Andreas Matt, HpS Lektürekurs Alexis de Tocqueville: Über die Demokratie in Amerika (II), Jena, WS 2010/11 Arbeitspapier zum 25.01.2011 Fragestellung: „Auf Seite 302f. führt Tocqueville aus, dass die Dezentralisierung in den USA eines der wesentlichen Mittel gegen die Tyrannei der Mehrheit ist. Erläutern Sie diese These vor dem Hintergrund von Tocquevilles Zentralismusvorstellungen!“ (T.1): Alexis de Tocqueville, Über die Demokratie in Amerika, S. 302f., 98-110. Tocqueville unterscheidet prinzipiell zwei Arten von Zentralisierung 1) Regierungszentralisierung (Zentralisierung von Anlagen, die die ganze Nation betreffen) (S. 98) 2) Verwaltungszentralisierung (Zentralisierung von Anlagen, die die nur Teile der Nation betreffen) (S. 98) Wenn beide miteinander verbunden werden steigert sich das Machtpotential der Regierung und entwöhnt die Menschen ihres Willens (S. 98f) Ein Staat ohne Regierungszentralisierung entbehrt nach Tocqueville seiner Existenzgrundlage (S. 99) Verwaltungszentralisierung schwächt nur das Volk, das sie unterwirft (S. 99f) und unterwirft es „einer gewissen Gleichförmigkeit“, die es gleichgültig gegenüber dem Schicksal der Nation aber auch den eigenen Anliegen macht. (S. 103f) o Die Gesamtheit der Bürger (in den Gemeinden/ oder Grafschaften) ist in der Förderung des sozialen Wohlergehens stets stärker als die Zentralregierung dies über Zentralverwaltung erreichen könnte. (Vgl. S. 102) Wenn beide Regierungsmittel in einer Hand vereint werden bestärken sie Tyrannei und Despotismus (S. 302) in den USA ist die Zentralisierung der Regierung hochgradige Ausgeprägt jedoch ist die Regierung bei der Durführung von Gesetz und Vorhaben auf die Gemeineden und Grafschaften respektive deren Beamte angewiesen. (S. 100f) Resultate aus der Dezentralisierung der Verwaltung in den USA sind: o Keine allgemeinen Verwaltungsregeln im Bundesgebiet, obwohl diese für ein bestehendes Gemeinwesen notwendig seien; aber keine Anarchie in der Verwaltung (S. 101f) Andreas Matt, HpS Lektürekurs Alexis de Tocqueville: Über die Demokratie in Amerika (II), Jena, WS 2010/11 o Viele staatliche Unternehmungen sind nicht durchführbar, da keine Verwaltung da ist, die sie leitet. (S. 102) In Amerika gebe es lediglich eine Regierungszentralisierung und keine Verwaltungszentralisierung; „In allen amerikanischen Republiken hat sich die Zentralregierung immer nur mit einer kleinen Anzahl von Angelegenheiten befaßt, deren Bedeutung ihre Aufmerksamkeit erreget.“ Aber! „Sie versuchte nie, die untergeordneten dinge der Gesellschaft zu betreuen:“ (S. 302) in den Vereinigten Staaten würde Verwaltungszentralisierung zwangsläufig die Tyrannei der Mehrheit verabsolutieren. Der Tyrannei der Mehrheit fehlen noch die vollkommenen Werkzeuge (S. 302) Mit der Steigerung der Bedeutung der Mehrheit ging keine Ausweitung der Befugnisse der Zentralgewalt einher Despotismus wird nur in einzelne Punkten drückend, da der Regierung die Machtmittelfehlen den Willen der Mehrheit allen Bürgern aufzuzwingen, da sie für die Ausführung der Gesetze die niedereren Verwaltungseinheiten des föderalen Systems der USA nutzen muss und diese Widerstand leisten können. ( weiterführend Subsidiarität; vertikalen respektive föderativen Gewaltenteilung ) (S. 100 und 302f) Im Gegensatz dazu fußt die Verwaltung in Europa immer auf Beamten, die ihre Befugnis von der Zentralregierung, die auch die Zentralverwaltung ausübt ableiten. Auch wen die Verwaltung in den USA „weniger geordnet, weniger gebildet und weniger erfahren“ ist sie doch „hundertfach stärker“. (S. 104) Grund hierfür ist das Engagement der Bürger, die sich um das soziale Wohlergehen bemühen. Die Vorteile einer Autorität (Zentralverwaltung) werden dann obsolet, wenn sie in ihrem „Bemühen“ das soziale Wohlergehen zu steigern und das öffentliche aber auch politisch Leben vollständig reglementieren und somit die Freiheit in einem Volk beschneiden. (Vgl. S. 105f) Wenn die Zentralverwaltung zu mächtig wird führt dies zur Teilnahmslosigkeit des Volkes (S. 106) In den USA führt die Dezentralisation auch dazu, dass die Bürger sich in ihrem Patriotismus bestärkt fühlen und sich den Anliegen des Staates, der Grafschaften und der Gemeinden wie ihren eigen widmen. (S. 107) Dezentralisierte Veraltungstruckuren schützen das Volk unabhängig von der Regierungsform (auch Aristokratie) gegenüber ausuferndem Despotismus; besonders in der Demokratie ist dies Notwendig. (S.109) Wenn in einer Demokratie zur Andreas Matt, HpS Lektürekurs Alexis de Tocqueville: Über die Demokratie in Amerika (II), Jena, WS 2010/11 Regierungszentralisierung, die die Regierung inne hat, noch die Möglichkeit uneingeschränkten Durchsetzung ihrer Vorhaben und Anliegen durch eine Verwaltungszentralisierung hinzukommt kann dies nur zu Despotismus führen, da die Machtakklamation die Tyrannei der Mehrheit vervollkommnen würde.