Autismus Autismus im DSM- IV ....subsummiert unter den tiefgreifenden Entwicklungsstörungen Diagnostische Kriterien Kriterium A: mindestens 6 Kriterien aus folgendem Kriterienkatalog müssen zutreffen 1. qualitative Beeinträchtigung der (gegenseitigen) sozialen Interaktion in mindestens zwei der folgenden Bereiche o Gebrauch nonverbaler Verhaltensweisen (Blickkontakt, Mimik, Gestik, Körperhaltung) zur Steuerung sozialer Interaktionen o Unfähigkeit entwicklungsgemäße Beziehungen zu Gleichaltrigen aufzubauen o Mangel, spontan Freude, Interesse, Erfolg mit anderen zu teilen wobei das Teilen ein Kernpunkt der sozialen Interaktion bildet und zwar in Bezug Mentale Zustände zu teilen (meeting of minds) z.B. in Form von Imitation setzt voraus, dass man dem anderen eine Seele zuschreibt o Mangel an sozioemotionaler Gegenseitigkeit 2. qualitative Beeinträchtigung der Kommunikation in mindestens einem der folgenden Bereiche: o verzögerte oder keine Entwicklung der gesprochenen Sprache (ohne Versuche mit Mimik oder Gestik zu kompensieren) o bei ausreichender Sprachfähigkeit: deutliche Schwierigkeiten beim Beginn eines Gesprächs oder dem Fortführen eines Gesprächs o stereotyper, repetitiver Gebrauch der Sprache o Fehlen von entwicklungsgemäßen Rollenspielen oder sozialen Imitationsspielen 3. beschränkte, repetitve, stereotype Verhaltensweisen, Interessen und Aktivitäten in mind. einem der folgenden Bereiche: o umfassende Beschäftigung mit einem oder mehreren stereotypen und begrenzten Interessen, wobei Inhalt und Intensität abnorm sind o auffällig starres Festhalten an (nichtfunktionalen) Gewohnheiten oder Ritualen o stereotype und repetitve motorische Manierismen (Hände, Finger biegen, ständig bewegen, oder komplexe Bewegung des ganzen Körpers) o ständige Beschäftigung mit Teilen von Objekten Kriterium B: Beginn vor dem 3ten Lebensjahr und Verzögerung oder abnorme Funktionsfähigkeit in mindestens einem der folgenden Bereiche: o soziale Interaktion o Sprache als soziales Kommunikationsmittel o symbolisches oder Phantasiespiel Kriterium C: Die Störung kann nicht besser durch die Rett- Störung oder die Desintegrative Störung im Kindesalter erklärt werden 1 In Bezug auf die Diagnose von Autismus (und den meisten anderen psychischen Störungen) finden sich detaillierte Hinweise auf Verhaltensweisen bzw. fehlende Verhaltensweisen im Ggs. zur GB, wo der IQ eigentlich das Hauptdiagnose- Kriterium darstellt Zu Rollen- oder Phantasiespielen: bei kleinen Kindern „als ob Spiele“; Kd. tut als ob es schläft, telefoniert = eine Form von Mentalismus das Kind weiß, dass was es tut nur vorgestellt ist und nicht tatsächlich so ist = Kommunikation mit den Eltern Zu Imitationsspielen: fehlen von Imitationsspielen bei ganz kleinen Kindern ist problematisch, da Imitation die Verständigung zwischen kleinen Gleichaltrigen Kindern ist „ich sehe was du machst und mache es auch“ = Kommunikation Im wesentlichen 2 Defizite: 1. Empathiedefizit (ToM: fehlende Alltagspsychologie; alltagsmentalistische Begriffe fehlen; anderen Gefühle, Wissen oder nicht- Wissen zuschreiben fehlt) 2. Mentalisierdefizit Zu den beschränkten, stereotypen, repetitiven Verhaltensweisen, Interessen und Aktivitäten: die Bandbreite von Interessen ist bei Personen mit Autismus deutlich eingeschränkt; häuft gibt es ein beschränktes Gebiet, von dem sie stark in Anspruch genommen werden (irgendetwas sammeln z.B.); starkes Bestehen auf Gleichförmigkeit, Widerstand (Kumme) bei banalen Veränderungen; eine starke Bindung an unbelebte Objekte ist ebenfalls möglich Zu Kriterium B: Beginn vor dem 3ten Lebensjahr: typischerweise keine eindeutig normale Entwicklungsphase vor dem Störungsbeginn Zugehörige Merkmale und Störungen: häufig gleichzeitig eine mittelschwere GB oder geistige Retardierung wobei das Profil kognitiver Fähigkeiten gewöhnlich unausgewogen ist oft Sprachverständnis (rezeptiv) schlechter als Wortschatz (expressiv) Verhaltensymptome: Hyperaktivität, kurze Aufmerksamkeitsspanne, Impulsivität, Aggressivität, selbstschädigendes Verhalten Besondere Alters- und Geschlechtsmerkmale Beeinträchtigung der sozialen Interaktion verändert sich über die Zeit o Säuglinge, Kleinkinder: fehlendes Zärtlichkeitsbedürfnis, Gleichgültigkeit oder Abneigung gegen Zuneigung, Fehlen von Blickkontakt, sozialem Lächeln, fehlende Reaktionen auf die Stimme der Eltern; Behandlung von Erwachsenen als austauschbar oder mechanisches Klammern an eine Person o im Laufe der Entwicklung: eher passive Beteiligung an sozialen Interaktionen jedoch vielleicht kein Verständnis für die Grenzen anderer 2 o Ältere Personen: z.T. hervorragendes Langzeitgedächtnis Geschlechtsunterschiede: tritt 4 bis 5 mal häufiger bei Jungen als Mädchen auf; wobei die Mädchen häufiger eine zusätzliche GB aufweisen Prävalenz: bei 10 000 Personen 2 bis 5 Fälle (0,02 bis 0,05) Differentialdiagnose: Unterscheidung von anderen Tiefgreifenden Entwicklungsstörungen: Rett- Störung: ausschließlich bei Mädchen (vs. Autismus: mehr Jungen betroffen); bei der Rett- Störung verlangsamtes Kopfwachstum, Verlust von zuvor erworbenen Fertigkeiten der Hände und schlecht koordinierten Bewegungen des Rumpfes besonders im Vorschulalter auch Probleme mit sozialen Interaktionen, jedoch vorrübergehende Dauer desintegrative Störung des Kindesalter: Regression nach mindestens zwei Jahren normaler Entwicklung (bei Autismus werden Auffälligkeiten üblicherweise im ersten Lebensjahr bemerkt) Asperger Störung: fehlender Rückstand bei der Sprachentwicklung Zusätzlich abzugrenzen sind: Schizophrenie: entwickelt sich erst nach Jahren normaler Entwicklung Selektiver Mutismus: in bestimmten Umgebungen angemessene Kommunikationsfähigkeit, keine starken Beeinträchtigungen der sozialen Interaktionsfähigkeit und keine eingeschränkten Verhaltensweisen wie beim Autismus Expressive Sprachstörung/ Kombinierte Rezeptiv- Expressive Sprachstörung: keine Beeinträchtigung der sozialen Interaktion, keine eingeschränkten Verhaltensweisen Geistige Benhinderung stereotype Bewegungsstörung 3 Autismus im Pennington Text Man könnte behaupten der Autismus wäre die schwerste Psychopathologie, da er bereits sehr früh in der Entwicklung, Grundaspekte des Menschseins stört. Geschichtliches: Autismus ist eine erst vor Kurzem erkannte Psychopathologie; die ersten Beschreibungen finden sich bei Kanner und Asperger in den 40er Jahren; da die Mehrzahl der Autistischen Kinder GB ist, hat man sie zuvor einfach in diese Kategorie gezählt. das öffentliche Bewusstsein für Autismus wurde auch durch Kinofilme wie „Rain Man“ und Bücher über high funktioning- Autisten gesteigert. Jedoch obwohl wir hier präzise Charakterisierungen der Störung finden, sind in der Realität die meisten Autisten nicht high funktioning, dreiviertel sind GB und ca. die Hälfte davon sind stumm. die Bezeichnung „Autismus“ stammt von Bleuler, der damit ein Symptom von Schizophrenie das er extreme Selbst-Absorption (Vertiefung), die zu einem Verlust des Kontaktes mit äußerer Realität führt, beschrieben hat. Dabei wechselten sich nach Bleuler autistische und aktive (blooming) Phasen innerhalb der Schizophrenie ab. Sowohl Kanner als auch Asperger wählten diese Bezeichnung um das extreme Fehlen von sozialem Bewusstsein der betroffenen Kinder zu beschreiben. Kanner schrieb in seinem Artikel „Autistische Störung des affektiven Kontakts“ über extreme autistische Einsamkeit; weiters charakterisierte er folgende Merkmale von Autismus: o obsessives Verlangen nach Beibehaltung von Gleichförmigkeit o Faszination von Objekten (Kleine Kinder spielen z.B. nur mit dem roten Bauklotz; Jugendliche haben z.B. ein extremes Interesse an Fahrplänen) o Mutismus und andere Sprachabnormalitäten, wie z.B. Echolalie (=lediglich Wiederholung dessen was der Gesprächpartner sagt, keine wirkliche Kommunikation, kein Unterschied zwischen „ich“ und „du“; so sagt bspw. die Mutter zum Kind „Was machst du da?“ und das Kind antwortet „Was machst du da?“. o normale physische Erscheinung (keine physischen Anzeichen von Behinderung) o Anzeichen für erhaltene kognitive Fähigkeiten (wie gutes Gedächtnis oder gute räumliche Fähigkeiten) = Inselbegabungen, das sind spezifische besonders gut ausgeprägte Fähigkeiten, die diskrepant zum allgemeinen intellektuellen Niveau sind weiters bemerkte er eine große Anzahl von vergrößerten Kopfumfängen seiner Patienten Macroencephalie auch Asperger beschrieb ähnliche Merkmale auf der Grundlage der Beobachtungen an anderen Patienten 4 Ursachenhypothesen in der Geschichte o Kanner und Asperger glaubten an eine biologische Ursache, wobei Asperger sogar von genetischer Vererbung sprach) o Psychoanalytiker glaubten an eine psychosozialer Verursachung, z.B. behauptete Mahler es gäbe bei jeden Kind eine normale autistische Entwicklungsphase und das später autistische Kinder eben in dieser Phase stecken bleiben (z.T. aufgrund von Umweltursachen) JEDOCH: wurde diese Theorie von Stern später widerlegt, er konnte zeigen dass normale Babies bemerkenswerte soziale Orientierung zeigen (soziales Lächeln, Faszination an Augen / Gesichtern usw.); bei Autismus scheint diese Orientierung gestört zu sein o eine weitere Psychoanalytische Theorie (Bettelheim) führte Autismus auf zurückweisende „Kühlschrankmütter“ zurück, die ihre Kinder dazu bringen sich von sozialen Interaktionen zurückzuziehen Behandlungen zielten daher auf eine Verbesserungen der Elternkompetenz ab JEDOCH: ist es zwar unter ganz extrem- extremsten deprivierenden Bedingungen möglich einige der autistischen Symptome zu verursachen; aber es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass allein elterliche Kälte so ein verheerende Entwicklungsfolge verursachen kann. Video „gestützte Kommunikation bei Autisten“ (siehe Mitschrift) Dann folgt im Text die Definition von Autismus, die im Wesentlichen einer Zusammenfassung der DSM- IV Kriterien entspricht wir springen zur Prävalenz Prävalenz (Epidemiologie) Hier sollte man lt. Wimmer den Autismus im engeren Sinn (5 von 10 000) vom Autismus im weiteren Sinn (10 -12 von 10 000) unterscheiden, wobei bei Autismus im weiteren sinn, die diagnostischen Kriterien ausgeweitet wurden hier ist im DSM- IV die Streitfragen kategoriale (Autisten vs. keine Autisten) vs. dimensionale Diagnose problematisch Verlaufskontinuität für einen Großteil aller Individuen mit der Diagnose, handelt es sich um eine lebenslange Störung, die selbständiges Leben behindert, wobei frühe Intervention hier zu besseren Vorhersagen führen kann und ein guter IQ sowie das Vorhandensein von kommunikativer Sprach vor dem Alter von 5 Jahren sind gute Prädiktoren für unabhängiges Leben Äthiologie (ist zu detailliert im Text, nur das Wichtigste) o keine psychosoziale Verursachung („Kühlschrankmutter“ o Impfschadentheorie ebenfalls keine Evidenz o Umwelteinflüsse bzw. biologische Einflüsse: Schäden bei der Geburt können zu Autismus führen 5 Verhaltensgenetik (Familiarity) durch die soziale Isolation von Autisten: wenig Reproduktion und dadurch eine geringe Vererbungsrate von Eltern auf Kinder jedoch wäre es ja auch denkbar, dass die Eltern genetisches Risiko auf ihre Kinder übertragen, ohne selbst die Diagnose Autismus zu haben: Geschwisterstudien finden eine Rate von 2 bis 3 % (2 bis 3 von 100), was beträchtlich höher ist als die Prävalenz in der Normalbevölkerung (5 in 10 000)(s.o.) (d.h. Prävalenz bei Geschwistern: 0,02 vs. in der Normalbevölkerung 0,0002 bis 0,0005) Zwillingsstudien: höhere Konkordanz bei EZ als bei ZZ Autismus ist signifikant erblich (solche Konkordanzunterschiede weisen auf Erblichkeit hin) Gen Lokalisationen = Molekulare Genetik zu kompliziert: wir sollen nur wissen, dass es Hinweise gibt Verbindung mit Chromosom 7q (vgl. W.S.!); die genaue Lage ist aber uneindeutig (im Ggs. zum Rett Syndrom: dort sind Abschnitte auf dem x- Chromosom geschädigt deshalb tritt die Rett- Störung auch nur bei Mädchen auf, weil Buben mit diesem Defekt nicht lebensfähig sind) Verbindung mit genetischen Störungen: gewisser Zusammenhang mit: Tuberus Sklerose (in Haut und Hirn bilden sich Ablagerungen) und Fragiles x- Syndrom (Stereotypien, Perseveration (Perseveration bezeichnet das Haftenbleiben an zuvor gebrauchten Worten oder Angaben, die im aktuellen Zusammenhang nicht mehr sinnvoll sind. Es gehört als Symptom zu den formalen Denkstörungen) und Vermeidung von Augenkontakt wird in über 80 % aller Männern mit Fragilem X- Syndrom gefunden) Umwelt Risiko Faktoren laut Pennington: extreme Umweltdeprivation, einschließlich verminderter sozialer Stimulation, kann eine Pheno-Kopie von Autismus produzieren (Anmerkung Wimmer: das ist so nicht richtig, zu salopp geschrieben!!!!)der Vergleich mit Rumänischen Waisen ist hier auch angeführt (Achtung: auch die werden nicht autistisch, es entwickelt sich nur kein richtiges Bindungsverhalten und eventuell Überfreundlichkeit zu Fremden) Gehirn Mechanismen der am besten gesicherte Befund ist eine Macroencephalie in ca. einem Viertel aller Fälle, die durch eine Reduktion des synaptischen Pruning zustande kommt fMRI Studien deuten Unterschiede in der Gehirnaktivität bei der Verarbeitung sozialer Stimuli an, so erfolgt z.B.: auf die Wahrnehmung von Gesichtern nicht die normale Gehirnaktivierung (Unterschiede im Frontal Gyrus und der Amygdala bei den Autisten im Vgl zur Kontrollgruppe) 6 Neuropsychologie: Artikel: Das Spiegelneuronensystem und die Konsequenz seiner Dysfunktion Spiegelneuronen fand man im prämotorischen und parietalen Bereich im MakakenGehirnen. Man fand heraus, dass sie nicht nur dann feuern, wenn sich das Tier selber bewegt sondern auch dann, wenn es Artgenossen dabei beobachtet, wie sie dieselbe Bewegung ausführen. Die Spiegelneuronentheorie ist ein plausibler Neurophysiologischer Mechanismus für eine Vielzahl von wichtigen sozialen Verhaltensweisen von Imitation bis Empathie. Kürzliche Daten zeigen auch, dass eine Dysfunktion des Spiegelneuronensystems bei Menschen ein Kerndefizit beim Autismus sein könnte. Neurophysiologie des Spiegelneuronensystems: Schematischer Überblick über das frontoparietale Spiegelneuronensystem (rot) und seinen visuellen Input (gelb) im menschlichen Gehirn. Ein anteriores Gebiet mit Spiegelneuronen ist im inferioren frontalen Kortex lokalisiert; es umfasst den posterior- inferior- frontalen Gyrus und angrenzenden ventral premotorischen Kortex. Eine posteriore Region mit Spiegelneuronen ist im rostalen Teil des inferior parietalen Lappens lokalisiert. Der hauptsächliche visuelle Input zum Spiegelneuronensystem stammt vom posterioren Teil des Superioren Temporalen Sulcus (STS). Zusammen formen diese drei Gebieteinen Herz- Kreis für Imitation. Der Visuelle Imput des STS wird in der Grafik durch einen orangen Pfeil dargestellt, der Rote Pfeil repräsentiert den Informationsfluss vom parietalen Spiegelneuronensystem, das sich hauptsächlich mit der motorischen Beschreibung der Aktion befasst zum frontalen Spiegelneuronensystem, dass sich mit dem Ziel der Aktion befasst. Die schwarzen Pfeile repräsentieren die Efferenzen- Kopien der Motorischen Imitations- Befehle, die zum STS zurückgesendet werden, um eine Übereinstimmung zwischen sensorischen Vorhersagen der imitativen motorischen Pläne und der visuellen Beschreibung der beobachteten Aktion zu gewähren. 7 Die Beobachtung eines Greifvorgangs, in zwei unterschiedliche Kontexte eingebettet, die zwei verschiedene Absichten andeuten: links. die Absicht zu Trinken; rechts die Absicht aufzuräumen. Ergebnis: unterschiedliche Kontexte rufen unterschiedliche Gehirnaktivierungen im Spiegelneuronsystem im rechten posterioren frontalen Gyrus hervor (größere Aktivierung für das Trinken). Das zeigt, dass das Spiegelneuronensystem nicht einfach nur die beobachtete Aktion kodiert (das ist ein Greifen) sondern die Absicht, die mit der Aktion verbunden ist (das ist ein Greifen um zu trinken) 8 „Normal“ entwickelte Kinder und Kinder mit Autismus wurden mittels fMRI untersucht während sie einen emotionalen Gesichtsausdruck beobachteten oder imitierten (a). Verglichen mit den normal entwickelten Kindern, zeigten autistische Kinder reduzierte Aktivität im frontalen Spiegelneuronensystem. Ferner korrelierte diese Aktivität mit der Schwere der Störung (b), (c), so dass sich der Zusammenhang ergab: je schwerer die Störung umso niedriger die Aktivierung des Spiegelneuronensystems. VL vom 30. November •Das Rett-Syndrom ••Beim Rett Syndrom handelt es sich um eine schwerwiegende Entwicklungsstörung, die nur weibliche Kleinkinder betrifft (Häufigkeit: 1/10.000 bis 1/15.000 Geburten). Die Krankheit manifestiert sich zwischen dem 6. und dem 18. Lebensmonat. Das heimtückische Leiden tritt schleichend in Erscheinung und kann deshalb erst in späterer Zeit diagnostiziert werden. Es kommt zu einem Stillstand in der Entwicklung, wobei der Verlauf der Krankheit einen wichtigen Hinweis zur Diagnose bildet. In weiterer Folge verlernt das Kind bereits erworbene Fähigkeiten. Die Mädchen ziehen sich von ihren sozialen Kontakten zurück, verlernen die wenigen Wörter, die sie bis dahin gelernt haben und leiden oft unter epileptischen Anfällen. Auffallend sind die stereotypen Bewegungen der Hände, die sich als knetende Fingerbewegungen manifestieren. Durch den Rückzug des Kindes nach Auftreten der Krankheit wird oft fälschlicherweise frühkindlicher Autismus diagnostiziert. Neue Erkenntnisse brachte die Identifizierung des Gens MECP2 auf X-Chromosom im Jahr 1999. •Erste Diagnose des Rett Syndroms 9 •Im Jahre 1965 entdeckte der Wiener Kinderarzt Professor Dr. Andreas Rett das heute nach ihm benannte "Rett Syndrom". Im Wartesaal seiner Klinik saßen zwei Mütter mit ihren Mädchen auf der Schoß. Durch Zufall ließen sie gleichzeitig die Hände ihrer Töchter los und beide begannen mit den heute hinlänglich bekannten Handstereotypien oder auch "washing movements" genannten Bewegungen der Hände. • Diese typischen Bewegungen der Hände gelten heute weltweit als Basis für die klassische Diagnosestellung. Zum Als Ob Spiel: Frith, U. (1992). Autismus – ein kognitionspsycholog. Puzzle Mental: ist ein Telefon im Spiel Real: ist eine Banane 10 Stimulus/Aktions-entkoppelte mentale Repräsentation situationsübergreifende Ziele Fantasie mentale Zuschreibungen für Andere In welchem Alter kann man Autismus diagnostizieren? Baron- Cohen et al.: « Psychologische Marker in der Erkennung von Autismus in der Kindheit“ Einschätzung von 3 Verhaltenskompetenzen mit ca. 18 Monaten durch eine Elternbefragung und eine Untersuchung: Große Stichprobe: ca. 16.000 Kinder wurden untersucht, dabei jene mit sehr großen Entwicklungsrückständen ausgeschlossen. Untersuchung: o Hinweisendes Zeigen (Z) durch das Kind: „Wo ist das Licht? Zeig mir das Licht !“ o Als-ob-Spiel (AoS): Miniatur Teetasse und –kanne („Kannst du mir eine Tasse Tee machen?“) o Reaktion auf Zeigegeste (ReZ)(oder auf einen interessierten Blick): Untersucher zeigt auf ein interessantes Objekt ausserhalb des Blickfeldes des Kindes „Schau da ist ein...“ Ergebnis: Risikogruppe Versagen beim ReZ, AoS, Z Versagen Z, oder Z und AoS kein Versagen Autismus n =10 10 Diagnose Entwicklungsrückstand n = 17 2 Normal n =23 0 0 15 7 0 0 16 11 Kann Autismus mit 18 Monaten erkannt werden? (eine weitere Studie von Cohen) Elternbefragungsitems: o o o o o o genießt es ihr Kind geschwungen zu werden oder auf ihren Knien zu reiten? JA / NEIN hat ihr Kind interesse an anderen Kindern ? JA / NEIN liebt es ihr Kind auf Dinge zu klettern, z.B. auf Stiegen? JA / NEIN genießt es ihr Kind verstecken oder Guck- Guck -da zu spielen? JA / NEIN tut ihr Kind manchmal so, als ob es z.B. eine Tasse Tee macht und verwendet dabei eine Spielzeug- Teetasse oder eine Spielzeug Teekanne; oder macht es andere „als- obSpiele“? JA / NEIN Verwendet ihr Kind jemals seinen Zeigefinger um zu zeigen oder auf Interesse an etwas hinzudeuten? JA / NEIN Anmerkung Wimmer: Autismusdiagnose mit 3 Jahren wurde bestätigt! Geschlechtsunterschiede: Ein weiterer Artikel von Baron- Cohen: Geschlechtsunterschiede im Gehirn: Implikationen (Schlussfolgerungen) um Autismus zu erklären Empathie ist die Fähigkeit, das Verhalten von Personen vorherzusagen und darauf zu reagieren, indem man ihnen mentale Zustände zuschreibt und auf diese mit einer passenden Emotion reagiert. Systemisieren ist die Fähigkeit, Verhalten von nichthandelnden deterministischen Systemen vorherzusagen und darauf zu reagieren, indem man die Input- Handlung- Output Beziehung analysiert und Regeln anwendet, die solche Systeme leiten. In der Bevölkerung sind Frauen üblicherweise stärkere Empathisiser und Männer stärkere Systemisiser. Die „extreme männliche Gehirn“ – Theorie postuliert, dass Autismus ein Extrem des männlichen Musters repräsentiert (beeinträchtigtes Empathisieren und erhöhtes Systemisieren). In dieser Studie wird gezeigt, dass spezifische Aspekte der autistischen Neuroanatomie, auch Extreme der typischen männlichen Neuroanatomie darstellen können. 12 Zum Falschen Glauben (Wimmer, Perner) 13 14