Steuerungsbedarf und Internationale Institutionen: Organisationen, Verträge, Regime I. Ausgangspunkt: die horizontale Struktur des internationalen Systems Staatliche Souveränität als grundlegendes Organisationsprinzip des internat. Systems o Organisationshoheit nach innen o Unabhängigkeit nach außen durch Fehlen einer übergeordneten Instanz o Anerkennung von Staaten als gleichberechtigte Akteure Die horizontale Struktur ('Anarchie') des internat. Systems o Einheiten (Staaten) auf derselben Ebene o keine durchsetzungsfähig Kollektivinstanz o Macht/Einfluß ist dezentral verteilt o politisch/rechtliche Entscheidungen nur im Konsens o (fortwährender Kampf ums Überleben) aber: o es existieren zahlreiche internationale Institutionen o Staaten sind eingebunden in internationale Regeln und Völkerrecht o verzichten offenbar vielfach auf die Möglichkeit, ohne Bindungen einseitig zu handeln Vermutungen: o Staatliche 'Souveränität' bedeutet heute nicht mehr Bindungslosigkeit o man versucht, gezielt Einfluß auf das Handeln von Staaten (u. anderen Akteuren) zu nehmen II. Internationale Organisationen: Die Vereinten Nationen (UNO) o gegründet 1945 als 'Weltorganisation' o Ziele u.a.: Sicherung des Weltfriedens Zusammenarbeit bei wirtschaftlichen, sozialen etc. Problemen und zum Schutz der Menschenrechte Entwicklung freundschaftlicher Beziehungen zw. den Staaten => thematisch allzuständig o nahezu globale Mitgliedschaft o sechs Hauptorgane: Generalversammlung (alle Mitgliedst.) oberster Organ, aber keine nach außen verbindlichen Beschlüsse Weltsicherheitsrat (15 Staaten) ermächtigt zur Fassung allgemein verbindlicher Beschlüsse bei Gefährdung des Weltfriedens Wirtschafts- und Sozialrat (ECOSOC) (54 Staaten) Treuhandrat (derzeit funktionslos) Internationaler Gerichtshof Sekretariat o zahllose Sonderprogramme, z.B. UNICEF (Kinderhilfswerk) UNDP (Entwicklungshilfe) UNEP (Umweltprogramm) UNCTAD (UN Konferenz für Handel und Entwicklung) andere globale Organisationen der 'UN-Familie': o Welthandelsorganisation (WTO) o Internationaler Währungsfonds (IWF) o Weltbank o Internationale Seeschiffahrtsorg. (IMO) o Internationale Zivilluftfahrtorg. (ICAO) o Organisation für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) o Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der VN (FAO) o Weltgesundheitsorganisation (WHO) o Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) o Internationale Arbeitsorganisation (ILO) Andere wichtige internationale Organisationen o Nordatlantikpakt (NATO) o Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) o Organisation für wirtschaftl. Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) o Europarat [die Europäische Union] Gemeinsamkeiten: o Gründung durch zwischenstaatl. Vertrag o definiertes Aufgabengebiet (Mandat) o zwei zentrale Organe Konferenz der Mitgliedstaaten Sekretariat (Exekutivdirektor) o ggf. weitere Organe u.ä.: z.B. Ausschüsse, Kommissionen z.B. Europ. Gerichtshof für MR o eigenständige Akteure im internat. System o aber: auf (weitgehenden) Konsens der Mitgliedstaaten gestützt o eng begrenzte eigene Befugnisse aber: keine 'Weltregierungen', sondern vielfach beschränkt auf Hilfsfunktionen, z.B. Informationsbeschaffung Stellung von Kommunikationskanälen für Verhandlungen Übernahme von Sekundärentscheidungen Überwachung von Verpflichtungen Zwischenfazit: o für fast alle Sachbereiche der internat. Politik gibt es 'zuständige' internationale Organisationen o Erfolg je nach Sachgebiet sehr unterschiedlich =>Desillusionierung der Praktiker: Seit 1950 kaum neue große IOs z.B. keine Weltumweltorganisation =>Desillusionierung der Politikwissenschaftler: Internationale Organisationen sind nicht der geeignete Ansatzpunkt zur Untersuchung der Möglichkeiten des 'Regierens' im internationalen System III. Völkerrecht als internat. Ordnung Zentrale Kategorie: Rechtsnormen Frage nach den völkerrechtlich verbindlichen Rechten und Pflichten von Staaten Wer kann Rechte und Pflichten tragen (Rechtssubjekte) ? o Staaten o Internationale Organisationen o gewisse andere (z.B. Rotes Kreuz) o Einzelpersonen nur in abgeleiteter Form => Völkerrecht ist weitgehend das Recht der zwischenstaatlichen Beziehungen Wie entsteht Völkerrecht (Rechtsquellen) ? o Völkergewohnheitsrecht Staatenpraxis Rechtsüberzeugung o Völkervertragsrecht Bindungsabsicht der Beteiligten heute in der Regel durch Ratifikation o Grundsätze des Völkerrechts Ist Völkerrecht für Politikwissenschaftler wichtig? o Völkerrecht ist auch ohne zentrale Sanktionsinstanz 'richtiges' Recht die meisten Staaten halten sich in den meisten Fällen an die meisten Rechtsnormen Rechtsnormen werden durch gelegentlichen Normverstoß nicht ungültig o Staaten schließen laufend völkerrechtlich verbindliche Verträge ab: zur Gründung internat. Organisationen zur Regulierung bestimmter Sachbereiche z.B. UN-Seerechtskonvention von 1982 o Staaten übertragen IOs gelegentlich Kompetenz zur Rechtsetzung (z.B. Sicherheitsrat) o Staaten richten internationale Gerichtsinstanzen ein, etwa Internationaler Gerichtshof Streitschlichtungsmechanismus der WTO Europ. Gerichthof für Menschenrechte Allerdings: o Völkerrechtsnormen werden in vielen wichtigen Fällen gebrochen o Staaten befolgen vielfach auch rechtlich nicht verbindliche Normen (z.B. Empfehlungen) => auch Völkerrecht ist nicht der geeignete Ansatzpunkt IV. Internationale Regime Suche nach Kooperationsarrangements, die zu Verhaltensänderungen führen o unabhängig davon, ob sie im Rahmen einer IO ausgehandelt werden oder nicht o unabhängig davon, ob sie völkerrechtlich verbindlich sind oder nicht zentrale Fragen: o welches Problem wird bearbeitet ? o von welchen Akteuren ? o welche Pflichten gehen sie ein? o Warum halten sie sich daran ? o welchen Nutzen haben sie davon ? zentraler Begriff: 'Internationales Regime' 'Konsensdefinition': "Prinzipien, Normen, Regeln und Entscheidungs-verfahren, um die die Erwartungen der Akteure in einem Problemfeld der IB konvergieren" Wechsel der konzeptuellen Perspektive: o eröffnet neue Fragen o erlaubt neue Erkenntnisse Beispiel NATO: o als Organisation: was macht die Nato ? => Blick auf Hauptquartier, Verhandlungen, Entscheidungen usw. o als internationales Regime: welchen 'Deal' gehen die Mitgliedstaaten ein ? =>Beistandspakt als Verteidigungsbündnis Beispiele für Internationale Regime: o Atomwaffensperrvertrag o Abrüstungsverträge o Welthandelsordnung GATT/WTO o UN-Seerechtskonvention o Schutz der Ozonschicht o Schutz regionaler Meere (Ostsee) o Europ. Menschenrechtskonvention o UN-Menschenrechtspakte