KRANKENBERICHT über eine Patientin der Klinik für Wiederkäuer und Schweine. Anamnese: Das Tier wurde am 7.11.99 um 11.00 Uhr ohne Anmeldung eingeliefert. Die Kuh zeigte zuvor eine verringerte Milchleistung und Krämpfigkeit. Außerdem war sie im Stall ausgerutscht. Der Haustierarzt hatte eine Labmagenverlagerung rechts festgestellt. Die Patientin wird mit 60 anderen Milchkühen und der Nachzucht im Boxenlaufstall gehalten. Es ist ein BVD- und IBR-Impfbestand. Die Tiere werden mit Maissilage, Gras, Heu und Biertreber gefüttert. Signalement: Bei dem zur Untersuchung vorgestellten Tier handelt es sich um eine Deutsche Schwarzbunte Milchkuh. Die Kuh wiegt ca. 570 kg. Bei den Schneidezähnen ist der I 3 fast hochgewachsen und der I 4 noch nicht gewechselt. Demnach ist das Tier ungefähr 3,5 Jahre alt. Im rechten Ohr befindet sich eine Ohrmarke mit der BuchstabenZahlenkombination DE 06640 40966. Es ist ebenfalls eine bestandseigene Kennzeichnung mit der Kombination 9 S 137 vorhanden. Die Kuh ist enthornt. Allgemeine klinische Untersuchung: Das Tier steht aufrecht, belastet alle 4 Gliedmaßen, tippelt aber mit den hinteren Beinen. Es ist aufmerksam aber ruhig, nimmt an seiner Umgebung teil und Futter auf. Der Pflegezustand ist mäßig bis gut, die Klauen sind, vor allem an den Hintergliedmaßen, etwas zu lang. Die Lendenwirbel-Querfortsätze sind erkennbar, erscheinen abgerundet und eine Stufenbildung mit leichter Einziehung zur Hungergrube ist zu erkennen. Der Lendenbereich ist leicht eingesunken und einzelne Wirbel sind deutlich palpierbar. Hüft- und Sitzbeinhöcker stehen vor und die Beckenausgangsgrube ist mäßig tief. Demnach ist der Ernährungszustand mäßig, bzw. nach BSC Grad 2. Die rektal gemessene Körperinnentemperatur beträgt 38,5°C und die Körperoberflächentemperatur nimmt zu den Extremitäten hin ab. Die Atemfrequenz beträgt 20 Atemzüge pro Minute. Die Herzfrequenz bewegt sich mit 66 Schlägen pro Minute ebenfalls im physiologischen Bereich. Das Allgemeinbefinden ist geringgradig gestört. Der vermutliche Sitz der Erkrankung befindet sich im Verdauungstrakt und im Bewegungstrakt. Spezielle klinische Untersuchung: Haare, Haut, Unterhaut, sichtbare Schleimhäute: Im Bereich der rechten Hungergrube befindet sich eine 60 x 80 cm große rasierte Fläche. Unterhalb des linken Knies ist eine ca. 5 x 3 cm große, am Fesselgelenk medial eine ca. 8 x 2 cm große, auf beiden Sprunggelenken je eine ungefähr 5 x 5 cm große haarlose Stelle zu sehen. Rechts und links des Schwanzansatzes gibt es haarlose, schuppige Bezirke, in deren Umgebung die Haare auch vermehrt ausziehbar sind.Ansonsten ist das Haarkleid dicht geschlossen und mäßig glänzend. Die Temperatur der Haut ist physiologisch verteilt. Auf der rasierten Fläche ist eine ungefähr 20 cm lange OP-Wunde, welche von kraniodorsal nach kaudoventral verläuft, trocken und mit Gaze abgedeckt ist, zu sehen. Die Umgebung der Wunde ist vermehrt warm. Ein Juckreiz ist, auch an den haarlosen Stellen am Schwanzansatz, nicht festzustellen. Der Hautturgor ist erhalten, eine am Hals gebildete Hautfalte verstreicht sofort. Um die OP-Wunde herum, besonders auf den darüber gelegenen Lendenwirbelquerfortsätzen ist die Unterhaut im Umfang vermehrt. Bei der Palpation ist Fluktuation bemerkbar und das Gewebe wirkt emphysematös. Die Schleimhäute von Flotzmaul, Mundhöhle, Naseneingang, Konjunktiven und im Schambereich sind blassrosa, feucht, glatt, glänzend und ohne Auflagerungen. Lymphapparat: Die Mandibular-, Parotis- und Retropharyngeallymphknoten sind nicht fühlbar. Bug-, Kniefalten- und Euterlymphknoten sind palpierbar und wegen Größe, Konsistenz, Wärme und Schmerzhaftigkeit nicht auffällig. Kreislauf: Adspektorisch ist von der Herztätigkeit nichts zu erkennen und bei Palpation ist der Herzstoß sehr schwach fühlbar. Die Herztöne sind kräftig, gleichmäßig, regelmäßig und gut voneinander abgesetzt, es sind keine Nebengeräusche hörbar. Die Herzfrequenz beträgt 66 Schläge pro Minute. Die Pulsfrequenz stimmt mit der Herzfrequenz überein. Der Puls ist beiderseits an der Arteria facialis regelmäßig, gleichmäßig, aber nur schwach zu fühlen. Die Arterien sind gut gefüllt und gespannt. Die Episkleralgefäße sind gut gefüllt und scharf gezeichnet. Die kapilläre Rückfüllungszeit liegt im Bereich der Mundschleimhaut unter 2 Sekunden. Die Jugularvenen sind ungestaut adspektorisch nicht zu erkennen. Staut man sie im oberen Teil des Halses an, verdickt sich der kopfwärts gelegene Teil, während herzwärts das Blut beim nächsten Herzschlag ungehindert abfließt. Beim Lösen des Staus fließt das gestaute Blut ungehindert ab. Somit verläuft die Venenstauprobe negativ und ein Venenpuls ist nicht zu erkennen. Atmungsapparat: Die Atemfrequenz liegt bei 20 Zügen pro Minute. Die Atmung erfolgt gleichmäßig, regelmäßig und die Atembewegungen sind flach, so daß sie an Rippen und Flanken schwer zu erkennen sind. Der Atemtyp ist costo-abdominal (abdominal betont) und die Ausatmungsluft strömt aus beiden Nasenlöchern gleichmäßig. Das Flotzmaul ist unauffällig und Nasenausfluß ist nicht feststellbar. Die Nasennebenhöhlen zeigen keine Verletzungen und Auftreibungen. Bei der Perkussion der Nebenhöhlen ist kein unphysiologischer Schall oder Schmerzhaftigkeit festzustellen. Bei der Adspektion und Palpation von Larynx, Pharynx und Trachea können keine Umfangsvermehrungen oder Verletzungen festgestellt werden. Der Brustkorb ist palpatorisch nicht schmerzhaft. Bei der Auskultation ist auf beiden Lungenhälften während der Inspiration ein physiologisches leichtes vesikuläres Atemgeräusch zu hören. Die Perkussion der Lunge ergibt ebenfalls keine besonderen Befunde. Verdauungsapparat: Die Kuh nimmt während der Untersuchung mehrmals etwas Heu auf, ein Teil der Kraftfutterration hat sie im Trog liegen gelassen, eine Wasseraufnahme wird ebenfalls im Verlauf der Untersuchung nicht festgestellt. Desweiteren kann in dieser Zeit weder Kotabsatz noch Wiederkauen oder ein Ructus beobachtet werden. Die Mund- und Rachenhöhle sind bei der Adspektion ebenso wie der Schlund unauffällig. Das aufgenommene Futter wird ohne Schwierigkeiten zerkaut und abgeschluckt. Die linke Hungergrubengegend ist leicht eingefallen und von teigig knetbarer Konsistenz. Die Auskultation des Pansens in der linken Hungergrubengegend und an der rippengestützten Bauchwand ergibt 3 Pansenkontraktionen in 2 Minuten mit mittlerer Intensität. Abnorme Pansengeräusche sind nicht zu vernehmen. Auch die Perkussion ergibt einen physiologisch verteilten Schall. Die Schallperkussion des Netzmagens im Bereich der 6. bis 8. Rippe, links kaudal der Lungengrenze über dem Schaufelknorpel sowie die Auskultation und eine Fremdkörperschmerzprobe über den Rückengriff verläuft unauffällig. Auch eine Untersuchung des Blättermagens verläuft unauffällig, Perkussion und Auskultation im Bereich der 7. bis 9. Rippe im unteren Teil des mittleren Drittels der Bauchwand sind im Allgemeinen nur positiv bei pathologischen Zuständen. Adspektion und Palpation der beiden Flankengegenden, sowie Schwingauskultation und Perkussion ergeben keinen Hinweis auf einen verdrehten und vergrößerten Labmagen. Auf dem Standplatz hinter dem Tier lag etwas Kot, der strukturiert, olivgrün und breiig war. Ein etwa handgroßes 3 Finger breites Leberfeld ergibt sich bei der Perkussion rechts dorsal im Bereich zwischen der 11. und 12. Rippe. Eine Schmerzhaftigkeit in diesem Feld ist nicht festzustellen. Die Bauchdecke ist mäßig gespannt und ventral der OP-Wunde schmerzhaft. Harn- und Geschlechtsapparat: Die Kuh setzt spontan Harn ab, welcher klar, hellgelb und von aromatischem Geruch ist. Das Tier zeigt beim Harnabsatz Schmerzäußerung und der Harn wird im Strahl abgesetzt. Harnuntersuchung vom Vortag ergab als Abweichung einen pH-Wert von ein spezifisches Gewicht von 1012. Bei der Adspektion des Perinealbereiches und der Vulva fallen Verletzungen und Umfangsvermehrungen auf. Das Euter ist ebenfalls adspektorisch und palpatorisch unauffällig. leicht keine Eine 5 und keine Bewegungsapparat: Die Klauen sind vor allem hinten außen etwas zu lang. Das Tier belastet alle 4 Gliedmaßen, versucht aber jeweils die hinteren Gliedmaßen abwechselnd zu entlasten und trippelt. Die Karpalgelenke weisen eine geringgradige Liegeschwielenbildung auf. Beide Sprunggelenke sind geringgradig geschwollen. Dorsomedial am linken Fesselgelenk ist eine feste Struktur zu fühlen, welche nicht warm und abgrenzbar ist. An der gleichen Stelle am rechten Fesselgelenk befindet sich eine ebensolche Umfangsvermehrung, die aber vermehrt warm ist und bei der durch eine ca. 1 cm große Öffnung nach leichtem Druck eine gelbliche, schmierige, jauchig stinkende Flüssigkeit abgeht. ZNS und Sinnesorgane: Das Tier nimmt aufmerksam an seiner Umgebung teil und reagiert sowohl auf sichtbare (Drohreflex), akustische (Ohrenspiel) und taktile Reize. Die Überprüfung der Oberflächensensibilität rechts und links der Wirbelsäule mittels einer Kanüle verläuft positiv. Körperstell- und Korrekturreflexe sind ebenfalls vorhanden. Der Lidschluß ist symmetrisch bei physiologischer Augenstellung. Die Bulbi bewegen sich parallel. Cornea und Linse sind klar, ohne Auflagerung und Verletzung. Weiterführende Untersuchungen: Blutuntersuchung (bei der Einlieferung vorgenommen) : Blutbild: Hb: Hkt: (5,6-8,1 mmol/l) (0,28-0,36 l/l) 9,3 0,46 Differentialblutbild: Segmentkernige: (20-50%) 63 Elektrolyte und Spurenelemente: Ion. Ca2+: (1,1-1,3 mmol/l) 0,99 Säure-Basen-Status: pH: (7,33-7,45) pCO2 (4,60-7,10 kPa) 7,314 8,79 Harnuntersuchung (am Tag nach der Operation durchgeführt): pH: (7,4-8,4) 5,0 rel. Dichte: (1020-1040 g/l) 1012 Es werden nur Werte aufgeführt, die von der Norm (in Klammern) abweichen. Diagnosen: 1.Dislocatio abomasi dextra cum torsione sinistra 180° cum torsione omasi sinistra 360° 2.Abszeß am rechten hinteren Fesselgelenk Differentialdiagnosen zu 1. Gasanschoppung im Dünndarm Peritonitis Blinddarmdilatation Ascites Differentialdiagnose zu 2. Bursitis Epikrise: Die Verlagerung des Labmagens nach rechts ist, wie die Labmagenverlagerung (LMV) links, als sogenannte Leistungskrankheit anzusehen, der ein multifaktorieller Ursachenkomplex zugrunde liegt. Die unten aufgeführten Faktoren sind als prädisponierende bzw. Hilfsfaktoren zu werten. Die wirkliche Ätiologie einer Hypotonie und Dilatation als Ursache der LMV ist nach wie vor nicht bekannt. Gründe für eine Atonie sind zumeist Stoffwechselstörungen infolge einer Trächtigkeit, wobei die Verlagerung in jedem Stadium möglich ist. Das häufigste Auftreten wird hier aber während des klinischen Puerperiums (ca. 60%) bzw. während des Gesamtpuerperiums (ca. 85%) beschreiben, davon jedoch nur ein geringer Prozentsatz als LMV rechts. Als weiterer Grund ist eine durch eine hohe Milchleistung bedingte, intensive Fütterung oder Futterumstellung (rohfaserarm, wenige Mahlzeiten, dadurch hochgradige unterschiedliche Füllungszustände im Pansen; schneller Übertritt zerkleinerter, ungenügend verdauter Kraftfutterpartikel in den Labmagen (LM) begünstigt Schleimhautulzerationen und Hypotonien, dadurch Kontraktionsschwäche und verlangsamter Transport des Speisebreies und vermehrte Gasbildung). Anatomische Ursachen (lockerer Bau der muskelarmen Fasern des Labmagenfundus, relativ große Bewegungsfreiheit des lediglich am Psalter und durch das große Netz fixierten LM), welche als erblich bei Deutschen Schwarzbunten Milchkühen gelten werden ebenso wie mechanische Einflüsse (Hypotonie des LM mit verzögerter Ingestapassage, vermehrte intraabomasale Gasansammlung, Striktur und Obturation von Pylorus und Duodenum, Anheben des Pansens und Kranialverdrängung des LM durch die hochtragende Gebärmutter, Wehen und Wälzen anläßlich des Kalbens, Abklemmen des LM nach dem Kalben durch den sich wieder auf Bauchhöhlenboden absenkenden Pansen und anderes mehr) diskutiert. Ein Calziummangel als Grund für eine Atonie kann hier ausgeschlossen werden, da der Wert des ionisierten Calziums zwar an der unteren Grenze liegt, aber noch vernachlässigt werden kann. Aus dem Vorbericht kann nicht direkt entnommen werden welche der aufgeführten Faktoren zu der LMV rechts geführt haben. Die einfachste Form der Verlagerung ist die Dilatation, der stark erweiterte LM neigt dann dazu, sich nach links oder rechts zu drehen. Neben der Gasansammlung sind bei der LMV rechts große Mengen Flüssigkeiten enthalten. In dem hier beschriebenen Fall wurde intra operationem eine Verdrehung des LM um 180° nach links festgestellt, welche sogar mit einer Torsion des Psalters um 360° nach links verbunden war. Dazu waren die Gefäße des LM mittelgradig gestaut und die Drehstelle des Pylorus- und Duodenalbereiches hochgradig ödematisiert. Diese Stauung der Gefäße und eine eventuelle Intoxikation führt zur Kreislaufbelastung, die sich auch hier durch blasse Schleimhäute und einen pochenden hochfrequenten Puls äußert. Der dilatierte LM war zu 4/5 mit Flüssigkeit gefüllt. Durch das Ansammeln und den fehlenden Weitertransport der aufgenommenen Flüssigkeit in den Darm kam es zu einer Hämokonzentration, so daß der Hämatokrit und, in Abhängigkeit davon, auch der Hämoglobinwert erhöht waren.Durch die fehlende Aufnahme von Nährstoffen im Darm hat sich eine geringgradige metabolische Azidose eingestellt, die auch an dem Blut-pH zu ersehen ist. Der abweichende CO2-Partialdruck muß nicht berücksichtigt werden, da er nicht , wie nötig, mit arteriellem Blut ermittelt worden ist. Das klinische Bild der LMV rechts ist durch eine vorgewölbte rechte Hungergrube, deutliche Plätschergeräusche bei der Schwingauskultation, einem Steelband-Effekt und fehlendem Leberperkussionsfeld gekennzeichnet. Hinzu kommt bei der rektalen Palpation oft ein positiver Befund, wobei der LM als gespanntes Organ zu fühlen ist. Durch die fehlende Darmpassage befindet sich wenig dunkler, wäßrig bis schleimiger Kot im Rektum. Die oben beschriebenen Befunde ergaben sich auch bei der Einlieferung der Patientin. Dazu kommen hier noch durch die Flüssigkeitsverlagerung ein deutlich verminderter Hautturgor und tiefliegende Bulbi. Differentialdiagnostisch kommt die Blinddarmdilatation in Betracht, welche sich aber darin unterscheidet, daß bei der rektalen Untersuchung die Blinddarmspitze zu fühlen und bei der Auskultation der LM mehr kranial zu hören ist. Die Gasanschoppung im Dünndarm ist durch ein diffuses, wechselndes Klingeln und einen sich verändernden Ton gekennzeichnet. Das bei der Peritonitis entstehende Gas verursacht einen sehr weitreichenden Ton auf den Querfortsätzen, welcher aber nicht so hell klingt wie der Ton, der durch eine LMV verursacht wird. Außerdem ist bei der rektalen Untersuchung kein Unterdruck in der Bauchhöhle fühlbar. Die bei der Ascites angesammelte Flüssigkeit in der Bauchhöhle ist als Plätschern bei der Schwingauskultation auf beiden Seiten des Abdomens zu vernehmen. Die bei der Ascites und auch Peritonitis vermehrte Peritonealflüssigkeit kann außerdem noch durch eine Bauchhöhlenpunktion bestätigt werden. Als Abszeß wird die Ansammlung von Eiter in einem Hohlraum, der durch Einschmelzung von Gewebe entstanden ist, bezeichnet. Er gehört somit zu den eitrigen Entzündungen, welche hauptsächlich durch sogenannte Eiterbakterien (z.B. Streptokokken, Staphylokokken, Actinomyces pyogenes und andere) aber auch andere Bakterien (E.coli, Pseudomonas aeruginosa und andere) verursacht wird. Wesentlich ist hierbei, daß das nekrotische Gewebe gegenüber dem gesunden abgegrenzt wird (Demarkation). Dies geschieht in der frühen Phase durch einen Wall von Entzündungszellen, in den späteren durch ein Granulationsgewebe, das auch als Abszeßmembran bezeichnet wird. Der erhöhte Wert der segmentkernigen neutrophilen Granulozyten im Differentialblutbild deutet in diesem Fall auch auf den Verlauf eines Entzündungsprozesses hin. Die innerste Schicht der Membran ist die sogenannte pyogene Membran, an die sich ein älteres bindegewebsreiches Granulationsgewebe anschließt, das schließlich zur Abszeßkapsel wird. Nach dem Vernichten der Erreger verschwindet die pyogene Membran und der Abszeß kann reaktionslos im Gewebe liegen oder ist reif zur chirurgischen Spaltung. Während der Reifung kann es aber auch zur Einschmelzung der Abszeßmembran kommen, so daß der Abszeß aufbeziehungsweise durchbricht. Ein Aufbrechen durch Haut oder Schleimhäute führt zur Entleerung des Eiters und damit in der Regel auch zur Heilung, beim Durchbrechen in benachbarte Gewebe oder Hohlräume entstehen dort wieder, meist schwerwiegendere entzündliche Prozesse. Eine Bursitis entspricht in ihren verschiedenen Formen und Verteilungsmustern den Gelenkentzündungen. Kausal sind mechanisch-traumatisch, allergisch und hämatogen entstandene zu unterscheiden. Die letztgenannten finden sich als Folge septikämischer oder metastatischer Prozesse und können sich gelegentlich am primär traumatisch vorgeschädigten Schleimbeutel entwickeln. Nach qualitativen Gesichtspunkten lassen sich die Entzündungen in seröse, serofibrinöse, fibrinöse bzw. trockene, eitrige und jauchige Formen unterteilen. Vielfach treten sie gemeinsam mit Gelenksentzündungen auf. Ob es sich bei den Schwellungen im Bereich der Fesselgelenke um Abszesse oder Bursitiden und ob es sich bei der beschriebenen abgehenden Flüssigkeit um Eiter oder Synovia handelt, muß abgeklärt werden sobald sich der Allgemeinzustand der Patientin gebessert hat. Therapie: Vor der Laparotomie zur Reponierung des LM wird das Operationsfeld in der rechten Flankengegend sorgfältig geschoren, rasiert, gereinigt und desinfiziert. Eine Infiltrationsanästhesie wird als umgekehrter L-Block mit 2%iger Lidocainlösung durchgeführt. Nachdem die Haut mit einer kurzen, kräftigen Kanüle durchstochen worden ist, werden mittels einer Infiltrationskanüle mit ca. 20 ml des Lokalanästhetikums pro 10 cm Schnittlänge gleichmäßig die zu durchtrennenden Gewebeschichten durchsetzt. Die Schnittführung verläuft von kraniodorsal nach kaudoventral. Nachdem die Haut, Unterhaut und die Bauchmuskulatur durchtrennt sind, wird das Peritoneum unter Handschutz mit der Knieschere eröffnet. Der bis dahin bestehende Unterdruck in der Bauchhöhle gleicht sich jetzt hörbar durch Einströmen von Luft aus. Nach Eröffnen der Bauchhöhle zeigte sich, daß der LM bis zur Mitte der rechten Hungergrube und bis auf Höhe 4. bis 5. Lendenwirbels dilatiert war. Weiter ergaben sich die schon beschriebenen Veränderungen. Das angesammelte Gas wird durch Punktion über einen Schlauch abgelassen. Die Reposition gestaltete sich wegen der großen Flüssigkeitsansammlung schwierig. Dann folgt die Fixation des großen Netzes eine Handbreite kaudal des Pylorus durch eine perforierende Naht mit synthetischem Nahtmaterial an der rechten Bauchwand, ungefähr eine Handbreite unterhalb des ventralen Schnittendes. An dieser Stelle wird zuvor die Haut eröffnet um die Fäden hier versenkt verknoten zu können, danach wird die Hautwunde wieder verschlossen. Um ein Ausreißen der Fäden und damit Rezidive zu vermeiden werden Perlonscheiben von innen gegen das Netz und von außen subcutan in die Omentopexie-Naht eingeschlossen. So ergibt sich eine Fixation des LM, welcher sodann etwas mehr kaudodorsal liegt als die physiologische Lage. Diese Methode nach DIRKSEN ist eine Operationsmethode welche sich mit einem sehr geringen Prozentsatz an Rezidiven bewährt hat. Um die Operationswunde zu verschließen wird zuerst das Bauchfell und der Musculus transversus abdominis mit einem nicht resorbierbaren Faden in einer fortlaufenden Matratzennaht und zurück mit einer Naht nach KÜRSCHNER verschlossen. Vor dem endgültigen Verschluß der Bauchhöhle werden 60 ml des Antibiotikums Mastipent zur Prophylaxe einer Peritonitis intraperitoneal verabreicht. Nun werden Haut, Unterhaut und die Musculi obliquus internus und externus abdominis mittels eines nicht resorbierbaren Fadens mit stehenden UHeften nach DONATI verschlossen. Es erfolgt nun eine Wundabdeckung durch einen mit Pattex befestigten, mehrfach übereinander gelegten Gazestreifen. Zur Enzyminduktion und somit zur Förderung der Rekonvaleszenz werden 40ml Vitamin E / Selen subcutan injiziert. Desweiteren werden noch 20 ml Finadyne intravenös als Antiphlogistikum und Analgetikum gegeben. Mit den per Dauertropfinfusion verabreichten 10 Liter 0,9%iger Kochsalzlösung wird die Exsikkose, die bei der Einlieferung bestand, therapiert. Durch die Infusion und die wieder sichergestellte Darmpassage der Flüssigkeit im LM ist der gering konzentrierte Harn einen Tag nach der OP zu erklären. Eine Abweichung des pHWertes im Harn zur sauren Seite erfolgt im Hungerzustand bzw. bei krankheitsbedingter Einschränkung der Nahrungsaufnahme. Die Behandlung der Umfangsvermehrungen an den Fesselgelenken soll nach der Untersuchung erfolgen und sich nach den Befunden dieser Untersuchung richten. Aufgrund des schon deutlich gebesserten Allgemeinzustandes, der Futteraufnahme und des Kotabsatzes wird, wenn der Heilungsverlauf weiter so günstig ist, auf eine weitere Therapie der LMV verzichtet. Zehn Tage post operationem werden dann noch die Fäden der U-Hefte an der OP-Wunde entfernt. Prognose: Die Prognose ist aufgrund der rechtzeitig begonnenen Therapie, des bis zur Operation noch relativ guten Allgemeinzustandes des Tieres und der bereits bisher eingetretenen Verbesserung als günstig zu stellen.