Robin Rühling, HS Alexis de Tocqueville, Gruppe II Arbeitspapier zur Sitzung am 18. Januar 2011 Aufgabe: Tocqueville hält Erziehung und vor allem die Sitten eines Volkes für eminent wichtig zur Aufrechterhaltung der Demokratie. Wie begründet er dies und welche Schlüsse zieht er daraus für andere Staaten? Quelle: Tocqueville, Über die Demokratie in Amerika, 1. Buch, II. Teil, Kapitel 8, S. 348-360 (Q) Erziehung und Sitten zur Aufrechterhaltung der Demokratie „…; man würde aber in den Vereinigten Staaten vergeblich einen einzigen Bezirk suchen, in dem völlige Unwissenheit herrscht.“ (Q, S.350) Die Angloamerikaner sind völlig geschult auf dem Boden ihrer Nachfahren angekommen sie hatten nichts zu lernen; sie brauchten bloß nichts zu vergessen o Die erworbenen Kenntnisse und Achtung vor dem Wissen wurden durch die Kinder „in die Wildnis“ mitgenommen (Q, S.350) Laut Tocqueville hat sie die Erziehung gelehrt, den Nutzen der Bildung zu erkennen o Sie wurden so befähigt, die gleiche Bildung ihren Nachkommen zu vermitteln (Q, S.350) o „In den Vereinigten Staaten hat die Gesellschaft also keine Kindheit; sie ist erwachsen geboren.“ (Q, S.350) Es kann also nicht daran gezweifelt werden, dass der Volksunterricht in den Vereinigten Staaten mächtig zur Erhaltung des demokratischen Staates beiträgt o Für Tocqueville wird dies überall so sein, wo man die Wissensbildung, die den Geist schult, nicht von der sittlichen Erziehung trennt (Q, S.351) Befragt man einen Amerikaner über sein Land, so wird seine Sprache klar, knapp und genau wie sein Denken o Er belehrt dabei jeden über seine Rechte und über die Mittel ihrer Ausübung o Er weiß, nach welchen Bräuchen das politische Leben gelenkt wird (Q, S.352) 1 Robin Rühling, HS Alexis de Tocqueville, Gruppe II Der Amerikaner hat diese Kenntnisse und Begriffe aber nicht einfach den Büchern entnommen die Wissenserziehung konnte ihn für deren Aneignung nur vorschulen o Er lernt die Gesetze vor allem durch Mitwirkung an der Gesetzgebung kennen o Beim Regieren unterrichtet er sich über die Regierungsform (Q, S.352) „In den Vereinigten Staaten ist die ganze Erziehung auf die Politik gerichtet;…“ (Q, S.352) „…, die Erhaltung der demokratischen Einrichtungen der Vereinigten Staaten sei den Verhältnissen, den Gesetzen und den Sitten zuzuschreiben.“ (Q, S.353) Die physischen Bedingungen beeinflussen das Schicksal der Nationen nicht so stark, wie man es vermutet o Es sind demnach die Gesetze und Sitten der Amerikaner, die den Grund ihrer Größe und die vorherrschende Ursache darstellen (Q, S.354) Tocqueville sieht hierbei aber Gründe, die ihn glauben lassen, dass die gut angepassten Gesetze dem Einfluss der Sitten noch nachstehen (Q, S.355) o So führt er an, dass fast alle Menschen im Gebiet der Union gleicher Abstammung sind – sprechen dieselbe Sprache – beten Gott in der gleichen Weise an – gleichen materiellen Bedingungen unterworfen – gehorchen denselben Gesetzen (Q, S.355) Es sind somit vor allem die Sitten, die die Amerikaner der Vereinigten Staaten als einzige unter allen Amerikanern zum Ertragen der demokratischen Herrschaft befähigen o Die Sitten führen auch dazu, dass die verschiedenen angloamerikanischen Demokratien mehr oder weniger geordnet sind und gedeihen (Q, S.356) Man überschätzt also den Einfluss der geographischen Lage, schreibt den Gesetzen zu viel, den Sitten zu wenig Bedeutung zu So ist Tocqueville überzeugt, dass eine gute Lage und die besten Gesetze eine Verfassung nicht ohne Hilfe der Sitten aufrechterhalten können (Q, S.356) „…Die drei großen Bedingungen helfen zweifellos die amerikanische Demokratie regeln und lenken; […] , so möchte ich sagen, dass die physischen Ursachen 2 Robin Rühling, HS Alexis de Tocqueville, Gruppe II weniger als die Gesetze, und die Gesetze weniger als die Sitten dazu beitragen.“ (Q, S.356) Schlussfolgerungen für andere Staaten Für Tocqueville stellt sich die Frage, ob die Gesetze und Sitten ihrerseits das Land ersetzen können (Q, S.357) Seine Beobachtungen bei den Angloamerikanern lassen ihn glauben, dass die demokratischen Einrichtungen auch in anderen Staaten Bestand haben könnten o Wenn sie sich mit den Gewohnheiten vermischen und mit den Meinungen des Volkes eins würden (Q, S.358) Wenn die soziale Lebensform der Amerikaner Gewohnheiten und Meinungen entstehen ließ, die den in Europa unter gleichen Verhältnissen entstehenden Sitten entgegengesetzt wären o So könnte die amerikanische Demokratie nicht über das belehren, was in anderen Demokratien vor sich gehen muss (Q, S.358f) o Tocqueville begegnete in Amerika aber den gleichen Leidenschaften wie in Europa (Q, S.359) Die Sitten und Gesetze der Amerikaner sind nicht die einzigen, die demokratischen Völkern zusagen können o Sie haben aber gezeigt, die Demokratie mit Hilfe der Sitten und Gesetze zu regeln (Q, S.360) „Wenn andere Völker diesen allgemeinen und fruchtbaren Gedanken bei Amerika entliehen, […] , wenn sie trachteten, sich der sozialen Lebensform anzupassen, […] , und Despotie und Anarchie zu entrinnen suchten – was berechtigt uns zu glauben, sie müssten in ihren Bemühungen scheitern?“ (Q, S.360) 3