Seminar: „Lektürekurs Alexis de Tocqueville“ 11.01.2010 Dozent: Sven Leunig Katja Ruhle Aufgabe: Tocqueville hält zwei Elemente für besonders wichtig, die Demokratie zu stärken: die herausgehobene Stellung der Rechtsgelehrten und die Religiosität der Bevölkerung. Wie begründet er dies? Quelle : Alexis de Tocqueville, 1. Buch, II. Teil, Kapitel 8, 303-312; 332-340 Begründung Tocqueville für die herausgehobene Stellung der Rechtsgelehrten: - Rechtskundige haben Einfluss auf Regierung und damit „mächtige Schranke gegen die Verirrungen der Demokratie“ (S.303f.) - im Mittelalter wirkten Rechtskundige an Erweiterung der Königsherrschaft mit (S.304) in England eng mit Aristokratie verbunden in Frankreich gefährliche Feinde - Rechtskundige durch Studium „Gewöhnung an Ordnung“, „gewissen Sinn für Formen“, „unwillkürliche Liebe für klare Gedankenfolge“ und gesellschaftliche Sonderstellung (S.304) = dadurch natürlicher Gegensatz zum Revolutionsgeist und unüberlegten Leidenschaften der Demokratie (S.304) - Rechtungskundige: - Neigungen und Gewohnheiten der Aristokratie (S.304) - Abneigung gegen das Tun der Menge - Verachtung der Volksregierung (S.305) - in alle freien Regierungen findet man Rechtskundige in den ersten Reihen aller Parteien (S.305) - wenn Aristokratie die Rechtskundigen in ihren Reihen „sperrt“, macht sie sich diese zu gefährlichen Feinden (S.305) - wenn z.B. Adel sich mit Rechtskundige Vorteile teilt, dann empfanden diese beiden Klassen sich zur „gleichen Familie“ gehörig (S.306) - Rechtskundige lieben „das geordnete Dasein“ und die „größte Gewähr der Ordnung ist die Obrigkeit“ (S.306) - Rechtskundige stellen die Gesetzlichkeit über die allgemeine Freiheit (S.306) fürchten die Tyrannei weniger als die Willkür - demokratische Regierung ist politischen Macht der Rechtskundigen „günstig“ (S.306) - Rechtskundige wird vom Volk gewählt, deshalb kommen sie rechtsmäßig in die Regierung (nicht wie Reiche, Adlige oder Fürsten) (S.306) - Rechtskundige neigen durch inneren Drang ehr zum Adel, allerdings treibt der Vorteil sie zum Volk (S.306) = Rechtskundige sind das natürliche Band zw. den beiden (S.307) deshalb „lieben“ Rechtskundige die demokratische Regierung ohne ihre „Neigungen“ und „Schwächen“ nachzuahmen (S.307) - in einer Demokratie vertraut das Volk dem Rechtskundigen, da es zum Vorteil ist, wenn dieser ihre Sache verteidigt (S.307) - Rechtskundige wollen Regierung nicht stürzen, aber sie wollen die Richtung und Mittel bestimmen, wie diese zu lenken ist (S.307) - Einfluss der Rechtskundigen muss im Verhältnis zur Machtzunahme des Volkes stehen, da sonst kein dauerhafter Fortbestand der Demokratie (S.307) - englische und amerikanische Rechtskundige hat sich eigenes Denken versagt, dadurch mehr Zurückhaltung und Beharrlichkeit als in Frankreich (S.308) - englische und amerikanische Rechtskundige macht die schwer verständlichen Gesetze für die gewöhnlichen Menschen zugänglich (S.308) dadurch hohe Stellung des Rechtskundigen, da man ihn notwendigerweise braucht - in Amerika gibt es keine Adligen oder Schriftsteller: deshalb Rechtskundige höchste politische Klasse der Gesellschaft (S.309) „Der amerikanische Adel sitzt auf den Bänken der Anwälte und auf den Richterstühlen“ (S.309) - Geist der Rechtsgelehrsamkeit kann Mängel der Volksregierung ausgleichen (S.309) - Gerichte sind sichtbarste Organe, deren sich die Körperschaft der Rechtskundigen bedient um auf die Demokratie einzuwirken (S.310) Begründung Tocqueville für die Religiosität der Bevölkerung: - es gibt keine einzige Glaubenslehre, die sich in den demokratischen und republikanischen Einrichtungen als feindlich erweist (S.334) - Katholizismus bildet republikanischste und demokratischste Klasse in der Vereinigten Staaten (S.333) - Denkenden stehen alle auf gleicher Stufe; Priester hat jedoch eine Art Vormachtsstellung - Katholiken sind die fügsamsten Gläubigen und die unabhängigsten Bürger (S.334) = tragen den Grundsatz der Gleichheit in das politische Leben - Protestantismus drängt Menschen weniger zur Gleichheit und Unabhängigkeit wie Katholizismus - amerikanischen Geistlichen sind für bürgerliche Freiheit (S.337) halten sich von politischen Geschehen fern (S.337) - große Sittenstrenge in den USA Ursprung in Glaubenshaltung - Religion regelt also die Sitten, aber dehnt auch Herrschaft auf geistige Leben aus (S.337) begünstigt Ruhe des Volkes und Dauer der Einrichtungen (S.338) - Amerikaner halten „Glauben“ für notwendig zur Erhaltung der republikanischen Einrichtungen (S.39) - Amerikaner verschmelzen in ihrem Denken mit Christentum und Freiheit (S.339)