Definitionen zur Pädagogischen Diagnostik Pädagogische Diagnostik ist Diagnose im Dienste pädagogischer Entscheidungen. Grundsätzlich sind als Folge pädagogischer Entscheidungen zwei Maßnahmen möglich: Selektion (z.B. Klassenwiederholung, Auslese für eine bestimmte Schultype) und Intervention (z.B. Hilfe bei intellektuellen oder emotionalen Problemen). Als Informationsquellen für die Pädagogische Diagnostik dienen Lehrern Ergebnisse mündlicher und schriftlicher Prüfungen. Tests werden (im deutschen Sprachraum) fast nur von Schulpsychologen und Erziehungsberatern verwendet. Im Rahmen der Pädagogischen Diagnostik kommt den Leistungsbeurteilungen in der Schule die größte Bedeutung zu. Sie treffen wesentliche Vorentscheidungen bezüglich der späteren Berufsund Lebenschancen junger Menschen und beeinflussen deren Persönlichkeitsentwicklung. Bei diesen Vorentscheidungen stehen zumeist Selektionsentscheidungen im Vordergrund, obwohl die Prognosesicherheit dieser Entscheidungen gering ist. (Rudolf Weiss) www.karl-oswald-bauer.de 6 Sehe ich da richtig? Einige Hinweise zum SeSuS-Workshop "Unterrichtsbeobachtung anhand von TIMSS-Videos" am 11./12. Dezember 2001 im PLIB Ludwigsfelde "Das Lehrerdasein ist dadurch gekennzeich-net, dass Rückmeldungen über die Wirksamkeit des Unterrichts hauptsächlich über die Beobachtung der Leistungen der Schülerinnen und Schüler erfolgen. Diese Beobachtungen werden bewertet und in (Noten)Beurteilungen ausgedrückt. Diese sind jedoch nicht unbe-dingt ein Indikator für die Qualität des Lehrens und Lernens, sondern geben eher darüber Auskunft, wie die Schüler/innen und Schüler die ihnen gestellten Aufgaben bewältigen, um die bestmögliche Note zu erhalten. Wer je-doch über den Unterricht selbst und den durch ihn gesteuerten Lernprozess Auskunft erhal-ten will, wird seine Klassentüre anderen For-men der Beobachtung öffnen müssen." * Unterrichtsbeobachtung - durch Kollegen, "kritische Freunde" oder auch die "Beobachtung" des eigenen Tuns, beispielsweise an-hand von Videoaufzeichnungen - kann ein wirksames Instrument der Qualitätsentwick-lung von Unterricht sein. Sie unterstützt die Reflexion des eigenen beruflichen Handelns und damit die Professionalität von Lehrkräften. Neue Heraus-forderungen, wie z.B. offene Lernformen, Projektarbeit, fachübergreifendes Arbeiten, bedürfen zudem adäquater Beob-achtungsund Bewertungskompetenzen. Und: "Beobachten" will gelernt sein. Mit dem geplanten Workshop verfolgen wir zwei Ziele: 1. Zum einen wollen wir uns Verfahren und Me-thoden der Unterrichtsbeobachtung widmen. Dabei werden Fragen bearbeitet wie: Was heißt "Unterricht beobachten"? Was möchte ich mit welchem Ziel sehen? Reichen meine "seherischen" Fähigkeiten aus, um das Ge-wünschte wahrzunehmen oder gehen sie gar darüber hinaus? Kann ich mich eigentlich selbst im Unterricht beobachten? Welche Methoden der Unterrichtsbeobach-tung sind wann sinnvoll einzusetzen? Schließlich die "soziale" Komponente: Wann bin ich bereit, die "Klassentür zu öffnen"? Wer darf mich beobachten? Was wird beobachtet - mein Unterricht oder ich als Person? Wer bestimmt, was beobachtet wird? Was erwarte ich von einer Rückmeldung bzw. vom Beob-achter? Können mir Schülerinnen und Schüler denn qualifizierte Rückmeldungen geben? Beobachten mich auch die Eltern? Was fange ich mit den Beobachtungsergebnissen an? 2. Unterrichtsvideos der TIMSS-Studie bieten uns die Möglichkeit, selbst Beobachter von Unterricht zu werden und Beobachtungsme-thoden zu üben. Dr. Götz Bieber (PLIB) wird eine Einführung zu den Ergebnissen der TIMSS-Studie geben und daraus Folgerungen für die Qualitätsentwicklung von Unterricht ableiten. Anschließend sollen in Gruppenar-beit entsprechend den Wünschen der Teilnehmer/innen Beobachtungsübungen durch-geführt werden. Gegenstand der Beobachtung könnten dann z.B. sein: - Lehrer-Schüler-Interaktion - Unterrichtsmethoden - Sozialformen des Unterrichts - Lehrerfragen - Schülertätigkeiten / Schülerbeteiligung / Beteiligung von Jungen und Mädchen - Unterrichtsdisziplin - Sprache / Kommunikation - Körpersprache - ... Methoden: - Häufigkeitszählungen - Interaktionsbeobachtung - Beobachtung als Bühnengeschehen P. Gr. * Marlies Krainz-Dürr: Entwicklung von Beobachtungs- und Bewertungskompetenz. Manuskript 2001 (erscheint demnächst in der Dokumentation der QuiSS-Frühlingsakademie Bonn 2001. Grundsätze von Unterrichtsbeobachtung** • Fokus der Beobachtung formulieren (in der kollegialen Unterrichtshospitation vom Beobachteten selbst!) • Erstellung von Erfolgsindikatoren, d. h. jener Kriterien, an denen erkennbar ist, dass das Beobachtungsziel erreicht wird. Beispiel: Erfolgsindikatoren für die Beobachtung zu einer Einheit zum "offenen Lernen": - Die Schüler/innen haben Zeit, die gestellten Aufgaben nach ihrem eigenen Tempo zu lösen. - Sie stellen Fragen, wenn sie mit den gestellten Anforderungen nicht zurechtkommen. - Die Schüler/innen treffen selbständig Entscheidungen darüber, was sie wie machen. - Sie überprüfen die von ihnen geforderten Leistungen selbst. • Anfertigen von Notizen während der Unterrichtsbeobachtung (Spalte "Beobachtung": Beschreibung des Beobachteten / Spalte "Kommentar": mögliche Interpretationen, Gedanken und sonstige Hinweise subjektiver Einschätzung) • möglichst rasche Auswertung der Notizen, um aus der Erinnerung noch wichtige Ergänzungen vornehmen zu können / kurzes Gedächtnisprotokoll, was aus der beobachteten Stunde gefühlsmäßig in Erinnerung geblieben ist. • Beobachter/innen berichten möglichst konkret, was sie gesehen und gehört haben, und wie dies auf sie gewirkt hat; persönliche Einschätzungen und Sichtweisen anbieten - Ratschläge und Tipps vermeiden • Es liegt beim Beobachteten selbst, aus den Rückmeldungen Schlüsse zu ziehen.** Nach ebenda. © Landesinstitut für Schule und Medien Brandenburg Feed-Back Mag. Irene Ecker Der Begriff "Feed-back" ist heute immer wieder und in unterschiedlichsten Organisationen und Zusammenhängen im Gespräch. Erfolg in Organisationen ohne Feed-back ist kaum möglich, seien es jetzt profitorientierte Unternehmen oder Organisationen aus dem non-profit-Bereich. Feed-back bedeutet Rückkopplung und kommt eigentlich aus dem Bereich der Kybernetik. Für Apparate soll durch Rückmeldung eines Ist-Wertes der Vergleich zum Soll-Wert ermöglicht werden. In der Sozialpsychologie wird der Ausdruck vor allem in der Gruppendynamik verwendet, er stellt die persönliche, unmittelbare Reaktion eines Gruppenmitglieds auf ein anderes dar. Aber Feed-back hat eben auch in der Schule Einzug gehalten und ist ein wichtiges Mittel, zu überprüfen wie weit Fremd- und Selbstwahrnehmung auseinanderklaffen. Regelmäßige Rückmeldungen können zur Qualitätssteigerung des Unterrichts führen. Wie sollte Feed-back sein? Feed-back ist die Wiedergabe einer persönlichen Beobachtung, die eine Person auf Grund ihrer Erfahrungen, Haltungen und Werte gemacht hat. Es sagt also auch immer etwas über den Beobachter aus. Es soll sein Beschreibend: Eine sachliche Beschreibung von Beobachtetem, keine Bewertungen und Interpretationen, diese können Ablehnung hervorrufen. Auch Beschreibungen können für den , der das Feed-back erhält, sehr viel aussagen, vor allem wenn diese Beobachtungen gehäuft, also von mehreren, geäußert werden. Konkret: Die Aussagen sollen sich auf das beobachtete Verhalten beziehen, keine allgemeinen, diffusen Floskeln enthalten. Für die Schule bedeutet das, dass zwischen Feed-backgeber und -nehmer konkrete Beobachtungsaufgaben ausgemacht werden sollten. Angemessen: Ehrlich, aber taktvoll. Es soll berücksichtigt werden, wie viel der Empfänger verarbeiten kann. Daher muss auch immer die Situation, in der Feedback gegeben wird, berücksichtigt werden. Brauchbar: Es soll sich auf ein Verhalten beziehen, das die Person auch tatsächlich verändern kann. Vereinbart: Feed-back sollte von beiden Seiten erwünscht und freiwillig sein. Wenn ein Lehrer z. B. von den Schülern Feed-back will, sollte er zuerst in einem Gespräch klären, ob das für alle erwünscht und einsichtig ist. Wenn er echtes Feed-back will, und nicht nur hören, wie gut er ist, sind die Schüler sehr schnell bereit dazu, weil das ja für sie auch einiges klären kann. Zur rechten Zeit: Man sollte sich Zeit dafür nehmen, Feed-back nicht zwischen Tür und Angel in zwei Minuten geben, es sollte aber möglichst unmittelbar nach der beobachteten Aktion stattfinden. Positive Grundhaltung ist Voraussetzung, Feed-back sollte ressourcenorientiert sein, also v. a. auf die Stärken schauen, aber schon auch nicht übersehbare Schwächen rückmelden. Feed- back aufnehmen Feed-back kann natürlich zu Irritationen führen und es kann eine Zeit dauern, bis der Angesprochene es verarbeitet hat. Wichtig ist immer zu erkennen, dass Feed- back subjektiv ist und dass man nicht jedes Feed-back annehmen muss. Man sollte aufmersam zuhören, eventuell klärend nachfragen, das Gehörte in Ruhe verarbeiten und sich nicht verteidigen. Auch bei schriftlichen Feed-backformen sollte es die Möglichkeit zum Nachfragen geben. Feed back in der Schule Unterrichten ist eine sehr komplexe Situation. Genaues Beobachten und Feedbackgeben kann für den Lehrer also sehr hilfreich in dieser Situation sein. Das gegenseitige Feed-backgeben unter Kollegen, zu denen eine Vertrauensbasis vorhanden ist, sollte heute in Österreichs Schulen eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. In der Realität kommt es leider nicht sehr häufig vor. Im Schul- und Unterrichtspraktikum gehört es allerdings zur Ausbildung dazu. Feed -back durch die Schüler, die ja die eigentlichen Klienten sind, sollte ebenfalls immer wieder stattfinden, nur so ist sinnvolle Rückkopplung möglich, Missverständnisse können geklärt werden. Die Fähigkeit Prozesse gezielt zu beobachten und zu beschreiben steigt natürlich mit zunehmender Reife der Schüler. Ein Oberstufenschüler sollte Unterrichtsphasen erkennen können und eingesetzte Methoden analysieren können. Schüler sollen auch angeleitet werden ihren Mitschülern Feed-Back zu geben. Diese Fähigkeit wirkt auch wieder zurück auf die Unterrichtsqualität. Weil der Lehrer aber letztendlich Schüler auch immer beurteilen muss, ist es besser, wenn das Feed-back für den Lehrer zunächst schriftlich und anonym ist. In einem anschließenden Gespräch ist es eventuell möglich offene Fragen und Unklarheiten zu besprechen. Ein Beispiel für Feed-back Tue mehr Tue weniger Behalte bei Exemplarische Fragestellungen zur Unterrichtsbeobachtung Inhaltlich-stoffliche Gesichtspunkte Stoffauswahl? Schwerpunkte? Eingangsvoraussetzungen? Arbeitsmaterial? Querverbindungen zu anderen Stoffgebieten? didaktisch-methodische Gesichtspunkte Unterrichtsziele? Aufbau der Unterrichtseinheit? Motivation zur Mitarbeit? Schwierigkeitsgrad angemessen? Lernaktivitäten? Sozialformen? Lehrmittel? Anschaulichkeit? Fertigkeiten antrainiert? Lernertrag? Wie abgesichert? Interaktion zwischen Lehrern und Schülern Art der Kooperation? Umgangston? Körpersprache, Gestik, Mimik, Lautstärke, Sprachmuster? Reaktionen bei Unterrichtsstörungen? Umgangston in der Klasse? Atmosphäre im Klassenzimmer? Missverständnisse im Umgang miteinander? Anreden der Schüler? Und vieles mehr Methoden der Unterrichtsbeobachtung Quantitative Methoden Wie oft schaut der Lehrer welche Schüler an? Wie viel spricht der Lehrer im Unterricht, wie viel Redezeit haben die Schüler? Wie viel Zeit verwendet der Unterrichtende für welche Methoden? Qualitative Methoden Hier geht es vor Allem um die Lehrer-Schülerbeziehung. Beobachtungen beziehen sich vorrangig auf die nonverbale Kommunikation und die Körpersprache Kontextbezogene Unterrichtsbeobachtungen Hier wird der Prozess beobachtet. Welche Aktion des Lehrers bewirkt welche Reaktion des Schülers? Es geht darum zu erkennen, was fördernd und was hinderlich ist beim Unterrichten und Lernen. Die zuletzt genannten Beobachtungsaufgaben sind sicherlich die schwierigsten, aber hier bringt ein Feed-back dem Lehrenden den meisten Ertrag für den Unterrichtsprozess. Literatur Berger/Hämmerle (1997) Unterrichtsbeobachtung. Exemplarische Fragestellung. Wien Moser-Heindl Wanda (1999) Unterlagen zum Seminar „Systemisches Coaching“, Wien Seifert, Josef W. (1999) Moderation& Kommunikation, Offenbach Schmidbauer, Wolfgang (1995) Psychologie, Lexikon der Grundbegriffe, Hamburg Diem-Wille Gertraud (1999) Unterrichtsbeobachtung als Lernprozess, in: Schulinnovationen Nr. 15, Innsbruck, Klagenfurt und Wien Salzberger-Wittenberg (1998) Die Pädagogik der Gefühle, Emotionale Erfahrung beim Lernen und Lehren, Wien Home