EMS-Training: Muskeln unter Strom

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EMS-Training: Muskeln unter Strom
Von Katrin Machowski (12. Januar 2012)
EMS-Training mit Technik: Niederfrequenter Strom aktiviert die Muskeln. Foto: Bodystreeet
Wie die neuartige Elektrostimulation hilft, die Muskeln aufzubauen. Das EMS-Training soll den
Körper stabilisieren und beim Abnehmen unterstützen
Muskeln werden im Körper durch elektrische Impulse aktiviert. Was könnte also näher liegen, als
mit ein bisschen Energie aus der Steckdose die Spannung des eigenen Bizepses zu erhöhen?
EMS-Training heißt die neue Fitness-Welle. Doch wer setzt sich schon freiwillig selbst unter
Strom?
EMS – die Abkürzung steht für Elektro-Myo(Muskel)-Stimulation. Niederfrequenter Reizstrom
aktiviert die Muskeln für ein Ganzkörpertraining. Im Gegensatz zum herkömmlichen Training
werden beim EMS-Training "Agonist" und "Antagonist" – Beuger und Strecker – sowie tief
liegende Muskelgruppen stimuliert. Einzelne Muskeln und Muskelgruppen können auch
individuell angesteuert werden. Wer beim EMS-Training mitmacht, sieht schon bei der ersten
Probestunde aus wie ein Action-Held; Funktions-Shirt und -Hose sind sehr eng und meist
schwarz, darüber zieht man eine straffe Weste, um die Arme und Beine kommen Manschetten
mit Kabeln. Letztere werden mit dem Gerät verbunden, mit dem der Trainer die Spannung
steuert.
Über großflächige Elektroden an Weste und Manschetten wird der Impuls an den Muskel geleitet.
Bei den Geräten der ersten Generationen musste für die Leitfähigkeit noch die Kleidung komplett
nass gemacht werden, und der Strom fuhr dem Sportler ziemlich heftig in die Glieder. Das ist
beim EMS-Training heute anders: Geradezu sanft beugt die Spannung den Bizeps, stählt das
Gesäß und härtet den Bauch. Der Reiz dauert wenige Sekunden. Genauso kurz ist die Pause vor
der nächsten Runde. Bei aller Hilfestellung: Schwitzen muss man auch bei EMS-Training noch
selber, denn anstrengend ist es schon.
Auch tiefer gelegene Muskeln werden angeregt
Schon 2002 bestätigten der damalige Akademische Direktor Wend-Uwe Boeckh-Behrens und
seine Kollegen an der Universität Bayreuth das "zeitsparende und effektive Ganzkörpertraining",
das auf "innovative Weise" durch EMS ermöglicht wird, wie auch die erfolgte "Linderung von
Inkontinenz- und Rückenbeschwerden". Weitere Studien, unter anderem durch die Universität
Erlangen-Nürnberg und der Deutschen Sporthochschule Köln belegten die Effektivität von EMSTraining.
Das Verfahren wird in Physiotherapie, Medizin und Leistungssport bereits seit Jahrzehnten
eingesetzt. Und längst gibt es auch die Geräte für den Hausgebrauch, die damit werben, dem
geneigten Verwender beispielsweise beim Bügeln gleichzeitig den Bauch zu glätten. Erst die
Kombination von moderner Technologie und ausgeklügelter Anwendung machte EMS-Training
aber breitensporttauglich.
660 unterschiedliche Muskeln angesprochen
"Seit gut vier Jahren steigt die Beliebtheit des EMS-Trainings rapide an", sagt Martin Lieb,
Vorsitzender des Bundesverbandes Personal Training (BPT) in Hamburg. "Muskelfasern kann
man sich vorstellen wie Spaghetti in einer Packung. Mit normalem Training erreicht man eine
Handvoll der Fasern, mit EMS-Training ganze 90 Prozent." Dabei werden auch solche der
insgesamt rund 660 unterschiedlichen Muskeln angesprochen, die man selbst nicht willkürlich
steuern kann und die daher mit normalem Sport kaum zu trainieren sind. Das neuartige Training
verbessert die Haltung, stabilisiert den Körper, erreicht auch Trainings-Stiefkinder wie die
Beckenbodenmuskeln und belastet die Gelenke nicht zusätzlich; der Stoffwechsel wird aktiviert
und damit auch die Gewichts- und Fettreduktion angeregt.
Die Wirkung von EMS-Training in den tiefer gelegenen Strukturen und die damit einhergehende
Stärkung des ganzen Körpers hat auch Sabine Braunegger überzeugt. Die Betriebs- und
Volkswirtschaftlerin hat selber einst in einer Bank gearbeitet, bis Rückenschmerzen und
allgemeine Belastung zu groß wurden. Sie stieg aus, studierte Personal Training in Neuseeland,
kam zurück und gehörte zu den ersten, die EMS-Studios eröffneten. Heute leitet sie als
Franchise-Nehmerin drei Studios im Raum Frankfurt. Regelmäßig lässt sie sich selbst im
Funktions-Outfit verkabeln: "EMS-Training ist die sprichwörtliche eierlegende Wollmilchsau des
Fitnesstrainings." Es sei funktionell und sehr effizient. "Je nach angestrebtem sportlichem Erfolg
reichen ein oder zwei Trainingseinheiten à 20 Minuten pro Woche."
Gibt es denn aber gar nichts, was gegen Training aus der Steckdose spricht? Studiobetreiberin
Braunegger ist überzeugt: "Nein. In vier Jahren hatte ich auch erst einmal einen Kunden, der den
Strom unangenehm fand. Alle anderen waren nach dem ersten Ausprobieren sofort begeistert."
Kosten: Regelmäßig trainieren
Studios Bei der Auswahl des geeigneten Studios empfiehlt Martin Lieb, der Vorsitzende des
Bundesverbandes Personal Training (BPT) eines zu wählen, bei dem man während des ganzen
EMS-Trainings betreut wird. Übrigens: Personal Trainer ist keine geschützte Berufsbezeichnung,
im Zweifel kann man sich beim Bundesverband informieren. So effektiv EMS-Training in vielen
Bereichen ist, gilt: Das Aufrechthalten der Leistungsfähigkeit des Muskels ist nur bei
regelmäßigem Training möglich. Eine Trainingseinheit kostet beim Jahresabo um 20€, sonst
mehr als 50€, je nach Studio und Betreuung.
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