Basisinformationen zur Hirntodkonzeption

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Basisinformationen zur
Hirntodkonzeption
" Hirntod" wird definiert als Zustand des irreversiblen
Erloschenseins der Gesamtfunktion des Großhirns,
des Kleinhirns und des Hirnstamms bei einer durch
kontrollierte Beatmung noch aufrechterhaltenen
Herz-Kreislauffunktion. Der Hirntod ist der Tod des
Menschen."
(" Kriterien des Hirntodes" des Wissenschaftlichen
Beirates der Bundesärztekammer vom 29.6.91)
Hirnstrommessung lebend und tot (nach AK
Organspende)
Diagnose des Hirntodes
Die Hirntod-Diagnostik wird von zwei Ärzten
durchgeführt, von denen wenigstens einer über eine
mehrjährige Erfahrung in der Intensivbehandlung von
Patienten mit schwerer Hirnschädigung verfügen
muss. Zumeist wird es sich dabei um Neurologen,
Neurochirurgen oder neurologich versierte
Intensivmediziner anderer Fachrichtungen handeln.
Keiner der beiden Ärzte darf an einer
Organübertragung mitwirken. Die Erfüllung aller
Voraussetzungen sowie die Ergebnisse der
klinischen und technischen Untersuchungen werden
in einem standardisierten Hirntod-Protokol
dokumentiert. Als Todeszeit gilt der Zeitpunkt, zu
dem alle Kriterien erfüllt und durch beide Untersucher
bestätigt wurden.
Probleme mit der Hirntoddefinition
Gegner des Hirntod-Kriteriums gehen davon, dass das
menschliche Empfindungsvermögen mit dem Hirntod nicht
erloschen sei, sondern auch untergeordnete Strukturen zu
differenzierten Wahrnehmungen von Schmerz- und
Berührungsreizen befähigt seien.
Sie sehen Probleme mit der Würde des Sterbens.
Wie sicher ist die Hirntod-Diagnose?
Die Hirntod-Feststellung beinhaltet eine große Anzahl
von Einzeluntersuchungen, welche sich in vielfältiger
Weise überschneiden. Durch Wiederholung der
klinischen Untersuchungen innerhalb festgelegter
Beobachtungszeiten, welche in Deutschland im
internationalen Vergleich zu den längsten überhaupt
gehören (in Schweden 25 Minuten, in den meisten
Ländern 6-12 Stunden, 12-72 Stunden in
Deutschland), wird eine zusätzliche diagnostische
Sicherheit geschaffen. Bis heute konnte weltweit
nicht ein einziger Fall nachgewiesen werden, in
welchem nach sachgerecht durchgeführter HirntodFeststellung eine Umkehr des klinischen Verlaufes oder gar ein Überleben - beobachtet wurde. Die
Diagnose "Hirntod" ist damit wahrscheinlich die
sicherste in der ganzen Medizin überhaupt.
Hirntod und Schwangerschaft – das "Erlanger
Baby"
Am 5.10.92 erlitt die 19jährige Marion Ploch bei
einem PKW-Unfall schwerste Schädel-HirnVerletzungen. Sie wurde in die Erlanger
Unversitätsklinik gebracht. Drei Tage später , am
8.10.92 wurden bei der Verletzten alle klinischen
Zeichen eines Hirntodes festgestellt. Inzwischen war
bei der Toten eine Schwangerschaft festgestellt
worden, die trotz des Unfalls vollkommen intakt war
und zum Zeitpunkt der Hirntodfeststellung etwa der
15. Schwangerschaftswoche entsprach. Die Ärzte
der Erlanger Universitätsklinik haben sich
entschlossen, die Schwangerschaft durch
Fortführung der intensivmedizinischen Behandlung
im Leichnam der Marion Ploch aufrechtzuerhalten. 5
Wochen später kam zu einem plötzlichen
Spontanabort; diesem waren einige Stunden vorher
ein Fieberanstieg sowie Zeichen einer
pneumonischen Infektion im Körper der hirntoten
Mutter vorausgegangen.
Hirntod
Voraussetzung für
Organentnahme
1. Der Hirntod - Materialien des Arbeitskreises Organspende
Ausfall der Gehirnfunktion
künstliche Beatmung
Feststellung des Todes
2.
Gemeinsame Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz und
des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (1990)
"Der Hirntod bedeutet ebenso wie der Herztod den
Tod des Menschen. Mit dem Hirntod fehlt dem
Menschen die unersetzbare und nicht wieder zu
erlangende körperliche Grundlage für sein geistiges
Dasein in dieser Welt. Der unter allen Lebewesen
einzigartige menschliche Geist ist körperlich
ausschließlich an das Gehirn gebunden. Ein hirntoter
Mensch kann nie mehr eine Beobachtung oder
Wahrnehmung machen, verarbeiten und
beantworten, nie mehr einen Gedanken fassen,
verfolgen und äußern, nie mehr eine Gefühlsregung
empfinden und zeigen, nie mehr irgendetwas
entscheiden. Nach dem Hirntod fehlt dem Menschen
zugleich die integrierende Tätigkeit des Gehirns für
die Lebensfähigkeit des Organismus: die Steuerung
aller anderen Organe und die Zusammenfassung
ihrer Tätigkeit zur übergeordneten Einheit des
selbständigen Lebewesens, das mehr und etwas
qualitativ anderes ist als eine bloße Summe seiner
Teile. Hirntod bedeutet also etwas entscheidend
anderes als nur eine bleibende Bewußtlosigkeit, die
allein noch nicht den Tod des Menschen ausmacht."
vollständiger Text der Erklärung
3.
(Aus : Stellungnahme der Ev. Kirche Berlin-Brandenburg)
Wie stellt sich der Streit um den "Hirntod" in
christlicher Ethik dar?
Keine Einzelwissenschaft kann in Fragen, die Leben und Tod
betreffen, eine Monopolstellung für sich in Anspruch nehmen. Die
Gültigkeit ihrer Aussagen bleibt jeweils an die Voraussetzungen
gebunden, denen sie verpflichtet ist. Dadurch ergeben sich wichtige
Unterschiede zum Beispiel zwischen einer naturwissenschaftlich
ansetzenden Medizin und einem theologischen Verständnis von
Sterben und Tod.
In theologischer Perspektive zeigt sich eine doppelte Gefahr:
Zum einen ist eine weltweite Tendenz erkennbar, den Menschen
nach Art einer kybernetischen Maschine oder nach Art eines Puzzles,
das aus Teilen zusammengesetzt wird, mißzuverstehen. Damit
verbindet sich die Gefahr, andere Menschen als Ersatzteillager
anzusehen und die Maßstäbe, nach denen Organe entnommen
werden, aufzuweichen, um die benötigten Organe zu erhalten.
Besonders gefährlich ist die These, die das Menschsein an die
Bewußtseinsfähigkeit binden will und den Schutz des menschlichen
Lebens nicht mehr prinzipiell gelten läßt.
Zum anderen ist es so, daß sich mit all diesen Stichwörtern bereits
jetzt eine Organentnahmepraxis oder entsprechende Empfehlungen
verbinden. Erwähnt werden muß etwa die Empfehlung der American
Medical Association vom Mai 1995, anenzephale (d.h. ohne Großhirn
geborene) Kinder zur Organentnahme zu benutzen. Die Gefahr
besteht, daß diese Entwicklungen Einfluß auf das haben werden, was
hierzulande für möglich gehalten wird und Praxis werden soll.
Gegenüber diesen Entwicklungen stellt christliche Ethik die Würde
des Menschen in den Vordergrund, die frei bleiben muß von den
Interessen anderer und sich Gott als dem Schöpfer und Herrn des
Lebens verdankt. Auch das therapeutische Interesse findet an der
Würde des Menschen eine unübersteigbare Grenze.
Die Gleichsetzung menschlichen Personseins mit dem meßbaren
Funktionieren von Gehirnaktivitäten folgt einem Menschenbild, das
von technischen Regelkreismodellen geprägt wird und die Person
des Menschen auf das Gehirn als Steuerungs- und
Integrationsaggregat im Leib reduziert. Dadurch werden Gehirn und
Körper des Menschen definitorisch voneinander getrennt und
qualitativ voneinander unterschieden. Der Glaube hält demgegenüber
an der leibseelischen Ganzheit des Menschen fest. Denn der Mensch
hat nicht einen Leib und eine Seele und innerhalb des Leibes
Organe, die sich vom Menschsein als nicht dazugehörig abtrennen
ließen. Sondern der Mensch ist die komplementäre Ganzheit aus
Leib und Seele samt allen Gliedern und Organen. Im Verständnis des
Glaubens hat der Mensch sein Leben von Gott, der das Leben selbst
ist. Redet der Glaube von der Seele des Menschen, so redet er
davon, daß der Mensch personales Gegenüber zu Gott ist. Seele ist
nicht an einem einzelnen Organ festzumachen.
Auch die theologische Ethik kann nicht beweisen, daß "hirntote"
Menschen noch etwas empfinden, Sie sieht aber keinen zwingenden
Grund dafür, die an "Hirntoten" beobachtbaren Lebenszeichen nicht
als solche ernstzunehmen. Das Leben, das durch künstliche
Beatmung erhalten wird, ist das eine Leben, das jeder als Gabe
Gottes hat. Die Frage, wie lange es künstlich erhalten werden soll
oder darf, berührt die Würde des Menschen. Es gibt auf sie keine
einfachen Antworten.
Eine christliche Ethik kann aber in diesem Zusammenhang nicht
übersehen, daß Organtransplantation dazu dienen kann, Leben zu
retten oder die dauerhafte Abhängigkeit von gravierenden
medizinischen Eingriffen zu überwinden. Der ethische Konflikt, um
den es geht, ist daher der Konflikt zwischen dem Interesse, das
Leben eines anderen zu erhalten, und dem Interesse, die Würde
Sterbender zu wahren. In diesem Konflikt kann es ein Zeichen der
Liebe zum Mitmenschen sein, der Organentnahme zugunsten eines
anderen zuzustimmen. Aber ein Zeichen der Liebe bleibt eine solche
Zustimmung nur, wenn sie freiwillig gegeben wird. Jede Form des
Zwangs würde ihr den Charakter der Tat der Liebe gerade nehmen.
Konsequenzen für die Organentnahme
Klar ist, daß angesichts so schwieriger medizinischer und ethischer
Probleme die Gesellschaft kein Recht auf die Organe ihrer einzelnen
Mitglieder beanspruchen kann. Auch ein schweres Leiden rechtfertigt
es nicht, einen Anspruch auf ein Organ eines anderen zu begründen.
Denn Organe müssen Menschen entnommen werden, und das
bedeutet einen schwerwiegenden Eingriff in die Integrität anderer
Menschen.
Ist dann für Christen eine Beteiligung an der Organtransplantation
möglich? Wir meinen: Ja - sofern durch eine Organgabe die Liebe zu
einem leidenden Mitmenschen ausgedrückt werden soll. Jesus hat
davon gesprochen, daß jemand sogar sein Leben für seine Freunde
geben kann* - und er ist diesen Weg selbst gegangen. Für manche
ist der Begriff des Opfers eine Hilfe, diese Möglichkeit zu
beschreiben. Sie setzt Freiwilligkeit voraus. Sie kann nicht zur Pflicht
gemacht werden. Organspende ist keine Bringschuld.
* Johannes-Evangelium 15,13.
4.
Streit um den letzten
Atemzug
(Aus"Stern", 19.6.95)
"...Wann ist der Mensch tot? Die sinkende
Bereitschaft zur Organspende und das geplante
Transplantationsgesetz haben die Bonner
Gesetzgeber unversehens mit dieser heiklen Frage
konfrontiert. Bislang war die Definition des Exitus mit
all ihren Grauzonen ausschließlich den Ärzten
überlassen.
Mit dem neuen Gesetz, das mehr Vertrauen bei der
Organspende schaffen soll, wird das anders.
Erstmals soll der Begriff 'Hirntod' in Paragraphen
gegossen werden. Die Parlamentarier sind
überfordert. 'Welche Gründe sprechen für den
Hirntod als Todesdefinition?' will der
Gesundheitsausschuß in dieser Woche von Experten
wissen. Die Unsicherheit hat ihre Gründe, denn der
Mensch stirbt ohne umfassende Gewalteinwirkung
nicht schlagartig, sondern in mehreren Phasen. Stets
ist es das Ende eines einzelnen Organes, dessen
Versagen nach und nach die anderen zur Aufgabe
zwingt. Nur: Heute läßt sich fast jedes Körperteil
zumindest zeitweise durch Apparate ersetzen. Bis
zum endgültigen Stillstand des Blutkreislaufes gilt der
Mensch als lebend. Mit einer Ausnahme: Bei
'irreversiblem Ausfall der gesamten Hirnfunktion' gilt
der Mensch als tot, selbst wenn
Beatmungsmaschinen den restlichen Organismus am
Leben halten. So hat es 1982 die
Bundesärztekammer festgelegt. Diese Definition
ermöglicht die Entnahme von bis zuletzt
durchbluteten Organen bei Toten.
Gesundheitsminister Horst Seehofer ist sich denn
auch sicher: 'Der Hirntod ist der Tod des Menschen.'
Tatsächlich bezweifelt niemand, daß der Tod des
Gehirns ein unumkehrbarer Vorgang ist, der ohne
Beatmungsmaschine zum Kreislaufstillstand führt.
Noch nie ist ein Hirntoter wieder aufgewacht. Die
Diagnose des Hirntodes ist eindeutig, mit der Prüfung
von Reflexen und technischen Verfahren (Messung
der Hirnströme und Blutversorgung) läßt sie sich mit
höchster Sicherheit treffen. Doch Juristen sind
pingeliger als Mediziner. Aus dem Tod des Gehirns
folge nicht zwingend die Gleichsetzung mit dem Tod
generell, meint Wolfram Höfling, Mitglied der
Expertengruppe 'Wissenschaftler für ein
verfassungsgemäßes Transplantationsgesetz'. Der
Gießener Professor für Staatsrecht: 'Niemand kann
wissen, ob in dem beatmeten Organismus der
Sterbeprozeß wirklich abgeschlossen ist. Nach
Verfassungsgrundsätzen muß daher im Zweifel für
das Leben entschieden werden.'
Transplantationsmediziner jedoch betonen, die
Entnahme von Organen aus Hirntoten, die rechtlich
als noch nicht gestorben gelten, käme, selbst bei
vorausgehender Einwilligung des Spenders,
verbotener aktiver Euthanasie, künstlicher
Lebensverkürzung, gleich. Das Ende der
Organverpflanzung in Deutschland? Die Juristen
bauen eine Brücke: Mit Euthanasie habe die
Organentnahme bei einem 'lebenden Hirntoten'
nichts zu tun. Im Gegenteil: Ein erklärter Spender mit
abgestorbenem Gehirn würde ohne Beatmung sofort
einen Kreislaufstillstand erleiden, also endgültig
sterben. Indem die Ärzte ihn künstlich beatmeten,
verkürzten sie nicht sein Leben, sondern
verlängerten es. Organspende bleibe weiter
möglich... "
5.
Organtransplantation - wissen wir, was wir tun?
Dr. med. Frank Meyer, Allgemeinarzt
"...Wer die zweckgerichtete "Hirntod"-Definition in Ihrer
Unwissenschaftlichkeit ablehnt, will zumeist nicht zulassen, daß
Menschen in diesem Stadium des Sterbevorganges ohne ihre
vorherige Einwilligung Organe entnommen werden dürfen - hierüber
besteht ein breiter Konsens. Umstritten auch unter Kritikern der
Gleichsetzung des "Hirntodes" mit dem Tod des Menschen ist, wie
die Organentnahme und -verpflanzung mit Einverständnis des
Patienten zu beurteilen ist. Dürfen wir Patienten mit irreversiblem
Ausfall der Hirnfunktionen, nachdem wir zu der Überzeugung gelangt
sind, daß auch sie noch am Leben sind, dennoch den aktiv und
vorsätzlich lebensbeendenden Eingriff der Organentnahme zumuten,
sofern ihr Einverständnis vorliegt? Dürfen wir es erlauben, müssen
wir es dulden? - So lauten die Fragen in ethischer und rechtlicher
Hinsicht.
Die Kritik an der Für-Hirntot-Erklärung von Sterbenden ist nicht neu.
An welche Grenzen das Denken bei der Definierung des Todes
zunächst stößt, hat der Philosoph Hans Jonas, der der Vorverlegung
des Todeszeitpunktes im Dienste der Transplantationsmedizin von
Anfang an kritisch entgegengetreten ist, in seinen Arbeiten zur
medizinischen Ethik aufgezeigt: Solange wir die genaue Grenzlinie
zwischen Leben und Tod nicht kennen, sind wir gehalten, in dieser
"Zone wesentlicher Ungewißheit mehr zu einer maximalen als zu
einer minimalen Bestimmung des Todes hinzuneigen." Das heißt:
"Hirntod plus Herztod plus jeder sonstigen Indikation, die von Belang
sein mag". "Der Patient", so Jonas, "muß unbedingt sicher sein, daß
sein Arzt nicht sein Henker wird, und keine Definition ihn ermächtigt,
es je zu werden." Der Organspendeausweis - eine "Lizenz zum
Töten"?...
Was bedeutet es für ihn, wenn in der Vorbereitungsphase zur
Organentnahme intensivste medizinische Bemühungen angestellt
werden, um optimale Voraussetzungen für die Transplantation zu
schaffen? Einerseits wird der Sterbevorgang verlängert, andererseits
wird er mechanisiert. Wird das Sterben damit auch erschwert oder
behindert?
Was bewirkt es bei dem Sterbenden, wenn der Tod abrupt durch das
Einleiten der Kühlflüssigkeit im Austausch gegen das körperwarme
Blut eintritt, unmittelbar bevor oder während die Organe entnommen
und Beatmung und Kreislauf aufrechterhalten werden?
Können wir überhaupt vom Tod des ganzen Menschen reden,
solange einzelne Teile des Ganzen noch am Eigenleben gehalten
werden? Was bedeutet es, in Teilen statt im Ganzen zu sterben? Ein Mensch, der nicht voll inkarniert ist, tritt in der physischen Welt als
ein in mancher Hinsicht Behinderter auf. Welche Folgen hat es für
den geistigen Menschen nach dem Tode, wenn seine Exkarnation
nur unvollständig oder zeitlich verzögert erfolgt?
Welche Auswirkungen hat es auf das nachtodliche Leben des
Explantierten, wenn seine Organe vital konserviert auf einen anderen
Menschen übertragen werden und dort in Wechselwirkung mit einem
fremden Organismus treten?
...Auch wenn sich ein Mensch aus einer Opferhaltung heraus freiwillig
für die Organentnahme zur Verfügung gestellt hat, entbindet uns das
nicht von der ärztlichen Verpflichtung, in erster Linie nicht zu
schaden. Wenn wir das Sterben im anthroposophischen Sinne als
geistigen Geburtsvorgang und die Gedanken von Reinkarnation und
Karma als berechtigt ansehen, dann sind die folgenden Bedenken
angebracht:
1. Eingriffe in Vorgänge des Werdens, die wir nicht voll
durchschauen, sind unethisch. Wenn wir Sterben und nachtodliches
Leben als komplexen Entwicklungsvorgang betrachten, dann ist das
Risiko, daß wir Schaden anrichten zu hoch, als daß wir uns Eingriffe
erlauben könnten, die nicht mehr unmittelbar durch den ärztlichen
Auftrag diesem konkreten Menschen gegenüber (ihm zu helfen, ihn
zu begleiten, sein Leiden zu lindern) gedeckt sind.
2. Das transplantierte Organ steht in Wechselwirkung mit dem
Organismus des Empfängers. Die Wirkungen auf den Empfänger
können wir, zumindest, was die physische Seite anbetrifft, studieren
und auch in gewissem Maße beeinflussen. Die Rückwirkungen auf
den Explantierten, der bereits den Weg in die geistige Welt
angetreten hat, kennen wir weder, noch können wir sie beeinflussen.
3. Vorausgesetzt, wir schenken dem Empfänger durch die
Übertragung tatsächlich Lebenszeit und Lebensqualität (auch das
Gegenteil kann der Fall sein), so wissen wir nicht, welche karmischen
Konsequenzen das für das Verhältnis von Spender und Empfänger in
einer späteren Inkarnation haben wird.
...Solange wir uns, nach besten Wissen und Gewissen, am
individuellen Patienten orientieren, dürfen wir hoffen, in Einklang mit
dem zu handeln, was das Schicksal dieses Menschen, was er selbst
will. Das sollte menschengemäße, humane Medizin allen
posthumanen Ideologien und Verführungen zum Trotz zu leisten
versuchen. Individuelle Zuwendung - auch im Angesicht des Sterbens
- ist eben unteilbar . Die Abwendung von Individuum dagegen ist der
Sündenfall der modernen Medizin. Sie beginnt spätestens dann,
wenn wir in dem Sterbenden einen "Spender" sehen.
6.
Hans Jonas - Zur pragmatischen Umdefinierung des Todes
(aus:"Technik,Medizin und Ethik")
..." Die Grenzlinie zwischen Leben und Tod ist nicht mit Sicherheit
bekannt, und eine Definition kann nicht Wissen ersetzten. Der
Verdacht ist nicht grundlos, daß der künstlich unterstützte Zustand
des komatösen Patienten immer noch ein Restzustand von Leben ist
(wie er bis vor kurzem auch medizinisch allgemein angesehen
wurde).D.. es besteht Grund zum Zweifel daran, daß selbst ohne
Gehirnfunktion der Mensch völlig tot ist. In dieser Lage
unaufhebbaaren Nichtwissens und vernünfitigen Zweifeln besteht die
einzig richtige Maxime für das Handeln darin, nach der Seite
vermutlichen Lebens hinüberzulehnen. Daraus folgt, daß
Eingriffe......unter keinen Umständen an einem menschlichen Körper
stattfinden dürfen, der sich in diesem äquivoken bzw.
Schwellenzustand befindet....
7.
K. P. Jörns - Kritik der
Hirntodkonzeption
(aus: K.P. Jörns: Organtransplantation - Eine Anfrage an unser
Verständnis von Sterben, Tod und Auferstehung. Zugleich eine
Kritik der Schrift der Kirchen "Organtransplantationen". In:
J.Hoff/J. von der Schmitten: Wann ist der Mensch tot? Reinbek
1995)
Die Explantation und Transplantation von Organen ist
eine Möglichkeit für uns Menschen, mehr nicht. Sie
ist und bleibt eine problematische Möglichkeit, weil
sie den Grenzbereich zwischen Leben und Tod und
deshalb Stationen des Menschseins betrifft, die sich
unserer reflektierbaren Erfahrung entziehen und
darum wissenschaftlich immer mit einem
wissenschaftstheoretisch unaufhebbaren IrrtumsVorbehalt belastet bleiben. Es ist die Aufgabe der
Theologie, auf dieses Dilemma hinzuweisen. Sich für
oder gegen die Organtransplantation zu entscheiden,
wird von den Prämissen des Denkens und Fühlens
bestimmt, die für die Menschen jeweils gelten.
Niemand, auch die Kirche nicht, hat das Recht, von
den eigenen Prämissen her die Prämissen anderer in
Richtung auf die Organ-"Spenden" zu
majorisieren..Ich sehe es als ein unerlaubtes
Verfahren an, wenn das christliche Liebesgebot, das
der Gemeinde Christi gilt, dazu herhalten muß, ein
"Lebensrecht" im Sinne eines
Lebensverlängerungsrechts oder eines Rechts auf
Verbesserung der Lebensqualität durch Implantation
fremder Organe zu begründen. Ist ein solches
Anspruchsdenken erst einmal praktisch etabliert und
die Organ-"Spende" damit zugleich zur Pflicht
gemacht, so ist prinzipiell kein Sterbender mehr
davor bewahrt, als "Spender"behandelt zu werden,
wenn er in Todesnähe gerät. Und dann ändert sich
die Optik total: Die ca. 30000 Toten jährlich, die
durch Unfall oder Suizid sterben, könnten dann
irgendwann sogar dem Gesetzgeber angesichts des
hohen Organbedarfs als ein Spekulationsposten
erscheinen, an dessen Verminderung kein wirkliches
Interesse besteht
Zur Geschichte des "Hirntod"-Kriteriums
Der «Hirntod» - eine Folge des medizinischen Fortschritts?
Ist der Mensch tot, wenn seine Hirnfunktionen erloschen sind? Die
Praxis, Menschen unter Berufung auf den Ausfall ihrer Hirnfunktionen
für tot zu erklären, ist 1993 gerade 25 Jahre alt geworden.
Jahrtausendelang wurde ein Mensch frühestens dann für tot erachtet,
wenn er kalt und steif, eben leblos war. Einen Menschen, dem das
Blut noch warm durch die Adern rinnt, für tot zu erklären, blieb
unserem fortschrittlichen Zeitalter vorbehalten.
Bis nach dem Zweiten Weltkrieg hatte noch niemand einen
"Hirntoten" gesehen. Die künstliche Beatmung war noch nicht
erfunden, ebensowenig die Herzmassage. Da jede hinreichend
schwere Schädigung des Gehirns vom Stillstand der Atem- und
Kreislauftätigkeit begleitet war, führte sie zwangsläufig zum
Zusammenbruch des Organismus, zum Tode. Weniger schwere
Hirnschädigungen hatten schlimmstenfalls sogenannte Wachkomas
zur Folge, in denen der Patient noch selbständig atmet (Coma vigile,
apallisches Syndrom).
Im Jahre 1959, die künstliche Beatmurlg wurde bereits seit einiger
Zeit praktiziert, beschrieben die französischen Ärzte Mollaret und
Goulon einen neuen medizinischen Zustand. Sie hatten Patienten
beobachtet, deren Gehirn nach einem längeren Atemstillstand durch
Sauerstoffmangel irreversibel - unumkehrbar - zerstört war, während
ihr Organismus durch künstliche Beatmung am Leben erhalten
werden konnte. Diesen Zustand bezeichneten Mollaret und Goulon
als "Coma depasse' ", also "jenseits,des Komas" oder "endgültiges
Koma".
Mit der Verbreitung der Herz-Lungen-Wiederbelebung nach
Einführung der externen Herzmassage im Jahre 1960 stieg die Zahl
der Patienten an, die nach einem vorübergehenden Kreislauf und
Atemstillstand mit irreversibel zerstörtem Gehirn - also im Coma
depasse - weiterlebten. Die Begegnung mit irreversibel komatösen
Patienten gehört seither zum intensivmedizinischen Alltag.
Nach dem damals noch gültigen Todesverständnis galten diese
Patienten aber nicht etwa als tot. Für tot erklärt wurde ein Mensch
erst dann, wenn mit dem Stillstand von Kreislauf und Atmung alle
seine vitalen Funktionen für immer erloschen waren. ...
Die Verfahren der Todesfeststellung, auf die sich Ärzte1951 noch
hatten verlassen können, mußten freilich nach Einführung der HerzLungen-Wiederbelebung als unzulänglich empfunden werden. Seit
ein kurzer Stillstand von Herzschlag und Atmung grundsätzlich wieder
rückgängig gemacht werden konnte, war seine einmalige Feststellung
nicht mehr ausreichend für die Diagnose eines «völligen» (im Sinne
von irreversiblen) Ausfalls der vitalen Lebensfunktionen. Die
diagnostischen Verfahren zur Feststellung des Todes hätten nun
dergestalt präzisiert werden können, daß sie der kurzen Zeitspanne
Rechnung trugen, innerhalb deren ein Kreislaufstillstand prinzipiell
umkehrbar sein kann - unter Normalbedingungen zum Beispiel durch
den Nachweis eines Kreislaufstillstands über die Dauer einer
Viertelstunde. Der überkommene Todesbegriff, nach dem ein Mensch
erst dann als tot gilt, wenn sein Kreislauf für immer zum Stillstand
gekommen ist, wurde durch die Anwendung der Herz-LungenWiederbelebung also nicht in Frage gestellt.
Die verbreitete Vorstellung, der medizinische Fortschritt hätte einen
grundlegenden Wandel des Todesverständnisses erforderlich
gemacht, entbehrt daher jeder sachlichen Grundlage. Was den
speziellen Fall von Patienten im irreversiblen Koma betrifft, so wiesen
selbst Mollaret und Goulon in dem erwähnten Aufsatz von IgSg
darauf hin, daß der unumkehrbare «Stillstand der Lebensfunktionen»
unmittelbar nach Abbruch der künstlichen Beatmung eintritt - eine
Bewertung, die bei der Rezeption dieser Arbeit geflissentlich
übersehen worden ist.
Dennoch entschloß man sich zur Abkehr von dem damals gültigen,
an dem völligen Zusammenbruch der Lebensfunktionen orientierten
Todesverständnis, mit der Folge, daß Patienten im irreversiblen
Koma schon vor Abbruch der lebensverlängernden Maßnahmen für
tot erklärt wurden.
Deklaration des irreversiblen Komas zum «Tod des Menschen»
im Jahre 1968
Der entscheidende Schritt. zur Etablierung des "Hirntod"-Konzeptes
wurde in dem Augenblick vollzogen, als man das Coma depasse als
Kriterium der «Für-tot-Erklärung» eines Menschen zu werten begann.
Die Forderung nach Einführung eines derartigen «Hirntodkriteriums»
wurde erstmals in einem Papier aus dem Jahre 1968 wirksam
erhoben. Bei den Autoren handelte es sich um eine AdhocKommission aus Theologen, Juristen und Medizinern der Harvard
Medical School (Beecher et al.), die zum Zweck der Erarbeitung eines
neuen Todeskriteriums formiert worden war.
Der erste Satz nennt als Ziel des Artikels die Etablierung des
Hirntodes als Todeskriterium. Wer im Anschluß eine Begründung
erwartet, warum die Zerstörung des Gehirns als Kriterium für den Tod
des Menschen geeignet sein soll, wird enttäuscht. Die Autoren
beschränkten sich vielmehr darauf, den Bedarf für ein neues
Todeskriterium zu erklären:
Unser primäres Anliegen ist, das irreversible Koma (= Coma
depasse als neues Todeskriterium zu definieren. Es gibt zwei
Gründe für den Bedarf an einer neuen Definition: 1 . Der
medizinische Fortschritt auf den Gebieten der
Wiederbelebung und der Unterstützung lebenserhaltender
Funktionen hat zu verstärkten Bemühungen geführt, das
Leben auch schwerstverletzter Menschen zu retten.
Manchmal haben diese Bemühungen nur teilweisen Erfolg:
Das Ergebnis sind dann Individuen, deren Herz fortfährt zu
schlagen, während ihr Gehirn irreversibel zerstört ist. Eine
schwere Last ruht auf den Patienten, die den permanenten
Verlust ihres Intellekts erleiden, auf ihren Familien, auf den
Krankenhäusern und auf solchen Patienten, die auf von
diesen komatösen Patienten belegte Krankenhausbetten
angewiesen sind.
2. Überholte Kriterien für die Definition des Todes können zu
Kontroversen bei der Beschaffung von Organen zur
Transplantation führen.
Nach Ansicht der Harvard-Kommission wird das irreversible Koma
von allen Beteiligten - den irreversibel Komatösen eingeschlossen als eine schwere Belastung (great burden) empfunden. Zugleich
bedeutete die Am-Leben-Erhaltung dieser Patienten eine spürbare
Inanspruchnahme knapper Ressourcen, der man ratlos
gegenüberstand. Denn die Ärzteschaft schreckte damals davor
zurück, die künstliche Beatmung eines irreversibel komatösen
Patienten abzustellen, da sie der Meinung war, den durch den
Beatmungsabbruch mittelbar eintretenden Tod im Sinne einer
"aktiven Tötung" verantworten zu müssen.
Als zweiter Grund für den Bedarf an einer neuen Todesdefinition
wurde damals die Notwendigkeit der Beschaffung von Organen zu
Transplantationszwecken angegeben. Das geltende Todeskriterium,
so die Harvard-Kommission, sei obsolet, weil es den Fortschritt der
Transplantationsmedizin behindere.
Auf die Begründung des Bedarfs für eine neue Todesdefinition folgte
eine detaillierte Erklärung, wie das irreversible Koma zu
diagnostizieren sei. Die - seither weiterentwickelten - diagnostischen
Einzelheiten sind hier nicht von Interesse; sie dienen dazu, das
sichere Erlöschen aller Gehirnfunktionen festzustellen....
Der Vorschlag der Harvard-Kommission war ein voller
Erfolg. Er setzte sich in den USA schnell durch und wurde
innerhalb weniger Jahre von den medizinischen
Standesorganisationen der meisten Industriestaaten
übernommen.
Die Unverletzlichkeit des Leibes als ethisches Prinzip
Wie wir ... dargelegt haben, weiß die traditionelle ärztliche
Standesethik noch sehr genau zu differenzieren zwischen dem
Verbot, einen Menschen zu töten, und dem Gebot, einem
notleidenden Menschen Hilfe zu leisten, beziehungsweise der
Verpflichtung, die Durchführung einer medizinischen Maßnahme
abzubrechen, wenn diese für den Patienten eine unzumutbare
Belastung darstellt. Dieser Differenzierung entspricht in den
traditionellen Ethiken die Unterscheidung zwischen einer
(verbotenen) "aktiven" und einer (erlaubten) "passiven" Sterbehilfe
(«Euthanasie»). Ob man eine lebensverlängernde Maßnahme
abbricht oder ob man ein tödliches Gift verabreicht, macht nach
dieser Differenzierung einen entscheidenden Unterschied. Denn im
letztgenannten Fall handelt es sich um eine verbotene
Tötungshandlung selbst wenn der Patient damit einverstanden ist.
In der jüngeren ethischen Diskussion ist diese Differenzierung immer
häufiger in Frage gestellt worden. Dies hängt aber nicht nur damit
zusammen, daß eine präzise handlungstheoretische Differenzierung
zwischen einem bewußten Tun (Tötung) und einem bewußten
Nichttun (Sterbenlassen) kaum zu begründen ist. ...
Kritik am Hirntodkriterium
Leichen bekommen kein Fieber
von Bundesjustizminister Edzard Schmidt-Jortzig und
Eckart von Klaeden
Frankfurter Allgemeinen Zeitung 13. Mai 1997
Im Zentrum der öffentlichen Diskussion eines
Transplantationsgesetzes steht die Frage, welche
Rolle es dem endgültigen, nicht behebbaren Ausfall
der gesamten Hirnfunktion ("Hirntod") zuweisen soll.
Einigkeit besteht, daß nach seinem Eintritt die
Entnahme des Herzens, der Lungen, der Leber,
beider Nieren, der Bauchspeicheldrüse und des
gesamten Darms möglich sein soll. Die Aufnahme
von diesbezüglichen Entnahmekriterien in ein
Transplantationsgesetz befürworten daher alle dem
Bundestag vorliegenden Anträge.
Darüber hinaus wird in dem Antrag der Abgeordneten
Seehofer, Dreßler und andere gefordert, den
endgültigen, nicht behebbaren Ausfall der gesamten
Hirnfunktionen als sicheres Zeichen des
eingetretenen Todes des Menschen festzulegen. Das
ist indessen nur geboten, wenn man daraus
Erleichterung bei den Entnahmekriterien herleiten
will, wie sie beim Zugrundelegen des reinen
"Herztodes” - endgültiger Ausfall des
Kreislaufsystems - als maßgeblichen Zeitpunkt des
Lebensendes nicht gewährt werden könnte.
Bisher kommt nicht nur die Transplantationsmedizin
ohne eine gesetzliche Todesdefinition aus. Der
Gesetzgeber hat aus gutem Grunde darauf zum
Beispiel im Embryonenschutzgesetz, im
Gentechnikgesetz oder im Rahmen der
Lebensschutzdelikte des Strafrechtes verzichtet. Eine
solche Definition setzt die Transplantationsmedizin
zudem unnötigerweise dem Verdacht aus, an einer
funktionalen Todesdefinition interessiert zu sein.
Wir halten eine solche Festlegung darüber hinaus
wegen der bestehenden Zweifel für unvertretbar.
Die Befürworter einer solchen Festlegung stützen
ihre Ansicht auf die beiden wesentlichen Funktionen
des menschlichen Gehirns: Seine Steuerungs- bzw.
Integrationsfunktion für den Organismus und seine
Unabdingbarkeit für die Möglichkeit der bewußten
Wahrnehmung, für die Geistigkeit des Menschen.
Die Mitglieder des Wissenschaftlichen Beirates der
Bundesärztekammer, der Philosophieprofessor
Birnbacher, der Neurologe Angstwurm, der Chirurg
Eigler und der Rechtsmediziner Wuermeling
erläutern dazu: "Entsprechend der Natur des
Menschen und jedes Säugetieres als Bewußtseinsund Körperwesen unterscheiden sich Leben und Tod
durch Funktion und Funktionsverlust zweier Systeme:
des Bewußtseins und des physischen Organismus.
Der irreversible Funktionsverlust nur eines dieser
Systeme reicht nicht aus, einen Menschen tot zu
nennen. Ein Mensch im irreversiblen Koma ist nicht
tot, weil und solange er als biologischer Organismus
lebt."
Es trifft indessen - gottlob - nicht zu, wie mitunter
behauptet wird, daß in der Medizin der Hirntod als
maßgebliches Kriterium völlig unbestritten sei.
Gerade eben erst ist diesem Eindruck etwa im
Hastings Center Report umfassend und grundsätzlich
entgegengetreten worden. Und ewta Gerhard Roth,
der Leiter des Instituts für Hirnforschung der
Universität Bremen, hat noch unter dem 15. April
1997 öffentlich dafür plädiert: "Der künstlich beatmete
Hirntote ist keine Leiche.”
Der Göttinger Strafrechtler Schreiber hat in dieser
Zeitung zurecht darauf hingewiesen, daß
medizingeschichtlich die Feststellbarkeit und
Separierung des Hirntodes als Fortschritt gegenüber
der früher allein ausreichenden Feststellung des
Herz- und Kreislauftods anzusehen ist. Daraus
sogleich absolute Schlüsse ziehen zu wollen,
verkennt jedoch, daß es gerade dieser
intensivmedizinische Fortschritt ist, der seinerseits
die Zweifel am Hirntodkriterium als sicheres
Todeszeichen im besonderen hinsichtlich des
irreversiblen Funktionsverlustes des physischen
Organismus immer stärker werden läßt.
Besonders deutlich werden diese Zweifel am Beispiel
der sog. Erlanger Schwangeren. Am 5. Oktober 1992
wurde die 19-jährige Marion Ploch in die Erlanger
Universitätsklinik eingeliefert und drei Tage später
aufgrund einer Hirntoddiagnose für tot erklärt. Weil
sie schwanger war, projektierten die Ärzte mit großer
Zuversicht eine sechsmonatige Intensivbehandlung
bis zur Entbindung des Kindes. Dieser Versuch
scheiterte nach fünf Wochen infolge eines spontanen
Aborts. Es ist heute jedoch unbestritten, daß mehrere
gleichartige Fälle zur Geburt gesunder Kinder geführt
haben.
Doch ist es gerade im Falle von Marion Ploch dieser
Abort, der die Hirntodthese radikal in Frage stellt. Der
Philosoph Hans Jonas führt dazu aus: "Daß es ein
'Leichnam' sein soll, der da ein Fieber entwickelt,
wenn in einem darin eingeschlossenen Organismus
etwas schief geht, und das dies der Uterus einer
'Toten' sei, der dann die Kontraktionen vollführt, die
das nun tote Kind ausstoßen - das ist doch ein
offenbarer verbaler Unfug, ein semantischer
Willkürakt im Dienst eines äußeren Zwecks (…). Der
spontan abortierende Leib gab rückläufig und
endgültig jedem Augenschein des rosig
durchblutenden warmen Leibes recht, den die
gelehrten Herrn uns archaischen Laien für trügerisch
erklärten.”
Im Klartext: Leichen bekommen kein Fieber und
tragen auch keine Kinder aus.
Der Erlanger Fall drängt den Eindruck auf, daß die
Hirntodtheorie die Interaktion der verschiedenen
Organsysteme, des Rückenmarks und der Hormone
verkennt. Alle diese Systeme steuern in ihrem
Zusammenwirken den Lebensablauf des Menschen.
So ist der hirntote Körper unter anderem fähig zur
Regulation der Körpertemperatur (z. B. durch
Schwitzen), zum Stoffwechsel, zu Bewegungen, zur
Regulation des Blutdrucks (der Blutdruck des
Hirntoten steigt dramatisch an, wenn sein Körper zur
Explantation geöffnet wird; ihm werden dann
blutdrucksenkende Mittel zugeführt), bei männlichen
Hirntoten zu Erektionen und bei weiblichen Hirntoten
zur Geburt eines gesunden Kindes oder zur
Abstoßung der Leibesfrucht, wenn diese abgestorben
oder schwer geschädigt ist. Der Ausfall eines auch
noch so wichtigen - Organs allein kann nicht mit dem
Tod des gesamten Organismus gleichgesetzt
werden, ohne die Komplexität des menschlichen
Körpers zu verkennen.
Hier kommt es darauf an, das physische Sein des
Menschen in seiner Vielgestaltigkeit ebenso wie
seiner Ganzheitlichkeit anzuerkennen. Es bedarf
ehrlicher Erfassung dieser Einmaligkeit als
Gesamtschöpfung, um die nicht zur zivilisatorische
und ethische, sondern konkret staatliche Pflicht zum
Schutz des menschlichen Lebens umfassend zu
erfüllen. Nicht von ungefähr thematisiert die
Verfassung nirgends den Tod des Menschen.
Umgekehrt vielmehr, konstruktiv und aktivierend,
nimmt sie den Ansatz: "Jeder (Mensch) hat das
Recht auf Leben.” (Artikel 2 Absatz 2 Satz 1
Grundgesetz (GG)).
Angesichts der besonderen Stellung des Schutzes
der Menschenwürde und des menschlichen Lebens
sowie des Grundsatzes des
Bundesverfassungsgerichts, nach dem in
Zweifelsfällen die Auslegung zu wählen ist, die die
juristische Wirkungskraft am stärksten entfaltet, darf
es daher nicht zu einer derartigen Todesdefinition im
Transplantationsgesetz kommen.
Der Verzicht auf ein solches Todeskriterium ist auch
deshalb nötig, weil Weiterungen Einhalt geboten
werden muß, die sich schon jetzt im europäischen
Ausland abzeichnen. Wer Hirntote für tot erklärt,
entzieht ihnen damit den entscheidenden Teil ihres
grundrechtlichen Schutzes. Das postmortale
Persönlichkeitsrecht und das Recht der Leichensorge
werden sie auf Dauer nicht vor absehbaren
industriellen Versuchsbegehrlichkeiten schützen
können.
Bedenklich ist aber auch eine andere Tendenz: Läßt
sich die durch den Eintritt des Hirntodes zwar
reduzierte Leistung des Organismus nicht mehr mit
Sicherheit leugnen, entfällt das Argument des
irreversiblen Funktionsverlustes des physischen
Organismus.
Die Hirntodkonzeption wird allein auf den endgültigen
Bewußtseinsverlust zurückgeworfen. Es fehlt damit
an einem tauglichen Kriterium, z. B. Anenzephale
(Säuglinge, denen ausgedehnte Teile des Gehirns
fehlen) von Leichen zu unterscheiden. Denn dem
Anenzephalen fehlt sein Bewußtsein ebenso
endgültig wie dem Hirntoten. Der einzige wesentliche
Unterschied zwischen dem Anenzephalen und dem
Hirntoten besteht dann darin, daß der erstere noch
nie über ein noch funktionierendes Gehirn verfügte,
während der letztere zwar ein funktionierendes
Gehirn hatte, dieses aber durch den Hirntod verlor.
Küfner geht in seiner Dissertation zurecht davon aus,
daß das Argument, dieser Unterscheid genüge, um
den Anenzephalen als (noch) lebend, den Hirntoten
dagegen als schon gestorben anzusehen, nicht
zwingend ist.
Befürworter der Hirntodkonzeption befürchten nun,
daß mit dem Verzicht auf eine verbindliche
Todesdefinition jede Transplantation zwischen
Hirntod und Herz- und Kreislaufzusammenbruch zu
einer unerlaubten Tötungshandlung werde. Daneben
werde der Weg zur aktiven Sterbehilfe eröffnet. Diese
Sorgen verdienen Beachtung, greifen aber nicht
durch.
Vermeidet der Gesetzgeber eine Todesdefinition, ist
damit nicht die Entscheidung für eine der im übrigen
unterschiedlichen Vorstellungen der Hirntodkritiker
vom Ende des Lebens verbunden. Sie steht dem
Gesetzgeber auch nicht zu.
Denn der Tod bedeutet das Ende des menschlichen
Lebens, was er ist, muß also vom Leben her
bestimmt werden (Schreiber). Der Düsseldorfer
Verfassungsrechtler Sachs hat in der Anhörung des
Rechtsausschusses dazu zutreffend festgestellt, daß
die Frage, ob noch von "Leben” im Sinne des Artikels
2 Absatz 2 Satz 1 GG gesprochen werden könne,
eine rein verfassungsrechtliche Frage ist. Durch die
Verwendung des Begriffs "Leben” in der erwähnten
Grundrechtsbestimmung liege dieser in seinem
Bedeutungsgehalt verfassungsunmittelbar fest. Der
Gesetzgeber besitze als Teil der
grundrechtsgebundenen Staatsgewalt grundsätzlich
keine Kompetenz zur sog. authentischen
Interpretation der Verfassungsbegriffe. Auch eine
Ermächtigung zur Regelung des Näheren, die
eventuell eine definitorische Abgrenzungsmacht des
Gesetzes einschließen könnte, kenne Artikel 2
Absatz 2 GG nicht.
Daraus ergibt sich, daß auch die
Entnahmevoraussetzungen eines
Transplantationsgesetzes sich an Artikel 2 Absatz 2
Satz 1 GG messen lassen müssen.
Entscheidend für die Vereinbarkeit mit Artikel 2
Absatz 2 Satz 1 GG ist die Zäsur, die der völlige und
irreversible Hirnausfall im Sterbeprozeß des
Menschen darstellt. Diese Situation ist medizinisch
so eindeutig von jedem anderen Zustand abgrenzbar
und einmalig, daß die Gefahr einer Ausweitung auf
andere Indikationen ausgeschlossen werden kann.
Ein Indiz dafür ist ja gerade seine Annahme als
sicheres Todeszeichen durch die Befürworter der
Hirntodkonzeption. Als bloßes Entnahmekriterium
erhält der Hirntod allerdings weder eine zweifelhafte
metaphysische Dimension noch wird er zu einer
gesetzlichen Novität.
Es ist unbestritten, daß jedenfalls mit dem Hirntod die
Pflicht des Arztes zur Aufrechterhaltung der HerzKreislauf- und weiterer Körperfunktionen endet und in
die Verpflichtung wechselt, den natürlichen
Sterbeprozeß nicht weiter aufzuhalten. Allein aus
diesem Grunde ist es unhaltbar, im Falle einer nach
Eintritt des Hirntodes stattfindenden Organentnahme
eine Tötung auf Verlangen und damit aktive
Sterbehilfe oder Euthanasie anzunehmen; denn der
Hirntote "bedarf” gerade keiner Hilfe mehr, um zu
sterben.
Allerdings ist es gerechtfertigt, in den natürlichen
Sterbeprozeß dann verlängernd einzugreifen, wenn
es um die Verwirklichung eines sittlich
hochstehenden Zieles, nämlich die Rettung eines
anderen Menschenlebens durch Organspende, geht.
Diese Situation unterscheidet sich diametral von der
des § 216 StGB, der eine Lebensverkürzung auf
Tötungsverlangen, aber nicht einen verlängernden
Eingriff in das sonst sittlich gebotene Sterbenlassen
pönalisiert.
Ein solcher Eingriff in den natürlichen Sterbevorgang
bedarf der Einwilligung. Es ist Ausdruck der jedem
Menschen innewohnenden und unveräußerlichen
Würde, das Dritte nicht ohne oder gegen seinen
Willen über seinen Körper verfügen können. Ein
strafbares Delikt mag dann in Frage kommen, wenn
es an dieser Einwilligung fehlt. Eine spezielle
Regelung ist für das Transplantationsgesetz
vorgesehen.
Auch angesichts des Prinzips der Einheit der
Rechtsordnung fällt die Beanwortung der Frage,
wann das Vorliegen eines Tötungsdelikts überhaupt
erwogen werden kann, eindeutig aus. Es ist abwegig,
auch nur tatbestandlich eine Straftat anzunehmen,
wenn eine Explantation de lege artis einem formell
und materiell verfassungsmäßigen Gesetz
entsprechend vorgenommen wurde. Änderungen des
Strafgesetzbuches "zur Klarstellung” würden diese
Selbstverständlichkeit in Frage stellen. Sonst hat der
Strafrechtskommentator Tröndle in dieser Zeitung
zum Unterschied zwischen Tötung und Spende alles
Nötige gesagt.
Dem von dem Gießener Staatsrechtler Höfling
entwickelten Botenmodell folgend wollen wir diese
Einwilligung an keine formalen Voraussetzungen
binden. Sie soll auch durch die Angehörigen
vermittelt werden können. Unterschiedlich kann man
insoweit noch sehen, ob für die Einwilligung der
tatsächlich geäußerte Wille des Spenders nötig ist
oder der mutmaßliche Wille ausreicht.
Unser Modell der Bürgerpflicht will diese Frage
jedoch weitgehend gegenstandslos machen. Aus
dem Solidargedanken heraus soll jedermann eine
Entscheidung für oder gegen die Bereitschaft zur
Organspende treffen. Diese Entscheidung ist in
einem bundeszentralen Spenderregister festzuhalten
und kann jederzeit geändert werden. Bei möglichst
vielen Gelegenheiten, z. B. der Ausgabe des
Personalausweises, des Führerscheins oder der
Versichertenkarte der Gesetzlichen
Krankenversicherung, sollen die Bürgerinnen und
Bürger immer wieder mit der Frage ihrer
Spendebereitschaft konfrontiert werden. In den USA
etwa vermerkt man die entsprechende Erklärung
gleich auf der Rückseite des Führerscheins.
Begleitet werden muß die Bürgerpflicht durch eine
umfassende und kontinuierliche Aufklärung durch
den Staat. Er hat die Verpflichtung, über alle
wesentlichen medizinischen, rechtlichen und
ethischen Fragen in allgemeinverständlicher Weise
zu informieren, und das könnte in einem
übersichtlichen Faltblatt zu den o. a. Gelegenheiten
geschehen.
Die Bürgerpflicht erleichtert zudem die Situation der
Angehörigen, die neben dem Verlust eines geliebten
Menschen sonst gleichzeitig die Situation der
Entscheidung über die Organentnahme zu
bewältigen hätten.
Es ist selbstverständlich, daß diese Bürgerpflicht das
Recht zur Nichtentscheidung einschließen muß. Für
diese Fälle könnte dann die Frage des mutmaßlichen
Willens eine Rolle spielen. Für ein Kind übrigens denn die Kinder-Organtransplantation spielt eine
nicht unerhebliche Rolle - würden seine Eltern
entscheiden. Aber das wäre dann systematisch nicht
ihre eigene Entscheidung, sondern die vom
gesetzlichen Vetreter substituierte des Kindes.
Erschienen in der Frankfurter Allgemeinen
Zeitung am 13. Mai 1997
Pro und Contra-Diskussion
M. Knoche (MdB)
Argumente gegen die
Hirntodkonzeption
Organtransplantation
Auf den ersten Blick halten viele Menschen die
Transplantation für eine gute Sache. Doch die
wenigsten wissen, was bei der Organentnahme
eigentlich passiert. Die wesentliche Frage dabei
lautet, wann ist ein Mensch tot? Zu welchem
Zeitpunkt dürfen Ärzte seine Organe entnehmen?
Denn die Mediziner beginnen mit der
Organentnahme bereits, wenn der sogenannte
Hirntod eingetreten ist, andere Organe aber
längst noch funktionieren.
Die herrschende medizinische Lehrmeinung besagt
nämlich, daß ein Mensch schon dann als tot zu
betrachten ist, wenn seine Hirnfunktionen
unumkehrbar erloschen sind.
Diese Auffassung entstand 1968 in Harvard (USA).
Damals wurde zum ersten Mal ein Mensch für
"hirntot” erklärt. Es war eine Reaktion auf die
Entwicklung der Intensivmedizin, der es immer öfter
gelang, Menschen ins Leben zurückzuholen, die
nicht mehr atmeten und deren Herz nicht mehr
schlug - Merkmale, die bis dahin als sicheres Zeichen
des Todes galten. Doch das noch gar nicht so alte
Todeskriterium !"hirntot” ist in die Diskussion geraten.
Immer mehr Angehörige, Krankenschwestern und
Ärzte zweifeln daran. Sie sehen in einem Menschen
im Zustand des unumkehrbaren
Hirnzusammenbruchs, dessen Haut noch gut
durchblutet ist, dessen Herz schlägt und dessen
Lunge atmet, einen zwar todesnahen, aber immer
noch lebenden Menschen und verlangen dessen
besonderen Schutz.
Transplantationsmediziner hingegen setzen den
"Hirntod", also den irreversiblen Ausfall aller
meßbaren Hirnfunktionen, mit dem endgültigen
Tod des Menschen gleich und stellen die
Interessen der Kranken, die auf Organe warten, in
den Vordergrund.
Das ethische Dilemma der
Transplantationsmedizin
Bei jeder Heilbehandlung sind zwei Menschen - Arzt
und Patient - beteiligt. Mit der Transplantation wird in
diese uralte Beziehung eine dritte Person einbezogen
- und diese Person muß auf jeden Fall sterben. Diese
Grenzüberschreitung - Heilung durch Zugriff auf den
Körper eines anderen - macht die Organverpflanzung
zu einem Ausnahmefall in der Medizin.
Ethisch umstritten und juristisch ungeregelt, setzt die
Transplantationsmedizin die Organverpflanzung
immer häufiger nicht nur zur unmittelbaren
Lebensrettung ein, sondern auch zur bloßen
Linderung oder Veränderung des Krankheitsbildes.
Viele MedizinerInnen und PatientInnen haben sich an
diese Grenzüberschreitung schon gewöhnt und
haben ein Anspruchsdenken entwickelt, das wir für
ethisch bedenklich halten. Denn menschliche
Organe haben einen Warencharakter bekommen;
sie werden nachgefragt, werden knapp.
Selbstverständlich steht kranken Menschen die volle
Solidarität der Gesellschaft zu. Unserer Auffassung
nach endet dieser Anspruch auf Heilung jedoch an
der Haut eines Dritten. Niemand stirbt an
Organmangel; Ursache ist eine schwere Krankheit.
Der Bedarf an Organen kann nicht befriedigt werden.
Denn dann müßte im Interesse der
OrganempfängerInnen der Kreis der SpenderInnen
möglichst groß werden. Medizin und Gesellschaft
haben aber im Gegenteil die Verpflichtung, diesen
Kreis so gering wie möglich zu halten.
Beispiel Unfalltote. Die Einführung der Helmpflicht für
Motorradfahrer hat die Todesfälle junger Männer
deutlich reduziert. Das ist erfreulich.
Transplantationsmediziner jedoch haben auch noch
eine andere Sicht. Sie stellten fest, daß dieser Trend
auch zu einem Rückgang an vitalen Organspendern
führe. Niemand aber kann sich wünschen, so viele
Unfallopfer zu bekommen, wie die
Transplantationsmedizin braucht.
Der Erfolg jeder Transplantation steht und fällt mit der
Lebensfrische des Organs. Deshalb liegt es im
Interesse der Transplantationsmedizin und der
EmpfängerInnen, die/den sterbende/n SpenderIn so
früh wie möglich für tot zu erklären. Diese
Tendenz kollidiert auf elementare Weise mit dem
Recht des Sterbenden auf körperliche
Unversehrtheit.
Grenzüberschreitungen
Warten auf ein
geschenktes
Organ
Anspruchsdenken
auf fremdes
Organ
Spende aus
Hilfsbereitschaft
Moralische
Spendepflicht
Verpflanzung von
Organen auf
andere Menschen
Nutzung für
andere Zwecke
Selbstbestimmung
als
Freiheitselement
jedes Individuums
Veräußerung des
Körperbesitzes
aus (Un)freiheit
Ein bedenkenloser Umgang mit menschlichen
Organen wird weitere Grenzüberschreitungen nach
sich ziehen, zum Beispiel Organverpflanzungen zu
experimentellen Zwecken und Handel mit
Organen im großen Stil. Die Entwicklung könnte
schlimmstenfalls dazu führen, daß der sterbende
Körper sozialpflichtig wird, das heißt, über seine
Organe würde zwangsweise verfügt.
"Hirntod"=Tod?
"Mit dem Organtod des Gehirns sind die für jedes
personale menschliche Leben unabdingbaren
Voraussetzungen, ebenso aber auch alle für das
eigenständige körperliche Leben erforderlichen
Steuerungsvorgänge des Gehirns endgültig
erloschen. Die Feststellung des Hirntodes bedeutet
damit die Feststellung des Todes des Menschen."
Mit diesen Worten bekräftigt die Bundesärztekammer
ihre Richtlinien über "Kriterien des Hirntodes".
Zur Feststellung des "Hirntods" gibt es eine Reihe
von Untersuchungen, bei denen u. a. die
Bewußtlosigkeit, der Ausfall der Spontanatmung und
das Fehlen verschiedener Reflexe überprüft werden
oder alternativ die sogenannte hirnelektrische Stille
nachgewiesen wird. Sind diese Kriterien erfüllt, wird
der oder die Betroffene für hirntot erklärt.
Für die Verfechter des Konzepts "Hirntod" ist mit dem
meßbaren Ausfall des Gehirns der Sterbeprozeß des
Menschen beendet. Denn mit dem Tod des Gehirns
fehle die Einheit, die die einzelnen Körpertätigkeiten
zum ganzen Lebewesen verbinde und
zusammenfasse. Es gebe keinerlei Möglichkeit zu
irgendeinem Verhalten und Handeln, zu irgendeiner
Empfindung und Wahrnehmung - auch nicht von
Schmerzen -, zu selbständigem Wachstum,
selbständiger Reife und zur selbstbestimmten
Fortpflanzung mehr. So lauten die Argumente.
Doch spätestens seit der Expertenanhörung des
Deutschen Bundestages zur Bewertung des
"Hirntods" am 28. Juni 1995 muß die Gleichsetzung
des "Hirntods" mit dem Tod des Menschen als
widerlegt angesehen werden. Das Konzept vom
"Hirntod" ist nicht auf einen Konsens innerhalb und
zwischen natur- und geisteswissenschaftlichen
Disziplinen gegründet. Eine Vielzahl von ExpertInnen
hat darauf hingewiesen, daß der "Hirntod" zwar mit
dem Tod des Menschen eng verknüpft ist, aber nicht
mit dem Tod gleichgesetzt werden darf.
Die Ergebnisse der Anhörung lassen sich
folgendermaßen zusammenfassen:
Der Verlust aller Hirnfunktionen kann prinzipiell
nicht nachgewiesen werden, weil die gesamten
Hirnfunktionen weder bekannt noch meßbar sind.
Es ist nicht völlig sicher, daß zum Zeitpunkt der
Feststellung des sogenannten Hirntods in allen
Fällen der Ausfall des ganzen Gehirns eingetreten
ist.
Die Frage, ob ein für "hirntot" erklärter Mensch
noch elementare Empfindungen haben kann, läßt
sich naturwissenschaftlich nicht klären. Die Grenzen
des wissenschaftlich Beschreibbaren dürfen aber
nicht mit den Grenzen der Wirklichkeit gleichgesetzt
werden.
Auch nach dem sogenannten Hirntod gibt es
Wechselbeziehungen zwischen Organismus und
Umwelt.
Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß auch
Teile des Rückenmarks mit der Integration des
autonomen Selbst zu tun haben, denn es integriert
die Sensibilität und Motorik fast des gesamten
Körpers.
Die Reduktion menschlichen Lebens auf
Leistungen des menschlichen Gehirns ist unzulässig.
Der Zusammenbruch des Hirns darf höchstens als
ein Übergangsstadium im Sterbeprozeß betrachtet
werden. Es wird künstlich festgelegt, um eine
Organentnahme zu ermöglichen.
Aus all dem folgt: "Hirntote" sind unumkehrbar
Sterbende, somit aber lebende Menschen. Der
"Hirntod" ist nicht gleichbedeutend mit dem Tod des
Menschen.
Kritische Stimmen zur Bewertung des "Hirntods"
"Es ist naturwissenschaftlich nicht zulässig, vom
Bewußtseinverlust ... zu reden, weil Bewußtsein
etwas ist, was im strengen Sinne nicht beobachtet
werden kann und deswegen auch nicht allein von
Naturwissenschaftlern bewertet werden kann."
Prof. Dr. Klaus Dörner, 28.6.95
"Es ist nicht wissenschaftlich erwiesen, daß ein als
hirntot definierter sterbender Mensch keine
archaischen Empfindungen mehr hat. Das Erlöschen
der Schmerzreaktion reicht dazu nicht aus, wie man
aus der Narkoseforschung weiß. Das mit dem
Hirntodkonzept verbundene Leib-Seele-Problem ist
ungelöst."
Dr. Andreas Zieger, 28.6.95
"Das Gehirn darf nicht als Obersteuerorgan und als
ganzmachendes Organ mystifiziert werden, das sage
ich ganz ausdrücklich als Hirnforscher. Ebenso darf
die Tatsache, daß der Hirntod den Gesamttod
unweigerlich nach sich zieht, nicht als Besonderheit
des Gehirns bewertet werden. Das Versagen der
Nieren führt genauso unweigerlich zum Tod eines
Menschen wie der Ausfall des Hirnstamms, sofern
man nicht ihre Funktion ersetzt hat."
Prof. Dr. Gerhard Roth, 28.6.95
"Solange ein hirntoter Mensch auf einer
Intensivstation äußerlich nicht zu unterscheiden ist
von bewußtlosen lebenden Patienten, solange er von
seiner Umgebung, von den Pflegekräften,
insbesondere aber von seinen Angehörigen als
lebend erfahren und wahrgenommen wird, ist er
Person in einem sozialen Kontext."
Prof. Dr. Linus Geisler, 28.6.95
Stellungnahmen aus der Anhörung des Deutschen
Bundestages am 28. Juni 1995
"Hirntod"
unumkehrbarer Ausfall aller meßbaren
Hirnfunktionen
Ein Mensch im Zustand des unumkehrbaren
Ausfalls aller meßbaren Hirnfunktionen auf der
Intensivstation ist nicht nur warm und durchblutet,
sondern bewegt sich spontan, aber auch nach
Verletzung, das sogenannte Lazarussyndrom.
Noch Tage nach der Feststellung des
unumkehrbaren Ausfalls aller meßbaren
Hirnfunktionen ließen sich in deutschen und
japanischen Studien noch normale Spiegel von
Hormonen feststellen, die nur im Gehirn produziert
werden.
Bei manchen als "hirntot" diagnostizierten Kindern
ließen sich noch Durchblutung und
Stoffwechselaktivitäten im Hirn nachweisen.
Männer im Zustand des irreversiblen Ausfalls aller
meßbaren Hirnfunktionen sind fortpflanzungsfähig.
Sie können Erektionen und Samenergüsse
bekommen.
Schwangere im Zustand des irreversiblen Ausfalls
aller meßbaren Hirnfunktionen sind in der Lage,
gesunde Kinder zu gebären.
Das Verfassungsrecht
Das bestehende Recht reicht nicht aus. Seitdem das
Konzept vom "Hirntod" in die Diskussion geraten ist
und von vielen ExpertInnen als widerlegt angesehen
wird, ist eine Neuregelung unabdingbar. Es fällt nicht
in die Kompetenz des Gesetzgebers oder der
Rechtswissenschaft, eine naturwissenschaftliche
Kontroverse zu entscheiden. Wenn es aber
begründete Zweifel daran gibt, ob ein Mensch im
Zustand des unumkehrbaren Hirnversagens tot ist,
dann gebietet es unsere Verfassung, diesem Zweifel
unbedingt Rechnung zu tragen.
Verfassungsrechtlich gilt: "In dubio pro vita" - schon
Zweifel daran, ob ein Mensch noch lebt, bedeuten,
daß von dessen Leben auszugehen ist. Mit unserer
Verfassung ist es nicht vereinbar, menschliches
Leben vom Nachweis einer wie auch immer
gearteten geistigen Leistungsfähigkeit abhängig zu
machen.
Da die begründete Annahme besteht, daß der
unumkehrbare Ausfall aller meßbaren Hirnfunktionen
ein Übergangszustand im Sterbeprozeß ist, der
künstlich festgelegt wird, handelt es sich bei
Menschen in diesem Zustand um Sterbende, also
noch lebende Menschen. Der Gesetzgeber darf nicht
zu Lasten dieser Menschen verfügen, daß sie Tote
seien.
Damit sind alle Gesetzentwürfe - schon aus
verfassungsrechtlichen Gründen - zum Scheitern
verurteilt, die den irreversiblen Ausfall aller meßbaren
Hirnfunktionen als Todeskriterium festzuschreiben
versuchen.
Menschsein nur mit Bewußtsein?
Eine Gesellschaft, die den irreversiblen Ausfall von
Teilen des Hirns als Todeskriterium akzeptiert,
könnte früher oder später darauf verfallen, dieses
Kriterium auch auf andere Personengruppen
anzuwenden.
In den USA werden nach einem Beschluß der
American Medical Association AMA bereits
Neugeborene ohne Großhirn als Organspender
betrachtet, obwohl sie nach dem Kriterium "Hirntod"
nicht als Tote gelten - wegen des großen Bedarfs an
Organen und der "fehlenden Lebensperspektive".
Unter Philosophen mehren sich bereits die Stimmen,
die das Menschsein nur noch beim Vorhandensein
"höherer Fähigkeiten" wie Denken, Erinnern und
Kommunikationsfähigkeit anerkennen wollen: "Der
Teilhirntod", so heißt es, "ist nichts anderes als der
zu Ende gedachte Hirntod."Sie schlagen vor,
zwischen dem Tod des Organismus und dem Tod
der Person zu unterscheiden. Bei dieser Lage wäre
es verhängnisvoll, die Entscheidung der Frage, wann
ein Mensch tot ist, einzig vom Bedarf der
Transplantationsmedizin abhängig zu machen.
Organentnahme
ohne das Konzept vom "Hirntod"
"Wenn der Hirntod nicht als Tod des Menschen gilt,
kann und wird es in Deutschland keine
Organentnahme mehr geben, denn dann würde jede
Explantation eine Tötung des Spenders bedeuten."
Mit solchen Äußerungen pochen Verfechter der
Transplantationsmedizin darauf, daß ohne
Anerkennung des Konzepts vom "Hirntod" keine
Transplantation möglich sei.
Doch obwohl der sich im Zustand des
unumkehrbaren Ausfalls aller meßbaren
Hirnfunktionen befindende Mensch lebt, ist die
Entnahme lebenswichtiger Organe zu
Transplantationszwecken sowohl ethisch
begründbar als auch verfassungsrechtlich
möglich. Sie erfordert keine Ausnahme vom
Tötungsverbot, was verfassungsrechtlich bedenklich
wäre.
Allerdings ist eine solche Entnahme dann zwingend
mit der sogenannten engen Zustimmungslösung
verbunden. Der oder die Betroffene muß vorab einer
Organentnahme zugestimmt haben, und zwar für den
Fall, daß bei ihm oder ihr der irreversible Ausfall der
meßbaren Hirnfunktion festgestellt wird. Der "Hirntod"
ist dabei kein Todes-, sondern ein
Entnahmekriterium.
Darüber hinaus muß der Gesetzgeber für
Rechtssicherheit sorgen und vorschreiben, daß zur
Feststellung dieses Kriteriums sämtliche
medizinische Fragen geklärt sind.
Der Ausfall aller meßbaren Hirnfunktionen bezeichnet
einen todesnahen Zustand. In diesem Zustand ist es
der Medizin nicht mehr erlaubt, den Sterbeprozeß
intensivmedizinisch aufzuhalten, also das Sterben zu
verlängern. Denn es geht um den Respekt vor dem
sterbenden Menschen und dessen Recht auf einen
würdigen Tod.
Eine Ausnahme ist nur möglich, wenn der oder die
Sterbende zuvor ausdrücklich verfügt hat, daß sie im
Interesse der Lebensrettung oder Leidensminderung
eines anderen Menschen einer kurzfristigen
Verlängerung des eigenen Sterbens zustimmt.
Ist Organentnahme Tötung auf Verlangen?
Zuweilen wird uns der Vorwurf gemacht, mit unseren
Vorstellungen zu einem Transplantationsgesetz
machten wir Zugeständnisse an eine Freigabe der
Tötung auf Verlangen. Das sehen wir anders. Bei
Menschen, deren unumkehrbarer Ausfall aller
meßbaren Hirnfunktionen diagnostiziert ist, führt der
Abbruch aller intensivmedizinischen Unterstützung
unmittelbar zum Stillstand von Herz und Kreislauf
und damit zum Tod. Wir sind der Auffassung, daß es
der Intensivmedizin nicht erlaubt sein solle, das
Sterben künstlich zu verlängern. Eine Einwilligung in
eine kurzfristige Verlängerung des Sterbens
zugunsten Dritter hat jedoch mit der Tötung auf
Verlangen nichts zu tun. Sie stellt einen
selbstgewählten Verzicht des "hirntoten" Menschen
auf die Integrität seines Sterbeprozesses dar. Wer
zur Organspende bereit ist, nimmt eine
Verlängerung seines Sterbens in Kauf, um das
Leben eines anderen zu retten.
A-1866
BEKANNTGABENDERHERAUSGEBER
(58) Deutsches Ärzteblatt 95, Heft 30, 24. Juli 1998
Protokoll zur Feststellung des Hirntodes
Name______________________________Vorname_____________________ geb.:________________
Alter:__________
Klinik:_____________________________________________________________________________________
_________
Untersuchungsdatum:_________________Uhrzeit:______________________ ProtokollbogenNr.:___________________
1. Voraussetzungen
1.1
Diagnose___________________________________________________________________________________
____
Primäre Hirnschädigung:_________ supratentoriell_________________
infratentoriell_________________________
Sekundäre
Hirnschädigung:________________________________________________________________________
Zeitpunkt des
Unfalls/Krankheitsbeginns:_____________________________________________________________
1.2 Folgende Feststellungen und Befunde bitte beantworten mit ja oder nein
Intoxikation ausgeschlossen:____________________________________________
Relaxation ausgeschlossen:____________________________________________
Primäre Hypothermie ausgeschlossen:____________________________________________
Metabolisches oder endokrines Koma ausgeschlossen:____________________________________________
Schock ausgeschlossen:____________________________________________
Systolischer Blutdruck ______________mmHg
2. Klinische Symptome des Ausfalls der Hirnfunktion
2.1
Koma_____________________________________________________________________________________
____
2.2 Pupillen weit / mittelweit
Lichtreflex beidseits fehlt___________________________________________
2.3 Okulo-zephaler Reflex (Puppenkopf-Phänomen)
beidseits fehlt___________________________________________
2.4 Korneal-Reflex beidseits fehlt___________________________________________
2.5 Trigeminus-Schmerz-Reaktion beidseits fehlt___________________________________________
2.6 Pharyngeal-/Tracheal-Reflex fehlt___________________________________________
2.7 Apnoe-Test bei art. pa CO2 _________mmHg erfüllt__________________________________________
3. Irreversibilitätsnachweis durch 3.1 oder 3.2
3.1 Beobachtungszeit:
Zum Zeitpunkt der hier protokollierten Untersuchungen bestehen die obengenannten Symptome seit ________
Std.
Weitere Beobachtung ist erforderlich ja____________________ nein____________________________
mindestens 12/24/72 Stunden
3.2. Ergänzende Untersuchungen:
3.2.1 Isoelektrisches (Null-Linien-) EEG, _____ ______ ______________ _____________ _____________
30 Min. abgeleitet: ja nein Datum Uhrzeit Arzt
3.2.2 Frühe akustisch evozierte Hirnstamm- _____ ______ ______________ _____________ _____________
potentiale Welle III–V beidseits erloschen ja nein Datum Uhrzeit Arzt
_____ ______ ______________ _____________ _____________
Medianus-SEP beidseits erloschen ja nein Datum Uhrzeit Arzt
3.2.3 Zerebraler Zirkulationsstillstand beidseits festgestellt durch:
Dopplersonographie:_____________Perfusionsszintigraphie:____________ Zerebrale
Angiographie:____________
Datum________________ Uhrzeit_____________________ untersuchender
Arzt____________________________
Abschließende Diagnose:
Aufgrund obiger Befunde, zusammen mit den Befunden der Protokollbögen Nr.___________, wird
der Hirntod und somit der Tod des Patienten festgestellt am:____________ um_________ Uhr.
Untersuchender Arzt:____________________________________________
_____________________________________
Name Unterschrift
3. Postmortale Schwangerschaft
Die hier skizzierten Probleme der Biotechnologien kulminieren auf sehr spezifische
Weise in dem Moment, wo Schwangerschaft und Hirntod in Konstellation treten. In
den letzten 15 Jahren gab es eine Reihe von solchen Fällen, von denen in
Deutschland wahrscheinlich der sogenannte "Erlanger Fall" vom Oktober 1992 den
größten Bekanntheitsgrad und die höchste massenmediale Aufmerksamkeit erreicht
hat.12
Jedoch treten bei allen postmortalen Schwangerschaften dilemmatische Interessenund Wertekonflikte auf, die symptomatisch für das Kontingentwerden der Grenzen
von Leben und Tod sind, und die auf die Auflösung der biologischen, psychischen
und sozialen Einheit des Menschen hindeuten. Die Entwicklung von
Reproduktionstechnologien wie In-vitro-Fertilisation, Embryotransfer und
"Leihmutterschaft" erzeugt zunächst einen Konflikt zwischen Schwangerer und
Fötus. Nur auf der Grundlage dieser Technologien ist es möglich, die Einheit von
schwangerer Frau und Leibesfrucht aufzulösen und die Schwangere zum bloß
passiven Reproduktionsumfeld umzudefinieren: Schwangerschaft wird auf die
biologischen Funktionen der Gebärmutter reduziert und die Prozesse in der
Gebärmutter werden zum Gegenstand wissenschaftlich-technischer Optimierung bis
hin zur Idee der "künstlichen Gebärmutter".13
Die bereits behandelte perinatale Medizin und pränatale Diagnostikwerkzeuge wie
Ultraschall- und Fruchtwasseruntersuchung vervollständigen die Aufspaltung der
Einheit von Schwangerer und Leibesfrucht, indem sie das Konzept eines autonomen,
mit personalen Eigenschaften ausgestatteten Föten konstituieren. Vor allem die
Ultraschalltechnik hat mit der Sichtbarmachung des Föten eine ganz eigene
Ikonologie des pränatalen Lebens erzeugt und damit wesentlich zur Vorstellung der
autonomen fötalen Person beigetragen.14
Beim "Erlanger Fall" ist dies nicht zuletzt mit der Veröffentlichung des Ultraschallfotos
drastisch klar geworden. An die Stelle einer Einheit von schwangerer Frau und dem
in ihr wachsenden Leben ist eine durch die präventivmedizinischen Technologien
sichtbar gemachte grundsätzliche Differenz zwischen Frau und Fötus getreten. Die
schwangere Frau wird nun als Quelle von die Leibesfrucht bedrohenden
Krankheiten, Interventionen und Störungen, und damit als Risikofaktor für das
"ungeborene Leben" betrachtet. Zugleich wird aus der medizintechnologisch
gestützten Unterstellung fötaler Personalität ein allgemeines Lebensrecht des Föten
postuliert, das dann als konfligierender Wert gegen das Selbstbestimmungsrecht der
Frau ins Feld geführt wird. An die Stelle der "Lebensgemeinschaft von Mutter und
Embryo", die sich durch den Tod der Schwangeren, wie es der
Rechtswissenschaftler Koch formuliert, als "Schicksalsgemeinschaft [... ] erfüllt", tritt
nun der Rechtskonflikt zwischen den "angeblich selbständigen Rechtsgüter[n] Mutter
und Fetus".15
Dieser Rechtskonflikt ist freilich nicht erst beim Problem der postmortalen
Schwangerschaft, sondern bereits bei der Abtreibungsfrage ethisch und juristisch
relevant: In der geltenden Fassung des § 218 gilt nicht allein die Schwangere als
Rechtsperson, sondern auch der Fötus. Er ist damit, wie die russische Puppe, eine in
eine andere Person geschachtelte Person. Das Schachtelungsparadoxie wird dabei
durch die Einschränkung des Selbstbestimmungsrechtes der Schwangeren
zugunsten des fötalen Lebensrechtes aufgelöst, was jedoch auf eine (temporäre)
Entpersonalisierung der Frau hinausläuft. Die moderne Intensivmedizin hat die
künstliche Verlängerung des Lebens ermöglicht und damit, wie zu Beginn bereits
ausgeführt, zugleich die Möglichkeit der Erhaltung vegetativer Vitalfunktionen über
das Erlöschen der Hirnfunktionen hinaus, etwa für Organtransplantationen, mit sich
gebracht.
Hirntote Patienten können, wie im Fall postmortaler Schwangerschaft, auch zum
Gegenstand medizinischer Versuche werden. Dies kann zu einem Konflikt zwischen
dem Interesse der sterbenden Person (und ihrer Angehörigen) auf einen würdevollen
Tod und dem intensivmedizinisch-wissenschaftlichen Interventionsinteresse führen.
Eine unvermeidliche Folge dieses Widerspruchs ist die Notwendigkeit der Definition
klarer und distinkter Todeskriterien, um die immer länger werdende Spanne zwischen
Lebensende und endgültigem Tod medizinisch, juristisch und sozial zu regulieren.
Das allgemein gebräuchliche Hirntodkriterium ist jedoch, wie bereits erwähnt, nicht
unumstritten. Durch dieses Todeskriterium wird der Sterbeprozeß auf drastische
Weise in ein momentanes, mit technischen Mitteln bestimmbares Ereignis verwandelt
(Stichwort "maschinenlesbarer Tod").
Damit aber kehrt sich der Ablauf des Sterbeprozesses radikal um: Der Tod geht nun
dem Sterben voran. Der Tod ist nicht mehr Resultat und Ende eines irreversiblen
Prozesses, sondern ein willkürlich und künstlich festgesetzter Schwellenwert, nach
dem die vegetativen Vitalfunktionen intensivmedizinisch erhaltbar bzw. abstellbar
sind. Erst mit dem Abstellen kann dann der Sterbeprozeß endgültig abgeschlossen
werden. Diese Umkehrung bedeutet den Verlust der noch verbliebenen personaler
Autonomie der sterbenden Person und eine Verdrängung der personalen und
sozialen Aspekte von Tod und Sterben. Dabei entsteht der folgende Widerspruch:
Auf der einen Seite steht die Persönlichkeit des sterbenden Individuums: Sterben ist
hier ein privates und persönliches Geschehen, das im sinnlich erfahrbaren Erlöschen
aller Vitalfunktionen dem Tod kulminiert, und das von sozialen Ritualen begleitet ist.
Selbst nach dem Tod gilt hier der Körper nicht als bloßes Mittel zum Zweck. Auf der
anderen Seite steht der zum Forschungs- und Explantationsgegenstand objektivierte
Körper, der nur dem Anschein nach noch lebendig ist. Das medizinisch-juristische
Hirntodkriterium konstituiert hier eine scharfe Trennung zwischen der prämortalen
Person und dem postmortalen Körper.
Die beiden beschriebenen Konfliktfelder geraten beim Zusammenteffen von Hirntod
und Schwangerschaft in ein ganz neues Licht. In dieser Konstellation verändern und
verstärken sich die bereits bestehenden Konfliktlagen mit paradoxen Folgen: Die
hirntote Schwangere ist nicht mehr in der Lage, ihren Willen zu äußern und ihr
Selbstbestimmungsrecht einzufordern. Die Personalität des Föten, sofern man diese
unterstellt, ist sowohl durch die Unwahrscheinlichkeit eines erfolgreichen Verlaufs der
künstlichen Schwangerschaft, als auch durch die Unmöglichkeit einer Beziehung
zwischen Mutter und Fötus ernsthaft in Frage gestellt.
Die Intensivmedizin ermöglicht auf der einen Seite diese ungewöhnliche und
experimentelle Form der Schwangerschaft, auf der anderen Seite erhebt sich damit
die Frage, ab wann und unter welchen Umständen es einer schwangeren Hirntoten
erlaubt sein soll, zu sterben. Weil die hirntote Schwangere, so wurde im Erlanger Fall
argumentiert,16 rechtlich gesehen als Gegenstand gelte, könne ohne Bezug auf den
Willen der Frau die Schwangerschaft künstlich fortgesetzt und der Sterbeprozeß auf
unbestimmte Zeit ausgedehnt werden.
Damit ergibt sich aber folgendes Dilemma: Das "Lebensrecht" des als Person
betrachteten Föten kann nur verwirklicht werden, wenn zuvor die Frau zum Objekt
ohne personale Eigenschaften gemacht wurde; wenn jedoch die Personalität der
Frau anerkannt wird und man sie in Würde sterben läßt, muß umgekehrt der Fötus
als untergeordneter Wert und bloßes Objekt betrachtet werden letzteres zumindest,
sobald man die Einheit von Schwangerer und Leibesfrucht nicht mehr unterstellt. In
dieser dilemmatischen Konstellation wird das Individuum "Mensch" auf vielfache
Weise aufgelöst: Mit dem im Erlanger Fall durch moralisierende Argumentationen
und in anderen Fällen auch juristisch durchgesetzten Anspruch eines auch nach dem
Tod der Schwangeren aktiv zu verwirklichenden Lebensrechtes des Föten17 wird
von der Einheit, die eine Schwangerschaft als biologischer, psychischer und zugleich
sozialer Prozeß dar stellt, abstrahiert und allein auf die biotechnologische Möglichkeit
einer artifiziell fortgesetzten Entwicklung des Föten abgestellt.
Mit dieser Umdefinition der sterbenden Schwangeren zum biotechnischen
Brutkastenersatz werden zunächst die Individualität und die Würde der Sterbenden
negiert: Der Sterbeprozeß, der dem Menschen ebenso wesentlich eigen ist, wie das
Leben, wird auf unbestimmte Zeit aufgeschoben, womit auch das kulturell und
sozialpsychologisch wichtige Sterbe- und Begräbnisritual ausgesetzt ist; der
Leichnam wird erst nach seiner biotechnischen "Vernutzung" an die Angehörigen
zurückgegeben. Darüber hinaus ist auch der Fötus als in der Entwicklung begriffenes
menschliches Wesen selbst auf kaum abschätzbare Weise von diesem Experiment
betroffen: Über mögliche biologische und psychische Folgen einer postmortalen
Schwangerschaft für das daraus hervorgehende Kind kann derzeit noch ebenso
wenig gesagt werden, wie über die mögliche soziale Stigmatisierung eines solchen
"Totenkindes". Bekannt ist jedoch, daß eine normale Schwangerschaft weit mehr ist
als die bloße Gewährung eines biologischen Reproduktionsumfeldes, da sich schon
sehr früh vielschichtige (nicht nur biologische) Interaktionen zwischen Mutter und
Leibesfrucht abspielen, welche die Grundlage für die biopsychosoziale Beziehung
zwischen ihnen darstellen.18
Erwähnt sei schließlich auch, daß zumindest der in der Öffentlichkeit vieldiskutierte
"Erlanger Fall" eine überaus starke, vorwiegend negative Reaktion provoziert hat,
was sich unter anderem auch "an der prompt zurückgehenden Bereitschaft zur
Organspende zeigte".19 Dies ist allerdings, wie Schöne-Seifert argumentiert, vor
dem Hintergrund eines bereits bestehenden Mißtrauens gegenüber der modernen
Medizin zu sehen. Der "Erlanger Fall" hat diesen Vertrauensschwund noch verstärkt:
"Erschüttert zeigt sich etwa das Vertrauen in den irreduzibel privaten und
persönlichen Charakter von Mutterschaft (das zeigen die heftigen Reaktionen von
Feministinnen); ferner das Vertrauen in die natürliche Sensibilität und Humanität von
Ärtzen (das erweisen die Vorwürfe, es handele sich in Erlangen um ein Experiment);
das Vertrauen in die Aufhaltbarkeit eines falschverstandenen medizinischen
Fortschritts (dazu die 'Frankenstein'-Vorwürfe); und schließlich das Vertrauen in die
Hirntoddefinition (schon durch solche Redeweisen wie 'gesunde Tote' oder 'Leiche
künstlich am Leben gehalten'; und dadurch, daß gerichtlich ein Betreuer bestellt
wurde, um die Interessen der Toten zu vertreten, wird das Problem nur
verschärft)."20
4. Ethische Kontingenzreflexion
Die ethische Fragestellung, in der alle diese Probleme schließlich zusammenlaufen,
lautet: Kann es für den Versuch, die vegetativen Vitalfunktionen einer hirntoten Frau
zur künstlichen Schwangerschaftsfortsetzung zu erhalten, überhaupt eine ethische
Rechtfertigung (oder gar eine Verpflichtung) geben, und wenn ja: welche Form muß
diese angesichts der beschriebenen Dilemmata aufweisen? Entscheidend für die
Beantwortung dieser Frage ist sicherlich, ob man den Fötus als eine Person mit
eigenem, positiv und aktiv zu verwirklichendem Lebensrecht betrachtet oder nicht.
Bei der Auseinandersetzung mit dieser Frage tauchen grundlegende Wertekonflikte
auf, die ich abschließend in Frageform gegenüberstellen will:
1. Kann die Aussicht auf ein mögliches extrauterines Überleben des Fötus als
hinreichender Rechtfertigungsgrund für die Fortführung einer postmortalen
Schwangerschaft gelten, wenn dies mit dem Verlust der Würde der Sterbenden und
der Auflösung der Einheit von Schwangerer und Leibesfrucht erkauft ist?
2. Ist im weiteren Sinne also die beschriebene Auflösung der Einheit des Menschen (i.e.
seine Transformation vom Individuum zum "Dividuum") durch die modernen
Biotechnologien als Nebenfolge in Kauf zu nehmen oder stellt dies eine ethisch nicht
mehr zu rechtfertigende Grenzüberschreitung dar?
3. Wie ist theoretisch und praktisch mit dem Umstand umzugehen, daß
Zustimmungsfähigkeit und gar "informed consent" weder bei der Hirntoten noch beim
Fötus vorliegen? Kann hier eine Regelung wie bei der (ja noch umstrittenen
"erweiterten Zustimmungslösung" zur) Organspende befriedigen?
4. Sind die sozialen Kosten der postmortalen Schwangerschaft, wie Vertrauensverlust
gegenüber Ärzten und Experten, sowie gegenüber medizinischen Verfahren und
Technologien, moralisch und gesellschaftlich vertretbar, oder ist der zu erwartende
Schaden hier größer als der unterstellte Nutzen?
Ich kann hier nur die Problemlage und die daraus erwachsenden Fragen benennen,
um die diversen Kontingenzen der Problematik zu verdeutlichen. Durch die Reflexion
dieser Kontingenzen und der konfligierenden Werte wird die Problematik einer
ethischen Bewertung21 zugänglich. Die ethische Bewertung selbst hängt dabei
allerdings nicht zuletzt auch von dem gewählten ethischen Ansatz ab: Während
utilitaristische Ethiken vermutlich die erwartbaren Nutzeffekte (medizinische
Forschung, Überleben des Föten) favorisieren werden, ist von an der Autonomie des
Individuums orientierten Freiheitsethiken eher eine Betonung des
Selbstbestimmungsrechtes auch im Angesicht des Todes und der
Zustimmungsfähigkeit als Entscheidungskriterium zu erwarten.22
Bei anderen Ethiktypen, wie Werte-, Mitleids-, Pflicht- und Verantwortungsethiken,
wird die Art der Bewertung wiederum davon abhängen, ob der Fötus als Person mit
eigenständigem Lebensrecht angesehen wird. Die Tatsache, daß die philosophische
Ethik hier keine eindeutige Antwort geben kann, verweist darauf, daß zur ethischen
Kontingenzreflexion auch die metaethische Reflexion des Ergänzungs- bzw.
Konfliktpotentials verschiedener Ethiken gehört. Eine handlungsleitende ethische
Beurteilung des Problems postmortaler Schwangerschaft kann deshalb nur durch
praktische Diskurse in der Gesellschaft, nicht aber durch die Moralphilosophie allein
legitimiert werden. Aus diesem Grund ist auch in diesem Konfliktfeld eine intensive
ethische und metaethische Diskussion in der fachlichen wie auch (soweit möglich) in
der allgemeingesellschaftlichen Öffentlichkeit anzustreben. Das Fernziel solcher
Diskurse wäre die Überwindung von technologischer Machbarkeitsideologie und bloß
technikfeindlicher Moralisierung durch ein ethisch reflektiertes
Kontingenzbewußtsein.
Anmerkungen
1 Das inzwischen geltende Embryonenschutzgesetz hat darauf zwar eine
verbindliche Antwort gegeben (nämlich Verbot der verbrauchenden Forschung und
die Erlaunbis des Absterbenlassens überzähliger Embryonen) die fortdauernde
Diskussion zeigt jedoch, daß zumindest die ethischen Probleme damit noch nicht
gelöst sind. *** ZURÜCK ***
2 Wobei auch die Anwendbarkeit des Hirntodkriteriums auf Embryonen zu
diskutieren wäre. Selbst wenn aber hier befriedigende moralisch-rechtliche
Regelungen gefunden werden, so ist ein Mißbrauch nicht ausgeschlossen, da sich
längst ein internationaler "grauer" Markt entwickelt hat (Vgl. Ulrich Schabel in: Die
Zeit vom 26.5.95, S. 41). *** ZURÜCK ***
3 Vgl. die Diskussion in: Hoff, Johannes/in der Schmitten, Jürgen (Hrsg.):. Wann ist
der Mensch tot? Hirntodkriterium und Organverpflanzung. Hamburg 1994, des
weiteren: Jonas, Hans. Technik, Medizin und Ethik. Frankfurt 1987; Emanuel, Ezekiel
J.: The Ends of Human Life. Cambridge, MA, 1992 und Brock, Dan W.: Life and
Death. Philosophical Essays in Biomedical Ethics Cambridge (Engl.) 1994.
*** ZURÜCK ***
4 Vgl. König, Bettina: Todesbegriff, Todesdiagnostik und Strafrecht. Frankfurt [Diss.]
1989. *** ZURÜCK ***
5 Umstritten ist etwa, ob beobachtbare Aktivitäten der Hirnanhangdrüse, die in
engem Zusammenspiel mit dem Zwischenhirn (Hypothalamus) steht, als Indikator für
noch bestehende Hirnfunktionen gelten soll oder nicht. Da eine Resttätigkeit des
Hirnstammes, d.h. des Mittel-, Zwischen- und Nachhirns, noch lange nach Erlöschen
der üblicherweise gemessenen Hirnaktivitäten vorliegen kann, ist es kein Zufall, daß
sich die Stimmen mehren, die den Todeszeitpunkt auf den Ausfall der "höheren"
Hirnfunktionen, also des Großhirns, vorverlegen und damit das Todeskriterium schon
mit dem Teilhirntod ansetzen wollen. *** ZURÜCK ***
6 Hier stellt sich übrigens auch die Frage, wie die Irreversibilität eines Komas zu
bestimmen ist, zumal immer wieder Fälle von reanimierten Komapatienten bekannt
werden. *** ZURÜCK ***
7 Bayertz, Kurt/Schmitt, Kurt: Die hirntote Schwangere und ihr lebender Fötus. In:
Blätter für deutsche und internationale Politik 12/1992, S. 1498f. *** ZURÜCK ***
8 Herrmann, Martina: Das Leben des Fötus von Erlangen. In: PROKLA. Zeitschrift für
kritische Sozialwissenschaft. Heft 89, 22. Jg., 1992, S. 661-670, hier: S. 668.
*** ZURÜCK ***
9 Vgl. Die Zeit vom 22.10.1993, S. 23, und Die Tageszeitung vom 20.11.1993, S. 1617. *** ZURÜCK ***
10 Vgl. Schmidt, Volker H.: Politik der Organverteilung. Baden-Baden 1996.
*** ZURÜCK ***
11 Vgl. Die Tageszeitung vom 29.5.1995, S. 13. *** ZURÜCK ***
12 Vgl. Bockenheimer-Lucius/Seidler 1993, und Hinrichsen, Klaus (Hrsg.): Sterben
und Schwangerschaft. Bochum 1994. Der jüngste und vielleicht makaberste Fall hat
sich unlängst in den USA ereignet: "Born. To an unidentified U.S. woman, 29,
comatose since a 1985 car accident: a healthy, premature, 1.2-kg son; in Rochester,
New York. After discovery that the patient was pregnant, apparently by a rapist in the
nursing home, her Roman Catholic parents opposed an abortion igniting a painful
ethical debate." (TIME, April 1, 1996, S. 17). *** ZURÜCK ***
13 Vgl. Corea, Gena: The Mother Machine. Reproductive Technologies from Artificial
Insemination to Artificial Wombs. New York 1985 und Schindele, Eva: Gläserne
Gebär-Mütter. Frankfurt 1990. *** ZURÜCK ***
14 Vgl. Petchesky, Rosalind Pollack: Foetal Images: The Power of Visual Culture in
the Politics of Reproduction, in: Stanworth, Michele (ed.): Reproductive
Technologies. Gender, Motherhood, and Medicine. Cambridge (Engl.) 1987, S. 5780; sowie Duden, Barbara: Der Frauenleib als öffentlicher Ort. Hamburg 1991.
*** ZURÜCK ***
15 H.G.Koch, in: Bockenheimer-Lucius/Seidler 1993 a.a.O. S. 81f.; vgl. auch
Robertson, John A.: Children of Choice. Freedom and the New Reproductive
Technologies. Princeton 1994, und Petchesky, Rosalind Pollack: Abortion and
Woman's Choice. The State, Sexuality, and Reproductive Freedom. Boston 1985.
*** ZURÜCK ***
16 Vgl. die Einlassungen von Wuermeling und Scheele in BockenheimerLucius/Seidler 1993 a.a.O. *** ZURÜCK ***
17 Vgl. Bockenheimer-Lucius/Seidler 1993 a.a.O. *** ZURÜCK ***
18 Vgl. Petchesky 1985 a.a.O. *** ZURÜCK ***
19 Birnbacher, Dieter: Schwangerschaft hirntoter Frauen: Logik medizinischer
Konsequenzen? In: Wolfgang Greive/Karl-Heinz Wehkamp (Hrsg.): Erzeugung und
Beendigung des Lebens? Das Menschenbild der Medizin und seine Konsequenzen.
Loccum 1995, S. 39-50, hier: S. 49. *** ZURÜCK ***
20 Bettina Schöne-Seifert: Der "Erlanger Fall" im Rückblick: eine medizinethische
Lektion? In: Ethik in der Medizin (1993) Heft 5, S. 13-23, hier S. 22. *** ZURÜCK ***
21 Vgl. Hubig, Christoph: Technik- und Wissenschaftsethik. Berlin/Heidelberg/New
York 1993. *** ZURÜCK ***
22 Ich selbst neige einem freiheitsethischen Ansatz zu, der auf der reziproken
Konstitution und Anerkennung von Individuen in Interaktions- und
Kommunikationsprozessen beruht. *** ZURÜCK ***
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