehrung, von der wir eben gehört haben, erklärt Jesus den Menschen, dass
es im Leben nicht um vergängliche Nahrung geht, sondern um Nahrung, die bis in
das ewige Leben Bestand hat. Das einzige, was die Zuhörer tun müssen, um diese
Nahrung zu erhalten, ist, an den zu glauben, den Gott gesandt hat.
An dieser Stelle setzt der Bibeltext ein: Joh. 6,30-35
Jesus stellt sich den Menschen vor und sagt: „Ich bin das Brot des Lebens“. Als
erstes sagt Jesus:
„Ich bin“
Jesus knüpft mit diesem Ich-bin-Wort und den anderen, von denen im NT berichtet
wird, an Gottes Namen an. Gott hat sich Mose gegenüber als: „Ich bin, der ich bin“
vorgestellt (2. Mose 3,14). In unseren Ohren hört sich das reichlich abstrakt an.
Hebräer, die damals die Adressaten dieses Satzes waren, konnten damit viel
anfangen. Sie haben damit folgende Aussagen verbunden:
- „Ich werde sein, der ich sein werde“.
- „Ich bin wirklich und wahrhaftig da“ (das bedeutet: umfassende Totalität und
Intensität).
- Oder sie haben damit einen Beziehungssatz verbunden: „Ich bin tatsächlich der,
der für euch da ist, der bereit ist euch zu helfen und um euretwillen einzugreifen.“
Gott ist also kein ferner Gott, irgendwo im Universum, sondern einer, der den
Menschen, in dem Fall den Israeliten, nahe kommt und ihnen aus ihrer Notlage hilft.
Im Hebräischen war es so, wenn jemand seinen Namen genannt hat, dann hat er
damit deutlich gemacht, dass er mit dem Gegenüber eine persönliche Beziehung
eingehen möchte. Indem Gott also seinen Namen preisgibt, sagt er gleichzeitig, dass
er eine Beziehung zu den Menschen haben will.
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Wenn Jesus also an das „Ich bin, der ich bin“ anknüpft, dann macht er mit seinem
„Ich bin“ deutlich, wie wichtig ihm eine persönliche Beziehung zu uns Menschen ist:
Er will für uns, für dich da sein, dir helfen, dich unterstützen, an deinem Leben Anteil
haben. Außerdem sagt Jesus dadurch, dass er nicht nur ein normaler Mensch ist,
sondern gleichzeitig Gott.
Mit jedem Ich-bin-Wort, das in der Bibel vorkommt, stellt Jesus eine andere Seite
seines Wesens vor. An dieser Stelle sagt er:
„Ich bin der, der dir zu essen gibt“
Eines unser Grundnahrungsmittel ist das Brot. Brot macht satt; es schmeckt gut;
zumindest in Deutschland gibt es sehr viele verschiedene Sorten und es hat die
Besonderheit, dass wir es jeden Tag essen können. Oder habt ihr schon mal gehört,
dass jemand gesagte hat: Ich kann kein Brot mehr essen, ich habe es schon zu oft
gehabt? Brot können wir täglich essen, ohne es eintönig zu finden. Ja, wir können es
in der Regel ein Leben lang jeden Tag essen. Stellt euch vor, ihr müsstet ein Leben
lang jeden Tag Spagetti essen – kein angenehmer Gedanke!
Jesus stellt sich in diesem Text als Brot vor. Warum gerade als Brot und nicht als
Spagetti? Wie oben erwähnt, ist eine besondere Eigenschaften von Brot, dass wir es
jeden Tag essen können ohne das Bedürfnis nach Abwechslung zu haben. Ebenso
können wir jeden Tag „geistliches“ Brot zu uns nehmen, ohne dass wir das Gefühl
haben, es müsste mal etwas anderes zu essen geben. Damit es nicht eintönig wird,
gibt es sogar, genau wie beim realen Brot, verschiedene Sorten, also verschiedene
Arten, wie wir geistliche Nahrung zu uns nehmen können:
- indem wir Bibel lesen. Und je nach Geschmack, können wir dabei eine der vielen
Übersetzungen wählen, die uns zur Verfügung stehen
- indem wir die Bibel hören: auf Hör-CDs, in christlichen Radio- und
Fernsehprogrammen – auch hier, je nach Geschmack
- indem wir Predigten hören im Gottesdienst, im Radio, Fernsehen oder Internet
- indem wir mit Jesus ins Gespräch kommen und uns von ihm direkt ermutigen oder
ermahnen lassen
- indem wir mit anderen über geistliche Inhalte sprechen und austauschen
- indem wir geistliche Bücher und Kommentare oder Andachtsbücher lesen
- usw.
Diese Vielfalt gibt es weder beim realen noch beim geistlichen Brot in allen Ländern
dieser Welt, im Gegenteil. An dieser Stelle sind wir in Deutschland privilegiert und
wissen es leider oft gar nicht mehr zu schätzen. Wir nehmen es als eine
Selbstverständlichkeit hin, die uns zusteht. So reagieren wir evtl. ärgerlich, wenn
unsere Lieblingsbrotsorte beim Bäcker für diesen Tag ausverkauft ist und wir uns
unter der großen Auswahl für etwas anderes entscheiden müssen. Übertragen kann
das sein, dass ich enttäuscht, vielleicht sogar ärgerlich bin, weil ich heute im
Gottesdienst, in der Predigt nicht das gehört habe, was mir im Moment gut tun
würde. Ohne an die vielen anderen Möglichkeiten zu denken, mit denen ich
geistliche Nahrung zu mir nehmen könnte.
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Obwohl die Auswahl sowohl bei realem als auch bei geistlichem Brot immer größer
wird, essen wir jedoch nicht mehr davon, wie man vermuten könnte, sondern im
Gegenteil, weniger. Noch im 19. Jahrhundert betrug der tägliche Brotverbrauch
zwischen 400 und 500 g und machte damit fast 80% der gesamten Energiezufuhr
aus. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts nahm der Brotverzehr kontinuierlich ab und
liegt heute, bei etwa 220 g. Das entspricht gerade noch 40 % des täglichen Bedarfes.
Entspricht dies vielleicht auch unserem geistlichen Zustand? Wie viel geistliche
Nahrung nehmen wir im Verhältnis zu dem auf, was täglich unsere Aufmerksamkeit
gewinnen will? Woher beziehen wir geistliche Energie? Brauchen wir sie überhaupt,
um unseren normalen Alltag bewältigen zu können? Wir kommen doch auch so gut
zurecht und wenn dann mal „Not am Mann“ ist, können wir uns ja immer noch an
Jesus wenden.
Diese Art der Nahrungsaufnahme ist allerdings nicht gesund. Es ist, als ob wir nur
dann essen und trinken, wenn wir am verhungern sind. Tun wir dies im realen Leben,
so würden wir bald krank werden. Ähnlich verhält es sich im geistlichen Leben, auch
hier sind wir auf eine regelmäßige ausgewogene Nahrung angewiesen, um geistlich
gesund bleiben zu können.
Jesus stellt sich nicht nur als „Ich bin“ und „Ich bin der, der dir zu essen gibt“ vor,
sondern auch mit:
„Ich bin der, der dich satt macht.“
Diese Aussage von Jesus ist herausfordernd, wirft sofort Fragen auf und reizt auch
zum Widerspruch. Stimmt es, dass wir uns innerlich nie mehr hungrig fühlen, wenn
wir an Jesus glauben, ihn „essen“? Nie mehr eine Sehnsucht fühlen, verzweifelt sind,
unzufrieden, einsam oder unglücklich? Leben wir dann ein Leben auf „sonnigen
Höhen“ von einer Kraft zur anderen?
Ich denke, so ist das Angebot, das uns Jesus mit sich selbst, dem lebendigen Brot,
macht, nicht gemeint. Mit diesem Leben, von dem Jesus spricht, ist mehr gemeint als
das rein biologische Leben. Die griechische Sprache unterscheidet bei dem Wort
Leben zwischen „Bios“ und „Zoë“. Im Griechischen steht das Wort „Bios“ für die
Lebensfunktionen und den Lebensunterhalt. In diesem Bibeltext steht jedoch „Zoë“
und „Zoë“ ist die absolute Fülle des Lebens. Es ist das reale, echte Leben, ein
aktives und kraftvolles Leben, ein Leben, dass Gott hingegeben ist. Ein Leben, das
für die, die an Jesus glauben, schon in dieser Welt anfängt. Und das nach dem
irdischen Tod in einem neuen, perfekten Körper für ewig weiter gelebt wird.
Freust du dich schon auf dieses Leben nach dem Tod? Darauf, Jesus einmal direkt
sehen zu können, mit ihm von Angesicht zu Angesicht reden zu können? Oder
klammerst du das Thema in deinem Denken lieber aus, weil es nicht so angenehm
ist? Als Christen haben wir eine Hoffnung und ein Ziel, auf das wir zugehen. Wir
werden in Ewigkeit mit Jesus verbunden sein und in einer so wunderschönen Welt
leben dürfen, wie wir sie mit Worten gar nicht beschreiben können. Wenn uns
bewusst ist, dass das Beste ja noch kommt, dann können wir im Heute und hier viel
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gelassener und erfüllter leben. Wir können uns darauf konzentrieren, ein Gott
hingegebenes Leben zu führen und darauf vertrauen, dass er für uns sorgt, hier in
dieser Welt und in der neuen.
Gott hat uns die Ewigkeit ins Herz gelegt (Prediger 3, 11). Darum haben wir Hunger
nach einem ewigen, erfüllten Leben. Und diesen Hunger kann nur Jesus stillen.
Adam und Eva haben verbotenerweise von dem Baum des Lebens gegessen,
wodurch der Tod ins Leben Einzug gehalten hat. Jesus bietet nun das Brot des
Lebens an und jeder, der dieses Brot isst, darf ewig leben. Im Abendmahl erinnern
wir uns jedes Mal daran, dass Jesus für uns gestorben und auferstanden ist und
somit dem Tod die Macht genommen hat.
Es ist also lebensnotwendig Jesus zu „essen“. Es reicht nicht aus, das Brot des
Lebens anzuschauen und es vielleicht toll zu finden. Es muss in das Leben
aufgenommen werden, damit es „wirken“ kann. Die Bibel vergleicht diese Aufnahme
mit einer Geburt. Derjenige, der Jesus aufnimmt, wird neu geboren und darf ewig
leben. Jesus stillt also den Hunger nach ewigem Leben.
Wo bleibt aber unser Hunger nach einem sinnvollen, zufriedenen Leben? Der
Hunger nach Liebe, angenommen sein, geachtet werden? Stillt Jesus diesen Hunger
nicht? Müssen wir uns doch noch nach anderen Quellen umschauen?
Ein Baby muss nach der Geburt, bei der ihm Leben geschenkt wurde, regelmäßig
Nahrung zu sich nehmen, um am Leben zu bleiben. Ähnlich ist es im geistlichen
Bereich: Nachdem wir durch Jesus neu geboren wurden, müssen wir regelmäßig, am
besten täglich, geistliches Brot zu uns nehmen. Nur so können wir am Leben bleiben,
wachsen und satt werden. Tun wir dies, können wir jeden Tag u.a. die Zusage Jesu
hören: „Du bist geliebt. Du bist gewollt. Du bist wertvoll.“ Jeden Tag hören, wie Jesu
sagt: „Ich bin bei dir. Ich bin für dich da. Ich verlasse dich nicht!“ Worte, die die Seele
satt machen können.
Ähnlich wie beim normalen Brot, müssen wir geistliches Brot allerdings auch kauen
und herunter schlucken. Es reicht nicht aus, das Brot nur in den Mund zu nehmen
und dann evtl. wieder auszuspucken. Also z.B. Gottes Wort zwar zu hören, aber
nicht weiter darüber nachzudenken, welche Konsequenzen es in persönlichen Leben
hat. Geistliches Brot muss gekaut und herunter geschluckt werden, damit es verdaut
und ein Teil von dir werden kann. Nur dann hat es Auswirkungen auf dein Leben.
Vielleicht ist manches geistliche Brot so hart, dass du das Gefühl hast, dir „die Zähne
daran auszubeißen“. Oder dir kommt es sogar „schwer verdaulich“ vor. Es lohnt sich
aber gerade die harten oder schwer verdaulichen Worte nicht gleich wieder
auszuspucken, sondern immer wieder an ihnen zu kauen. Es ist wichtig, nicht nur
das zu dir zu nehmen, was du am liebsten magst, also deine Lieblingsspeisen.
Jesus schenkt nicht nur ewiges Leben, sondern auch ein Leben in Fülle, von dem
vorhin die Rede war. Er lädt uns zu einem kraftvollen, an Gott hingegebenen Leben
ein. Einem Leben, das für die, die an ihn glauben, schon in dieser Welt anfängt. Und
das nach dem irdischen Tod in einem neuen, perfekten Körper für ewig weiter gelebt
werden kann.
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Äußerlich kann ein Leben in Fülle durchaus von Entbehrungen geprägt sein, von
Verlusterfahrungen, von Schwierigkeiten und Nöten, von Verfolgung. Innerlich aber
von der tiefen Gewissheit in Jesus Christus Geborgenheit, Halt und Heimat zu
haben. Gespeist von einer inneren Kraftquelle, die nie versiegen wird.
Vielleicht fällt dir dann, wenn du darüber nachdenkst, wer du bist, nicht als erstes ein,
was du besitzt, was du kannst oder welche Berufsbezeichnung du hast. Dann fällt dir
vielleicht das ein, was du wirklich bist und was dir niemand nehmen kann. Keine
Umweltkatastrophe, kein Tsunami, keine Reaktorkatastrophe, keine persönliche
Krise, keine Arbeitslosigkeit, ja nicht einmal der Tod: Du bist ein unendlich geliebtes
Kind Gottes, das in alle Ewigkeit mit ihm, dem lebendigen Gott, leben darf. Einem
Gott, der dir heute schon immer wieder zuspricht: „Ich bin der, der für dich da ist.
Der, der dir zu essen gibt. Der, der dich satt macht. Ich bin das Brot des Lebens.“
Amen
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