Lerngebiet 5 – Persönlichkeit im sozialen Kontext begreifen 1. Soziale Einstellungen 1.1 Der Begriff soziale Einstellung Soziale Einstellungen sind relativ beständig, erworbene Bereitschaften, auf bestimmte Objekte kognitiv, gefühls- und verhaltensmäßig zu reagieren. 1.2 Der Aufbau von sozialen Einstellungen Einstellungsobjekt Einstellung kognitiv: Wahrnehmung Meinung Urteil affektiv: Gefühl Zuneigung oder Ablehnung konativ: Verhaltensbereitschaft Unterstützung Diese Einstellungskomponente stimmen untereinander überein und sin voneinander abhängig. (Konsistenten/ Konsonanter Zustand) Systemcharakter von Einstellungen oder Einstellungssystem bezeichnet sowohl die Beziehung der Einstellungskomponenten untereinander als auch den Zusammenhang von verschiedenen Einstellungen. 1.3 Funktionale Einstellungstheorie nach Daniel Katz Einstellungen haben eine bestimmte Funktion: 1. Anpassungsfunktion Gefühl der Zugehörigkeit 2. Selbstverwirklichungsfunktion Identitätsfunktion Aufbau des Selbstwertgefühls 3. Wissensfunktion Gefühl des Orientiertseins, der Ordnung und der Überschaubarkeit 4. Abwehrfunktion Rechtfertigung Vermeidung von unerwünschten Erlebnissen 1 Lerngebiet 5 – Persönlichkeit im sozialen Kontext begreifen 1.4 „Konditionierungstheorie“ Klassische Konditionierung Operante Konditionierung Verknüpfung eines Elements mit einem bestehenden Reiz o Kontiguität o Reizgeneralisierung Reizdifferenzierung 2. Vorurteile 2.1 Definition Prinzip der Verstärkung positive/ negative Verstärkung Shaping (Verstärkung einer Einstellung) Effektgesetz Gesetz der Bereitschaft Frequenzgesetz Es sind stabile negative Einstellungen gegenüber Gruppen bzw. Personen, die dieser Gruppe angehören. Sie unterscheiden sich von anderen Einstellungen nicht durch spezifische innere Qualitäten, sondern durch ihre soziale Unerwünschtheit. 2.2 2.3 Erkennen von Vorurteilen hängt von der Fähigkeit und der Bereitschaft ab, die eigenen Urteile und Bewertungen kritisch auf ihre Rationalität, ihre Gerechtigkeit und Mitmenschlichkeit zu prüfen und die möglicherweise abweichenden Perspektiven anderer einzubeziehen. Umgang mit Vorurteilen Wir kategorisieren eine Person nach ihrem Geschlecht, Alter oder ihrer Hautfarbe. Die Beurteilung von Personen wird systematisch verzerrt, indem wir sie bestimmten Gruppen zuordnen. Mitglieder fremder Gruppen werden im Positiven und Negativen extremer beurteilt, da wir über sie weniger wissen, als über die Eigengruppe. Werden Vorurteile unterdrückt, wirken sie um so massiver 2.4 Erlernen von Vorurteilen Vorurteile werden häufiger übernommen, als selbst gebildet. Vorhandene soziale Wertungen gegenüber anderen Gruppen werden von der Familie, von der Schule und von den Massenmedien vermittelt. Eltern haben dabei einen sehr großen Einfluss auf ihre Kinder. Das Zugehörigkeitsgefühl zu einer Gruppe bildet sich um das fünfte Lebensjahr herum. Bezugsgruppen, Organisationen und Sprache beeinflussen die Einstellungen zu anderen Gruppen negativ. Bildung besitzt einen wichtigen Einfluss auf fremdenfeindliche Einstellungen. Kindern fehlt die Logik des Rassismus und jeder anderen Konditionierung, das heißt also Rassismus ist nicht angeboren, sondern anerzogen und hinterlässt ein Berg von Emotionen. Vorurteile gegenüber Fremdgruppen können auf innere oder äußere Konflikte einer Person zurückgehen. 2 Lerngebiet 5 – Persönlichkeit im sozialen Kontext begreifen Aggressionsverschiebungen treten immer dann auf, wenn die Aggression sich nicht gegen die eigentliche Ursache richten kann. Aggressionen werden auf Gruppen umgelenkt, von denen Machtlosigkeit Wiederstand und Bestrafung nicht zu erwarten ist. aufgrund ihrer 2.4 Diskriminierung Das Vorhandensein von Vorurteilen hat sich als wichtige Voraussetzung für diskriminierendes Verhalten erwiesen. Diskriminierung kann aber auch ohne Vorurteile und Hass aufkommen und allein durch äußere Anreize, Rollennormen, Befehle, Gruppensolidarität oder Machtgenuss motiviert sein. Das politische und öffentliche Klima besitzt einen großen Einfluss auf die Vorurteilsbildung. 2.5 Abbau von Vorurteilen Vorurteile sind schwer zu ändern, vor allem wenn sie schon in früherer Kindheit erworben werden, stark emotional verankert sind und für das Selbstverständnis einer Person wichtig sind. Die Überwindung von Vorurteilen ist ein langwieriger und schmerzhafter Prozess des Umlernen. Positive Kontakte zwischen Gruppen können zum Abbau von Vorurteilen führen, wenn sie ohne Statusunterschiede und Konkurrenz als für beide Seiten vorteilhaft eingeschätzt werden. Die Einstellung einer Person zu einer Gruppe kann von den Eigenschaften bestimmt sein, die sie an dem Menschen einer Gruppe wahrzunehmen glaubt, umgekehrt können sich die Eigenschaftszuschreibungen ändern, wenn sich die gefühlsmäßigen Einstellungen ändern. 3. Erwerb von sozialen Einstellungen Es gibt viele Theorien, die die Entstehung und die Änderung von sozialen Einstellungen erklären können. Am häufigsten werden die Lerntheorien herangezogen, obwohl diese kaum die Entstehung einer gesamten Einstellung erklären, sondern allenfalls die gezeigte Meinung, das geäußerte Gefühl oder das Verhalten. Auch die Hypothesentheorie eignet sich hervorragend zur Erklärung des Erwerbs von sozialen Einstellungen, insbesondere von Vorurteilen. Diese Theorie geht davon aus, dass es individuelle Erwartungshypothesen sind, die ganz bestimmte Einstellungen bzw. Vorurteile entstehen lassen. 3.1 Die Stabilisierung von sozialen Einstellungen Zur Stabilisierung von bestehenden Einstellungen setzt das Individuum verschiedene Mechanismen ein: Selektion: Informationen, die der eigenen Einstellungen widersprechen werden gemieden und es wird nach Informationen gesucht, die der eigenen Einstellungen entsprechen. Die Informationen werden so ausgewählt, dass sie die eigene Einstellung bestätigen. 3 Lerngebiet 5 – Persönlichkeit im sozialen Kontext begreifen Umdeutung: Informationen, die der eigenen Einstellung widersprechen, werden umgedeutet, verzerrt oder auch verfälscht. Abwehr: Informationen, die der eigenen Einstellung widersprechen, werden abgewehrt und unterdrückt. Sie werden abgewehrt, um die die Einstellung nicht zu erschüttern. 4. Änderung von sozialen Einstellungen 4.1 Bedingungen einer Einstellungsänderung Vom Zeitpunkt des Erwerbs einer Einstellung: Einstellungen, die in der Kindheit erlernt wurden, werden nicht so schnell über Bord geworfen, wie solche, die erst im Erwachsenenalter übernommen wurden. Von bereits vorhandenen Einstellungen: Einstellungen, die den eigenen weniger abweichen, werden eher übernommen, als die die den eigenen abweichen. Von der persönlichen Einschätzung der Wichtigkeit einer Einstellung: Bei Einstellungen, die einem sehr wesentlich und bedeutsam sind, ist der Widerstand einer Änderung sehr hoch, während er bei unwesentlichen und unwichtigen Einstellungen gering ist. Von der Beziehung verschiedener Einstellungen untereinander: Eine Einstellungs- änderung ist bei den Personen schwer zu erreichen, bei denen viele verschiedene Einstellungen miteinander in einem Zusammenhang stehen. Die Bereitschaft eines Menschen, sich von anderen in seinen Einstellungen beeinflussen zu lasen, hängt sehr eng mit eigenen Selbstwertgefühl und mit dem Gefühl gesellschaftlich akzeptiert zu werden, zusammen. Personen, die sehr differenziert wahrnehmen und denken, sind eher bereit, ihre Einstellungen durch Berücksichtigung neuer Elemente zu ändern als Personen mir einer sehr einfachen Denkstruktur. Von den Wert- und Normvorstellungen, die in einer Gesellschaft bestehen: Wenn man Von den Persönlichkeitsmerkmalen eines Individuums: mit einer Einstellung, die den Wert- und Normvorstellungen einer Gesellschaft abweicht, konfrontiert wird, so wird der Widerstand gegenüber einer Einstellungsänderung stärker sein. 4.2 Das Modell der Einstellungsänderung mit Hilfe der Kommunikation 4.2.1 Eine Person ist motiviert und fähig, eine dargebotene Information sorgfältig zu verarbeiten und zu bewerten; es findet eine tiefe Verarbeitung von Informationen statt. Dieser Weg der Einstellungsänderung wird als zentraler Weg bezeichnet. 4.2.2 Eine Person ist wenig oder nicht motiviert und unfähig, sich mit einer dargebotenen Information wirklich auseinander zu setzen. Der Empfänger stützt sich dann mehr auf Aspekte, die nicht den Inhalt der Botschaft betreffen, sondern auf angenehme bzw. unangenehme Reize, die zusammen mit der Information auftreten. Dieser Weg der Einstellungsänderung wird als peripherer Weg bezeichnet. Wenn Menschen motiviert und auch zu intensiver Verarbeitung von Botschaften fähig sind, so kann diese in relativ unvoreingenommener oder aber auch in voreingenommener Weise stattfinden. 4.3 Die Motivation uns die Fähigkeit zu einer intensiven Verarbeitung von Informationen ist von verschiedenen Faktoren abhängig: Von der Art und Weise der Botschaft: Logische, gut strukturierte und wohldurchdachte Argumente, die verständlich und anschaulich dargeboten sind, erhöhen die 4 Lerngebiet 5 – Persönlichkeit im sozialen Kontext begreifen Bereitschaft, sich mit diesen gründlich auseinander zu setzen. Die Wiederholung der Botschaft macht es dem Empfänger leichter diese intensiv zu verarbeiten. Der Einfluss von Stimmungen: Gute Stimmung reduziert die zentrale Informationsverarbeitung, während schlechte Stimmung die Informationsverarbeitung fördert. Von der Erscheinung und den Eigenschaften des Senders: Attraktivität, Sachkenntnis, Glaub- und Vertrauenswürdigkeit des Senders und seine Stimme fördern die periphere Verarbeitung. Von den Eigenschaften und Persönlichkeitsmerkmalen des Empfängers: Die Motivation ist umso höher, je mehr das Einstellungsthema den Empfänger persönlich betrifft und für ihn von Bedeutung ist. Von den Medien: Printmedien erleichtern eine zentrale Verarbeitung, audiovisuelle Medien motivieren zu einer tieferen Auseinandersetzung mit dem Einstellungsthema. Diese Faktoren können, wenn sie eine gründliche und tiefe Verarbeitung fördern, dazu führen, dass diese in relativ unvoreingenommener oder aber auch in voreingenommener Weise stattfindet. 4.4 Einstellungsänderung auf der Grundlage der sozialen Kommunikation Möglichkeiten der Einstellungsänderung: Hohe Qualität der Botschaft Erzeugung von persönlicher Betroffenheit Mäßige emotionale Appelle Zweiseitige Argumentation Richtige Reihenfolge in der Argumentation Glaubwürdigkeit des Senders soziale Macht des Kommunikators Eigenaktivität der Einfluss der Gruppe erzwungene Einwilligung 5. Die Theorie der kognitiven Dissonanz geht von der Annahme aus, dass der Mensch nach innere Ausgeglichenheit strebt, nach Harmonie und Gleichgewicht = nach Konsistenz. Der wesentliche Faktor ist dabei die gedanklichen Vorstellung, also die kognitiven Prozesse. Es handelt sich nicht um objektive Zusammenhänge, sondern um rein subjektive. Entsteht aufgrund von subjektiven Erfahrungen und Einstellungen. Ist ein Zustand psychologischer Spannung, sie wird als unangenehm empfunden und löst Reaktionen aus; sie motiviert Personen dazu, die Dissonanz zu verringern und Konsonanz herzustellen. Der Mensch strebt nach Konsonanz, er bevorzugt ausgewogene und harmonische Beziehungen. 5 Lerngebiet 5 – Persönlichkeit im sozialen Kontext begreifen Je stärker eine kognitive Dissonanz ist, desto größer ist die erlebte Spannung als unangenehmer Zustand und um so stärker ist die Tendenz zur Reaktion kognitiver Dissonanz. Kognitive Elemente stehen in unterschiedlicher Beziehung zueinander: relevant: Kognitive Element haben inhaltlich etwas miteinander zu tun. irrelevant: Zwei Kognitionen stehen in einer irrelevanten Beziehung, wenn sie zusammenhanglos nebeneinander auftreten, voneinander unabhängig sind. Die relevante Beziehung zwischen kognitiven Elementen kann konsonant oder dissonant sein: konsonant: Die Beziehung ist konsonant, wenn ein kognitives Element aus dem anderen folgt. dissonant: Die Beziehung ist dissonant, wenn das Gegenteil des kognitiven Elements aus dem anderen folgt = es besteht ein Wiederspruch Die Beseitigung oder Verminderung der kognitiven Dissonanz kann wie folgt realisiert werden: durch Ignorieren, Vergessen oder Verdrängen der Elemente, die die Dissonanz ausgelöst haben durch Veränderung eines oder mehrerer Elemente, die zueinander in Wiederspruch stehen durch Hinzufügen neuer kognitiver Elemente durch Änderung der Einstellung 6. Periodisierung des Jugendalters Vorpubertät: dem Jugendalter vorausgehende Zeitspanne zwischen Kindheit und dem Auftreten erster sekundärer Geschlechtsmerkmale Adoleszenz: vollendetes 10. bis zum 21. Lebensjahr Jugendalter: 11. bis vollendetes 17. Lebensjahr Transeszenz: 11./12. bis zum 14. Lebensjahr frühe Adoleszenz: 14. bis 18. Lebensjahr späte Adoleszenz: 18. bis 21. Lebensjahr frühes Erwachsenenalter: 21. bis 25. Lebensjahr 6.1 Begriffe Akzeleration: Im Vergleich zum Altersdurchschnitt beschleunigtes Wachstum und Reifung Retardation: Im Vergleich zum Altersdurchschnitt verlangsamte Reifung. 6.2 Jugendalter Die Zeit des Übergangs, in welcher der Jugendliche nicht mehr die Rolle des Kindes und noch nicht die Rolle des Erwachsenen innehat. 6 Lerngebiet 5 – Persönlichkeit im sozialen Kontext begreifen Aspekte des Jugendalters: biologisch (Hormone steuern die körperlichen Veränderungen) soziokulturell (kulturelle und gesellschaftliche Einflüsse) 6.3 Pubertät Phase, in der der Heranwachsende einschneidende physiologische und biologische Veränderungen durchmacht und es zur allmählich Ablösung vom Elternhaus kommt. der biologische und psychologische Übergang von der Kindheit ins Erwachsensein. Nach der biologischen Reifung wird die psychische Reifung in der Adoleszenz fortgesetzt. Es werden drei Reifungsprozesse durchlaufen Vorpubertäres-, Pubertäres- und Nachpubertäresstadium. Mit ca. 13 Jahren beginnt der „puberale Wachstumsschub“, der von der Reifung der Geschlechtsmerkmale begleitet wird. 6.4 Adoleszenz eine länger gestreckte Phase, welche durch die Pubertät eingeleitet wird Die psychische Reifung und Entwicklung, in der der Jugendliche eine große emotionale Verletzbarkeit aufweist. - Bewusste Bildung des Ich-Gefühls - Abgrenzen und wählen neuer Beziehungen auf breiter Basis - Höhere Selbstständigkeit beim fällen von Entscheidungen Die Adoleszenz stellt den letzten, jedoch auch höchst bedeutsamen und auffälligen Entwicklungsschub dar. 7. Konzept der Entwicklungsaufgaben Konzept, zur Umsetzung von körperlichen, psychischen und sozialen Anforderungen in den einzelnen Lebensphasen in individuelle Verhaltensprogramme. Entwicklung der eigenen Persönlichkeit. Sie definieren für jedes Individuum in bestimmten sozialen Lebenslagen die vorgegebenen Anpassungs- und Entwicklungsprobleme, denen es sich stellen muss. Sie sind eine Mischung aus normativer (auf Normen bezogen) und deskriptiver (beschreibender) Elemente und geben Sozialisationsziele vor. Der Grad der normativen Verpflichtung variiert dabei sehr stark. (Z.B. ist der Berufseinstieg nicht so sehr Pflicht, wie zur Schule zu gehen.) Sie werden individuell und unterschiedlich aufgefasst, interpretiert und bewertet. Die Entwicklungsaufgaben im Kindesalter Entwicklungsaufgaben im Jugendalter. Das Erwachsensein ist erreicht, wenn die unruhige Such- und Tastphase zu mindestens vorläufig zum Ende gekommen ist und die Person einen Reifungsprozess durchlaufen hat, in dem auch die Ablösung von den Eltern stattgefunden haben soll. 7 bilden die Basis für die Lerngebiet 5 – Persönlichkeit im sozialen Kontext begreifen 7.1 Entwicklungsaufgaben im Jugendalter nach Hurrelmann 1. Entwicklung einer intellektuellen und sozialen Kompetenz, um selbstverantwortlich schulischen und anschließend beruflichen Qualifikationen nachzukommen, mit dem Ziel, eine berufliche Erwerbsarbeit aufzunehmen und dadurch die eigene ökonomische und materielle Basis für die selbstständige Existenz als Erwachsene zu sichern. Leistungskompetenzen müssen heranwachsen Übernahme verschiedener Rollen Ziel: selbstständige Bestimmung der eigenen Leistungsfähigkeit 2. Entwicklung der eigenen Geschlechtsrolle und des sozialen Bindungsverhaltens zu Gleichaltrigen des eigenen und des anderen Geschlechts, Aufbau einer heterosexuellen Partnerbeziehung, die langfristig die Basis für eine Familiengründung und die Geburt und Erziehung eigener Kinder bilden kann. Ablösung vom Elternhaus Akzeptieren des eigenen Körpers und das Übernehmen der Geschlechtsrolle Einordnung in die Gesellschaft Wichtige Unterstützung bei der „Abnabelung“ erfolgt durch die Gleichaltrigen (emotionaler Rückhalt ist möglich aufgrund einer sich ähnelnden Situation) Ziel: Verselbstständigung der sozialen Kompetenzen, Abnabelung und Gründung einer eigenen Familie 3. Entwicklung eigener Handlungsmuster für die Nutzung des Konsumwarenmarktes und des Freizeitmarktes (einschließlich der Medien), mit dem Ziel einen eigenen Lebensstil zu entwickeln und zu einem gesteuerten und bedürfnisorientierten Umgang mit den entsprechenden Angeboten zu kommen. Verstärkte Orientierung an Gleichaltrigen zur Bewältigung gesellschaftlicher Anforderungen im Konsum- und Warenbereich lernen mit den zur Verfügung gestellten Geld auszukommen (finanzielle Autonomie – Selbstständigkeit) Starker Umgang/ Kontakt mit Medien Ziel: Bewältigung des Konsummarktes und der Umgang mit den eigenen finanziellen Möglichkeiten. 4. Entwicklung eines Werte- und Normensystems und eines ethischen und politischen Bewusstseins, das mit dem eigenen Verhalten und Handeln in Übereinstimmung steht, so dass die verantwortungsvolle Übernahme von gesellschaftlichen Partizipationsrollen im kulturellen und politischen Raum möglich wird. Selbstdefinition des sozialen und politischen (Bürger-) Status Wachstum von Interaktionsfeldern und –verpflichtungen eigene Standards für die Orientierung und Kompetenzen für die Gestaltung der Lebenssituation finden. 8 Lerngebiet 5 – Persönlichkeit im sozialen Kontext begreifen 7.2 Entwicklungsmodell von Erikson Eriksons psychosoziale Entwicklungsstufen bauen eher auf klinische Beobachtung als auf experimenteller Forschung auf. Psychosoziale Entwicklungsstufen bezeichnen die Haltungen sich selbst und anderen gegenüber, die man nacheinander im Laufe des Lebens einnimmt. Jede Stufe setzt ein neues Niveau sozialer Interaktion voraus. Entwicklung als einen Prozess, der das ganze Leben lang dauert. Nach Erikson besteht der Lebenszyklus aus acht aufeinander folgenden Stufen: 1. Entwicklung von Urvertrauen zur Umgebung 2. Bildung von Autonomie und Anerkennung, sowie die Selbstständigkeit im Handeln zu bestätigen 3. Lernen die Initiative zu ergreifen 4. Kompetenzen erwerben 5. Entwicklung der eigenen Identität 6. Fähigkeit zur Nähe und Bindung erwerben 7. neue Beziehungen zur Familie (sowohl zu den Eltern, sowie das Gründen einer eigenen Familie) 8. sich selbst trotz des Alters und der Veränderungen akzeptieren Alter Krise Angemessene Lösung Unangemessene Lösung 0 – 1 ½ Jahre Vertrauen vs. Misstrauen Stabiles (grundlegendes) Sicherheitsbewusstsein Unsicherheit, Angst 1 ½ – 3 Jahre Autonomie vs. Selbstzweifel Selbstwahrnehmung als Handelnde(r), als fähig zur Körperbeherrschung, als Verursacher von Geschehnissen Zweifel an der eigenen Fähigkeit zur Kontrolle von Ereignissen 3 – 6 Jahre Initiative vs. Schuld Vertrauen auf eigene Initiative und Kreativität Gefühl fehlenden Selbstwertes 6 Jahre Pubertät Kompetenz vs. Minderwertigkeit Vertrauen auf angemessene grundlegende soziale und intellektuelle Fähigkeiten Mangelndes Selbst-vertrauen, Gefühle des Versagens Jugend (Adoleszenz) Identität vs. Minderwertigkeit Festes Vertrauen in die eigene Person Wahrnehmung des eigenen Selbst als bruchstückhaft; schwankendes unsicheres Selbstbewusstsein Junges Erwachsenenalter Intimität vs. Isolierung Fähigkeit zur Nähe und zur Bindung an jemand anderes Gefühl der Einsamkeit, des Abgetrenntseins; Leugnung des Bedürfnisses nach Nähe Mittleres Erwachsenenalter Generativität vs. Stagnation Interesse an Familie, Gesellschaft, künftige Generationen, das über unmittelbar persönliche Belange hinausgeht Selbstbezogene Interessen; fehlende Zukunfts-orientierung Höheres Erwachsenenalter Ich-Integrität vs. Verzweiflung Gefühl der Ganzheit, grundlegende Zufriedenheit mit dem Leben Gefühl der Vergeblichkeit, Enttäuschung 9 Lerngebiet 5 – Persönlichkeit im sozialen Kontext begreifen 8. Problemkonstellationen der Entwicklungsaufgaben Personale Ressoursen (Intelligenz, Temperament, körperliche Konstitution) angemessene Bewältigung Bewältigungskompetenz Problemkonstellationen der Entwicklungsaufgaben unangemessene Bewältigung Nicht normale und ungesunde weitere Persönlichkeitsentwicklung mit - außengerichtetem - ausweichendem - innengerichtetem Soziale Resoursen (Unterstützung der Umwelt, Finanzmittel) 8.1 Normale und gesunde weitere Persönlichkeitsentwicklung Problemverhalten Bewältigungskompetenzen 8.1.1 Hohe Bewältigungskompetenz: gewährleistet keine Beeinträchtigng der körperlichen und Bedindlichkeit und keine Symptome von sozialer Abweichung psychosomatischen das Ausmaß der „Krisen“ von vornherein niedrig zu halten, sind bei denjenigen Jugendlichen gut, die von früher Kindheit an ein aktives und aufgeschlossenes Temperament haben und eine große Lernfähigkeit entwickeln, um aus Krisen und Belastungen produktive Herausforderungen für die Stärkung und Stabilisierung ihrer Persönlichkeit abzuleiten ihre Fähigkeit zur „Selbstorganisation“ der Persönlichkeit ist hoch man fällt in keine psychischen Krankheiten 8.1.2 Niedrige Bewältigungskompetenz: defensive, passive oder ausweichende (man lernt nicht damit umzugehen, sondern kommt immer wieder in die Situation) Reaktion auf problematische Konstellationen der Entwicklungsherausforderungen (wie etwa zu frühes oder zu spätes Eintreten der Geschlechtsreife, lang anhaltenden schulischen Misserfolg), die bei ihnen zudem besonders häufig auftreten soziale und gesundheitliche Beeinträchtigungen können nicht abgewehrt werden es kann zu einer aktuellen oder dauerhaften Überforderung der Handlungskapazität kommen Um so mehr Kompetenzen ich habe, um so günstiger ist es Probleme zu bewältigen. 10 Lerngebiet 5 – Persönlichkeit im sozialen Kontext begreifen 8.2 Formen der unangemessenen Bewältigung von Problemkonstellationen Unangemessene Problemverarbeitung nach außen gerichtete richtet sich an die soziale Umwelt von Familie, Schule, Freundeskreis und Öffentlichkeit äußert sich in sozialem und politischem Protest, anti-soziales Verhalten, kriminelles Verhalten und Gewalt nach innen gerichtete richtet sich an die eigene Psyche und den eigenen Körper äußert sich in Rückzug, Isolierung, Desinteresse an öffentlichen Ereignissen, psychosomatische Störungen. drepressive Stimmungslagen bis hin zum Suizidversuch ausweichende richtet sich nach innen und außen ein „aus dem Wege gehen“ Verhalten äußert sich in untetigem, wechselhaften sozialen Beziehungsmustern, suchtgefährdetem Verhalten 9. Entwicklung der Identität 9.1 Sozialisation im Jugendalter – Ein Prozess der Gestaltung von Identität Der Begriff Sozialisation kann definiert werden als die Entstehung und Bildung der Persönlichkeit aufgrund ihrer Interaktion mit einer spezifischen, materiellen, kulturellen und sozialen Umwelt. 9.2 Das Spannungsverhältins zwischen Individuation und Integration Individualition als Entwicklung zur unverwechselbaren Persönlichkeit Integration als Prozess der Übernahme verantwortlicher Rollen Spannungsverhältnis mit individuellen Krisenerfahrungen Personale Identität Soziale Identität Ich – Identität Die zugrunde liegende Annahme ist, dass es einen wechselseitigen Zusammenhang zwischen individueller und gesellschaftlicher Entwicklung gibt, das heißt, dass die gesellschaftlichen Verhältnisse auf das Individuum einwirken und es beeinflussen. Gleichzeitig wirkt und beeinflusst das Individuum die gesellschaftlichen Verhältnisse. 11 Lerngebiet 5 – Persönlichkeit im sozialen Kontext begreifen 9.2.1 Begriffe: Integration: Prozess der Anpassung Verhaltensstandards an gesellschaftliche Werte, soziale Identität: das subjektive Erleben Mitgliedschaftsrolle einer Individuation: Prozess des Aufbaus einer individuellen Persönlichkeittsstruktur anerkannten Normen, gesellschaftlichen personale Identität: Persönlichkeitsstruktur mit unverwechselbaren kognitiven, motivationalen, sprachlichen, motralischen und sozialen Merkmalen und Kompetenzen 9.3 vierte Maxime Die Lebensphase Jugend ist durch die lebensgeschichtlich erstmalige Chance gekennzeichnet, eine Ich-Identität zu entwickeln. Sie entsteht aus der Synthese von Individuationen und Integration, die in einem spannungsreichen Prozess immer wieder neu hergestellt werden muss. Identität: meint die Beschaffenheit des Selbst, als einmalige und unverwechselbare Person durch die soziale Umgebung und das Individuum selbst. Im Jugendalter wird möglich Individualität zu entwickeln. Die Jugendlichen vermögen es sich selbst im Prozess des Handelns auch als „Akteur“ und „Objekt“ für andere wahrzunehmen. Es bildet sich ein identitätstiftendes Selbstbild. Typisch für das Jugendalter ist es, dieses Spannungsverhältnis in einer besonders intensiven Weise zu erleben. 12