31.10.2008 + 03.11.2008 RA-Weiterbildung Neuroanatomie Anatomie Gehirn und Rückenmark (ZNS) Das Gehirn wird üblicherweise in sechs unterschiedliche Bereiche aufgeteilt: Großhirn (Telencephalon) mit unterschiedlichen Hirnlappen und Aufgaben: Stirnlappen mit Broca – Sprachzentrum Schläfenlappen mit Hörzentrum Scheitellappen mit Wernicke – Sprachzentrum und Lesezentrum Hinterhauptlappen mit Sehzentrum Zudem befinden sich am Großhirn die sogenannten Rindenfelder, unterteilt in motorisch, zur Steuerung der Skelettmuskulatur; die Nervenimpulse laufen dabei vom Gehirn zum Muskel (efferente Nervenbahnen) sensorisch, zur Verarbeitung der Sinneseindrücke welche von den Sinnesrezeptoren aufgenommen wurden (afferente Nervenbahnen) Zwischenhirn (Diencephalon), als Schaltstelle zwischen Großhirn und Hirnstamm, unterteilt in: Thalamus - hauptsächlich graue Substanz - alle Informationen vom Inneren und Äußeren des Körpers werden hier gesammelt, miteinander verschaltet und verarbeitet - Filterfunktion: nur für den Gesamtorganismus bedeutsame Erregungen können passieren, Schutz vor Signalüberflutung des Bewusstseins Hypothalamus - unterhalb des Thalamus; Steuerung zahlreicher körperlicher und psychischer Lebensvorgänge - Hypothalamussteuerung: zum Teil auf nervalem Weg über das vegetative Nervensystem; zum Teil hormonell - Ausschüttung von: Neurotransmitter, Neuropeptide und Hormone (ADH (Adiuretin), antidiuretisches Hormon)) - zentrales Bindeglied zwischen Nerven- und Hormonsystem - Kontrolle der Körperfunktionen: Körpertemperatur (Thermorezeptoren), Wasser- und Salzhaushalt (Osmorezeptoren), Kreislauf- und Blasenfunktion, GI – Trakt (Hormone), Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme (Durst-, Hunger- und Sättigungszentrum) Hypophyse Epithalamus Epiphyse Mittelhirn (Mesencephalon) Brücke (Pons) verlängertes Mark (Medulla oblongata) unterer Anteil des Hirnstamms, Übergang zum Rückenmark enthält Steuerungszentren für lebenswichtige Regelkreise und Reflexhandlungen, HerzKreislauf-, Atem-, Schluck-, Husten-, Nies- und Brechzentrum enthält zum Teil Sensoren für pH-Wert, O2- und CO2-Partialdruck Ursprungsgebiet der Hirnnerven VIII – XII Kleinhirn (Cerebellum) Verbindung von Groß- und Kleinhirn über quer verlaufende Faserbündel Ursprungsgebiet des III. – VI. Hirnnerven sowie Teile der Formatio reticularis in der hinteren Schädelgrube unterhalb des Hinterhauptlappens des Großhirns Das Kleinhirn reguliert gemeinsam mit dem Großhirn die Grundspannung der Muskeln und stimmt Bewegungen aufeinander ab. Mit Hilfe der Informationen aus dem Gleichgewichtsorgan steuert es die Körperstellung zur Aufrechterhaltung des Gleichgewichts. Rückenmark (Medulla spinalis) Verbindung zwischen Gehirn und Rückenmarksnerven Leitung von Nervenimpulsen (Gehirn – Peripherie, Peripherie – Gehirn) entspringt als zentimeterdicker Strang am Foramen ovale und zieht im Wirbelkanal nach unten über die gesamte Länge entspringen 31 Nervenwurzelpaare, die sich zu den Spinalnerven vereinigen 1 31.10.2008 + 03.11.2008 RA-Weiterbildung Unterteilung in 31 Rückenmarksegmente mit eigenen Reflex- und Verschaltungszentren Halssegmente (C1 – C8) Versorgung vom Atemmuskulatur (N. phrenicus) und obere Extremitäten Brustsegmente (Th1 – Th 12) Versorgung des größten Teils der Rumpfwand Lenden- (L1 – L5) und Kreuzbeinsegmente (S1 – S5) Versorgung der unteren Extremitäten, äußere Geschlechtsorgane und After 1-3 Steißbeinsegmente Versorgung der Haut über dem Steißbein Die 12 Hirnnerven I. II. III. IV. V. VI. N. olfactorius N. opticus N. oculomotorius N. trochlearis N. trigeminus N. abducens VII. VIII. IX. X. XI. XII. N. fascialis N. vestibulocochlearis N. glossopharyngeus N. vagus N. accessorius N. hypoglossus Funktion von Neuronen und Synapsen neuronale Leitung Grundelement zur Informationsübertragung im Nervensystem ist das Neuron (Nervenzelle). Die Fähigkeit, Informationen in Form von elektrischen Signalen aufzunehmen, zu verarbeiten und weiterzuleiten, beruht auf elektrischen und biochemischen Vorgängen. Jedes Neuron besitzt eine Empfangesseite und eine Seite zur Weiterleitung über die Synapsen. Damit ein Neuron Informationen in elektrische Impulse umwandeln kann, müssen zwei unterschiedliche „Schaltzustände“ vorhanden sein: Ruhepotenzial („Aus“) und Aktionspotenzial („Ein“). Diese unterschiedlichen Ionenkonzentrationen werden mittels der Natrium-Kalium-Pumpe konstant gehalten: RUHEPOTENZIAL Spannung der Zellmembran: - 70 mV Zellinnere negativ geladen K+-Konzentration innen 40-mal höher als außen Na+-Konzentration außen 12-mal höher als innen 2 31.10.2008 + 03.11.2008 RA-Weiterbildung Durch diese Konzentrationsunterschiede entstehen automatisch Diffusionskräfte, die z.B. K+-Ionen nach außen und Na+-Ionen nach innen treiben, doch zum Glück begrenzt sich der Kaliumausstrom im Ruhezustand von allein: Die negative Ladung an der Zellmembraninnenseite nimmt zu und wirkt dadurch einem weiteren Ausstrom entgegen. Durch das steigende elektrische Ungleichgewicht setzt der Kalium-Rückstrom ein und ein Gleichgewicht ist wieder hergestellt. AKTIONSPOTENZIAL = Anstieg des Membranpotenzials wird ein bestimmter Spannungswert erreicht, kommt es zum Aktionspotenzial Na+-Ionen strömen ins Zellinnere in hoher Anzahl, es entsteht eine positive Ladung im Zellinneren (+ 30 mV) (Depolarisation) Am Axon (Ausgangsseite des Neurons) öffnen sich Natriumkanäle, weswegen die Leitfähigkeit für Na+-Ionen explosionsartig zunimmt und Na+ durch die intrazelluläre negative Ladung ins Zellinnere einströmt. REPOLARISATION Damit nach einer Signalgebung nun auch der Ruhezustand wieder hergestellt werden kann, nimmt die Leitfähigkeit der Zellmembran für Na+-Ionen am Höhepunkt der Depolarisation schlagartig wieder ab und die Leitfähigkeit für K+-Ionen steigt kurzfristig stark an. Der Na+-Einstrom wird dadurch gestoppt und K+-Ionen können ausströmen. Das RUHEPOTENZIAL ist wieder hergestellt. es wird kurzzeitig mehr K+ rausgeschmissen um den Na+-Einstrom zu stoppen Während und unmittelbar nach einem Aktionspotenzial ist ein Neuron nicht erneut erregbar. Dadurch werden eine „Dauererregung“ und das zurückwandern des Aktionspotenzials zum Zellkörper verhindert. 3 31.10.2008 + 03.11.2008 RA-Weiterbildung synaptische Leitung an Muskelzellen und Drüsen Zur Leitung von Nervenimpulsen zu Muskelzellen und Drüsen werden Neurotransmitter benötigt, denn zwischen einer Synapse und der zu erregenden Muskelzelle befindet sich der synaptische Spalt, welcher nicht von Elektrizität überwunden werden kann. Die Neurotransmitter werden aus den Vesikeln in den synaptischen Spalt freigesetzt und erregen die motorische Endplatte des Erfolgsorgans. Damit es jedoch nicht zu einer „Dauererregung“ des Erfolgsorgans kommt, wird das Acetylcholin nach der Erregung durch das Enzym Acetylcholinesterase wieder von der motorischen Endplatte getrennt, zum Synapse zurückgeleitet und dort zur mehrfachen Verwendung aufbereitet. Neurotransmitter Neurotransmitter = Botenstoffe, welche in der Synapse freigesetzt werden und auf die motorische Endplatte erregend oder hemmend wirken sind wesentlich an der Steuerung unseres Befindens und Verhaltens beteiligt DIE KLASSISCHEN NEUROTRANSMITTER Glutamat (Aminosäure) Beteiligung an Lern- und Gedächtnisfunktionen Acetylcholin Übertragung von efferenten Nervenimpulsen auf den Muskel wirkt grundsätzlich erregend auf die nachgeschalteten Strukturen Noradrenalin vorwiegend erregend im ZNS steuert es Aufmerksamkeit und Wachheit sympathische Neuronen benutzen es als Überträgerstoff Ausschüttung als Hormon gemeinsam mit Adrenalin vom Nebennierenmark Serotonin periphere und zentrale Wirkung im ZNS Reglung von Körpertemperatur, Schlaf und Gefühlen Dopamin erregender Neurotransmitter Steuerung von emotionalen und geistigen Reaktionen GABA (Gamma-Aminobuttersäure) hemmender Neurotransmitter, welcher nach der Repolarisation kurzfristig eine Hyperpolarisation hervorruft Nervensystem Das Nervensystem im Allgemeinen stellt einen Oberbegriff zu einer Unterteilung des Gesamtsystems dar: 4 31.10.2008 + 03.11.2008 RA-Weiterbildung Sympathikus und Parasympathikus SYMPATHIKUS ORGAN PARASYMPATHIKUS positiv inotrop und chronotrop Vasokonstriktion Vasodilatation leichte Vasokonstriktion Vasodilatation verminderte Sekretion Tonus/Peristaltik vermindert verminderte Sekretion Ejakulation --erweitert Herzmuskel (ß1) Haut- und Schleimhautgefäße Muskelgefäße Hirngefäße Bronchien (ß2) Speicheldrüse Magen-Darm-Trakt Verdauungsdrüsen Sexualorgane beim Mann Tränendrüsen Pupille negativ inotrop u. chronotrop ------Vasokonstriktion vermehrte Sekretion Tonus/Peristaltik erhöht vermehrte Sekretion Erektion vermehrte Sekretion normal Die hirnumhüllenden Schichten Das empfindliche Nervengewebe von Gehirn und Rückenmark liegt geschützt im knöchernen Schädelraum bzw. Wirbelkanal. Zusätzlichen Schutz bieten drei bindegewebige Hirnhäute, die Meningen, die Gehirn und Rückenmark bedecken. Von außen nach innen sind dies Dura mater (harte Hirnhaut) Rückenmark - besteht aus zwei Blättern (äußeres und inneres Blatt) - das äußere Blatt liegt dem Wirbelkanal innen an - das innere Blatt umgibt den bindegewebigen Rückenmarkschlauch und die Wurzeln der Spinalnerven - dazwischen liegt der Epiduralraum*, welcher Fett und Bindegewebe enthält und als Polster bei der Wirbelsäulenbewegung dient Schädel - zwischen Schädelknochen und Dura mater → EPIDURALRAUM - beide Blätter fest zu einer Haut verwachsen, die dem Schädelknochen als innere Knochenhaut anliegt - Trennwand zwischen den großen Hirnabschnitten um die Hirnteile bei Bewegung des Kopfes in ihrer Position zu halten - an manchen Stellen sind die Durablätter voneinander getrennt und fangen in starrwandigen Kanälen (Sinus) das Venenblut aus dem Schädelraum auf und leiten des über die V. jugularis interna der V. cava superior zu Arachnoidea (Spinnenwebenhaut) - zwischen Arachnoidea und Dura mater → SUBDURALRAUM fast gefäßlos und liegt innen an der Dura mater an im Bereich der Sinus stülpen sich Arachnoidalzotten in den venösen Raum vor, aus denen der Liquor aus den Hohlräumen von Rückenmark und Gehirn ins Venensystem abgeleitet wird 5 31.10.2008 + 03.11.2008 RA-Weiterbildung Pia mater (weiche Hirnhaut) - zwischen Arachnoidea und Pia mater → SUBARACHNOIDALRAUM enthält zahlreiche Blutgefäße und bedeckt unmittelbar die Oberfläche des Nervengewebes; sie folgt in alle Vertiefungen durchsponnen von feinen Arachnoidalfasern; gemeinsam mit dem Liquor bildet es eine stoßsichere Aufhängung des Gehirn in der Schädelhöhle RÜCKENMARKSNAHE LEITUNGSANÄSTHESIE Hierbei wir die enge räumliche Beziehung der Nervenwurzeln zueinander zur Schmerzausschaltung im Bereich des Unterbauchs, der unteren Extremitäten, der Geschlechtsorgane und der Analgegend genutzt. PERIDURALANÄSTHESIE (EPIDURALANÄSTHESIE) Lokalanästhetikum wird in den Epiduralraum im LWS-Bereich gespritzt SPINALANÄSTHESIE Punktion des liquorhaltigen Subarachnoidalraums im LWS-Bereich unterhalb des Rückenmarks Liquor und Liquorräume Liquor klare, farblose Flüssigkeit, die die Hohlräume im Gehirn sowie den Subarachnoidalraum auffüllt stützt und schützt das Nervengewebe vor Stoß, Reibung und Druck wichtige Stoffaustauschfunktion zwischen Blut und Nervengewebe: erhält Nährstoffe aus dem Blut, versorgt damit das Gehirn und transportiert Stoffwechselprodukte ab Bildung im Kapillargeflecht der Pia mater; durchströmt die Ventrikel und gelangt in den Subarachnoidalraum Resorption über die Arachnoidalzotten und Ableitung in den Sinus Liquorräume man unterteilt den äußeren und inneren Liquorraum voneinander: - äußerer Liquorraum umschließt Gehirn und Rückenmark - innerer Liquorraum Ventrikelsystem und Zentralkanal im Rückenmark - Blut-Liquor-Schranke Liquor wird durch Filtrations- und Sekretionsvorgänge aus dem Blutplasma gebildet Schutz des Nervengewebes vor schädlichen Stoffen durch Blut-Liquor-Schranke (Blut-HirnSchranke) - diese kann im Regelfall nur von einigen wenigen liquorgängigen Medikamenten passiert werden, sofern sie nicht im Rahmen einer Meningitis entzündliche verändert und damit undicht ist Die Blutversorgung des ZNS Das Gehirn hat einen sehr hohen O 2-Bedarf und reagiert gleichzeitig sehr empfindliche auf O 2-Mangel: Schon Unterbrechungen der O2-Zufuhr für wenige Minuten kann zu irreparablen Zellschäden mit neurologischen Ausfällen bei hin zum Hirntod führen. 6 31.10.2008 + 03.11.2008 RA-Weiterbildung Neurologische Notfälle CEREBRALER KRAMPFANFALL DEFINITION: unkontrollierte, synchronisierte Nervenzellaktivität in einem bestimmten Gehirnareal die Beschwerden hängen davon ab, welche Funktion das betroffene Hirnareal normalerweise hat URSACHEN: Reizüberflutung des Gehirns; Hypoxie; Intoxikationen; Hypoglykämie KRAMPFARTEN: fokal (einseitig, auf einzelne Muskelgruppen beschränkt), generalisiert (gesamter Körper, Ausbreitung über die gesamte quergestreifte Muskulatur) SYMPTOME: Aura; bei Beginn Zungenbiss möglich; tonische Krämpfe (Streck- und Beugekrämpfe); Atemstillstand; Übergang in klonische Krämpfe (Muskelzuckungen) nach 30s; evtl. blutiger Schaum vor dem Mund; 1-2 Minuten danach Muskelerschlaffung; Nachschlafphase (Bwlk) MASSNAHMEN: Patienten auskrampfen lassen wenn nötig; Maßnahmen gemäß NF-Code + i.v.-Zugang in NK, Notarztalarmierung (bewusstloser Patient) MEDIKAMENTE: Benzodiazepine: Diazepam [Diazepam], Midazolam [Dormicum], ggf. Narkose mit Thiopental [Trapanal] SCHLAGANFALL (APOPLEX) DEFINITION: zugrunde gehen von Hirngewebe durch eine Störung der arteriellen Durchblutung URSACHEN: Einengung oder Verschluss der A. cerebri media, anterior, posterior oder A. vertebralis infolge Arteriosklerose; seltener Hirnarterienblutung SYMPTOME: oft plötzliche sensible/motorische Ausfälle (Lähmungen, Taubheit, Kribbeln) einer Körperhälfte A. cerebri media: „hängender Mundwinkel“ mit ungehindertem Speichelfluss; Herdblick; Sprach- und Wortfindungsstörungen; A. cerebri anterior: häufig Inkontinenz; psych. Störungen; Orientierungsverlust; „schwere Gliedmaßen“ A. vertebralis: Übelkeit; Schwindel; Gleichgewichtsstörungen; Schluck-, Sprach- und Sehstörungen; Gesichtsfeldausfall (A. cerebri posterior) SAB: plötzlich starke Kopfschmerzen, Schweißausbruch; Übelkeit; Erbrechen im Schwall; früher Bewusstseinsverlust; initialer Krampfanfall; Nackensteifigkeit M ASSNAHMEN: Maßnahmen gemäß NF-Code; Notarzt; i.v. Zugang Transport unter Voranmeldung in Stroke Unit oder neurologische Abteilung 7 31.10.2008 + 03.11.2008 RA-Weiterbildung Schädel-Hirn-Trauma (SHT) Definition SHT ist der Oberbegriff für gedeckte bzw. offene Schädelverletzungen mit Gehirnbeteiligung. Die Einteilung erfolgt nach Schweregraden, bezogen auf die Dauer der posttraumatischen Bewusstlosigkeit, welche Rückschlüsse auf die Prognose des SHT erlaubt: → oberflächliche (meist stark blutende) Fleischwunde ohne Knochenbeteiligung (KoPlaWu) → Verletzung der knöchernen Strukturen (z.B. Schädelbasisfraktur) → gedecktes SHT (Hirnfunktionsstörungen ohne Verletzungen der Dura mater) → offenes SHT (Verletzungen der Dura mater, dadurch Verbindung der Liquorräume zur Umwelt) Einteilung des Schweregrades nach Tönnis / Loew Grad I: Bewusstlosigkeit < 1 Std., flüchtige Symptomatik (3 – 4 Tg.), keine Restbeschwerden Grad II: Bewusstlosigkeit < 24 Std., cerebrale Symptomatik klingt nach 3 Wochen ab, meist keine Restbeschwerden Grad III: Bewusstlosigkeit < 1 Wo., cerebrale Symptomatik länger 3 Wochen, meist Defektsyndrom Grad IV: Bewusstlosigkeit > 1 Wo., schweres Defektsyndrom Beurteilung eines Patienten mit V.a. SHT anhand der Glasgow-Coma-Skale (GCS) Beurteilt werden die Patienten anhand von 3 Kriterien, maximal können 15 Punkte, minimal 3 Punkte erreicht werden Augen öffnen spontan auf Aufforderung auf Schmerzreiz fehlend orientiert desorientiert inadäquate Worte unverständlich keine auf Aufforderung gezielt auf Schmerzreiz normale Beugereaktion atypische Beugemechanismen Streckmechanismen keine Sprache Motorik 15 12 8 - 13 9 3 Punkte Punkte Punkte 4 3 2 1 5 4 3 2 1 6 5 4 3 2 1 leichtes SHT mittelschweres SHT schweres SHT schon bei einem mittelschweren SHT sollte man ggf. an die Intubation denken, bzw. schon mal Intubationsbereitschaft herstellen Bei bewusstlosen Patienten wird bei einem GCS <9 grundsätzlich intubiert!!! 8 31.10.2008 + 03.11.2008 RA-Weiterbildung Primäre und sekundäre Hirnschädigungen primäre Hirnschädigungen primäre Hirnschäden kommen direkt bei der Gewalteinwirkung auf die knöchernen Strukturen des Schädels zustande. es kommt zu Weichteilverletzungen, Frakturen, Verletzungen der Hirnhäute, Zerstörung der Hirnsubstanz und Gefäßverletzungen sowie Blutungen im Gehirn Möglichkeiten für Schädelfrakturen mit direkten, primären Hirnschädigungen a) Fissur b) Impressionsfraktur c) Lochfraktur d) Berstungsfraktur e) Querfraktur f) Längsfraktur sekundäre Hirnschädigungen intrakranieller Druckanstieg infolge von sich durch die Gewalteinwirkung bildenden Hämatomen oder posttraumatische Hirnödeme (liegt unter physiologischen Bedingungen zwischen 6 – 18 mmHg) ein Hirndruckanstieg bedeutet gleichzeitig Hypoxie und Minderperfusion des Gehirns durch Druck auf die Hirnarterien epidurales Hämatom Blutung zwischen Schädeldach und Dura mater mit Verdrängung von Hirngewebe subdurales Hämatom Blutung zwischen Arachnoidea und Dura mater mit Verdrängung von Hirngewebe Subarachnoidalblutung Blutung zwischen Arachnoidea und Pia mater intracerebrale Blutung allgemeine Blutung im Gehirn 9 31.10.2008 + 03.11.2008 RA-Weiterbildung SHT-Diagnostik prägnante Symptome einer Hirnschädigung können sein: verminderter Allgemeinzustand des Patienten (wie sieht der Patient aus?) Paresen (Hemiparese) Sprachstörungen Übelkeit, Erbrechen Bewusstseinstrübungen Atemstörungen (Blutungen oder Verletzungen können auf die Medulla oblongata und damit aufs Atemzentrum drücken (Cheyne-Stokes-Atmung & Biot-Atmung möglich)) Anzeichen für einen gesteigerten Hirndruck (Hirndruckzeichen): Eintrübung bis zur tiefen Bewusstlosigkeit Kopfschmerzen, evtl. Nackensteifigkeit (positiver Brudzinski = beim passiven anheben des Kopfes auf die Brust werden reflektorisch die Beine angezogen (Hinweis auf Reizung oder Spannung der Hirnhäute)) Übelkeit, Erbrechen Cushing-Reflex (Druckpuls) = RR-Anstieg mit Verlangsamung der HF Auftreten pathologischer Atemmuster (Cheyne-Stokes-Atmung, Biot-Atmung) bis hin zur Apnoe generalisierte Krampfanfälle möglich auftreten pathologischer Reflexe (Brudzinski, Lasègue, Babinski), später erlöschen sämtlicher Reflexe Pupillenerweiterung, später erloschen der Lichtreaktion Pupillendiagnostik 10 31.10.2008 + 03.11.2008 RA-Weiterbildung SHT – Was tun? Maßnahmen beim isolieren SHT Durchführung aller Basismaßnahmen gemäß NF-Code situationsabhängige Lagerung (Bwlk: Seitenlage, ansonsten Stifneck und Oberkörper hoch) i.v. – Zugang Narkose erwägen (dabei darauf achten, dass bei der Intubation keine Hirndrucksteigerung provoziert wird, medikamentöse Hirndrucksenkung erwägen, Normoventilation) geeigneter Transport schonender Transport, falls nötig und nicht anders zu erreichen auch für kurze Strecken RTH (z.B. Cushing-Reflex) geeignete Zielklinik neurologische oder neurochirurgische Fachabteilung mit Möglichkeit zur CT- und MRTUntersuchung Dokumentation W ICHTIG: kontinuierliche Beurteilung des Neurostatus anhand der GCS um einen Verlauf bestimmen zu können Therapieziel Es ist für ein gutes neurologische Outcome unabdingbar, dass folgende Dinge vermieden werden: Hypotonie: der systolische RR sollte in jedem Fall bei 120 mmHg liegen, der MAP >50 mmHg Hypoxie: SaO2 sollte >94% liegen Hyperkapnie der pCO2 sollte zwischen 30 – 35 mmHg (6 – 7 Vol%) liegen 11