Endokrinologische Notfälle

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Endokrinologische Notfälle
( aus : Notfall + Rettungsmedizin, Heft 4, Juni 2007 )
Hierbei handelt es sich um polysymptomatische Krankheitsbilder mit
Beeinträchtigung multipler Organsysteme.
Sie entstehen meist aus dem Boden chronischer Erkrankungen.
Leitsymptom : - Neurologische Störungen bis zum Koma in Kombination
mit vielfältigen Organfunktionsstörungen
Zeigt ein Patient neben neurologischen oder psychiatrischer Funktionsstörungen
gleichzeitig vielfältige Organdysfunktionen, sollte differentialdiagnostisch auch
an eine akute Endokrinopathie gedacht werden.
Mit endokrinologischen Notfällen ist präklinisch in ca. 3% der Einsätze zu
rechnen. Die meisten dieser Notfälle sind allerdings im Rahmen eines Diabetes
mellitus zu sehen.
Bei unklaren Situationen und der entsprechenden Symptomatik sollten
allerdings auch akute Endokrinipathien der Hypophyse, der Schilddrüse, der
Nebennieren und des Kalziumstoffwechsels in Betracht gezogen werden.
1. Störungen des Zuckerstoffwechsels
Ursache für eine Hyperglykämie ist entweder eine gestörte Insulinsekretion, eine
gestörte Insulinwirkung oder eine Kombination von beiden.
Gesamtprävalenz des Diabetes mellitus ist weltweit zwischen 2 – 8,5 %, in
Deutschland 5 - 6 %, davon 130 000 Typ 1 und 5 (-8) Millionen Typ 2.
1.1
Coma diabeticum ( Hyperglykämisches Koma )
Entstehung durch absoluten oder relativen Insuliumangel
2 Formen werden unterschieden : - Ketoazidotisches Koma
- Hyperosmolares Koma
1.1.1. Ketoazidotische Koma
Das ketoazidotische Koma ist eine typische Komplikation beim Typ 1 – Diab.
mell. bei absolutem Insulinmangel.
Dieser absolute Insulinmangel führt primär zu einer Hyperglykämie, verstärkt
durch eine ungehemmte Gluconeogenese aus Aminosäuren und Glycerin.
1
Der Wegfall der insulinabhängigen Lipolysehemmung führt letztlich zur
Bildung von Ketonkörpern ( β-Hydroxybutyrat, Acetacetat, Aceton ), welche
für die ausgeprägte Azidose verantwortlich sind.
Komaursache ist der durch osmotische Diurese herbeigeführte Flüssigkeitsmangel und die durch massive Azidose bedingte Störung des Elektrolyt haushaltes.
Bei Kindern imponiert die Ketoazidose häufig als Erstmanifestation eines
Typ 1 – Diabetes ( 80 % dieser Komata sind Kindernotfälle )
Typisch beim Ketoazidotischen Koma ist die sog. Kussmaulatmung
 tiefe und hochfrequente Atmung
Klinik und Unterscheidungskriterien der hyperglykämischen Komaformen
Kriterien____________Ketoazidotisches Koma__________Hyperosmolares Koma_______
Inzidenz
4 – 8 / 1000 Diabetiker
keine verlässlichen epidemiol.
________________________________________________ Daten_____________________
Alter______________ zumeist jüngere Patienten_________ Ältere Patienten_____________
Mortalität___________< 5 %
_____________ ~_15 %____________________
Diabetes-Typ
_____typisch für Typ 1________________typisch für Typ 2_____________
Entwicklung________ Stunden_______________________ über Tage/Wochen ___________
BZ - Werte_________ 300 – 500 mg/dl_________________> 500 bis > 1000 mg/dl _______
Klinik
Polyurie, Polydipsie in > 90 %
gestörtes Durstempfinden
Gewichtsverlust in 50 %
evtl. Fieber, Infektzeichen
Abdomin. Symptomatik in > 50 % renale Insuffizienz
__________________ (Pseudoperitonitis) _________________________________________
Atmung
_______ tief, schnell, Acetongeruch_________normale Atmung ____________
Gemeinsame
Bewusstseinstrübung, Stupor, Koma
Symptome
Schwäche, Tachykardie, Hypotension, Zeichen der Exsikkose mit
trockenen Schleimhäuten und Haut
__________________ erloschene Eigenreflexe ____________________________________
1.1.2. Hyperosmolares Koma
Tritt vorwiegend beim Typ 2 – Diabetes auf, wobei ein relativer Insulinmangel
über Tage und Wochen zu einer massiven Hyperglykämie mit Werten von >500
bis > 1000 mg/dl führt.
Die vorhandene Restinsulinsekretion verhindert eine Lipolyse mit konsekutiver
Ketonkörperbildung.
Es entsteht eine hypertone Dehydratation mit Verschiebung von intrazellulärem
Wasser in den Extrazellulärraum. Dies führt zu einer osmotischen Diurese und
zu einer Hyperosmolarität des Plasmas. Hinzu kommt v.a. bei älteren Patienten
2
eine eingeschränkte Nierenfunktion (GFR↓) und eine eingeschränkte
Flüssigkeitsaufnahme bei gestörtem Durstempfinden.
1.1.3.Laktatazidotisches Koma
Tritt selten im Rahmen der Therapie mit Biguaniden auf.
Therapie im Wesentlichen wie beim ketoazidotischen Koma.
1.1.3. Therapie beim Coma diabeticum
Präklinisch gilt der gleiche Therapieansatz für beide Komaformen. Zu
behandeln gilt es die Dehydratation und die Elektrolytverschiebung.
- Sicherung der Vitalfunktionen
- Infusionstherapie mit Ringerlaktat oder NaCl 0,9 %, ca. 1 – 2 l
in der ersten Stunde
- bei ausgeprägtem Volumenmangel auch Kolloidgabe
- Flüssigkeitsbedarf beim hyperosmolaren Koma meist größer als beim
ketoazidotischen Koma
- ggf. Katecholamingabe
- Transport in medizinische Klinik
 Keine präklinische Gabe von Insulin !
Beim ketoazidotischen Koma können selbst kleine Mengen Insulin zu einer
Unterbrechung der Ketonkörperbildung führen.
 pH – Anstieg mit Kaliumeinstrom in die Zelle
 bestehende absolute Hypokaliämie wird verstärkt
 lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen
 Keine Infusionen von freiem Wasser !
 Gefahr des Hirnödems
 Keine präklinische Bicarbonatgabe ohne BGA !
 Überkorrektur könnte gefährliche Hypokaliämie und -phosphatämie
verursachen
Mortalität unter ICU-Überwachung :
 Ketoazidotisches Koma :
 Hyperosmolares Koma :
ca. 5 %
ca. 15 % ( höhere Co-Morbidität )
3
1.2.
Hypoglykämisches Koma
→ Ansteigende Inzidenz von Hypoglykämien durch die Etablierung der
“Intensivierten Konventionellen Insulintherapie“ ( ICT ) zur Vermeidung von
Spätschäden.
→ Selten sind Spontanhypoglykämien außerhalb von diab. Grunderkrankungen
→ Hypoglykämie beim gut eingestellten Diabetiker : unter 40 – 60 mg/dl
→ Entscheidend ist nicht der Absolutwert !
Schlecht eingestellte Diabetiker zeigen u.U. bei „Normoglykämie“ bereits
Hypo-Zeichen. ( Wichtig Überblick aus BZ-Tagebuch ).
→ BZ-Werte < 20mg/dl können auch gleichzeitig eine schwere Hypoxie
bedeuten, da die Substratversorgung der Nervenzellen erlischt; dies kann
bereits nach 5 Minuten zu irreversiblen Schäden führen
→ 62 Episoden pro 100 Patientenjahre bei ICT
1.2.1. Therapie bei der Hypoglykämie
- Sicherung der Vitalfunktionen
- Glukosezufuhr je nach Situation i.v. oder oral
→ i.v. : 0,5 g/kgKG Glucose erhöht BZ um 100 mg/dl
Empfehlung : 50 % sofort, 50 % innerhalb von 1 – 2 Stunden
Bei Kindern sollte eher etwas mehr gegeben werden, da das
Gesamtkörperwasser höher ist.
- BZ – Messung wegen Umverteilungsvorgängen frühestens nach 20 Min.,
sonst sind falsch hohe Werte zu erwarten
- Wenn nach 20 Min. keine Besserung eingetreten ist, differentialdiagn.
an Apoplex, ICB oder Intoxikation denken.
- Glukosezufuhr bei milden Hypos oral :
→ 0,2 l Fruchtsaft ≈ 20 g, Cola 0,33ml ≈ 30 g,
1 Täfelchen Traubenzucker ≈ 5 g Glukose
- Glukagon i.m. ist präklinisch nicht sinnvoll bei schwerer Hypoglykämie,
da nach Erschöpfung der Glykogenreserven keinen BZ-Anstieg mehr zu
erwarten ist.
4
1.2.2. Procedere nach der Behandlung
Auf eine Klinikeinweisung kann u. U. verzichtet werden bei :
- Diätfehlern
- gesteigerter, ungewöhnlicher oder unangepasster körperlicher
Aktivität
- Spritzfehler
- guter Patientencompliance und intaktem Umfeld
- orale Nahrungsaufnahme ohne weiteres möglich ist und
gesicherter oraler Zufuhr mit engmaschigen BZ-Kontrollen
_______________________________________________________________
Ursachen für eine Hypoglykämie______________________________________________
Pharmakologisch-toxische Ursachen__________Ursachen von Spontanhypoglykämien_
- Diätfehler
1. Gesteigerter Glukosemetabolismus
- Unangepasste körperliche Belastung
- organischer Hyperinsulinismus
- Gastrointestinale Erkrankungen
→ Insulinproduzierender Tumor
- Alkoholexzess (Glucogenesehemmung)
- Extrapankreatische Tumore
verstärkt durch Nahrungskarenz
2. Verminderte Glukoseproduktion
- Insulinüberdosierung
- Schwere Leber-, Niereninsuffizienz
- Fehlerhafte Injektionstechnik
- NNR-Insuffizienz
i.v. oder i.m. statt s.c.
- Hypophysenvorderlappeninsuffizienz
- Überdosierung oraler Antidiabetika
- Angeborene Enzymdefekte
(v.a. Sylfonylharnstoffe)
3. Reaktive Hypoglykämie
- Medikamenteninteraktionen (ACE-Hemmer,
- Spätdumping nach Magenresektion
Sulfonamide, nichtselektive β-Blocker, NSAR; - Magenentleerungsstörungen bei
Fibrate....)
diabetischer Neuropathie
2. Schilddrüsenstörungen
2.1.
Hyperthyreote / Thyreotoxische Krise
→ Exazerbation einer bestehenden Hyperthyreose
→ vorwiegend bei thyreodidaler Autonomie oder bei immunogener Hyperthyreose auftretend, wobei der Übergang fließend ist
→ Häufig Folge einer Jodexposition ( in 50% KM, Desinfektionsmittel,
Dermatika, Rhinologika )
→ Folge einer Stresssituation ( Trauma, Operation, Infektion, Sepsis )
→ Überdosierung der Schilddrüsenmedikation ( Hyperthyreosis factitia )
→ Akut lebensbedrohliche Situation :
- SD – Hormone erhöhen die Expression von β-adrenergen Rezeptoren
- erhöhte Sensitivität gegenüber Katecholaminen mit daraus resultierenden hyperdynamen Kreislaufverhältnissen
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2.1.1 Diagnose
Diagnose ist präklinisch allenfalls verdachtsweise möglich. Eine endgültige
Diagnose ist letztlich nur anhand der klinischen Befunde in Verbindung mit
einer schon bestehenden SD-Erkrankung zu stellen
2.1.2. Symptomatik
Symptomatik basiert auf der krisenhaften Stoffwechselsteigerung, der
Regulationsstörung der Katecholaminwirkung und der konsekutiven NNRInsuffizienz.
Typische Symptome sind :
- Unruhe
- Hyperthermie
- Hyperhidrose
- Tachykardie, Tachyarrhythmie mit konsekutiver Herzinsuffizienz
- Angst
- Wechsel von Apathie mit Agitationsphasen
- Nausea
- Diarrhoe
- Schock
- ggf. tiefes Koma
Leitsymptome :
- Tachykardie > 100/min
- Hyperthermie
- ZNS - Symptomatik
- gastrointestinale Probleme
2.1.3. Therapie
- präklinisch mangels Thyreostatika rein symptomorientierte Therapie
- β-Blocker ( wirkt auch auf bestehende Hyperthermie und Agitation )
- Fiebersenkung mit Metamizol ( ASS verhindert Bindung der SD Hormone an ihr Transportprotein )
- Flüssigkeitssubstitution ( RL, Haes, NaCL 0,9 % ) initial 500 ml –
1000 ml
- Prednisolon 250 mg i.v.
- evtl. Sedierung mit Midazolam
- Einweisung auf Intensivstation bei V.a. Thyreotoxische Krise
→ Nicht die Therapie ist schwierig, sondern die Diagnosestellung
Letalität : In Abhängigkeit von Schwere der Verlaufsform und Alter
zwischen 5 und 50 % !
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2.2.
Myxödemkoma / Hyperthyreote Krise
Das Myxödemkoma tritt extrem selten auf und ist regelmäßig eine Exazerbation
einer länger bestehenden Hypothyreose.
Meist liegt eine Autoimmunthyreoditis ( Hashimoto ) zu Grunde.
Möglich ist auch eine iatrogene Ursache als Folge einer Radiojodtherapie oder
einer radikalen Schilddrüsenresektion.
2.2.1 Symptomatik
-
blasser, hypothermer Patient
struppige Haare
Alopezie
starke Hypoventilation durch inadäquate Atemstimulation mit Zeichen
der globalen Ateminsuffizienz ( pO2 ↓, pCO2 ↑ )
Reizleitungsstörungen mit Bradykardie
Hypotonie
häufig Hypoglykämie
Herzinsuffizienz ( verminderte Auswurfleistung )
Myxödem ( nicht wegdrückbare prätibiale und periorbitale Ödeme )
Bewusstseinsstörungen wie Desorientiertheit, Lethargie, Psychose bis
zu Komazuständen
2.2.2. Therapie
Absolut im Vordergrund steht die respiratorische Insuffizienz
- Beatmung bei Hypoventilation
- Kreislaufstabilisierung mit Katecholaminen in erhöhter Dosierung
- Flüssigkeitssubstitution
- Glucocorticoidgabe, z.B. Prednisolon 250 mg
- Einweisung auf ICU
3.
Störungen des Kalziumstoffwechsel
3.1.
Hyperkalzämische Krise
Bedrohliche Erhöhung des Ca – Spiegels bei Werten > 3,5 mmol/l
3.1.1 Ursachen
- meist paraneoplastisches Syndrom in 60 %
- primärer Hyperparathyreoidismus (pHPT) in 30 %
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- chronische Niereninsuffizienz
8 – 40 % aller Tumorpatienten entwickeln eine Hyperkalzämie, besonders beim
Plasmozytom, Mamma-Ca und beim nicht kleinzelligen Bronchial-Ca.
Pathomechanismen
- Osteolyse
- humorale Faktoren ( z.B. parathormonähnliches Peptid )
- Motor für Entwicklung ist die Dehydratation ( Folge von ADH Resistenz der Niere, red. Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme durch
Übelkeit und Erbrechen )
3.1.2. Symptome
-
Adynamie bis zur Tetraplegie
Bewusstseinsstörungen bis Koma
initial Polyurie, Polydipsie
später Exsikkose und Oligo-/Anurie
Halluzinationen, Delir
unspezifische Prodromi wie Muskelschwäche, Adynamie, Oberbauchschmerzen, Inappatenz, Übelkeit, Erbrechen, Konzentrationsschwäche,
Arrhythmie, Tachykardie, Verlängerung des QT-Intervalls
3.1.3. Therapie
- Rehydratation am wichtigsten mit NaCl 0,9% oder RL
- Wiederherstellen der Vitalfunktionen
- forcierte Diurese mittels Schleifendiuretika plus NaCl 0,9%
3.2. Hypokalzämie / Tetanie
2 Varianten der Tetanie sind möglich :
 Hypo – und normokalzämische Tetanie
3.2.1. Hypokalzämische Tetanie
 Gesteigerte neuromuskuläre Erregbarkeit vor allem der quergestreiften
Muskulatur, aber auch Krämpfe der gatten Muskulatur selten möglich
3.2.1.1. Ursachen
- Hyperparathyreoidismus
- Störungen des Vitamin D Stoffwechsels durch
8
→ Mangel
→ Malabsorption
→ Chronische Niereninsuffizienz
→ Leberfunktionsstörungen
- Elektrolytstörungen :
→ Hypomagnesiämie ( < 1mg/dl )
→ Hyperphosphatämie
- Vermehrte Bindung von Kalzium :
→ bei metabolischer und respiratorischer Alkalose
→ bei akuter Pankreatitis
3.2.1.2. Symptome
- periorale und akrale Kribbelparästhesien
- Hand- und Fußspasmen ( „Pfötchenstellung“ ) bis zu tonischen,
fokalen oder generalisierten Krampfanfällen
- Laryngospasmus
- Kardiovaskuläre Symptome wie Hypotension, verminderte Kontraktilität des Myokard, bradykarde Rhythmusstörungen, ST- und QTVerlängerungen
3.2.1.3. Therapie
- Kalziumglukonat 10 % oder Kalziumchlorid 10 % i.v. (10 – 40 ml)
- ggf. Sedierung mit Midazolam
3.2.2. Normokalzämische Tetanie
3.2.2.1.
-
Symptome
Tachypnoe
„Lufthunger“
Thorakales Druckgefühl, Enge, ggf. typische pectanginöse
Beschwerden  Differentialdiagnose !
Häufiger Junge Patienten ( 2. – 3. Lebensjahrzehnt )
weiblich : männlich 3 : 1
periorale Missempfindungen, Kribbelparästhesien, ggf „Pfötchenstellung“
meist in Verbindung mit psychischer Stresssituation
3.2.2.2. Pathophysiologie
- respiratorische Alkalose durch vermehrte CO2-Abatmung
- dadurch vermehrt freies (ionisiertes) Kalzium an Albumin
gebunden
 relative Hypokalzämie
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3.2.2.3. Therapie
Nach Ausschluss anderer Ursachen ( z.B. Hyperventilation beim ACS
oder bei LEB ) :
- Verbale Beruhigung
- CO2-Rückatmung über Plastikbeutel
- ggf. vorsichtige Sedierung z.B. mit Midazolam
- Keine Kalziumgabe
4.
Erkrankungen der Nebenniere
4.1.
Nebennierenrindeninsuffizienz / Morbus Addison
 Ausfall der NNR – Sekretion ( Cortisol, Aldosteron )
 Häufigste Form : Morbus Addison
Primär :
- Folge einer Autoimmunadrenalitis
- seltener durch metastatische Destruktion oder Infektion (Tbc)
Sekundär : - durch Beeinträchtigungen der hypothalamisch – hypophysären
Achse durch Raumforderungen
- vor allem aber durch plötzlichen Cortisolentzug bzw. Nichtanpassung der Dosis an außergewöhnliche Belastungen bei
Langzeitbehandlung mit Steroiden
Inzidenz : - 1 : 8 000 bis 20 000
 Nur bei der primären Form kommt es durch die ACTH- und MSHbedingt Stimulation zur charakteristischen Braunfärbung der Haut und
der Schleimhäute des Morbus Addison
 Bei der sekundären NNR-Insuffizienz spricht man vom „weißen
Addison“
4.1.1. Addison – Krise
 Entsteht auf dem Boden einer latenten NNR-Insuffizienz durch Mehrbedarf an Cortisol
 Ausbruch bei Belastungssituation ( s.o. ) in Kombination mit der typ.
Hyperpigmentierung
 selbst 9 – 12 Monate nach Beendigung einer Cortisontherapie möglich,
daher gilt : „In dubio pro substitutione“
10
4.1.1.1.
-
Leitsymptome
Adynamie
Hypovolämischer Schock
Koma
Hypoglykämie
vorangegangener Gewichtsverlust
4.1.1.2. Therapie
 rasche Substitution von Glukocorticoiden und Flüssigkeit
- Sicherung und Wiederherstellung der Vitalfunktionen
- Prednisolon 25 – 50 mg i.v. oder Dexamethason 4 mg i.v.
- Volumenersatz mit kaliumfreier kristalloider Lösung, ggf Kolloide
- Glucose 40 % bei Hypoglykämie
4.2.
Phäochromozytom
 seltener meist gutartiger Tumor ( 85 % ) des chromaffinen Gewebes
 überschießende Produktion und Sekretion von Katecholaminen
( Adrenalin, Noradrenalin und seltener Dopamin )
 kontinuierliche oder paroxysmale Ausschüttung der Hormone
 beim Leitsymptom „hypertensive Krise“ immer differentialdiagn. an
Phäochromozytom denken
4.2.1. Symptome
- Hypertonie, paroxysmal oder persistierend mit Krisen
- Palpitationen, Kopfschmerz
- Schweißausbrüche, Blässe (Akren)
- Hochdruckenzephalopathie mit Sehstörungen, Bewusstseinsstörungen
- Hypermetabolismus, Hyperglykämie, Gewichtsabnahme
4.2.2. Präklinische Therapie
 Erst Blutdrücke ab 220 syst. und 120 diast. Sollten behandelt werden
- Urapidil fraktioniert 10 mg-weise
- moderate Flüssigkeitszufuhr mit Kristalloiden
 Bei V. a. Phäochromozytom
- β-Blocker kontraindiziert, da hohe Nachlast ohne α-Blockade
zu Linksherzversagen führt
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5.
Hypophysäres Koma
 Hypophyseninsuffizienz, meist bedingt durch insuffiziente Substitution
einer bekannten Hypophysenstörung
 gezielte Anamnese nach
- Hypophysentumor
- Strahlentherapie des Schädels
- Entzündungen
- Sarkoidose
- Medikation
5.1.
Leitsymptome
- Bewusstseinstrübung bis zum Koma
- Hypotonie
- Bradykardie
- Hautblässe ( „weißer Addison“ )
- Muskelschwäche
- Übelkeit, Erbrechen, Obstipation
- Hypothermie
- Hypoventilation
5.2.
Therapie
 symptomorientiert, keine kausale Therapie ( s.a. NNR-Insuffizienz )
6. Fazit
 Präklinische Therapie bei endokrinilogischen Notfällen zielt in den meisten
Fällen auf die Symptome Bewusstseinsverlust, Dehydratation und ElektrolStörung
 Stabilisierung der Vitalfunktionen Atmung und Kreislauf im Vordergrund
 Wichtig ist das Erkennen der Differentialdiagnose
 Kausal behandelbar ist präklinisch nur die Hypoglykämie
 Bei jeder Bewusstseinsstörung und bei Krämpfen muss eine mögliche
Hypoglykämie in Betracht gezogen werden.
 Bei jeder ZNS-Störung muss ein BZ-Wert bestimmt werden
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