Über die Demokratie in Amerika (II), Jena, WS 2010/11

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Andreas Matt, HpS Lektürekurs Alexis de Tocqueville: Über die Demokratie in Amerika (II), Jena,
WS 2010/11
Arbeitspapier zum 14.12.2010
Fragestellung: „Neben viel Kritik sieht Tocqueville auch Vorteile in der Demokratie. So
stärke diese den Bürgersinn. Erläutern Sie dessen Funktion für die Demokratie.“
(T.1) Alexis de Tocqueville, Über die Demokratie in Amerika, 1. Buch, II. Teil, Kapitel 6, S.
270-83
Vier Elemente eines Bürgersinnes können in der vorliegenden Textstelle identifiziert waren:
Die Vaterlandsliebe der Amerikaner (1.), der Rechtsgedanke der Amerikaner (2.), der
Rechtssinn der Amerikaner (3.) und die politische Aktivität in die sich die Bürger der
Vereinigten Staaten selbsttätig einziehen sprich die Nutzung politischer Partizipationsrechte
(4.).
1. Vom öffentlichen Geist in den Vereinigten Staaten
 Tocqueville in seinem Kapitel „Vom öffentlichen Geist in den Vereinigten Staaten“
zunächst zwei Arten der Vaterlandsliebe:
 Zum einen die gefühlsbetonte Vaterlandsliebe, die auf der assoziativen und
integrativen Kraft der positiven Identifikation mit der eignen Heimat und damit
verbundenen Elementen fußt. {T.1 S. 270f}
Die Leidenschaftlichkeit dieser Vaterlandsliebe macht sie der Natur der
Leidenschaftlichkeit nach kurzlebig. {T.1 S. 271}
 Zum andren eine verstandesmäßige Vaterlandsliebe, die „sich dank der
Gesetze [entfaltet]“, „mit der Ausübung der Rechte [wächst] und […]
schließlich in gewissem Sinne mit dem persönlichen Vorteil [verschmilzt].“
{T.1 S. 271}
Dieser Vaterlandsliebe liegt die Identifikation mit dem Staat und seinen
Gesetzen und dies positive Assoziation mit dem Selben zu Grunde, denn
dadurch, dass der Bürger am Staat partizipiert verbinden sich Eigennutzern und
Wohl des Staates. {T.1 S. 271f}
In den Vereinigten Staaten hat der Mann aus dem Volke erkannt, dass sein
Einwirken auf das allgemeine Wohlergehen Einfluss auf sein eigenes Glück
hat und begonnen diese Dependenz als „sein eigenes Werk“ zu versehen. {T.1
S. 272f}
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WS 2010/11
 Die erstere Form der Vaterlandsliebe findet ihre Entsprechung in der
Monarchie, die Zweiter in der Republik. {T.1 S. 272}
 Tocqueville stellt demnach fest, dass „das mächtigste und vielleicht einzige
verbliebene Mittel, den Menschen für das Schicksal seines Vaterlandes zu erwärmen,
[darin besteht], sie an der Regierung teilhaben zu lassen.“ {T.1 S. 272} Der
„Bürgergeist“ scheint Tocqueville demnach untrennbar mit der „Ausübung
politischer Rechte“ (Partizipation) verbunden. {T.1 S. 272}
2. Vom Rechtsgedanken in den Vereinigten Staaten
 Ausgangspunkt seiner Überlegungen zum Rechtsgedanken in der Vereinigten Staaten
bildet Tocquevilles Annahme, dass Recht die Artikulation von Tugend im Politischen
ist. Und die Tugendhaftigkeit ist Tocqueville gleichsam der Garant für das
Wohlergehen des Staates, des Volkes und der Menschen, kurzum allem am Politischen
beteiligten. {T.1 S. 273f}
 Tocqueville definiert Recht hierbei als eine Kombination aus juristischem Recht und
politischen Rechten, die sich im Begriff des Rechtes zu amalgiere scheinen. {Vgl. T.1
S. 274f}
 Um den Gedanken des Rechtes in der Bürgerschaft (Tocqueville spricht heir algemein
von Menschen) zu verankern hält es Tocqueville für ein Probates – wenn nicht das
einzige – Mittel ihr die „friedliche Ausübung gewisser Rechte“ zuzusprechen. {T.1 S.
274}
 Eine Gefahr des Missbrauches dieser Rechte sieht Tocqueville nicht. Als Beispiel
führt er an, das in Amerika die Bürger einen „hohen Begriff von den politischen
Rechten“ hätten, und die Achtung der Rechte der Andren durch das Wirken einer Art
Kategorischen Imperative (respektive Goldenere Regel) gewährleistet wird. {T.1 S.
274}
 Der größte Verdienst der Demokratie ist es, dass sie der größtmöglichen Zahl an
Staatspürgeren diese politischen Rechte zukommen lässt und damit ihre
Tugendhaftigkeit steigert. Besonders vor dem Hintergrund des Verfalles von Religion
respektive Sittlichkeit und den damit verbunden Rechtsverständnissen (göttlicher
respektive Sittlicher Begriffe des Rechtes)hält Tocqueville die Distribution politischer
Rechte an das Volk für unbedingt notwendig. {T.1 S. 275}
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 Am Beispiel Amerikas meint Tocqueville zu sehen, dass sich mit der Dauer des
Zeitraumes, für den die Bürger ihre Rechte besitzen und ausüben, auch die Fähigkeit
zu ihrem Gebrauch zum besseren entwickeln. {T.1 S. 276}
3. Über die Achtung der Gesetze in den Vereinigten Staaten
 Der Rechtssinn ist indes in den Vereinigten Staaten nach Tocqueville sehr hoch
ausgeprägt.
 Tocqueville sieht herfür zwei wesentliche Punkte:
 Aufgrund der Tatsache, dass in der Demokratie die Mehrheit der Bürger über
die Wahlen indirekt und mittelbar an der Gesetzgebung Teil hat {T.1 S. 276f}
und dem Sachverhalt, dass sich die Zugehörigkeit des einzelnen Bürgers zur
Majorität oder Minorität jederzeit ändern kann {T.1 S. 277}, ergibt es sich,
dass des zum eignen Vorteil gereicht den Gesetzen zu gehorchen.
 Desweiteren gibt es keine große Masse im Volk (in Europa wären es die
Armen, die in den USA aber an der Regierung partizipieren), die das Gesetz
als „natürlichen Feind betrachtet“ und ihm misstraut. {T.1 S. 277}
Leide glich die Klasse der Reichen (die aber die Minderheit des Souveränes
darstellen und nicht exponiert die Bildung der Gesetze beeinflussten) stehen
dem Gesetz misstrauisch gegenüber, jedoch hindert sie ihr Reichtum, oder
vielmehr die angst ihn zu verlieren daran das Gesetz zu missachten. {T.1 S.
277f}
4. Die durchgehende Geschäftigkeit der politischen Körperschaften der Vereinigten
Staaten; ihr Einfluss auf die Gesellschaft
 Da in der Demokratie nicht nur ein Teil der Bevölkerung sondern die Gesamte
Bevölkerung die Situation der Gesellschaft verbessern will, sind die Vereinigten
Staaten von einer allgemeinen Geschäftigkeit und Tatendrang geprägt. {T.1 S. 278f}
 Dies Resultiert vor allem in einem umfangreichen und weitrechenden
politischen Engagement der Bürger (auch wenn sie wie die Frauen nicht
wahlberechtigt seine sollten), die sich auf allen Ebenen von Staat und
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Gesellschaft artikuliert. {T.1 S. 279f}
Auch wenn das Volk die Regierungsgeschäfte zuweilen schlecht führt und die
Demokratie im allgemeinen von mangelnder Kontinuität geprägt ist, so wirkt
doch das politisch aktive Volk befruchtend auf die Regierung zurück {T.1 S.
280f}
 Nach Tocqueville resultiert die politische Aktivität des Volkes auch in den sich
rasant entwickelnden industriellen Kapazitäten und Aufschwung der USA. 
„Nicht die Gesetzte bringen ihn [den Aufschwung] hervor, aber das Volk lernt
ihn zu erzeugen, indem es die Gesetze macht.“ {T.1 S. 281}
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