Auswertung des Marktexperiments zur Niedgristpreisgarantie Untersuchungsgegenstand des Experiments ist der Vergleich zwischen Preisentscheidungen von Anbietern in einem Bertrand-Duopol (siehe Gewinn-Tabelle 1) und in einem Duopol mit zusätzlicher Niedrigstpreisgarantie beider Anbieter (siehe Gewinn- Tabelle 2). Den Gewinn-Tabellen liegt die Nachfragefunktion P = 24 − 0.5Q sowie einheitliche Grenzkosten GK = 6 der Anbieter zugrunde (genau wie in den theoretischen Aufgaben und dem Cournot-Experiment). In dem Experiment wurden allerdings die möglichen Preise beschränkt, so daß nur Preise von 7 bis 15 (beide inklusiv) gewählt werden konnten (Grund: bei diskreten Preisen wie in den Gewinn- Tabellen des Experiments können manchmal andere bzw. zusätzliche Nash-Gleichgewichte auftreten als das bei kontinuierlichen Preisen der Fall wäre). Unter der Annahme gewinnmaximierender Anbieter läßt sich im Bertrand-Duopol (siehe Gewinn- Tabelle 1) ein eindeutiges Nash-Gleichgewicht in reinen Strategien feststellen, in dem beide Anbieter einen Preis von 7 wählen (beachte: der Grenzkostenpreis in Höhe von 6 wurde von uns ausgeschlossen). Für das Duopol mit Niedrigstpreisgarantien ergeben sich viele Nash-Gleichgewichte in reinen Strategien. Das sind alle Preiskombinationen bei denen beide Anbieter denselben Preis setzen, also die Diagonale der Gewinn- Tabelle mit (7, 7), (8,8), ..., (15, 15) (siehe Gewinn- Tabelle 2). Es ergibt sich also ein Koordinationsproblem für die Anbieter. Wendet man allerdings das strengere Gleichgewichtskonzept an, bei dem alle schwach dominierten Strategien in einem Iterationsverfahren eliminiert werden, so kommt man zu einem eindeutigen Gleichgewicht in reinen Strategien, nämlich (15, 15). Eine Strategie ist dabei ‚schwach dominiert’ durch eine andere, wenn zumindest ein Auszahlung schlechter ist und alle restlichen höchsten genauso gut gegenüber der schwach dominanten Strategie. Interessanterweise zeigt sich also bereits theoretisch, daß bei Niedrigst- preisgarantien höherer Preise möglich sind, bzw. bei Anwendung des Konzepts iterierter Elimination dominierter Strategien sogar die höchst mögliche Preiskombination (15, 15) auftritt. Damit ist aber in der Theorie gegenüber dem Bertrand-Duopol bei Niedrigstpreisgarantien mit Wohfahrtsverlusten zu rechen. Das Experiment sollte nun untersuchen, ob höhere Preise bei Niedrigstpreisgarantien unter kontrollierten Bedingungen auch empirisch nachweisbar sind. Von den insgesamt 47 Teilnehmern konnten 44 Entscheidungen (jeweils 22 für das Bertrand-Duopol und 22 für das Niedrigstpreis-Duopol) ausgewertet werden. Die Entscheidungen von 3 Teilnehmer können wir nicht verwerten, da keine oder mehere Preise angekreuzt wurden. Die Teilnehmer-Entscheidungen im Bertrand-Duopol sind mit einem durchschnittlichen Preis von 11.14 durchaus höher als der gleichgewichtige Preis von 7 (siehe Abbildung 1). Dabei varieren die Preis recht stark. So kommt der Preis 11 mit 7 Beobachtungen am häufigsten vor, aber auch die ‚extremen’ Preise 7 und 15 sind mit jeweils 3 Beobachtungen relativ stark vertreten. Ein Blick auf die Gewinnverteilung (Abbildung 2) zeigt die erwarteten erheblichen Unterschiede in den Gewinnen der Anbieter. Das liegt auch daran, daß in 10 der 11 Märkte (zwei Anbieter wurden jeweils zufällig miteinander gekoppelt) die Preise beider Anbieter unterschiedlich sind: derjenige mit dem höheren Preis erhält dann einen Gewinn von 0. Es ist zu vermuten, daß im Falle wiederholter Entscheidungen die Anbieter mit Null- Gewinnen in einer folgenden Runde die Preise erhbeblich senken würden, so daß eine Tendenz sinkender Preise zum Gleichgewicht hin auftreten würde (bereits veröffentlichte Experimente mit wiederholten BertrandDuopolen bestätigen das). Der durchschnittliche Preis der Teilnehmer im Niedrigstpreis-Duopol beträgt 14.09, ist also deutlich höher als im Bertand-Duopol (Abbildung 1). Auch deutet die Tendenz auf das reine Nash-Gleichgewicht in schwach dominanten Strategien, also (15, 15), hin, denn in 13 von 22 Entscheidungen wurde sich für einen Preis von 15 entschieden. Der zweithäufigste Preis war 13 mit 5 Beobachtungen. Die Niedrigstpreisgarantien beider Anbieter führen natürlich zur Gleichtverteilung der Gewinne auf dem betrachteten Markt. Aber auch der Vergleich zwischen allen Märkten zeigt (auch hier wurden die Anbieter auf einem Markt zufällig aneinander gekoppelt), daß es insgesamt nicht nur zu höheren Gewinnen aber auch zu einer ‚gerechteren’ Gewinnverteilung zwischen den Anbietern kommt. Das liegt auch daran, daß alle Anbieter relative hohe Preise gewählt haben (Abbildung 2). Im Falle einer Wiederholung kann man vermuten, daß die gerechte Gewinnverteilung auf einem Markt stabilisierend auf die hohen Preise wirkt und eventuell sogar auf den Märkten steigen, wo die maximalen Preise noch nicht erreicht sind. Wir können also festhalten, daß höhere Preise im Falle von Niedrigstpreisgarantien nicht nur theoretisch vorhergesagt, sondern auch experimentell bestätigt werden. Es kommt also zu Wohlfahrtsverlusten. Obwohl diese Aussage recht eindeutig ausfällt, sollte man bei der Beurteilung berücksichtigen, daß die Situation relativ speziell ist. Um theoretisch und experimentell einen umfassenderen Einblick zu gewinnen, müßte man beispielsweise die Anzahl der Anbieter auf einem Markt erhöhen und/oder zwischen Anbietern mit Niedrigstpreisgarantie und solchen ohne unterscheiden. Auch wäre es sicher interessant die Nachfrageseite genauer zu untersuchen: verändern Nachfrager ihr Suchverhalten bei Niedrigstpreisgarantie oder kommt es Nachfrageverschiebungen zu Gunsten bzw. zu Ungunsten von Anbieter mit Niedrigstpreisgarantie gegenüber denen ohne. Ein letzter Vorschlag an dieser Stelle ist eine Änderung des experimentellen Designs: Anbieter erhalten in einer ersten Phase zunächst den Preis den sie verlangen und in einer zweiten Phase können Nachfrager eine Rückerstattung der Preisdifferenz verlangen, wenn sie woanders einen günstigeren Preis entdeckt haben. Preise Anbieters B 15 15 Preise Anbieter A 14 13 12 11 10 9 8 7 14 81 13 0 12 11 0 0 (81) (160) (154) (144) 160 80 0 0 (0) (80) (154) (144) 0 154 0 154 (0) 144 77 (0) 144 (0) 130 144 (0) 130 (0) 112 130 112 64 64 34 34 (0) (0) (0) (0) (65) 56 (0) (0) (0) 34 (0) (0) 64 (0) (64) Gewinn-Tabelle 1 0 32 (34) 0 (32) 34 (0) (34) (64) (0) (0) 0 0 34 (34) (64) (45) (0) (34) 0 0 64 34 (64) (90) 45 (34) 0 0 0 90 0 0 (90) (56) (34) (64) (90) (112) 0 0 0 (34) (64) (90) (112) (0) 64 0 0 0 90 34 (0) (130) 0 (64) (90) 0 0 (0) (0) 0 (112) 7 0 (90) (112) 0 112 64 34 0 (130) 8 0 (112) (130) (0) 90 64 0 65 112 90 (130) (0) (0) (0) (0) 130 112 90 (72) 9 0 0 (0) (0) (0) 72 (0) (0) (0) 90 0 (77) (144) 10 (34) 17 (0) (17) Preise Anbieter B 15 15 14 81 14 80 (81) 80 Preise Anbieter A 12 11 10 9 8 7 77 (80) 80 (80) 13 77 (77) 65 72 65 (65) 56 65 (65) 56 (56) 45 32 32 17 17 (17) (45) (32) (45) (32) 32 (32) 17 (17) 17 (17) Gewinn-Tabelle 2 17 32 17 (17) 17 (32) 17 (17) (17) (32) (32) (17) 17 32 32 (17) (32) (45) (32) 17 32 45 (17) (32) (45) (45) 17 32 45 (17) (32) (45) (56) 45 32 17 (17) 56 17 32 45 (17) (32) (45) (56) (56) 45 32 17 (17) 56 45 32 56 17 32 45 (17) (32) (45) (56) (65) (56) (45) (32) 65 56 45 56 17 32 45 7 (32) (45) (56) (65) (65) (56) (45) (32) 65 56 45 65 32 45 56 8 (45) (56) (65) (72) (65) (56) (45) 72 45 56 65 9 (56) (65) (72) (72) 56 65 72 10 (65) (72) (77) (72) 65 72 77 11 (72) (77) (77) (72) 72 77 72 12 (77) (80) 77 72 13 (17) 17 (17) (17) Gewählte Preise im Bertrand-Duopol und im Duopol mit Niedrigstpreisgarantien 15 Häufigkeit 12 9 6 3 0 7 8 9 10 11 12 13 14 15 Preise Bertrand-Duopol Duopol mit Niedrigstpreisgarantien Abbildung 1 Gewinnverteilung 15 Häufigkeit 12 9 6 3 0 0-20 21-40 41-60 61-80 81-100 101-120 121-140 141-160 Gewinnkategorien Bertrand-Duopol Duopol mit Niedrigstpreisgarantien Abbildung 2