PROTsechsBENNyII Liebe Kommiliton(inn)en ! Dieses Protokoll hat nun etwas länger gedauert. BennyII hat nach langer Arbeit erst am Sonntag morgen ‚geliefert’ und ich versuche, es jetzt am Sonntag abend vorzubereiten für die Homepage. – Die viele Arbeit, die sich BennyII nach eigener Aussage hat machen müssen , kann ich mir nur erklären, daß auch er den AdT-Text kaum gelesen hatte und daß er sich zudem von unserer Diskussion wenig Notizen gemacht hatte.– Das kann beides passieren. Wenn es nicht auf’’s Leben durchschlagen soll, dann muß man halt sehr fleißig arbeiten und üben. Zunächst einige Äußerlichkeiten: Erstens sollte man die Namen der Referenten nennen; es waren Christopher Brosig und Torsten Groß. Zudem sollte man sich kurz vergegenwärtigen,an welchem Punkt der AdT-Erörterungen wir stehen und welcher unmittelbare Teil noch folgen wird. Mein Vorschlag hierzu wäre: Im 1. Teil unserer Seminar-Lektüre ging es um: Äußere Voraussetzungen, Mitbringsel (Reli) und frühe Eigenleistungen (Constitution) der Demokratie in Amerika. Im 2. Teil geht es dann um: Gesellschaftliche Voraussetzungaen für die amerikansiche Demokratie und deren ambivalente Mehrheitsregel. Im 3. Teil wird dasThema lauten: Das Ob und Wie der Erhaltbarkleit der amerikanischen Demokratie angesichts der Probleme von indianischer Ureinwohnerschaaft und der Sklaverei. - Ein Vorteil solcher (frageförmigen) Überschriften ist halt, daß man sich am Ende eine Antwort als Zusammenfassung der AdT-Argumente überlegen kann. Ich kann diesmal nicht alles durchkorrigieren. Das würde fast ein zweites Protokoll. Aber an einigen Stellen werde ich schwerpunktartig einige Ergänzungen machen: So, jetzt folgt erstmal das Protokoll von BENJAMIN KULKA: PS Einführung in die politische Theorie von Tocqueville Dozent: Prof. Dieter Löcherbach Protokollant: Benjamin Kulka Protokoll zur Sitzung vom 27.5.2003 Referat über Bd.I, 2.Teil Kapitel 1-8 1) Die Parteien Tocqueville unterscheidet große und kleine Parteien, wobei er letztere mit Intrigen assoziiert. Auf der einen Seite machen sie durch große Agitation auf sich aufmerksam, agieren aber im politischen Gestaltungsprozess übervorsichtig und mutlos. Große Parteien dagegen sind Prinzipientreu, um das Allgemeinwohl bemüht. Partikularinteressen werden, obwohl sie laut Tocqueville auch bei großen Parteien eine wichtige Rolle spielen, mit dem Allgemeinwohl in Einklang gebracht. -2– Tocqueville führt weiterhin aus, da sich die USA in einer Periode relativer Sicherheit und Stabilität befänden, würden nun keine großen Parteien mehr existieren, da sich diese nur in Zeiten der Krise und großen Veränderungen bilden würden, während der Frieden die Domäne der kleinen Parteien sei. Er bedauert diesen Umstand, da dies zu „great gain in happiness but not in morality“ geführt hätte. Tocqueville unterscheidet zwei Meinungsrichtungen, nämlich die Tendenz, die Macht des Volkes zu beschränken, verkörpert durch die „Federalists“(Vorläufer der heutigen Republikaner) einerseits und die Meinungsrichtung die im Ggs dazu bestrebt ist, das Volk in größeren Maßen an Prozessen der politischen Willens- und Meinungsbildung partizipieren zu lassen, den „Republicans“(Vorläufer der heutigen Demokraten) andererseits. Diese beiden Lager existieren aber laut Tocqueville nicht nur in den USA, sondern in jedem Staat und die Diskussion sei so alt wie die Menschheit. DL: Die Feaderalists seien eine klassische (aristokratie-trächtige) Partei gewesen, ihre Theorien seien oft ‚inapplicable’gewesen, sie hätten aber mit ihrem überragenden Beitrag zur Abfassung der Verfassung: ein Dokument der Weisheit hinterlassen. 2) Die Pressefreiheit Tocqueville äußert sich vergleichsweise verhalten über die Pressefreiheit, er schätzt die Verhinderung der Nachteile größer ein als die Vorteile, die sie mit sich bringt (dieses Zitat wird auch heute noch gerne bei Diskussionen über die Macht der Boulevardpresse herangezogen). Die Presse ist zu Zeiten Tocquevilles in den USA noch relativ unterentwickelt, und bedingt durch die Tatsache, dass sie dezentralisiert ist nicht in der Lage, im Ggs zu Frankreich, einen Meinungsstrom zu erzeugen (ein Umstand, der sich aber zu Beginn des 20. Jahrhundert ändern wird). Tocqueville führt weiter aus, dass die amerikanische Presse weit weniger meinungsbildend wirkt, als z.B. in Frankreich. DL: AdT schreibt der Presse keine ‚generative Kraft’ zu; sie verhindere eher nur größere Übel in der Demkratie, als daß sie Gutes in ihr bewirke. Als Gründe für die spezifisch amerikanische Machtlosigkeit der Presse sieht AdT in der : Leichtgläubikeit der Amerikaner, die leichte Gründbarkeit von Zeitungen, die Zähigkeit von Vorurteilen, die schlechte Ausbildung der Journalisten, sowie die Hauptstadtlosigkeit der USA...... 3) politische Vereine und die Versammlungsfreiheit Durch die in das in der Verfassung verankerte Recht der Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit, kommt es in den USA zur Bildung einer Vielzahl von politischen Vereinen (political associations), die versuchen auf die Gesetzgebung ihren großen Einfluß geltend zu machen. Begünstigt wird diese Entwicklung durch die in den USA gängige Betonung des Individuums und seiner Rechte gegenüber dem Staat. -3– DL: Im Vereinswesen sieht AdT ein erstes Mittel, einer überstarken Mehrheit entgegenzutreten. M.a.W.: Ist jemand mit der Mehrheitsentscheidung nicht einverstanden, dann schließt man sich mit anderen zusammen (Assoziationsfreiheit), vertraut typisch amerikanisach auf die eigene Kraft, baut eine eigene Bewegung auf, mit der man irgendwann in der Zukunft selber die Mehrheit erringen kann. 4) Auswirkungen der Demokratie auf das Regierungssystem ((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((Der Grad der Qualifikation der Regierenden ist stark abhängig von dem Bildungsgrad der Regierten: Nur eine gebildete Bevölkerung ist in der Lage eine gute Wahl bei der Auslese von Kandidaten für wichtige Ämter zu treffen. Allerdings wirkt sich auch das seit der Unabhängigkeit nachlassende Interesse talentierter Amerikaner für solch eine Bewerbung negativ auf die Qualifikation der Regierenden aus. Als Grund für diese Entwicklung sieht Tocqueville u.a... mangelnde Sympathien gegenüber der Oberschicht, was diese wiederum davon abhält zu kandidieren. Die Beamten beziehen ein Gehalt, was Tocqueville für einen wichtigen Indikator für die Festigung der Demokratie in Amerika hält. Dies ermöglicht jedem den Zugang zur diesem Beruf. Weiterhin ist die Stellung der Beamten in der Gesellschaft abhängig von ihrer Kompetenz (sie tragen z.B. im Ggs. zu französischen Staatsdienern keine Uniform hinter der sie ihre Unfähigkeit verstecken können) auch weil die meisten Posten durch Wahlen vergeben werden (der Beamte hat im Ggs. zu Frankreich nicht die Interessen des Monarch gegenüber dem Volk zu vertreten sondern dient selber der Bevölkerung). Das Rechtsdenken ist durch die Teilhabe aller an Besitz besonders ausgeprägt(kontraktualistischer Ansatz, siehe Hobbes, Locke) Die Gesetze werden von dem amerikanischen Volk größtenteils respektiert, da es bei der Entstehung im Rahmen der repräsentativen Demokratie beteiligt ist. Außerdem spiegeln dadurch die Gesetze den Willen der Mehrheit wider. Ein weiteres Problem ist die Tatsache, dass das Diktat der Mehrheit ein destabilisierender Faktor für die Regierbarkeit eines Staates ist: Da die Mehrheit der einzige Kraft ist nach der sich die Regierenden richten müssen(begrenzt nur durch das (Grund)Recht, hierzu Später), werden in den USA die von dieser Mehrheit geforderten Gesetze oder Maßnahmen anfangs mit großem Enthusiasmus vorangetrieben, sobald sich aber die öffentliche Aufmerksamkeit einem anderem Themenkomplex zuwendet, sinkt auch in der Administration bzw. der Legislative das Interesse an einer ordnungsgemäßen und kompetenten Ausführung des Projekts.)))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))) DL: In den USA gebe es keine Debatte um die Dominanz von Prinzipien und Leidenschaften. ‚Democracy is given to the inclinations (S.187). Nach AdT bringt das allgemeine Wahlrecht keine guten Wahlergebnisse.Es bestehe zudem keine’ambition for offices’. Die Kosten des öffentlichen Lebens während einer Demokratie würden steiegen. Aber auch der Verdacht von Korruption. Wie konnte ein armer Mensch wie Andrew Jackson so reich werden als General, Politiker und Präsident.? Auf der anderen Seite erscheine eine Demokratie friedvoller und die Außenpolitik rationaler und berechenbarer. (z.B. MonroeDoktrin von 1823.) -4 5) Vorteile der Demokratie für die amerikanischa Gesellschaft. (((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((Die Kontinuität einer Regierungspolitik kann in den USA während der Jacksonian democracy nicht gewährleistet werden, da sich die Amtsinhaber in einem Dauerwahlkampf befinden und zum Teil jährlich wechseln. Die Regierenden sind dem ständig wechselnden Wille ebenfalls ständig wechselnden Mehrheit ausgeliefert, was die Unbeständigkeit der Politik zur Folge hat. Da der Volksherrschaft quasi keine Grenzen gesetzt sind, besteht die Gefahr, dass das Volk in seiner Allmacht sich selbst tyrannisiert. Das amerikanische Regierungssystem, insbesondere die Legislative steht unter dem Gebot der Mehrheit, welches durch die Proklamierung der Gleichheit aller Menschen durch die Gründungsväter dringend geboten ist. Diese moralische Autorität der Mehrheit basiert auf der auch schon von Aristoteles vertretenen Ansicht, dass die Weisheit im Volk als Ganzem im größeren Maßstab vorhanden sei als in einer einzigen Person oder einer kleinen Gruppe von Personen, wobei insbesondere der Aspekt der schon beschriebenen Gleichheit und Freiheit aller Menschen in den USA neben diesem rein funktionalistischen Gesichtspunkt besonders hervortritt. Daraus folgt auch ein relativ stark ausgeprägter Respekt der amerikanischen Bevölkerung vor dem Gesetz und der Mehrheit, deren Ausdruck das Gesetz nun einmal ist. Schließlich hofft ein jeder von einem Gesetz eines Tages selber zu profitieren bzw. selber zur Mehrheit zu gehören, sollte er es aktuell nicht tun. Dieses Rechtsempfinden führt allerdings zu gravierenden Problemen wie schon oben kurz angesprochen: Zu einem Sog der Mehrheit, im Extremfall einer Tyrannei, der sich keiner entziehen kann. Denn auch die Mehrheit der Menschen (es reichen bekanntlich 50,1%) ist auch nur eine Gruppe von Individuen die ihre Meinung bzw. Interessen gegen eine Minderheit (z.B. die anderen 49,9%) durchsetzen will. Tocqueville schreibt hier sogar, dass die Demokratie in dieser Hinsicht den Charakter der Menschen nicht ändert. Wenn zudem die Mehrheit die Moral für sich beansprucht, lässt sie der Minderheit nur die Unmoral. Omnipotenz, egal ob die eines Königs, der Aristokratie, oder eben der Mehrheit sieht Tocqueville als Gefahr für die Freiheit. Aber im Ggs. zu einer Monarchie hat die Mehrheit nicht nur physische sondern auch moralische Autorität, was den Anpassungsdruck an die Minderheit erhöht (siehe spätere Ausführung über die Meinungsfreiheit). Tocqueville bezeichnet demokratische Staaten als machtvoll (bedingt durch die Masse der Menschen die sie trägt) aber instabil (Monarchien vice versa). Die Gefahr für die Freiheit besteht darin, dass die Mehrheit die Minderheit soweit tyrannisiert, sodass diese sich wehrt, was einen Bürgerkrieg und Anarchie zu Folge hätte. Tocqueville zeigt als anschauliches Beispiel eine Person, oder eine Gruppe von Personen, die sich ungerecht behandelt fühlen und fragt, an wen sie sich richten können: Die öffentliche Meinung? Sie bestimmt die Mehrheit. Die Legislative? Sie repräsentiert die Mehrheit. Die Exekutive? Sie wird durch die Mehrheit gewählt. Die Polizei? Das ist die Mehrheit unter Waffen. Die Geschworenen? Hier nist die Mehrheit auch noch mit der Macht ausgestattet Recht zu sprechen. Sogar Richter Werden in manchen Bundesstaaten direkt vom Volk gewählt. Ein weiteres Problem ist der Status der Meinungsfreiheit Die Meinungsfreiheit ist in der „Bill of Rights“ fest verankert und gilt absolut. Trotzdem muss sich (nicht im rechtlichen Sinn) ein Amerikaner an dem Meinungsbild der Mehrheit orientieren. Im Ggs. zu Monarchien, bei denen man als Kritiker das Volk hinter sich weiß, wird man in den USA eben diese Mehrheit gegen sich haben. Der öffentliche Druck gegenüber einem „Abweichler“ ist enorm, was de facto die tatsächliche Meinungsfreiheit stark einschränkt. Unabhängiges Denken, was laut Tocqueville einen gro0en Politiker ausmacht, wird sich aber unter diesen Umständen nicht entwickeln, weswegen sich auch sie politische Klasse dem Diktat der Mehrheit beugt und in der Mittelmäßigkeit versinkt (siehe 4)) Das amerikanische Volk prostituiert sich dadurch selber und opfert eine eigene, unabhängige Meinung auf dem Altar der (Tyrannei der) Mehrheit. Dies alles illustriert die Macht der Mehrheit und ihre potentiell negativen Auswirkungen auf das Individuum. Doch wie schafft es die Minderheit trotz allem, dass seine Existenz gewahrt wird? Tocqueville schwebt ein Staat vor, dessen Legislative die Mehrheit des Volkes repräsentiert, aber nicht jede(n) Stimmung(sumschwung) und Launeberücksichtigen muss, eine starke Exekutive und, gaaanz Wichtig eine unabhängige Judikative. Hiermit kann dem Risiko der Bildung einer Tyrannei der Mehrheit einhalt gewährt werden))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))). DL: AdT untersucht die Vorteile der Demokratie für die amerikanische Gesellschaft anhand der Frage, warum die amerikanischen Republiken blühen ? 1 – Die Amerikaner unterscheiden zwischen der Demokratie als gutenm Ziel auf der einen Seite, und den relativen, z.T. auch schleachten Mitteln auf der anderen Seite, die man zur Erreichung des Zieles aufwendet. -5– 2 – Maßstab bei der Verwirklichung des Demokratie sei das ‚well-being of the greatest number’ (Dies ist eine begriffliche Übernahme aus dem englischen Utilitarismus von Jeremy Bentham, James Mill u.a um 1800 ff..) 3 – Bei den relativ schlechten und fragwürdigen Mitteln denkt AdT sogar an mögliche Laster. Er knüpft hierbei an die Überlegungen von B. de Mandeville in seiner ‚Bienenfabel’ an – bitte selber nachlesen !!!!) 4 - Wenn man die individuellen und die öffentlichen Interessen in Übereinstimmung bringen will, so geht dies nur über die Partizipation von Menschen, und zwar eine Partizipation, die nicht nur aus duty oder aus pride erfolgt, sondern die auch aus (vergl unseren Punkt zu den Lastern) c u p i d i t y (=aus Begehrklichkeit) erfolgen kann, die dann gerechtgertigt ist, wenn sie einen Nutzen für die Mehrheit der Menschen bringt. 5 - Hieraus ergibt nach AdT in Amerika eine Rechtfertigung vieler Dinge, die man aus Begehrlichkeit tut, z.B. der Erwerb von Eigentum, der in Amerika – aufgrund seiner Größe u.a. – eine viel selbstverständlichere Sache ist als in Europa,wo Denker wieRousseau (1762) oder Marx (1843 ff.) das Eigentum fast für alle Übel der Geschichte und der Gesellsa haft verantwortlich gemacht haben. 6 – Um Eigentum zu schützen, bracht man neben der Demokratie und ihrer auch für das Eigentun gefährlichen Mehrheitsregel (Stichwort: Enteignung, Verstaatlichung etc.) einen Schutz, und zwar durch eine zweite grundlegende Institution neben der Demokratie: das Recht. Das Recht ist aber – genealogisch gesehen - stark an das ‚Vorteil-Suchen-aus-Begehrlichkeit’ gebunden, ja es hat diesem gegenüber auch sanktionierenden Charakter. 6) Die Omnipotenz der Mehrheit: (((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((((Das Recht ist hier der zentrale Begriff: Die „Bill of Rights“ besteht aus einem Grundrechtskatalog, der sich auch die Mehrheit nicht entziehen kann, bzw. Rechte die sie nicht der Minderheit absprechen können. Minderheiten können außerdem ihr Recht gegenüber der Mehrheit vor Gericht durchsetzen. Das Recht, vor allem die verfassungsmäßig garantierten Grundrechte, verkörpert durch die Juristen, bilden das Gegengewicht zur Demokratie und der Tyrannei der Mehrheit („the spirit of the lawyer is a counterweight to democracy“) Zuerst geht Tocqueville aber auf die Juristen ein. Die Rechtsgelehrten sieht er als stärkste Barriere gegen die Probleme der Demokratie Durch ihren Sinn für Form, Ordnung und Zusammenhänge stellen sie ein ideales Gegengewicht zu den ständig schwankenden Meinungen und Leidenschaften des Volkes. Juristen werden vom Volk besonders respektiert, sie stellen auch nicht die vom Volk (bzw. wieder einmal der Mehrheit) gewählte Regierung in Frage, sondern weisen diese nur mit Hilfe der Gesetze in ihre selbstgesteckten Schranken. Tocqueville bezeichnet die Juristen (er selber ist einer) als privilegierte, intellektuelle Klasse, die etwas aristokratieähnliches an sich haben. Er geht weiterhin auf die Besonderheiten des angelsächsischen Päzedenzsrechts ein. Der angelsächsische Jurist analysiert eine konkrete Begebenheit und muss daraufhin ein sich damit in Einklang befindlichen Präzedenzfall finden, anhand dessen sich das Urteil orientiert. Der französische (und deutsche) Jurist dagegen haben ein geschriebenes Gesetz vor sich liegen und argumentieren eher mit Hilfe von abstrakten Begriffen sowie stark normativ. -6– Weiterhin finden sich viele Juristen in öffentlichen Verwaltungen, was auf das Vertrauen der Bevölkerung zurückzuschließen ist. Dadurch verbreitet sich der Geist des Rechts auf die Administration, wird hierdurch wieder in die Alltagssprache übernommen, so das alle Bevölkerungsschichten mit dem Rechts denken konfrontiert werden. Ein noch viel wichtigeres Instrument hierfür ist das Geschworenengericht. Hier relativiert Tocqueville seine früheren abfälligen Bemerkungen über das ungebildete Volk, insbesondere ihre höchstens mittelmäßigen Administratoren. Er sieht das Geschworenengericht als Schule der Nation bzw. der Demokratie. Hier wird die eigentliche Kontrolle zurück in die Hand der einzelnen Regierten gelegt. Quer durch alle Bevölkerungsschichten werden Menschen mit konkreten Fällen ihrer Mitmenschen konfrontiert, hier lernt das Individuum die Verantwortung auch für sein eigenes Handeln zu übernehmen, es lehrt Verantwortung gegenüber der Gesellschaft und bekämpft damit auch den übertriebenen Individualismus bzw. Egoismus, für den ein Staat der das Individuum schon in seiner Verfassung so stark betont, anfällig ist. Geschworene müssen über ganz konkrete Beispiele entscheiden (anstatt über abstrakte Begriffe), und bekommen so ein differenziertes Bild über die Gesellschaft. Ein weiterer Wichtiger Punkt ist, dass Geschworene hier von Juristen in die juristische Denkweise eingeführt werden und so lernen, ein konkretes Problem nicht rein intuitiv, sondern anhand (möglichst) objektiver Maßstabe zu bewerten Weiterhin dienen die Geschworenen als Multiplikatoren in ihrem privaten Umfeld. Hier findet die Versöhnung der Demokratie mit dem Recht statt, da die Entscheidungsfindung in einem Prozess am Geschworenengericht selbst ein Stück Demokratie ist. Dadurch verbreitet sich ein Gerechtigkeitsgefühl bzw. ein Rechtsgefühl, das sich durch alle Bevölkerungsschichten zieht. Tocqueville sieht das Geschworenengericht als die die effektivste Methode dem Volkes das Regieren zu ermöglichen, wie auch als den effizientesten Weg dem Volk das Regieren zu lehren.))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))))) DL: Die Omnipotenz der Mehrheit ergibt sich aus der Präponderanz der Legislative in der Demokratie. Implizit wird dabei unterstellt, daß die Mehrheit sowohl die quanitativ größere Zahl als auch vielleicht die größere Weisheit auf ihrer Seite hat ( DL:??????) Aber was sagen die bis zu 49 % von Menschen, die in der Minderheit geblieben sind und vielleicht häufig oder immer überstimmt werden. Nach AdT entsteht die Gefahr aber erst, wenn die Mehrheitsentscheidung erst einmal gefallen ist und gilt. Was kann man nach AdfT gegen die ‚tyranny of the Majority’ machen ? AdT sagt: Nur, indem man eine höhere Ebene als die der Mehrheit sucht, um von ihr aus ein allgemeines Gesetz zu erreichen: „A general law exists that has been made not only by the majority of this or that people, but by the majority of all men.” (S. 240) That’s justice “I only appeal from the sovereignty of the people to the sovereignty of the human race.” Von diesem allgemeineren Gesetz der Gerechtigkeit her kritisiert AdT an der amerikanischen Demokratie: „a lack of a guarantee against tyranny.“ (241) Daraus entstehe – so AdT - ein ‚geistiger Despotismus’. Für AdT gibt es kein Land mit weniger geistiger Unabhängigkeit’, in dem sich die Mehrheit so sehr ständig selber beweihräuchere, in dem ein solches fast höfisches Denken gegenüber der Mehrheit besteht, in dem sich die Mehrheit so sehr ‚selber prostituiere’. Dafür gibt es nach AdT prinzipiell nur ein Mittel und ein Gebot: „....to grant to no one…the sovereign power to demean them”. -7- 7) What tempers the tyranny of the majority ? DL: Um uns auf diese Hauptfrage einzustimmen, führt uns AdT erst einmal auf das Gebiet der Rechtskunde und der Rechtskundigen (lawyers), bei denen er das Gegengewicht für die erkannten Schwächen der Demokratie sucht: ‚The spirit of the lawyer is the counterweight to democracy.’ (Sinngemäßes Zitat auf S. 251) Zunächst attribuiert AdT den Rechtsgelehrten: - etwas Aristokratisches, - einen Sinn für Form - eine beachtliche Gedankenlogik - auch eine gewisse Verachtung für’s Volk - sowie in der Regel eine eher konservative Voreingenommenheit für die Ordnungsseite der Politik....... (DL:statt für die Seite der vielleicht auch nötigen Veränderung der Politik) Nach AdT sitzt in Amerika – bildlich gesprochen – die Aristokratie im und zu Gericht.DL: Bitte erinnern Sie sich daran, daß er selber Aristokrat war in Frankreich; und daß Aristokraten lange Zeit davon geträumt haben, wenigstens die dritte Gewalt innezuhaben. Auch im antiken Athen wurde im Zuge der Demokratisierung der Institutionen erst zuletzt der Areopag (462 v.u.Z) von der aristokratischen Vorherrschaft befreit. Nach Tocqueville leistet nun auch in Amerika der einer Aristokratie ähnliche Stand der Rechtsgelehrten einen erheblichen und für die Demokratie unerläßlichen Beitrag zu einer republikanischen Demkratie (Bitte erinnern Sie sich daran, daß seit Aristoteles Republik auf eine Mischung ausgeht zwischen den wenigen reichen Aristokraten und dem mehrheitlichen armen demos–zur ‚Politie’ im 4. Buch seiner ‚Politik’) Die spezifische Unentbehrlichkeit der lawyers in USA ergibt sich nun aber auch noch: aus deren Präzedenzrecht, das erhebliche Rechtskenntnis voraussetzt, im im Unterschied zu Frankreich, wo nicht so sehr nach Präzedentien, sondern immer nur nach Gründen gefragt werde. Fazit: Das Volk, die Majority braucht die lawyers, zumal die politischen Fragen sehr oft auch juristische Fragen sind. An dieser Stelle findet AdT nun eine in der angloamerikanischen Tradition tief verankerte Institution der Rechtsfindung im Geschworenengericht, der Jury. -8– Im ‚trial by jury’ werde in Zusammenarbeit von rechtskundigen Richtern einerseits und einer ‚Bank von Geschworenen’ andererseits, die nach dem Zufallsprinzip aus den unbescholtenen Normalbürgern der Bevölkerung rekrutiert würden,: Recht gesprochen. Dies sei ein ‚Modus von demokratischer Souveränität’, denn diejenigen, die über die Vergehen der Gesellschaft richteten, seien auch die ‚Meister der Gesellschaft.’ Vermittelt über die Jury hätten einerseits die gesellschaftlichen Sitten Einfluß auf die konkrete Rechtssprechung; andererseits erhielten aber auch die als Geschworene beteiligten Normalbürger eine konkreten Einblick in die Gesellschaft, die ihnen später bei ihrer Stimmabgabe bei der Wahl oder auch bei der Gesetz-. gebung in der Legislative zugute kommen könne. Im Zentrum steht für AdT hierbei immer das ZusamZusammenmenwirken von Demokratie und Recht: „Jury ist the most energetic means of making the people reign.” (S. 264) Liebe Student(inn)en, überlegen Sie bitte selber, ob in solchen Überlegungen aus den 1830-er Jahren nicht mehr lebens-pragmatische Klugheit steckt als in den vielen abstrakten Vorab-Wissereien von Marx u.a. aus dem damals unfreiheitlichen und undemokratischen Deutschland, denen zufolge das Recht nur eine Funktion des Eigentums ist (das ist ja diskutabel) und nur ein Instrument zur Unterdrückung und Ausbeutung der Arbeiterklasse ei etc.......... DL: Es könnte sein, daß beide Teile der westlichen Rechtsauffassung rückvermittealt gehören in eine Rechtsauffassung, in der beide ihre relative Berechtigung zurückerkannt erhalten, sowohl die angloamerikanisch lebenskluge wie auch die ‚alteuropäische’ unfd fast vergessene Dimension der Gerechtigkeit. Die Debatte hierüber müssen wir im Seminar weiterführen !!!!!!. (Jetzt bin ich einfach zu müde für eine weitere vorgriffshafte Skizzierung des Problems) _________________________________________________________________________