2015-10-04_Predigt_S._Sabary

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Predigt von Pfarrer Sven Sabary am 04.10.2015
PREDIGT Lk 12,15-21
Gnade sei mit Euch, von Gott unserem Vater
und dem Herrn Jesus Christus. Amen.
Liebe Gemeinde,
dankbar sein, das kann uns stärken und erfreuen.
Danken kann uns Kraft geben, froh machen und noch mehr.
In drei Schritten möchte ich dies entfalten.
(1) Zuerst eine doppelte Frage:
Wofür und wem kann ich dankbar sein?
Hört dazu eine Geschichte von Paul und was er herausfand.
Als Paul einmal im Geschäft ein Brot kaufte, sagte er:
„Danke für das Brot“, zur Verkäuferin an der Kasse.
„Danke nicht mir“, sagte die Verkäuferin. „Ich habe das Brot heute Morgen nur ins Regal
geräumt. Du musst dem danken, der das Brot gebacken hat.“
Daraufhin ging Paul zum Bäcker. „Danke für das Brot“, sagte er zum Bäcker.
„Danke nicht mir“, sagte der Bäcker. „Ich habe das Brot nur aus Mehl und anderen Zutaten
gebacken.
Du musst dem danken, der mir das Mehl geliefert hat.“
Paul ging zu einer Getreidemühle.
„Danke für das Mehl“, sagte Paul zum Müller.
„Danke nicht mir,“ sagte der Müller. „Ich habe nur das Mehl aus Roggenkörnern gemahlen.
Du musst dem danken, der mit das Korn zum Mahlen gebracht hat.“
So ging Paul auf einen Bauernhof. „Danke für das Korn“, sagte er zum Bauern.
„Danke nicht mir,“ sagt der Bauer. „Ich habe nur gesät und geerntet. Du musst der Erde,
dem Regen, der Sonne danken. Die haben die Körner wachsen lassen.“
Da fiel Paul ein Lied ein, das in vielen Gemeinden zu Erntedank gesungen wird wie auch
bei uns heute:
Wir pflügen, und wir streuen den Samen auf das Land,
doch Wachstum und Gedeihen steht in des Himmels Hand.
Da ging Paul in die Kirche: „Ich glaube, jetzt bin ich beim Ursprung angekommen. Danke
Gott, für das Brot!“
Paul hat herausgefunden, dass zwar viele Menschen dabei mithelfen, dass ein Brot
entsteht und er es kaufen kann. Entscheidend ist aber: Alles, was wir für ein Brot und
überhaupt zum Leben brauchen, das verdanken wir Gott, wie auch alle anderen
Erntegaben hier in der Kirche.
Wir können aber auch noch für vieles mehr dankbar sein:
- für unser Leben, mit all seinen hellen und dunklen Tagen
- für unsere schöne Stadt, auch ihre Herausforderungen,
- dafür, dass wir Menschen helfen können, die uns brauchen
- für unser Land, das seit 25 Jahren wieder vereinigt ist,
ein Rechtstaat und ein Sozialstaat, eine freiheitliche Gesellschaft, die Minderheiten schützt
und Diskriminie-rungen bestraft, ein Land, in dem viele leben wollen,
und ein Land mit großen Aufgaben. Das wird, nicht nur in Frankfurt, aber dort besonders,
seit vorgestern gefeiert.
Wir können weiter dankbar sein
- für unseren Kontinent, in dem alte Feindschaften überwunden wurden, noch viel zu tun
ist,
aber in dem zumindest größtenteils Frieden herrscht,
- dankbar für alle Menschen, die es gut mit uns meinen,
in der Familie, im Freundes- und Bekanntenkreis, in Kita, Schule und am Arbeitssplatz, in
der Freizeit und im Alltag
- dankbar für unsere Gemeinde, unsere Kirche und die gute ökumenischen
Zusammenarbeit, die vielen Menschen, die Gottes Geist wahrnehmen und versuchen
weiterzugeben
(2) Was hindert mich dennoch immer wieder zu danken? Der zweite Schritt.
Meine Oma sagte manchmal: „Dir würde auch kein Zacken aus der Krone fallen, wenn Du
Dich einfach mal bedanken würdest.“ Haben Sie diesen Satz auch schon mal gehört?
Es ist ein bekanntes Phänomen. Danken ist doppelt schwer:
- Zum einen, muss ich mir klar zu machen, dass ich vieles unverdient wie ein Geschenk
bekommen habe,
also dafür einfach nur dankbar sein sollte.
- Zum anderen kann es so verflixt schwierig sein, Worte des Dankes zu finden und sie
auch wirklich auszusprechen.
Denn „Danke!“ zu sagen kann aussehen wie eine Schwäche.
Dankbar zu sein, das erscheint für manche als uncool.
Der Starke und Coole braucht sich wohl nicht zu bedanken,
er setzt sich durch, verlässt sich auf sich selbst.
Das dachte auch der reiche Kornbauer,
von dem wir in der Lesung gehört haben.
Er war ein reicher Mensch, dessen Feld hatte gut getragen. Er wusste nicht, wohin mit
seinen Früchten und allem,
was er geerntet hatte. Er dachte nach und hatte die Idee:
Ich will meine Scheunen abbrechen und größere bauen,
und will darin sammeln all mein Korn und meine Vorräte
und will sagen zu meiner Seele:
Liebe Seele, du hast einen großen Vorrat für viele Jahre;
habe nun Ruhe, iss, trink und habe guten Mut!
Dieser Kornbauer hatte nur an sich gedacht, weder
an andere Menschen, die weniger oder gar nichts hatten, noch an Gott, dem er die reiche
Ernte zu verdanken hatte.
So sprach dann auch Gott zu ihm: Du Narr!
Diese Nacht wird man deine Seele von dir fordern;
und wem wird dann gehören, was du angehäuft hast?
Und Jesus ergänzt: So geht es dem,
der sich Schätze sammelt und ist nicht reich bei Gott.
Wie kann ich aber mit Luthers Worten reich bei Gott sein? Wie es nicht geht, dass wissen
Protestanten sofort:
Ich kann nicht durch eigenes Tun, eigene Werke Reichtum, Ansehen oder gar
Handlungszwang bei Gott bewirken.
Gott freut sich stattdessen über jeden Menschen,
der Gott als seinen persönlichen Gott bekennt, ihm vertraut und entsprechend lebt. Reich
bei Gott ist ein Mensch,
der weder Gott noch seine Mitmenschen vergisst,
sondern der Gott dankt, ihn dadurch ehrt und bekennt,
und der auch wahrnimmt, wo er die Früchte,
die Gott ihm geschenkt hat, mit anderen teilen kann.
Daran schließt der dritte Gedankengang an:
Wie kann danken und teilen mich stärken und erfreuen?
Dankbar sein ist weder ein Zeichen für Schwäche noch uncool. Das Gegenteil ist wahr:
Danken stärkt und erfreut.
Wie schön ist es für mich, wenn ich jemanden in die Augen schaue und ein aufrichtiges:
„Danke schön“ sage!
Es ist deshalb so schön, weil mein Gegenüber in der Regel mit einem Lächeln antwortet.
Zugegeben: Es gibt Ausnahmen: Manche Menschen können oder wollen keinen Dank
annehmen. Die lächeln dann nicht zurück, sondern erklären, warum der Dank unnötig ist.
Diesen Menschen entgeht leider vieles. Sie verpassen den Moment, in dem zwei
Menschen sich anlächeln, miteinander verbunden sind, spüren, dass es beide stärkt und
erfreut.
Dank annehmen kann genau so gut tun:
Dank oder Lob oder jede andere Form von Anerkennung zu bekommen, das tut auch –
zumindest den meisten – gut,
stärkt und erfreut. Auch aus der Perspektive des Dank Empfangenden intensiviert sich die
Beziehung zwischen den beiden Menschen, auch über den Augenblick hinaus.
Dankbarkeit kann schließlich auch unsere Beziehung zu Gott intensivieren. In dem ich
Gott danke, bin und bleibe ich mit Gott in Kontakt, lebe eine Beziehung, die ebenfalls
gestärkt wird und in der sich Freude entwickelt.
Und wenn ich mit Gott in Kontakt bin, werde ich auch immer wieder daran erinnert, womit
Gott mich beauftragt hat, weil es mir und allen Menschen und Geschöpfen gut tut:
Das Leben, Gottes Schöpfung zu bewahren,
Gottes Liebe weiterzugeben, anderen von ihm zu berichten.
Wenn ich mir klar mache, wofür ich alles dankbar bin,
wird mir schneller und besser klar, was anderen fehlt
und was ich mit ihnen teilen könnte. Aus Dankbarkeit kann Großzügigkeit, Nächstenliebe,
Stärke und Freude wachsen.
Und in einer guten, intensiven, gefestigten Beziehung,
da kann ich auch besser mit dem umgehen,
für das es mir schwer fällt, danke zu sagen:
Für alles Leid, das mir oder anderen passiert.
Denn in einer solchen persönlichen und vertrauensvollen Beziehung kann ich gerade in
schwierigen Momenten mein Gegenüber einerseits leichter um etwas bitten,
z. B. Erlöse uns von dem Bösen!
Andererseits kann ich auch meinem Gegenüber schneller mal sagen, was ich ungerecht
und grausam finde,
ja ich kann einfacher klagen, ja sogar auch anklagen.
Das erfahren Menschen schon seit Generationen und Jahrtausenden: Gott zu danken
kann die eigene Beziehung zu Gott so intensivieren, dass auch der Ungang mit
Schicksalsschlägen ein wenig leichter fallen kann.
Eine besondere Nähe kann in einer Beziehung gerade auch beim gemeinsamen Essen
und Trinken entstehen.
Auch heute werden wir gemeinsam das Brot und die Frucht des Weinstocks teilen.
Wir werden uns erinnern an Jesu Leiden, Sterben und Auferstehen. Jesus Christus zeigt,
dass Leid und Tod nicht das Letzte, sondern nur das Vorletzte sind.
Wir können darauf vertrauen, dass Gott immer bei uns ist,
sowohl in glücklichen als auch in traurigen Situationen,
als jemand, der in Jesus alles menschliche Leid selbst erfahren hat und somit weiß und
spürt, wovon wir sprechen, wenn wir uns damit an ihn wenden,
und als jemand, der uns Leben geschenkt hat, bewahrt und vollenden will, der mit uns
feiern möchte, froh und glücklich, wie z. B. Jesus auf der Hochzeit zu Kanaa.
Dankbarkeit kann man pflegen, vielleicht sogar trainieren.
Eine gute Gelegenheit ist dazu das gemeinsame Essen.
Da können wir uns erinnern, dass Gott der Ursprung aller Gaben, der Grund aller Stärke
und Freude ist.
Wenn uns dafür mal die Worte fehlen, erinnern wir uns vielleicht an den heutigen
Wochenspruch des Psalmbeters,
der Pauls Entdeckung in eigene Worte an Gott richtet:
Aller Augen warten auf dich,
und du gibst ihnen ihre Speise zur rechten Zeit.
Amen.
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