5 Die »fünf Wege« bei Thomas von Aquin Inhalt S. 103-133 |103 Im ersten Teil seiner >Summa theologiae< führt Thomas im dritten Abschnitt der zweiten Quaestio (S. th. 1, q.2,a.3c) im Hauptteil fünf Wege an, auf denen das Dasein Gottes bewiesen werden könne. In der Geschichte der Gottesbeweise kommt diesem Abschnitt große Bedeutung zu. Die Gründe dafür sind folgende: Thomas hat eine beeindruckende systematische Verarbeitung der im Mittelalter vorherrschenden Tradition der Kirchenväter, vor allem Augustins, mit dem neu bekannt gewordenen Gedankengut von Aristoteles geleistet; seine fünf Wege sind eine Zusammenfassung bisheriger Bemühungen. Durch seine systematische Leistung hat Thomas großen Einfluss auf die weitere Entwicklung der Theologie ausgeübt; auch in der Diskussion über die Frage der Gottesbeweise ist man häufig auf seine Zusammenfassung zurückgekommen. Thomas hat gerade in der Auseinandersetzung mit Aristoteles eine klare wissenschaftstheoretische Unterscheidung von Philosophie und Theologie herausgearbeitet; darum ist seine Darstellung der Gottesbeweise gerade auch für eine philosophische Gotteslehre von großer Bedeutung. 5.0 Ort der Gottesbeweise Gedanken, die in den Gottesbeweisen ihren Ausdruck finden, verwendet Thomas von Aquin an vielen Stellen. Zusammenfassende Darstellungen mehrerer Gottesbeweise stehen am Beginn der beiden Summen: in der früher abgefassten >Summa contra gentiles< mit mehr Augenmerk auf einzelne Detailfragen, in der später verfassten >Summa theologiae< in strafferer Form, die bewusst nur die Hauptgedanken herausstellt. Es ist dies der vielzitierte Text über die »quinque viae«, die fünf Wege, auf denen nach Thomas das Dasein Gottes mit dem Licht der natürlichen Vernunft bewiesen werden kann. In beiden Werken steht die |105 Entfaltung der Gottesbeweise im Zusammenhang der Auseinandersetzung mit zwei extremen Ansichten. Die eine Ansicht knüpft an die Auffassung an, die sich im später »ontologisch« genannten Beweisgang Anselms von Canterbury im >Proslogion< (vgl. 1.2.2) ausgedrückt hat. Ihr zufolge bedarf es gar keines eigentlichen (aposteriorischen) Beweises des Daseins Gottes, weil dieses ohnehin unmittelbar einsichtig sei. Die andere Ansicht hält Gottesbeweise für unmöglich, weil das Dasein Gottes nur über den Glauben und die Offenbarung dem Menschen zugänglich sei. Dieser Auffassung gegenüber wird die Beweisbarkeit gezeigt, indem Beweisgänge vorgelegt werden. Zugleich ist sich Thomas aber dessen bewusst, dass auf diesen Wegen nicht leicht eine lebenstragende Gewissheit gewonnen wird, weshalb für die meisten Gläubigen der Offenbarungsglaube faktisch der Gewissheitsgrund auch für das ist, was an sich mit dem Licht der natürlichen Vernunft von Gott erkannt werden kann. Für die systematische Entfaltung der Theologie jedoch bedarf es der Entfaltung und Berücksichtigung dessen, was mit dem Licht der natürlichen Vernunft von Gott erkennbar ist. Die in der >Summa theologiae< zusammengefassten Wege werden als Dass-Beweise verstanden: Sie gehen aus von unmittelbar erfahrbaren oder als bekannt angenommenen Tatsachen. Diese Gegebenheiten werden im Hinblick auf ein umfassendes Wirklichkeitsverständnis analysiert. Dabei wird festgestellt, dass die aufgewiesenen Gegebenheiten von Charakteristika geprägt sind, durch die sich zeigt, dass diese Gegebenheiten auf einen sachlich vorausgesetzten, sie ermöglichenden Grund verweisen, der seinerseits nicht mehr in etwas von ihm Verschiedenem gründet. Dadurch ist nicht nur das Dasein eines Urgrundes aufgewiesen, sondern im Vergleich mit den Charakteristika des Gegebenen, das auf einen davon verschiedenen Grund verweist, ist dieser Urgrund auch positiv bestimmbar als etwas, das das Gegebene begründet, negativ als etwas, das Charakteristika ausschließt, deren Vorkommen im Gegebenen einen von diesem unterschiedenen Grund forderten. |104 Überblick über Formen von Gottesbeweisen Bei Thomas von Aquin Abgelehnt (S.th.I,q.2,a.1; S.c.gent. I, 10f) „5 Wege“ S.th. I, q.2, a.3; S.c.gent. I. 13 Ausgangspunkt: 1. Bewegung PhG 5.1 Zurückgehend auf Anselm von Canterbury (Proslogion) Aristoteles (Phys.8, Mph.12) 2. Verursachung Aristoteles PhG 5.2 (Mph.2) 3. Kontingenz (nicht notwendig) PhG 5.3 Platon, Avicenna, Moses Maimonides Weiterführung Descartes Leibniz Genannt bei Kant Ontologischer Beweis Veränderlichkeit, Zeitlichkeit Kosmo- Duns Scotus (Disp.met. 29,1,20ff) Allgemeine Struktur der Gottesbeweise Logischer Beweis Leibniz (Monad.43f) Kant 4. Seinsstufen PhG 8.1 5. Finalität PhG 8.2 Possibilien Platon Augustinus Anselm (Monologion) Plotin (Enneaden VI,9) Augustinus Augustinus Ausgangspunkt anderer Wege Begriff des vollkommensten Wesens Einheit und Vielheit Wahrheit (ewige) Dynamismus, Handeln Blondel, Maréchal Anaxagoras, Platon, Stoiker Cicero Physikotheologie Kant, Newman Ethikotheologie Konsens der Völker Praktische Vernunft, Gewissen |105 Von dem so bestimmten Urgrund behauptet Thomas schließlich, er sei derselbe, von dem die Gläubigen sagen, dass er Gott sei, auch wenn |106 Gott, insofern er vom Glaubenden aufgefasst wird, sich als reicher erweist denn Gott, insofern er philosophisch als Urgrund erschlossen wird. Die in der >Summa theologiae< zusammengefassten Wege werden als Dass-Beweise verstanden: Sie gehen aus von unmittelbar erfahrbaren oder als bekannt angenommenen Tatsachen. Diese Gegebenheiten werden im Hinblick auf ein umfassendes Wirklichkeitsverständnis analysiert. Dabei wird festgestellt, dass die aufgewiesenen Gegebenheiten von Charakteristika geprägt sind, durch die sich zeigt, dass diese Gegebenheiten auf einen sachlich vorausgesetzten, sie ermöglichenden Grund verweisen, der seinerseits nicht mehr in etwas von ihm Verschiedenem gründet. Dadurch ist nicht nur das Dasein eines Urgrundes aufgewiesen, sondern im Vergleich mit den Charakteristika des Gegebenen, das auf einen davon verschiedenen Grund verweist, ist dieser Urgrund auch positiv bestimmbar als etwas, das das Gegebene begründet, negativ als etwas, das Charakteristika ausschließt, deren Vorkommen im Gegebenen einen von diesem unterschiedenen Grund forderten. Von dem so bestimmten Urgrund behauptet Thomas schließlich, er sei derselbe, von dem die Gläubigen sagen, dass er Gott sei, auch wenn |106 Gott, insofern er vom Glaubenden aufgefaßt wird, sich als reicher erweist denn Gott, insofern er philosophisch als Urgrund erschlossen wird. 5.1 Der erste Weg: aus der Bewegung 5.1.1 Text Der erste und - wie Thomas sagt - augenfälligste Weg, zu beweisen, dass Gott sei, geht von der Bewegung aus. »Es ist nämlich gewiss und steht auch durch die Sinneswahrnehmung fest, dass einiges in dieser Welt in Bewegung ist (1). Alles aber, was in Bewegung ist, wird durch etwas anderes bewegt (2). Nichts ist nämlich in Bewegung, außer es befindet sich (noch) in Möglichkeit hinsichtlich dessen, woraufhin es sich bewegt (2.1); bewegen aber kann etwas nur hinsichtlich dessen, was es selbst schon wirklich ist (2.2). Bewegen ist nämlich nichts anderes, als etwas aus der Möglichkeit in die Wirklichkeit zu überführen (2.2.1): aus der Möglichkeit kann etwas aber nicht in die Wirklichkeit überführt werden außer durch etwas, was schon wirklich ist (2.2.2): wie etwa das bereits wirklich Heiße, wie das Feuer, macht, dass das Holz, das heiß werden kann, wirklich heiß wird, und es dadurch bewegt und ändert (2.2.2.1). Nun ist es aber nicht möglich, dass etwas zugleich wirklich und nur möglich ist-in bezug auf dasselbe, höchstens in bezug auf Verschiedenes (2.3): was nämlich tatsächlich heiß ist, kann nicht zugleich nur der Möglichkeit nach heiß sein, ist aber wohl zugleich der Möglichkeit nach kalt (2.3.1). Es ist daher unmöglich, dass etwas bezüglich desselben und auf dieselbe Weise in Bewegung ist und bewegt, also sich selbst bewegt (2.4). Daher muss alles, was in Bewegung ist, von einem anderen bewegt werden (2'). Wenn daher das, von dem es bewegt wird, wieder in Bewegung ist, muss auch dieses wieder von einem anderen bewegt werden; und jenes wieder von einem anderen (3). So kann es aber nicht ins Unendliche gehen (4): denn auf diese Weise gäbe es kein erstes Bewegendes; folglich auch nichts, was anderes bewegte (4.1), denn was zweitrangig (das heißt als ein selbst durch anderes Bewegtes) bewegt, bewegt nicht, außer es ist durch ein erstes Bewegendes bewegt (4.1.1), so wie ein Wanderstab nicht in Bewegung ist außer dadurch, dass er von der Hand bewegt wird (4.1.1.1). Also müssen wir zu einem ersten Bewegenden kommen, das von nichts anderem bewegt wird (5): und das verstehen alle als Gott (6). «1 |107 5.1.2 Die logische Struktur des ersten Weges Die Untersuchung der logischen Struktur eines Beweisgangs soll herausstellen, unter welchen Bedingungen bzw. Annahmen der Gedankengang als folgerichtig und den Schlusssatz beweisend aufgefasst werden kann. Dadurch sollen Tragkraft und Grenzen deutlich werden. 1 S. th. 1, q. 2, a. 3 c. Übersetzt vom Verfasser mit Hinzufügung einer Numerierung der Sätze, welche die logische Struktur herausstellen soll und auf die in der folgenden Erläuterung Bezug genommen wird. Das Herausarbeiten der logischen Struktur des ersten Weges soll zugleich den Weg bereiten für folgende Überlegungen: a) Welche Elemente sind eigentümlich für den ersten Weg, und in welchen Punkten besteht Ähnlichkeit mit den anderen Wegen? (Grundgedanke) b) Worin bestehen allfällige Grenzen dieser Beweisgänge, auf die sich dann die spätere Diskussion bezieht? (Weiterentwicklungen) c) Welche Voraussetzungen sind wesentlich für ein Verständnis dieser Gedankengänge als Gottesbeweise? (Voraussetzungen) Diese Frage führt zur späteren philosophischen Diskussion der Voraussetzungen und ihrer Prüfung. Aus der reichen Literatur zur Analyse dieser Beweisgänge2 sollen hier unter möglichst sparsamer Verwendung von Vorkenntnissen aus der formalen Logik jene Gesichtspunkte herausgearbeitet werden, die für das Verständnis des Grundgedankens der Beweise, ihrer Weiterentwicklung und ihrer Voraussetzungen notwendig erscheinen. 5.1.2.1 Der philosophische Begriff der Bewegung Ausgangspunkt ist eine Erfahrungstatsache: Es gibt einiges, das in Bewegung ist (vgl. [1]). Zur Stützung dieser Aussage beruft sich Thomas auf die allgemeine Gewissheit dieser Tatsache und auf die Sinneswahrnehmung. Offen bleibt hier noch, was genau unter »Bewegung« zu verstehen ist. Der zweite Schritt, der eine allgemeine Aussage über alles macht, was in Bewegung ist, analysiert den Begriff der Bewegung weiter. Dabei wird deutlich, dass Tho mas mas »Bewegung« im Anschluss an die Analyse versteht, die Aristoteles in seiner >Physik< durchführt und in seiner >Metaphysik< ver- |108 wendet. Hier wird die erfahrbare Bewegung mit der philosophischen Fragestellung zusammengebracht. Dadurch erhält der Begriff »Bewegung« einen besonderen Gehalt. 5.1.2.1.1 Voraussetzungen philosophischer Fragestellung Als Tatsachen der Bewegung werden nicht nur Ortsbewegungen betrachtet, sondern auch das Wachstum eines Organismus, das Entstehen eines Hauses, das Gestalten einer Statue oder ein Lernprozess. Bezüglich solcher Tatsachen entstand das philosophische Problem, mit dem bereits die vorsokratischen Philosophen gerungen haben: Wie ist das in Bewegung Befindliche aufzufassen und als Seiendes zu verstehen? Zeigt sich darin, dass in Wirklichkeit alles in Fluss ist und dass es nichts Beständiges gibt? Ist das von uns als beständig Aufgefasste nur eine Folge unseres begrifflichen Ordnens, die aber nicht der Wirklichkeit entspricht? Kann die Wirklichkeit nur als Gesetzlichkeit der dauernden Veränderung verstanden werden? Diese Ansicht war besonders von Heraklit vertreten worden. Was ist aber demgegenüber von der Identität der menschlichen Person zu halten? Geht unser begriffliches Erfassen tatsächlich so grob an der Wirklichkeit vorbei? Für Parmenides war gerade der Weg des Denkens, der verstehbare Zusammenhänge in der Vielfalt des sinnlich Erfahrenen entdeckt, der eigentliche Zugang zur Wirklichkeit, zum Sein. Allerdings hat er dieses Sein, das allein dem Denken zugänglich sei, so isoliert für sich betrachtet, dass er es als einziges und unveränderliches Sein aufgefasst hat, das jede Bewegung ausschließt. Damit musste er die Bewegung, die wir wahrnehmen, als bloßen Schein vom Sein abheben. Ist aber nicht gerade das in Bewegung Befindliche jene Wirklichkeit, in der wir leben? Die Leistung des Aristoteles bestand darin, dass er das in der Erfahrung gegebene Bewegte als Seiendes zu verstehen suchte. Gegenüber der undifferenzierten Seinsauffassung des Parmenides muss daher die Vielfalt der Gesichtspunkte, unter denen wir von Seiendem sprechen können, berücksichtigt werden. Wenn wir uns auch in allem Denken und Sprechen auf Seiendes beziehen - indem wir fragen und behaupten, ob, was und wie etwas ist -, tun wir 2 Vgl. Literaturhinweis zu diesem und dem nächsten Kapitel. dies im |109 einzelnen in sehr unterschiedlicher Weise und in vielfältig unterschiedenen Fragerichtungen: Wir interessieren uns einmal für Dinge, ein andermal für bestimmte Eigenschaften oder Tätigkeitsweisen, oder wir interessieren uns für Tatsachen und ein andermal dafür, ob ein bestimmtes Vorhaben möglich, realisierbar sei. In seiner >Metaphysik< sucht Aristoteles diese verschiedenen Seinsweisen herauszuarbeiten, zu unterscheiden und in ihren Beziehungen zueinander zu klären. In diesem Sinne sucht er Grundstrukturen der Wirklichkeit herauszustellen, die in unserem alltäglichen Denken und Handeln immer schon vorausgesetzt werden. Die aristotelische Analyse der Bewegung ist nun zu verstehen als Frage, welche Gesichtspunkte am Bewegten zu unterscheiden und aufeinander zu beziehen sind, wenn wir es als Seiendes betrachten. Es wird also eine Erklärung des Bewegten gesucht, die es erlaubt, dieses Bewegte als ein Seiendes in der Gesamtheit des Seienden, das heißt alles dessen, worauf wir uns beziehen können und womit wir uns auseinanderzusetzen haben, zu verstehen, es also in diese Ganzheit einzuordnen. Die philosophische Erklärung hat daher eine integrative Funktion. Durch diese integrative Funktion, welche das einzelne in der Gesamtheit des Seienden zu verstehen sucht und welche die dafür erforderlichen und damit im Seienden vorauszusetzenden Differenzierungen von Seinsweisen herausarbeitet, unterscheidet sich die philosophische Erklärung der Bewegung von einer physikalischen Erklärung, die zunächst daran interessiert ist, funktional den regelmäßigen Ablauf von Bewegungen zu erfassen. Gelingt dies, dann bewährt sich diese Erklärung in Prognosen über den zu erwartenden Verlauf der Bewegung und ermöglicht dadurch eine technische Auswertung dieses Wissens. Im Lauf der neuzeitlichen Entwicklung der Gottesfrage sind der philosophischen Gotteslehre aus einer Betonung der funktionalen Erklärung und aus einem Zurückdrängen der philosophischen Erklärung durch die Naturwissenschaft neue Probleme erwachsen (vgl. 4.1). > Hier sollte nur darauf hingewiesen werden, dass für das Verständnis des Begriffs »Bewegung« im ersten Weg bei Thomas eine philosophische Fragerichtung und Erklärungsweise vorauszusetzen ist, eine funktionale jedoch zu einem groben Missverständnis führen muss. |110 5.1.2.1.2 »Bewegung« als Potenz-Akt-Spannung Worin besteht aber nun der philosophische Begriff der »Bewegung« bei Aristoteles und damit auch bei Thomas? Bei jeder Bewegung müssen wir notwendig unterscheiden zwischen etwas, das verschiedene Zustände durchläuft, das der Bewegung zugrunde liegt, und den verschiedenen Zuständen, die dieses Zugrundeliegende zu verschiedener Zeit hat. Unabhängig von der Zeit betrachtet, kann zwar das Zugrundeliegende all diese Zustände haben -wie die Erfahrung zeigt -; tatsächlich, aktuell hat es aber jeweils nur diesen oder jenen. Wenn zum Beispiel jemand eine Sprache erlernt, hat er die Fähigkeit oder Möglichkeit dazu, die Sprachkenntnis zu erlangen, die Sprachkenntnis selbst erlernt er erst im Lernprozess - und dann jeweils in einem bestimmten Ausmaß: der eine mehr, der andere weniger. Das macht in etwa verständlich, dass die Sprachkenntnis als Wirklichkeit, als Akt aufgefasst wird, dass ein bestimmtes Zugrundeliegendes - ein bestimmter Mensch - die Möglichkeit, die Potenz, zu diesem Akt hat und dass die Bewegung, der Prozess der Erlernung der Sprache, als Verwirklichung dieser Potenz angesehen wird. Dabei ist zu beachten, dass in den verschiedenen Stadien dieses Prozesses die Sprachkenntnis in unterschiedlichem Ausmaß verwirklicht ist. Ebenso ist auch bei verschiedenen Menschen in bezug auf eine bestimmte Sprache die Kenntnis unterschiedlich verwirklicht. 5.1.2.1.3 Sein als Akt Bei Thomas wurde derAkt noch deutlicher als bei Aristoteles aufgefasst a) als Gesamtheit von Verwirklichung - z. B. von Sprachkenntnis -, so dass einer, der über Sprachkenntnis verfügt, in einem bestimmten Ausmaß daran teilhat, und b) als Sachgrund - wenn auch noch in einer undifferenzierten Weise verstanden - dafür, dass dem Zugrundeliegenden diese Wirklichkeit zukommt, wenn auch das Ausmaß, in dem es ihm zukommt, begrenzt ist, nämlich durch die konkreten Bedingungen, unter denen das Zugrundeliegende steht: Lernfähigkeit, Ausdauer, Gedächtnis. Aufgabe spezieller Erklärungen und des Ange- |111 bens von Ursachen ist es, die einzelnen Sachgründe differenzierter zu fassen. Für Thomas ist weiter charakteristisch, dass er nun überhaupt alles Seiende entweder als reine Verwirklichung des Seinsaktes oder als begrenzte Teilhabe am Seinsakt auffasst. Sein wird selbst als Akt im angedeuteten Sinn aufgefasst und jedes Seiende von daher verstanden. In der weiteren Analyse der Beweise wird zu prüfen sein, ob diese Seinsauffassung tatsächlich vorausgesetzt ist. Sofern sie vorausgesetzt ist, wird in Verfolgung der neuzeitlichen Diskussion um die Seinsauffassung zu prüfen sein, ob sie gerechtfertigt werden kann oder ob die Beweise so modifiziert werden können, dass sie von jener Seinsauffassung unabhängig werden. Beide Richtungen wurden verfolgt. Einstweilen sollte nur darauf hingewiesen werden, dass die so harmlos anmutende Feststellung, dass es Bewegung gibt, nur dann als Ausgangspunkt für den Beweis tauglich ist, wenn sie im Zusammenhang einer philosophischen Fragestellung und noch dazu einer bestimmten Seinsauffassung gesehen wird. 5.1.2.2 Der Bewegungssatz als Grundlage des Erschließens Der zweite Schritt des Beweises bereitet den Weg dafür, dass wir von der Feststellung der Tatsache der Bewegung hingeführt werden zu etwas, was von dem Bewegten vorausgesetzt wird, nämlich zu einer das Bewegte ermöglichenden Bedingung, einem »Beweger«, der vom Bewegter) verschieden ist. Der allgemeine Satz, der dies zunächst ausdrückt, wird oft »Bewegungssatz« genannt: Alles, was in Bewegung ist, wird von einem anderen bewegt (vgl. [2] und [2']). Der Bewegungssatz zeigt bereits, dass der Gedankengang nur in einem Zusammenhang philosophischer, nicht aber physikalischer Erklärung verstanden werden kann - da ist ein Körper gerade dann gleichförmig bewegt, wenn keine Kraft auf ihn wirkt. Dass er aber im Sinn einer bestimmten Seinsauffassung zu verstehen ist, ergibt sieh aus der Begründung, die Thomas für ihn gibt. Während Aristoteles seine Begründung dieses Satzes an das damalige physikalische Weltbild anlehnt, worin ihm Thomas in seiner Kommentierung der aristotelischen Begründung wie auch noch in der >Summa Contra gentiles< folgt, wird in der >Summa theologiae< der Satz ab- |112 strakter begründet, und das damalige Weltbild schlägt nur in Beispielen durch. Die Begründung des Bewegungssatzes stützt sich erstens auf den von Aristoteles übernommenen Begriff von »Bewegung« (vgl. [2.1]): Insofern in der Bewegung eine Bestimmung (Akt) verwirklicht wird, ist sie noch nicht wirklich, sondern es besteht nur die Möglichkeit zur Verwirklichung dieser Bestimmung. Zweitens stützt sich die Begründung darauf, dass der Akt in undifferenzierter Weise den Grund für die Verwirklichung enthält, der durch Angabe von einzelnen Ursachen oder einzelnen Sachgründen wenigstens zum Teil differenzierter genannt wird (vgl. [2.2]): Wenn etwas die Bewegung als Verwirklichung der Möglichkeit des in Bewegung Befindlichen sachlich begründet, dann muss es selbst schon unter dieser Rücksicht wirklich sein. Gestützt wird dies durch Rückgriff darauf, dass Bewegung die Überführung von Möglichkeit in Wirklichkeit ist (2.2.1), dass aber nur Wirkliches diese Überführung leisten kann (2.2.2), und das wird veranschaulicht dadurch, dass nur Heißes etwas heiß machen könne (2.2.2.1). Dieses Beispiel für sich genommen kann zu vielen Einwänden Anlass geben. Versteht man es nicht als Begründung, sondern als weltbildabhängige Veranschaulichung, dann fällt die Begründungslast auf die genannte Seinsauffassung zurück. Im Rahmen dieser Seinsauffassung wäre dann die Angabe eines Bewegers eine erste Differenzierung des Sachgrundes, und da der Sachgrund im Akt - wenn auch noch undifferenziert - enthalten ist, muss der Beweger an diesem Akt teilhaben, muss dieser in ihm im entsprechenden Ausmaß verwirklicht sein. Aus diesen beiden Gedanken (2.1) und (2.2) zusammen wird nun begründet, dass das Bewegende vom Bewegten verschieden sein müsse: Denn das in Bewegung Befindliche hat gerade noch nicht wirklich, sondern nur der Möglichkeit nach, was das Bewegende wirklich haben muss. Daher könne das Bewegende nicht mit dem Bewegten identisch sein, das in Bewegung Befindliche setze einen von,ihm verschiedenen Beweger voraus: vgl. (2.3), (2.4), (2'). Die Probleme, welche die Stützung des Bewegungssatzes aufwirft, machen verständlich, dass in der späteren Diskussion drei Wege beschritten wurden: Einige lassen den Bewegungssatz als weltbild- |113 bedingt fallen und verzichten auf diesen Beweisgang. Andere verstehen den Bewegungssatz als eine weltbildbedingte Fassung eines allgemeineren Kausalprinzips, das dann anstelle des Bewegungssatzes zu verwenden sei. Wieder andere suchen den Bewegungssatz weltbildunabhängig als Ausdruck der thomistischen Seinsauffassung zu verstehen und modifizieren allenfalls die Beispiele von Bewegung, die zugrunde gelegt werden: Man vermeidet die Ortsbewegung, da diese zu leicht physikalisch missverstanden wird, und zieht eher Beispiele aus dem organischen oder kulturschöpferischen Bereich vor. 5.1.2.3 Frage nach der Ermöglichung von Bewegung Im dritten Schritt werden nun verschiedene Möglichkeiten bezüglich des vorausgesetzten, vom Bewegten verschiedenen Bewegers bedacht. Wenn dieser in Bewegung ist, ist auf ihn wieder der Bewegungssatz anzuwenden: Jeder vorausgesetze Beweger, der selbst in Bewegung ist, setzt wieder einen von ihm verschiedenen Beweger voraus (vgl. [3]). Hier wird die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass das Bewegende selbst wieder in Bewegung ist. Wegen der allgemeinen Geltung des Bewegungssatzes ist dieser dann auch wieder darauf anzuwenden und ein neuer, vom bewegten Beweger unterschiedener Beweger als vorausgesetzt anzunehmen. In diesem Schritt wird nicht behauptet, dass der vorausgesetzte Beweger selbst in Bewegung sein muss - dies wird nur als eine noch offene Möglichkeit betrachtet. Daher wäre mit diesem Schritt auch die Auffassung vereinbar, dass bereits der vom Bewegten vorausgesetzte Beweger zwar selbst in Bewegung ist, dass er aber seinen bewegenden Einfluss nur ausüben kann kraft eines selbst nicht in Bewegung befindlichen Ermöglichungsgrundes jeder Bewegung, nämlich durch einen unbewegten Beweger. Wäre das gezeigt, dann würde bereits dieser Schritt das Dasein eines unbewegten Bewegers, der alle Bewegung erst ermöglicht, enthalten. Das aber wird hier noch nicht gezeigt, sondern erst im nächsten Schritt aufgewiesen, und zwar in einer Weise, die noch nicht unterscheidet zwischen der Richtung des Zurückgehens auf Beweger, die selbst durchaus in Bewegung sein können (horizontale Richtung), und der Rückfrage nach Bedingungen dafür, dass Beweger in der hori- |114 zontalen Richtung aufeinander überhaupt einen bewegenden Einfluss ausüben können (vertikale Richtung). Wie nämlich später herausgestellt wurde, muss der seinsmäßige Grund, welcher das eventuell in zeitlicher Folge geschehende Aufeinandereinwirken von bewegten Bewegern in horizontaler Richtung ermöglicht, selbst gleichzeitig sein mit dem Ermöglichten. Er ist also in vertikaler Richtung zu suchen. Von da aus wäre der Aufweis der Bedingtheit des Bewegten, die sich darin zeigt, dass es eines von ihm verschiedenen Bewegers bedarf, ein Ansatz zu der Überlegung, dass ein bewegter Beweger (in horizontaler Richtung) nur bewegen kann kraft eines (in vertikaler Richtung vorauszusetzenden) unbewegten Bewegers. Diese Unterscheidung war durch das aristotelische Weltbild insofern verstellt, als dort die Bewegung, die wir horizontal in zeitlicher Folge ansetzen würden, als Übertragung der Bewegung von äußeren Himmelsschalen auf die inneren aufgefasst werden konnte. Wenn daher bei Thomas dieser Gedanke auch noch nicht deutlich formuliert wird, so hilft er doch, den vierten Schritt besser zu verstehen. Bei Ockham wird dies dann besonders betont als Erhaltung (conservatio) im Sein. Im dritten Schritt behauptet Thomas jedenfalls nicht, dass der Beweger selbst wieder in Bewegung ist, sondern stellt das nur als Möglichkeit zur Diskussion. Im folgenden Schritt verneint er ausdrücklich, dass dies immer der Fall sei. Das aber setzt bereits einen Begriff von »Bewegern« voraus, der nicht nur auf die erfahrbaren bewegten Beweger anwendbar ist, sondern der auch auf allfällige nicht direkt erfahrbare, sondern nur erschließbare unbewegte Beweger anwendbar ist. Damit wird ein sehr abstrakter Begriff verwendet, der nur so viel besagt, dass das betreffende Seiende Sachgrund dafür ist, dass etwas in Bewegung sein kann, dabei aber offenlässt, wie dieser Beweger näher beschaffen ist. Die Möglichkeit solcher Begriffsbildungen ist später ein weiterer Diskussionspunkt, an dem die Kritik sowohl des Empirismus wie auch Kants einsetzt. Für Thomas jedoch ist mit der philosophischen Fragestellung nach allem Seienden wenigstens grundsätzlich bereits die Möglichkeit erschlossen, derartige Begriffe zu bilden. Begründete Aussagen mit solchen Begriffen zu machen ist dann Aufgabe entsprechender Beweise. |115 5.1.2.4 Ausschluss eines unendlichen Rückgangs in der Frage nach Seinsgründen Dass die durch den Bewegungssatz erforderliche Ermöglichung des Bewegten nicht gegeben wäre, wenn es nur bewegte Beweger gäbe, das ist der Kern des vierten Schrittes, des Ausschlusses eines unendlichen Regresses: Das Zurückgehen vom Bewegten auf einen Beweger, der selbst wieder in Bewegung ist, kann nicht ins Unendliche gehen - es ist ein erster, selbst unbewegter Beweger vorauszusetzen (vgl. [41). Die Berechtigung dieser Behauptung wird verständlich, wenn wir im Sinn der Seinsauffassung des Thomas annehmen, dass etwas nur bewegen kann, insofern es tatsächlich am entsprechenden Akt teilhat. Wenn etwas aber selbst in Bewegung ist, hat es nur soweit am Akt teil, als dies durch einen Beweger ermöglicht ist. Das bewegte Bewegende kann also nur insofern bewegen, als es selbst wieder von anderem bewegt wurde. Daraus folgt, dass ein bewegter Beweger selbst keinen neuen Beitrag zur Ermöglichung der Bewegung als Verwirklichung leistet. Nur insofern er selbst begründet ist, kann er selbst einen Beitrag zur Begründung von Bewegtem leisten (4.1.1). Gäbe es daher nur bewegte Beweger, dann gäbe es nichts, was die Begründung für das in Bewegung Befindliche geben könnte. Das wird durch das Beispiel vom Wanderstab (4.1.1.1) veranschaulicht. Gäbe es daher nur bewegte Beweger, also kein Bewegendes, das selbst nicht mehr von anderem bewegt wird, dann gäbe es auch keine bewegten Beweger und damit auch nichts, was sich in Bewegung befindet (4.1). Derselbe Gedanke lässt sich auch in folgender Form darstellen: Entweder bewegt ein bewegter Beweger in Kraft eines ersten unbewegten Bewegers oder nicht. Wenn ja, dann gibt es einen ersten unbewegten Beweger. Wenn nein, dann wird mit jedem bewegten Beweger, der selbst wieder einen Beweger voraussetzt, die Frage nach dem Ermöglichungsgrund der Bewegung nur verschoben. Dann aber gibt es entweder keine Bewegung, was gegen die Erfahrung wäre, oder diese braucht keinen Beweger, was gegen den Bewegungssatz wäre. Also kann es nicht nur bewegte Beweger geben, sondern es muss einen ersten unbewegten Beweger geben, kraft dessen die bewegten Beweger bewegen. |116 5.1.2.4.1 Abhängigkeit von Seinsgründen als wesentlich geordnete Reihe Der entscheidende Punkt dieser Begründung3 kann dadurch weiter verdeutlicht werden, dass die Reihe der bewegten Beweger eine wesensmäßig (per se) und nicht nur nebensächlich (per accidens) geordnete Reihe ist. Von einer wesensmäßig geordneten Reihe spricht man dann, wenn ein Glied der Reihe erst durch ein von der reihenbildenden Beziehung gefordertes Glied konstituiert wird; von nebensächlich geordneter Reihe, wenn bereits konstituierte Glieder nachträglich in bestimmter Weise durch die reihenbildende Beziehung angeordnet und gereiht werden. Wenn ich auf einem Tisch durch Hinzulegen einzelner Streichhölzer Figuren erzeuge und die Reihe der so entstandenen Figuren zurückverfolge, liegt eine wesensmäßig geordnete Reihe vor, weil die Figuren dadurch entstanden sind, dass jeweils ein Streichholz hinzugelegt worden war. Dies setzt voraus, dass ein erstes Streichholz auf den Tisch gelegt worden ist, 3 Vgl. S. th. 1, q. 7, a. 4 c und 1, q. 46, a. 2 ad 7. Deutlicher herausgearbeitet wurde dies von Johannes Duns Scotus. Vgl. J. Bendiek, Die essentielle Ursachenordnung bei St. Thomas v. Aquin und in der Neuscholastik, in: Franziskanische Studien 40 (1958) 1-19. ohne dass es einer bereits bestehenden Figur hinzugefügt wurde. Betrachte ich aber die konstruierbaren Figuren, so stelle ich sie als bereits möglicherweise bestehend auf und suche sie nur nachträglich zu ordnen: z. B. welche Figuren sich durch Änderung eines Streichholzes unterscheiden, oder nach der Zahl der Ecken. Hier ist keine Figur anzugeben, zu der man nicht noch eine weitere konstruieren könnte - wegen dieser potentiellen Unendlichkeit sagt man dann, es gebe unendlich viele solcher möglichen Figuren. So ist auch die Reihe der natürlichen Zahlen unendlich, jede von ihnen aber ist in endlich vielen Schritten von der Eins oder Null aus als einem ersten Element, das selbst nicht durch diese Beziehung konstituiert ist, durch die Nachfolgerbeziehung (Vermehrung durch eins) zu konstruieren. |117 5.1.2.4.2 »Regressprinzip« Diese Überlegung lässt sich für philosophische Erklärungen allgemeiner formulieren: Wenn etwas, ein Gegenstand a, wegen einer Eigenschaft E, die ihm zukommt, einen Grund für sein Bestehen voraussetzt, so gibt es etwas, das Grund für das Bestehen von a ist und das die Eigenschaft von E ausschließt. Sollte ein Grund für das Bestehen von a selbst die Eigenschaft E haben, dann ist er nur kraft jenes Grundes, der E ausschließt, Grund für a. In unserem Beispiel ist a das in Bewegung Befindliche, E die Bewegung. Durch den Bewegungssatz wird für a wegen E ein Grund gefordert: ein von ihm verschiedener Beweger. Hat der Beweger selbst wieder die Eigenschaft E, das heißt, ist er selbst bewegt, dann bewegt er nur kraft eines Bewegenden, das E, das heißt die Bewegung, ausschließt, das also selbst nicht bewegt ist und daher erster unbewegter Beweger ist. Unter »Regressprinzip« wollen wir künftig diesen Satz verstehen. Immer wenn für das Bestehen eines Gegenstandes als notwendige Bedingung ein Sachgrund vorauszusetzen ist, weil der Gegenstand eine Eigenschaft E hat, dann ist als notwendige Bedingung ein Sachgrund vorauszusetzen, der die Eigenschaft E ausschließt. Wenn alle Gegenstände eines Bereiches oder einer Fragerichtung eine solche Eigenschaft E haben, dann zeigt das, dass dieser Bereich begrenzt ist, weil die ihm angehörenden Gegenstände einen Grund voraussetzen, der nicht diesem Bereich angehört, nicht »gegenständlich« im Sinne der Gegenstände dieses Bereiches ist. So setzen auch bei Kant die Gegenstände möglicher Erfahrung das Ding an sich voraus, das nicht dem Bereich der Gegenstände möglicher Erfahrung angehört und dadurch diesen Bereich begrenzt. Wenn aufgrund des Regressprinzips erkannt ist, dass ein solcher Sachgrund notwendig ist, dann ist zwar eingeschlossen, dass dieser für diese bedingende Situation hinreichend sein muss, aber es ist damit noch nicht erkannt, wie er dafür hinreicht. Aus der so gewonnenen Kenntnis von seinem Vorliegen können wir noch nicht das von ihm Begründete ableiten, wenn wir auch aus der Kenntnis |118 des Begründeten, das uns zur Erkenntnis des Vorliegens des Sachgrundes geführt hat, trivialerweise wissen, dass der betreffende Grund hinreicht, es zu begründen. 5.1.2.5 Unbewegter Beweger Im fünften Schritt wird das Ergebnis der Anwendung des Regressprinzips formuliert: Also müssen wir zu einem ersten Bewegenden kommen, das selbst nicht von einem anderen bewegt wird und selbst nicht in Bewegung ist, also zu einem unbewegten Beweger (vgl. [5]). Nach dem zu Schritt drei und vier Gesagten muss dieser erste Beweger nicht aufgefasst werden wie ein uns vertrauter bewegter Beweger, der nur nicht selbst in Bewegung ist und der am Anfang einer zeitlichen Reihe aufeinanderfolgender Beweger steht. Wie ein solcher erster Beweger beschaffen ist, so dass er selbst Bewegung im Sinn von Bewegtsein ausschließt, aber zugleich das Bewegen durch bewegte Beweger und damit jede Bewegung ermöglicht, ist Sache weiterer Überlegungen. Aristoteles und mit ihm Thomas kennen relativ unbewegte Beweger. So ist die Seele bezüglich der Ortsbewegung, die die Hand dem Stab verleiht, ein relativ, das heißt hinsichtlich der Ortsbewegung unbewegter Beweger. Denn es ist zwar der Mensch, nicht aber die Seele als solche einer Ortsbewegung fähig. An diesem Beispiel wird auch deutlich, wie ein bewegter Beweger - die Hand - kraft eines unbewegten Bewegers - der Seele - etwas bewegen kann. Wäre der Mensch nicht beseelt und damit lebendig, könnte er auch nicht mit der Hand einen Stock bewegen. Andererseits ist aber die Seele nicht schlechterdings unbewegt. Die durch sie ermöglichte Bewegung des Menschen ist z. B. abhängig von einem Bewegtwerden, das zur Erfahrungserkenntnis der Situation durch den Menschen führt und zu einem Erfassen von Beweggründen (Motiven) für das Handeln. Und ein Lernprozess, der zu einer Einsicht führt, zeugt von einer Veränderung, die aristotelisch als Verwirklichung einer Potenz aufzufassen ist. Wenn im fünften Schritt vom Dasein eines ersten Bewegers die Rede ist, dann ist nicht ein relativ unbewegter, sondern ein überhaupt unbewegter Beweger gemeint. Der Seinsauffassung von Thomas entsprechend ist dieser - wie bereits bei Aristoteles – als |119 reiner Akt (lat.: actus purus) zu verstehen. Daher ist dort keine Bewegung möglich, die Verwirklichung einer Potenz voraussetzt. Daraus ergibt sich bereits für Aristoteles, dass der erste Beweger nicht körperlich sein kann. Denn es ist eine Eigentümlichkeit des Körperlichen, wesentlich bewegt zu sein, wenn auch die Bewegung im einzelnen durch Beweger geschieht. Für Thomas ist das übrigens ein Grund, weshalb auch die Seele nicht körperlich sein kann, wenn sie auch als Teilprinzip wesentlich auf die Beseelung des Körpers des Lebewesens hingeordnet ist. Aristoteles gelangt zu der Auffassung, dass dieser erste Beweger »Denken des Denkens« (nōēsis noēseōs) ist und dass er bewegt, »wie der Geliebte den Liebenden bewegt«. Jedenfalls wird durch die Verneinung von Bewegung nicht der Vollzug des Erkennens und damit geistigen Lebens ausgeschlossen, insofern dieses nicht im Werden, also in einer Bewegung besteht, die eine Verwirklichung von Potenz voraussetzt, sondern reiner Akt ist: Vollendung. Daraus ergibt sich, dass die Bestimmung des ersten Bewegers als »unbewegt« den Bewegungsbegriff voraussetzt, der im ersten Weg verwendet wird. So wäre es verfehlt, zu meinen, als »unbewegter« könne der Urgrund nicht anderes begründen. Denn das Begründen von anderem ist ja nicht eine Bewegung des Urgrundes - andernfalls könnte er als unbewegter nicht erster Beweger sein. Auch wäre es verfehlt, die »Unbewegtheit« des ersten Bewegers als tote Starre und damit Unpersonalität zu denken. Gerade als erster Beweger, der Akt ohne potentielle Begrenzung ist, muss er geistiges Leben in Vollbesitz sein. Thomas führt in der >Summa theologiae< an der Stelle, an der er diesen Weg bringt, diese Folgerung noch nicht aus. Der Frage, wie der Urgrund aufzufassen sei, widmet er die folgenden neun Quaestiones (3-11), und dann stellt er noch eigene Überlegungen an über die Weise, wie wir, wenn wir Gott solche Beschaffenheiten zusprechen, das tun können und welche Grenzen sich dabei zeigen (12-13). |120 5.1.2.6 Identifizierung mit Gott Im abschließenden sechsten Schritt wird der als erster Beweger aufgewiesene Urgrund als identisch angesehen mit Gott: »... und das verstehen alle als Gott« (vgl. [6]). Dieser Schluss, der in jedem der fünf Wege vorkommt, mag überraschen, dennweder alle Menschen überhaupt noch alle an Gott Glaubenden verstehen diesen als »unbewegten Beweger«. Doch ist hier wieder die Spannung zwischen dem Gott des Glaubens und dem der Philosophie zu berücksichtigen, zwischen Gott, insofern sich der Mensch im Glauben auf ihn bezieht, und Gott, insofern in philosophischem Denken von ihm gesprochen wird. 5.1.2.6.1 Bedingungen der Identifizierung Thomas macht die genannte Feststellung am Ende der Zusammenfassung eines von vielen Denkern vor ihm in ähnlicher Weise entfalteten Gedankengangs. Er sagt, dass der erste unbewegte Beweger, zu dessen Dasein die Überlegungen gelangt sind, von allen, die sich damit beschäftigt haben, als derjenige letzte Urgrund aufgefasst wurde, der im religiösen Glauben als Gott angesprochen wird. Nicht entfaltet Thomas hier Gründe dafür, weshalb diese Auffassung als berechtigt angesehen werden kann. Dazu wäre herauszustellen: a) religionsphilosophisch: welche Charakteristika dem wesentlich zugesprochen werden, auf den sich der religiös Glaubende als Gott bezieht; b) metaphysisch: welche Eigenschaften dem als unbewegter Beweger aufgewiesenen Urgrund zukommen; c) Identitätsfeststellung: Aufweis, dass trotz der unterschiedlichen Zugangsweise der Gott im Sinn von a) derselbe ist wie der als letzter Ermöglichungsgrund von Bewegung aufgewiesene Urgrund. Wesentlich dafür ist der Aufweis, dass die auf beiden Wegen zugeschriebenen Eigenschaften nur einem einzigen, und zwar demselben, zukommen können. Thomas nimmt entsprechende Analysen erst in den folgenden Quaestiones auf, wo er sowohl vom (christlichen) Glauben als auch von den Beweisgründen für das Dasein eines letzten Urgrundes her Eigenschaften von Gott als letztem Grund entfaltet. |121 5.1.2.6.2 Anfangsbegriff von Gott W. Brugger4 unterscheidet einen für die Fragestellung verwendeten »Anfangsbegriff« von »Gott« von einem durch weitere Untersuchungen entfalteten Gottesbegriff. Der Anfangsbegriff wird in einer religionsphänomenologischen Untersuchung herausgearbeitet, denn »Gott >als Gott< ist das, worauf sich die Religion bezieht«. 5 »Dabei zeigt es sich, dass in allen Religionen wenigstens in letzter Absicht ein Absolutes angezielt wird, das unsere gewöhnliche Erfahrungswelt transzendiert und als persönlich ansprechbar betrachtet wird.«6 Auch wenn diese Analyse nicht allen Religionen gerecht werden sollte, so jedenfalls der christlichen Religion wie wohl auch anderen Hochreligionen. »>Gott existiert< bedeutet demnach für unsere Fragestellung, dass zum Kontext unserer Erfahrung als dessen notwendige Voraussetzung ein wirksames Prinzip gehört, das sich dem Sein nach als absolut, welttranszendent und personal erweist.«7 Ergibt sich für ein solches Prinzip, dass es notwendig einzig ist, dann ist die Berechtigung gegeben, es als mit dem religiös gemeinten Gott identisch zu betrachten. 5.1.2.6.3 Identität bei unterscheidbarer Zugänglichkeit Bei dieser Überlegung wurde von einer Eigentümlichkeit der Weise, wie wir uns auch in der gewöhnlichen Sprache auf Gegenstände beziehen, Gebrauch gemacht. So kann ich mich in sehr verschiedener Weise auf eine Person beziehen - z. B. als den Schreiber eines Briefes, den ich erhalten habe, als jene Person, die ich gestern abend unter bestimmten Umständen getroffen habe, usw. -, und dennoch meine ich trotz der verschiedenen Weise, wie ich mich auf diese Person beziehe, dieselbe Person, und oft weiß ich auch, dass ich dieselbe Person meine. In manchen Fällen allerdings muss erst untersucht werden, ob es sich um dieselbe Person handelt - man denke an einen Kriminalroman! Wenn aber erkannt ist, dass es sich um denselben handelt, dann bereichert das in der einen Weise |122 der Person Zugesprochene die Kenntnis von ihr, die ich bei der anderen Weise, in der ich mich auf sie beziehe, eingesetzt habe. So kann auch durch die philosophische Frage nach dem Urgrund, wenn dieser als identisch mit dem Gott der Religion erkannt ist, das philosophisch Entfaltete einer Vertiefung und Klärung des Gottesverständnisses der Religion dienen. Davon macht die systematische Theologie Gebrauch. Unmittelbar wird dieser Unterschied bei Thomas in den Quaestiones zwölf und dreizehn von Belang, wo er untersucht, wie wir Menschen Gott erkennen können und welche Vorsicht wir in unserem Sprechen von Gott und von seinen Eigenschaften walten lassen müssen. Dennwirmüssenunterscheidenzwischendem,waswirmit einem Wort bezeichnen wollen, und 4 W. Brugger, Summe einer philosophischen Gotteslehre, 46-48. Ebd. 46 6 Ebd. 7 Ebd. 48. 5 der Grundlage, die wir bei Verwendung des Wortes benützen, um mit ihm das Gemeinte zu bezeichnen. 8 5.2 Erstursache als Ermöglichung wirkursächlicher Erklärung 5.2.1 Der zweite Weg: aus der Verursachung Ausgangspunkt des zweiten Weges ist die Feststellung, dass es in den sinnlich erfahrbaren Dingen eine Ordnung der Wirkursächlichkeit gibt. Dazu gehört nicht nur, dass Dinge überhaupt wirkursächlich aufeinander wirken, sondern auch, dass sie sich nicht selbst verursachen können. Andererseits kann die Abhängigkeit von Wirkursachen nicht ins Unendliche gehen. Die Ordnung der wirkursächlichen Abhängigkeit wird also als eine wesensmäßige Ordnung angesehen, die einen regressus in infinitum ausschließt. Nach dem Regressprinzip ist daher eine Wirkursache vorauszusetzen, die selbst nicht von einer Wirkursache abhängt, aber das Wirken der anderen Ursachen ermöglicht. So gelangt Thomas am Ende dieses Weges zum Aufweis einer ersten Wirkursache, die nach ihm alle Gott nennen. Der Kern dieses Weges scheint darin zu liegen, dass wir in der gewöhnlichen lebensweltlichen Erfahrung Abhängigkeiten fest- |123 stellen, die als wirkursächlich zu verstehen sind. Eine Analyse wirkursächlicher Abhängigkeit erweist diese als eine konstitutive Abhängigkeitsbeziehung, die daher eine Reihe darstellt, die keinen unendlichen Regress zuläßt und daher ein erstes Glied voraussetzt. Zugrunde gelegt wird hier die Ursachenlehre des Aristoteles. 5.2.2 Aristotelische Ursachenlehre Aristoteles unterscheidet vier einander ergänzende Weisen von Erklärung: Wirk-, Ziel-, Form- und Stoffursache. Verdeutlicht werden können diese verschiedenen Aspekte der Erklärung am menschlichen Schaffen (griech.: tēchnē; Ursache = griech.: aitia; daher nennt man die aristotelische Ursachenlehre manchmal »technomorphe Aitiologie«9): an dem Werkmeister, z. B. Tischler, der um eines Zieles und Wertes, etwa des Gelderwerbs, willen Möbel herstellt. Dies tut er, indem er durch sein Werken und Wirken dem vorliegenden Stoff, z. B. dem Holz, eine Form, eine bestimmte Gestalt verleiht. 10 Das menschliche Werkschaffen dient nur der Verdeutlichung. Aristoteles wendet seine Ursachenlehre über das menschliche Wirken hinaus an. Die Wirkursache nennt er zunächst »das, woher die Bewegung ihren Anfang nimmt«, also »Beweger«. Von da aus wurde die Frage diskutiert, worin sich dann der zweite vom ersten Weg unterscheide. Im zweiten Weg dürfte mehr die Ursächlichkeitsbeziehung im Vordergrund stehen, während im ersten Weg zunächst die Gegebenheit der Bewegung und ihre Bedingtheit durch Bewegendes beachtet wird und daraus erst der Rückgang auf einen ersten unbewegten Beweger erfolgt. Während daher der zweite Weg nur zu einer ersten Wirkursache führt, führt der erste Weg auch dazu, dass diese ein Bewegtsein ausschließen muss. |124 5.2.2.1 Weiterbildung im Hinblick auf Schöpfung Bereits in der aristotelischen >Metaphysik< wurde hervorgehoben, dass jede der vier Ursachen eine wesensmäßig geordnete Ordnung begründet, die einen unendlichen Regress ausschließt.11 8 S. th. I, g. 13, a. 8 c. A. Mitterer, Anthropomorphe Ätiologien, in: Philosophisches Jahrbuch 61 (1951) 277-296; ders., Grundformen der Ursächlichkeit, in: Scholastik 25 (1950) 184 bis 208. 10 Bauholz, griech.: hylē, lat.: materia, hat als philosophischer Terminus den allgemeinen Sinn erhalten, das zu bezeichnen, woraus etwas besteht, oder das, was in irgendeiner Weise bestimmt ist. Das Bestimmende wird dann Gestalt, griech.: morphē, lat.: forma, genannt. 11 Aristoteles, Metaph. II, 2; 994a1-18. 9 Davon macht Thomas im zweiten Weg bezüglich der Wirkursache Gebrauch. Vorausgesetzt wird dabei, dass der Begriff der Wirkursache so allgemein gebraucht werden kann, dass er auch auf die Erstursache anwendbar ist. Wohl mitbedingt durch die Auseinandersetzung mit Fragen, die sich durch die Schöpfungslehre der großen Religionen des Judentums, Christentums und Islams nahelegen, haben Philosophen dieser Religionen den Begriff der Wirkursache bewusster in seiner Allgemeinheit herausgearbeitet. So kann man versuchen, diese allgemeine Bedeutung herauszustellen und - wie dies später erfolgt ist-etwa so zu formulieren: Wird für das Bestehen eines kontingenten Seienden oder Sachverhalts auf das Wirken, Tätigsein eines anderen Seienden verwiesen, so wird eine Erklärung von der Art der Wirkursächlichkeit zu geben versucht, und das betreffende Seiende wird dann Wirkursache in bezug auf den zu erklärenden Sachverhalt genannt. So gelangt man zu der Definition: Wirkursache ist ein Seiendes, das durch sein Wirken einen kontingenten Sachverhalt zum Dasein bestimmt.12 Offen bleibt dabei, ob dieses Seiende, ähnlich wie der Mensch, bewusst und absichtgeleitet wirkt oder nicht. Offen bleibt auch, ob durch dieses Wirken der Wirkende selbst eine Bereicherung erfährt und ob dieses Wirken einer Wirklichkeit entspringt, die ein in einer begrenzenden Potenz aufgenommener Akt ist, oder nicht. Auch wird hier noch nicht vorentschieden, ob das Wirken durch die Situation und die Natur des Wirkenden bestimmt ist oder ob es frei ist. Auch bleibt offen, ob das Wirken an einem vorliegenden Material geschieht oder ob es auch dieses hervorbringt - wie bei einer ersten Ursache zu erwarten wäre. Auf ähnliche Weise lassen sich auch die anderen Ursachen bestimmen. Für die Zielursache |125 werden wir dies im Zusammenhang mit dem fünften Weg zu tun haben (vgl. 8.2.3). Für ein rechtes Verständnis der Wirkursächlichkeit ist zu beachten, dass sie nicht als »mechanisches« Wirken missverstanden wird oder als Erklärung, wie sie in den Naturwissenschaften gesucht und erreicht wird. Hier soll noch auf einige Unterscheidungen zur Verdeutlichung des allgemeinen Begriffs der Wirkursache hingewiesen werden. 5.2.2.2 Hauptursache Zunächst legt schon das alltägliche Verständnis des Gebrauchs von Erklärungen manche Unterscheidungen nahe. So halten wir nicht immer, wenn zur Erklärung einer Gegebenheit oder eines Ereignisses auf eine bestimmte Wirkursache verwiesen wird, einen solchen Verweis für zufriedenstellend. Wir sehen jetzt davon ab, dass wir etwa die Motive des Handelnden, also eine Erklärung von der Art der Zielursächlichkeit, suchen. Auch im Bereich der Wirkursächlichkeit stellen wir an die Ursache bestimmte Forderungen. Die nächstliegende ist die, dass sie dem zu Erklärenden in dem Sinn entsprechen muss, dass sie kraft dessen, was sie ist, aufgrund ihrer Natur, überhaupt fähig ist, so etwas zu bewirken. Dazu einige typische Fälle: Ursache für die Schrift auf dem Papier ist der Kugelschreiber in meiner Hand. Erklärt er, dass dies Sätze sind, die - hoffentlich - sinnvoll sind? Dazu muss der Zusammenhang der Betrachtung der Wirkursachen erweitert werden. Denn nach unserem Wissen über Kugelschreiber sind sie, für sich genommen, nicht fähig, sinnvolle Schrift hervorzubringen. Dazu muss derjenige mitberücksichtigt werden, der den Kugelschreiber als Schreibinstrument verwendet. Wohl aber ist der Hinweis auf den Kugelschreiber nicht überflüssig - er erklärt etwa die Farbe der Schrift. Bei einer Erklärung müssen wir also beachten, was erklärt werden soll, was die spezifische Wirkung der gesuchten Ursache ist: für die Farbe der Kugelschreiber, für den sinnvollen Satz der Schreiber oder gar derjenige, der dem Schreiber diktiert. Die der Fähigkeit des Wirkenden entsprechende Ursache für eine bestimmte Wirkung heißt dann Hauptursache (causa principalis), während die Ursache, die nur in Kraft der Verwendung durch die Hauptursache mitwirkt, Werkzeugursache |126 (causa instrumentalis) oder 12 Z. B. J. B. Lotz, Ontologia, Barcelona 1962, n. 473, S. 261. Instrumentalursache genannt wird. Auch hier wird der Begriff so allgemein gefasst, dass er nicht ausschließt, dass etwa auch die Schreibkraft, die ein Diktat aufnimmt, oder ein weisungsgebundener Beamter darunter fällt. Von Zufall - genauer: relativem Zufall - spricht man dann, wenn die Wirkursachen dem Ereignis nicht entsprechen: wenn z. B. zwei Menschen sich auf der Straße treffen, obwohl sie das aufgrund ihrer Kenntnis gar nicht beabsichtigen konnten, der eine auf dem Weg zur Vorlesung, der andere auf dem Weg zur Post. Manchmal mag sich ein solcher relativer Zufall - relativ nämlich in bezug auf die betrachteten Personen - erklären lassen, wenn man einen größeren Zusammenhang sieht - etwa wenn man den Gastgeber einer Party mitberücksichtigt, auf der sich zwei »zufällig« treffen, zufällig nämlich, wenn man nur ihre Absichten einbezieht und vom Einladenden absieht. Von relativem Zufall kann daher nur gesprochen werden im Hinblick auf bestimmte Wirkursachen und auf deren Fähigkeit, etwas hervorzubringen. 5.2.2.3 Erstursache Wenn eine Wirkursache als Hauptursache aufzufassen ist, so heißt das noch nicht, dass sie selbst unverursacht ist. So können wir etwa in einem als selbstverständlich vorausgesetzten gesellschaftlichen Rahmen, z. B. rechtlich, etwas tun und sind verantwortliche Hauptursache. Dennoch hängt manches von dem, was wir tun können, z. B. in seiner rechtlichen Folge, von dem vorausgesetzten Rahmen ab. Für manche Fälle mag diese Einschränkung unerheblich sein. Für das Verständnis des Handelns von Menschen unter anderen gesellschaftlichen Bedingungen ist es entscheidend - außerdem hilft es auch zum Verständnis unserer eigenen Lage. Auch bezüglich der vertrauten erfahrbaren Wirklichkeit setzen wir ungefragt viele Bedingungen voraus. Insofern seinsphilosophisch Bedingungen besonderer Bereiche nicht ungefragt hingenommen werden, ist auch nach einem Verständnis der uns gewöhnlich selbstverständlichen Wirkmöglichkeiten zu suchen. Wir stellen fest, dass wir so beschaffen sind, dass wir für bestimmte Veränderungen, die wir an den Dingen bewirken, Hauptursache sind. Dadurch ist aber nicht erklärt, wie eine Ursache beschaffen sein muss |127 dafür, dass es überhaupt Dinge gibt, dass diese für bestimmte Zeit bestehen und dass sie auf andere wirken können. Ein solcher Grund muss dem uns vertrauten Wirken vorgelagert sein. Von da aus bestimmt sich unsere Ursächlichkeit als abgeleitete - zweite - gegenüber einer diese ermöglichenden - ersten - Ursächlichkeit. Wenn eine solche vorauszusetzen ist, dann ist sie zu bestimmen dadurch, dass eine Erstursache nicht nur fähig ist wie wir, an bestehenden Dingen Veränderung vorzunehmen, sondern sie ihrem ganzen Sein nach hervorzubringen und damit auch zu ermöglichen, dass sie bestehen und dass sie ihrer Natur gemäß wirken und als Zweitursache tätig sein können, und zwar als echte Hauptursache. Wenn daher von Erstursache gesprochen wird, so ist damit nicht zunächst an ein zeitlich Erstes gedacht, etwas, das am Anfang einen Anstoß gibt. Vielmehr ist damit etwas gemeint, das das Wirken der erfahrbaren Ursachen und ihr Bestehen überhaupt erst ermöglicht. 5.2.3 Begründung des metaphysischen Kausalprinzips und Erfahrung von Bewirken Während Thomas im dritten Weg von der Tatsache entstehender und vergehender Dinge ausgeht und auf einen beständigen Grund schließt, geht er hier im zweiten Weg von der wirkursächlichen Einflussnahme aus und sucht zu zeigen, dass sie eine diese Wirkursachen und ihr Wirken ermöglichende Erstursache voraussetzt. Zugegeben, dass in der Vorstellung von Thomas sein Weltbild mitgespielt hat, das zunächst in den verschiedenen Himmelssphären Wirkursachen für irdische Vorgänge zu finden glaubte. Achtet man aber auf das, was von diesem Weltbild unabhängig ist, dann besteht der im zweiten Weg angegebene Beweisgrund in einer folgerichtigen und uneingeschränkten Weiterführung dessen, was in einer wirkursächlichen Erklärung als eingesehen beansprucht wird. Auch in der Diskussion unseres Jahrhunderts wurde die Auffassung vertreten, das metaphysische Kausalprinzip sei als Entfaltung dessen, was wir in unserer wirkursächlichen Einflussnahme erfahren, einsichtig zu machen. Bei der Analyse der Begründung des Bewegungssatzes hat sich |128 herausgestellt, dass diese Schwierigkeiten bereitet, wenn man »Bewegung« im naturwissenschaftlichen Sinn versteht und wenn man nicht Thomas' Auffassung von »Akt« voraussetzt. Manche suchten nun die philosophischen Wege zu Gott von dieser Voraussetzung unabhängig zu machen, indem sie die Tragkraft der Beweisführung in das metaphysische Kausalprinzip verlegen. Das metaphysische Kausalprinzip besagt, dass jeder Sachverhalt, der zwar metaph}'sisch kontingent ist, aber dennoch tatsächlich besteht, dies dem Wirken (wenigstens einer) entsprechenden Wirkursache verdankt, kurz: »Alles Kontingente ist verursacht.« Angewendet auf das Ausgangsmaterial des ersten Weges, führt dies zu der Formulierung: Alles was in Bewegung ist, ist metaphysisch kontingent, denn weder die gegenwärtige noch eine frühere Bestimmung kommt dem in Bewegung Befindlichen seinsnotwendig zu. Andernfalls wäre eine Veränderung nicht möglich. Wird darauf das metaphysische Kausalprinzip angewendet, so folgt, dass eine entsprechende Wirkursache vorauszusetzen ist. Da diese Wirkursache für das Bestehen des Kontingenten konstitutiv ist, ist ein unendlicher Regress auszuschließen. Damit wird erschlossen, dass sachlich eine Wirkursache vorausgesetzt ist, die selbst nicht kontingent ist, die daher auch nicht veränderlich sein kann, die aber das kontingente Veränderliche seinem Sein nach ermöglicht. Zur Begründung des metaphysischen Kausalprinzips, auf dem die Tragkraft dieser Überlegung beruht, wurden verschiedene Wege beschritten. In der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen hat sich über die Rechtfertigung des metaphysischen Kausalprinzips eine lebhafte Diskussion entfaltet. Einige Positionen seien kurz angedeutet: Zunächst versuchten einige, dieses Prinzip auf das Widerspruchsprinzip zurückzuführen.13 Dies geht jedoch nur, wenn ein entsprechendes (ontologisches) Seinsverständnis vorausgesetzt wird, für das Sein nicht nur Dasein besagt, sondern auch - wenn auch noch in undifferenzierter Weise - die Sachgründe für das Bestehen eines Seienden umfasst. Das aber sollte von den Diskussionspartnern nicht schon vorausgesetzt werden. |129 Wenn das metaphysische Kausalprinzip nicht durch begriffliche Analyse begründet werden kann, weil es sich um ein Erweiterungsurteil handelt, muss der notwendige Zusammenhang zwischen kontingentem Dasein und Angewiesensein auf eine entsprechende Wirkursache anders begründet werden. Manche suchten dies einfach als unserem Denken zugrunde liegendes Postulat aufzuzeigen.14 Andere bemühten sich, dies als grundlegende Einsicht, die in unserer Wirklichkeitserkenntnis verwendet wird, aufzuweisen: Es sei die unmittelbare Einsichtigkeit des von der Sache her notwendigen Zusammenhanges zwischen Kontingentem, das von sich aus zum Dasein indifferent ist, und der Abhängigkeit der tatsächlichen Existenz des Kontingenten von einer entsprechenden Wirkursache herauszuarbeiten.15 Andere16 suchen diese Einsicht durch den Nachweis zu stützen, dass sie sich bereits aus Elementen ergibt bzw. in ihnen enthalten ist, die im Begriff der Wirkursache und seiner Anwendbarkeit miterfaßt sind. So geht J. Geyser17 von der Analyse tatsächlicher wirkursächlicher Einflussnahme aus, wie wir sie in unserem bewussten Handeln erfahren. Der Kern der Begründung liegt darin, dass durch Analyse am Phänomen des Verursachens aufgezeigt wird, dass es nur dann ein Verursachen geben kann, wenn das Entstehende oder Kontingente als solches für sein Dasein des Wirkens einer Ursache bedarf. Wenn es aber als Kontingentes für 13 C. Nink, Zur Grundlegung der Metaphysik, Freiburg 1957. F. Sawicki, Die Gottesbeweise, Paderborn 1926; J. Hessen, Das Kausalprinzip, Augsburg 1928. 15 J. de Vries, Grundfragen der Erkenntnis, München 1980, 131-160. 16 J. Geyser, Das Gesetz der Ursache, Münster 1933. 17 L. Fuetscher, Die ersten Seins- und Denkprinzipien, Innsbruck 1930. 14 sein Dasein einer Ursache bedarf, dann kann Kontingentes nicht existieren ohne Ursache - mit anderen Worten: alles Kontingente ist verursacht. Schematisch kann man diesen Gedanken folgendermaßen darstellen: Entweder bedarf das Kontingente als solches für sein Dasein einer Ursache oder nicht. Wenn ja, dann bedarf alles Kontingente einer Ursache. Wenn nein, dann kann es in keinem Einzelfall eine ursächliche Einflussnahme geben. Das aber widerstreitet der Er- |130 fahrung unseres tatsächlichen Einflussnehmens.18 Dieser Gedankengang geht also aus von der Exemplifizierung von Ursächlichkeit in der Erfahrung. Aus der Analyse nicht allein des Begriffs, sondern dessen, was mit Verursachung gemeint ist, wird aufgewiesen, dass, wenn es Verursachung gibt, der spezifische Grund dafür das Kontingentsein des Verursachten ist, das als solches einer Ursache für sein Dasein bedarf. Zu beachten ist hier die Rolle der Erfahrung bei der Begründung von allgemeinen Grundsätzen wie dem Kausalprinzip. Ziel ist eine Entfaltung des Verständnisses der Kausalität, wozu auch die Geltung des metaphysischen Kausalprinzips gehört. Dieses Verständnis ist bereits eingeschlossen und wirksam in einzelnen Urteilen über ursächliche Zusammenhänge. Diese Begründung erinnert an die epagogische Art, in der Aristoteles vorgeht. Epagogisch ist diese Art der Begründung, weil sie von Beispielen aus der Erfahrung zur Einsicht in allgemeine Zusammenhänge führt. Etwas irreführend wird sie »induktiv« genannt, weil in der neueren wissenschaftstheoretischen Terminologie unter »Induktion« oft eine Verallgemeinerung von einzelnen beobachteten Fällen auf die Aussage eines gesetzmäßigen Zusammenhanges verstanden wird, nicht aber wie im Fall der epagogē das Herausstellen eines Begründungszusammenhangs, für den der Einzelfall ein Beispiel ist, dessen Behauptung sich aber nicht auf diesen Einzelfall stützt, sondern wesentlich auf die für die Erfassung des Einzelfalles schon verwendete Einsicht in die Berechtigung des behaupteten Zusammenhangs. 5.3 Wesensnotwendig Unvergängliches als Grund des Vergänglichen 5.3.1 Der dritte Weg: aus der Kontingenz Der dritte Weg setzt dem historischen Verständnis manche Schwierigkeiten entgegen. Er geht von der Gegenüberstellung von Möglichem und Notwendigem aus: es gibt nämlich Dinge, von denen es möglich ist, dass sie bestehen, aber auch möglich ist, dass sie nicht |131 bestehen. Dafür ist der Ausdruck »kontingent« gebräuchlich. »Kontingent« heißt zunächst soviel wie nicht notwendig. Das würde auch das Unmögliche umfassen. Bei bestehenden Dingen ist aber die Unmöglichkeit durch ihre Tatsächlichkeit ausgeschlossen. So heißt in diesem Zusammenhang ein Ding kontingent, wenn es wohl möglich ist, aber nicht notwendig, wenn also auch möglich ist, dass es nicht ist. Dass die Dinge kontingent sind, zeigt sich darin, dass sie entstehen und vergehen. Was aber nicht notwendig ist - so folgert Thomas weiter-, das besteht nicht immer - wohl, weil es auch wieder einmal vergeht. »Wenn also alles die Möglichkeit hat, nicht zu sein, so war hinsichtlich der Dinge auch einmal nichts«, überlegt Thomas weiter. Gibt es nun nichts Notwendiges unter dem, was ist und war, dann hätte es damals überhaupt nichts gegeben, und daraus hätte auch nichts werden können. Wenn es aber Notwendiges gibt, dann gibt es ein Notwendiges, das den Grund seiner Notwendigkeit in sich hat - denn die in anderem begründete Notwendigkeit würde wieder eine wesensmäßig geordnete Reihe der Abhängigkeit ergeben, die keinen unendlichen Regress zulässt. 5.3.2 Möglichkeiten der Deutung des dritten Weges 18 Vgl. J. Donat, Ontologia, Barcelona 91944 n. 430. Der Gedankengang des dritten Weges, der in der >Summa contra gentiles< etwas anders akzentuiert wird, geht auf Gedanken von Platon und Aristoteles und auf Avicenna zurück, in der >Summa theologiae< mehr auf Moses Maimonides. Im Verständnis des Satzes: »Was entsteht und vergeht, ist möglich, kann aber auch nicht sein«, ist eine Gruppe einander verwandter Gedanken verwoben, die später Anlass zu unterschiedlicher Weiterführung von Beweisgängen wurden: Entstehen und Vergehen der Dinge wird als Zeichen physischer Kontingenz aufgefasst. Dies setzt aus Materie und Wesensform zusammengesetzte Dinge voraus, deren Form nicht notwendig mit der Materie verbunden ist - im Gegensatz zur damaligen Auffassung von Himmelskörpern, die nicht entstehen und vergehen können und die zwar körperlich sind, bei denen aber die Wesensform notwendig mit der Materie verbunden ist, wenn auch durch einen Grund, der außer ihnen liegt. Vor diesem Hintergrund liegt die |132 Beweisspitze darin, dass die vergänglichen Körper unvergängliche voraussetzen, diese aber ein von sich aus Unvergängliches und Notwendiges, das daher nicht aus Materie und Wesensform zusammengesetzt ist. Will man die weltbildbedingten Voraussetzungen vermeiden, wie z. B. unvergängliche Himmelskörper, wird man zu prüfen haben, in welchem Sinn Entstehen und Vergehen Möglichkeit und Kontingenz (Nicht-Notwendigkeit) und damit eine Abhängigkeit von einem wesensnotwendig Existierenden voraussetzen. In dreifacher Hinsicht wurde das versucht. Entstehen und Vergehen schließen Zeitlichkeit ein. Eine zeitliche Folge von voneinander Abhängigem setzt, ähnlich wie bereits zum zweiten Weg bemerkt (vgl. 5.2.2.3), einen überzeitlichen Grund des Zeitlichen voraus. Diese Richtung der Gedankenführung wurde seit Duns Scotus19 und Ockham entfaltet. Andere sehen in der Vergänglichkeit das Zeichen eines kontingenten Verhältnisses von Wesen und Sein: Was auch nicht sein kann, ist metaphysisch kontingent. Wenn es tatsächlich besteht, dann kraft eines anderen, das letztlich nicht metaphysisch kontingent sein kann, dessen Wesen sein Sein ist. Hier wird also das Entscheidende der Kontingenz im kontingenten Verhältnis von Wesen und Sein gesehen: das Wesen ist nicht Grund des Daseins. Diese Auffassung führt zum Kontingenzbeweis in der Neuzeit (vgl. 6.1). Andere betonen, dass die in dem Entstandenen erwiesene Realmöglichkeit selbst eine abhängige Notwendigkeit ist, welche einen Grund voraussetzt, der in sich Notwendigkeit und Dasein vereinigt (Possibilienbeweis): Was, wenn auch nur vor übergehend, existiert, das kann sein. Diese reale Seinsmöglichkeit ist nicht zeitabhängig, sie ist notwendig. Sie muss daher in einem Grund wurzeln, der die Möglichkeit von Existenz begründet und selbst notwendig existiert. Dieser Gedankengang wurde vielfach abgewandelt und liegt auch bei Kant in seinem »einzigen möglichen Beweisgrund« vor (vgl. 2.2.2.2). |133 Literatur zur Geschichte der Gottesbeweise: Qu. Huonder, Die Gottesbeweise, Stuttgart 1968 J. Fellermeier, Die Philosophie auf dem Weg zu Gott, Paderborn 1975 W. L. Craig, The Cosmological Argument, London 1980 D. Henrich, Der ontologische Gottesbeweis, Tübingen '1967 insbesondere bei Thomas: H. Seidl, Thomas von Aquin. Die Gottesbeweise, Hamburg 1982 F. van Steenberghen, Le problēme de l'existence de dieu dans les ēcrits de S. Thomas d'Aquin, Louvain-laNeuve 1980 19 H. J. Werner, Die Ermöglichung des endlichen Seins nach Johannes Duns Scotus, Frankfurt 1974. INHALT : Die »fünf Wege« bei Thomas von Aquin Ort der Gottesbeweise Der erste Weg: aus der Bewegung Text Die logische Struktur des ersten Weges Der philosophische Begriff der Bewegung Voraussetzungen philosophischer Fragestellung »Bewegung« als Potenz-Akt-Spannung Sein als Akt Der Bewegungssatz als Grundlage des Erschließens Frage nach der Ermöglichung von Bewegung Ausschluss eines unendlichen Rückgangs in der Frage nach Seinsgründen Abhängigkeit von Seinsgründen als wesentlich geordnete Reihe »Regressprinzip« Unbewegter Beweger Identifizierung mit Gott Bedingungen der Identifizierung Anfangsbegriff von Gott Identität bei unterscheidbarer Zugänglichkeit Erstursache als Ermöglichung wirkursächlicher Erklärung Der zweite Weg: aus der Verursachung Aristotelische Ursachenlehre Weiterbildung im Hinblick auf Schöpfung Hauptursache Erstursache Begründung des metaphysischen Kausalprinzips und Erfahrung von Bewirken Wesensnotwendig Unvergängliches als Grund des Vergänglichen Der dritte Weg: aus der Kontingenz Möglichkeiten der Deutung des dritten Weges