Motivation und Motivationstheorien 1 Einführung In der heutigen wirtschaftlichen Situation hängt der Erfolg eines Unternehmens wesentlich von dessen Produktivität und Innovationsfähigkeit ab. Nun ist die wichtigste Quelle zur Innovation der einzelne Mitarbeiter im Unternehmen. Zweifelsohne ist ein Mitarbeiter, der bereit ist, sich zu engagieren und der sich mit den Zielen des Unternehmens identifizieren kann deutlich produktiver und auch innovativer als ein Mitarbeiter, der nur auf die Uhr schaut und den Feierabend herbeisehnt. Für die Führungskräfte bedeutet das, dass sie neben den „klassischen“ Führungsfunktionen wie u. a. Personalauswahl und -einsatz, Informieren, koordinieren, Ziele vereinbaren, kontrollieren, ihre Mitarbeiter auch motivieren müssen. Die Mitarbeiter sind heutzutage qualifiziert, aufgeklärt und selbstbewusst. Hinzu kommt, dass Arbeit heute nicht mehr nur dazu dient, die Grundbedürfnisse (Hunger, Durst, ein Zuhause, etc.) zu befriedigen. Somit rückt die Auseinandersetzung mit den individuellen Zielen der Mitarbeiter immer mehr in den Vordergrund. Gerade hier kann nun Motivation viel bewirken. Die jeweiligen Arbeitsaufgaben sind so zu gestalten, dass sich der Einzelne mit den Zielen der Organisation identifizieren kann. Nur so kann eine hohe Arbeitsproduktivität bei gleichzeitiger Arbeitszufriedenheit erreicht werden (Stichwort: „Spaß an der Arbeit“). In diesem Zusammenhang wird auch deutlich, dass Motivation nicht nur eine fachliche, sondern im Besonderen auch eine menschliche Herausforderung für die Führungskräfte darstellt. In der modernen Managementlehre gibt es eine Vielzahl von Konzepten, die auf die Einstellung von Mitarbeitern und Führungskräften zu ihrem Unternehmen abzielen. Sie dienen nicht nur der Motivation im Sinne von Leistungssteigerung, sondern auch der Loyalität und Bindung wichtiger Mitarbeiter an das Unternehmen sowie der Einbindung der Belegschaft in notwendige Veränderungsvorhaben. Viele der modernen Konzepte des Personalwesens bauen auf diesen motivationstheoretischen Grundlagen auf, so dass ihre Kenntnis eine wesentliche Voraussetzung für das Verständnis der jeweiligen Modelle und Instrumente ist. 2 Begriffe Mit Motiv meint man in der Psychologie einen Beweggrund für menschliches Verhalten. Kurz gesagt: ein Motiv ist ein Grund, etwas zu tun. Motivation befasst sich also mit den Einflussfaktoren, die Menschen zu einem bestimmten Verhalten bewegen. Im betriebswirtschaftlichen Kontext spielt die Motivation des einzelnen Mitarbeiters dahingehend eine gewichtige Rolle, als dass sie, gemeinsam mit den geistigen und körperlichen Fähigkeiten des Einzelnen sowie den jeweiligen situativen Einflüssen, das Arbeitsergebnis bestimmt. Es lassen sich zwei grundsätzliche Arten von Motivation unterscheiden. Die intrinsische Motivation beruht auf vom Einzelnen selbst bestimmten Faktoren, die jeder für sich selbst als wichtig erachtet. Beispiele für intrinsische Faktoren sind das Streben nach verantwortungsvollen und wichtigen Tätigkeiten, Entscheidungsfreiheiten, persönliche Entwicklungsmöglichkeiten und interessante Arbeitsinhalte. Extrinsische Faktoren werden von Dritten, im betrieblichen Kontext also beispielsweise vom Vorgesetzten, mit dem Ziel vorgegeben, jemanden zu einem gewünschten Verhalten zu motivieren. Als typische Beispiele lassen sich hier Gehaltserhöhungen, Belobigungen, Beförderungen, aber auch Bestrafungen wie Gehaltsreduzierung oder disziplinarische Maßnahmen nennen. Im Allgemeinen haben extrinsische Motivationsfaktoren einen stärkeren, aber kurzfristigeren Effekt, während intrinsische Faktoren eher eine langfristige Wirkung erzielen. 3 Motivationstheoretische Ansätze Die Entstehung von motivationstheoretischen Ansätzen begann ca. 1930 als Gegenbewegung zum Taylorismus. Das mechanistische Menschenbild des Taylorismus wurde seitdem zugunsten der Vorstellung des Menschen als „sozial motiviertes Gruppenwesen" verdrängt. Bis zum heutigen Tage gibt es keine universale, allgemein akzeptierte Motivationstheorie, die umfassend und abschließend erklären kann, wie menschliches Verhalten in wirtschaftlichen Unternehmen beeinflusst und gesteuert werden kann. Inhaltstheorien der Motivation Inhaltstheorien, oder auch substanzielle Theorien genannt, versuchen zu erklären, was in einer Person oder in seiner Umwelt Verhalten erzeugt und aufrechterhält. Diese Theorien arbeiten mit konkreten Annahmen über die Motive und Bedürfnisse jedes Individuums. Zu den herausragenden Vertretern dieser Klasse gehören die Bedürfnispyramide von Maslow und das Zwei-Faktoren-Modell von Herzberg. Die Bedürfnistheorie basiert auf der Annahme, dass ein unbefriedigtes Bedürfnis Spannungen erzeugt. Zum Abbau dieser Spannungen werden Maßnahmen ergriffen, die das betreffende Bedürfnis befriedigen sollen. Demnach sind alle Handlungen durch unbefriedigte Bedürfnisse motiviert. Die Hierarchie der Bedürfnisse nach Maslow Nach Maslow gibt es fünf grundlegende und aufeinander aufbauende Kategorien von Bedürfnissen: Selbstverwirklichung (Unabhängigkeit und Entfaltung der eigenen Persönlichkeit) Wertschätzungsbedürfnisse (Wunsch nach Anerkennung und Achtung) Soziale Bedürfnisse (Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft, befriedigende soziale Beziehungen) Sicherheitsbedürfnisse (Schutz vor unvorhergesehenen Ereignissen, die die Befriedigung der Grundbedürfnisse gefährden können) Grundbedürfnisse (z. B. Essen, Trinken) Maslow geht davon aus, dass menschliches Verhalten grundsätzlich durch das hierarchisch niedrigste unbefriedigte Bedürfnis motiviert wird. Der Mensch versucht also zunächst seine Grundbedürfnisse zu befriedigen. Ist das geschehen, übernimmt das nächst höhere Bedürfnis (die Sicherheitsbedürfnisse) die treibende Rolle im Handeln des Menschen. Dieser Prozess setzt sich fort bis zur Selbstverwirklichung; dieses Bedürfnis kann jedoch nie vollständig befriedigt werden. Dieses einfache Modell erklärt, warum allein die Befriedigung der Grundbedürfnisse kaum geeignet ist, jemanden zur Aufnahme einer Arbeit zu bewegen, solange der gleiche Effekt durch soziale Sicherungssysteme erreicht wird. Erst wenn die Arbeit die Befriedigung zusätzlicher Bedürfnisse in Aussicht stellt (z. B. soziale Kontakte, Aufstieg in eine andere soziale Schicht), besteht ein echter Anreiz dazu. Die Grundthesen müssen jedoch etwas variiert werden: Häufig reicht ein Befriedigungsgrad von ca. 70 % aus, damit das nächst höhere Bedürfnis motivierend wird. Die relative Bedeutung der Bedürfnisse ändert sich mit zunehmender Reife; die unteren Bedürfnisgruppen verlieren und die oberen Bedürfnisgruppen gewinnen an Bedeutung. Während ein Kleinkind vorwiegend physiologische Bedürfnisse aufweist, strebt eine 50jährige Person v. a. nach Selbstverwirklichung. Je nachdem, in welcher Lebensphase sich eine Person befindet, weist sie andere Bedürfnisse auf, die befriedigt werden müssen, soll die Person erfolgreich motiviert werden. Empirische Forschungen weisen daraufhin, dass diese Bedürfnishierarchie nicht einheitlich vorfindbar ist, dass aber eine Trennung in 2 Gruppen möglich ist. So müssen i. d. R. erst die Grund- und Sicherheitsbedürfnisse ausreichend befriedigt sein, bevor die darüberliegenden Bedürfnisse verhaltensbestimmend werden. Das Beispiel der Freelancer/ Freiberufler zeigt jedoch, dass es durchaus auch Personen gibt, die Aspekte der Selbstverwirklichung höher einschätzen als klassische Sicherheitsbedürfnisse. Ein weiterer Kritikpunkt bezieht sich auf die Unbestimmtheit der Kategorien und ihre geringe Operationalität sowie die Kulturgebundenheit des Ansatzes. Die Zwei- Faktoren- Theorie von Herzberg In den 50er und 60er Jahren erforschte Frederick Herzberg die Quellen der Mitarbeitermotivation. Im Rahmen der sog. Pittsburgh-Studie wurden Arbeitnehmer nach Situationen befragt, in denen sie hohe Zufriedenheit oder Unzufriedenheit verspürten. Hierbei kam Herzberg nach umfangreichen Studien zum Schluss, dass die Faktoren, die sich positiv auf die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter auswirken, völlig andere sind als jene, die zu Unzufriedenheit führen. Daraus entwickelte Herzberg seine Zwei-Faktoren-Theorie: Motivatoren lösen Zufriedenheit aus und motivieren. Hygienefaktoren lösen keine Zufriedenheit aus; ihre Nichterfüllung würde jedoch zu Unzufriedenheit führen. Motivatoren (intrinsisch) Hygienefaktoren (extrinsisch) - die Arbeit an sich - die Möglichkeit, etwas zu leisten - die Möglichkeit, sich weiter zu entwickeln - Verantwortung bei der Arbeit - Aufstiegsmöglichkeiten - Anerkennung - Gestaltung äußerer Arbeitsbedingungen - Beziehung zu den Kollegen - Beziehungen zu den Vorgesetzten - Firmenpolitik und Administration - Entlohnung und Sozialleistungen - Krisensicherheit des Arbeitsplatzes Bislang lag der Schwerpunkt vornehmlich in der Beseitigung motivationshemmender Hygienefaktoren. Der Charme darin lag in der umfassenden Planbarkeit und hohen Streuwirkung dieser Maßnahmen. Sozialleistungen, angenehme Büroräume oder betriebliche Mitbestimmung ließen sich zentral organisieren und flächendeckend einsetzen. Herzbergs Theorie stellt eine radikale Absage an allzu einfach konzipierte Motivationsprogramme wie Prämien etc. dar. Bezahlung ist ein Hygienefaktor. Es wird einfach erwartet, dass gute Arbeit auch entsprechend entlohnt wird. Betrachtet der Mitarbeiter die Bezahlung jedoch als nicht adäquat, kann dies schnell zu Unzufriedenheit führen. Herzbergs Theorie förderte den Trend zum Job-Enrichment, nach dem Stellen so gestaltet werden, dass ein Höchstmaß intrinsischer Arbeitszufriedenheit erreicht wird. Im Falle von Job Enrichment erfährt die Stelle eine qualitative Aufwertung durch ganzheitliche, vielseitigere und schwierigere Aufgaben, mehr Eigenverantwortung, Übernahme von Planungsaufgaben und Selbstkontrolle, Eine Ausprägung von Job Enrichment stellen beispielsweise auch teil-autonome Arbeitsgruppen dar; welche zusätzlich die Interaktion bzw. sozialen Kontakte fördern. Ein autoritärer Führungsstil passt sicherlich nicht zu diesen Ansätzen, sondern nur ein kooperativer Führungsstil; z. B. in Form des Managements by Objectives (führen durch Zielvereinbarungen). Weniger weit gehende Ansätze sind Job Rotation und Job Enlargement. Job Rotation bildet eine horizontale Arbeitserweiterung und hat planmäßige, regelmäßige Arbeitsplatzwechsel (räumlich wie inhaltlich) innerhalb derselben Hierarchieebene zur Folge. Job rotation will dazu beitragen, die Monotonie der Arbeitstätigkeit zu verringern und die Flexibilität der Mitarbeiter zu erhöhen. Auf diese Weise wird auch das Blickfeld der Mitarbeiter erweitert, was wiederum ihrer Qualifikation dienlich ist. Im Rahmen von Job Enlargement wird das Aufgabenfeld des Mitarbeiters innerhalb derselben Ausführungsebene erweitert. Ziel ist eine Erhöhung der Vielfalt der Arbeitsaufgaben und -inhalte. Vergleicht man die Ansätze von Maslow und Herzberg so lässt sich erkennen, dass die Hygienefaktoren/ Motivatoren von Herzberg sich stark decken mit den unteren drei/ oberen zwei Bedürfnisgruppen von Maslow. Die beiden Theorien sind aber nur unter der Annahme kompatibel, dass in modernen Industriegesellschaften die Hygienefaktoren weitgehend erfüllt und damit nicht mehr motivierend sind. Angesichts zunehmender Frühinvalidität etc. lässt sich daran jedoch zweifeln. Prozesstheorien der Motivation Die Prozesstheorien fragen danach, wie ein bestimmtes Verhalten des Einzelnen generiert, gelenkt und erhalten bzw. unterbrochen werden kann. Der Fokus liegt hier, wie der Name bereits ahnen lässt, auf den Prozessen und Einflussfaktoren, die eine Person zu einem bestimmten Verhalten veranlassen, jedoch ohne dass der Person bestimmte substanzielle Motive unterstellt werden. Die VIE-Theorie von Vroom Vroom versucht anhand der Faktoren Valenz, Instrumentalität und Erwartung zu erklären, warum Menschen sich für eine bestimmte Handlungsalternative entscheiden. Die Valenz gibt die Attraktivität eines Ergebnisses/ Zieles für den Handelnden an. Die Instrumentalität zeigt an, welche Eignung der Handelnde einem Handlungsergebnis beimisst, um seine individuellen Ziele zu erreichen. Instrumentalitäten können Werte zwischen 1 und -1 annehmen. Eine 1/ -1 bedeutet, dass die Handlungsergebnisse die übergeordneten Ziele nahezu zwingend unterstützen/ verhindern. Der Erwartungswert ist die subjektive Wahrscheinlichkeit des Individuums, dass eine bestimmte Handlung auch ein bestimmtes Handlungsergebnis zur Folge hat. Hier können die Werte zwischen 0 (sicher nicht) und 1 (sicher) variieren. Anhand eines Beispiels soll nun gezeigt werden, wie diese 3 Faktoren zusammenwirkend ein Individuum zu einer bestimmten Handlung veranlassen. Beispiel Steinmann Bei diesem Grundkonzept wird nicht berücksichtigt, dass manche Handlungen bzw. Handlungsergebnisse (z. B. eine hohe Leistung) an sich motivierend wirken. Solche intrinsischen Faktoren müssten bei der Bestimmung der Valenz mit berücksichtigt werden. Beim Erwartungswert müsste wiederum berücksichtigt werden, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Handlungsergebnis auch tatsächlich zu den erwarteten Konsequenzen (z. B. Beförderung) führt. Empirische Untersuchungen konnten weitgehend die Vermutung bestätigen, dass eine hohe Arbeitszufriedenheit Fluktuation und Fehlzeiten verringern; im letzteren Fall allerdings nicht so eindeutig. Ein eindeutiger Zusammenhang zwischen Arbeitszufriedenheit und Arbeitsproduktivität konnte jedoch nicht aufgezeigt werden. Die Theorie von Vroom bietet hierfür Erklärungen; z. B. eine mangelnde Verknüpfung zwischen Arbeitszufriedenheit und Arbeitsproduktivität. Praktische Konsequenzen der Theorie von Vroom: Theorie-Element Individuum Management-Implikation Erwartung Kann ich die gewünschte Leistung erzielen? Welche meiner Ziele kann ich wie gut mit einer bestimmten Leistung erreichen? Wie wichtig sind mir diese Ziele? Personalauswahl, Fortbildung, Klärung der Leistungsziele Enge Kopplung von Leistung und Anreiz Instrumentalität Valenz Identifikation der relevanten Mitarbeiterziele, gezielte Ausrichtung der Anreizsysteme auf diese Mitarbeiterziele Der letzte Punkt macht deutlich, dass zur Verhaltenssteuerung das Unternehmen Informationen über Zielsystem, Instrumentalität und subjektive Wahrscheinlichkeit für jeden Mitarbeiter bräuchte. Dies ist jedoch nicht praktikabel. Deshalb sind Aussagen darüber notwendig, welche Ziele Menschen bzw. bestimmte Menschentypen i. d. R. anstreben und welche speziellen Arbeitsbedingungen sie im Allgemeinen als geeignet empfinden um diese Ziele zu erreichen. Hier bieten die oben dargestellten Inhalttheorien Anhaltspunkte. Weitere Theorien im Überblick Die Zieltheorie geht davon aus, dass Motivation und Leistung steigen, wenn den Mitarbeitern spezifische, exakt definierte Ziele gestellt werden. Diese Ziele müssen zwar ehrgeizig sein, aber von dem jeweiligen Mitarbeiter auch akzeptiert werden. Daher ist die Beteiligung des Mitarbeiters an der Zielsetzung ebenso bedeutsam wie ein regelmäßiges Feedback. Die Zieltheorie fand ihren Eingang in das Management by Objectives und in die in vielen Unternehmen fest verankerten Zielvereinbarungsgespräche. Die Praxis hat jedoch gezeigt, dass solche Maßnahmen nur zu den gewünschten Ergebnissen führen, wenn sie entsprechend qualifiziert ausgeführt werden, nicht zu einer rein bürokratischen Übung werden und wirklich von allen Beteiligten als wichtiger Prozess verstanden werden. Nach der Gleichheits- oder Gerechtigkeitstheorie sind Mitarbeiter motiviert, wenn sie sich im Verhältnis zu (selbst gewählten) Vergleichspersonen fair behandelt fühlen. Empfindet ein Mitarbeiter beispielsweise seine Bezahlung als zu niedrig, wird er entweder mehr Geld fordern oder seine Leistung reduzieren. In der Regel wird davon ausgegangen, dass intrinsische und extrinsische Motivation kombiniert eingesetzt werden können und sich dann ergänzen. Empirische Studien haben jedoch gezeigt, dass extrinsische Anreize eine vorhandene intrinsische Motivation verringern oder sogar völlig verdrängen können. Gründe hierfür können sein: Wird eine Person für eine Aktivität belohnt, die sie aufgrund intrinsischer Motivation ohnehin ausgeführt hätte, so wird die intrinsische Motivation abgebaut um eine Überrechtfertigung zu vermeiden. Experimente zeigten, dass Personen, die für eine Tätigkeit entlohnt werden, die sie zunächst allein um ihrer selbst willen ausgeübt hatten, diese Tätigkeit nach Entzug der Belohnung nicht mehr oder nur in beschränktem Umfang ausüben. Zudem können Belohnungen in einem Bereich dazu führen, dass auch für Handlungen in anderen Bereichen Belohnungen erwartet werden. Wird eine nach Einschätzung des Mitarbeiters auf Wechselseitigkeit beruhende Handlung auf einmal explizit entlohnt, können zunächst gleichgewichtige Beziehungen gestört werden, wenn Mitarbeiter sich durch diese Anreize kontrolliert oder zur Mehrarbeit aufgefordert fühlen. Diese Probleme können die intrinsische Motivation insbesondere dann stören, wenn die Mitarbeiter durch die extrinsischen Anreize ihre Selbstbestimmung oder ihr Selbstwertgefühl in Frage gestellt sehen. Besondere Bedeutung hat die intrinsische Motivation bei Arbeiten, deren Arbeitsinhalte so gestaltet sind, dass die Vorgabe klarer Ziele, an denen sich dann extrinsische Belohnungen ausrichten, kaum möglich ist. Dies gilt vor allem für Tätigkeiten von Experten, die häufig nur selbst beurteilen können, ob ein besseres Ergebnis möglich gewesen wäre. Extrinsische Anreize können hier zu einem Dienst nach Vorschrift führen. Die Forderungen der Mitarbeiter stehen, das jedenfalls beweisen regelmäßig die Gewerkschaften, mehr oder weniger losgelöst von den Interessen der Unternehmen. Wenn es aber gelingt, die Interessen der Mitarbeiter so zu modifizieren, dass sie sehr kongruent mit den Interessen des Unternehmens sind, dann kann die geschilderte Polarität entschärft werden. Der Mitarbeiter hat also nicht mehr nur seine Gehaltsforderungen. Er hat nun auch die Forderungen aus seiner Eigenschaft als Mitteilhaber des Unternehmens. In der Praxis haben sich hierbei die Stock Option Pläne als gutes Instrument gezeigt. Die Kaufoder Call-Optionen räumen dem Begünstigten während der Optionslaufzeit das Recht ein, Aktien des Basiswertes zu dem vereinbarten Basispreis zu beziehen. Neben dem Fixgehalt, das weiterhin die Aufgabe als Hygienefaktors übernimmt, können Aktienoptionen auf das eigene Unternehmen die Motivationsfunktion übernehmen. Die Mitarbeiter engagieren sich viel stärker im und für das Unternehmen. Denn der Erfolg der Firma bestimmt viel stärker sowohl emotional als auch materiell das eigene, finanzielle Ergebnis. Im Unterscheid zu Tantiemen oder anderen erfolgsabhängigen Komponenten haben die Stock Options den geschaffenen Shareholder Value als Benchmark, da sie den Aktienkurs als Bemessungsgrundlage verwenden. Die Stock Options sind in der Regel mit Sperr- und Mindestlaufzeiten von mindestens einem Jahr ausgestattet. Damit ergibt sich auch eine längerfristige Dimension der Motivationswirkung. Anhand des asymmetrischen Risiko- und Zahlungsprofils einer Option lässt sich leicht zeigen, dass die Merkmale der Motivatoren erfüllt sind: Der Wert einer Option ist mindestens null. Selbst wenn der Aktienkurs unter den Basiskurs fällt, entsteht kein negativer Wert, denn der Begünstigte wird schlichtweg sein unrentables Recht nicht ausüben. Von Aktienkurssteigerungerungen profitiert er hingegen. Aufgrund dieser Asymmetrie bewirkt eine Option also bei positivem Wert eine Erhöhung der Zufriedenheit. Da der Wert schlimmstenfalls null ist, wird im worst case die Zufriedenheit nicht erhöht. Eine Zunahme der Unzufriedenheit (wie es bei Hygienefaktoren der Fall wäre) findet jedoch in keinem Fall statt. Im Übrigen stellt ja auch das Fixgehalt sicher, dass die Unzufriedenheit nicht weiter zunimmt.