Prof. Dr. Wulf-Henning Roth SS 2012 Schuldrecht I: Allgemeiner Teil und Vertragsschuldverhältnisse § 1. Schrifttum I. Lehrbücher *Brox/Walker *Brox/Walker Emmerich Esser/Weyers Fikentscher/Heinemann Förster Harke Hirsch *Looschelders *Looschelders *Medicus/Lorenz *Medicus/Lorenz Oetker/Maultzsch *Westermann/Bydlinski/Weber II. Lehrbücher zum alten Schuldrecht (nur noch z.T. benutzbar) *Esser Esser/Schmidt Esser/Schmidt Esser/Weyers *Heck *Huber Larenz Larenz III. Allgemeines Schuldrecht, 36. Aufl. 2012 Besonderes Schuldrecht, 35. Aufl. 2011 BGB – Schuldrecht, BT, 12. Aufl. 2009 Schuldrecht, Bd. II, BT, Tb. 1 – Verträge, 9. Aufl. 2004 Schuldrecht, 10. Aufl. 2006 Schuldrecht – Allgemeiner Teil, 2011 Allgemeines Schuldrecht, 2010 Allgemeines Schuldrecht, 6. Aufl. 2009 Schuldrecht Allgemeiner Teil, 9. Aufl. 2011 Schuldrecht Besonderer Teil, 7 Aufl. 2012 Schuldrecht I, Allgemeiner Teil, 19. Aufl. 2010 Schuldrecht II, Besonderer Teil, 16. Aufl. 2012 Vertragliche Schuldverhältnisse, 3. Aufl. 2007 BGB – Schuldrecht, AT, 7. Aufl. 2010 Schuldrecht, 2. Aufl. 1963 (ein Klassiker !) Schuldrecht, Bd. I, Allgemeiner Teil, Tb. 1, 8. Aufl. 1995 Schuldrecht, Bd. I, Allgemeiner Teil, Tb. 2, 8. Aufl. 2000 Schuldrecht, Bd. II, Besonderer Teil, Tb. 1, 8. Aufl. 1998 Grundriß des Schuldrechts, 1929 (ein Klassiker !) Leistungsstörungen, Bd. 1 und 2, 1999 (besonders empfehlenswert !) Lehrbuch des Schuldrechts, Bd. I – Allgemeiner Teil, 14. Aufl. 1987 Lehrbuch des Schuldrechts, Bd. II – Besonderer Teil, Tb. 1, 13. Aufl. 1986 Kommentare Wie zur Vorlesung BGB AT IV. Fallsammlungen etc. Fezer Fezer Fritzsche Köhler/Lorenz Köhler/Lorenz Teichmann Wieling/Finkenauer Klausurenkurs zum Schuldrecht, AT, 7. Aufl. 2011 (anspruchsvoll) Klausurenkurs zum Schuldrecht, BT, 8. Aufl. 2011 (anspruchsvoll) Fälle zum Schuldrecht I, 4. Aufl. 2010 Schuldrecht I, AT, 21. Aufl. 2010 (zitiert: PdW) Schuldrecht II, BT, 19. Aufl. 2011 Vertragliches Schuldrecht, 4. Aufl. 2008 Fälle zum Besonderen Schuldrecht, 6. Aufl. 2007 § 2. Einführung in das Schuldrecht I. Überblick über die Vorlesung II. Recht der „Schuldverhältnisse“ 1. Def.: „rechtliche Sonderverbindung“ zwischen mindestens zwei Personen, durch die Ansprüche begründet werden; § 241 I S. 1. a. „Schuldner“; „Schuld“ (als Verpflichtung zur Leistung; nicht: „Verschulden iSv § 276 BGB oder Strafrecht!); „schulden“: § 387 (dort auch: die Forderung als Anspruch) b. Anspruch (§ 194 I) und Verpflichtung korrespondieren 2. Schuldverhältnis „im engen Sinn“: bezieht sich auf die einzelne Leistungsbeziehung a. § 241 I S. 1: Recht, eine (Haupt-, Neben-) Leistung (auch Unterlassen; S. 2) zu fordern (Unterfall des Anspruchs, § 194 I). b. Aber: das Schuldverhältnis geht über § 241 I hinaus; § 241 II: begleitende Pflichten (Rücksichtnahme) (früher aus § 242 durch Rspr. entwickelt); Merke: Es gibt auch (vertragliche) Schuldverhältnisse ohne (primäre) Leistungs-pflichten. c. BGB verwendet Begriff im engen Sinne: § 362 I („Schuldverhältnis (=Anspruch !) erlischt“). Merke: ein Vertrag erlischt nicht ! (BGH ZIP 2007, 319 Rz. 12 formuliert daher falsch) 3. Schuldverhältnis (z.B. „Mietverhältnis“) „im weiten Sinne“ (z.B. § 311 I) umfasst: a. Hauptleistungspflichten aa. synallagmatisch, nicht-synallagmatisch bb. Primäre und sekundäre Leistungspflichten (Schadensersatz statt der Leistung) cc. Naturalobligationen (unklagbare Ansprüche: §§ 656 I S. 1, 762) b. Nebenleistungspflichten (unterstützende Funktion; z.B. Auskunftspflicht, § 402) c. Schutz-/Verhaltenspflichten (Unterscheidung zu a. spielt bei den §§ 280 ff. eine Rolle!) d. Obliegenheiten („Pflichten“ minderer Art; bei Verletzung nur Rechtsnach-teile, kein Schadensersatz) e. Gestaltungsrechte (Rücktritt; Kündigung) f. Einwendungen, Einreden 4. Relativität der Schuldverhältnisse a. Grundsatz: Rechtswirkungen nur für die am Schuldverhältnis beteiligten Parteien (anders bei dinglichen Rechten: ggü jedermann) b. Ausnahmen: aa. Vertrag zugunsten Dritter, § 328 (nicht zulässig: Vertrag zulasten Dritter) bb. Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte cc. §§ 565, 566; 581 II (Kauf bricht nicht Miete) Fall: V und K schließen einen Vertrag, wonach X verpflichtet sein soll, dem K ein bestimmtes Fahrrad zu übereignen. Rechtslage? Fall: X ist Eigentümer eine Rolls-Royce, Baujahr 1930. K will diesen Wagen kaufen, X lehnt ab. V hört davon und verpflichtet sich ggü K, den Wagen des X zu verkaufen. Kann K Übereignung des KFZ von V verlangen? III. Das Schuldrecht im BGB 1. Schuldrecht und Sachenrecht a. Schuldrecht als Recht der Güterbewegung, Sachenrecht als Recht der Güterzuordnung b. Relative Rechte contra absolute Rechte: Eigentum als dingliches Herrschaftsrecht (Schutz gg jedermann; § 903) c. Trennungsprinzip: aa. Verpflichtungsgeschäft begründet Anspruch, ändert aber nichts an der Güterzuordnung bb. Verfügungsgeschäft: ändert die Güterzuordnung d. Abstraktionsprinzip aa. Grundsatz (1) kein „Durchsschlagen“ der Fehler (2) getrennte Prüfung geboten (3) Fehleridentität möglich bb. Ausnahmen (1) § 158 I (Wirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts als Bedingung für das Verfügungsgeschäft; anders für Auflassung: § 925 II) (2) § 139 ? (i) Wortlaut (Teil „eines“ Rechtsgeschäfts) (ii) Anwendung auch zusammenhängende Rechtsgeschäfte, wenn Einheitlichkeitswille gegeben (Rechtsgeschäfte sollen „miteinander stehen und fallen“) (iii) auch auf Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft anwendbar? Str. contra: Abstraktionsprinzip setzt Privatautonomie Grenzen; Flume Bd. 2 § 12 III 4 pro: BGHZ 161, 175: „ausnahmsweise“ (nicht bei Auflassung; warum?) 2. Allgemeiner Teil des BGB a. Einige Fragen des „AT“ sind im Schuldrecht geregelt: z.B. wirksame Einbeziehung der AGB; § 305, § 305c b. Widerrufsrecht im Verbrauchervertragsrecht: §§ 312 ff., 355 3. Systematik des Schuldrechts a. „AT“ und „BT“ b. „BT“: aa. Vertragliche Schuldverhältnisse bb. Gesetzliche Schuldverhältnisse: §§ 677 ff., 812 ff., 823 ff. cc. „Quasivertragliche“ Schuldverhältnisse: § 311 II, III 4. Ergänzungen im Handelsrecht (HGB; Handelsvertretervertrag; Kommission, Handelsmakler; Transportrecht) und weiteren Nebengesetzen (FernunterrichtsG, ProdukthaftungsG; HaftpflichtG; StVG, WHG, ArzneimittelG u.v.a.) 5. Verklammerung von Teilen des BGB (und HGB): Fall: K bestellt einen Computer bei der V-GmbH. Zwei Wochen nach der Lieferung läuft der Computer nicht mehr. K fragt nach ihren Rechten. (a) K ist Verbraucherin; (b) K ist Kauffrau. I. Ansprgrundl.: §§ 437, 439 I: Nachlieferung oder Reparatur 1. Kaufvertrag geschlossen? a. Einigung über Vertragstyp „Kaufvertrag“ ? - § 433 b. Vertragsschlusstb? – Einigung prüfen, ggf. § 145 ff 2. Wirksamkeitshindernisse? - § 138, 134, 142 iVm §§ 119 ff.; § 105 I, II 3. Schwebende Unwirksamkeit, § 108 I? 4. Inhalt der Verpflichtungen a. gesetzliche: - SchR „BT“ b. vertragliche: Auslegung („AT“) c. durch AGB: wirksam einbezogen? SchR „AT“ 5. Rechte des Käufers? a. §§ 437 ff. : - SchR „BT“ b. modifiziert durch aa. Vertrag? Wirksam? Wieder „AT“ und zwingendes Recht im SchR „BT“ bb. AGB: wirksam einbezogen/Inhaltskontrolle: SchR „AT“ 6. Rechte des Käufers eingeschränkt durch a. Handelsrecht? § 377? b. Verjährung? SchR „BT“:§ 439 c. Verwirkung? § 242 . SchR „AT“ 6. Schuldrecht AT und Ansprüche im Sachen-, Familien- und Erbrecht sowie „AT“ a. Sachenrecht: aa. § 985 als „dinglicher“ Anspruch, weil aus dem Eigentum abgeleitet und mit ihm verbunden; es ist aber ein aus dingl. Recht erwachsender schuldrechtlicher Anspruch gegen den jeweiligen Besitzer. SchuldR AT nur z.T anwendbar: etwa Schuldner- und Gläubigerverzug; nicht Abtretung; nicht §§ 249, 251 bb. Eigentümer-Besitzerverhältnis begründet ein gesetzliches Schuldverhältnis: §§ 987-1003 b. Familienrecht: aa. Verlobung: §§ 1298 ff: Rücktritt, Schadensersatz verweisen auf SR AT bb. § 1664 als Anspruchsgrundlage c. Erbrecht: § 2174 als Beispiel d. BGB AT: §§ 122 I, 179 I, II IV. Das Schuldrecht im öffentlichen Recht 1. Auf Tätigkeit der „öffentlichen Hand“ (Staat, Gemeinden, Körperschaften des öffentlichen Rechts etc.): soweit sie sich auf die „Gleichordnungsebene“ begeben (z.B. Nachfragetätigkeit), findet Privatrecht (und nicht öffentliches Recht!) und damit auch Schuldrecht Anwendung. Dasselbe für Unternehmen, die sich im Eigentum der öffentlichen Hand befinden. 2. Öffentlich-rechtliche Schuldverhältnisse Fall (BGH NJW 2007, 1061): X ist Eigentümer eines Anwesens, das an einen Bach grenzt und zu dem parallel ein Abwasserkanal verläuft, an dem das Grundstück des X angeschlossen ist. Die Gemeinde G lässt Tiefbauarbeiten am Bach durchführen durch die Y-GmbH. Dabei wird der Abwasserkanal beschädigt, was dazu führt, dass der Kanal fast vollständig verschlossen ist und das Oberflächenwasser auf dem Grundstück des X nicht mehr abfließen kann. Der Rückstau verursacht bei X eine Überschwemmung und dabei einen Schaden in Höhe von € 30.000. Anspruch X gegen G? I. Öffentlich-rechtliches Schuldverhältnis zwischen G und X: 1. Anschluss- und Benutzungszwang für die Entsorgung des Wassers: öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis 2. Rechte und Pflichten: bestimmt (neben öff-rechtl. Normen) durch ein gesetzliches Schuldverhältnis, auf das die §§ 275 ff., 278 (analog) anwendbar sind. II. §§ 839 BGB, Art. 34 GG: Schadensersatz aus Amtshaftung V. Einflüsse auf das Schuldrecht 1. Das Grundgesetz Schrifttum: Canaris, AcP 1984, 201; Hager, JZ 1994, 373; Singer, JZ 1995, 1133; Ruffert, Vorrang der Verfassung und Eigenständigkeit des Privatrechts, 2001. Kritisch gegenüber einer zu weitgehenden (Grundrechts-) Konkretisierung im Privatrecht: Diederichsen, Jura 1997, 57; ders., AcP 198 (1998) 171; Simon, AcP 204 (2004) 264. a. Verfassungswidriges Schuldvertragsrecht: Fall: BVerfG NJW 1990, 2246 (unterschiedliche Kündigungsfristen für Arbeiter und Angestellte in § 622 II BGB a.F. als Verstoß gegen Art. 3 I GG) b. Verfassungskonforme Auslegung des BGB (die Verfassung als Prüfungsmaßstab für gesetzliche und im Wege der Rechtsfortbildung geschaffene Privatrechtsnormen) Fälle: Schutz des allgemeinenen Persönlichkeitsrechts gegenüber einer Darstellung in einem Roman: BGH NJW 2005, 2844 („Esra“): grundgesetzlich geschütztes Persönlichkeitsrecht contra Kunstfreiheit; BGHZ 50, 133 („Mephisto“); BVerfG NJW 2000, 1021 (Schutz des Persönlichkeitsrechts contra Pressefreiheit; abweichende Abwägung durch den EuGMR 2005); BVerfG NJW 2003, 3262 (Persönlichkeitsrecht eines Kindes, über das ein Geburtshoroskop veröffentlicht wird). c. Mittelbare Dritt- (Ausstrahlungwirkung)wirkung über §§ 138 und 242 und Rechtsbegriffen in Gesetzen und Verträgen; hier Problem kollidierender Grundrechte (insbesondere mit Privatautonomie, Art. 2 I GG) aa. Die Grundrechte als objektive Wertordnung: BVerfG WM 1987, 89: zur Bindung des Richters an die Grundrechte Fälle: Kündigung eines Girovertrags allein wegen politischer Betätigung des Kunden als Verstoß gegen § 242: OLG Dresden, NJW 2002, 757; BAG NJW 1993, 679 (zum Verhältnis von Vertragsfreiheit und Gleichbehandlung im Arbeitsverhältnis bei der Entlohnung im Tarifrecht); BGH NZG 2004, 35=NJW 2004, 66 (nachvertragliches Wettbewerbsverbot von mehr als zwei Jahren zu Lasten eines Rechtsanwalts); BGH NJW 2000, 1028 (§ 138 I für Regelung einer Aus- und Weiterbildungsentschädigung im Statut des Deutschen Eishockeybundes für den Verein wechselnden Eishockeyspieler); BAG AG 1990, 159 (Direktionsrecht des Arbeitgebers und Unmöglichkeit der Arbeitsleistung bei Gewissenskonflikt; Art. 4 GG). Fall (LG Münster NJW 2009, 3750): K kauft von V ein Hausgrundstück. Eigentum wird durch Auflassung und Eintragung erworben, der Kaufpreis wird bezahlt. In der Nachbarschaft lebt ein autistisches Kind, das, wenn es sich im Garten aufhält, schrei- und kreischähnliche Geräusche von sich gibt. K sieht sich in der Benutzung seiner Terasse und des Garten beeinträchtigt und verlangt 10% des Kaufpreises zurück. I. §§ 311a II, 434, 437 Nr. 3, wenn Mangel des Hausgrundstücks gegeben. Abweichung der Ist- von der Sollbeschaffenheit; Sollbeschaffenheit hier Abweichen von „üblicher“ Beschaffenheit. Mangel hier nicht in der Sache selbst, sondern in Einwirkungen auf das Grundstück; dazu kann auch Lärm gehören. Hier: ortüblicher Lärm iSv § 906 II ist zu dulden; dazu gehört auch Kinderlärm aus der Nachbarschaft. Bei gesteigertem Ruhebedürfnis muss Käufer Vereinbarungen treffen. Aber: Schreien und Kreischen geht wohl über das Ortsübliche hinaus; dann Problem ob Benutzung des Grundstücks nur unwesentlich beeinträchtigt. Im Übrigen: Wertung des GG: Art. 3 III 2 GG – Behindertenschutz („Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“): Ausstrahlungswirkung des Grundrechts ist durch Auslegung zu konkretisieren (z.B. Jarass/Pieroth, GG, 9. Aufl. 2007, Art. 3 Rz. 148), insbes. auch bei Auslegung eines Mietvertrags (BVerfG NJW 2000, 2659). LG Münster: Im nachbarlichen Zusammenleben ist ein erhöhtes Maß an Toleranzbereitschaft erforderlich, um den Behinderten ein Leben frei von vermeidbaren Einschränkungen zu ermöglichen. Aber: Wird das Kind beeinträchtigt, wenn seine Geräusche als Mangel des Nachbargrundstücks angesehen werden?? II. §§ 434, 437 Nr. 2, 441 IV, 346 I (Minderung des Kaufpreises): (-) III. §§ 280 I, 311 II, 241 II? 1. Aufklärungspflicht im vorvertraglichen Bereich? IdR gegeben, wenn für den Vertragsschluss erhebliche Umstände betroffen und gem. Treu und Glauben geboten. Hier? 2. Art. 3 III S. 2: Aufklärungspflicht würde zu mittelbaren Benachteiligungen des Binderten führen. Überzeugend? LG Münster verweist auf st. Rspr., wonach Mieter auf seine Behinderung nicht hinzuweisen brauche gem. §§ 1, 2 I S. 1 Nr. 8, 19 I AGG. bb. Schutzgebot der Grundrechte Fälle: BVerfG E 81, 242 (Handelsvertreter); BVerfG E 89, 214 (Bürgschaftsvertrag eines vermögenslosen Familienangehörigen) 2. EU-Recht a. Unionsrechtskonforme Auslegung deutschen Rechts; Lit. zu den vielfältigen Einwirkungen des Unionsrechts: Roth, in: 50 Jahre BGH, Bd. 2 (2000) 847; Steindorff, EG-Vertrag und Privatrecht (1996); Gebauer/Wiedmann, Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2. Aufl. 2010; Münchener Kommentar zum BGB (-Säcker), Bd. 1, 5. Aufl. 2006, Einl. Rz. 186 ff. b. Insbesondere: richtlinienkonforme Auslegung; zu den sich dabei stellenden Problemen s. Überblick bei Roth, EWS 2005, 385: Zweistufiger Vorgang: (i) Auslegung desUnionsrechts nach den Methoden des Unionsrechts (!);autonome Auslegung der Begriffe (ganz wichtig!); Beachtung der Vielsprachigkeit (von den deutschen Gerichten nahezu immer übersehen!); Rechtstexte in den verschiedenen Amtssprachen in Datenbank der EU. (ii) Auslegung des nationalen Rechts im Lichte des Unions- (Richtlinien-) rechts; Grenzen der Auslegung str. (evtl. Analogie und teleologische Restriktion); besonderes Problem: die „überschießende Umsetzung“ (iii) Große Bedeutung im Verbrauchervertragsrecht; §§ 307 ff., §§ 312 ff., §§ 474 f., §§ 481 ff., §§ 491 ff. Lit.: Roth, Europäischer Verbraucherschutz und BGB, JZ 2001, 475. (iv) Aber auch außerhalb: §§ 613a. §§ 434 ff., §§ 676 ff. (jeweils mit „überschießender Umsetzung“!). (v) Insbesondere: Umsetzung der sog. Antidiskriminierungs-Richtlinien im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) v. 2006 VI. Schuldrecht jenseits des nationalen Schuldrechts 1. UN-Kaufrecht (1980) transformiert in deutsches Recht; gilt unmittelbar für grenzüberschreitende Kaufverträge 2. Wichtige Übereinkommen betr. Landtransport (CMR), Luftverkehr. Weitere Übereinkommen betr. Factoring, Verjährung, Forderungsabtretung in Kraft, z.T. noch nicht von Deutschland ratifiziert. 3. Entwicklungen in der EU: a. Lando Principles (Principles of European Contract Law - PECL), Bd. I-III (1995/2000/ 2003) b. „Gemeinsamer Referenzrahmen“ (GRR; common frame of reference-CFR); 2009 veröffentlicht; 8 Materialbände c. Proposal for a Regulation on a Common European Sales Law, COM (2011) 635 § 3. Begründung und Beendigung von Schuldverhältnissen (im weiten Sinne) I. Begründung 1. durch Rechtsgeschäft: a. Einseitige Rechtsgeschäfte; z.B. Auslobung (§ 657 als einseitiges, nicht empfangsbedürftiges Rechtsgeschäft); evtl. auch Gewinnzusage gem. § 661a (oder geschäftsähnliche Handlung; a.A.: gesetzliches Schuldverhältnis); Patronatserklärung (wenn nicht Vertrag); Erklärung an die Öffentlichkeit (in § 25 III, 26 I HGB vorausgesetzt); als Ausnahmen i.S.v. § 311 I a.E. b. Vertrag als mehrseitiges Rechtsgeschäft; § 311 I aa. Arten von Verträgen: i. einseitig verpflichtend ii. beidseitig verpflichtend iii. synallagmatische Verpflichtungen bb. Unentgeltliche und entgeltliche Verträge c. Rechtsgeschäft und Gefälligkeit: Vorlesung zum BGB AT Unterscheide: aa. Handeln im rein gesellschaftlichen Bereich; allein Haftung nach § 823 ff.: (1)§ 823 I; (2) § 823 II; (3) § 826 bb. „Gefälligkeits“vertrag: §§ 516, 598, 690 (Merke: klagbare Leistungspflicht): ob Vertrag gegeben, ist Frage der Auslegung gem. § 133, § 157; BGHZ 21, 102; Köhler/Lorenz PdW SchR I No. 1 (Vorlesung zum AT!) cc. Gefälligkeits“verhältnis“: Sonderverbindung mit Schutzpflichten gem. § 241 II; Haftung gem. § 280 I (nicht § 281); § 311 II oder Vertrag ohne primäre Leistungspflicht? Zur Wiederholung: Looschelders SchR AT Rz. 93 ff. Fälle: Kinderbetreuung zwischen Nachbarn (BGH NJW 1968, 1874); Lotteriegemeinschaft (BGH NJW 1974, 1705); Gefälligkeitsfahrt zum Arzt (BGH NJW 1992, 498). Zum Problem: Rspr. tendiert zur Annahme eines (konkludent abgeschlossenen) Vertrags bei Bankauskunft (wenn diese für den Empfänger oder Dritten von erkennbarer Bedeutung), BGH ZIP 1999, 275, und bei unentgeltlicher Überlassung eines Arbeitnehmers (BGHZ 21, 102); insoweit: (Gefälligkeits-) Vertrag ohne primäre Leistungspflicht, aber mit Schutzpflichten, § 241 II. Wenn sich Bank/Spediteur jeweils zur Auskunft/ Überlassung (als Leistungspflicht) verpflichtet hat, dann unprobl. Vertrag. Alternative: Gefälligkeitsverhältnis mit bloßen Schutzpflichten gem. § 241 II, das nach §§ 311 II, 280 I zu behandeln ist ( § 311 II Nr. 3: „ähnliche geschäftliche Kontakte“??). d. Faktische Verträge ? e. Fehlerhafte Verträge (fehlerhafter Arbeitsvertrag, Gesellschaftsvertrag): besondere Regeln 2. durch Vertragsverhandlungen, ähnliche geschäftliche Kontakte; § 311 II, III als gesetzliches Schuldverhältnis (dazu später) 3. Sonstige Fälle eines gesetzlichen Schuldverhältnisses: a. §§ 677 ff. b. §§ 812 ff. c. §§ 823 ff. d. §§ 987 ff. II. Beendigung 1. eines Schuldverhältnisses im weiten Sinne (s.o.): a. durch Aufhebungsvertrag b. durch Rücktritt, Kündigung c. nachwirkende Pflichten können bestehen bleiben 2. eines Schuldverhältnisses im engen Sinne (Anspruch): a. durch Erfüllung, § 362 I, II b. durch Erfüllungssurrogate; § 364 I; Hinterlegung im Falle des § 378; Aufrechnung, 387 ff. c. Erlassvertrag, § 397, betreffend des einzelnen Anspruchs § 4. Vertragsfreiheit und ihre Schranken I. Überblick: 1. Vertragsfreiheit ist abgesichert durch Art. 2 I, 12 GG (und im Unionsrecht); Grundlage im BGB: § 311 I 2. Dimensionen: Abschluss-, Inhalts- und Beendigungsfreiheit 3. Vertragsfreiheit als a. formale und materiale Vertragsfreiheit Lit.: Hönn, Kompensation gestörter Vertragsparität, 1982; Enderlein, Rechtspaternalismus und Vertragsrecht, 1996; Meller-Hannich, Verbraucherschutz im Schuldvertragsrecht, 2005 b. Vertragsgerechtigkeit als Topos (warum soll sich Staat darum kümmern?); Probleme: gerechter Preis? Äquivalenz? Formale und materielle Gerechtigkeit; keine positive Festlegung, nur negative Feststellung: § 138 I, II Lit.: Oechsler, Gerechtigkeit im modernen Austauschvertrag, 1997. c. Das Problem der intellektuellen und wirtschaftlichen Imparität; die Rede vom (Schutz des) Schwächeren; Informationsasymmetrie d. Funktionierender Wettbewerb und Vertrag (zur Rolle des Kartellrechts): Entmachtungsfunktion des Wettbewerbs! Ist der Verbraucher der „Schwächere“, wenn er Konsumenthaltung üben kann? Wenn er Auswahlfreiheit hat? e. Defizite und Probleme: aa. Informationsasymmetrien (Versicherungen; Bankprodukte als Beispiele) bb. Eingeschränkte Rationalität (bounded rationality) des Verbrauchers f. „Soziales“ Vertragsrecht ? Der Wohnraum als Lebensraum g. Ökonomische Funktion der Vertragsfreiheit: aa. Zentrale Voraussetzung der effizienten Nutzung ökonomischer Ressourcen: jeder Mensch kann am besten selbst darüber entscheiden, in welcher Weise er seine Bedürfnisse befriedigt; der Vertrag als Korrelat dezentraler wirtschaftlicher Entscheidungen bb. Vorbedingungen: Möglichkeit zu sinnvollen Entscheidungen: §§ 104 ff.; Abwesenheit von Zwang, Täuschung etc.: §§ 123; § 138 II cc. Beschränkungen: s. unten dd. Überlegenheit dezentraler Entscheidungsfindung gegenüber staatlicher oder quasistaatlicher Regulierung (Zuteilung etc.) II. Abschlussfreiheit Lit.: Umfassend Busche, Privatautonomie und Kontrahierungszwang, 1999; Überblick: Looschelders SchR AT § 6; Medicus/Lorenz SchR AT § 11; Larenz/Wolf, BGB AT § 34 IV. 1. Grundsatz der Abschlussfreiheit (abgesichert über Art. 2 I GG) bezieht sich auf das „ob“ und auf das „mit wem“. 2. Einschränkungen der Abschlussfreiheit: a. Unternehmen der öffentl. Hand (des Staates, der Länder, der Kommunen) unterliegen auch bei erwerbswirtschaftlicher Tätigkeit Art. 3 I GG (Gleichheitssatz; Willkürverbot); z.B. städt. Bäder, Theater, Sparkassen; öffentliche Unternehmen (Mehrheit in Händen des Staates): aa. BVerwGE 113, 208: Art. 3 I GG findet unmittelbar Anwendung; sachlicher Grund für Ungleichbehandlung erforderlich; ebenso BGH NJW 2003, 1658 (XI ZR), mit Hinweis auf Art. 1 III GG: Art. 3 I GG als Willkürverbot. bb. BGH ZIP 2004, 351 (XI. ZR): keine unmittelbare Bindung an die Grundrechte (entgegen NJW 2003, 1658!), vielmehr nur mittelbare Bindung: die öffentliche Hand „muss ... gewisse Bindungen und Schranken beachten, die für Privatpersonen (auch bei mittelbarer Drittwirkung der Grundrechte! s.u.) nicht gelten. Insbesondere gilt das Verbot willkürlichen Verhaltens als niedrigste Stufe einer öffentlichrechtlichen Bindung privatrechtlichen Handelns des Staates“ (bei Verstoß gegen Art. 3 I GG ist Kündigung eines Girokontos gem. § 134 BGB nichtig). cc. Politische Zielrichtung des Kunden (hier: Partei) kein Grund für Kündigung; Verfassungswidrige Ziele? Darüber entscheidet gem. Art. 21 II 2 GG das BVerfG. b. Unternehmen i.ü.: aa. Unmittelbarer Abschlusszwang kraft (Spezial-) Gesetzes; Beispiele: § 5 II PflVersG; § 22 PersBefördG; § 3 Erneuerbare EnergieG; § 20 EnWG 2005 (Zugang zu Energieversorgungsnetzen), § 27 EnWG (Zugang zu vorgelagerten Rohrleitungsnetzen; § 28 EnWG (Zugang zu Speicheranlagen); §§ 36 ff. EnWG (Grundversorgungspflicht ggü Letztverbraucher). Lit.: Busche S. 405 ff. bb. Kartellrecht (GWB): aaa. § 19 IV Nr. 4 GWB; Adressat: marktbeherrsch. Unternehmen; Zugang zu dessen Netzen oder anderen Infrastruktureinrichtungen („essential facilities“) bbb. § 20 I: Diskriminierungsverbot für marktbeherrsch. U. (schützt nur Unternehmen) ccc. § 20 II: Diskriminierungsverbot für relativ markstarke U. (schützt nur Unternehmen) ddd. § 20 VI: Aufnahme in Berufs- und Wirtschaftsvereinigungen cc. Mittelbarer Kontrahierungszwang (aber subsidiär ggü aa. und bb.; vor allem zugunsten von Verbrauchern): aaa. Dogmatische Verankerung? (i) Gesamtanalogie zu Regelungen i.S.v. aa., bb? (ii) Einwirkung des Sozialstaatsprinzips ? (iii) § 826 BGB? (passt die Norm?); i.V.m. § 1004 (Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch) bbb. Unstr.: §§ 826, 249 BGB geben Anspruch auf Vertragsschluss (z.B. BGH ZIP1994, 1274) ggü (i) Monopolbetrieb (wenn keine Ausweichmöglichkeiten) & (ii) bez. lebenswichtigen Leistungen (nicht bei Spielbanken: BGH NJW 2006, 362 Rz. 9) & (iii) sofern Abschlussverweigerung missbräuchlich, d.h. sachlich nicht gerechtfertigt; (a) willkürlich? (b) Schädigungsabsicht? (c) Erlangung besonderer Vorteile? (d) Auch Einstrahlung von Grundrechten (beider Parteien) beachten ccc. Rspr. hat Adressatenkreis erweitert in zwei Richtungen: (i) Anbieter ohne Monopolstellung, die wirtschaftliche oder soziale Machtstellung innehaben und auf die Nachfrager angewiesen sind (Mitgliedschaft in Vereinen, Sportverbänden); BGH NJW 1980, 186; NJW 1998, 1326); hierbei gleichwertige Ausweichmöglichkeiten genau prüfen! Zurückhaltend BGH NJW 1990, 763: Marktstärke allein reicht nicht, die Vertragsfreiheit einzuschränken (Gesetzgeber muss regeln). (ii) Bedarfsdeckung im Rahmen normaler Lebensführung? str.; BGH NJW 1990, 762-763 (lesen!) zurückhaltend. Bei kulturellen und sportlichen Einrichtungen? Zum Girokonto: Ausweichmöglichkeiten genau prüfen (OLG Brandenburg NJW 2001, 450; OLG Köln ZIP 2000, 2159; OLG Dresden NJW 2002, 757). Einschränkung der Abschlussfreiheit nur bei weitergehenden Rechtfertigungsmöglichkeiten; OLG Karlsruhe NJW 1988, 341: Anzeige in Zeitschrift mit bestimmter redaktionellen Linie). ddd. Abschlusszwang als Konsequenz eines Angebots an die Allgemeinheit (überschneidet sich mit ccc.); dogmatische Grundlage: venire contra factum proprium; Beispiel: Öffnung des Supermarkts für den allgemeinen Publikumsverkehr (BGH WM 1993, 2219, argumentiert mit § 242)? Unterscheide (mit Larenz/Wolf § 34 Rz. 41-42): (i) Differenzierung allgemein nach Besucherkreisen möglich (Angebot nur an ein bestimmtes Publikum)? Besuch der Veranstaltung nur in festlicher Kleidung; nur für Jugendliche? Nur für Oldies? Lokal nur für Schwule; nicht für Schwule? Nur für Türken? Hier: Unzulässige Verweigerung bei Diskriminierung nach Rasse, ethnischer Herkunft (wg Art. 3 I, III GG) (ii) Wenn allgemeine Kriterien (festliche Kleidung) erfüllt, kann Diskr. im Einzelfall vorliegen (Verweigerung wg Rasse, persönlicher Feindschaft, Kritik in der Öffentlichkeit) mit Konsequenz eines Kontrahierungszwangs. A.A. differenzierend Medicus/Lorenz SchR I § 11 Rz. 84 (der Kontrahierungszwang ablehnt und auf Entschädigungsanspruch wg Persönlichkeitsverletzung verweist). Fall (Köhler/Lorenz PdW SchR I No. 2): Sportreporter S kritisiert die Vereinsführung des Fussballclubs 1.FC X. in scharfer Weise. Der Vereinsvorstand weist die KassiererInnen an, dem S keine Eintrittskarten mehr zu verkaufen. S besteht auf dem Erwerb der Eintrittskarten. Zu recht? 3. Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz a. EG-Gleichbehandlungsrichtlinien (i) Richtlinie 2000/43/EG, ABl 2000 L 180/22 betreffend Gleichbehandlung ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft (Anwendungsbereich: Arbeit, Beruf-, Berufsbildung, Mitgliedschaft in Berufsorganisationen, Bildung, Versorgung mit Gütern und Dienstleistun-gen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, Wohnraum); (ii) Richtlinie 2000/78/EG, ABl. 2000 L 303/16 betreffend Gleichbehandlung in Beschäfti-gung und Beruf (betrifft Diskriminierung aus Gründen der Religion, Weltanschauung, Behin-derung, des Alters, der sexuellen Ausrichtung; Anwendungsbereich: Beschäftigung, Beruf); (iii) Richtlinie 2002/73, ABl. 2002 L 269/15 (betr. Geschlechtergleichstellung); (iv) Richtlinie 2004/113, ABl. 2004 L 373/37 (betr. Gleichbehandlung von Mann und Frau beim Zugang zu und bei der Versorgung nit Gütern und Dienstleistungen). Merke: Richtlinien bei Anwendung des AGG zu beachten im Hinblick auf Gebot der richtlinienkonformen Auslegung (s.o.)! b. Arbeitsrecht: §§ 6 ff. AGG, § 15 AGG (früher § 611a BGB); beachte § 15 VI AGG: kein Kontrahierungszwang! c. § 19 I AGG statuiert über b. hinausgehend ein weitreichendes Benachteiligungsverbot „im Zivilrechtsverkehr“ (in Abschnitts-Überschrift): „ Eine Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, wegen des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität bei der Begründung, Durchführung und Beendigung zivilrechtlicher Schuldverhältnisse, die ... (1) typischerweise ohne Ansehung der Person zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen (Massengeschäfte) oder bei denen das Ansehen der Person nach Art des Schuldverhältnisses nachrangige Bedeutung hat und die zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen ...“. d. § 19 II AGG erstreckt das Benachteiligungsverbot aa. (nur) aus Gründen der Rasse oder ethnischer Herkunft bb. auf Verträge im Bereich der Gesundheitsdienste (Arztvertrag?), der Bildung und der Versorgung mit „Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich von Wohnraum.“ cc. Unklarer Anwendungsbereich (vgl. Regierungsbegründung: Es komme nur darauf an, dass die Erklärung über die Privatsphäre des Anbietenden hinaus gelange (z.B. Zeitungsanzeigen); zugleich will sich die Begründung am Sprachgebrauch des EGVertrages orientieren und Formulierungen wörtlich aus den Richtlinien übernehmen!). Fall: (1) Wie ist der Sportreporter-Fall zu lösen? (2) Wie ist das Verhältnis zu den zu §§ 826, 242 BGB entwickelten Grundsätzen? e. Ausnahmen für Familien- und Erbrecht, § 19 IV AGG f. Modifizierungen für Wohnraummiete in § 19 III, V AGG g. Besondere Regelungen bei besonderem Nähe- oder Vertrauensverhältnis, § 19 V S. 1 AGG h. Bestimmte Rechtfertigungsgründe werden zugelassen. i. Sanktionen in § 21 AGG: aa. Kein (ausdrücklicher) Anspruch auf Vertragsabschluss (anders noch im Entwurf; anders auch § 15 VI AGG); aber: bb. Anspruch auf Beseitigung der Beeinträchtigung und auf Unterlassung, § 21 I 1 AGG. Gibt dieser Anspruch einen Anspruch auf Vertragsabschluss? Reg.begr. drückt sich um klare Aussage: „keine Verweigerung des Zugangs zu einer Einkaufspassage“. Ist e contrario Schluss aus § 15 VI AGG möglich? cc. Schadensersatz, § 21 II Satz 1; evtl. angemessene Entschädigung in Geld für Nichtvermögensschaden, § 21 II Satz 2 AGG. dd. Deliktische Ansprüche (s.o.) bleiben unberührt, § 21 III AGG III. Beendigungsfreiheit 1. Grundsatz: Parteien können Vertrag jederzeit einverständlich aufheben; bei Dauerschuldverhältnissen (Mietvertrag) Befristung vereinbaren (Schranken dazu im Arbeitsrecht). 2. Vertragsfreiheit umfasst (wegen vertraglicher Bindung! pacta sunt servanda) im Grundsatz nicht einseitige Freiheit, Vertrag aufzuheben; anders, wenn einseitiges Aufhebungs(Rücktritts-) recht vereinbart; i.ü. gesetzliche Kündigungs-, Rücktrittsrechte 3. Einschränkung der Beendigungsfreiheit durch die zur Abschlussfreiheit entwickelten Grundsätze (unter II.); z.B. BGH ZIP 2004, 351; auch durch § 138 I (sittenwidrige Kündigg) 4. Erweiterung der Beendigungsfreiheit zum Schutze eines Vertragspartners: a. Einseitige Beendigung durch Widerruf im Verbrauchervertragsrecht, § 355 (als Einschränkung des Grundsatzes pacta sunt servanda) b. (Ganz ausnahmsweise:) Anspruch auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages; BGHZ 136, 161 (Anspruch auf vorzeitige Beendigung des Kreditvertrags); Gesetzgeber hat mit § 490 II reagiert. IV. Inhaltsfreiheit (Vorlesung BGB AT wiederholen) 1. Grundsatz: inhaltliche Ausgestaltungsfreiheit im Schuldvertragsrecht; anders im Sachenrecht (warum?); zur Begründung s.o. 2. Schranken a. § 138 I, II b. § 134 c. (halb-) zwingende Normen etwa aa. Versicherungsvertragsgesetz (VVG) bb. im Mietrecht cc. im Verbrauchervertragsrecht dd. im Arbeitsvertragsrecht; z.B. § 613 d. Einbeziehungskontrolle bei AGB (§ 305c I als verdeckte Inhaltskontrolle) e. Inhaltskontrolle bei AGB über §§ 307-309 (§ 310 I beachten!) f. Inhaltskontrolle bei einseitig vorformulierten Verbraucherverträgen: § 310 III Nr. 2 g. Umsetzung der Antidiskriminierungsrichtlinien in das AGG : Verbot der Benachteiligung umfasst auch „Belästigungen“ (unerwünschte Verhaltensweisen, die in Zusammenhang mit Rasse, ethnischer Herkunft (Religion, Weltanschauung etc.) stehen und Würde der Person verletzen (auch: sexuelle Belästigung); § 3 III-V AGG V. Formfreiheit (ebenfalls: Vorlesung BGB AT) Zur Wiederholung: Looschelders SchR AT § 7; Medicus/Lorenz SchR AT § 13 1. Grundsatz: Formfreiheit 2. Ausnahmen 3. Was sind Sinn und Zweck der Formerfordernisse? § 5. Die Regelung der Vertragsschuldverhältnisse: Einführung I. Vertragstypenfreiheit 1. Funktionen der Schuldvertragsrechts a. Dispositives Recht als aa. Ergänzung der Regelungen durch die Parteien (insbes. Rechte und Pflichten der Parteien; (Neben-) Leistungspflichten; bb. Vereinfachungsfunktion; Senkung von Transaktionskosten (Alltagsgeschäfte!); cc. Ausrichtung der dispositiven Normen am hypothetisch Gewollten. dd. Dispositives Recht als Wertungsmaßstab für die AGB-Inhaltskontrolle gem. § 307 (insoweit auch Verwirklichung einer angemessenen Lösung durch dispositives Recht) b. Zwingende Normen: Schutzfunktionen; v.a. Korrektur von Informationsasymmetrien 2. Funktionen der Vertragstypenregelungen (Definitionsnormen): a. Grundsatz der Vertragstypenfreiheit: grds. entscheidend ist der Wille der Parteien, wie er in den Vereinbarungen bzw. der Vertragsdurchführung zum Ausdruck kommt, nicht die gewählte Bezeichnung („Qualifizierung“) des Vertrages; Medicus/Lorenz SchR AT Rz. 136. b. Bestimmung und Abgrenzung der Vertragstypen wichtig bei unterschiedlichen Formerfordernissen (z.B. Bürgschaft / Schuldbeitritt). Über Bestimmung des Vertragstyps werden auch die Funktionen iSv 1. a)-b) sichergestellt. Daraus ergibt sich Schranke für Bezeichnungsfreiheit der Parteien (unter a.). c. Vertragstypen begrenzen Parteien nicht in ihrer Gestaltungsfreiheit, § 311 I: aa. Parteien können im BGB nicht geregelten Vertragstyp vereinbaren: Schuldbeitritt; Garantievertrag; Leasingvertrag, Franchisevertrag, Lizenzvertrag, Sponsoringvertrag als Beispiele bb. Gemischte Verträge möglich (dazu später) 3. Merke: Hauptleistungsansprüche ergeben sich aus der vertraglichen Vereinbarung, nicht aus den Definitionsnormen a. Was ist die Funktion der Definitionsnormen bez. des Vertragstyps? b. bei den im Gesetz nicht geregelten Vertragstypen ergeben sich Leistungsansprüche nur aus dem Vertrag. c. Klausur: aa. Definitionsnormen werden „in der Praxis“ wie Anspruchsgrundlagen zitiert; aber vertragliche Vereinberung ist logisch vorrangig! bb. Wird Zahlungsanspruch geltend gemacht, kann die Vertragstypenqualifikation idR dahinstehen; anders, wenn es um Gewährleistungs-ansprüche (oder daraus erwachsende Einreden geht), weil diese unterschiedlich sind! II. Verbraucherverträge 1. Verbraucherschutz: allgemeine Begründungen a. Wirtschaftliche, intellektuelle Unterlegenheit, die durch funktionierenden Wettbewerb nicht kompensiert wird (Schutz des „Schwächeren“) b. Informationsasymmetrien; werden tendentiell kompensiert durch Informationsobliegenheiten des Unternehmers c. Im AGB-Recht: einseitige Vorformulierung: Durchlesen macht nicht viel Sinn; zeitlicher Aufwand; Tragweite der Klauseln nur schwer erkennbar; rationales Desinteresse insbesondere bei Alltagsgeschäften (Aufwand steht in keinem Verhältnis zur Bedeutung des Geschäfts) 2. Europäische Einflüsse: deutsches Verbraucherrecht beruht auf Unionsrichtlinien (daraus erwachsend: Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung) 3. „Verbrauchervertrag“: Vertrag zwischen a. Unternehmer, § 14: rollenbezogen!! b. Verbraucher, § 13: ebenso rollenbezogen! aa. Natürliche Person; nicht: juristische Person bb. Zweck: Inhalt des Rechtsgeschäfts, nicht innerer Wille entscheidet (BGH NJW 2008, 436), ob privates Geschäft oder gewerbl/freiberufl. cc. Bei Doppelverwendung (dual use) wohl gewerbl/freiberufl Geschäftsbezug ausschlaggebend (str.) dd. Beweislast für das Nichtvorliegen eines Verbrauchergeschäfts beim Unternehmer (arg.: Formulierung des § 13; BGH NJW 2009, 3780 Rz. 10-11). c. Anwendung der Rechtsscheingrundsätze (Voraussetzungen ihrer Anwendung wiederholen) - wenn Verbraucher (natürliche Person, die objektiv Geschäft mit Bezug zur Privatsphäre tätigt) als Unternehmer auftritt („Schein-Unternehmer“); BGH NJW 2005, 1045 ff. wendet (stattdessen) § 242 an - wenn Unternehmer vorgibt, Geschäft als „Verbraucher“ abzuschließen; nur zugunsetn des anderen Vertragspartners, nicht zu dessen Lasten 4. Spezifische Ansatzpunkte für Verbrauchervertragsrecht: Merke: kein allgemeiner Schutz bei „Verbraucherverträgen“, sondern spezielle (punktuelle) Ansatzpunkte; z.B. besondere Vertriebsformen der Unternehmen a. Situativer Verbraucherschutz: § 312 I – entgeltlicher Vertrag, der in einer besonderen Situation (Gefahr der Überrumpelung; BGH: Einschränkung der Entschließungsfreiheit) abgeschlossen wird aa. § 312 I S. 1 Nr. 1, 2, 3 bb. „bestimmen“ (psychische Kausalität); Vertrag kann auch noch später abgeschlossen werden (enger zeitlicher Zusammenhang nicht erforderlich, aber Indizwirkung für Kausalität nimmt mit zunehmendem zeitlichem Abstand ab); Miturächlich der Situation iSv Nr. 1, 2 oder Nr. 3 reicht aus Rspr.: BGH DB 2008, 2703; NJW 2007, 1947 cc. Ausschluss: § 312 III b. Vorformulieren des Vertragsinhalts: §§ 305 I, 310 III c. Art des Vertragsschlusses über Fernabsatz: Verbraucher kann Ware/Leistung nicht vorher prüfen, § 312d iVm § 312b: aa. „Fernabsatzvertrag“ - Anwendungsbereich des § 312d: § 312b I (genau lesen); im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebssystems bb. Fernkommunikationsmittel: Internet, auch Post und Telefon; entscheidend: nicht unter Anwesenden (§ 312b II); wichtig bei (v.a. unerbetenen) Telefonanrufen (die im Übrigen UWG-widrig sind) cc. Ausschluss gem. § 312b III genau prüfen dd. Ausschluss des Widerrufs- bzw. Rückgaberechts in § 312d IV; mit Rückausnahme bei Telefonabschlüssen in § 312d IV Nr. 3, 4. d. Schutz des Verbrauchers vor (potentiell) unüberlegtem Vertragsbindungen durch Widerrufsrecht: cooling off-Periode ; Ermöglichung eines nachträglichen Produktvergleichs (dient auch der Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs): Dies etwa bei aa. Verbraucherkreditvertrag, §§ 491, 495 bb. Teilzeit-Wohnrechtevertrag, §§ 481 ff., 485 e. Bei Kaufverträgen: Verbraucher soll überall in der Union denselben inhaltlichen Mindestschutz vorfinden: aa. §§ 474 ff. beruhen auf EU-Richtlinie; bb. kein entsprechender Verbraucherschutz bei Werk- und Dienstverträgen!! 5. Schutztechniken im Verbraucherschutzrecht: a. Halbzwingende Normen; z.B. §§ 475 ff. b. Informationspflichten bzw. –obliegenheiten: aa. Beispiele (Achtung: Neuregelung ab 10.6.2010 in Kraft): - § 312c I – Fernabsatzvertrag, iVm Art. 246 § 1 und § 2 EGBGB - § 312g - elektronischer Geschäftsverkehr (auch ggü Nichtverbrauchern: „Kunden“!), iVm Art. 246 § 3 EGBGB - § 491 – Verbraucherdarlehen, iVm Art. 247 EGBGB - §§ 482 – Teilzeit-Wohnrechteverträge, iVm § 242 § 1 - § 651a II – Reisevertrag, iVm Art. 238 EGBGB iVm BGB-InformationspflichtenVO (dtv-Text No. 11) - § 675d I - Geschäftsbesorgungsvertrag über die Erbringung von Zahlungsdiensten, iVm Art. 248 §§ 1-16 EGBGB bb. EGBGB-Informationspflichten werden ergänzt durch Muster über Belehrungen und Informationen: Anlagen 1-5 nach Art. 248 EGBGB. cc. Sanktionen: aaa. Fristen für Widerrufsrecht beginnen nicht zu laufen bbb. §§ 311 II, 280 I (Schadensersatz) (evtl. Einstieg in die Klausur!) c. Widerrufs- und Rückgaberechte (Achtung: Neuregelung ab 10. Juni 2010), §§ 355 I 1, 356 (& Belehrungspflichten darüber! § 312 II) iVm §§ 312 I, § 312d I, 485 I, 495 I normieren die Widerrufsrechte aa. Fristen: § 355 II: zwei Wochen aaa. Rechtzeitige Absendung genügt bbb. Fristbeginn: § 355 III 1 iVm § 360 I; abhängig von „deutlich gestalteter“ Belehrung über Widerrufs- (Rückgabe-)recht; Sonderregelungen: z.B. § 312d II; ccc. Muster für die Widerrufsbelehrung in Anlage 1 nach Art. 248 EGBGB; bei dessen Verwendung ist Belehrungspflicht erfüllt. ddd. Rspr. stellt strenge Anforderungen an Klarheit, Verständlichkeit, Deutlichkeit und ausreichenden Umfang! Z.B. BGH 9.12.2009 VIII ZR 219/08; BGH JZ 2009, 1114 Rz. 15 bb. Form des Widerrufs: § 355 I 2 – Textform, § 126b cc. ohne Begründung: § 355 I 2 dd. Erlöschen: Fristablauf; § 355 IV, 312d III ee. Rechtsfolgen: § 357 (hier manches noch ungeklärt), § 312e: aaa. Klausur: wirksamer Widerruf als Einwendung gegen Zahlungsanspruch!; § 357, § 346 I bbb. Rückabwicklungsansprüche hinsichtl. des Geleisteten gem. § 357 I, § 346 ccc. Evtl. Wertersatz bei Nutzung der zurückzugebende Sache, wenn darüber informiert worden ist; Einzelheiten in § 357 III ddd. Informationspflicht betreff. § 357 I, III: § 312 II (Sanktion: §§ 280 I) c. Inhaltskontrolle im AGB-Recht: aa. § 309 bb. § 308 cc. § 307 II, I (Satz 2 als Transparenzkontrolle) § 6. Die Pflichten im Schuldverhältnis: Überblick I. Durchsetzbarkeit von Ansprüchen Lit.: Medicus/Lorenz SchR AT § 3 1. Klagbarkeit des Anspruchs a. Grundsatz: Leistungsansprüche sind klagbar b. Ausnahmen („Naturalobligationen“; „unvollständige“ Verbindlichkeiten; besser: „unvollkommene“ Forderung): aa. § 656 I 1: „keine Verbindlichkeit“ (iSv keine Klagbarkeit); gleichwohl erhobene Klage ist unbegründet (BGH NJW-RR 2004, 778; str. a.A.: unzulässig; unterschiedliche Begründungen?). Merke: § 656 I 1 ist zwar zwingend, bewirkt aber nicht Nichtigkeit des Vertrags!. Daher: Ehemäklervertrag ist Rechtsgrund iSv § 812 I 1 für das Behaltendürfen des Entgelts; § 656 I 2. bb. § 762 für Spiel und Wette (Merke: bei strafbaren Spielverträgen (Lotterie ohne staatl. Genehmigung) und Spielverboten: §§ 134, 138 I) cc. § 1297 für das Verlöbnis; Klage auf Feststellung des Bestehens eines Verlöbnisses: § 256 ZPO: (+) c. Verjährung: nimmt dem Anspruch nicht seine Klagbarkeit; vielmehr nur Einrede, auf die sich Schuldner im Prozess berufen muss d. Pactum de non petendo (Schranken hierfür str.) 2. Vollstreckbarkeit („Haftung“; Merke: Terminologie aber uneinheitlich; vgl. etwa §§ 276 I, III, 277). Vollstreckung liegt in staatlichen Händen. a. Grundsätze: aa. Vollstreckbares Urteil: §§ 705 ff. ZPO, oder Mahnbescheid oder anderer vollstreckbarer Titel bb. Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen: §§ 803 ff. ZPO § 803 I ZPO: „Die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen erfolgt durch Pfändung“. § 808 I ZPO: „Die Pfändung der im Gewahrsam des Schuldners befindlichen körperlichen Sachen wird dadurch bewirkt, dass der Gerichtsvollzieher sie in Besitz nimmt.“ § 829 I ZPO: „Soll eine Geldforderung gepfändet werden, so hat das Gericht dem Drittschuldner zu verbieten, an den Schuldner zu zahlen. Zugleich hat das Gericht an den Schuldner das Gebot zu erlassen, sich jeder Verfügung über die Forderung, insbesondere ihrer Einziehung, zu enthalten.“ aaa. Vollstreckung in das bewegliche Vermögen durch Pfändung (mittels Inbesitznahme durch Gerichtsvollzieher; „Kuckuck“): § 808 ff.; auch Geld (§ 815 ZPO); Versteigerung: §§ 814, 817 ZPO bbb. Vollstreckung in Geldforderungen u.a.: §§ 828 ff.: Pfändung der Forderung durch Gerichtsbeschluss (Verbot der Abtretung; Verbot, gerichtet an den Dritten, an den Gläubiger zu zahlen); plus Überweisungsberschluss (zum Zwecke der Einziehung) ccc. Vollstreckung in Grundstücke etc.: Zwangshypothek; Zwangsverwaltung; Zwangsversteigerung cc. Vollstreckung auf Herausgabe (iSv körperlicher Übergabe) einer beweglichen Sache/einer Menge bestimmter beweglicher Sachen: § 883 I ZPO: „Hat der Schuldner eine bewegliche Sache oder eine Menge bestimmter beweglicher Sachen herauszugeben, so sind sie von dem Gerichtsvollzieher ihm wegzunehmen und dem Gläubiger zu übergeben.“ Wird Sache nicht gefunden: eidesstattliche Versicherung des Schuldners, § 883 II ZPO, dass er die Sache nicht besitze und nicht wisse, wo sie sich befinde. § 883 I ZPO gilt auch für vertretbare Sachen (§ 91 BGB) und Wertpapiere: § 884 ZPO; Herausgabe von Grundstücken durch „aus dem Besitz setzen und in den Besitz einweisen“ durch den Gerichtsvollzieher: § 885 ZPO. dd. Vollstreckung bezügl. Abgabe einer Willenserklärung (etwa gem. § 929 S. 1, S. 2, 873 BGB etc.): § 894 ZPO: WE gilt als abgegeben mit Rechtskraft des Urteils (Eigentumsübergang an der Sache erfolgt gem. § 894, 883, 897 ZPO). ee. Vollstreckung bez. Vornahme von Handlungen (i.ü.): aaa. Vertretbare Handlungen (Def.: Handlung kann auch durch Dritten vorgenommen werden; z.B. Veröffentlichung eines Werks durch Verleger; Abriss einer Mauer u.ä.): § 887 I ZPO: „Erfüllt der Schuldner die Verpflichtung nicht, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch einen Dritten erfolgen kann, so ist der Gläubiger von dem Prozessgericht ... auf Antrag (durch Beschluss, § 891 ZPO) zu ermächtigen, auf Kosten des Schuldners die Handlung vornehmen zu lassen “ (oder selbst vorzunehmen). bbb. Unvertretbare Handlungen (Auskunft auf Antrag eines Aktio-närs; Gegendarstellung; Widerruf einer Behauptung; Abgabe einer Willenserklärung, wenn für eine Vollstreckung nach § 894 ZPO die notwendige Bestimmtheit fehlt: § 888 I ZPO: Gericht verhängt Zwangsgeld bis € 25.000 (wenn nicht beitreibbar: Zwangshaft) oder Zwangshaft ccc. Ausschluss der Naturalvollstreckung: § 888 III ZPO als Ausnahme zu § 888 I ZPO für Urteil auf Herstellung der ehelichen Lebensge-meinschaft; für Verurteilung zur Leistung unvertretbarer Dienste; Gläubiger kann Weg über §§ 280, 281 BGB gehen (Schadensersatz). ff. Vollstreckung bez. Unterlassungs- oder Duldungspflicht: § 890 ZPO: Ordnungsgeld (bis zu € 250.000.-) oder Ordnungshaft. b. Ausnahmen zum Prinzip staatlicher Durchsetzung: aa. Selbsthilfe: §§ 229-231 BGB – „Selbsthilfe“ meint Verwirklichung eines eigenen Anspruchs bb. Aufrechnung: §§ 387 ff. II. Pflichten aus dem Schuldverhältnis (s.o. § 2 II) Lit.: Looschelders SchR AT § 1 III 1. Leistungspflichten (i.d.R. klagbar; Ausnahme: Naturalobligationen; s.o.) a. Hauptleistungspflichten (zumeist vertragstypendeterminierend) b. Nebenleistungspflichten (auch klagbar) c. Primäre und sekundäre Leistungspflichten 2. Schutzpflichten (nicht klagbar; str.; nur Schadensersatz) 3. Obliegenheiten (weder klagbar noch Schadensersatz; Partei muss Nachteile, z.B. Anspruchsverlust, hinnehmen): § 254: Schadensminderung; § 377 HGB – Rüge“pflicht“ (Rüge“last“); kraft § 242. III. Treu und Glauben Lit.: Looschelders SchR AT § 4; Medicus/Lorenz SchR AT § 16 Bedeutung weit über den (begrenzten) Wortlaut des § 242 hinaus; Treu und Glauben schon im römischen Recht: bona fides. 1. Funktionen der Generalklausel a. Ausprägung eines allgemeinen Prinzips, das das gesamte Recht durchwirkt; seit RG b. Transformationsriemen für Wertungen der Grundrechte c. Rechtsgrundlage für die Interpretation von Verträgen, insbes. den Rechten und Pflichten der Parteien d. Grundlage für die Rechtsfortbildung: Ausbildung von Informations- und Aufklärungspflichten 2. Fallgruppen a. Konkretisierung von Vertragspflichten aa.Interpretation von vertraglichen Regelungen im Lichte von § 242 bb.Erbringung der Leistung im Einzelfall (Wortlaut) b. Ergänzungsfunktion aa. für gesetzliche Regelungen: ungeschriebene Nebenpflichten; Auskunftsansprüche; insbesondere: Konkretisierung von Schutzpflichten nach § 241 II bb. für den individuellen Vertrag c. Korrekturfunktion aa. Inhaltskontrolle von AGB wurde von Rspr. früher über § 242 ausgeübt; heute: § 307 I S. 1; aber: wo AGB-Kontrolle nicht greift (§ 310 IV), kann § 242 eingreifen. bb. Aufwertungsrechtsprechung nach dem 1. Weltkrieg, RGZ 107, 78; heute: § 313. cc. Ehevertraglichen Regelung (z.B. Verzicht auf Versorgungsausgleich, auf nachehelichen Unterhalt), die sich aufgrund späterer Veränderungen in der Ehegestaltung erst im Zeitpunkt der Geltendmachung (!) der Rechtsposition für die andere Partei als unzumutbar erweist: BGH NJW 2004, 930 (zweistufige Prüfung: § 138 I bezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses; § 242 auf Zeitpunkt der Geltendmachung); BGH NJW 2005, 137 d. Schranken der Rechtsmacht: aa. venire contra factum proprium (Beipiel: Berufung auf ausgesprochene Kündigung nach “Zusage”, die Kündigung „zurückzunehmen“) bb. Verwirkung: (1) Anspruch längere Zeit nicht ausgeübt; (2) Verhalten hat Vertrauen erweckt, dass Anspruch nicht mehr geltend gemacht wird. (3) Dritter hat sich darauf verlassen … cc. Unredlicher Rechtserwerb: Vertragsschluss bei Kenntnis des Handelns des Vertreters unter Missbrauch der Vertretungsmacht. dd. dolo agit qui petit quod statim redditurus est: Geltendmachung eines Anspruchs auf Herausgabe, wenn Rückgabe (auf anderer rechtlicher Grundlage) sofort wieder erfolgen muss. ee. Berufung auf Nichtigkeit wg. § 125 in Ausnahmefällen durch Einwendung aus § 242 gesperrt (s. Vorlesung BGB AT), wenn ansonsten schlechthin untragbare Konsequenzen entstünden: (1) Schwere Treuepflichtverletzung (2) Existenmzgefährdung (3) Partei kennt Formvorschrift, verhindert aber arglistig deren Einhaltung ff. Geltendmachung eines vertraglichen Anspruchs bei eigener Vertragsuntreue gg. Rechtsvereitelung: z.B. durch arglistige Zugangsvereitelung hh. Ausübung eines Rechts aus willkürlichen oder schikanösen Gründen ii. Berufung auf geringfügige bzw. folgenlos gebliebene Pflichtverletzungen kk. Berufung auf formale Rechtspositionen ohne schutzwürdiges Eigeninteresse Fall: A liest e-mail mit Vertragsannahmeerklärun um 8:25. Um 8:27 trifft der Widerruf der Annahmereklärung ein, den er ebenfalls sofort liest (geringfügige Verspätung); A hat zwischenzeitlich keine Vermögensdispositionen getroffen. § 7. Leistungspflichten (im Folgenden: vor allem aus Vertrag) Lit.: Looschelders SchR AT Rz. 230 ff.; Medicus/Lorenz SchR AT §§ 17-20 I. Bestimmung des Leistungsinhalts 1. Primär: Parteivereinbarung a. § 311 I: Gestaltungs- und Abänderungsfreiheit b. Auslegung gem. §§ 133, 157 c. subsidiär: Auslegungsregeln: §§ 612 I, II, 632 I, II, § 354 HGB d. bei Lücken: evtl. ergänzende Vertragsauslegung, §§ 157, 242: zu orientieren am „hypothetischen Parteiwillen“ (1) Vertragspartner haben das zu regelnde Problem nicht gesehen. (2) Was hätten vernünftige Parteien als Vertragspartner vereinbart, wenn sie sich der Lücke bewusst gewesen wären? Hierbei Orientierung an den Zwecken des Vertrags und den Interessen der Parteien; Fortdenken der vertraglichen Risikoverteilung. (3) Die ergänzende Vertragsauslegung findet ihre Grenze im tatsächlichen Parteiwillen; sie darf nicht zu einer Änderung oder Ergänzung des Vertragsgegenstands führen. (4) Sie muss zu einem eineindeutigen Ergebnis führen; dies ist nicht der Fall, wenn mehrere gleichwertige Auslegungsmöglichkeiten in Betracht kommen. Fall: Zwei Studentinnen machen ihr medizinisches Praktikum in Südafrika; sie mieten sich für eine Wochenendfahrt ein KFZ. Unfall, bei dem die Fahrerin F das Linksfahrgebot missachtet und die Beifahrerin B verletzt wird. Ansprüche auf Schadensersatz und immateriellen Schaden aus BGB-Innengesellschaft, §§ 705 ff., 280 I, 253 II? Haftungsverzicht im Wege ergänzender Vertragsauslegung? Südafrika kennt keine Pflichthaftpflichtversicherung; die Entschädigungsleistungen der vom Mietwagenunternehmen abgeschlossenen Unfallversicherung sind extrem gering. Von beidem hatten F und B keine Ahnung. BGH NJW 2009, 1482 (Haftungsverzicht bei leichter Fahrlässigkeit im Wege ergänzender Vertragsauslegung; nur ausnahmsweise und bei Vorliegen besonderer Umstände). 2. Bestimmung durch eine der Parteien: a. aufgrund entsprechender vertragliche Bestimmung b. §§ 315 I, 316 als (subsidiär eingreifende) Auslegungsregeln nur hinsichtlich des Maßstabs und des Bestimmungsberechtigten: aa. Bedeutung v.a. für längerfristige Verträge und solche mit anfänglich unbestimmtem Leistungsumfang; Preisbestimmungsvorbehalte: „Preis freibleibend“; „Tagespreis bei Lieferung“; Zinsanpassungsklauseln; Preisanpassungsklauseln; Kostenanpassungsklauseln. bb. Zwei Fragen sind zu unterscheiden: aaa. Haben die Parteien ein einseitiges Bestimmungsrecht vereinbart („ob“)? (i) ausdrücklich? (ii) konkludent? (iii) § 316? (iv) oder liegt Vereinbarung über Mitwirkung an Bestimmung vor? bbb. Nach welchem Maßstab ist die Bestimmung vorzunehmen? (i) von den Parteien ausdrücklich o. konkludent vereinbart (ii) §§ 612 II, 632 II, 653 II (iii) ergänzende Vertragsauslegung (iv) § 315 I als Auslegungsregel nur subsidiär (ggü iii)! „Billiges Ermessen“: angemessene Festsetzung unter Berücksichtigung der Interessen beider Parteien und des Wertes der Leistung. Billigkeitskontrolle nach § 315 III: Schutz vor Missbrauch privater Gestaltungsmacht. c. Wirksamkeit der Vereinbarung eines einseitigen Bestimmungsrechts? aa. § 138 I bb. Bestimmungsrecht in AGB? § 315 entzieht Einräumung eines einseitigen Bestimmungsrechts nicht der AGB-Kontrolle! aaa. § 308 Nr. 4 (BGH NJW 2004, 1588: bei langfrist angelegten Sparverträgen ist Zinsänderungsklausel, die der Bank eine inhaltlich unbegrenzte Zinsänderungsbefugnis einräumt, unwirksam) bbb. § 309 Nr. 1 ccc. § 307 (hier insbes. § 307 I 2: Transparenz: Vertragspartner muss Vertragspflichten überblicken können) cc. Vorformulierte Verbraucherverträge: § 310 III d. § 316: Primär zu prüfen: §§ 133, 157; § 316 ist nur Auslegungsregel („i.Zw.“) hinsichtlich der Person des Bestimmungsberechtigten e. Derzeit aktuell: analoge Anwendung des § 315 III im Energiesektor 3. Leistungsbestimmung durch Dritte, §§ 317-319; aber: setzen die Parteien (dem Dritten) Vorgaben ist § 317 nicht anw. II. Modalitäten der Leistungserbringung: §§ 266-272 Lit.: Looschelders SchR AT Rz. 256 ff.; Medicus/Lorenz SchR AT § 17 (1) Wer hat (2) in welchem Umfang (3) wo und (4) wann zu leisten? 1. Leistung durch wen? a. Parteivereinbarung aa. ausdrücklich bb. konkludent; legt eine Partei ersichtlich Wert auf (höchst-) persönliche Leistungserbringung? § 157; v.a. bei wissenschaftlichen und künstlerischen Leistungen b. Gesetzliche Regelungen: §§ 664 I, 691 S. 1, 613 S. 1 als Auslegungsregeln (subsidiär!) c. Bestimmte Verpflichtungen können nur in Person erbracht werden: aa. Fälle iSv a) bb) bb. insbes. auch Unterlassungspflichten d. Leistung mittels (Erfüllungs-) Gehilfen; § 278 (soweit nicht höchstpersönliche Leistung geschuldet); Einschaltung von Subunternehmen etc.: sind nicht „Dritte“ (iSv e.) e. Leistung durch Dritte, § 267 (soweit nicht höchstpersönlich; nicht: Erfüllungsgehilfe): aa. § 267 I: Tilgung einer fremden Verpflichtung (i) Tilgung durch Dritten bez. fremde Schuld (muss erkennbar sein) (ii) Gläubiger kann Leistung durch Dritten nicht ablehnen (iii) Einwilligung des Schuldners nicht nötig; Widerspruch insoweit irrelevant; aber bei Widerspruch des Schuldners kann Gläubiger die Entgegennahme der Leistung ablehnen (iv) Dritter muss geschuldete Leistung (nicht bloßes Erfüllungssurrogat) erbringen; sonst Zurückweisungsrecht des Schuldners (v) Wirkung: § 362 I bb. § 267 II Fall: V verkauft den Rolls-Royce des X an K für € 100.000. V überredet X, den Wagen an K zu liefern. X stellt dem K den Wagen zur Verfügung, K (dem jetzt der Kaufpreis doch zu hoch erscheint) verweigert die Abnahme mit der Begründung, V sei als sein Schuldner zur Leistung verpflichtet. Zutreffend? cc. Zum Überlegen: Erbringt Dritter wirksam die Leistung ggü dem Gläubiger (mit Wirkung des § 362 I), welche Ansprüche hat Dritter ggü Schuldner? Denkbare Anspruchsgrundlagen: (i) §§ 662, 670 (ii) §§ 677, 683, 670 (iii) § 812 I 2. Leistung in welchem Umfang? a. Parteivereinbarung, ob Ratenzahlung, Sukzessivlieferung etc. oder in vollem Umfang (und auf einmal) b. Teilleistung möglich? Wenn nichts bestimmt: § 266 aa. Richtet sich nur an den Schuldner bb. Rechtsfolge: Gläubiger kann ohne Rechtsnachteile zurückweisen; Schuldner hat dann noch nicht geleistet c. Einschränkungen des § 266: aa. Teilweise Unmöglichkeit: es gelten §§ 283 S. 2, 281 I 2, 323 V 1 als Sonderregeln: Gläubiger kann Annahme der nur noch teilweise möglichen Leistung nur unter den dort genannten Voraussetzungen ablehnen bb. § 434 III bei „verdeckter“ Zuweniglieferung; bei „offener“ Zuweniglieferung hat Gl. § 266. 3. Leistungsort: „wo“? a. Def.: Ort, wo der Schuldner die Leistungshandlung vorzunehmen hat. b. „Leistungsort“ und „Erfüllungsort“ (§§ 447 I, 644 II) werden vom Gesetz identisch verwendet c. „Erfolgsort“ (wo Leistungserfolg=Erfüllung (!) eintritt; z.B. der Eigentumsübergang beim Versendungskauf) ist vom Leistungsort zu unterscheiden (nicht relevant bei Dienstleistungen) d. Bestimmung des Leistungsorts: aa. Parteivereinbarung (ausdrücklich/konkludent) aaa. abweichend von §§ 269-270, wo zu leisten ist bbb. Parteien können Hol-, Bring- und Schickschuld vereinbaren ccc. übliche Handelsklauseln: „cif“ (Abladehafen als Leistungsort), „fob“ (Schiff als Leistungsort) ddd. Was ist eine Holschuld? (Leistungs- und Erfolgsort beim Schuldner) eee. Bringschuld (Leistungs- und Erfolgsort beim Gläubiger): konkludente Vereinbarung (§ 157 BGB, 346 HGB): Blumenbestellung mit Auslieferung; Heizölanlieferung fff. Schickschuld (Leistungshandlung beim Schuldner plus Pflicht zur Versendung; Leistungserfolg beim Gläubiger) bb. Gesetzliche Auslegungsregeln (subsidär): aaa. § 269 I: im Zweifel (Ab-) Holschuld (1) § 269 I: Wohnsitz (§ 7) des Schuldners (politische Gemeinde); § 269 II – als subsidiäre Grundregel (s. 6.) (2) zum Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs (3) Konkreter Leistungsort innerhalb der Gemeinde? („Leistungsstelle“: Wohnung; Niederlassung) (4) Für jede Leistungspflicht getrennt zu bestimmen (5) Nebenpflichten folgen Hauptpflichten (6) “Natur“ des Schuldverhältnisses, § 269 I: Ortsgebundenheit der Leistung (Arbeitsplatz; Bauwerk; KFZ-Werkstatt; Mietvertrag; Krankenhaus) (7) Bei Rücktritt für Rückgabepflicht, § 346 I: wo sich die Sache (gem. vertraglichen Regelungen) befindet (8) Gemeinsamer Leistungsort bei gegenseitigen Verträgen? Arztpraxis; Krankenhaus (zum Anwaltsvertrag früher BGH NJW 1991, 3096; Kanzlei; jetzt: BGH NJW 2004, 54: getrennte Betrachtung der Leistungspflichten). bbb. Geldschuld: § 270 I, IV; ist als Bringschuld auszulegen (str.): (i) Bei § 270 I unstr.: Schuldner trägt Verlustrisiko (“Gefahr“), d.h.: geht Geld auf dem Transport verloren (wird gestohlen), muss Schuldner immer noch leisten (da Leistungserfolg=Erfüllung nicht eingetreten)! Er wird von Leistungspflicht nur frei, wenn das Geld beim Gläubiger eingeht = Erfüllung (Leistungserfolg); bei diesem (Wohnung; Niederlassung etc.) liegt der Erfolgsort. (ii) Schuldner trägt auch das Verspätungsrisiko; Begründung: NomosKommentar § 270 Rz. 6 (richtlinienkonforme Auslegung im Hinblick auf Zahlungsverzugs-Richtlinie); Wortlaut deckt dies. (iii) Anders die früher h.L. zu Geldschulden: sog. “qualifizierte Schickschuld“: Sch. trage das Verlustrisiko, Gl. das Verspätungsrisiko: für Rechtzeitigkeit der Leistung sei auf Vornahme der Handlung am Ort des Sch. (=Leistungsort) maßgebend. Vertiefend jetzt Schwab, NJW 2011, 2833 (Geldschuld als Schickschuld; für Verzug sei im Rahmen von § 286 I nicht auf Leistungshandlung (Eingang des Überweisungsauftrags bei Bank, wenn Kontodeckung gegeben), sondern auf Leistungserfolg (Eingang bei Gutschrift auf Konto des Gläubigers) abzustellen. Dies vor allem im Hinblick auf Zuständigkeitsfragten. (iv) Schuldner trägt iZw die Kosten der Übermittlung, § 270 I ccc. Versendungskauf, § 269 III: im Zweifel keine Bringschuld e. Bedeutung der Bestimmung des Leistungsorts bei Auseinanderfall mit Erfolgsort: aa. Geht der Gegenstand auf dem Wege unter: Wer trägt das Verlustrisiko? Problem der sog. “Leistungsgefahr“ (nur wenn Sch. alles getan hat, geht Leistungs“gefahr“ auf den Gl. über). bb. Für Geldschulden ist Gefahrtragung in § 270 I angesprochen (Geldschuldner muss weiterhin leisten!) 4. Leistungszeit: „wann“? a. Zu unterscheiden sind aa. Fälligkeit: Zeit, zu der der Gläubiger die Leistung verlangen kann; vgl. auch § 286 I für Schuldnerverzug bb. Erfüllbarkeit: Zeit, ab der der Schuldner die Leistung erbringen kann (kann vor aa) sein); nimmt Gl. Leistung nicht ab: Gläubigerverzug. b. Parteivereinbarung: ausdrücklich o. konkludent („aus den Umständen“); Fälligkeit oft erst mit Rechnungsstellung (bei komplexeren Verträgen) c. § 271 I, II enthalten Auslegungsregeln aa.§ 271 I: sofortige Fälligkeit und Erfüllbarkeit bb.§ 271 II: Zeitbestimmung durch Parteien betrifft i.Zw. nur Fälligkeit, nicht Erfüllbarkeit d. Rechnungsstellung hat nichts mit Fälligkeit zu tun; aber: Parteien mögen dies (auch konkludent) vereinbaren e. Dispositive Normen: §§ 546, 556b, 488 III, 608 I. f. Merke: Leistung ist (1) am Leistungsort (s. oben) (2) zur rechten Zeit zu erbringen g. Folgen: Bietet Schuldner seine Leistung nicht gem. f) an, kann er in Verzug gesetzt und/oder eine Frist gesetzt werden (Konsequenzen: Schadensersatz; Rücktritt; s. später). III. Leistungsinhalt 1. Unterscheide: a. Sachleistungen b. Rechtsleistungen (Einräumung einer Lizenz) c. Erbringung von Diensten d. Unterlassen 2. Gegenstandsbezogene Probleme der Sachleistungspflicht: Lit.: Looschelders SchR AT Rz. 279 ff; Medicus/Lorenz SchR AT § 19 Leistungspflicht kann sich auf Vornahme oder Unterlassen einer Handlung beziehen. Im Folgenden geht es um die Pflicht zur Leistung von Gegenständen (§ 90). a. „Stückschuld“ aa. Gegenstand der Leistungspflicht wird bei Vertragsschluss individuell festgelegt; dies kann sich auf Einzelstücke (KFZ mit bestimmter Autonummer; Kauf im Supermarkt) oder eine Sachgesamtheit beziehen (Kauf einer Ladung Fische auf dem Schiff „Victoria“; Unternehmenskauf). bb. Verpflichtung zur Leistung beschränkt sich von vorneherein auf diesen Gegenstand/diese Sachgesamtheit. cc. Konsequenz: Bei Untergang des Gegenstands Unmöglichkeit i.S.v. § 275 I auch dann, wenn Lieferung ähnlicher/anderer Gegenstände möglich! b. „Gattungsschuld“ aa. Allgemeines: aaa. Bedeutung: Oft hat Verkäufer bei Vertragsschluss Ware nicht vorrätig; er muss sie selbst beschaffen (Gattungsschuld als Beschaffungsschuld). bbb. Def.: § 243 I. Geschuldete Sache wird nach Gattungsmerkmalen von den Parteien definiert: Modell, Serie, Herkunft, Größe usw. ccc. § 243 I analog (Analogievoraussetzungen sind zu wiederholen!) anwendbar auf Leistungen (Mietverträge) u.a. (Anmietung von Hotelzimmer(n) mit bestimmten Merkmalen) ddd. Gattungsschuld und „vertretbare“ Sachen i.S.v. § 91 sind zu unterscheiden: (a) über Vertretbarkeit entscheidet (nur) die Verkehrsanschauung. (b) über Gattungsmerkmale einigen sich die Parteien. Beispiel: V und K einigen sich über den Ankauf von „10 Picasso-Zeichnungen aus der Zeit von 1960 bis 1965“: unvertretbare Sachen, hier aber als Gattungsware vereinbart. eee. Gesetzliche Regelungen: Gattungsschuld als Sonderfall. § 243 und § 300 II BGB. § 360 HGB fff. Bei Gattungsschuld muss Quantität/Menge/Anzahl der geschuldeten Stücke festgelegt werden. bb. Beschaffungspflicht des Schuldners: aaa. Schuldner muss geschuldete Gegenstände aus der Gattung besorgen, soweit diese noch verfügbar; Beschaffung u.U. auch auf ausländischen Märkten (wichtig für evtl. Schadensersatzpflicht: § 276 I) bbb. Betr. Umfang der Beschaffungspflicht: Auslegung wichtig: evtl. Einschränkung auf im Inland erhältliche Ware etc. (etwa Herkunft) ccc. „Beschränkte“ Gattungsschuld („Vorratsschuld“): Parteien beschränken (ausdr./konkl.) die Leistungspflicht auf einen bestimmten Vorrat (nicht Herkunft), typischerweise des Schuldners. Geht der ganze Vorrat unter: § 275 I. Konklud. Vereinbarung: Fabrikant (der nicht auch Händler ist) will idR nur aus seiner Produktion liefern; ebenso Landwirt; Verkauf nach Prüfung/Besichtigung durch Käufer (Holz aus einem Holzlager: Beschaffungsschuld beschränkt sich auf das Lager ddd. Gattungsschuld und § 275 I: (1) marktbezogenes Geschäft? (2) Vorratsschuld? (3) Konkretisierung (dazu sogleich) eingetreten? cc. Auswahlrecht und Leistungspflicht des Schuldners: § 243 I aaa. Gattungsschuld ist Schuldverhältnis mit unbestimmtem, aber bestimmbarem Leistungsgegenstand; Bestimmungs- (Auswahl-) recht (bez. einzelner Stücke) liegt beim Schuldner bbb. Zugleich Bestimmungspflicht; Verpflichtung nur erfüllt, wenn „mittlere Art und Güte“ als Maßstab – letztere immer bezogen auf die vereinbarte Qualität („Durchschnitt“ beim Tafelwein/anders bei Spitzenqualität) (lx sp. zu § 315 I). Ansonsten: Gläubiger kann Lieferung zurückweisen; nach Abnahme: Gewährleistungsansprüche (§ 437, 439). ccc. Merke: „ 243 I ist dispositive Norm (Auslegungsregel); Parteivereinbarung hat Vorrang dd. „Konkretisierung“, § 243 II: aaa. Bedeutung: Übergang der Gattungsschuld zur Stückschuld; d.h. die Leistungspflicht beschränkt sich nach der Konkretisierung auf die nach bbb) ausgewählten Gegenstände bbb.“seinerseits Erforderliche“ (iSv das Erforderliche tun): (1) Auswahl der Stücke (gemäß den Vorgaben des § 243 I: also nur wenn „mittlere Art und Güte“) durch Schuldner und (2) „Aussonderung“: Bereitstellung durch Abtrennung von den übrigen Stücken plus (3) - bei Holschuld: Benachrichtigung des Gl. von Aussonderung - bei Schickschuld: mit Versendung (= Übergabe an geeignete Transportperson) - bei Bringschuld: Gegenstand muss beim Gl. (bzw. am vereinbarten Leistungsort) angeboten werden; faktisches Handeln (Klingeln); Realakt (§ 130 I nicht anwendbar) ccc. Rechtsfolgen der Konkretisierung: (a) Übergang der Leistungsgefahr (Nachteile des zufälligen Untergangs) vom Schuldner auf den Gläubiger: § 275 I (b) zum Gläubigerverzug, Schadensersatz und zur Gegenleistungspflicht, § 326 I, später ee. Bindung des Schuldners an die Konkretisierung oder Möglichkeit zur Rückgängigmachung?? Sog. „Dekonkretisierung/Dekonzentration“; s. MüKoBGB (Emmerich), § 243 Rz. 33-35; § 243 II als bloße Schutzvorschrift für den Schuldner (dann ist Dekonkretisierung unprobl.) o hat Rechtssicherheit Vorrang ?(hL auch: Wortlaut; Schutz des Gl., der bereits Dispositionen im Hinblick auf zu liefernde Ware getroffen haben mag)? Auf jeden Fall: § 243 II ist dispositiv; Vorrang von Parteivereinbarun-gen! Lit.: Canaris JuS 2007, 793 (1) Lieferung der Gattungsware in besserer Qualität: kein Recht des Schuldners zur Auswechselung nach Konzentration; anders wohl, wenn gelieferte Ware teurer (arg. § 242); ansonsten kann Gläubiger Ware behalten; er kann ablehnen, wenn er mit besserer Qualität nichts anfangen kann. (2) Lieferung schlechterer Qualität: Andienungsrecht des Verkäufers gem. § 439 IV, hängt von Wahlrecht des Käufers ab. Fall: K bestellt beim Heizölhändler H 5.000 Liter Heizöl, zu € 0,95 pro Liter. Als Termin für die Anlieferung wird der 3.10., 8:00, vereinbart. K musste überraschend am 2.10. auf Reisen gehen. Am 3.10. steht Fahrer F des H um 8:00 mit seinem Tanklastzug vor dem Haus des K und klingelt vergeblich. F informiert H, der ihn anweist, einen anderen Kunden zu bedienen. a. Als K von seiner Reise zurückkommt, sind die Ölpreise (allgemein und auch bei H) gesunken. H besteht auf Lieferung des Öls zum vereinbarten Preis von € 0, 95. K beruft sich auf § 326 I S. 1 und meint, die Lieferung sei unmöglich geworden. b. Abweichend von a. sind die Ölpreise auf € 1,15 gestiegen. H will nur zum gestiegenen Preis liefern; K verlangt Lieferung zum Preis von € 0,95. H meint, dazu sei er nicht verpflichtet. c. Kommt es darauf an, ob im Tanklastzug bei der Anlieferung 5.000 Liter oder aber eine höhere Menge gewesen sind? c. Wahlschuld, §§ 262-265 aa. kraft (oft stillschweigender) Parteivereinbarung bb. Wahlvermächtnis, § 2154; Buchung einer Vollpension; Auswahl beim Menu cc. § 262 nur Auslegungsregel; oft soll Gläubiger Wahlrecht haben; Beispiel: vorbestelltes Abendessen mit drei Menus zur Auswahl. d. Ersetzungsbefugnis aa. Im Gesetz nicht allgemein geregelt; aber aaa. Beispiele: § 249 II – Ersetzungsbefugnis des Gläubigers; § 251 II 1: des Schuldners bbb. Ansonsten: kraft Parteivereinbarung bb. Wichtiger Fall: In-Zahlung-Geben eines Gebrauchtwagens Fall: Autohändler V verkauft dem K einen neuen BMW 525 für € 50.000.-. V und K einigen sich, dass V den gebrauchten BMW des K für € 10.000.- in Zahlung nimmt. Rechtslage, wenn dem K sein alter BMW gestohlen wird? Wie wenn er sich als mangelhaft erweist? (später nacharbeiten!). Typemgemischter Vertrag Kauf/Tausch? Kaufvertrag mit Ersetzungsbefugnis des K? Erfüllung gem. 364 I? BGHZ 46, 338; BGHZ 89, 126 e. Geldschuld aa. Im BGB nicht allgemein geregelt. Zahlungs-, Vergütungsansprüche sind Wertverschaffungsschulden. Leistung kann erfolgen in Form von Bargeld (Münzen, Banknoten) oder Buchgeld (Forderung gegen ein Kreditinstitut); nicht durch Scheck, Wechsel etc. Im Einzelnen: bb. Historisch: Gesetzgeber des BGB hatte Erfüllung der Geldschuld durch Bargeld vor Augen; dies gilt auch noch heute („h.L.“; Rspr. lässt offen; a.A.: Buchgeld als gleichwertige Erfüllungsform). cc. Parteiwillen und Vereinbarungen beachten: keine Erfüllung durch Buchgeld möglich, wenn Gläubiger kein Girokonto unterhält oder Konto-Nr. nicht bekannt gibt (dann auch keine Einigung). Ebenso wenn Zahlung „in bar“ vereinbart. Wenn Girokonto angegeben wird, ist Einzahlung oder Überweisung möglich. U.U. ist Leistung nur in Buchgeld geschuldet. Evtl. § 364 I. dd. Geldschuld ist keine Gattungsschuld (weil keine Sachleistungsschuld, sondern Wertverschaffungsschuld; str.); arg. § 243 I passt nicht; § 270 (s.o.) enthält Sonderregelung ggü § 243 II. aaa. Prinzip der unbegrenzten Vermögenshaftung („Geld muss man haben“): § 275 setzt keine Grenze; vielmehr nur das Insolvenzrecht. bbb. Zahlungsverzug ist stets zu vertreten; § 286 IV unanwendbar. ee. In welcher Währung zu zahlen ist, ergibt sich aus den Parteivereinbarungen; bei gesetzlichen Schuldverhältnissen: Euro als gesetzliches Zahlungsmittel in Deutschland (bei Erfüllungsort im Inland). Bei Vereinbarung einer ausländischen Währung („Fremdwährungsschuld“) ist zu unterscheiden: aaa. § 244 I: bei Zahlungsort in Deutschland kann auch in Euro gezahlt werden. bbb. Anders, wenn die Parteien Bezahlung ausdrücklich in fremder Währung vereinbaren; § 244 I. ff. Geldsortenschuld ist keine Geldschuld; geschuldet sind hier Münzen oder/und Banknoten nach bestimmten Merkmalen bzw. individualisiert. Stück- bzw. Gattungsschuld. Abgrenzung: - unechte Geldsortenschuld: Begleichung des Anspruchs in einer bestimmten Währung - Geldsummenschuld (Geldbetragsschuld): Geldschuld (als Wertverschaffungsschuld), bei der die Leistung summenmäßig in einer Währung festgelegt ist. gg. Zinsen: Def.: für die Dauer der Überlassung von Kapital zu zahlende Vergütung aaa. Begründung: (a) durch Vereinbarung (Darlehensvertrag), § 488 I 2 (b) Gesetz: (1) bei Verzug (§ 286) des Schuldners, § 288 (Verzugszinsen) (2) ab Rechtshängigkeit der Klage, § 291 (Prozesszinsen) (3) §§ 668 (Eigenverwendung beim Auftrag), 698 (bei Verwahrung) bbb. Zinshöhe: (a) § 246: 4%; § 352 HGB: 5% (Merke: diese Normen begründen keine Verzinsungspflicht!) (b) Verzugszinsen: §§ 288 I, II, 247: 5% bzw. 8 % über „Basiszinssatz“ (§ 247); Grund für erhöhten Zins: Schuldner soll nicht „auf Kosten“ des Gläubigers Kapital zurückhalten. Schadensersatz daneben möglich. (c) Prozesszinsen: §§ 291, 288 I 2, II, 247: 5% bzw. 8% über Basiszinssatz. (d) Basiszinssatz wird von Bundesbank bekannt gemacht: § 247 II. ccc. Verbot der Vereinbarung von Zinseszinsen im voraus, § 248 I (Ausnahmen: § 248 II, § 355 HGB); Grund: Schuldnerschutz vor unübersehbaren Belastungen (Beispiel für „Paternalismus“ im BGB). 3. Aufwendungsersatzanspruch a. Gesetzliche Grundlagen: §§ 284, 304, 347 II 2, 662, 670, 683 b. Def. der „Aufwendung“: Freiwillige Aufopferung von Vermögenswerten im Interesse eines anderen (Geldaufwendungen; Eingehen von Verbindlichkeiten). c. „Verwendungen“ als Aufwendungen auf eine Sache: §§ 994 ff, 347 II 1 d. Analoge Anwendung des § 670 bei unfreiwilligen Vermögensopfern Fall: R sieht im Rhein eine Person P dem Ertrinken nahe und springt kurz entschlossen in die Fluten. Die Kleidung muss später gereinigt werden. Anspruch R gg P in Höhe der gezahlten Reinigungskosten? e. § 256: Verzinsung schon vor Verzug und Rechtshängigkeit f. § 257: Anspruch auf Befreiung Fall: Bei einem schweren Sturm ist das Dach des Hauses der S beschädigt worden. Die Nachbarin N beauftragt den Dachdecker D, die notwendigen Reparaturen vorzunehmen, da N unerreichbar im Urlaub weilt. Rechtslage bei Rückkehr der S, wenn N noch nicht an D gezahlt hat? I. D gg S? II. D gg N aus § 631? III. N gg S aus §§ 683, 677, 670? Wenn S noch nicht gezahlt hat: nicht Zahlung, nur Befreiung, § 257? Wenn S schon gezahlt hat: Zahlung. 4. Wegnahmerecht, § 258 a. Keine Anspruchsgrundlage! Diese in: §§ 539 II, 581 II, 601 II 2 u.ö. b. § 258 S. 1 und S. 2 5. Auskunftsanspruch, Anspruch auf Rechenschaftsleistung, §§ 259-261 a. §§ 259 ff. keine Anspruchsgrundlagen; solche in: §§ 666, 681 S. 2, 687 II, 713, 740 II u.ö.; auch § 242! b. Beziehen sich auf Inhalt und Durchsetzung einer Verpflichtung zu Auskunft und Rechenschaft. c. Versicherung an Eides Statt: §§ 260 II, 261. Strafrechtlich bewehrt über §§ 156, 163 StGB. 6. Der Anspruch auf Schadensersatz (Überblick) a. Allgemeines aa. §§ 249 ff. sind keine Anspruchsgrundlagen; diese in: §§ 280 I-III, 281 etc., §§ 823 ff., ProduktHG, WHG, StVO; HaftpflichtG. bb. Schadensersatzanspruch setzt Existenz eines Schadens voraus; ist vor Anwendung der §§ 249 ff. zu prüfen; Schaden im BGB nicht definiert (dazu unter b.) cc. §§ 249 ff. behandeln nur Art und Weise des Schadensausgleichs: Naturalrestitution/Vermögenskompensation; sie setzen Schaden voraus (wird oft falsch gemacht; insoweit unzutreffend z.B. Medicus/Lorenz SchR AT Rz. 623; richtig etwa Westermann/Bydlinski/Weber § 14 Rz. 1) dd. Merke: Anspruchsgrundlagen (1) legen die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs fest (§ 280 I); und sie (2) legen den Umfang des Schadensersatzanspruchs fest: „positives Interesse“, „Schadensersatz statt oder neben der Leistung“, „negatives Interesse“ (§§ 122 I, 179 II); Ersatz auch des immateriellen Schadens, § 253 II. Deliktische Ansprüche gehen auf das Integritäts- oder Erhaltungsinteresse, nicht auf das Erfüllungsinteresse (zuletzt BGH NJW 2011, 1962 Rz. 8). ee. §§ 249 ff. gelten auch für Schadensersatzansprüche außerhalb des Schuldrechts (trotz systematischer Stellung): §§ 122, 179, §§ 989 ff., 1664. b. Ersatzfähiger „Schaden“ ? aa. BGB kennt keine Def. des „Schadens“. Merke: Aus § 253 I, II ist zwingend zu entnehmen, dass der Begriff auch immaterielle Schäden umfassen muss. Differenzhypothese („Differenztheorie“), die sich auf Vermögen bezieht, greift daher zu kurz; sie passt nur für Vermögensschäden, § 251 (sowie als Kausalitätshypothese; s. unten)! bb. Versuch einer Def. (weit): „alle Einbußen an rechtlich geschützten Positionen mit und ohne Vermögenswert“ (NomosK vor § 249 Rz. 5): aaa. Eingriff in Rechtsgüter, Rechte (Patent, Eigentum etc), und bbb. rechtlich geschützte Interessen, sowie ccc. Vermögenseinbußen (einschließlich Einschränkung von Nutzungsmöglichkeiten; Entgang von Gewinn(aussichten) (§ 252). cc. „Differenzhypothese“ wird (insoweit zutreffend!) auch als Kausalitätshypothese eingesetzt für die Feststellung der „Einbuße“: sog. counterfactual – als Vergleich der Vermögenslagen vorher und nachher betreffend materieller und immaterieller Güter dd. Beachte aus der Rspr.: BGH WM 2005, 426, 428 (VI ZS): Schaden nicht nur bei Vermögenseinbuße („rechnerisches Minus“); vielmehr auch normative Wertungen. Vermögensschaden auch bei objektiver Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung, wenn der Geschädigte durch das haftungsbegründende Verhalten zum Abschluss eines Vertrages gebracht worden ist, den er sonst nicht abgeschlossen hätte und die Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar ist (sog. „subjektbezogener“ Schadensbegriff“): die Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung stellt (bei § 826 BGB!) einen zu ersetzenden Schaden dar (Bezug zu § 826 macht deutlich, dass BGH den Eintritt eines Schadens auch im Hinblick auf den Schutzzweck der Norm bestimmen will!! Hinzukommt: Schaden auch deshalb, weil durch Vertragsabschluss der erstrebte sozialpolitische Zweck im konkreten Fall nicht erreicht werden konnte). § 826 als Schutz der Handlungsfreiheit. BGH WM 2005, 929, 930 (XI. ZS): Erwerb von Wertpapieren bei Verletzung einer Aufklärungs- und Beratungspflicht: Der Anleger ist auch dann geschädigt, wenn er die Wertpapiere ohne Kursverlust wieder veräußern könnte. Im Hinblick auf Beratungspflicht (Zweck der Norm!) ist bereits der Vertragsabschluss den konkreten Vermögensinteressen des Anlegers nicht angemessen und damit nachteilig. Überzeugt die Begründung des BGH, dass „Vermögensschaden“ vorliegt? Es geht doch um „Schaden“. Ist nicht die Bindung an den ungewollten Vertrag als Beeinträchtigung der Handlungsfreiheit als rechtlich geschütztes Interesse und insoweit nicht als „Vermögensschaden“, sondern als „Schaden“ zu qualifizieren, der dann Ausgleich nach § 249 I (!) (und nicht: § 251) erfordert. c. Grundsatz der Totalreparation durch §§ 249 ff. verwirklicht; keine Einschränkung des Anspruchs in Hinblick auf Billigkeit, auch nicht bei Großschäden. d. Vorrangige Kompensationsform: §§ 249, 250: Grundsatz der Naturalrestitution aa. § 249 I: Herstellung (durch Reparatur etc.) des Zustands, der heute ohne das schädigende Ereignis bestünde aaa. Geschützt sind die materiellen und immateriellen Interessen („Integritätsinteresse“) (Differenzhypothese greift hier nicht!) bbb. Schädiger schuldet Herstellung; z.B. auch durch Widerruf einer falschen Behauptung; durch Lösung vom geschlossenen, ungewollten Vertrag (s.o.) bb. Ersetzungsbefugnis des Geschädigten (=Gläubigers) unter den Voraussetzungen des § 249 II 1: Geldersatz. aaa. “Erforderlicher“ Geldbetrag ("Wirtschaftlichkeitsgebot": was eine vernünftige und wirtschaftlich denkende Person für zweckmäßig und notwendig halten darf) bbb. Kann im Voraus verlangt werden cc. Grenze des Herstellungsanspruchs iSv § 249 II 1: § 251 II 1 - Schädiger hat Ersetzungsbefugnis bei unverhältnismäßigem Herstellungsaufwand (30% über dem Wiederbeschaffungswert bei KFZ; BGH NJW 2007, 2917); gilt auch bei § 249 II! (aber nicht bei Personenschäden); iü § 251 II 2. BGH NJW 2009, 3022 Rz. 14 (Neuwagen wird am Tag der Erstzulassung beschädigt; Geldersatz für fabrikneues Ersatzfahrzeug Zug-um-Zug gegen Aushändigung des beschädigten KFZ oder nur Geldersatz für Reparatur plus merkantilem Minderwert) : § 249 II 1 ("erforderlich") sei Ausdruck eines Wirtschaftlichkeitsgebots, wonach der Geschädigte den Schaden auf diejenige Weise zu beheben habe, die sich in seiner Lage als die wirtschaftlich vernünftigste darstellt. Bei mehreren Möglichkeiten ist diejenige mit dem geringeren Aufwand zu wählen. dd. § 250: gibt dem Gläubiger über die Fälle des § 249 II 1 hinaus die Möglichkeit, Geldersatz i.S.v. § 249 II 1 (nicht: § 251) zu verlangen. e. Vermögenskompensation, §§ 251-252 aa. Tritt neben oder an die Stelle von § 249 nur, soweit Naturalrestitution nicht möglich oder für Totalreparation nicht ausreicht (Wortlaut des § 251 I !). Beispiel: Bei KFZ-Reparatur über § 249 I bzw. § 249 II 1; es verbleibt uU ein merkantiler Minderwert ("Unfallwagen"!); dieser Minderwert ist über § 251 I zu ersetzen. bb. § 251 II 1 (Ersetzungsbefugnis des Schuldners): Wechsel von § 249 zu § 251 I. cc. Rechtsfolge des § 251 I: aaa. Vermögensschaden nach der Differenzhypothese zu ermitteln bbb. Nicht: immaterieller Schaden, § 253 I ccc. Merkantiler Minderwert; entgangene Nutzungmöglichkeiten dd. Entgangener Gewinn, § 252 Satz 1: aaa. Ersatz ergibt sich bereits aus Grundsatz der Totalreparation und aus § 251 I bbb. Beweiserleichterung durch § 252 S. 2 f. Immaterieller Schaden aa. § 253 I geht davon aus, dass Begriff des „Schadens“ (s.o.) auch immaterielle Schäden umfasst (Gleichsetzung von Schaden mit Vermögensschaden ist daher falsch; s.o.). § 253 I ist Sperre für Ersatz immaterieller Schäden. bb. § 253 I: Naturalrestitution gem. § 249 wird nicht ausgeschlossen (!! z.B.: Widerruf bei Persönlichkeitsverletzungen). cc. Bei Nichtvermögensschäden (Einbusse an immateriellen Gütern: Ehre, Freiheit, körperlichem Wohlbefinden, Psyche, Freizeit) grundsätzlich kein Schadensersatz/ keine Entschädigung (Grund: fehlende Bewertungsmaßstäbe; aber Kritik am BGB von Anfang an!). Anders, wenn Nichtvermögensschäden zu Vermögensschäden (§ 251 I) führen oder wenn Eingriff in immaterielles Gut über § 249 I, II zu Schadensersatz führt. dd. Vorbehalt in § 253 I: „Entschädigung“ (anderer Begriff! Als Alternative zu §§ 251-252; nicht zu § 249, dieser ist anwendbar) in den durch Gesetz bestimmten Fällen: aaa. § 253 II, § 651 f II, § 15 II AGG als Beispiele bbb. Insbesondere § 253 II: nur bei Verletzung der dort genannten Rechtsgüter ccc. Eingriff in das Allgem. Persönlichkeitsrecht: hier „Entschädigung“ auf der Grundlage von § 823 I, Art. 1 I, 2 I GG; § 253 I, II sperrt nicht. ddd. Merke: § 253 II ist keine eigenständige Anspruchsgrundlage! ee. Kommerzialisierter „immaterieller“ Schaden (dies sind Vermögensschäden iSv § 251 I!): aaa. Geldwerte entgangene Nutzungsmöglichkeiten bei KFZ, Fahrrad, Eigenheim etc. BGH NJW 1987, 50: Geschützt ist die Gebrauchsmöglichkeit für solche Lebensgüter, deren ständige Verfügbarkeit für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung von zentraler Bedeutung ist. Voraussetzungen: (1) Fühlbare Beeinträchtigung (2) Nutzungswille (3) Hypothetische Nutzungsmöglichkeit (nicht wenn Betroffener im Krankenhaus liegt) BGHZ 98, 212; NomosK-BGB (-Schulze), § 253 Rz. 6-8 (nacharbeiten!). bbb. Sog. „Entbehrungsschäden“ (1) Grundsatz: kein Ersatz für entgangenen Genuss; aber: (2) Genussmöglichkeit kann bestimmbaren Wert haben: Fall: X hat sich eine Konzertkarte gekauft. Auf dem Weg zum Konzert passiert ein Unfall, bei dem er verletzt wird. X versäumt das Konzert. Anspruch des X gg den Schädiger auch auf Ersatz der Konzertkarte, obwohl die Karte schon vor dem Unfall gekauft wurde? ccc. Nicht: Einbuße an Freizeit ddd. Zu nutzlos aufgewandten Urlaubstagen: § 651f II g. § 254: Schadensteilung bei Mitverschulden Wiederholung des Schadensrechts: Brox/Walker SchR AT § 28-31; Looschelders SchR AT § 44-51; Medicus/Lorenz SchR AT § 53-60 § 8. Erfüllung I. Allgemeines 1. Erfüllung führt zum Erlöschen des Schuldverhältnisses i.e.S. (§ 241 I), § 362 I (Anspruch, Forderung). 2. begründet rechtsvernichtende Einwendung; v.A.w. II. Erfüllung gem. § 362 Lit.: Brox/Walker SchR AT § 14; Medicus/Lorenz SchR AT § 23; Looschelders SchR AT § 19. 1. Person des Leistenden in § 362 I nicht genannt; Leistung durch Dritte möglich: § 267 I; anders bei höchstpersönlichen Leistungen und wenn Leistung durch Dritte vertraglich ausgeschlossen (s.o.) 2. Empfänger: a. § 362 I benennt Gläubiger (§ 241 I); für den Gläubiger können Empfangsvertreter und Empfangsbote tätig sein b. Gläubiger muss (in § 362 I nicht genannt) Empfangs- (Erfüllungs-) zuständigkeit besitzen aa. I.d.R. beim Gläubiger gegeben; anders bei Insolvenzverfahren: § 80 I InsO bb. Dem Geschäftsunfähigen fehlt Empfangszuständigkeit; diese liegt beim gesetzl. Vertreter (Parallele: § 131 I für Zugang von WE). cc. Minderjährige (Parallele in § 131 II): aaa. Grundsätzlich: (-) bbb. Einwilligung (Genehmigung) der gesetzl. Vertreter begründet Erf.zuständigkeit ccc. § 110 begründet Erf.zuständigkeit ddd. bei lediglich rechtl. Vorteil und neutralen Geschäften ebenfalls. Problem (sehr str.): Ist Erfüllung ein Geschäft iSv ddd)? Mj kann Eigentum erwerben, da kein rechtl. Nachteil. Erfüllung des Anspruchs gem. § 362 I wäre rechtl. nachteilhaft (Verlust der Forderung). Nacharbeiten in Köhler AT § 10 Rz. 18; Medicus AT Rz. 566; Larenz/Wolf § 25 Rz. 21 (abw. ggü 8. Aufl.!). Mit welcher Begründung bejaht Wolf Empfangszuständigkeit, mit welcher wird sie von „h.L.“ verneint? Rechtl. Konsequenzen, wenn man Erfüllung verneint? Fall (bei Köhler): Erblasser E vermacht seinem 16jährigen Neffen N einen Betrag von 10.000.- €. Nach Tod des E zahlt Erbe X den Betrag ohne Benachrichtigung der Eltern des N an N aus. N verjubelt das Geld. Können die Eltern im Namen des N nochmals Zahlung von X verlangen? Hat X einen Anspruch gegen N? c. Dritter (nicht Vertreter o Empfangsbote), § 362 II; Empfangsermächtigung iSv § 185 d. § 370 3. „Geschuldete Leistung“ a. “Leistung“ meint hier Leistungshandlung und, wenn L’erfolg geschuldet, den Leistungserfolg (also: Übergang des Eigentums bei Versendungskauf); BGH NJW 1999, 210. b. § 363: Beweislastumkehr hinsichtlich Erbringung, Vollständigkeit, Mangelfreiheit c. Welche Leistung „geschuldet“ ist, richtet sich nach Inhalt der Verpflichtung (s.o.!). Merke: Gläubiger kann Annahme einer nicht (so) geschuldeten Leistung ohne Rechtsverlust ablehnen. 4. Zuordnung der Leistung: Fall: S schuldet dem Gl. aus mehreren Kaufverträgen je € 10.000.-. S überweist an Gl. € 10.000.- Welche Forderung ist erloschen? Wichtig, wenn unterschiedl. Verjährungsfristen laufen! a. § 366 I aa. Tilgungsbestimmung als WE bb. Kann vereinbart werden (wenn in AGB des Gl., dann § 307 prüfen; BGHZ 91, 380; NJW 1999, 2043). b. § 366 II (lesen!): ohne Tilgunsgbestimmung!! III. Rechtsnatur der Erfüllung Lit.: Looschelders SchR AT Rz. 398-402; Brox/Walker SchR AT § 14 1. Fragestellung: Rechtsgeschäft oder rein tatsächlicher Vorgang? 2. Deutungen a. Vertragstheorie; Einwände? Bei Dienstleistungen künstlich!? (unvereinbar mit § 366 I (einseitige Bestimmung!), II) b. Theorie der finalen Leistungsbestimmung (orientiert an § 366 I); Einwände? (unvereinbar mit § 366 II !) c. Theorie der realen Leistungsbewirkung (Rspr.; h.L.): Erbringung wie geschuldet; vereinbar mit § 366 II ! 3. Prüfung: a. Parteivereinbarung über eine Zuordnung gegeben? b. ansonsten: Tilgungsbestimmung (WE; Anfechtung möglich) des Schuldners? c. ansonsten: reale Leistungsbewirkung führt zur Erfüllung IV. Leistung an Erfüllung Statt, § 364 I 1. Vertragliche Vereinbarung darüber (auch konkludent: prüfen!) nötig 2. Wer bei Geldschulden von Bargeldschuld ausgeht, wird für Überweisung im Giroverkehr § 364 I prüfen müssen. 3. Rechtsfolge des § 364 I: mit „Annahme“ der anderen Leistung wird ursprüngliche Leistung erfüllt; Fall der Ersetzung; der Vertrag darüber wird bei Bewirkung der Leistung geschlossen; aber: auch vorher möglich. 4. Vereinbarung iSv § 364 I kann auch dem Schuldner eine Ersetzungsbefugnis einräumen: Inzahlungnahme eines gebrauchten KFZ beim Kauf eines neuen KFZ. V. Leistung erfüllungshalber, § 364 II 1. Es geht um Begründung einer neuen Verpflichtung neben der bisher bestehenden, z.B. durch Hingabe eines Wechsels; dadurch entsteht Verpflichtung, zunächst aus der neuen Verbindlichkeit vorzugehen. Erfüllung der neuen Verbindlichkeit führt zum Erlöschen der alten Verbindlichkeit. 2. Ob § 364 I oder II gewollt, ist primär Sache der Auslegung. Führt diese nicht zum Erfolg, greift § 364 II als Auslegungsregel ein. 3. § 368, § 371 lesen § 9. Erfüllungssurrogate (als Einwendungen) I. Hinterlegung, §§ 372-382 Lit.: Brox/Walker SchR AT § 15; Looschelders SchR AT Rz. 428 ff.; Medicus/Lorenz SchR AT § 25. 1. Das Problem 2. Wirkungen wirksamer Hinterlegung: a. § 378: schuldbefreiende Wirkung – begründet Einwendung b. § 379 I: Leistungsverweigerungsrecht 3. Prüfung: Einwendung aus § 378 (gegen Anspruch) gegeben, wenn ... a. Hinterlegungsfähigkeit gegeben; § 372 S. 1: beschränkt auf Geld, Wertpapiere, Kostbarkeiten b. Hinterlegungsgrund: (1) Annahmeverzug des Gläubigers, § 372 S. 1 (2) § 372 S. 2 c. Rücknahme iSv § 376 I wird ausgeschlossen; §§ 378, 376 II d. Verstoß gg § 374 I ist kein Unwirksamkeitsgrund (arg. § 374 I 2. Hs.). e. Hinterlegungsort: Amtsgericht (verfährt nach der Hinterlegungsordnung) II. Selbsthilfeverkauf, §§ 383-386 1. §§ 383 ff. gelten für nichthinterlegungsfähige Gegenstände (iSv § 372 S. 1) bzw. Gegenstände, die (in den Fällen des § 372 S. 2) verderblich sind oder deren Hinterlegung kostenintensiv ist. 2. Versteigerung: Verfahren: §§ 383 II-III; § 384 3. Erfüllungssurrogat: Einwendung (gegen Anspruch) bei Hinterlegung des Versteigerungserlöses gem. §§ 383 I 1, 378 II Nr. 1: wenn Rücknahme ausgeschlossen 4. Einrede (Leistungsverweigerungsrecht): §§ 383 I 1, 379 III. Aufrechnung, §§ 387-396 Lit.: Medicus/Lorenz SchR AT § 26; Looschelders SchR AT § 20; Brox/Walker SchR AT § 16 I. Allgemeines 1. Bedeutung der Aufrechnung 2. Wirkung einer wirksamen Aufrechnung: § 389 - begründet Einwendung 3. Prüfung („EFGG“): a. Aufrechnungslage aa. (G)egenseitigkeit der Forderungen aaa. Hauptforderung (gegen die aufgerechnet wird) bbb. Gegenforderung (mit der aufgerechnet wird = Forderung des Aufrechnenden) ccc. Ausnahme von der Gegenseitigkeit: §§ 406, 409 bb. (G)leichartigkeit der Forderungen (im Zeitpunkt der Erklärung) cc. (F)älligkeit der Gegenforderung, mit der aufgerechnet wird; frei von Einreden, § 390; keine Aufrechnung mit Naturalobligationen dd. (E)rfüllbarkeit der Hauptforderung (keine künftige Forderung); Hauptforderung muss noch nicht fällig sein; Klagbarkeit nicht erforderlich b. Ausschluss der Aufrechnung ? aa. durch Parteivereinbarung bb. durch Zweck des Schuldverhältnisses iwS cc. durch Gesetz: § 390 (betr. die Gegenforderung); §§ 392-394 c. Aufrechnungserklärung aa. empfangsbedürftige WE bb. bedingungsfeindlich: § 388 S. 2 (als Ausdruck eines allgemeinen Prinzips; ebenso bei anderen Gestaltungserklärungen wie z.B. Kündigung, Anfechtung) cc. Eventual- (hilfsweise) Aufrechnung ist dgg zulässig (geboten bei Bestreiten, dass Hauptforderung besteht). § 10. Weitere Erlöschenstatbestände für das Schuldverhältnis im engeren Sinne I. Eintritt der auflösenden Bedingung, § 158 II II. Konfusion Fall: X hat eine Forderung gegen seinen Sohn S in Höhe von € 10.000.-. Beim Tode des X ist S dessen alleiniger Erbe. Ausnahme in § 1976 III. Zeitablauf (Befristung) IV. Entfall der Verpflichtung durch Tod des Schuldners? 1. Regel: § 1967 I: Verbindlichkeiten gegen den Erben 2. Ausnahme: für höchstpersönliche Leistungen (etwa bestimmte Dienstleistungen) V. Erlassvertrag, § 397 I 1. Vertraglicher (Teil-) Verzicht auf Forderung (schuldrechtlicher Verfügungsvertrag) 2. Gegenstand von § 397 I: Schuldverhältnis im engeren Sinn. 3. Formfrei möglich 4. Rechtsfolge: Erlöschen der Forderung (als Einwendung) 5. Unwirksam, wenn Anspruch unverzichtbar; z.B. §§ 1614 I; §§ 1360a, 1614 I VI. Negatives Schuldanerkenntnis, § 397 II 1. Vertragliche Vereinbarung, dass keine Verpflichtung besteht (im Gegensatz zu § 781) 2. Formfrei 3. Rechtsfolge: Forderung erlischt (als Einwendung) 4. Abzugrenzen von einem pactum de non petendo 5. Abgrenzung zu § 397 I ? VII. Vergleichsvertrag, § 779 VIII. Novation 1. Novation im BGB nicht geregelt; muss vereinbart werden 2. Rechtsfolge: a. Ursprüngliche Forderung erlischt (Einwendung!) b. Neue Forderung wird vertraglich begründet 3. Abgrenzung zu § 364 II wichtig (dort bleibt alte Forderung bestehen!); abzugrenzen von der Schuldersetzung durch Vertrag: § 364 I; dies bei "Annahme" der Leistung: ursprüngliche Forderung bleibt bestehen, aber die Art der Erfüllung ändert sich § 11. Ausschluss der Leistungspflicht wegen Unmöglichkeit, § 275 I - III Lit.: Looschelders SchR AT § 23; Medicus/Lorenz SchR AT § 36; Brox/Walker SchR AT § 22 A; Westermann/Bydlinski/Weber § 7 I-III; Köhler/Lorenz, PdW SchR I, Fälle No. 9-20 Fall: V handelt mit gebrauchten Sportwagen. K kommt zu ihm und kauft einen BMW A1 für € 15.000.- und einen Audi A1000 für € 25.000.-. K soll am nächsten Tag die Wagen abholen und einen Scheck über € 40.000.präsentieren. In der Nacht wird der BMW A1 gestohlen. Am nächsten Vormittag verkauft und übereignet der Angestellte A des V den Audi A1000 für € 25.000.- an Y. Ansprüche des K? I. Allgemeines zu § 275 1. Durch das SchuldrechtsmodernisierungsG (SMG) v 2002 völlig neu gefasst: Begriff der U. präzisiert; Abs. 2, 3 neu 2. Einwendung - Einrede a. § 275 I ist Einwendung (vAw; führt zum Erlöschen); rechtshindernd/rechtsvernichtend b. § 275 II und III sind Einreden, die zu einer endgültigen Befreiung von der Leistungspflicht führen (anders als bei Verjährung!): neuer Typ der Einrede: aa. nicht v.A.w., sondern nur bei Geltendmachung durch Schuldner; bb. dann aber Erlöschen der Verbindlichkeit II. Unmöglichkeit, § 275 I Fall: X hat Y als Erben eingesetzt; Z soll Bild des X bekommen. X stirbt. Y übereignet Bild an D. I. Z gg D ? II. Z gg Y? 1. Sinn und Zweck des § 275 I: Man soll nicht zu einer unmöglich zu erbringenden Leistung verurteilt werden können; Rechtsfolge bei gegenseitigen Verträgen: § 326 I 2. Unmöglichkeit: a. Niemand kann leisten („objektive“ U.): konkreter BMW A1 (Stückschuld) durch Tornado zerstört b. Schuldner kann nicht leisten: aa. Im Falle einer persönlichen Verpflichtung: Arbeitnehmer liegt im Krankenhaus bb. wohl aber (theoretisch ein) Dritter („subjektive“ U.); Beispiel: BMW A1 ist gestohlen; wenn keine realistische Chance besteht, den Wagen zu finden: § 275 I. cc. Merke: mangelndes Eigentum bedeutet nicht automatisch subj. Unm. (beliebter Fehler!); man kann sich u.U. das Eigentum beschaffen (!!! dies ist zu prüfen); es muss realistische Chance bestehen; wenn gegeben, dann nicht § 275 I; Kosten der Beschaffung: Frage des § 275 II 3. Beispiele für Unmöglichkeit: a. Objektive Unmöglichkeit: aa. Physische Unmöglichkeit: Verkauf eines gestorbenen Pferds BGH NJW 2011, 756 Rz. 10: Leistung ist u., wenn sie nach den Naturgesetzen oder nach dem Stand der Erkenntnis von Wissenschaft und Technik nicht erbracht werden kann. So auch beim Versprechen des Einsatzes übernatürlicher, "magischer" oder parapsychologischer Kräfte und Fähigkeiten; dazu gehört auch das Kartenlegen im Sinne einer Wahrsagepraktik; anders bei Erbringung einer allgemeinen Lebensberatung (ggf. unter Einsatz von Kartenlegen/Horoskop etc.); anders auch, wenn nur jahrmarktähnliche Unterhaltung geschuldet (diese Leistung lässt sich ohne weiteres erbingen). Abgrenzung der verschiedenen Fälle durch Auslegung des Vereinbarung; Rz. 11. Merke: (1) § 275 I führt nicht zur Nichtigkeit des Vertrags, Rz. 16; anders § 306 a.F. (vor 2002; z.B. LG Kassel, NJW 1985, 1642). (2) Was sind die Konsequenzen des Urteils etwa für die Tätigkeit eines Heilpraktikers? (3) Kritik: geschuldet war als Leistung das Kartenlegen und die darauf gestützten Prognosen etc. bb. Rechtliche Unmöglichkeit (EU-Importverbot) cc. Zweckfortfall, Zweckstörung (Schiff in Seenot; Kapitän bittet um Hilfe; Schiff untergegangen, bevor Schlepper zur Stelle) b. Persönliche Unmöglichkeit („Unvermögen“): aa. Sängerin liegt im Krankenhaus bb. Doppelvermietung (bezüglich des zweiten Mietvertrags) cc. Doppelter Arbeitsvertrag (hinsichtlich des zweiten Vertrags, wenn sich V.partner nicht aus dem ersten Vertrag "herauskaufen" kann; wenn dies der Fall ist, ist § 275 II zu prüfen) 4. Unmöglichkeit bei (a) Stückschuld (Bedeutung bei Konkretisierung!!) (b) Gattungsschuld (nur bei Untergang der ganzen Gattung; hier aber wichtig, ob und wie Gattung eingegrenzt, z.B. Herkunft: deutscher Sommerweizen) (c) Vorratsschuld (d) Geldschuld (s.o.: "Geld muss man haben"; keine Gattungsschuld) 5. Anwendungsbereich: § 275 I erfasst a. Anfängliche (vor Vertragsschluss liegende) und nachträgliche Unmöglichkeit (rechtshindernde/rechtsvernichtende Einwendung) b. Teilweise Unmöglichkeit aa. "soweit" in § 275 I bb. setzt Teilbarkeit der Leistungspflicht voraus 6. Verschulden des Leistungsschuldners irrelevant (anders dann bei Schadensersatz) (eine davon zu trennende Frage ist, ob nicht den Schuldner eine Informationspflicht über die Unmöglichkeit trifft) 7. § 275 I v.A.w. anzuwenden; Schuldner muss sich nicht auf § 275 I berufen! 8. Zeitliche Dimension der Unmöglichkeit: Ausgangspunkt: Verzögerungen begründen keinen Fall der Unmöglichkeit! a. Absolutes Fixgeschäft: Taxi zum Flughafen; Opernsänger am Abend: (+) BGH EuZW 2009, 589 Rz. 12: … dass der Leistungszeitpunkt nach Sinn und Zweck des Vertrags und nach der Interessenlage der Parteien so wesentlich ist, dass eine verspätete Leistung keine Erfüllung mehr darstellt. Flugbeförderungsvertrag kann unter bestimmten (außerordentlichen) Umständen absolutes Fixgeschäft sein (BGH NJW 1979, 495). b. Relatives Fixgeschäft: zwar Leistungszeit von großer Bedeutung, aber kein Fall der U.; vielmehr nur § 323 II Nr. 2 (keine Fristsetzung bei Rücktritt erforderlich) c. Einfaches Geschäft: nur Verzug; auch bei längerer Dauer d. Vorübergehendes Leistungshindernis (z.B.: Importverbot vom 1.4. bis 30. 4; Streik behindert Lieferung; Baugenehmigung erst in drei Monaten) als Fall des § 275 I? SMG 2002 hat nicht geregelt (Vorschlag war zunächst: "soweit und solange") aa. Dauer des Leistungshindernisses? Nur ausnahmsweise Unmöglichkeit; Grund: Schuldner soll Möglichkeit haben zu erfüllen; Lösung wie a)-c). bb. Sonst evtl Rücktritt und Verzugsfolgen! 9. Qualitative Unmöglichkeit: a. § 275 I: (+) b. § 437 Nr. 3: § 283, § 311a 10. Fall (BGH EuZW 2009, 589): K bucht einen Flug für den 15.4. um 13:25 von Frankfurt über New York nach Phoenix. Der Flug geht ab Frankfurt erst um 17:00, sodass der Anschlussflug nicht erreicht werden konnte und umgebucht werden musste. Dadurch entstanden dem K Hotel- und Taxikosten. K verlangt Minderung des Flupreises, weil eine Teilleistung unmöglich geworden ist. §§ 275, 326 I S. 1, 441 III ? Gilt dies auch dann, wenn K die Leistung (wenn auch verspätet in Anspruch genommen hat?). Absolutes Fixgeschäft für die Strecke New York-Phoenix? Kann der Zweck der Flugreise für K noch erreicht werden? Entspräche es den Interessen des K, ein absolutes Fixgeschäft und mithin eine Wegfall der Leistungspflicht der Flugesellschaft gem. § 275 I anzunehmen? Interessenlage des Fluggastes (und hier des K) bei Verspätung weiterhin zumindest so schnell als nur möglich zum Ziel gebracht zu werden. III. „Praktische“ Unmöglichkeit“, § 275 II 1. Einrede, die, nur wenn erhoben, den Anspruch zum Erlöschen bringt a. also nicht v.A.w. b. Begründung dafür? Schuldner soll leisten dürfen; aber: ineffiziente Lösungen sollen vermieden werden 2. Fälle von Leistungshindernissen (-erschwerungen), deren Überwindung einen unvernünftigen Aufwand erfordern kann: Der Ring auf dem Meeresboden; Diebstahl-Fälle; Segelyacht versinkt vor Übereignung; KFZ-Totalschaden 3. Zu prüfende Voraussetzungen: a. Aufwand des Schuldners für die Erbringung der Leistung? Merke: Höhe des Aufwands allein führt nie zur Einrede des § 275 II b. Leistungsinteresse des Gl. (Wert der Leistung für ihn; Verwendung (Teil der Weiterverarbeitung?); Gewinnerwartungen etc.; auch: immaterielle Interessen)? c. "grobes Missverhältnis" zwischen a. (Kosten/Aufwand für Sch.) und b. (Nutzen/Wert für Gl.); Merke: Interesse des Sch. (am Erhalt der Gegenleistung = Wert) ist irrelevant (kann aber zu § 313 führen); Für "grobes Missverhältnis" zu berücksichtigen sind: aa. Inhalt des Schuldverhältnisses, insbes. Leistungszweck, Auslegung des Vertrages (Begrenzung der Leistungspflicht?); Stückschuld o. Gattungsschuld; bei letzterer § 275 II 2 i.V.m. § 276 I a.E. beachten! bb. Treu und Glauben: Risikostruktur und –verteilung im Vertrag cc. § 275 II Satz 2: Hat Sch. zu vertreten? (im Eingangsfall gem. § 278 der A) dd. Divergierende Positionen im Schrifttum (nacharbeiten!) (130% o. das 10fache/in Extremfällen? NomosK § 275 Rz. 18; Looschelders Rz. 475) 4. Anwendung auf den Ausgangsfall ? Beim Diebstahl: Kosten für das Wiederauffinden des KFZ? Zu welchem Preis ist Y bereit zum Verkauf? 5. Abgrenzung zur sog. "wirtschaftlichen Unmöglichkeit" (auf Seiten des Sch.) gem. § 313: Prüfungsperspektive dort: nur aus der Sicht des Schuldners: Aufwand des Sch. verglichen mit Wert der Gegenleistung für ihn (dem Sch.) (Äquivalenzstörung?), nicht dem Interesse des Gläubigers IV. Persönliche Unzumutbarkeit, § 275 III 1. Einrede, die, (nur) wenn erhoben, zum Erlöschen der Leistungspflicht führt 2. Voraussetzungen: a. höchstpersönliche Leistung b. Erbringung der Leistung für Sch. unzumutbar (Opernsängerin sagt Vorstellung ab, weil ihr Kind - nicht sie selbst; dafür § 275 I - im Krankenhaus; Verweigerung der Arbeit aus Gewissensgründen; Art. 4 GG); unter Abwägung mit Gläubigerinteresse § 12. Weitere Erlöschensgründe I. Verlangen von Schadensersatz, § 281 IV: primärer Leistungsanspruch erlischt (hier nur Hinweis) II. § 326 I: wenn Anspruch auf die Gegenleistung erlischt (nur Hinweis) § 13. Vertragsbeendigung I. Aufhebungsvertrag II. Rücktritt vom Vertrag (dazu später) Lit.: Brox/Walker SchR AT § 18 1. Rückgewähransprüche gem. § 346 I 2. (Ungeregelt:) Befreiungswirkung gem. § 346 (ergibt Einwendung) III. Kündigung 1. Wirkung ex nunc; daher: Entstandene Ansprüche bleiben bestehen 2. Aber: keine künftig entstehenden Ansprüche mehr ab Wirksamwerden der Kündigung (kein "Erlöschen"; denn diese Ansprüche entstehen erst gar nicht) 3. § 314 kodifiziert (durch SMG 2002) vorherige Rechtsprechung zur Kündigung von Dauerschuldverhältnissen (z.B. Lizenzvertrag). § 14. Zurückbehaltungsrechte (nur Hinweis) führen nicht zum Erlöschen, sondern begründen nur Einrede: Zug-um-Zug I. § 273 II. § 320 ff. § 15. Leistungsstörungen: Das Konzept der Schuldrechtsreform 2001 Zur Einführung: Looschelders SchR AT Rz. 436 ff., 484 ff., 507, 692 ff.; Westermann/Bydlinski/Weber § 5; Brox/Walker SchR AT § 21. I. Die Pflichtverletzung als einheitlicher Grundtatbestand Ziel des SMG 2002 war es, einen einheitlichen Tatbestand der Leistungsstörung zu schaffen und ein einheitliches System der Rechtsfolgen. Trotzdem unterschiedliche Deutungen: 1. Pflichtverletzung als objektive Nichterfüllung einer übernommenen Leistungs- oder Schutzpflicht ("Vertragsprogramm"): Rechtsfolgen nicht verhaltens-, sondern allein erfolgsbezogen (viel erwähntes Beispiel: vom Blitz getroffenes totes Pferd): a. Nichtleistung aufgrund von Unmöglichkeit (totes Pferd) als Pflichtverletzung (aber: „Korrektur“ über § 280 I 2) aa. anfängliche Unmöglichkeit (1) Entlastung gem. § 275 I-III (s.o.) (2) Schadensersatz gem. § 311a II bb. nachträgliche Unmöglichkeit (1) Entlastung gem. § 275 (2) Schadensersatz gem. §§ 280 ff. cc. Entfall von Gegenleistungsansprüchen: § 326 I dd. Rücktrittsrechte b. Nichtleistung: Verzögerung c. Schlechtleistung: §§ 434 ff. etc. d. Verletzung von Schutzpflichten e. Beim Vertretenmüssen sind dann die wesentlichen Probleme zu diskutieren 2. Anders: "Pflichtverletzung" als jedes objektiv dem Schuldverhältnis nicht entsprechende "Verhalten"; als gemeinsames Merkmal aller Leistungsstörungstatbestände; als abstraktes Prinzip ohne konkrete Rechtsfolge; Pflichtverletzung steht im Zentrum des § 280 I. Wer diesem engeren, verhaltensorientierten Begriff der Pflichtverletzung folgt, kommt zu einem zweispurigen System der Leistungsstörungen: a. Unmöglichkeit ohne Pflichtverletzung: aa. Entfall des (primären) Leistungsanspruchs, § 275 I-III bb. Entfall des Anspruchs auf die Gegenleistung, § 326 I; § 311a II cc. Rücktrittsrecht des Gläubigers gem. § 326 V b. Pflichtverletzung mit Vertretenmüssen: Schadensersatz aa. Schadensersatz gem. § 280 I bb. Verzug: § 280 II, 286 I, IV cc. Schadensersatz „statt der Leistung“: § 280 III, 281 I i.V.m. § 280 I dd. § 282 i.V.m. § 280 I ee. § 283 i.V.m. § 280 I in den Fällen des § 275 ff. § 311a II: anfängliche Unmöglichkeit als Fall fehlender Leistungspflicht und damit fehlender Pflichtverletzung!? Als Beispiel für „Mischsystem“? Kein Unterfall des § 280 I; Pflichtverletzung nicht bezogen auf Leistungspflicht (die von Anfang an nicht entsteht), sondern in nicht hinreichender Vergewisserung des Schuldners betr. seiner Leistungsmöglichkeit! c. Rücktritt gem. § 323: bei Pflichtverletzung, aber ohne Vertretenmüssen II. SMG 2002-Reform 1. regelt rechtsfolgenorientiert; differenzierende Voraussetzungen für differenzierte Rechtsfolgen: insoweit sind Unterscheidungen zwischen Unmöglichkeit, Verzug, Schutzpflichtverletzung etc. weiterhin von Bedeutung! 2. Verklammerung von "BT" und "AT": § 437 Nr. 1-3 verweist auf §§ 280 ff. § 16. Leistungsstörungen I: Rechte des Gläubigers bei Ausbleiben der Leistung Schadensersatz Sog. Sekundäransprüche; sie treten neben oder an die Stelle von Leistungsansprüchen (als Primäransprüche) §§ 280 ff. gelten für einseitige Schuldverhältnisse wie auch für gegenseitige Verträge. Zu ergänzenden Regeln beim gegenseitigen Vertrag s. §§ 320-326 (unten § 20). I. Allgemeines 1. Zentralnorm: § 280 ; daneben § 311 a II (warum die Aufspaltung durch das SMG? s.o.) 2. Systematik des § 280: a. § 280 I-III b. Merke: Gesetz unterscheidet nach Schadens“arten“ (-kategorien): § 280 I, II, III Lit.: Medicus/Lorenz SchR AT § 30 aa. Verzögerungsschaden, § 280 II, 286 bb. Schadensersatz „statt der Leistung“, § 280 I iVm § 280 III, 281, 282; cc. „einfacher“ Schadensersatz, § 280 I: Schadensersatz neben der Leistung dd. Schadensersatz bei Schlechtleistung: aaa. §§ 437 Nr. 3, 280, 281 bbb. §§ 634 Nr. 4, 280, 281 ccc. §§ 611, 662, 688 ff: § 280 I II. § 280 I: Einführung (s.a. unter § 17 II) 1. „aus dem Schuldverhältnis“ a. Vertrag b. gesetzliche Schuldverhältnisse; auch § 2174; nicht: §§ 823 ff, weil Anspruch dort vollständig umschrieben 2. Pflichtverletzung a. Pflicht: Hauptleistungs- und Neben-, Schutzpflichten b. Verletzung: Nichtleistung bei Fälligkeit, Schlechtleistung, Verletzung von Schutz-pflichten 3. Rechtswidrigkeit: keine Rechtfertigungsgründe 4. Vertretenmüssen, § 280 I 2: Vermutung, § 276 I (s. unten). Vertretenmüssen bezieht sich nicht auf Schaden; dieser ist (wie bei § 823 I) eine Frage der Rechtsfolge! 5. Rechtsfolge: a. Punkte 1-4 bilden den Tatbestand; Schaden gehört nicht dazu b. Schaden i.S.v. § 280 I entstanden ? aa. Def. des Schadens ? (s.o.) bb. Umfasst nur Schaden, der nicht (mehr) durch (ordnungsgemäße) Leistung beseitigt werden kann, und nicht den Verzögerungsschaden (dafür §§ 280 II, 286) c. Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden? Lit.: Brox/Walker SchR AT § 30 aa. conditio sine qua non bb. Adäquanz (für obj. Dritte vorhersehbar) cc. “Differenzhypothese”. Wie stünde Geschädigte heute ohne das Handeln des Schädigers? (counterfactual) d. Restitution des Schadens: §§ 249 ff.: aa. Naturalrestitution ((§ 249, 250) bb. Vermögenskompensation neben oder anstelle der Naturalrestitution: §§ 251, 252 Lit.: Brox/Walker SchR AT § 31 III. Allgemeines Schuldrecht: Die Verantwortlichkeit des Schuldners Lit.: Looschelders SchR AT § 25; Medicus/Lorenz SchR AT § 31-32; Brox/Walker SchR AT § 20; Köhler/Lorenz, SchR I, Fälle No. 95-100 1. Ausgangspunkt in §§ 280 I, 286 IV: „vertreten“ müssen 2. § 276 als Ausdruck des Verschuldensprinzips im Zivilrecht a. Rechtspolitische Begründung b. Ausnahmen: § 276 I 1 aE; Gefährdungshaftung (außerhalb des BGB) 3. Verschuldensfähigkeit: a. § 276 I 2 i.V.m. §§ 827, 828 (Deliktsrecht); findet entspr. Anwendung b. von Geschäftsfähigkeit strikt zu trennen (!); ebenso von Verschuldensform 4. Verschuldensformen a. Vorsatz aa. Definition: Wissen und Wollen des gesetzlichen Tatbestands (auch: des rechtswidrigen Erfolgs) bb. muss sich auch auf Pflicht- und Rechtswidrigkeit erstrecken cc. Irrtum (auch über bb.) schließt Vorsatz aus (dann Fahrlässigkeit prüfen!) dd. bezieht sich nicht auf Schaden, wenn dieser nur als Rechtsfolge relevant (z.B. § 823 I); anders wenn zum Tatbestand gehörig (§ 826) b. Fahrlässigkeit, § 276 II (1) erforderliche (nicht: übliche) Sorgfalt (2) Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit (Kosten) (3) im Rechtsverkehr gebotene Anforderungen an (2) (4) Objektiver Fahrlässigkeitsbegriff als Ausgangspunkt und Mindestanforderung (nicht: individuell geringere Fähigkeiten); aber Ausdifferenzierung nach Gruppen (Jugendliche, ältere Leute, Verkehrskreise; Experten) (5) höhere Fähigkeiten „schaden“ ! (6) bei Vertrag von Bedeutung: i. Vertragszweck ii. berechtigte Erwartungen des Vertragspartners 5. Abschwächungen im Haftungsmaßstab a. Beschränkung auf grobe Fahrlässigkeit aa. in §§ 521, 599, 680, 300 I bb. Def. ? “in ungewöhnlich hohem Maße” cc. Hierbei auch individuelle Momente zu berücksichtigen (auch entlastend) b. Sorgfalt wie in eigenen Angelegenheiten: § 277 iVm §§ 690, 1359, 1664 I c. Vertragliche Regelungen aa. gedeckt von Vertragsfreiheit bb. Schranke: § 276 III cc. Regelungen in AGB: § 307; § 309 Nr. 7 lit. a und b. dd. Stillschweigender Haftungs“verzicht“ für leichte F. bei Gefälligkeitsverträgen? evtl. im Wege ergänzender Vertragsauslegung (s.o.) d. Haftungserleichterung für den AN im Arbeitsvertragsrecht aa. Früher: Rspr. zur sog. „gefahrgeneigten“ Arbeit; heute: „betrieblich veranlasst“; Vorlesung: Arbeitsrecht bb. Gründe für die Haftungserleichterung ? cc. Differenzierung zwischen (1) leichtester F. (2) Vorsatz (3) „normale“ (leichte, mittlere) F. (4) grobe F. 6. Haftung ohne Verschulden: "zu vertreten" iSv § 280 I - ohne Verschulden a. Vertragliche Verschärfungen ggü Verschulden aa. Vertragsfreiheit bb. Grenzen aaa. § 138 I bbb. § 242 ccc. Bei AGB: §§ 307 ff. cc. § 276 I 1: aaa. Ausdr./stillschw. Garantieübernahme für bestimmte Beschaffenheit; § 443: Umfang? (nur SEA statt der Leistung oder auch sonstige Schäden?) bbb. Übernahme des Beschaffungsrisikos (1) Gattungsschulden (2) Stückschuld ccc. nach Inhalt des Schuldverhältnisse, (1) insbes. hinsichtl. Mangelfreiheit; § 443 (2) Geldschulden Klebemittelfall (BGHZ 50, 200): K ist spezialisiert auf den Einbau von Zwischendecken in Altbauten mittels zu verklebender Platten. U ist ein auf die Herstellung von Kelbstoffen spezialisiertes Unternehmen. K bezieht Klebstoff vom Typ x3 von U, nachdem der zuständigende Angestellte A ggü V erklärt hat, der x3-Kleber sei für K’s Zwecke geeignet. Drei Wochen nach Einbau und Verklebung lösen sich die Platten. K muss Nachbesserungsarbeiten bei seinen Kunden durchführen. Kosten: € 30.000.- Kann K von U die € 30.000 verlangen, wenn feststeht, dass die fehlende Bindungskraft des Klebers x3 vor allem mit dem speziellen Material der Platten zu tun hat (das A nicht kannte)? b. Gefährdungshaftung (Spezialgesetze: ProdukthaftG; WHG; AtomG; ArzneimittelG; HaftpflichtG) 7. Haftung für Dritte Lit.: Looschelders § 25 IV; Medicus/Lorenz § 33 a. Unterscheide: aa. Zurechnung der Kenntnis (z.B. bei § 121 I): aaa. § 166 I (bei rechtsgeschäftl. Vertretung) bbb. Figur des „Wissensvertreters“ bb. Zurechnung des Irrtums über § 166 I cc. Zurechnung im Rahmen des § 119 ? bei Ausfüllung des Blanketts b. Zurechnung des Verschuldens? aa. Deliktsrecht ? (-) aaa. Haftung für eigenes Verschulden in §§ 831 I, 832 I bbb. Keine Anwendung dieser Normen bei der Vertragshaftung !! (was regeln §§ 831 II, 832 II ?) bb. Zurechnung fremden Verschuldens: § 278 S. 1. Gilt nur für bereits entstandene Schuldverhältnisse: aaa. aus Vertrag bbb. Sonderverbindung: § 311 II (!) ccc. gesetzl. Schuldverhältnisse i.ü.: GoA, § 823 ff. (wenn Schuldverhältnis entstanden), §§ 989 ff. c. § 278: Allgemeines aa. Unanwendbar bei Entstehung eines Schuldverhältnisses (arg. Wortlaut: „Schuldner“; „bei Erfüllung“) bb. § 278 ist keine Anspruchsgrundlage, sondern Zurechnungsnorm (anders als § 831 I, § 832 I) cc. § 278 gilt für aaa. Gesetzliche Vertreter: Eltern, Vormund etc. (keine Erfüllungsgehilfen!) bbb. Sog. Erfüllungsgehilfen; Wortlaut zu eng: (1) „Erfüllung“ i.S.v. §§ 362-366 bezieht sich auf Leistungs-, nicht Schutzpflichten (diese sind zu „beachten“). § 278 verwendet weiteren Begriff der Erfüllung, der auch Schutzpflichten umfasst! (2) § 278 rechnet Verschulden des Erf'geh. zu. Darüber hinaus: Zuzurechnen ist auch die Pflichtverletzung durch den Erf'geh. (im Rahmen von § 241 II) (3) Pflichtverletzung auf Seiten des Geschäftsherren, wenn er Erf'geh. einschaltet, diese aber unsorgfältig auswählt und/oder fehlerhaft (oder gar nicht) anleitet (durch Richtlinien) dd. Bedeutung des § 278 für die arbeitsteilige Wirtschaft; Großunternehmen können Erfüllungsgehilfen sein (funktionaler Begriff) ee. Erfüllungsgehilfe zu unterscheiden von rechtsgeschäftl. Vertreter, Verrichtungsgehilfen, Organ (§ 31) d. Prüfung des § 278 S. 1 beim "Erfüllungsgehilfen" iSv § 278 aa. „im Rahmen eines Schuldverhältnisses“ (Vertrag, gesetzl.; s.o.) bb. Person in die Erfüllung eingeschaltet aaa. Muss nicht auf rechtsgeschäftl. Grundlage sein bbb. Mit Willen des Schuldners ccc. Weder Weisungsbefugnis noch (soziale) Abhängigkeit vonnöten ddd. Erfüllung aller Art von Verbindlichkeiten (auch: Schutzpflichten) cc. Erf.geh. bei konkret zu erfüllender Pflicht: aaa. Bei Leistungspflichten: z.B. prüfen bei Händler im Hinblick auf Hersteller Schuldet Händler Herstellung des Produkts, sodass Hersteller als Erfüllungsgehilfe des Händlers in Frage kommt?? bei Werkunternehmer (im Hinblick auf Zulieferer? Subunternehmer?). bbb. Wie ist es mit der Beachtung der Schutzpflichten? Viel diskutiert: im Mietverhältnis: welche Personen sind als E.gehilfen des Mieters anzusehen? Familienmitglieder, Gäste? Untermieter? Hauspersonal? Handwerker? Lieferanten? Welche Personen als E.gehilfen des Vermieters (Handwerker?)? Sind Mieter im Verhältnis zu den anderen Mietern Erfüllungsgehilfen des Vermieters? Def.: Jede Person, der der Schuldner (der Schutzpflicht) die Möglichkeit gibt, auf den Rechtskreis des Gläubigers einzuwirken. ccc. vorvertragliches Stadium: §§ 311 II, 278 - sog. Verhandlungsgehilfe dd. “in“ Erfüllung oder nur „bei Gelegenheit“? Fall: Lehrling L wird vom Meister des Malerbetriebs M angewiesen, Malerarbeiten beim Kunden K durchzuführen. L ist bei der Arbeit unaufmerksam und beschädigt ein Fenster. Außerdem lässt L in einem günstigen Augenblick eine wertvolle Vase mitgehen. Ansprüche des K gegen M? I. §§ 280 I, 241 II (eigene Pflichtverletzung des M?) II. §§ 280 I, 241 II, 278 S. 1 Hierbei anzusprechende Probleme: (1) Erf'geh. im Rahmen der Erfüllungs- und auch (nur) Schutzpflichten? (2) “bei Gelegenheit“ (vorsätzliche Schädigungen) nicht „in“ Erfüllung?? § 278 S. 2 (besteht ein innerer Zusammenhang?) (3) Zurechnung des Verhaltens des Gehilfen, wenn dessen schädigendes Verhalten im Rahmen der (vertragl.) Verbindung durch die Übertragung der Tätigkeit zumindest erheblich erleichtert worden ist! ee. Rechtsfolgen: aaa. Zurechnung des „Verschuldens“ des Erfüllungsgehilfen (1) Pflicht tritt Geschäftsherrn (2) Pflichtverletzung des Erf.geh. wird zugerechnet (über § 278 bei verhaltensbezogenem Ansatz; wer objektivem Ansatz folgt, kann Nichterfüllung des Pflichtenprogramms durch den Sch. konstatieren) (3) Verschulden wird zugerechnet (warum ist dies ungenau? Erf.geh. trifft keine Pflicht ggü Dritten!) bbb. Verschuldensfähigkeit: auf welche Person kommt es an? Erf.geh.! ccc. Fahrlässigkeitsmaßstab: auf wen kommt es an? Gesch.herr! ff. Anwendung des § 278 S. 1 auf den gesetzlichen Vertreter: aaa. Stellvertretung im technischen Sinne muss nicht vorliegen bbb. Verschuldensfähigkeit: dem uU nicht oder nur beschränkt verschuldensfähigen Schuldner (§ 827) wird die Verschuldensfähigkeit des gesetzlichen Vertreters „zugerechnet“; Fahrlässigkeitsmaßstab: gesetzl. Vertreter! ccc. § 278 S. 2 nicht für gesetzl. Vertreter IV. § 280 I, III, § 283: Schadensersatz „statt der Leistung“ 1. Allgemeines a. § 283 ist keine Anspruchsgrundlage; vielmehr § 280 I b. § 283 umschreibt den nach § 280 I zu ersetzenden Schaden 2. Tatbestandsvoraussetzungen a. "Schuldverhältnis" (z.B. auch Vermächtnis) iSv § 280 I b. § 275 IV: Fall der Unmöglichkeit i.S.v. § 275 I-III (Einrede muss erhoben sein) c. kein Fall anfänglicher Unmöglichkeit i.S.v. § 311a I (hierfür § 311a II als lex sp.) d. Pflichtverletzung i.S.v. § 280 I 1: obj. Bestimmung (§ 283 verweist auch für den Fall nachträglicher Unmöglichkeit auf § 280 I - damit auf "Pflichtverletzung": auch bei Unmöglichkeit, weil Vertragsprogramm nicht erfüllt) e. Vertretenmüssen, § 280 I 2 aa. wird vermutet; § 280 I 2 bb. I.ü. Prüfung nach § 276 I cc. Ggf. § 278 3. Rechtsfolge: Schadensersatz, § 280 I 1 a. „Schaden“? Def.? (s.o.) b. Umfang des zu ersetzenden Schadens: „Schadensersatz statt der Leistung“ = positives Interesse; bei nur teilweiser Unmöglichkeit: § 283 S. 2, § 281 I S. 2, 3, V: aa. Schadensersatz statt der ausgebliebenen Teilleistung bb. Schadensersatz statt der ganzen Leistung cc. § 281 für Anzahlung c. §§ 326 V, 325, 283: Rücktritt plus Schadensersatz beim gegenseit.Vertrag d. Restitution: § 249 unanwendbar (warum?), nur §§ 251, 252 4. §§ 280 I, 283 auch bei mangelhafter Leistung (§ 283 I S. 2 iVm § 281 I S. 3) a. Qualitative Unmöglichkeit, wenn nicht vertragsgemäß geleistet werden kann b. Aber Sonderregeln im Kauf- und Werkvertragsrecht haben Vorrang aa. bei § 434 I: erst ab Gefahrübergang, § 446 S. 1, 3 bb. § 437 Nr. 3 verweist auf § 283, 280 I, II c. Vor Gefahrübergang (Gläubiger lehnt Annahme mangelhafter Ware ab) und sonst (z.B. Vermächtnis, andere Verträge): §§ 280 I, III, 283 i.V.m. § 275 I-III, IV V. § 311a II: Schadensersatz „statt der Leistung“ bei anfängl. Unmöglichkeit Lit.: Looschelders § 30; Canaris, Festschrift für Heldrich (2005) 11 (vertiefend); Köhler/Lorenz, SchR I, PdW No. 58-66; in Medicus/Lorenz SchR AT nicht behandelt! Fall: Abwandlung des Autoverkaufs (§ 11): V und K einigen sich – nach einem Besichtigungstermin – über den Abschluss eines Kaufvertrages am Telefon über den BMW A1. 15 Minuten früher ist der Wagen gestohlen worden. Es besteht keine Chance, den Wagen aufzufinden. Ansprüche des K ? 1. Allgemeines a. Völlig neue Regelung durch SMG. b. Klarstellende Funktion des § 311a I (ggü § 306 BGB a.F.!) c. § 311a II verweist nicht auf § 280 I; steht auf eigenen Füßen (kein Unterfall des § 280 I ! Grund: keine Leistungspflicht von Anfang an, daher auch keine Verletzung der Leistungspflicht) d. Schadensersatzpflicht „statt der Leistung“ ohne primäre Leistungspflicht (wegen § 275 I-III) 2. Tatbestandliche Voraussetzungen: § 311a II iVm § 311a I a. Vertrag (enger als § 283; analog für Auslobung) b. Wirksamkeit (§ 311a stellt klar ggü früherem Recht! § 306 a.F.) c. Fall einer Leistungsbefreiung aufgrund § 275 I, II oder III d. Anfängliches Leistungshindernis (nicht: Erhebung der Einrede iSv § 275 II): schon im Zeitpunkt des Vertragsschlusses Fall: Was ist mit Leistungshindernis, das zwischen Angebot und Vertragsschluss eintritt? e. Vertretenmüssen: aa. Vermutung des § 311a II S. 2 bb. § 276 I: aaa. Garantie und Übernahme des Beschaffungsrisikos im konkreten Fall immer genau prüfen! bbb. Fahrlässigkeit, wenn Zweifel an der Leistungsfähigkeit bestehen (müssen); uU muss sich Schuldner kurz vor Vertragsschluss über Leistungsfähigkeit vergewissern; Umstände des Einzelfalls. cc. § 278 S. 1 anw. dd. Vertretenmüssen bezieht sich auf Leistungsversprechen in Kenntnis bzw. fahrlässiger Unkenntnis der Unmöglichkeit, nicht auf Herbeiführung der U. ! f. Rechtsfolge: aa. Schadensersatz „statt der Leistung“ aaa. Schaden; Def.? bbb. Umfang: Schadensersatz „statt der Leistung“; wie oben zu § 283; beachte § 311a II S. 3 bb. Aufwendungsersatzanspruch gem. § 284 3. Interessantes Problem: Haftung des Schuldners analog § 122 bei Nichtvertretenmüssen (Canaris mit Verweis auf §§ 119 II, 122 I: Ähnlichkeit mit Irrtum über die eigene Leistungsfähigkeit; ist letzterer aber nicht bloß unbeachtlicher Motivirrtum?); Gesetzgeber lässt offen. Ablehnend Looschelders SchR AT Rz. 665 (verneint § 119 II; Verschuldensprinzip soll nicht unterlaufen werden); Palandt (-Grüneberg) § 311a Rz. 15 (hält Anfechtung durch Sch. wegen § 437 für ausgeschlossen (stimmt das??); daher auch § 122 I). Nacharbeiten! Analogievoraussetzungen? 4. Verhältnis zu §§ 311 II, 241 II, 280 I? § 311a II wohl lex sp. VI. §§ 280 I, III, 281 I: Schadensersatz „statt der Leistung“ bei Ausbleiben der Leistung 1. Allgemeines a. § 281 I als „Normalfall“ (Grund: Gläubiger weiss von Unmöglichkeit idR nichts!) b. Anspruchsgrundlage ist § 280 I; § 281 I bestimmt nur Schadensumfang („statt der Leistung“) und grenzt den Schadensersatzanspruch ein. c. Kein Fall der Unmöglichkeit; sonst: §§ 280 I, III, 283 d. Ist Gläubiger noch an Leistung interessiert, kann er Schadensersatz neben (und nicht: statt) der Leistung verlangen: § 280 I e. Funktion der Leistungsaufforderung mit Fristsetzung: dem Schuldner soll letzte Gelegenheit zur Erfüllung ermöglicht werden 2. § 281 I im System der §§ 280 ff. Merke: a. § 280 I (bei Schutzpflichtverletzung) neben § 281 I, 280 III, I b. § 286, 280 III, I neben § 281 3. (Wahl-) Möglichkeiten des Gläubigers bei Nichtleistung des Schuldners trotz Fälligkeit: a. ohne Fristsetzung aa. Gläubiger hat und behält Leistungsanspruch bb. Gl. setzt Sch. in Schuldnerverzug (durch Mahnung); danach Schadensersatz: §§ 280 II, 286 b. mit Fristsetzung, § 281 I 1: aa. Schuldner erfüllt rechtzeitig; dann § 362 bb. Schuldner leistet nicht: aaa. Wie a) aa)/bb) bbb. Gläubiger kann „SE statt der Leistung“ verlangen; Konsequenz: § 281 IV: Erfüllungsanspruch erlischt. ccc. Gläubiger kann zurücktreten, § 323 I (nur bei gegenseitigen Verträgen) cc. Merke: Solange Gl. nicht den Weg über bbb. bzw. ccc. geht, kann Sch. noch erfüllen, der Gl. Leistung verlangen. Fristsetzung allein führt nach Ablauf der Frist nicht zum Erlöschen der Leistungspflicht ! (dafür: „Verlangen“ nach § 281 IV bzw. Rücktrittserklärung gem. § 323 I notwendig!); insoweit Wahlmöglichkeit für den Gl. Gl. kann nach Fristsetzung und Ablauf der Frist immer noch Erfüllung verlangen. 4. Vertretenmüssen a. §§ 276 I, 280 I 2 (Vermutung), 278 gelten auch für § 281 b. Maßgeblicher Zeitpunkt? Zeitpunkt der Pflichtverletzung iSd Fälligkeit der Leistung oder Ablauf der Frist? aaa. Wortlaut des § 281 I spricht für § 280 I 1: Fälligkeit bbb. Aber: Tatbest. der Pflichtverletzung ist erst mit Ablauf der Frist vollendet (wichtig für Fall zB eines Diebstahls nach Fristsetzung), es sei denn, Verzug liege vor (siehe ddd.). ccc. Ist Fristsetzung entbehrlich gem. § 281 II, entscheidet das nach Abs. 2 maßgebende Ereignis! ddd. Anders auch bei Schuldnerverzug gem. § 286 I wg § 287: Verzugseintritt 5. Prüfung eines Anspruchs aus §§ 280 I, III, 281 I: a. Schuldverhältnis mit Leistungspflichten (nicht: § 311 II) b. Fälligkeit c. Schuldner erbringt die Leistung aa. nicht oder bb. nicht wie geschuldet d. Voraussetzungen des § 280 I: aa. Pflichtverletzung (formale Betrachtung); Zeitpunkt? bb. Vertretenmüssen, § 280 I 2, 276 I, 278 f. Rechtsfolge: aa. Schadensersatz statt der Leistung bb. Nicht § 249, sondern §§ 251, 252 6. Einzelheiten a. § 281 I verlangt fällige Leistung; daher in Fällen der Unmöglichkeit unanwendbar (da Leistungspflicht erloschen, §§ 275 I-III - bei II, III muss Einrede erhoben sein) b. Bei Schutzpflichtverletzungen passt Leistungsaufforderung mit Fristsetzung nicht; dafür § 280 I oder §§ 280 I, III, 282 c. Bei Schlechtleistung („nicht wie geschuldet“) beachten: aa. evtl. spezielle Regelungen; §§ 437 Nr. 3, 634 Nr. 4 bb. § 281 I nur bei reparabler Schlechtleistung; bei irreparabler Schlechtleistung macht Fristsetzung keinen Sinn; vielmehr: §§ 280 I, III, 283 (Unmöglichkeit) d. Leistungsaufforderung mit Fristsetzung: aa. Funktion: aaa. Verbunden mit Leistungsaufforderung: Sch. soll noch erfüllen können! Sch. soll zur ordnungsgemäßen Erfüllung angehalten werden. bbb. Leistungsaufforderung muss erkennen lassen, warum Gl. die erhaltene Leistung nicht als vertragsgemäß akzeptiert. Defizite brauchen nicht im Einzelnen aufgeführt zu werden. bb. Leistungsaufforderung mit Frist“bestimmung“: geschäftsähnl. Hdlg. (WERegelungen analog) cc. "angemessene" Frist: Angemessenheit bezogen auf Art der Leistung; beiderseitige Interessen; wie dringlich? Einzelfall bezogen. dd. muss genauer Zeitraum bzw. genauer Endtermin angegeben werden? So h.L. (in Fortführung der alten Rechtslage); anders BGH NJW 2009, 3135: Bestimmbarkeit des Zeitraums reicht aus; Rz. 10. aaa. Dies folgt auch aus richtlinienkonformer Auslegung (angemessene Frist ohne Fristsetzung in der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie); auch wenn vom BGH nicht erwähnt. bbb. Bei zu kurzer Frist wird angemessene Frist in Gang gesetzt, die vom Gericht (später) festgestellt wird; Rz. 11. ee. Entbehrlichkeit der Fristsetzung, § 281 II: aaa. endgültige Leistungsverweigerung bbb. besondere Umstände: arglistiges Verschweigen (eines Mangels); BGH NJW 2007, 835 ccc. Abmahnung, § 281 III, statt Fristsetzung, z.B. bei Anspruch auf Unterlassen e. Situation nach Fristablauf, wenn nicht geleistet? aa. Fristablauf führt nicht zum Erlöschen des Leistungsanspruchs (arg. e contrario § 281 IV); s.o. bb. § 281 IV erst bei „Verlangen“ des "SE statt der L." aaa. „Verlangen“ als geschäftsähnl. Hdlg; empfangsbedürftig; Vertretung möglich bbb. „Verlangen“ muss eindeutig sein: nicht bloß: „Schadensersatz“ (§ 280 I), sondern „SE statt der Leistung“ (§§280 III, 281 I). cc. Verlangt Gläubiger Leistung nach Fristablauf, geht das „Wahlrecht“ („elektive Konkurrenz“) nicht verloren: keine „Bindung“ des Gl. an das Erfüllungsverlangen! Gl. kann (ohne neue Fristsetzung) immer noch zurücktreten oder SE statt der Leistung verlangen; BGH NJW 2006, 1198 (lesen! A.A. OLG Celle NJW 2005, 2094 als Berufungsgericht); Althammer, NJW 2006, 1179. dd. Situation des Schuldners nach Fristablauf, wenn Gl. sich nicht rührt? aaa. § 264 II analog zugunsten des Sch.? (-) bbb. Sch. kann leisten (erfüllen), solange Gl. nicht SE „statt der L.“ verlangt. Kann Gl. Annahme verweigern (i.V.m. Verlangen des SE statt der L.? sehr str.), ohne in Gläubigerverzug zu geraten? Grundsätzlich je, da erneute Fristsetzung nicht nötig. Nacharbeiten (nach Bspr. des Annahmeverzugs)! Z.B. MüKo-Ernst § 281 Rz. 85. BGH NJW 2006, 1198. Beendet das Angebot der geschuldeten Leistung durch Sch. den Schwebezustand? ccc. Wirkungen des Gläubigerverzugs? Gl. behält Recht zum Rücktritt und kann SE statt der L. verlangen? str. a.A. dies ist gem. § 242 den Gl. verwehrt. f. SE „statt der Leistung“, wenn bereits teilweise geleistet? aa. Voraussetzungen des Anspruchs wie oben; § 281 I bb. Geltendmachung: aaa. des „kleinen“ SE (in Höhe nur des noch nicht Geleisteten) bbb. des „großen“ SE (SE statt der „ganzen“ L.): nur unter der Voraussetzung des § 281 I S. 2 (Gl. hat kein Interesse an der Teilleistung); Konsequenz: § 281 V iVm §§ 346 ff. cc. Sonderregelung für Minderlieferung im Kaufrecht: §§ 434 III, 437 Nr. 3, 281 I S. 3 (statt S. 2) g. Schlechtleistung (wenn reparabel; sonst: §§ 283, 311a II): aa. § 281 I S. 3: “nicht wie geschuldet” bb. Sonderregeln für Schlechtleistung im Kauf- und Werkvertragsrecht; aber: § 437 Nr. 3, § 634 Nr. 4 verweisen auf § 281!! cc. wenn Pflichtverletzung unerheblich: nur „kleiner“ Schadensersatz gem. § 281 I S. 1 (positives Interesse unter Abzug des Werts des Geleisteten); kein großer SEA (statt der ganzen Leistung) dd. wenn Pflichtverletzung erheblich: entweder cc. ("kleiner" SEA) oder „großer“ Schadensersatz (SE statt der „ganzen“ L.); Pflichtverletzung ist immer erheblich, wenn Verk. den Käufer arglistig über Mangel täuscht; BGH NJW 2006, 1960 ee. §§ 283 S. 2 VII. §§ 280 I, III, 282 1. „SE statt der Leistung“ 2. Pflichtverletzung bezieht sich nicht auf die Leistungspflicht (deren Erfüllung ist möglich), sondern auf Neben- (Schutz-) pflicht; letzteres fällt auch unter § 280 I (einfacher SE) 3. § 281 hat Vorrang vor § 282 4. Prüfung: a. Tatbestand: aa. wirksames Schuldverhältnis mit Leistungspflicht (nicht: § 311 II) bb. Verletzung einer Schutzpflicht cc. zu vertreten, §§ 280 I S. 2, 276 I, 278 dd. Entgegennahme der Leistung für Gl. unzumutbar (idR ist vorherige Abmahnung erforderlich): (i) grobe Unzuverlässigkeit bei Vertragsabwicklung (ii) Ehrverletzung/Kränkungen durch den Sch. (iii) Schwerwiegende Pflichtverloetzungen iSv § 241 II (Maler beschädigt wiederholt Gegenstände) b. Rechtsfolge: SE statt der Leistung, 5. Sonstige Folgen: a. § 281 IV analog bei § 282 b. Bei Schäden an Gegenständen etc.: § 280 I, § 241 II (neben §§ 280 I, 282) c. Gl. kann bei gegenseitigem Vertrag zurücktreten, § 324 VIII. Umfang und Berechnung des Schadensersatzes „statt der Leistung“ Lit.: Köhler/Lorenz, SchR I, PdW No. 34-42 1. Grundlegende Unterscheidung zwischen SE statt der Leistung und SE neben der Leistung (dazu § 17): Lit.: Lorenz, JuS 2008, 203 (als Einführung); Grigoleit, AcP 203 (2003) 727 (zur Vertiefung) a. SE "statt der L." – Schaden, der durch das endgültige Ausbleiben der Leistung eintritt. Test-frage: Wäre Schaden entfallen, wenn Leistung im letztmöglichen Zeitpunkt erbracht worden wäre? Wenn ja: SE „statt“. Wenn nein: „einfacher“ SE neben der Leistung (dazu gehört auch entgangener Gewinn in dieser Zeit: Verzögerungsschaden) b. Beispiele für SE "statt der L.": Kosten der Ersatzbeschaffung; Kosten für Reparatur; Minderwert; Schäden als Folge des Ausbleibens der Leistung nach letztmöglichem Zeitpunkt; entgangener Gewinn nach diesem Zeitpunkt 2. Schadensberechnung: Nach Wahl des Gläubigers: a. Konkrete Schadensberechnung: konkreter Abnehmer des Gl. gegeben (auch: „Deckungsgeschäft“ (Einkauf), das von Gl. getätigt wurde) b. Abstrakte Schadensberechnung (z.B.: Käufer hätte zum Marktpreis verkauft) c. Kaufpreis als Mindestschaden (wenn Zahlung bereits geleistet) d. Rentabilitätsvermutung: nach Vertragsschluss, aber vor dem Eintreten des Leistungshindernisses getätigte Aufwendungen sind als "SE statt der L." erstattungsfähig, wenn ihnen im Falle der Erfüllung ein Gegenwert iSv Einnahmen gegenüber gestanden hätte; dafür besteht widerlegbare Vermutung (BGH NJW 1999, 3625; NJW 2000, 506; WM 2006, 1927). Zusätzlich zu c). Merke: Es wird vermutet, dass sich die getätigten Aufwendungen auch „rentiert“ hätten, d.h. dass damit Einkünfte in dieser Höhe erzielt worden wären; greift nur bei Unternehmen! 3. Schadensberechnung bei gegenseitigen Verträgen (Schaden des Gl.): a. Gl. hat Gegenleistung (z.B. Kaufpreis) schon erbracht: Es gelten die Grundsätze zu 2. b. Gl. hat noch nicht geleistet: aa. Differenzmethode: SE wg Nichterfüllung des ganzen Vertrags ("SE statt der ganzen Leistung") unter Abzug des Wertes der Gegenleistung, die nicht mehr zu erbringen ist bb. Surrogations- (Austausch-) methode: aaa. An die Stelle der (ausbleibenden) Leistung des Sch. tritt als Surrogat ihr Wert (dieser ist der zu liquidierende Schaden) bbb. Sind beide Leistungen in Geld zu erbringen, kann aufgerechnet werden, §§ 387 ff.; ansonsten Austausch der Leistungen ccc. Hat Gl. Rücktritt erklärt und verlangt er Schadensersatzt gem. § 325, ist Surrogationsmethode ausgeschlossen (dann nur aa.) § 17. Leistungsstörungen II: Einfacher Schadensersatz neben der Leistung I. Verzögerungsschaden bei Schuldnerverzug: §§ 280 I, II, 286 Lit.: Looschelders SchR AT § 28; Brox/Walker SchR AT § 23; Köhler/Lorenz, PdW SchR I, No. 43-50 1. Ausgangspunkt (s.o.): Unterscheidung zwischen SE statt der L. und SE neben der L.; hier: neben der L. 2. Der Schuldnerverzug, §§ 286 ff. a. Begriff: Nichtleistung trotz Fälligkeit b. Voraussetzungen: aa. Wirksamer Anspruch aus Schuldverhältnis aaa. Anspruch entstanden bbb. keine Einwendung bb. Nichtleistung: s.o. § 7 cc. Fälligkeit dd. Leistung muss noch möglich sein ee. L. durchsetzbar (also nicht: Naturalobligationen); nicht: bei Verjährung; § 214 I (wenn sich Sch. auf Einrede des § 273 beruft) ff. Verzugsauslösendes Moment: aaa. Mahnung; BGH NJW 1987, 1547 (1) geschäftsähnliche Handlung (warum?); Zugang erforderlich; §§ 164 ff. anw., § 180 S. 1; keine Form (2) eindeutig & bestimmt (Erklärung muss erkennen lassen, dass Schuldner in Verzug gesetzt werden soll; Lorenz ZGS 2011, 111 (3) Fristsetzung iSv § 281 I als konkludente Mahnung; befristete Mahnung? (4) Zugang beim Sch. (5) Erklärung nach Eintritt der Fälligkeit (evtl. mit der die Fälligkeit begründenden Handlung); BGH NJW 2001, 3115 (6) Mahnung kann bei Zuvielforderung unwirksam sein; Rspr.; anders aber, wenn Mahnung auch als Aufforderung zur Bewirkung der tatsächlich geschuldeten Leistung zu verstehen ist und Gl. zur Annahme der geringeren Leistung bereit ist; BGH NJW 2006, 3272. bbb. Der Mahnung gleichgestellt: § 286 I S. 2 ccc. Entbehrlichkeit der Mahnung: § 286 II Nr. 1-4 (genau lesen!) ddd. Schuldner einer „Entgelt“forderung: § 286 III: (1) Bei Fälligkeit der Forderung und 30 Tage nach Erhalt der Rechnung (2) § 286 III tritt zu § 286 I und II hinzu („spätestens“) (3) „Entgelt“ (iSv Entgeltforderung bei Kauf-, Werkvertrag): nicht notwendig „Geld“ ("entgeltliche" Gegenleistung im Gegensatz zu SEA oder Bereicherungsansprüchen!) (4) Frist: §§ 187 I, 188 I, 193 (5) Bei Verbraucherverträgen nur, wenn auf Rechtsfolge hingewiesen wurde; BGH NJW 2008, 50 (6) § 286 III S. 2 (7) Problem: richtlinienkonforme Auslegung des § 286 III S. 1, wenn Rechnung vor Fälligkeit gestellt wird eee. Schuldnerverzug bei gegenseitigen Verträgen: Gl. muss eigene Leistung vertragsgemäß anbieten gg. Vertretenmüssen: § 286 IV; § 287 S. 2; Zeitpunkt: nicht schon Fälligkeit, sondern Zugang der Mahnung 3. Prüfung der §§ 280 I, II, 286: a. Tatbestand aa. Schuldverhältnis bb. fälliger u durchsetzbarer Anspruch cc. Nichtleistung - Pflichtverletzung; s.o. 2.b.aa.-ff. dd. §§ 280 I S. 2, 286 IV: Vertretenmüssen b. Rechtsfolge: Anspruch auf Schadensersatz aa. Schaden: (nur) auf Verzögerung beruhender Schaden (s.u.) bb. §§ 251-252 cc. Kausalität, Adäquanz 4. Rechtsfolgen: a. Anspruch auf SE wegen Verzögerung (SE „neben“ der L.) tritt neben §§ 280 I, III, 281283; Verzögerungsschaden kann nur unter den Voraussetzungen des § 286 (über § 280 I, II) verlangt werden (nicht: § 280 I allein); BGH NJW 2006, 688. b. Verzögerungsschaden ist derjenige Schaden, der durch Ausbleiben der Leistung endgültig eintritt, auch wenn später noch geleistet wird bzw werden kann (und damit nicht auf dem endgültigen Ausbleiben der Leistung beruht). Beispiel: entgangener Gewinn bei verspäteter Bierlieferung für eine Kirmes. c. Verzugszinsen bei Geldschulden: §§ 286, 288 5. Weitere Rechtsfolgen: a. § 287 S. 1 (Bedeutung in Fällen des § 277 oder bei Haftung auf grobe Fahrl.) b. § 287 S. 2 (Bedeutung bei später eintretender Unmöglichkeit!) 6. Beendigung des Schuldnerverzugs: a. Nachträgliches Entfallen der Voraussetzungen des Verzugs; ex nunc-Wirkung b. Beispiele: Leistungserbringung; Leistungsangebot (§§ 293 ff.), Stundung, Unmöglichkeit, Rücktritt, Anfechtung c. Sog. „Rücknahme“ der Mahnung; dazu BGH NJW 1987, 1546 7. Fall: BGH NJW 2008, 50 (JuS 2008, 373): die Rechnung als Mahnung ? (lesen!) 8. Fall: X tankt bei einer Selbstbedienungstankstelle des S für € 15.- und vergisst an der Kasse, an der er mehrere Zeitungen erwirbt, zu zahlen. S, der dies nach der Abfahrt des X bemerkt, schaltet einen Dektektiv ein (Kosten: € 150.-), um den X ausfindig zu machen. X bezahlt die € 15.-, weigert sich aber die Detektivkosten zu begleichen. Zu recht? I. Anspruch des S gegen X aus §§ 280 I, II, 286, 249 ff. (1) Wirksamer Vertragsschluss? - Angebot as incertas personas, § 315 - Annahme durch X gem. § 151 (2) Verzug ohne Mahnung? § 286 II Nr. 1 ? Nr. 4? Nr. 3? (3) Schaden? - Schaden: Def.? - Kausalität? - Detektivkosten von S veranlasst, aber: Herausforderung? - § 254? - Verhältnismäßigkeit der Kosten? II. Wer Vertragsschluss verneint: §§ 241 II, 311 II, 280 I, 249 ff. III. §§ 823 I, 249 ff. (1) Eingriff in das Eigentum des S? - Liegt nicht Eigentumsübertragung gem. § 929 S. 1 vor? - Bedeutung (§§ 133, 157) der Freischaltung der Zapfsäule? Wille, Eigentum zu übertragen, vor Zahlung des Kunden? (-) (2) Eigentumserwerb des X durch §§ 947 ff.: (+); aber es entsteht Miteigentum (3) Hier: Eingriff in das Miteigentum des s (4) Rechtswidrig und schuldhaft (5) Schaden II. Schadensersatz bei sonstigen Pflichtverletzungen (s.o. unter § 16 II.) Lit.: Looschelders SchR AT § 27; Brox/Walker SchR AT § 25; Köhler/Lorenz, SchR I, PdW No. 67-73 1. Anwendungsbereich des § 280 I (ohne §§ 280 II, III): a. negative Abgrenzung: aa. kein SE statt der Leistung bb. kein Verzugsschaden b. positiv: aa. Fälle der Schlechtleistung bb. Nichterfüllung von Nebenleistungspflichten, Nichtbeachtung von Schutzpflichten (Aufklärung; Information; Rechtsgüterschutz) 2. Pflichtverletzung: a. Verletzung einer Hauptleistungspflicht: Schlechtleistung aa. Bei Vertragstypen ohne Mängelhaftung (§§ 611, 688 etc.); anwaltliche Falschberatung: BGH NJW 2006, 501 bb. §§ 437, 634 haben Vorrang cc. Schlechtleistung kann zu Schäden führen, die durch spätere ordnungsgemäße Leistung nicht beseitigt werden können. Daher SE neben der Leistung (neben Anspruch aus § 281 I). Berühmter Fall: RGZ 66, 289 (vergiftetes Pferdefutter): K kauft bei V für € 1.000.- Futter für seine Pferde, das – wie sich später zeigt – mit Giften verunreinigt ist. Zwei Tiere verenden. Marktwert: je € 100.000. Ansprüche hinsichtlich des Pferdefutters? Hinsichtlich der Tiere? Einstieg über § 437 Nr. 3. BGH NJW 2006, 2548: V hat Rechtsschutzversicherungsvertrag mit der X-AG. Diese verweigert vertragswidrig die Deckungszusage für einen Rechtsstreit, den V führen will; V gg X-AG: Anspruch auf SE in Höhe der Summe, die in dem nicht geführten Prozess erstritten worden wäre. BGH NJW 2006, 501 (abgeändert): Rechtsanwalt R übernimmt die Beratung und Prozessführung für den Mandanten M. Er übersieht eine Regelung in einer Verordnung, wodurch dem M prozessuale Nachteile entstehen. SEA des M gg R aus § 280 I? BGH: Rechtsprüfung und Rechtsberatung setzen zwingen die Kenntnis der einschlägigen Rechtsnormen voraus, zu denen auch die aufgrund Bundesgesetzes erlassenen Rechtsverordnungen gehören. Notfalls muss sich der anwaltliche Berater in die Spezialmaterie einarbeiten (oder: die Übernahme des Mandats ablehnen!). b. Verletzung von Nebenleistungspflichten aa. vertraglich vereinbarte/gesetzliche Nebenleistungspflichten bb. Beispiele: Beratung, Verpackung, Anlieferung c. Verletzung von Schutz-, Informations-, Rücksichtnahmepflichten, § 241 II aa. bei Verträgen bb. bei § 311 II, III (Spektakulärer) Fall: BGH NJW 2006, 830, 833 f („Kirch ./. Deutsche Bank“): Verletzung von Interessenwahrungs-, Schutz- und Loyalitätspflichten aus einem Darlehensvertrag durch Interview ("Nach allem, was man hört, ist der Kapitalmarkt nicht mehr bereit, Kredite zu normalen Konditionen zu geben"). Fall: Geltendmachung unberechtigter Gewährleistungsansprüche (etwa Reparatur o Nachlieferung): BGH NJW 2008, 1147 Fall: Geltendmachung eines Gestaltungsrechts (Kündigung durch Vermieter), ohne dass dessen Voraussetzungen vorliegen; BGHZ 89, 296 (fehlender Eigenbedarf): BGH NJW 2009, 1262 (interessant-problematische Fallgruppe; Abgrenzung zu den Fällen der Klageerhebung??) Fall: Nicht hinreichende Kontrolle der Zulieferprodukte durch Assembler (soweit Zulieferer nicht als Erfüllungsgehilfen anzusehen) 3. Rechtswidrigkeit 4. Vertretenmüssen, §§ 280 I S. 2, 276 I, 278 a. Merke: Vertretenmüssen bezieht sich auf Pflichtverletzung, nicht auf den Schaden (dieser gehört zur Rechtsfolge!) b. Vermutung des § 280 I 2 c. Zurechnung des Verhaltens Dritter: aa. § 278: Verschulden des Erfüllungsgehilfen bb. § 31: Organe 5. Schadensersatz a. Schaden: Def. b. Sämtliche Schäden, die weder auf Verzögerung der Leistung noch auf endgültigem Ausbleiben der ordnungsgemäßen Leistung beruhen c. adäquat kausal d. Restitution/Kompensation:§ 249 ff; immaterielle Schäden: § 253 I, II 6. Anspruch kann auch auf Unterlassung künftigen vertragswidrigen Verhaltens gehen; BGH NJW 2009, 1504 Rz. 17. 7. Abgrenzung von § 280 I, II, 286 und § 280 I: H liefert dem Gastwirt G eine neue Bierzapfanlage an einem Samstag Nachmittag. Die Anlage wird installiert. Als sie abends in Betrieb gehen soll, funktioniert sie nicht. Die Reparatur kann von H erst am Montag vorgenommen werden. Dem G entgeht an beiden Tagen Gewinn in Höhe von € 5.000.-. Ansprüche des G gegen H? Problem des sog. Betriebsausfallschadens ("mangelbedingter Nutzungsausfall"): Fall des Schuldnerverzugs (verzögerte Erbringung einer mangelfreien Leistung), §§ 286, 280 I, II, oder § 280 I mit Einstieg über § 437 Nr. 3? Schadensersatz hier nicht wegen mangelhafter Leistung, sondern wegen nicht mangelfreier Leistung? Wäre nicht bei völligem Ausbleiben der Leistung nach §§ 280 I, II, 286 zu prüfen? Wodurch unterscheiden sich Nichtleistung u Schlechtleistung aus der Sicht des Gläubigers? Lit.: Köhler/Lorenz, PdW SchR I AT No. 47; Looschelders SchR AT Rz. 575; MüKo (-Ernst) § 280 Rz. 55-59; Hk (-Schulze) § 280 Rz. 6; Grigoleit/Rehm, JuS 2004, 745. BGH NJW 2009, 2674 = BGHZ 181, 317 (lesen!): (1) Wortlaut offen (2) Gesetzgeer sei nicht von Verzug ausgegangen (3) Systematik: § 437 Nr. 3 verweist nicht auf § 286, wohl aber auf § 280 I (4) Teleologische Erwägungen: Gl. kann sich ggü Säumnis durch Mahnung/kalendermäßige Bestimmung schützen; ggü Schlechtleistung nicht. (5) Mangel wird oft erst später entdeckt. § 18. Leistungsstörungen III: weitere Ansprüche des Gläubigers I. Aufwendungsersatz, § 284 Lit.: Brox/Walker SchR AT § 23 III; Looschelders SchR AT § 32; Medicus/Lorenz SchR AT § 37 IV; Köhler/Lorenz, PdW SchR I, Fall No. 40 1. Problem Gl. tätigt Aufwendungen im Hinblick auf abgeschlossenen Vertrag; „Rentabilitätsvermutung“ (s.o. als Methode der Schadensberechnung) greift nicht, wenn und weil nur ideelle Zwecke verfolgt werden. Hier Problem fehlender Kausalität der Pflichtverletzung. Das SMG hat deswegen § 284 eingeführt. Fall (BGHZ 99, 182 – Stadthalle): Partei X mietet die Halle der Stadt B, um eine Veranstaltung durchzuführen. Einen Tag vor dem vereinbarten Termin entdeckt der Angestellte A der Stadt B, dass die Halle für den nächsten Tag zweimal vermietet worden ist und kündigt den Mietvertrag. Die Partei muss die Veranstaltung absagen und verlangt Ersatz der Kosten für die Plakatierungs- und Werbeaktion. Spielt es eine Rolle, wenn die Veranstaltung wegen mangelnden Interesses der Parteimitglieder hätte abgesagt werden müssen? Fall (BGH NJW 2005, 2848 – Autozubehör): K kauft bei V zum Zwecke kommerzieller Nutzung einen gebrauchten PKW für € 20.000.-. Überführungskosten: € 1.000.-. Er lässt Zubehör wie Navigationssystem, Tempomat und Schmutzfänger für € 5.000.- einbauen. Nach einiger Zeit zeigen sich Mängel, die sich nicht reparieren lassen. K tritt vom Vertrag zurück. Er verlangt den Kaufpreis, Erstattung der Kosten für das Zubehör und die Überführung sowie Schadensersatz wegen eines Beweissicherungsgutachtens (€ 2.000.-). V meint, die Kosten für das Zubehör seien zu hoch; Schadensersatz könne nicht verlangt werden. 2. Prüfung: a. § 284 gilt für vertragl. und gesetzl. Schuldverhältnisse b. Erfasst werden Aufwendungen zu ideellen und wirtschaftl. Zwecken (also über den Regelungsanlass (Stadthallen-Fall) hinausgehend); BGH NJW 2005, 2848 c. „anstelle“ des SE statt der Leistung: aa. Voraussetzungen eines solchen Anspruchs müssen erfüllt sein: aaa. §§ 280 I, III, 281, 282, 283, 311a II Frage: Auch “Schaden” oder nur Pflichtverletzung u Vertretenmüssen? § 284 verweist auf den Tatbestand, nicht auf die Rechtsfolge in § 280 I! § 284 gibt Anspruch unabhängig von “Schaden” und seiner Begrifflichkeit. bbb. §§ 434, 437 Nr. 3, 536a, 634 ff. haben Vorrang; verweisen aber auf § 284 bb. Alternativität: SE statt der Leistung oder § 284 cc. § 284 neben „SE neben der L“ (§ 280 I); § 437 Nr. 3 ungenau formuliert dd. § 284 neben Rücktritt (§ 437 Nr. 2 „und“ Nr. 3); BGH NJW 2005, 2848 d. „Aufwendungen“ aa. Def.? Weit zu verstehen: sämtliche (freiwillige) Vermögensopfer bb. eigene Arbeitsleistung? § 1835 III analog? e. „im Vertrauen“ auf Erhalt der Leistung aa. Aufwendungen nach Vertragsschluss; also nicht: im Stadium der Vertragsanbahnung bb. Zusammenhang mit Leistung (Zweck) f. „billigerweise“ aa. krasses Missverhältnis prüfen (dann: Begrenzung der Höhe der A. auf ein vernünftiges Maß) bb. wenn mit Scheitern gerechnet werden muss g. Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und dem vom Gl. verfolgten Zweck h. Vergebliche Aufwendungen II. § 285: Stellvertretendes Commodum Lit.: Looschelders SchR AT § 33; Medicus/Lorenz SchR AT § 37 I; Brox/Walker SchR AT § 22 I 4; Köhler/Lorenz, PdW SchR I, No. 29-32 1. Ggü § 280 I eigenständige Anspruchsgrundlage für Gl. a. in den Fällen des § 275 I-III (§ 285 I), b. die nicht von den Voraussetzungen des § 280 I abhängt. c. § 285 I ist kein Schadensersatzanspruch, sondern ein schuldrechtlicher Surrogationsanspruch (vgl. dingliches Surrogationsprinzip: §§ 718 II, 2019 I) 2. Prüfung: a. Tatbestand: aa. Schuldverhältnis (vertragl./gesetzl.; auch § 346 f.) bb. „Gegenstand“ (Sache, Recht) cc. Fall des § 275 I, II oder III (anfängl. o. nachträgl. Unmöglichkeit) dd. das vom Schuldner Erlangte: aaa. Ersatzanspruch (i) Anspruch gg einen Versicherer o die bereits ausgekehrte Summe (ii) Anspruch z.B. aus § 823 I gg Dritten bbb. „Ersatz“: jeder Vermögensvorteil; auch das commodum ex negotiatione; wo steckt das Problem? (Kaufpreis ist Gegenleistung (!) für den Gegenstand; Kaufpreis resultiert aus Kaufvertrag; dieser führt aber nicht zur Unmöglichkeit! ee.Vertretenmüssen ist keine Voraussetzung! Anders bei § 284. b. Rechtsfolgen: aa. Anspruch auf Herausgabe des Erlangten bb. Anspruch auf Abtretung des Ersatzanspruchs, den der Schuldner gg den Dritten erlangt hat 3. Konkurrenzen? a. §§ 283, 280 I und § 285 finden nebeneinander Anwendung b. Anrechnung gem. § 285 II Fall: X hat Y als Erben eingesetzt und Z in einem Vermächtnis das Bild „Röhrender Hirsch“ zugedacht. Nach dem Tode des X verkauft und übereignet Y das Bild an einen unbekannten Dritten. Kaufpreis € 10.000.-. Ansprüche des Z gegen Y? § 19. Leistungsstörungen IV: Gläubiger- (Annahme-) verzug Lit.: Brox/Walker SchR AT § 26; Looschelders SchR AT § 38; Medicus/Lorenz SchR AT § 43; Köhler/Lorenz PdW SchR I Fälle No. 84-88 I. Problematik Problem taucht nur auf, wenn Leistung des Sch. der Mitwirkung des Gläubigers bedarf, um erbracht werden zu können (zB: ärztliche Behandlung; Reparatur etc.; nicht bei Unterlassungspflichten!) 1. Def.: Nichtannahme der ordnungsgemäß (§ 294) angebotenen Leistung durch den Gl., § 293 2. Mitwirkung des Gl. im Grundsatz keine Verpflichtung (nicht klagbar; kein Schadensersatz! Vertretenmüssen irrelevant), sondern nur Obliegenheit (mit rechtlichen Nachteilen in § 300 I und II). 3. Merke: Beim Kauf- und Werkvertrag sind bestimmte Mitwirkungshandlungen auch als Verpflichtungen ausgestaltet (§ 433 II, § 640 I): Gläubiger der Leistungspflicht ist zugleich Schuldner der Mitwirkungshandlung! Konsequenzen: Klage auf Erfüllung der Mitwirkungshandlung möglich; hinsichtlich der Mitwirkungshandlung kann neben Gläubigerverzug zusätzlich Schuldnerverzug eintreten II. Voraussetzungen des Gläubigerverzugs 1. Erfüllbarkeit der Leistung: Schuldner darf erfüllen, § 271 I, II; beachte § 299 2. Ordnungsgemäßes Angebot, § 294 a. Vollständigkeit der L., § 266 b. am richtigen Ort c. Beschaffenheit, Menge, Güte wie vereinbart 3. Modalitäten des Angebots a. „Tatsächliches Angebot“ (Realakt; „Gl. braucht nur zuzugreifen“), § 294: aa. Schick- und Bringschuld: tatsächliches Angebot am Wohnsitz des Gläubigers (oder wo vereinbart) erforderlich! bb. Holschuld: Aussonderung/Bereitstellung, sodass Gl. nur zugreifen muss (Realakt; keine geschäftsähnl. Hdlg.) & Benachrichtigung des Gl. reicht aus. b. Wörtliches Angebot (statt § 294) genügt, § 295: geschäftsähnliche Hdlg; es bedarf keiner Anleistung/keiner Aussonderung; Leistungsbereitschaft reicht aus aa. bei Holschuld: hier Hdlg des Gl erford. (2. Alt.) bb. bei Verweigerung der Annahme (z.B. auch bei unberechtigter Kündigung; BGH NJW 2002, 3541); 1. Alt. cc. Wörtliches Angebot: auch konkludent: BGH NJW 2003, 1602 (Bereithalten von Mitarbeitern auf Baustelle) dd. § 295 S. 2: Aufforderung c. Entbehrlichkeit des wörtlichen Angebots - Ergänzung zu § 295 S. 1 2. Alt.: Wörtliches Angebot unnötig bei § 296 S. 1 2. Alt. (Parallelen zu § 286 II !): zB Arzttermin 4. Möglichkeit der Leistung: a. wird in § 294 vorausgesetzt! b. bei §§ 295, 296 schließt dauernde Unmöglichkeit oder vorübergehendes Leistungshindernis Gläubigerverzug aus: § 297 5. Nichtannahme der Leistung durch den Gl., § 293 a. Beachte § 299: bei Bringschuld, wenn kein Termin vereinbart b. Vertretenmüssen des Gl. irrelevant (da keine Pflicht) c. Gl. ist bereit, Leistung anzunehmen, bietet aber nicht die Zug-um-Zug geschuldete Gegenleistung an: § 298; er gerät in Gl.verzug. III. Rechtsfolgen des Gläubigerverzugs 1. Anspruch des Gl. auf Leistung bleibt bestehen 2. Schuldner hat Anspruch auf Ersatz der Mehraufwendungen (Transport; Lagerung bei Dritten), § 304; im Handelsrecht: § 354 – Kaufmann kann marktübliches Entgelt bei Einlagerung bei sich verlangen