3 Bauen und Wohnen - Abgeordnetenhaus von Berlin

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Nachhaltigkeitsbericht
Berlin 2003
Stand: 1. August 2003
Inhalt
1
Nachhaltigkeit in Berlin ................................................................ 7
2
Stadtentwicklung ........................................................................... 9
Soziale Stadt – Stadtmonitoring – Quartiersmanagement – Flächennutzungsplan – Stadtentwicklungspläne – Planwerke – Gemeinsame
Landesplanung Berlin-Brandenburg – Interregionale Kooperationen
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Bauen und Wohnen ..................................................................... 20
Ökologischer Städtebau – Modellprojekte – Niedrigenergiehaus Marzahn – Wohnungsneubau – Eigentumsbildung im Bestand – Genossenschaftsförderung – Sanierung des Bestands – Großsiedlung
Hellersdorf – Revitalisierte Stadtbrachen – Landstadt Gatow
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Denkmalpflege ............................................................................. 31
Gartendenkmalpflege – Umnutzung von Baudenkmalen – Denkmalliste – Bauten für Parlament und Regierung
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Grünes Berlin ............................................................................... 33
Naturschutz –Landschaftsprogramm – Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie – Pflege- und Entwicklungspläne –Maßnahmen und Projekte –
Röhrichtschutz –Landschaftsplanung – Landschafts- und Artenschutzprogramm – Gesamtstädtischer Ausgleich – Freiraumsystem –
Landschaftspläne – Biotopflächenfaktor– Umweltverträglichkeitsprüfung – naturschutzrechtliche Eingriffsregelung – Artenschutz –
Naherholungsgebiet Berliner Barnim – Wald in der Großstadt –zertifizierte Waldwirtschaft – Waldzustand –Forstliche Rahmenplanung –
Waldschulen – Wildtiere im Stadtgebiet –Pflanzenschutz
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Mobile Stadt ................................................................................. 48
StEP Verkehr – Entwicklung der letzten Jahre – Umweltverbund –
Tarifpolitik – Parkraumbewirtschaftung – Beschleunigung des
ÖPNV – Fahrradbeauftragter – Innovative Mobilitätsservices –
Plattformen Wirtschaftsverkehr – Güter auf Schiene und Wasser –
Integriertes Güterverkehrskonzept – Baustellenlogistik – Hafenstandorte – Verkehrskompetenzzentrum
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Klima und Energie ....................................................................... 56
Sinkender Energieverbrauch – Weniger CO2-Emissionen – Zehnmal
mehr Solarenergie – Förderprogramme der Energiewirtschaft –
Aufklärung und Anreizsysteme – Solarschule – Berlin spart Energie
2
– Berliner Energieleistungsstandard B.E.ST. – Heizspiegel –
Energiesparpartnerschaften
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Boden ............................................................................................ 62
Altlastensanierung – Freistellungsverfahren – Großprojekt Berlin
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Wasser .......................................................................................... 65
Gewässernetz und Wassermenge – Speichersee Lohsa II – Gewässerqualität – Phosphate und Eutrophierung – Gütemessnetz und Richtlinien – Wasserrahmenrichtlinie – Schwebstoffe – Geringe Schadstoffbelastungen – Fischerei – Abwasser – Klärwerke – Abwasserbeseitigungsplan – Sanierung der Kanalisation – Aktionsprogramm
Spree/Havel 2000 – Betriebe als Direkteinleiter – Beispiel Schering AG
– Abwasserabgabe – Grundwasserentnahmeentgelt – Grundwasserqualität – Grundwassermanagement – Wasserschutzgebiete –
Gewässersanierung – Entschlammung des Teltowkanals – Teilsanierung
Rummelsburger See
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Luft................................................................................................ 76
Grenz- und Richtwerte – Berliner Luftgüte-Messnetz –Schwefeldioxid (SO2) – Stickoxide (NOx) – Kohlenmonoxid (CO) – Benzol –
Ozon – Schwebstaub/PM 10-Staub – Ruß – Straßennahe Belastung –
Emissionen (Industrie, Hausbrand, Verkehr) –Luftreinhalteplan –
Kraft-Wärme-Koppelung Heizungen – Chemische Reinigungen –
Tankstellen – Abgasvorschriften für Kfz – Erdgas als Kraftstoff
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Lärm ............................................................................................. 88
Hauptquelle Verkehr – Lärm an Straßen – Lärm an Schienenwegen
– Fluglärm – Verkehrslärmkataster – Verkehrsimmissionskataster –
Ressortübergreifende Vorsorge – Tempo-30-Zonen – LKW Fahrverbote – Bündelung des Verkehrs – Fahrzeugtechnik – Passiver Verkehrslärmschutz – Baulärm – Großveranstaltungen – Schankgärten
und Straßencafés – Lärmminderungsplan
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Abfall ............................................................................................ 95
Sinkende Mengen – Siedlungsabfälle – Bauabfälle – Sonderabfälle –
Entsorgungssituation – Abfallwirtschaftsplan Berlin – Strategien zur
Vermeidung – Strategien zur Verwertung – Maßnahmen (Siedlungsabfall, Bauabfall, Sonderabfälle) – Entsorgungsraum BerlinBrandenburg – Sonderabfallgesellschaft Brandenburg/Berlin –
Aufgaben der Zukunft – STAB-Konzept
3
13
Ökologischer Umbau ................................................................. 104
Umweltallianzen – Umweltförderprogramme – Informationssystem
Stadt und Umwelt – FIS-Broker – Umweltatlas Berlin –
Umweltforschung
14
Lokale Agenda 21 ...................................................................... 107
Beste Beispiele
4
Vorwort
Wie die Menschen in den Städten zusammenleben, wird entscheidend für
die Zukunft unserer Gesellschaft sein. In der Europäischen Union leben
heute über 80% der Bevölkerung in Städten; weltweit sind es über 60% –
und der Trend ist ungebrochen. Internationale Konferenzen wie HABITAT II 1996 in Istanbul und URBAN 21 im Jahre 2000 in Berlin haben
deutlich gemacht: Die Welt des 21. Jahrhunderts wird eine städtische
Welt sein. Die lange Zeit als antiquiert und unbeweglich belächelte europäische Stadt erlebt eine Renaissance. Urbanität und Dichte werden
wieder entdeckt.
Städte müssen ihre traditionelle Rolle neu finden und definieren: als Orte
der Kommunikation, des Austausches, der Kultur, der Vielfalt und der
Toleranz, vor allem aber auch als Orte, in denen man sich angstfrei bewegt und gerne aufhält und lebt. Vor drei Jahrzehnten begann mit dem
Bericht des Club of Rome die Diskussion über „die Grenzen des Wachstums“. Damals konzentrierte sich die Diskussion auf Umweltschutzprobleme wie Smog, Waldsterben, Saurer Regen oder die Auslaugung und
Erosion der Böden. Heute umfasst sie alle gesellschaftsrelevanten
Bereiche. An die Stelle der Schadenskontrolle ist die Vorsorge für eine
lebenswerte Umwelt getreten. Dieser Paradigmenwechsel zeigt sich auch
im Namen des vorliegenden Berichts. Anders als bei den früheren
Umweltschutzberichten, geht es heute um Nachhaltigkeit: Berlin wird als
soziales, ökologisches und wirtschaftliches System unter die Lupe
genommen.
Nachhaltige Entwicklung bedeutet vor allem die Sicherung einer intakten
städtischen Umwelt. Lange Zeit wurden Fragen des Flächenverbrauchs,
wurden
Luftverschmutzung,
Trinkwasserqualität,
Abfallbeseitigung,
Energieverbrauch und Lärm zugunsten von Bautätigkeit und ökonomischer Entwicklung zurückgestellt. Der wirtschaftliche Output galt als
einziger Indikator städtischer Zukunftsfähigkeit. Heute wissen wir: Die
Modernisierung von Wirtschaft und Produktion ist auf Dauer nur tragfähig, wenn auch die Stadt um sie herum sich modernisiert. Dieser
Bericht zeigt, wie Berlin in den letzten Jahren die Chance nutzte, ein
Konzept nachhaltiger Stadtentwicklung umzusetzen.
Berlin hat die Herausforderungen des Umbruchs nach 1989 angenommen
und mit einer dramatischen Aufbauleistung vierzehn Jahre nach der
Wiedervereinigung der Stadt nicht nur viele teilungsbedingte Mängel
behoben, sondern sich in einem ehrgeizigen Modernisierungsprozess eine
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gute Ausgangsposition im Konkurrenzkampf der Standorte geschaffen.
Die technische Infrastruktur der Stadt wurde und wird umfassend
modernisiert. Der Gebäudebestand ist erheblich erneuert und ergänzt
worden. Die Modernisierung entlastet die Umwelt, Berlin wurde zur
Dienstleistungsstadt.
Modernisierung und Umweltschutz sind keine Gegensätze, ganz im
Gegenteil. Der Schutz der Umwelt ist ein Teil der Modernisierungsstrategie für Berlin.
Peter Strieder
Senator für Stadtentwicklung
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1
Nachhaltigkeit in Berlin
Die Betrachtung nachhaltiger Entwicklung hebt die Trennung zwischen
natürlichen und gesellschaftlichen Ressourcen auf und versucht, Entwicklungen insgesamt zu bilanzieren. Der vorliegende Nachhaltigkeitsbericht ist daher kein „Umweltbericht“, sondern sieht Stadtentwicklung
als ein Zusammenspiel sehr unterschiedlicher Faktoren, das soziale,
ökonomische und natürliche Ressourcen einbezieht.
Aus der Zielsetzung, ökologische Fragestellungen in den Zusammenhang
städtischer Entwicklung zu stellen, ergibt sich eine grundlegende
Gliederungsfrage: Soll Stadt als die Summe einzelner Faktoren erklärt
werden oder sind ökologische wie ökonomisch-soziale Aspekte nur aus
der „Gesamt-Konstruktion“ Stadt heraus zu erklären, wie es der Ansatz
dieses Berichtes ist?
Mit der Entscheidung, Nachhaltigkeit aus dem Bild der Stadt heraus zu
spiegeln, ergibt sich eine ungewohnte Gliederung. Dieser Bericht beschäftigt sich zunächst mit Stadtentwicklungsplanung, mit Bauen,
Wohnen, Verkehr und schließt die Betrachtung der natürlichen
Ressourcen daran an. Durch dieses Verfahren kann das Verhältnis von
Stadtplanung und den Folgen für die ökonomischen und ökologischen
Ressourcen transparent gemacht werden.
Dieses Verfahren ist auch deshalb sinnvoll, weil sich in den letzten Jahren
erhebliche Veränderungen vollzogen haben, die für die Gesamtbilanz von
Bedeutung sind. So sind zum Beispiel die Werte für die Luftgüte
erheblich günstiger als zu Beginn der 90er Jahre. Diese Entwicklung ist
ohne die erheblichen Investitionen in die Wohnungs- und Gebäudesanierung nicht erklärbar. Gleichzeitig hat die Öffnung der Stadt andere
Entwicklungen mit sich gebracht, wie zum Beispiel eine verstärkte Verkehrsentwicklung, was sich u.a. auch in der Belastung durch Lärm
niederschlägt.
Der Bericht macht deutlich, dass die dramatischen Veränderungen, die die
Stadt seit dem Fall der Mauer durchgemacht hat, auf vielen ökologischen
Feldern positive Wirkungen hervorriefen. Der gewaltige Schub an
Modernisierungsinvestitionen hat die Substanz der gebauten Stadt
grundlegend verbessert. Die Erneuerung und Modernisierung der
technischen Infrastruktur hat zu erheblichen Effizienzsteigerungen
geführt.
Die
noch
nicht
abgeschlossene
Sanierung
der
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schienengebundenen Verkehrswege hat die Voraussetzungen für eine
umweltadäquate Mobilität geschaffen.
Über
die
Effizienz
des
Ressourceneinsatzes
entscheidet
die
Gesamtorganisation der Stadt Hier spielt der Umgang mit Flächen eine
erhebliche Rolle. Durch die historische Entwicklung ist Berlin im
Unterschied zu vielen anderen Städten in der Lage, der Verödung und
funktionalen Entmischung der Innenstadt entgegen zu wirken und so eine
räumlichen Zersiedelung zu verhindern.
Die Orientierung am Leitbild der europäischen Stadt, das die Entwicklung
auf die Innenstadt fokussiert, kann längerfristig einen nicht zu unterschätzenden Standortvorteil bieten: Die nachhaltige Stadt, in der die
Menschen gerne leben.
Der Bericht enthält bewusst keine weitergehenden Handlungsanleitungen,
die sich aus den beobachteten Entwicklungen ergäben, wohl aber werden
Veränderungspotenziale skizziert und aktuelle Maßnahmen vorgestellt.
Die in diesem Bericht verwendeten Zahlen und Daten geben den letzten verfügbaren
offiziellen Stand wieder. Aktualisierte Angaben können jederzeit im Netz abgerufen
werden unter
http://www.stadtentwicklung.berlin.de
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2
Stadtentwicklung
Die kompakte, räumlich komplexe Stadt ist das Leitbild, das der Berliner
Stadtentwicklungspolitik der letzten Jahre zugrunde liegt. Nachhaltigkeit
am Beginn des 21. Jahrhunderts hat Dichte als Voraussetzung. Dichte
heißt ein nahes Nebeneinander von Wohnen und Arbeiten, heißt kürzere
Verkehrswege, heißt Nutzung vorhandener Infrastruktur - und damit
insgesamt auch ökonomisches und ökologisches Haushalten mit den
Ressourcen einer verschuldeten Stadt in einer Zeit, da es mehr denn je
gilt, mit Blick auf künftige Generationen zu planen und zu wirtschaften.
Soziale Stadt
Städtebauliche Erneuerungsstrategien zielten lange vorrangig darauf,
städtebauliche Missstände zu beseitigen. Heute geht es darum, die sozialen, ökonomischen, kulturellen und ökologischen Dimensionen der Entwicklung zu unterstreichen und lokale Selbstorganisationskräfte zu mobilisieren. Damit wird Stadtentwicklung zu einem zentralen Steuerungsinstrument nachhaltiger Politik.
In einigen Stadtteilen sind die Folgen des Strukturwandels besonders
erfahrbar. Wachsende Teile der Bevölkerung werden marginalisiert,
indem für sie Arbeit und gesellschaftliche Einbindung nicht mehr gesichert sind. Rein baulich-städtebauliche Strategien würden nur einen Teil
der vielschichtigen Probleme angehen. Sie müssen mit sozialen, wirtschaftlichen, arbeitsmarkt- und umweltpolitischen sowie kulturellen
Interventionen verknüpft werden.
Bis 1999 war die Gemeinschaftsinitiative Urban I ein wichtiges Instrument dieses Bereichs. 40 Projekte – vom ökologischen Ausbau bis zum
Abenteuerspielplatz – wurden bewilligt. Für die Jahre 2000 bis 2006
stehen im Nachfolgeprogramm Urban II 14,9 Mio € an EU-Mitteln zur
Verfügung, die über bundes- und Landesmittel mit 25% kofinanziert
werden. Neben dem Quartiermanagement bildet Urban II so den
Schwerpunkt des Senatsprogramms Soziale Stadt.
Stadtmonitoring
1996 beauftragte der Senat ein „Gutachten zur Sozialorientierten Stadtentwicklung in Berlin“, um die demografischen, sozialen und ökonomischen Veränderungen in Berlin auf kleinräumiger Ebene zu analysieren. Das Ergebnis dieses Stadtmonitorings: Hauptsächlich in vier verschiedenen Gebietstypen führen sozial selektive Wanderungsprozesse zu
sozialräumlichen Polarisierungen – in innerstädtischen Altbaugebieten im
West- und im Ostteil, in Großsiedlungen des sozialen Wohnungsbaus im
West- und solchen des komplexen Wohnungsbaus (Plattenbausiedlungen)
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im Ostteil. Vielfältige Probleme verstärken sich in einigen Quartieren
gegenseitig: hohe Bevölkerungsfluktuation; hohe Ausländeranteile,
insbesondere bei Jugendlichen und Kindern; hohe Arbeitslosigkeit; hohe
Sozialhilfedichte; hoher Zuzug von Zuwanderern aus dem Ausland;
Wegzug von Familien mit Kindern sowie von Erwerbstätigen. Neben
statistischen Merkmalen machen qualitative Aussagen über Milieu und
Zustand des öffentlichen Raumes die Probleme sichtbar: Verwahrlosung
des öffentlichen Raumes, zunehmend gewalttätige Auseinandersetzungen
insbesondere zwischen Jugendgruppen, Drogenkonsum, Alkoholismus
und ein wachsendes Gefühl der Unsicherheit und Bedrohung.
Nur integriertes Handeln und vernetzte Maßnahmen können solche Gebiete stabilisieren, indem sie Synergieeffekte der begrenzten öffentlichen
Mittel nutzen. Die Strategien müssen den komplexen Problemen in den
Quartieren und ihren komplexen Ursachen Rechnung tragen. Eine besondere Rolle kommt der ökonomischen Quartiersentwicklung zu, da wirtschaftliche Benachteiligung zu den zentralen Ursachen der problematischen sozialen Lage der Bewohner gehört.
Quartiersmanagement
1999 wurden auf der Basis des Gutachtens zunächst 15 besonders stark
betroffene Stadtquartiere herausgefiltert. Im März 1999 beschloss der
Senat in diesen Gebieten integrierte Stadtteilverfahren einzuführen: das
Quartiersmanagement – zunächst als Pilotverfahren für die Dauer von
drei Jahren, also bis zum 31. März 2002. Die Evaluierung zeigte bald eine
so deutliche Stabilisierung und Aufwertung der Gebiete, so dass der Senat
im August 2001 die Laufzeit um zwei Jahre verlängerte. Im Oktober 2001
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schließlich wurden – als Ergebnis der Fortschreibung des Stadtmonitorings – zwei neue Gebiete in das Programm aufgenommen.
Die Durchführung liegt in allen 17 Gebieten in der Hand von Quartiersmanagern. Sie wurden von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung in
Abstimmung mit dem jeweiligen Bezirksamt beauftragt und sind mit
einem Vorort-Büro im Gebiet präsent. Zu ihren konkreten Aufgaben
gehören Stadtteilkoordination (also das Vernetzen unterschiedlicher
Interessengruppen und lokaler Akteure; Anregen und Aufbau von Kooperationen zwischen Institutionen, Initiativen, Unternehmen, Wohnungsbaugesellschaften u. a.), die Aktivierung der Bewohner (Einrichtung von
Vergabeverfahren durch Bewohner-Jurys), die Projektinitiierung (Hilfestellung bei der Entwicklung beschäftigungswirksamer Projekte) und eine
kontinuierliche Berichterstattung über die Quartiersentwicklung und den
Fortgang der Arbeiten. Für jedes Gebiet wurden 0,51 Mio. € für
Maßnahmen aus einem Quartiersfond bereitgestellt, über deren Vergabe
die Bewohner-Jurys zu entscheiden hatten.
Die wichtigsten sektoralen Handlungsfelder des Quartiersmanagements
sind:
•
Berufsqualifizierung und Beschäftigung,
•
Wirtschaftsförderung und Stadtteilökonomie,
•
Wohnen, Wohnumfeld und öffentlicher Raum,
•
Soziale und kulturelle Infrastruktur,
•
Soziale und ethnische Integration
•
Schule, Bildung, Sprache,
•
besondere soziale Lebenslagen, Gesundheitsförderung.
Um
diese
Handlungsfelder
ressortübergreifende
zu
Lenkungsrunde
verzahnen,
auf
wurden
Staatssekretärsebene
eine
und
gebietsbezogene Steuerungs- und Lenkungsgremien auf Bezirksebene
eingerichtet sowie QM-Koordinatoren in den Bezirksämtern benannt.
Seit 1999 konnten zahlreiche Projekte und Maßnahmen realisiert bzw.
angeschoben werden, die nachhaltig zur Aufwertung des Stadtraumes und
des Wohnumfeldes beitrugen, die soziale und ethnische Integration
förderten und die nachbarschaftliche Kommunikation und Kooperation
unterstützten.
Anteilig
Qualifizierungsprojekte
wurden
unterstützt.
Für
Beschäftigungsdie
und
Quartiersmanagement-
Gebiete steht in den Jahren 2002 und 2003 ein Programmvolumen von
insg. 23,3 Mio. € zur Verfügung (inkl. EU-Mittel). Darüber hinaus
werden diese Mittel mit Fördermitteln aus anderen Programmen (z.B.
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Wohnumfeldverbessernde
Maßnahmen,
Stadtweite
Maßnahmen,
Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen an Wohngebäuden,
Schul-
und
Sportanlagensanierungsprogramm)
für
die
Quartiers-
management-Gebiete gebündelt. Für die Jahre 2000 bis 2006 stehen
Mittel aus dem europäischen Strukturfonds (EFRE) in Höhe von
insgesamt rund 38,5 Mio € zur Verfügung.
Planungsinstrumente
Im klassischen Bereich der Stadtplanung nutzt Berlin eine Reihe von
Instrumenten, in denen wesentliche Ziele der Nachhaltigkeit berücksichtigt werden.
Flächennutzungsplan
Der erste gesamtstädtische Flächennutzungsplan (FNP) für Berlin wurde
am 1. Juli 1994 wirksam. Er stellt für das gesamte Stadtgebiet die räumliche Nutzung dar, wie sie sich aus der beabsichtigten städtebaulichen
Entwicklung und den voraussehbaren Bedürfnissen der Stadt ergibt.
Gemeinsam mit dem Landschaftsprogramm (LaPro) als wesentliche
ökologische Bezugsquelle bildet der FNP die strategische Grundlage
nachhaltiger Stadtentwicklung.
Aktualisierungen des FNP werden in einem transparenten Prozess zur
Diskussion gestellt. Seit 1994 wurden rund 100 Änderungen abgeschlossen, von denen 40 in die Neubekanntmachung Oktober 1998 aufgenommen, 60 danach wirksam wurden. Mit ihnen und mit weiteren 40 noch
laufenden
FNP-Änderungen
wurden
teilräumliche
Planungsziele
präzisiert.
Der FNP hat die Aufgabe, eine menschenwürdigen Umwelt zu sichern
und zu Schutz und Entwicklung der natürlichen Lebensgrundlagen
beizutragen. Ein sparsamer Umgang mit Flächen durch das Prinzip
Innenentwicklung vor Stadterweiterung, die Sicherung ökologisch und
klimatisch wertvoller sensibler Bereiche, der Schutz des Grundwassers,
die Vermeidung unnötiger Verkehrsströme und der Ausbau umweltfreundlicher Verkehrsarten sind wichtige Anliegen des Plans.
Stadtentwicklungspläne
In Stadtentwicklungsplänen (StEP) werden für die Gesamtstadt Leitlinien
und Zielsetzungen für unterschiedliche Funktionen erarbeitet. Die Stadtentwicklungspläne definieren räumliche und sachliche Prioritäten für die
Inanspruchnahme von Flächen und Standorten und bilden als sektorale
Entwicklungspläne die Grundlage für alle weiteren Planungen.
StEP Wohnen
Mit dem Stadtentwicklungsplan Wohnen hat der Senat die wohnungspolitische Strategie für Berlin festgelegt. Durch geförderten Mietwohnungsbau große Standorte an der Peripherie zu entwickeln, ist in Berlin
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heute weder finanzierbar noch entspricht es der Bedarfslage. Ein
entspannter Wohnungsmarkt (über 100.000 freie Wohneinheiten)
signalisiert, dass der geförderte Mietwohnungsbau verzichtbar ist. In
ungünstigen Lagen müssen Standardprodukte vom Markt genommen
werden, in günstigen Lagen hingegen werden neue Wohneinheiten
nachgefragt. Diese müssen aber privat finanziert werden.
Wesentliche Ziele der Wohnungsentwicklung für die nächsten Jahre sind:
•
Sicherung preiswerten Wohnraums nicht durch Neubau, sondern
durch Maßnahmen im Wohnungsbestand
•
Rückbau von „Standartprodukten“.
•
Öffentliches Geld für öffentliches Eigentum.
•
Privates Geld für privates Eigentum.
•
Konzentration des Neubaus auf nachgefragte zentrale Räume zur
Stärkung
der
nachhaltigen
Entwicklung,
Orientierung
auf
Nachfrage und Bedarf.
Deshalb will der Senat die Neubauaktivitäten auf die zukunftsträchtigen
Räume Innenstadt, Westraum und Südostraum konzentrieren.
Diese Räume haben neben qualitativ hochwertigen Lagen auch einen hohen Besatz an Arbeitsplätzen bzw. sind Entwicklungsräume für Zukunftsarbeitsplätze. Wohnen und Arbeiten können hier einander näher rücken.
Insbesondere auf den landeseigenen Grundstücken will der Senat mit
Leitprojekten aufzeigen, dass durch eine neue Bodenpolitik der Begriff
der Berliner Mischung in funktionaler und sozialer Hinsicht Aushängeschild bleiben kann.
StEP Gewerbe
Der StEP Gewerbe wurde von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung
gemeinsam mit der Senatsverwaltung für Wirtschaft und Technologie
erarbeitet. Im Zuge des dramatischen wirtschaftlichen Strukturwandels
hat das produzierende Gewerbe die prägende Bedeutung für Berlin weitgehend verloren. Flächenfreisetzungen nach Betriebsverlagerungen oder schließungen, Zwischennutzungen und industrielle Brachen, aber auch
neu errichtete Technologiezentren prägen die Gewerbestandorte - neben
weiterhin ansässigen Betrieben des verarbeitenden Gewerbes.
Der StEP Gewerbe geht im Wesentlichen der Frage nach den Entwicklungstendenzen der im Flächennutzungsplan (FNP) Berlin dargestellten
gewerblichen Bauflächen nach. Die Planung wurde für sieben Stadträume
differenziert. Deren stadträumliche Profile werden auf Leitbilder für
Standorte und Flächen heruntergebrochen. Wesentliche Aussagen sind:
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•
Überprüfung des Flächenbedarfs.
Mit einem Potenzial von bis zu 500 Hektar innerer Reserve sowie
500 Hektar Wachstumsreserve entspricht das Flächenpotenzial des
StEP Gewerbe dem längerfristig prognostizierten Bedarf.
•
Bestandssicherung und Flächenvorsorge.
Der Gewerbebestand soll grundsätzlich erhalten und gesichert
werden. Die Wiederverwendung und bessere Ausnutzung gewachsener Standortbereiche hat Vorrang vor der Inanspruchnahme
neuer Flächen.
•
Sicherung gewerblicher Streulagen außerhalb gewerblicher
Bauflächen
Erhalt und Entwicklung des nachbarschaftlichen Nebeneinanders
von Arbeitsstätten und Wohnungen
•
Industrieflächensicherung
•
Maßnahmen und Vorleistungen für Standortentwicklungen
Großräumige und teilräumliche Voraussetzungen für Gewerbeflächenentwicklung - wie z.B. der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur - werden identifiziert und bewertet.
StEP Zentren und Einzelhandel Der Dienstleistungsbereich insgesamt ist heute der sich am dynamischsten
entwickelnde Wirtschaftssektor Berlins. Der Einzelhandel prägt die
Lebendigkeit, Vielfalt und Anziehungskraft der städtischen Zentren. Im
Einzelhandel waren 2002 knapp 80.000 Personen beschäftigt. Die Umsatzentwicklung war in den letzten Jahren aufgrund der allgemeinen
Wirtschaftsentwicklung rückläufig und liegt unter dem Bundesdurchschnitt.
Der Bestand an Einzelhandelsflächen ist von 2,6 Mio m² im Jahr 1991 auf
4,0 Mio m² im Jahr 2002 gestiegen. Damit hat die Verkaufsfläche je
Einwohner von 0,67 m² auf 1,20 m² zugenommen. Der noch Mitte der
90er Jahre vorhandene Nachholbedarf ist inzwischen weitgehend gedeckt.
Im Bundesdurchschnitt lag die Ausstattung 2000 mit 1,31 qm
Verkaufsfläche je Einwohner geringfügig höher. Bis zum Jahr 2010 wird
für Berlin ein weiterer Anstieg um ca. 400.000 qm Verkaufsfläche
angenommen.
Die erhebliche Dynamik, die die quantitative Flächenentwicklung des
Einzelhandels in der unmittelbaren Nachwendezeit geprägt hat, wird sich
künftig vorrangig als qualitative Umstrukturierung von bestehenden
Standorten und Zentren darstellen. Dahinter steht ein anhaltender
Strukturwandel des Handels mit Konzentrationsprozessen, zunehmender
Filialisierung
und
der
Veränderung
von
Betriebsformen.
Eine
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erfolgreiche, kontrollierte und gesteuerte Einzelhandels- und Zentrenentwicklung ist deshalb eine vorrangige Aufgabe für ein zukunftsfähiges
Berlin. Kaufkraft in der Stadt zu halten bzw. neue Kaufkraft zu
akquirieren (Städtetourismus) bleibt damit ein Handlungsfeld.
Die folgenden Ziele und Leitlinien wurden deshalb im März 1999 als erster Teil des StEP Zentren und Einzelhandel, Teil 1, vom Senat
beschlossen:
•
Erhalt der Polyzentralität,
•
Sortimentsbeschränkungen für Einzelhandelsansiedlungen außerhalb der Zentren,
•
grundsätzlich keine Realisierung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben auf im FNP dargestellten gewerblichen Bauflächen,
•
Entwicklung geeigneter Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität und des Erscheinungsbilds der Zentren,
•
Fachmarktansiedlung in Zentren nur, wenn damit eine Stärkung
der Zentren erfolgt.
Büroflächen
Mit ca. 570.000 Bürobeschäftigten ist Berlin die größte Bürostadt
Deutschlands. Die Büroflächenentwicklung wird seit 1992/93 gesamtstädtisch und teilräumlich analysiert. Die daraus resultierenden Berichte –
der vierte und derzeit aktuellste erschien 1998 – haben die Transparenz
des Berliner Büroflächenmarkts deutlich erhöht.
Zu Beginn der 90er Jahre prägten diesen Markt Angebotsengpässe, explosive Mietenanstiege und wenig später ein beispielloser Bauboom. Seit
1990 wurden 8 Mio m² Bürofläche (BGF) fertiggestellt. Mit über 18
Millionen Quadratmetern Bürofläche ist Berlin heute der größte
städtische Büroflächenmarkt in Deutschland. Das stadtplanerische Ziel
der
Nutzungsmischung
hat
sich
dabei
durchgesetzt.
Wohnen,
Einzelhandel, Kultur, Gewerbe und andere Nutzungen hatten bei den
Fertigstellungen bis 1998 einen Anteil von 30 %, bei den in Bau
befindlichen Vorhaben sogar von 45 %.
Damit hat sich das Bild grundlegend gewandelt. Steigende Angebotsreserven, eine hinter den Erwartungen zurückbleibende Nachfrage und ein
vielfältiges Angebot an hochwertigen Büroflächen zu moderaten Mieten
prägen heute den Markt. Trotz der aktuellen Überhänge von 8,1 % wird
die Stadtentwicklungsplanung auch künftig nicht restriktiv auf den
Büroflächenmarkt einwirken, sondern - im Gegenteil - an besonders geeigneten Standorten die planerischen Voraussetzungen für Investitionen
schaffen. Um das Interesse privater Investoren auf die präferierten
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Standorte zu lenken, erfolgt eine Prioritätensetzung bei öffentlichen
Infrastrukturmaßnahmen.
StEP Ver- und Entsorgung
Die Überwindung der energetischen Inselsituation von West-Berlin durch
den Anschluss an das bundesdeutsche Stromverbundnetz 1994 und die
Integration der Berliner Stromversorgung durch den Bau einer 380-kVStromschiene quer durch die Stadt sind beispielhaft für den Prozess, mit
dem Berlin seine Ver- und Entsorgungsnetze erneuert.
Mit dem StEP Ver- und Entsorgung hat der Senat die Weichen gestellt,
um eine ganze Reihe von Aufgaben und Anforderungen fachübergreifend
und wirtschaftlich wie ökologisch nachhaltig zu erfüllen: Liberalisierung
des Energiemarktes, neue EU-Normen für geklärtes Abwasser, die Vereinigung der technischen Netze, Erneuerungen und Rekonstruktionen
maroder Systeme, die Anbindung an überregionale Verbundsysteme und
die Begleitung von Stadtentwicklungsmaßnahmen sind nur einige davon.
Den vielschichtigen Themen entsprechend gliedert sich der STEP Verund Entsorgung in medienbezogene Teilpläne für die Bereiche Energieund
Wärmeversorgung,
Wasserversorgung
und
Abwasserentsor-
gung/Regenwasserbehandlung.
Das Gebiet des im 18. Mai 1999 vom Senat als überbezirkliche Planungsvorgabe beschlossenen Planwerks
Innenstadt reicht von der Uhlandstraße im Westen bis zur Oberbaumbrücke im Osten, vom Mehringplatz im
Süden bis zum Platz vor dem neuen Tor bzw. zum Nordbahnhof. Auf einer Fläche von ca. 30 Quadratkilometern
leben hier rund 300.000 Menschen. Fast die gleiche Anzahl Menschen arbeitet in diesem Gebiet.
Planwerke
Planwerke gibt es derzeit für vier Teilräume. 1999 wurde das Planwerk
Innenstadt aufgrund seiner besonderen Bedeutung für das Zusammenwachsen der Stadt vom Berliner Senat beschlossen. Mit dem Planwerk
Südostraum (mit den Vertiefungsräumen Adlershof, Köpenick, Schöneweide, Rudow, Altglienicke, Schönefeld) und Westraum (mit den Vertiefungsräumen Altstadt Spandau/Stresow, Spreemündung Südhafen/
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Burgwall, Flughafen Tegel, Fluplatz Staaken) wurden 1999 Diskussionen
um Leitbilder für diese Teilräume begonnen. Ein Planwerk Nordostraum
ist in Arbeit.
Der Senat reagierte mit dem Planwerk Innenstadt auf die besondere
Entwicklungsdynamik Anfang der 90er Jahre in diesem Bereich. Das
Planwerk beinhaltet ein zusammenhängendes Innenstadtkonzept, das die
beiden Stadtzentren in ihrer Entwicklung zueinander in Beziehung setzte
und stellte die gemischte, vielfältig und intensiv genutzte, lebenswerte
Innenstadt – als bewussten Gegensatz zum Wohnen, Arbeiten und
Einkaufen auf der grünen Wiese – in den Mittelpunkt städtischer
Entwicklung. Die Innenentwicklung als Gegenmodell zum nachholenden
Suburbanisierungsprozess bewirkt auch im Hinblick auf soziale und
technische Infrastruktur einen sparsamen Ressourceneinsatz. Schulen und
Kindertagesstätten, ÖPNV-Infrastruktur und Ver- und Entsorgungskapazitäten sind in der Stadt schon vorhanden, an der Peripherie müssten
sie neu gebaut werden.
Durch den Rückbau überbreiter Straßentrassen und die Umwandlung
langfristig nicht mehr benötigter Straßenflächen werden Bauflächen gewonnen, die Verkehrsströme reduziert und der angestrebte Modal Split
für das Zentrum von 80:20 vorangebracht. Der hohe Anteil undefinierter
Grün- und Freiflächen wird in seiner Aufenthaltsqualität und seiner
ökologischen Funktion wesentlich qualifiziert.
Gemeinsame Landesplanung
Berlin-Brandenburg
Der Stadtstaat Berlin und das dünnbesiedelte Land Brandenburg sind
ungleiche Nachbarn. Dass sie sich dennoch zu einer gemeinsamen Landesplanung entschlossen, hat gute Gründe. Es gilt, Fehlentwicklungen in
der regionalen Raumordnung vorzubeugen, eine unmäßige Suburbanisierung der Stadt ebenso zu verhindern wie das Ausbluten der äußeren Landesteile Brandenburgs, und Flächenverbrauch und Verkehrsaufkommen
zu begrenzen. Das gemeinsame Landesentwicklungsprogramm (LEPro)
wurde als Staatsvertrag im März 1998 rechtsgültig. Damit hatten erstmalig in Deutschland zwei Bundesländer eine verbindliche gemeinsame
Raumordnung für ihre Gesamtfläche vereinbart.
Bereits das LEPro traf eine operationale Unterscheidung zwischen dem
äußeren Entwicklungsraum und dem engeren Verflechtungsraum, der
neben Berlin rund 250 Umlandgemeinden umfasst und in dem die Steuerungsmechanismen am wirkungsvollsten ansetzen könne. Zeitgleich zum
LEPro trat deshalb der Landesentwicklungsplan für den engeren Verflechtungsraum (LEPeV) in Kraft.
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LEPeV
Der LEPeV definierte regionale Entwicklungszentren als Kristallisationspunkte um so eine verkehrsvermeidende Siedlungsstruktur und die Bewahrung der ländlichen Räume (großflächiger Freiraumschutz) zu sichern. Die betroffenen Gemeinden wurden dazu typisiert und an diese
Typisierung gekoppelte Maxima für das künftige Bevölkerungswachstum
(zwischen 10 und 50 %) festgelegt – Wachstumsmargen, die auf lange
Sicht ausreichen, die Entwicklung aber sinnfällig steuern.
Im Jahre 2000 hat die gemeinsame Landesplanung einen Bericht zur
Flächenentwicklung vorgelegt. Er konstatiert eine deutliche Konzentration der Siedlungsentwicklung im Berliner Umland seit Inkrafttreten des
gemeinsamen Landesentwicklungsplanes. Die Steuerungseffekte sind also
durchaus bemerkenswert: Der Flächenfraß konnte eingedämmt werden.
Nicht nur in dieser Hinsicht hat sich die gemeinsame Landesplanung
bewährt. In bislang mehr als 5.000 Entscheidungen wurde bisher ein
Interessenausgleich erreicht. Das gilt beispielhaft für das schon 1993
ausgehandelte, im LEPeV festgelegte Moratorium für Einkaufszentren
auf der grünen Wiese. Damit sind im Berliner Umland 19 ursprünglich
beabsichtigte Einkaufszentren mit rund 500.000 m² Verkaufsfläche wieder verworfen, die errichteten 15 größeren Einkaufszentren um rund
164.000 m² reduziert worden. Der gemeinsamen Landesplanung ist es zu
danken, dass es im Berliner Umland bei weitem nicht zu jenem Wildwuchs und Übermaß an Einkaufszentren gekommen ist, wie sie in anderen ostdeutschen Großstädten zu beklagen sind. Ein ähnlich restriktives
Vorgehen gilt auch für Factory Outlet Centers mit ihren besonders großen
Einzugsgebieten und Verkehrsgenerierungspotentialen.
Landesentwicklungsplan
Flughafenstandortentwicklung (LEP FS) Nach der Standortentscheidung für de Bau des Flughafens Berlin
Brandenburg International am Standort Schönefeld erfolgte 1999 eine
landesplanerische Sicherung des Standortes durch den Landesentwicklungsplan „Standortsicherung Flughafen“ (LEP SF). Dieser Landesentwicklungsplan wird derzeit beklagt.
Da nach Rechtsprechung des OVG für das Land Brandenburg das im
Landesentwicklungsplan für den engeren Verflechtungsraum (LEP eV)
formulierte Ziel der Raumordnung zum Ausbau des Flughafens
Schönefeld keine ausreichende Begründung der Ausbauentscheidung und
der hierzu vorgenommenen Abwägung enthielt, befindet sich ein neu
erarbeiteter Landesentwicklungsplan Flughafenstandortentwicklung (LEP
FS) derzeit im Aufstellungsverfahren.
18
Interregionale Kooperation
Über unmittelbare Planungen hinaus unterstützt Berlin die überregionale
Zusammenarbeit mit benachbarten Regionen und Ländern, damit der
Metropolenraum seine Lagegunst als Drehscheibe nutzen und sich in ein
neues, nach Osten erweitertes Europa integrieren und entwickeln kann.
Die Entwicklung neuer Partnerschaften mit den Staaten Mittel- und Osteuropas bietet Impulse und Chancen für eine nachhaltige europäische
Raumentwicklung auf den Handlungsfeldern Umwelt, Wirtschaft und
Soziales. Dafür werden im Metropolenraum Berlin-Brandenburg und
künftig in den Beitrittsregionen Strukturfonds der EU eingesetzt.
Das Europäische Raumentwicklungskonzept (EUREK) von 1999 bietet
hierfür einen programmatischen Leitfaden. Seine Umsetzung wird wesentlich durch die neuartige EU-Gemeinschaftsinitiative Interreg II c befördert, an deren Entwicklung durch Pilotprojekte Berlin maßgeblich
beteiligt war.
Interreg-Projekte mit Beteiligung der Länder Brandenburg und Berlin
waren u. a.:
•
Metropolitan Areas (Metropolenräume im Ostseeraum)
•
Waterfront Urban Development (Ein Städte-Netzwerk in der Ostseeregion)
•
Baltic Bridge (transregionales Strukturentwicklungskonzept Berlin – Sczcecin (Polen) – Schonen (Südschweden) mit Städtenetz,
Infrastruktur- und Tourismuskonzepten sowie Regionalmarketing
•
Oderregio (vorbeugender, grenzübergreifender Hochwasserschutz
im Oderraum)
•
Implan (Modelle zur Stadt-Umland-Kooperation für Berlin,
Budapest, Sofia und Prag)
19
3
Bauen und Wohnen
In der Berliner Wohnungspolitik hat sich seit Beginn der 90er Jahre ein
mehrstufiger Paradigmenwechsel hin zu nachhaltigeren Prinzipen vollzogen: vom geförderten sozialen Wohnungsbau über freifinanzierte
Förderung zur Eigenheimneubauförderung und weiter zur Förderung
einer ökologisch sinnvolleren Erhöhung der Eigentumsquote im Bestand.
Ende 2002 gab es in Berlin 1.873.413 Wohnungen. Der Anteil des Altbaus betrug mit rd. 796.000 Wohnungen 42,5 %, der des Neubaus lag mit
rd. 1.077.000 Wohnungen bei 57,5 %. Dabei ist Berlin weiterhin eine
Mieterstadt. Während 88,5 % oder 1.657.000 Wohnungen vermietet
werden, betrug der Anteil der Eigentümerwohnungen nur 11,5 %
(216.000 Wohnungen). Von 1990 bis 2002 hat sich damit der
Wohnungsbestand um 161.000 Wohnungen erhöht – und einen Markt
geschaffen, der sich weiter ausdifferenziert und durch Marktsegmente mit
sinkenden Mieten und wachsenden Leerstände aber auch durch Segmente
mit steigenden Mieten und wachsender Nachfrage geprägt ist.
Ökologischer Städtebau
“Alle Vorhaben, Planungen und Programme des Bau- und Wohnungswesens (sollen) auf die Ziele der Umweltverträglichkeit und -entlastung,
der Schonung natürlicher Ressourcen und der Verbesserung bzw. Sicherung von Umwelt- und Lebensqualität hin überprüft, entwickelt und
ausgerichtet werden ... Aufgabe des Staates ist es, ... solche Konzepte und
Maßnahmen voranzutreiben, die ökologische Wirkungen im städtebaulichen Maßstab entfalten“, also “vom ökologischen Experiment zum
Regelstandard, vom einzelnen Öko-Haus zum ökologischen, umweltgerechten Städtebau“ führen. Diese Grundsätze, die Nachhaltigkeit zur
Regel und nicht zur Ausnahme machen sollen, wurden bereits 1994 im
Senatsbericht über ökologisches Planen und Bauen festgeschrieben. Der
im Bericht formulierte „Berliner Standard für ökologisches Bauen“ wurde
bundesweit Vorbild für Verwaltungsvorschriften anderer Länder (so auch
für die Bauvorhaben der IBA Emscherpark). Er gilt im wesentlichen bis
heute.
Veränderungen und Ergänzungen ergaben sich auf Grund von Beschlüssen des Abgeordnetenhauses in den Bereichen “Baustoffverbote“ und
“Energieeinsparung“. Durch Weiterentwicklungen in EU- und Bundesrecht (u.a. Wärmeschutzverordnung 1995, Energieeinsparverordnung
2002, FCKW-Halon-Verordnung) aber auch durch Praxiserfahrungen, die
20
seither gesammelt wurden (z. B. zur Betriebswassernutzung in Gebäuden), ist es notwendig und beabsichtigt, die ökologischen Anforderungen
neu zu formulieren.
Stadtökologische Modellvorhaben Mit diesem Programm wurden neue, durch praktische Anwendung abgesicherte Erkenntnisse zur Weiterentwicklung des Wohnungs- und Städtebau geliefert. Es ging dabei weniger um eine Regelförderung, also um
Serien gleichartiger Baumaßnahmen, sondern um modellhafte Einzelvorhaben.
Fester Bestandteil jedes Projektes war eine angewandte Begleitforschung.
Als gebaute Forschung wurden die Projekte grundsätzlich im Rahmen
von kooperativen und integrierten Planungsverfahren entwickelt und
umgesetzt, wissenschaftlich begleitet, ausgewertet, wo nötig optimiert
und dokumentiert.
Seit 1989 wurden in diesem Programm rund 16,8 Mio € für stadtökologische Vorhaben eingesetzt, rund 100 Einzelaufträge für etwa 60 Bauund Forschungsvorhaben vergeben und etwa 30 konkrete Bauprojekte mit
investiver Förderung durchgeführt oder eingeleitet, davon die Hälfte seit
1994.
Der Schwerpunkt des Programms lag auf Sanierungsaufgaben im Ostteil
der Stadt. Die wichtigsten Vorhaben sind:
•
Wassersparprojekt Marzahn (Einbau und Erprobung trinkwassersparender Installationen in Plattenbauten)
•
ökologische Mustersanierung Hellersdorf: Gesamtkonzept für
einen Block der Plattenbaugroßsiedlung mit 200 Wohnungen
•
Entwicklung und Umsetzung eines ökologischen Gesamtkonzepts
für die Sanierung des Gewerbehofs WeiberWirtschaft e.G. im Bezirk Mitte
•
zwei ökologische Gesamtkonzepte für die Sanierung einer Gründerzeitschule in Prenzlauer Berg und einer Typenschule in industrieller Bauweise in Lichtenberg
Als bisher letzte Phase schloss sich seit 1994 eine Serie von Niedrigenergieprojekten im Wohnungsbau an. Inzwischen gibt es im Berliner Geschosswohnungsbau knapp 800 Wohnungen mit Niedrigenergie-Standard,
die die Werte der Wärmeschutzverordnung um mindestens 20 % unterschreiten. Projekte aus dieser Phase sind:
•
Niedrigenergiehaus Marzahn Flämingstraße; energieoptimiertes
Mehrfamilienhaus mit 56 Wohnungen
21
•
Rudow-Süd: vier- bis fünfgeschossige Gebäudegruppe mit hoher
Wärmedämmung und geregelter Lüftung, 58 Wohnungen
•
Müggelheim - Ludwigshöheweg: Mehrfamilienhausgruppe mit
192 Wohnungen
•
Pankow, Heinrich-Böll-Siedlung – mit 250 Wohnungen größte
Niedrigenergie-Wohnanlage und Leitprojekt des ökologischen
Städtebaus in Berlin ohne investive Sonderförderung
•
Zehlendorf, Stadtvillen: zwei Mehrfamilienhaus-Anlagen mit 108
und 105 WE in Plattenbauweise mit Kerndämmung und geregelter
Lüftung, jeweils versorgt durch solargestützte Nahwärmesysteme.
Die
wichtigsten
Projekte
Innovationsanspruch
und
der
die
letzten
Jahre,
städtebauliche
die
für
den
Bedeutung
des
Landesprogramms stehen, sind:
•
Niederschlagswassernutzungsanlage Belß-/Lüdecketraße in
Steglitz
Erstmals wird Wasser aus einem vorhandenen Regenwasserkanal
als Betriebswasser in Gebäuden eingesetzt. Dies entlastet den
Vorfluter und führt – mit Blick auf das seit Januar 2000 erhobene
Niederschlagswasserentgelt – zu geringeren Betriebskosten. Das
Projekt wird von der TU Berlin begleitet; Wasserbehörde und
Wasserbetriebe Berlin sind eingebunden. Erste Ergebnisse wurden
auf der internationalen Regenwasserkonferenz 2001 in Mannheim
vorgestellt. Das Gesamtprojekt Ökologische Stadterneuerung einer
Kleinraumsiedlung wurde mit dem Berliner Umweltpreis 2001
ausgezeichnet.
•
Ökologische Bewirtschaftung von Genossenschaftswohnungen
in Friedrichshain
Für Modernisierung, Um- und Ausbau sowie die Bewirtschaftung
des Gebäudebestandes der Bewohnergenossenschaft FriedrichsHeim e.G. wird ein ökologisches Gesamtkonzept entwickelt und
umgesetzt. Schwerpunkte sind innovative Konzepte für die
Reduzierung der Betriebskosten (Abfallentsorgung) und die
Niederschlagswasserbewirtschaftung in Innenstadtlage.
•
Integriertes
Energiekonzept
Buchholz-West
in
Pankow
Das Konzept umfasst eine zentrale thermische Solaranlage
(600 m² Kollektorfläche) zur Unterstützung der Nahwärmeversorgung sowie 125 Reihenhäuser in Niedrigenergie- (55 Wohnungen), Niedrigstenergie- (50 Wohnungen) und Passivhausstandard
22
(20 Wohnungen). Heizzentrale und Solaranlage sind fertiggestellt
und werden von der GASAG betrieben.
•
Studie zur Reduzierung der Wasserkosten im öffentlichen
Bereich
Basis ist die Auswertung von 113 Liegenschaften in den Ortsteilen
Wedding und Gesundbrunnen des Bezirks Mitte. Das Ergebnis
zeigt Verwaltern und Betreibern öffentlicher Einrichtungen, wie
und in welchem Umfang die Betriebskosten im Bereich der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung reduziert werden können,
und dient als Leitfaden und Entscheidungshilfe für nötige Maßnahmen.
•
Physik-Neubau der HU Berlin in Adlershof
Bei diesem Projekt soll das anfallende Regenwasser für die
Bewässerung der begrünten Fassade und der Gartenhöfe sowie für
die Gebäudekühlung genutzt werden. Mit der baubegleitenden
Fachberatung und Auswertung ist zur Zeit die Fachhochschule
Neubrandenburg in Verbindung mit der TU Berlin beauftragt.
Neben diesen beispielhaft genannten Vorhaben wurden im Rahmen des
Programms weitere Studien, Querschnittsuntersuchungen und –auswertungen durchgeführt. Hervorzuheben sind
•
das Merkblatt „Innovative Wasserkonzepte/Betriebswassernutzung
in Gebäuden“, das 2003 in einer um Beispielprojekte erweiterten
und überarbeiteten Neuauflage erschienen ist;
•
die 2001 veröffentlichte Bestandsaufnahme größerer thermischer
Solaranlagen in Berlin, mit der Betriebsdaten für rund 80 Anlagen
aufbereitet wurden. Als Weiterführung wird zur Zeit ein Solarkataster für Berlin erstellt, das alle solarthermischen und photovoltaischen Anlagen umfassen wird.
23
Wohnungsneubau
Von den 1995 bis 2002 fertiggestellten 123.000 Wohnungen wurden rund
23.000 (19 %) im sozialen Wohnungsbau (Erster Förderweg) und rund
38.000 Wohnungen oder 31 % in der vereinbarten Förderung errichtet.
Der Anteil der Eigentumsförderung (Eigentumswohnungen, Ein- und
Zweifamilienhäuser) lag bei rund 14.000 Wohnungen (11 %), der des
freifinanzierten Wohnungsbaus (einschließlich Eigentum) betrug 39 %
od. 48.000 Wohnungen. Ein- und Zweifamilienhäuser machten mit
22.834 Wohnungen rund 19 % aller Neubauten aus.
Seit 1996 hat ein grundlegender Wechsel in der Wohnungsbaupolitik
stattgefunden. Die äußerst angespannte Haushaltssituation des Landes
Berlin sowie die veränderten Prognosen zur Bevölkerungs- und
Haushaltsentwicklung haben zu einer Einstellung der Förderung geführt.
Die Zahl der zum Bau genehmigten Wohnungen lag 2002 daher mit 3.527
Wohnungen weit unter dem Niveau der Jahre 1991 mit 11.208 und 1992
mit 10.976 genehmigten Wohnungen. Räumliche Schwerpunkte des
Wohnungsneubaus waren Mitte, Pankow, Treptow-Köpenick aber auch
Marzahn-Hellersdorf. Nach Auslaufen des Fördergebietsgesetzes und in
einem grundlegend veränderten Markt sank in den Jahren 1998 bis 2002
die Zahl der Genehmigungen rasch.
Geförderter Mietwohnungsbau Der bis weit in die 90er Jahre hinein praktizierte, öffentlich geförderte
soziale Mietwohnungsbau (Erster Förderweg) war mit erheblichem Subventionsaufwand verbunden. Seit 1991 wurde er deshalb zunehmend von
der vereinbarten Förderung (Zweiter Förderweg) abgelöst. 1995 ging der
Senat zu einer Pauschalförderung über, deren Höhe sich nicht mehr an
objektspezifischen Kosten und einer Kostenmiete orientierte. Gleichzeitig
wurden die Bauherren verpflichtet, weitere freifinanzierte Wohnungen zu
errichten.
24
1994 wurde die Einkommensorientierte Förderung (EOF) in das zweite
Wohnungsbaugesetz, das ab 01.01.2002 durch das Wohnraumförderungsgesetz abgelöst wurde, aufgenommen. Die EOF wurde mit Pilotprojekten 1995 bis 1997 eingeführt. Sie vereint Gesichtspunkte des
sozialen Wohnungsbaus und der vereinbarten Förderung. Flächendeckend
wurde sie erstmals im Wohnungsbauprogramm 1998 realisiert. Der erste
Förderungsweg war damit entfallen. Neben der reinen Objektförderung
erfolgte eine Individualförderung, die sich am Einkommen der Mieter
orientierte.
In den 90er Jahren entstand durch diese Instrumente ein großes Potenzial
an Mietwohnungen, so dass 1998 die Programmzahlen auf 1.300 WE und
1999 auf 300 WE reduziert wurden. Im Wohnungsbauprogramm 2000 betrug das Programmvolumen nur noch 100 WE ausschließlich für
Sonderwohnprojekte mit besonderer sozialer oder therapeutischer
Ausrichtung.
Vor dem Hintergrund eines weitgehend ausgeglichenen Marktes wurde
die Mietwohnungsbauförderung ab 2002 eingestellt.
Wohneigentumsneubau
1993 wurden Richtlinien geschaffen, die Bauherren und Erwerbern eine
Förderung gewährte, auch wenn deren Einkommen die Einkommensgrenze des sozialen Wohnungsbaus um bis zu 150% überschritten. Freimacher
von Mietsozialwohnungen und Mietwohnungen im Ostteil der Stadt erhielten einen besonders günstigen Zinssatz. Dies führte zu einem Anstieg
der Bewilligungszahlen 1993 auf 1.370, 1994 auf 2.294 und 1995 auf
2.926 Wohnungen.
Im August 1997 traf Berlin mit der Eigentumsstrategie Berlin 2000 neue
strukturpolitische Entscheidungen zur Erhöhung der Eigentümerquote.
Angestrebt wurde das Eigenheim zu Gesamtkosten von ca. 153.387 €.
Dafür wurden große Flächen am Stadtrand erschlossen. 1997 wurde für
2.515 Wohnungen eine Förderung bewilligt. Wegen der gesunkenen
Kapitalmarktzinsen boten die Förderkonditionen in vielen Fällen keinen
großen Anreiz mehr, die mit entsprechenden Bindungen und Auflagen
gekoppelte Förderung in Anspruch zu nehmen. 1998 nahmen deshalb nur
noch 1.810 Bauherren, 1999 noch rund 1.400 eine Förderung in
Anspruch.
Ende 1999 verständigte sich der Senat auf einen Paradigmenwechsel in
der Wohnungspolitik. Die Förderung der Eigentumsbildung wurde nachhaltig und Flächenressourcen sparend ausgerichtet. Gefördert wurde von
1999
bis
2001
deshalb
auch
nur
noch
der
Erwerb
von
25
Wohnungen/Objekten aus dem Bestand. Neubauten werden auch im
Eigenheimbereich seit 2002 nicht mehr gefördert.
Von Anfang an wurde an den Bau öffentlich geförderter Wohnungen umfangreiche ökologische Anforderungen gestellt, die bei den Neubauten
verwirklicht wurden. Besonders förderungsfähig sind und waren zudem:
•
erhöhter baulicher Wärmeschutz, wenn die Werte der Wärmeschutzverordnung um mindestens 25 % unterschritten werden,
•
Wärmemengenzähler zur wohnungsweisen Messung des Verbrauchs,
•
Anlagen zur Nutzung regenerativer Energiequellen, z.B. Sonnenkollektoren, Photovoltaikanlagen, Wärmepumpen (ausgenommen
Grundwasserwärmepumpen und alle Wärmepumpen mit elektrischer Zusatzheizung sowie elektrisch betriebene Wärmepumpen
mit einer Jahresarbeitszahl unter 4 oder FCKW- und H-FCKWhaltigen Kältemitteln),
•
Wärme- und Stromerzeugung durch Blockheizkraftwerke
•
bauliche Maßnahmen zur Zurückhaltung des Niederschlagswassers.
Eigentumsbildung im Bestand
Der Senat förderte von 1999 bis 2001 den Erwerb von Mietwohnungen
aus dem Bestand, weil dadurch die soziale Durchmischung gerade
verdichteter Wohnsiedlungen nachhaltig stabilisiert wird. Möglich wurde
damit die Förderung des Erwerbs durch Mieter, deren Familienangehörige
sowie selbstnutzende Dritte, soweit sie bestimmte Einkommensgrenzen
nicht überschreiten. Gefördert wird durch zinsverbilligte Darlehen in
Höhe von bis zu 900 €/m² förderungsfähige Wohnfläche. Der Zinssatz
war abhängig vom Einkommen und von der Kinderzahl.
Für die Mittel, die in den Jahren 1999, 2000 und 2001 durchschnittlich für
eine einzige Eigentumsneubauwohnung notwendig waren (rund 68.700 €),
konnten drei Bestandserwerber gefördert werden. Durch die Regelung
haben mehr als 1.600 ehemalige Mieter Wohneigentum gebildet – gerade
auch Haushalte, denen dies ohne Förderung nicht möglich wäre.
Genossenschaftsförderung
Auch mit den ebenfalls im Sommer 1999 veröffentlichten und 2000 erneuerten Genossenschaftsrichtlinien wurde bisher der Eigentumserwerb
im Bestand gezielt unterstützt. Gefördert wurde zunächst der Erwerb von
Genossenschaftsanteilen, aber auch die Aus- und Neugründung von
Genossenschaften. Bei der Anteilsförderung erhalten Berechtigte zinslose
Darlehen, die in Höhe des Eigenheimzulagenanspruchs über eine Laufzeit
26
von acht Jahren zu tilgen sind. Die Gründungsförderung erfolgt durch
einen nichtrückzahlbaren Zuschuss in Höhe von 10.000 bis 25.000 € zur
Deckung von Kosten für Beratung, Prüfung usw.
Ab Dezember 2000 wurde auch der Erwerb von Beständen durch eigentumsorientierte Wohnungsgenossenschaften mit zinsverbilligten Darlehen
von bis zu 400 €/m² Wohnfläche gefördert. Bisher konnten 12 Genossenschaften ihre Bestände (ca. 6.400 Wohnungen) erwerben. Darunter
sind Bestände in den Plattengebieten im Ostteil als auch solche in Altbauund Sanierungsgebieten. Für 8 Projekte wurden bisher von Berlin
Landesbürgschaften übernommen.
Sanierung des Bestands
Stadterneuerung und -sanierung haben in Berlin hohe Priorität. Erhalt und
Aufwertung gewachsener Quartiere und die Stärkung vorhandener Zentren sind die Ziele der 1993 bis 1995 förmlich festgelegten 22 Sanierungsgebiete. Im vergangenen Jahrzehnt hat das Land Berlin knapp 4 Milliarden € Fördermittel für die Modernisierung und Instandsetzung von
Wohnraum bewilligt. Gefördert wurden die Leerstandsbeseitigung und
umfassende Sanierung von mehr als 35.000 Altbauwohnungen (Baujahre
bis 1918), und die Durchführung einzelner Modernisierungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen an fast 600.000 Wohnungen. Die Förderung
löste ein Investitionsvolumen von 7,6 Milliarden € aus. Rechnerisch
wurden so im Jahresdurchschnitt 13.000 bauwirtschaftliche Arbeitsplätze
voll ausgelastet. Energetisch relevante Maßnahmen (Verbesserung der
Wärmedämmung, Einbau moderner Heizungssysteme) hatten einen
Anteil von rund 30% an den geförderten Maßnahmen.
Die Förderung der Modernisierung und Instandsetzung erfolgt mittels
differenzierter Teilprogramme:
•
Mit dem Programm Stadtumbau Ost , das durch die Bundesregierung initiiert wurde, werden einerseits Kommunen Ostdeutschlands bei der Aufwertung von Stadtquartieren gefördert, andererseits die dortige Wohnungswirtschaft beim Rückbau von Wohnungen, die auf Dauer nicht mehr benötigt werden. Damit soll Leerstand abgebaut und die Lebensqualität der Anwohner gesteigert
werden. Laufzeit des Programms sind die Jahre 2002 bis 2009.
Auch Berlin wird um dem Abriss von Wohnungen aus
wohnungswirtschaftlichen Gründen nicht
herumkommen und
nach den Sanierungen der Wohnungen und der Außenanlagen
kommt es darauf an nun auch den öffentlichen Raum in den
Quartieren
aufzuwerten.
Weil
leerstehende
Schulen
und
Kindertagesstätten an etlichen Orten die Umgebung belasten, die
27
Möglichkeiten, diese Gebäude anderweitig zu nutzen aber
weitgehend ausgeschöpft sind, wird in Berlin aus dem Programm
auch der Rückbau nicht mehr benötigter Gemeinbedarfseinrichtungen finanziert.
•
Soziale Stadterneuerung heißt das Kernprogramm für die
umfassende Modernisierung und Instandsetzung von Altbauten,
deren Bauzustand erhebliche Mängel und Missstände aufweist.
Die Fördermittel werden fast ausschließlich für Projekte in den
Sanierungsgebieten eingesetzt, seit 2002 vor allem für die
öffentliche Infrastruktur.
•
Das Programm Städtebaulicher Denkmalschutz hat seit 1991
mit mehr als 310 Mio € Fördermitteln wesentlich dazu beigetragen, dass in der Spandauer und Rosenthaler Vorstadt (Mitte), in
der Victoriastadt (Lichtenberg), in Friedrichshagen, Oberschöneweide und der Kiezer Vorstadt (Köpenick) historische Altbaubestände und –strukturen erhalten und baulich aufgewertet wurden.
Die Ausrichtung entspricht im wesentlichen derjenigen im Programm Soziale Stadterneuerung, allerdings beteiligt sich der Bund
hier mit einem Anteil von 40% (gegenüber einem Drittel in den
übrigen Bereichen der Städtebauförderung) an der Projektförderung.
•
Im Programm Wohnungspolitische Selbsthilfeprojekte wurden
Selbsthilfegruppen gefördert, die als gemeinnütziger Verein oder
Treuhandträger, Genossenschaft oder GbR organisiert sind und ein
Grundstück mit umfassend sanierungsbedürftigen Gebäuden entweder erworben haben oder mittels langfristigem (mindestens 20
Jahre) Pachtvertrag besitzen. Der wesentliche Anteil der geförderten Baumaßnahmen musste in Eigenarbeit erbracht werden.
•
Im Programm Plattenbausanierung sind im Ostteil Berlins seit
1993 rund 60.000 Wohnungen gefördert worden. Inzwischen sind
in vielen Plattenbauquartieren städtebauliche Verbesserungen eingetreten, deren Qualität vielerorts die aktuelle Situation der Großsiedlungen im Westteil übertrifft, zudem wurden ab 1999 durch
das Investitionszulagengesetz Instandsetzung und Modernisierung
der Platte unterstützt. So konnte die Landesförderung auf Bestände
konzentriert werden, bei denen wachsende Leerstandsprobleme
aufwändigere Baumaßnahmen erforderlich machen – etwa die
Sanierung von Punkthochhäusern oder Grundrissänderungen im
Bestand, die veränderten Wohnbedürfnissen Rechnung tragen.
28
•
Mit dem Programm Modernisierung durch Mieter wurde Mietern
die Möglichkeit gegeben, mit Zustimmung des Vermieters ihre
Wohnung eigeninitiativ zu modernisieren. Der Schwerpunkt lag
auf dem Ersatz von Ofenheizungen und Gas-Außenwandheizern
durch moderne Heizsysteme (vorwiegend Gasetagenheizungen).
•
Mit dem Programm Stadtweite Maßnahmen wurden rund 275.000
Wohnungen gefördert. Schwerpunkte waren die Verbesserung des
Wärmeschutzes, der Einbau moderner Heizungssysteme und die
Schaffung von Sanitärräumen. Zu den geförderten Projekten
gehört die Sanierung diverser Siedlungen der 20er und 30er Jahre,
wie der Flußpferdhofsiedlung in Hohenschönhausen, und die
Instandsetzung großer Teile der Karl-Marx-Allee. Seit 2001
werden die Gelder des Programms auf die Förderung zweier
Bereiche
konzentriert:
12,5
Mio
€
fließen
jährlich
in
Qualifizierungs- und Beschäftigungsmaßnahmen, für Solaranlagen
stehen jährlich 2 Mio € bereit, die 2000 durch 267 Projekte voll
ausgeschöpft wurden. Dabei mobilisiert die Förderung zusätzlich
ein Investitionsvolumen von 7,5 Mio € im Bereich der Berliner
Solarwirtschaft.
Revitalisierte Stadtbrachen
Anfang der 90er Jahre wurde eine Reihe städtebaulicher Entwicklungsmaßnahmen konzipiert – Projekte, denen trotz unterschiedlicher Lage am
Innenstadtrand (Rummelsburger Bucht, Eldenaer Straße) oder im Außenraum der Stadt (Adlershof, Biesdorf-Zentrum, Wasserstadt Spandau) gemeinsam ist, dass sie Stadtbrachen revitalisierten, anstatt Landschaft zu
verbrauchen. In allen fünf Gebieten wurden vollständige neue Stadtteile
mit Wohnungen, Arbeitsplätzen und Infrastruktur konzipiert. Vorhandene
Gewässerufer, Landschaftsräume und Parks sollten wieder hergestellt
werden. Bei den komplexen Projekten galt wegen des langfristigen
Realisierungszeitraums von 20 Jahren ein besonderes Entwicklungsrecht.
Angesichts der veränderten Prognosen zur Bevölkerungsentwicklung
werden die Realisierungen in diesen Gebieten gestoppt und Planungen
gestoppt.
Zur selben Zeit wurde eine Reihe weiterer Großprojekte mit Schwerpunkt
auf dem (sozialen) Wohnungsbau initiiert. Diese Baugebiete liegen an
den Rändern der Stadt im Südosten (Alt-Glienicke, Rudower Felder), im
Osten (Weiße Taube, Eisenacher Straße), im Norden (Karow-Nord, Buchholz-West) und im Westen (Staakener Felder).
29
Eine dritte Kategorie der Stadterweiterung bilden Projekte des gartenbezogenen Wohnens, die einen Sektor abdecken, der in Berlin bis heute
stark unterentwickelt ist. Die Landstadt Gatow auf einer ehemaligen Flughafenfläche im Bezirk Spandau sollte ursprünglich überwiegend Bediensteten des Bundes dienen. In Karlshorst-Ost und in Lichterfelde-Süd entstehen auf ehemaligen Militärflächen, in Pankow auf einstigen Rieselfeldflächen vergleichbare Projekte von jeweils über 1.000 Wohneinheiten.
30
4
Denkmalpflege
Die moderne Denkmalpflege versteht sich als nachhaltige Disziplin. Das
Bewahren, der Schutz und das Wieder-mit-Leben-Füllen historischer
Bausubstanz spart Material, Energie und vermeidet neue Bauschuttberge.
Reparatur oder Ersatz schöner Holzfenster mögen zunächst länger dauern
und teurer kommen als der Einbau industriell gefertigter Elemente, auf
Dauer aber rechnet sich die Erhaltung. Vom konservatorischen Standpunkt ist die Reparatur authentischer Baustoffe und -materialien dem
Austausch selbst dann vorzuziehen, wenn die Ersatzlösung in der Gestaltung dem historischen Vorbild entspricht. Wie sinnvoll dieser Ansatz
ist, bewies die Berliner Denkmalpflege nicht nur durch ihren maßgeblichen Beitrag zum bereits beschriebenen Förderprogramm Städtebaulicher Denkmalschutz.
Gartendenkmalpflege
Die Konservierung und Restaurierung von Gartendenkmalen ist am offensichtlichsten geeignet, nachhaltige Ziele zu unterstützen. Kultur- und
Naturschutz sind hier zwei Seiten einer Medaille. Jeder größere Park, erst
recht zusammenhängende Kulturlandschaften, bedürfen einer ganzheitlichen Behandlung mit integrativ gesteuerten Pflege- und Entwicklungsmechanismen, um Fehl- und Übernutzungen korrigierend zu steuern, ökologisch-biologische Schäden aufzudecken und Therapien zur Gesundung
zu entwickeln.
Bei etlichen historischer Plätzen, Parks und Gärten hat die Denkmalpflege
in den letzten Jahren Versiegelungen verhindert, teilweise sogar vorhandene beseitigt. Beispiele sind der Südwestbereich des Gendarmenmarkts
und die Straße Unter den Linden. Die Erhaltung, Ergänzung und Erneuerung historischer Pflanzungen gelang etwa bei der Nachpflanzung von 10
Bäumen auf dem Senefelder Platz, von 25 Bäumen am Boxhagener Platz,
von 220 straßenbegleitenden Bäumen am Luisenstädtischen Kanal und
300 Bäumen an der Ebertstraße.
Weitere Leistungen erbrachte die Gartendenkmalpflege bei der Restaurierung historischer Wasserflächen und Kleinbiotope. Im Schlosspark
Buch wurde der Pankeverlauf renaturiert, im Schlosspark Charlottenburg
die verbindenden Wasserarme zwischen Spree und Schlossteichen sowie
die Überschwemmungswiesen wiederhergestellt und im Victoriapark
verschüttete Wasserflächen wie die Wolfsschlucht wieder ausgehoben.
Umnutzung von Baudenkmalen Die Konversion funktionslos gewordener Industrie- und Technikdenkmale ist ein fundamentaler Beitrag zu städtischer Nachhaltigkeit. Für
31
Fabrik- und Infrastrukturanlagen etwa in Siemensstadt und Oberschöneweide, für die vielfältigen historischen Zeugnisse der Wasser- und Energieversorgung und des Verkehrs hat die Denkmalpflege Umnutzungsund Zwischennutzungskonzepte erarbeitet.
Besonders gelungene Beispiele der letzten Jahre sind
•
das ehemalige Narva-Gelände, die heutige Oberbaum-City in
Friedrichshain,
•
das Borsiggelände in Tegel, wo in den alten Hallen Shoppingund Freizeitwelten entstanden,
•
die Lagerung von Beständen der Staatsbibliothek in den
Speichern des Westhafens,
•
die Wandlung von Kühlhaus und Speicher am Osthafen zum
Büro- und Medienstandort, heute genutzt als Deutschlandzentrale
von Universal Music,
•
die Arena in Treptow, eine leerstehende Bushalle, die unter ökologischen Gesichtspunkten mit einem Photovoltaik-Dach versehen
wurde und sich zu einem erfolgreichen Kulturstandort entwickelt
hat,
•
die Textilfabrik in Niederschöneweide, die zur privat finanzierten
Waldorfschule umgenutzt und deshalb mit der Ferdinand-vonQuast-Medaille ausgezeichnet wurde.
Die Information der Öffentlichkeit über die vorhandene Substanz spielt
eine zentrale Rolle. Unter dem Arbeitstitel "Wirtschaft und Denkmalpflege" führte die IHK Berlin 1998 eine – im Jahr 2000 publizierte –
Veranstaltungsreihe zur Nachnutzung von denkmalgeschützten innerstädtischen Gewerbebauten durch. Auch der 2000 von der BEWAG unter
dem Titel "Elektropolis Berlin" veröffentlichte Immobilien- und Denkmalkatalog verkäuflicher Umspannwerke half, das Potential möglichen
Nutzern bekannt zu machen.
Denkmalliste
Die Aufnahme von Gartendenkmalen und Denkmalbereichen in das
Denkmalschutzgesetz 1995 schuf die Möglichkeit, auch raumgreifende
Freiflächen und zusammenhängende Ensembles einer behutsamen Entwicklung zu unterziehen. Im Denkmalverzeichnis des Landes sind heute
rund 8 000 Denkmalpositionen aufgeführt. Über 70 % davon sind Baudenkmale, rund 20 % Denkmalbereiche. Mehr als 500 Gartendenkmale
und knapp 50 Bodendenkmale und archäologische Fundstellen komplettieren die Denkmalsliste. Damit stehen knapp 5 % aller Bauwerke Berlins
unter Denkmalschutz.
32
5
Grünes Berlin
Über 42 Prozent des Berliner Stadtgebiets sind Grün- und Wasserflächen
mehr als in jeder anderen Großstadt Deutschlands. Zwischen den Siedlungsachsen führen Landschaftsräume tief in die Stadt. Sie bieten Erholung und Freizeit und erfüllen wichtige Ausgleichsfunktionen – etwa als
Frischluftkorridore, die das Stadtklima stabilisieren. Dieses wertvolle
Freiraumsystem gilt es zu sichern. Bauprojekte in diesen Räumen sollen
auf das Notwendige begrenzt und ökologischen Erfordernissen angepasst
werden. In der Innenstadt müssen Parks, Plätze, Grünanlagen, aber auch
die vorhandenen öffentlichen Spielplätze qualitätsvoll gestaltet werden –
mit dem Tiergarten als grüne Lunge des Zentrums und Kernstück des
Freiraumsystems. Ca. 80.000 Kleingärten stellen eine typische Berliner
Form innerstädtischer Erholungsfläche dar. An der Peripherie werden
Naherholungsqualitäten schonend ausgebaut.
Ziel ist es aber auch sicherzustellen, dass ein funktionierender Naturhaushalt seine Versorgungsaufgaben – etwa für die Trinkwassergewinnung –
erfüllen kann. Deshalb gilt es, den Bodenverbrauch insgesamt zu minimieren, und für ökologisch sensible Bereiche, Biotope und Vegetationsbestände spezielle Schutz- und Entwicklungsanforderungen zu erarbeiten.
Naturschutz
Das Berliner Naturschutzgesetz. transportiert den modernen Gedanken
einer flächenhaften Naturschutzarbeit. Ge- und Verbote können jetzt nicht
nur in Landschaftsschutzgebieten, sondern auch in Landschaftsplangebieten festgesetzt werden. Eingeführt wurde die Halterhaftung für
Fahrzeuge und die Haftung des Verursachers bei rechtswidrigen
Veränderungen von Natur und Landschaft. Die Duldungspflichten für
Schutz-, Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen wurde neu gefasst. Zu den
gesetzlich geschützten Biotopen zählen seither auch Trockenrasen und
Feldhecken.
Schwerpunkt der Änderung des Berliner Naturschutzgesetzes ist die
Umsetzung der EU-Richtlinie zur Erhaltung natürlicher Lebensräume
sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen (FFH- Richtlinie), der
Vogelschutzrichtlinie, und der Zoo-Richtlinie. Daneben wird das bisher
eigenständige Röhrichtschutzgesetz mit aktualisiertem Inhalt integriert.
Landschaftsprogramm
Im Dezember 2002 verfügte Berlin über 50 Landschaftsschutzgebiete mit
10.924 ha (das sind mehr als 12 % der Landesfläche), 35 Naturschutzgebiete mit 1818,5 ha (2 %), 20 geschützte Landschaftsbestandteile mit
33
fast 30,5 ha (0,004 %) und über 6.941 Naturdenkmale. Damit stehen mehr
als 14 % der Landesfläche unter Schutz.
Das Landschaftsprogramm sieht vor, diese Zahlen noch zu erhöhen und
20 % der Landesfläche als Landschafts-, 3 % als Naturschutzgebiet zu
sichern. Tatsächlich sind knapp 1.000 weitere Flächen als wertvoll einzuschätzen. Im Jahr 2000 hat die oberste Naturschutzbehörde ein Prioritätenkonzept für die Unterschutzstellungen dieser Flächen vorgelegt. Für
47 potentielle Schutzgebiete und -objekte (knapp 200 der 1.000 Flächen)
sind danach dringend Unterschutzstellungsverfahren durchzuführen.
Nahezu 80 % davon liegen im Ostteil Berlins. Derzeit werden für die
folgenden Flächen mit hoher Priorität Unterschutzstellungsverfahren
durchgeführt:
•
NSG/Fredersdorfer-Mühlenfließ
•
NSG/Die Bänke
•
LSG Blankenfelder Feldflur
•
LSG – Waldlandschaft Spree/Dahme
Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie Die FFH-Richtlinie und die Vogelschutzrichtlinie der EU zielen darauf,
durch die Erhaltung der natürlichen Lebensräume wildlebender Tiere und
Pflanzen die Artenvielfalt zu sichern. Dazu soll ein zusammenhängendes
europäisches Netz besonderer Schutzgebiete mit der Bezeichnung Natura
2000 entstehen. Die Mitgliedsstaaten müssen der EU Listen aller Gebiete
vorlegen, die die Kriterien der Richtlinie erfüllen. Im November 1997 hat
das Land Berlin seine FFH-Gebiete gegenüber dem Bundesministerium
benannt und in den folgenden Jahren diese Liste um weitere Flächen
ergänzt. 17 Berliner Gebiete mit 6211 ha (7 % der Landesfläche) sind so
für
Natura
2000
gemeldet
worden.
Welche
davon
in
das
Schutzgebietssystem einbezogen werden, muss die EU entscheiden.
Pflege- und Entwicklungspläne In Pflege- und Entwicklungsplänen (PEP) wird über verschiedene Szenarien für die Schutzgebietsentwicklung – von der Duldung der Sukzession
bis zu unterschiedlichen Intensitäten der Pflegemaßnahmen und vorhandenen Nutzungen – ein gebietsbezogenes Leitbild entwickelt und auf
dieser Grundlage die erforderlichen Schutz-, Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen geplant. Für 13 Naturschutzgebiete wurden Pflege- und
Entwicklungspläne erstellt:
•
NSG Bäkewiese
•
NSG Sandgrube im Jagen 86 des Grunewaldes
•
NSG Kalktuffgelände am Tegeler Fließ
34
•
NSG Karower Teiche
•
NSG Idehorst
•
NSG Fauler See
•
NSG Malchower Aue
•
NSG Niedermoorwiesen am Tegeler Fließ
•
NSG Wartenberger/Falkenberger Luch
•
NSG Falkenberger Rieselfelder
•
NSG Wilhelmshagen-Woltersdorfer Dünenzug
•
NSG Mittelbruch
•
NSG/LSG Schöneberger Südgelände
Für zwei weitere Naturschutzgebiete steht die Fertigstellung der Pflegeund Entwicklungspläne unmittelbar bevor.
Maßnahmen und Projekte
Neu ausgewiesene Schutzgebiete in den Bezirken Köpenick, Pankow und
Lichtenberg (Ortsteil Hohenschönhausen) stellten in den letzten Jahren
wegen ihrer Größe, der Biotopvielfalt und dem enormen Nachholbedarf
an Pflegemaßnahmen eine große Herausforderung für die Landschaftspflege dar. Viele davon enthalten offene Flächen, die die Landwirtschaft
aufgegeben hat. Für einige dieser Gebiete ist es gelungen, Nutzer zu
finden, die eine schutzgebietsverträgliche Landnutzung wieder aufnehmen. Da dies für die Betriebe meist unrentabel ist, hat die oberste
Naturschutzbehörde mit der Senatsverwaltung für Wirtschaft und Technologie spezielle Förderprogramme entwickelt. Bei Gebieten, für die auch
mit Förderung kein Nutzer gefunden werden konnte, wurden Fachfirmen
und Landwirtschaftsbetriebe mit der nötigen Pflegemahd beauftragt.
Das Programm zur Förderung wiesenbrütender Vogelarten im Rahmen
der extensiven Wiesennutzung für das NSG Gosener Wiesen und Seddinsee führte von 1996 bis1999 zu einer erheblichen Verbesserung des Bruterfolges dieser Arten.
Im NSG Falkenberger Rieselfelder (und einer Reihe weiterer Flächen im
Barnim) wird mit dem Förderverein Naturschutzstation Malchow seit
mehreren Jahren ein Projekt zum Einsatz von Heckrindern (Auerochsenrückkreuzung) erfolgreich durchgeführt – zur Pflege der Offenlandschaft und um das Gebiet für Besucher attraktiver zu machen. Die
Wirtschaftsweise der Naturschutzstation wurde inzwischen mit dem
Gütesiegel Biolandwirtschaft zertifiziert.
Viele Moore und Feuchtgebiete sind durch Grundwasserabsenkung
gefährdet. Als Gegenmaßnahmen wurden Wiedervernässungs- und
35
Bewässerungsprojekte in den NSG Teufelsbruch, Großer Rohrpfuhl,
Barssee, Teufelssee, Fließwiese Ruhleben und Pfaueninsel geschaffen.
Infolge des großflächigen Wiederanstieges des Grundwasserspiegels kann
die Situation in den nächsten Jahren durch eine jeweils schutzgebietsverträgliche Konzeption zur Grundwassernutzung verbessert werden.
Im Bezirk Pankow war das NSG Kalktuffgelände am Tegeler Fließ mit
seinem Kalkquellmoor durch Wassermangel in Folge der Rieselfeldumgestaltung gefährdet. Ein indirektes Bewässerungssystem konnte die Quelltätigkeiten stabilisiert und versiegte Quellen aktivieren. Mit den Sickerteichen außerhalb des NSG entstand zugleich ein wichtiger Lebensraum
für Amphibien und Vogelarten.
Weitere Projekte seien hier stichwortartig genannt:
•
Rückbau umfangreicher baulicher Anlagen im Bereich Kaniswall
im NSG Gosener Wiesen und Seddinsee, im NSG Wilhelmshagen-Woltersdorfer Dünenzug und NSG Wartenberger/Falkenberger Luch;
•
Wiederherstellung einer Binnendüne durch großflächige Übersandung im NSG Gosener Wiesen und Seddinsee
•
die Wiederherstellung und Entwicklung hochgradiger Feuchtwiesen- und Niederungsbereiche im NSG Kalktuffgelände am
Tegeler Fließ, NSG Gosener Wiesen und Seddinsee, NSG Malchower Aue, NSG Krumme Laake/Pelzlaake, NSG Wartenberger/
Falkenberger Luch und LSG Spandauer Forst sowie im Bereich
des ehemaligen Hermsdorfer Sees im LSG Tegeler Fließ;
•
Zurückdrängung der Verbuschung in den Mooren der NSG Langes Luch, NSG Hundekehlefenn, NSG Gosener Wiesen und Seddinsee und NSG Krumme Laake/Pelzlaake;
•
Sicherung der Mindestwasserführung und Anlage neuer Kleingewässer zum Schutz der bedeutsamen Amphibienvorkommen (Rotbauchunke und Wechselkröte) im NSG Falkenberger Rieselfelder;
•
Entschlammung der Gewässer im NSG Ziegeleigraben/Albtalweg
und einiger Fließe im NSG Gosener Wiesen und Seddinsee,
•
Förderung der Heckenstrukturen, der Obstalleen und alter Obstanlagen im NSG Niedermoorwiesen am Tegeler Fließ, im LSG
Feldflur Gatow/ Kladow, LSG Rieselfelder Karolinenhöhe und
LSG Kaulsdorfer Seen
•
Umsetzung schutzgebietsverträglicher Wegesysteme, Installation
von Beobachtungsplattformen und Informationstafeln in den NSG
36
Fauler See, NSG Karower Teiche, NSG Gosener Wiesen und
Seddinsee und im NSG/LSG Schöneberger Südgelände.
Röhrichtschutz
Um den Rückgang der Röhrichte aufzuhalten, wird seit 1983 ein umfangreiches Röhrichtschutzprogramm durchgeführt. Die einst aufwändige
Erfassung der Bestände vor Ort wurde durch regelmäßige Luftbildauswertungen ersetzt, wie sie in Berlin bereits bei der Waldzustands- und
Straßenbaumbewertung üblich sind. Die Kartierung im Jahr 2000 ergab,
nach drastischen Rückgängen bis in die 80er Jahre hinein, an vielen
Standorten wieder ein Zuwachs zu verzeichnen ist.
Möglich
wurde
dies
Wellenschutzbauten
durch
vor
die
ergriffenen
vorhandenen
Schutzmaßnahmen.
Röhrichtbeständen
sowie
umfangreiche Neuanpflanzungen wurden an 23 km Ufer durchgeführt.
Um geeignete Flachwasserbereiche zu schaffen, wird dazu eine Sandbank
vor erodierten Uferbereichen aufgeschüttet, mit Röhricht bepflanzt und
durch eine Palisade vor Wellenschlag und Erosion geschützt. Am
Seddinsee und am Langen See wurden so rund 1500 m Ufer renaturiert.
Weitere Stellen, an denen neue Röhrichtgürtel entstanden, sind die Insel
Zeuthener Wall im Zeuthener See (1998), das NSG Insel Imchen bei
Kladow (1999), die Spandauer Unterhavel, Tegeler See, Krumme Lanke,
Schlachtensee, Griebnitz- (2001/2002) und Polesee.
Landschaftsplanung
Die Aufgaben der Landschaftsplanung reichen von den Planungen des
engeren Naturschutzes und freiraumbezogenen Belangen der Erholung
über die Prüfung der Umweltverträglichkeit anderer Planungen bis hin zu
einer umfassenden integrierenden Umweltvorsorgeplanung. Instrumente
hierfür sind das Landschafts- und Artenschutzprogramm und die Landschaftspläne.
Landschafts- und
Während der Flächennutzungsplan Art und Maß der geplanten Nutzungen
Artenschutzprogramm
darstellt, legt das 1994 in Berlin eingeführte Landschafts- und Artenschutzprogramm (LaPro) die hierfür erforderlichen Qualitäten fest.
Zusammen bilden beide Instrumente die Grundlage der Berliner Stadtentwicklung. Berlin ist eines der wenigen Bundesländer, bei dem aufgrund dieser Parallelität gute Voraussetzungen für die Berücksichtigung
landschaftsplanerischer Ziele in der Bauleitplanung bestehen. Das belegt
eine Untersuchung der TU Berlin im Auftrag des Bundesamtes für Naturschutz aus dem Jahr 1998.
Das LaPro wird dabei ständig fortgeschrieben. Zur Zeit sind 66 Änderungsverfahren eingeleitet, 30 davon wurden bereits öffentlich ausgelegt.
Im aktuellen Ergänzungsverfahren zum LaPro wurden zwei wichtige
37
Erfordernisse erstmals geregelt: FFH-Gebiete und Darstellungen der
Kategorie Naturpark finden Eingang in den Programmplan Biotop- und
Artenschutz, vor allem aber wird eine gesamtstädtische Ausgleichskonzeption entwickelt.
Gesamtstädtischer Ausgleich
Neuregelungen im Baugesetzbuch ebneten ab Januar 1998 den Weg zu
einer Bündelung naturschutzrechtlicher Ausgleichsmaßnahmen. Da
Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft nicht mehr zwingend im
Geltungsbereich eines Bebauungsplanes auszugleichen sind, können
entsprechende Maßnahmen an landschaftsplanerisch sinnvoller und
dringlicher Stelle im Stadtgebiet konzentriert werden. Der Senat hat im
November 1998 ein Ergänzungsverfahren zum Landschafts- und Artenschutzprogramm beschlossen, mit dem eine gesamtstädtische Ausgleichskonzeption entwickelt wird. Dabei wurden prioritäre Räume und 43 konkrete Ausgleichsflächen ermittelt. Die Festschreibung dieser Konzeption
im Berliner Naturschutzgesetz sichert eine übergreifende und nachhaltigere Handhabung der Ausgleichsidee.
Freiraumsystem
Das Herz des Berliner Freiraumsystems ist der Große Tiergarten. Er ist
Kreuzungspunkt der beiden grünen Achsen, die sich in Ost-West-Richtung entlang der Stadtspree und in Nord-Süd-Richtung aus der PankeNiederung über die Stadtmitte, Gleisdreieck und Südgelände zur
Kulturlandschaft des Teltow durch das Stadtgebiet ziehen. Um die
dichtbebaute gründerzeitliche Innenstadt erstreckt sich mit Kleingärten
und Friedhöfen der innere Parkring und am Stadtrand der äußere
Parkring, der noch vollständig auszubilden ist.
Von übergeordneter stadtstruktureller Bedeutung sind für die gesamte
Stadt im Nordwesten die Naherholungsgebiete Spandauer und Tegeler
Forst, im Südwesten Grunewald und Wannsee, im Südosten Müggelsee
und Müggelberge und im Nordosten das neue, landwirtschaftlich geprägte
Naherholungsgebiet auf dem Berliner Barnim. In allen diesen Bereichen
wurden und werden zahlreiche Projekte bearbeitet:
•
Ufergestaltungen im Bereich der Wasserstadt Rummelsburger
Bucht
•
Teilbereiche der Spreeuferpromenade in Charlottenburg
•
der Pankeweg von der Spree bis zur Stadtgrenze bei Buch mit
einer Anbindung an den Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal.
Auf dem inneren Parkring geht es um folgende Projekte:
•
der Mauerpark,
38
•
der Naturpark Schöneberger Südgelände, der im Mai 2000 als
Berliner Beitrag zur Expo 2000 eingeweiht wurde,
•
die Parkanlage Alt-Stralau, der Stadtteilpark Nordbahnhof und
der Volkspark auf dem Tempelhofer Flugfeld deren Planungen in
Wettbewerben konkretisiert wurden,
•
das Gleisdreieck, für das im Rahmen des Planwerks Innenstadt
ein abgestimmtes Entwicklungskonzept vorliegt.
Die Projekte auf dem äußeren Parkring sind:
•
der Landschaftspark Johannisthal-Adlershof,
•
Einzelabschnitte des Wuhlegrünzuges, wie der Wuhlgarten, der
Wuhlepark am Landsberger Tor, der Seelgraben, die Grüne Aue
oder der Rohrbruchpark, für die die Planungen durch Wettbewerbe
und Landschaftspläne konkretisiert wurden (Der erste Spatenstich
für den Wuhlepark erfolgte im Juni 2000),
•
die Gestaltungsvorbereitung von Landschaftsparks durch die
Wettbewerbe Gutspark Falkenberg und Wartenberger Feldmark in
Hohenschönhausen,
•
Realisierung des Wettbewerbes Parkanlage Neue Wiesen und des
Arboretums in Weißensee,
•
Gestaltungsvorbereitung für den Pankepark Buch,
•
ein Rekultivierungskonzept für die landschaftliche Einbindung
des zukünftigen Erholungsschwerpunktes Arkenberge in Pankow,
•
die Verbindung neuer und alter Parkanlagen durch den Barnimer
Dörferweg,
•
Planungen für die Renaturierung des Bullengrabensystems und
der Egelpfuhlniederung im Bezirk Spandau. Die Realisierungen
werden Ende 2008 abgeschlossen sein.
Landschaftspläne
Landschaftspläne konkretisieren die Ziele und Maßnahmen des Landschaftsprogramms. Für 11 % des Stadtgebietes sind derzeit 116 Landschaftspläne im Verfahren, 31 davon wurden in den letzten Jahren eingeleitet. Das Instrumentenspektrum der bereits festgesetzten 14 Landschaftspläne reicht vom baulichen Maßnahmen (z. B. am Flughafensee)
über Verpflichtungen zum Erhalt und zur Nachpflanzung von Vegetationsbeständen (St.-Jakobi-Friedhof) bis hin zur Sicherung landschaftlicher Reliefstrukturen (Grunewaldseenkette). Zur Beschleunigung der
Verfahren wurde das Handbuch der Berliner Landschaftspläne überarbeitet und in der dritten Auflage veröffentlicht. Über Intranet sowie
39
Internet ist es seit Mai 2000 den Bezirken, Naturschutzverbänden,
Planungsbüros und der Öffentlichkeit zugänglich.
Biotopflächenfaktor
Der Biotopflächenfaktor (BFF) wurde 1997 anhand eines beispielhaften
Landschaftsplans für Moabit entwickelt. Der BFF stellt eine Kennzahl
dar, mit der sich grüne Belange gerade in dicht bebauten Innenstadtgebieten steuern lassen. Ähnlich den Kennwerten der Bauleitplanung wie
Bruttogeschossfläche (BGF) und Geschossflächenzahl (GFZ), die das
Maß der baulichen Nutzung regeln, benennt der BFF den Flächenanteil
eines Grundstückes, der als Pflanzenstandort dient oder sonstige Funktionen für den Naturhaushalt (Versickerung, Verdunstung) übernimmt.
Zur Zeit sind 14 BFF-Landschaftspläne in sechs Bezirken im Verfahren.
Die Landschaftspläne Frankfurter Allee-Süd (Bezirk FriedrichshainKreuzberg), Charlottenburger Innenstadt (Bezirk Wilmersdorf-Charlottenburg), und Tempelhof Nord (Bezirk Tempelhof-Schöneberg) sind in
den Jahren 1999 bis 2001 als Rechtsverordnung festgesetzt worden.
Bebauungspläne und Baugenehmigungen Die Ziele der Landschaftsplanung sind auch in Bebauungspläne, Vorhaben- und Erschließungspläne aufzunehmen, soweit dies rechtlich geboten und nach den Planungszielen gerechtfertigt ist. Für die Ebene der
verbindlichen Bauleitplanung wurden 19 beispielhafte textliche Festsetzungen
abgestimmt.
Dieser
Katalog
ermöglicht,
soweit
kein
Erfordernis für einen eigenständigen Landschaftsplan besteht, die
Integration der Ziele des Landschaftsprogramms in die Bebauungspläne.
Umweltverträglichkeitsprüfung Das neue UVP-Gesetz vom Juli 2000 hat die Liste der UVP-pflichtigen
Projekte erheblich erweitert. Im Rahmen der Prüfung werden die voraussichtlichen Umweltauswirkungen ermittelt, beschrieben und bewertet.
Während die Prüfung einzig Entscheidungen vorbereitet, resultieren aus
der anschließend erforderlichen Eingriffsregelung konkrete Regelungen
und direkte Rechtsfolgen.
Eingriffsregelung
Mit der Verankerung der Eingriffsregelung im Berliner Naturschutzgesetz
wurden Natur und Landschaft aus ihrer traditionellen Bindung an bestimmte Reservate und Schutzgebiete gelöst und ein flächendeckender
Schutz- und Entwicklungsanspruch konkretisiert. Die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung legt für den Einzelfall fest, wie vorhabenbedingte
Schäden an Naturhaushalt oder Landschaftsbild zu vermeiden, zu minimieren und soweit erforderlich durch (Ausgleichs-) Maßnahmen wieder
zu beheben sind. Zu den Vorhaben, gehören die Planungs- und
Bauvorhaben am Potsdamer-/Leipziger Platz, rund 20 Projekte im Entwicklungsbereich Parlaments- und Regierungsviertel, der Wasserstraßen-
40
ausbau im Rahmen des Projekts Deutsche Einheit 17 (4 Verfahren),
Straßenbauprojekte wie der Autobahnbau in Neukölln und über ein
Dutzend Großprojekte der Deutschen Bahn AG.
Artenschutz
Artenschutz ist vorrangig Schutz und Gestaltung der Lebensräume. In
dieser Hinsicht steht er in engster Verbindung zu den bereits beschriebenen allgemeinen Naturschutzaktivitäten des Landes. Daneben verfolgt
Berlin allerdings auch etliche spezifische Artenschutzprogramme.
Im Artenhilfsprogramm Fledermäuse wurden Winterquartiere kontrolliert und verbessert. In der Zitadelle Spandau konnte so eins der größten
Fledermaus-Winterquartiere Mitteleuropas gesichert werden. Seit 1997
veranstaltet die Stiftung Naturschutz Berlin dort das jährliche Europäische Fest der Fledermäuse – mit beträchtlichen Auswirkungen auf das
öffentliche Bewusstsein. Dies und die Aktivitäten des Artenhilfsprogramms zeigen Erfolge. Der Winterbestand des Großen Mausohrs hat von
rund 110 auf 240 Tiere zugenommen, wobei der stärkste Bestandsanstieg
in den ehemaligen Filteranlagen der Wasserwerke Tegel und Friedrichshagen zu verzeichnen ist.
Begonnen wurde ein Artenhilfsprogramm für an Wasser gebundene
Säugetiere - vor allem Biber und Fischotter. Beide Arten haben im Zuge
ihrer natürlichen Wiederausbreitung in Brandenburg das Berliner Stadtgebiet erreicht. Insbesondere die Ansiedlung des Bibers in den durch
vielfältige menschliche Nutzung geprägten Berliner Havelseen hätte man
vor wenigen Jahren kaum für möglich gehalten.
Im Artenhilfsprogramm Gebäudebrüter erschien im Spätsommer 2000
eine Broschüre Tiere als Nachbarn. Sie enthält ausführliche Hinweise,
wie man Vogel- und Fledermausarten durch oft einfache Konstruktionen
Brutplätze oder Quartiere schaffen kann. Der Bestand der Dohle (Corvus
monedula) etwa ist in den letzen Jahren auf weniger als die Hälfte zusammengeschmolzen und beträgt nur noch rund 130 Paare. Deshalb wurde für
diese Vogelart 2001 ein eigenes Hilfsprogramm begonnen.
Erfolgreich waren die im Artenhilfsprogramm Eisvogel ergriffenen
Maßnahmen für diese Art. Die in den Vorjahren angelegten Nistmöglichkeiten wurden an verschiedenen Stellen angenommen.
1999 trat ein weiteres für Berlin relevantes Regionalabkommen der Bonner Konvention in Kraft: das Abkommen zum Schutz der afrikanischeurasischen Wasservögel. Dieses hat zum Ziel, die Brut-, Rast- und
Überwinterungsgebiete der wandernden Wasservögel zu sichern und zu
41
verbessern. Dazu wurde untersucht, welche Bedeutung die Berliner Gewässer für die Arten des Abkommens haben. Vorläufiges Ergebnis ist die
überregionale Bedeutung von Teilen der Berliner Unterhavel und des
Müggelsees im Winterhalbjahr. Viele wichtige Berliner Vogelbrutgebiete
sind mittlerweile in Schutzgebieten gesichert. Durch Maßnahmen zur
Abwendung von Störungen und durch neue Nistplattformen stabilisierte
sich der Bestand an Trauerseeschwalben im EU-Vogelschutzgebiet am
Müggelsee. Ein erfreuliches Ergebnis von Landschaftspflegemaßnahmen
ist die Ansiedlung des Kranichs, der seit 1997 zu den Brutvögeln Berlins
zählt.
Ein wesentlicher Teil der internationalen Bestimmungen des Artenschutzes beziehen sich auf die Kontrolle des Handels mit besonders geschützten Tier- und Pflanzenarten. Auf der Basis der Vorgaben durch EU und
Bundesamt für Naturschutz wird diese Aufgabe in Berlin von den Unteren Naturschutzbehörden wahrgenommen.
In einigen Fällen mussten
Ordnungswidrigkeits- bzw. Strafverfahren eingeleitet werden.
Kooperation mit anderen Trägern Ehrenamtliche und außerbehördliche Naturschutzorganisationen und
Fachleute finden sich in Berlin im Sachverständigenbeirat zusammen. Er
berät die Behörden und fördert durch intensive Öffentlichkeitsarbeit das
Verständnis für Naturschutz und Landschaftspflege in der Bevölkerung.
Ein wichtiger Aspekt der Beiratsarbeit war die Fortschreibung der Roten
Listen bedrohter Tier- und Pflanzenarten. Die Herausgabe der Liste der
wildwachsenden Gefäßpflanzen des Landes Berlin – einschließlich Roter
Liste – 2001 markiert ein wichtiges Teilergebnis. Noch nicht abgeschlossen ist ein Verbreitungsatlas der Farn- und Blütenpflanzen, der jede einzelne Pflanzenart charakterisiert, bewertet und darstellt, wo sie in Berlin
vorkommt.
42
Wald in der Großstadt Der Waldanteil Berlins liegt mit über 16.000 ha
bei 18 % der Landesfläche. Rund 3% davon sind im Eigentum des
Bundes oder in Privateigentum, der Rest gehört dem Land. Nach der
Rückübertragung der Berliner Stadtwälder im Land Brandenburg (ca.
13.000 ha) verfügt Berlin insgesamt über rund 29.000 ha Wald, der
überwiegend durch die Berliner Forsten bewirtschaftet wird.
Unter den Baumarten der Wälder innerhalb des Landes Berlin nimmt die
Kiefer mit einem Anteil von 63% der Fläche die führende Position ein,
gefolgt von der Eiche mit 15%. Durch naturgemäßen Waldbau wird der
Anteil der Kiefer zugunsten des Anteils heimischer Laubbaumarten
weiter abnehmen.
Waldpflege
Aufgabe der Waldpflege ist es, das Ökosystem Wald zu erhalten und
schonend und kostensparend unter Ausnutzung natürlicher Prozesse zu
sichern. Dabei wird hochwertiges Holz produziert und nachhaltig genutzt.
Ziel der Bewirtschaftung sind altersmäßig gestufte und artenreiche Dauerwälder. In den 90er Jahren wurden vor allem in den Nachkriegs-Aufforstungsbeständen im Grunewald monokulturartige Waldbilder in stabilere,
vielfältigere Ökosysteme umgewandelt. In einstmals militärisch genutzten
Gebiete wurden alte Wegenetze neu geknüpft und die Waldbestände
standortgerecht entwickelt. Aktueller Schwerpunkt ist der Aufbau des
Hobrechtswalds auf dem Bucher Barnim. Dabei werden unbelastete
Böden der nahen Berliner Großbaustellen zur Melioration verwendet.
Zertifizierung
Am 16. Juni 2002 wurde der Berliner Wald mit einem internationalen
Gütesiegel ausgezeichnet. Das Zertifikat wurde durch den weltweit
operierenden unabhängigen Forest Stewardship Council (FSC) überprüft.
Gleichzeitig zertifizierte auch der Naturland-Verband den Berliner Wald.
Waldzustand
Im Jahr 2002 haben Berlin und Brandenburg zum zweiten Mal
länderübergreifend und unter Einbeziehung der Fachbehörden für
43
Luftreinhaltung beider Länder einen gemeinsamen Waldzustandsbericht
erarbeitet. In Berlin blieben 2002 19 % (im Jahr 2001 12%) der
Waldfläche ohne sichtbare Schadsymptome (Stufe 0), 57% (2001 59%)
sind leicht geschädigt (Stufe 1) und 24% (2001 29%) weisen deutliche
Schäden bis zum Absterben auf (Stufen 2 bis 4). Damit hat sich de seit
1999 erkennbare Trend der Verschlechterung nicht weiter fortgesetzt. Die
starke Reaktion des Waldes auf die für die Region nicht untypischen
Witterungsschwankungen weist dabei auf eine eingeschränkte Vitalität
der Berliner Wälder hin.
Diese Reaktionen deuten allerdings auch auf tiefer liegende Probleme hin.
So werden die Belastbarkeitsgrenzen des Waldökosystems durch das
gesellschaftliche Verhalten weiterhin anhaltend überschritten. Aus zu
hohen Einträgen an Stickstoff und Säurebildnern durch Luftverunreinigungen resultieren Eutrophierung und anhaltende Bodenversauerung.
Darüber hinaus liegen die Ozonkonzentrationen in der Waldluft besonders während der Vegetationszeit auf einem unveränderten, zu hohen
Niveau. Dennoch zeigt die positive Entwicklung des Waldzustandes seit
1991 in der Gesamtregion, dass durch den signifikanten Rückgang der
Emissionen aus Kraftwerken und Industrieanlagen und durch Schadstoffreduktion bei Fahrzeugen viel erreicht wurde.
Forstliche Rahmenplanung
Zur länderübergreifenden Abstimmung der Forstplanungen im engeren
Verflechtungsraum wurde bereits 1994 eine gemeinsame interministerielle Arbeitsgruppe unter Beteiligung der Forstverwaltungen von Berlin
und Brandenburg eingerichtet. Bundesweit erstmalig wird in einer länderübergreifenden Forstlichen Rahmenplanung (FRP) ein querschnittsorientierter Ansatz verfolgt. Diese Betrachtung des Waldes in seinem Umfeld
und als Bestandteil der Natur- und Kulturlandschaft fördert die Integration von Zielen einer aktiven Forstpolitik in Landes- und Fachplanungen.
Die FRP wurde 1999 abgeschlossen und ist auf einen Planungshorizont
von 15 bis 20 Jahren angelegt. Nach Zustandserfassung und Beurteilung
44
des Istzustandes konzentriert sich die eigentliche Planungsphase auf
folgende Schwerpunkte:
•
Waldvermehrung
In Brandenburg sind rund 5.090 ha als Vorbehaltsgebiete für Erstaufforstung ausgewiesen, vorrangig in den Kreisen PotsdamMittelmark und Teltow-Fläming. Es handelt sich vorwiegend um
Gebiete, die zur Arrondierung und Vernetzung von Waldgebieten
beitragen können. Nach Abstimmungen mit der brandenburgischen Landwirtschaft wurden 1999 geeignete Flächen kartiert.
Die dabei ermittelten rund 4.700 ha werden zuerst aufgeforstet.
•
Waldumbau
Naturnahe, stabile Waldbestände sollen durch eine stärkere Strukturierung mit standortgerechten Baumarten und mit kleinräumigem Wechsel von Beständen unterschiedlichen Alters gefördert
werden.
•
Erholungswaldplanung
Planungsansätze für Erholungswald wurden unter Berücksichtigung von Attraktivität und Erreichbarkeit entwickelt. Im engeren
Verflechtungsraum können 40% der Waldfläche als attraktiv
gelten. Nach dem Abschluss des Waldumbaus erhöht sich der
Anteil der attraktiven Wälder auf 65 %. In Berlin gelegene Wälder
sind zu 100 % als Erholungswald eingestuft.
Erhalt und Schutz des Waldes
Die Schädigung des Waldes ist allenfalls mit einem Bündel differenzierter
abgewogener Maßnahmen aufzuhalten. Neben der weiterhin nötigen konsequenten Luftreinhaltepolitik tragen die Berliner Forsten durch unterschiedliche Maßnahmen zum Erhalt und Schutz der Berliner Wälder bei:
•
Der naturnahe Waldbau wird weiter intensiviert. Chemische Mittel und Maschinen zur Pflanzung werden nicht eingesetzt.
•
Die natürliche Verjüngung des Waldes wird durch die Pflanzung
einheimischer und florengerechter Baum- und Straucharten ergänzt, um Artenvielfalt und Stabilität zu erhöhen.
•
Die Eigennachzucht stabiler, vitaler Jungpflanzen in forsteigenen
Baumschulen wird intensiviert.
•
Zur Schonung des Waldbodens werden wo möglich Pferde anstelle von Maschinen eingesetzt.
Neben der schonenden Waldpflege setzen die Berliner Forsten einen besonderen Schwerpunkt auf Aktivitäten der Öffentlichkeitsarbeit und auf
die Waldpädagogik.
45
Waldschulen
Waldschulen
sind
erlebnispädagogische
Einrichtungen,
in
denen
Kindergruppen und Schulklassen den Wald und die Natur bei ganztägigen
Veranstaltungen spielerisch und aktiv erforschen können. Es existieren
sieben derartige Einrichtungen: eine Waldschule der Schutzgemeinschaft
Deutscher Wald e.V., die anderen sechs Einrichtungen (ehemals von
Berliner Forsten betrieben) werden seit Beginn dieses Jahres von zwei
gemeinnützigen Trägern geführt. Die Angebote der Einrichtungen werden
von Kindern, Jugendlichen und auch Erwachsenen angenommen. Im
Durchschnitt der Jahre 1999 und 2002 haben jeweils rd. 30.000
Menschen, darunter rd. 20.000 Kinder die Einrichtungen der Berliner
Forsten besucht. Bereits in den ersten sechs Monaten dieses Jahres (2003)
nach dem Trägerwechsel hat sich die Besucherzahl nochmals erhöht; es
wurden bisher 20.400 Personen, darunter über 14.000 Kinder und
Jugendliche bei ganztägigen Walderlebnisveranstaltungen betreut. Auf
diese Art wird jeder Berliner Grundschüler mindestens 1 x einen Waldtag
erleben können.
Wildtiere im Stadtgebiet
Seit einigen Jahren kommt es in Berlin auch außerhalb von Waldgebieten
vermehrt zum Auftreten von Wildtieren in der unmittelbaren häuslichen
Umgebung. Besonders Wildschweine, aber auch Marder und Füchse
haben sich trotz der zum Teil intensiven Bejagung vermehrt bzw. sind
immer häufiger in den städtischen Bereichen anzutreffen. Dies führt
unweigerlich
zu
Senatsverwaltung
Konflikten
versucht
zwischen
u.a.
durch
Mensch
und
Tier.
Die
Öffentlichkeitsarbeit
die
Bevölkerung über den Umgang mit den „Wildtieren“ aufzuklären und den
Bestand der Wildtiere in gewissen Rahmen einzugrenzen. Aufgrund der
u.a. guten Nahrungsangebote und milden Winter sowie den zunehmend
angepassten Verhaltensweisen der Wildtiere (Kulturfolger) sind auch für
die Zukunft Konflikte nicht absolut auszuschließen, partiell ist gar mit
einer Zunahme bislang unerwarteter Begegnungen mit stadtfremden
Tieren auch durch neu einwandernde Arten, wie z.B. dem Waschbären zu
rechnen.
Pflanzenschutz
Ziel städtischen Pflanzenschutzes ist es, nachhaltige Anbau- und Kulturtechniken, pflanzenzüchterische, biotechnische und biologische Maßnahmen in Land- und Forstwirtschaft, im Erwerbsgartenbau, im Garten- und
Landschaftsbau, im öffentlichen Grün sowie im privaten Bereich und bei
der Innenraumbegrünung zu fördern. Regelmäßig kontrolliert das Pflanzenschutzamt die sichere und sachgemäße Anwendung von Pflanzenschutzmitteln und –geräten sowie deren Vertrieb. Jährlich werden etwa
46
900 Händler und Anwender geprüft, Beanstandungen gab es in 15 % der
Fälle.
Beratungen und Schulungen bietet das Pflanzenschutzamt nicht nur für
Fachleute, sondern auch für Hobbygärtner. Die Beratungstätigkeit zu
Fragen eines umweltschonenden Pflanzenschutzes hat sich wie folgt
entwickelt: 2000 – 14.211 Beratungen, 2001 – 14.097 Beratungen, 2002 –
11.250 Beratungen.
Nachfolgende Fragestellungen wurden in einer Reihe von Projekten im
Rahmen der Aufgabenwahrnehmung des Pflanzenschutzamtes im Bereich
Forschung sowie der Datenaufbereitung uns –auswertung bearbeitet:
•
Entwicklung von Empfehlungen zur Verbesserung von Straßenbaumstandorten (Check der Bepflanzungsplanung)
•
Begleitung der Pilotphase des differenzierten Winterdiensts in
seinen ökologischen Folgen
•
Untersuchungen zur Sanierung von (erd)-gasbelasteten Baumstandorten
•
Untersuchungen zu Wurzelreaktionen von Bäumen auf mechanische Verletzungen
•
Biologischer Pflanzenschutz in der Innenraumbegrünung
•
Entwicklung eines Qualitätsmanagementsystems zur Verbesserung der Pflanzengesundheit bei Großbauvorhaben
•
Untersuchungen zu den Auswirkungen von Großveranstaltungen
auf das Stadtgrün
47
6
Mobile Stadt
Nachhaltigkeit im Verkehr ist eine Querschnittsaufgabe, die eine Verzahnung und Zusammenarbeit mit anderen Politikfeldern erforderlich
macht. Im Idealfall vermittelt die Verkehrsplanung durch Bündelung von
Einzelmaßnahmen zwischen ökologischen (saubere Luft, weniger Lärm,
weniger Klimagas), ökonomischen (Sicherung des Wirtschaftsstandortes,
Abbau städtischer Verschuldung) und sozialen Zielsetzungen des Verkehrs (gleiche Mobilitätschancen für alle Bevölkerungsschichten,
Verkehrssicherheit). In der Praxis heißt das, sehr unterschiedliche
Ansprüche gegeneinander abzuwägen und unter einen Hut zu bringen.
StEP Verkehr
Der Stadtentwicklungsplan (StEP) Verkehr liefert Ziele, Strategie und
einen Maßnahmenkatalogs für eine nachhaltige Mobilitätspolitik bis
2015. Zunächst wurde ein Katalog von Zielen und Indikatoren erarbeitet,
anhand dessen infrastrukturelle, preispolitische, ordnungsrechtliche,
organisatorische und bewusstseinsbildende Maßnahmen gleichermaßen
diskutiert werden. Die Wirkung dieser Maßnahmen wurde mit Hilfe der
Szenarientechnik analysiert und auf ihre Finanzierbarkeit geprüft. Denn
der nötige Abbau der Neuverschuldung Berlins – auch er ein Ziel der
Nachhaltigkeit – erfordert eine veränderte Investitionsstrategie im
Verkehr.
Erarbeitet wurde der StEP Verkehr in einem offenen Diskussionsverfahren, bei dem neben Experten verschiedener Fachbereiche auch
Vertreter verkehrsökologischer Interessensgruppen, der Lokalen Agenda 21,
weiterer Nichtregierungsorganisationen, der Wirtschaft, der Gewerkschaft
und der Parteien teilnahmen. Ein wissenschaftlicher Beirat hat den
Prozess begleitet und den Wissenstransfer gewährleistet. Im Frühjahr
2003 wurden die Arbeiten am StEP Verkehr abgeschlossen und am 8. Juli
2003 ist der StEP Verkehr vom Senat beschlossen worden.
Die Ergebnisse des Stadtentwicklungsplan Verkehr bestätigen den seit
2000 vollzogenen Paradigmenwechsel in der Verkehrspolitik des Berliner
Senats: Vorrang vor teuren Netzerweiterungen haben in Zukunft die
Bestandspflege und die
Grundsanierung der Berliner Verkehrsinfra-
struktur. Viel wichtiger als kostenintensive Netzerweiterungen sind für
die Erreichung der Nachhaltigkeitsziele organisatorische und verkehrslenkende Maßnahmen. Die Analyse des StEP Verkehr hat gezeigt, dass
alle Maßnahmen im Richtung Parkraummanagement/Parkraumbewirtschaftung, Abbau des Fahrzeitnachteils bei einer Nutzung des ÖPNV
gegenüber dem Pkw (z.B. durch ÖPNV-Beschleunigung, Verkürzung der
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Umsteigewege usw.) besonders stark in Richtung Nachhaltigkeitsziele
wirken. Der StEP Verkehr zeigt, dass es auch in Zukunft Handlungsbedarf hinsichtlich der Senkung des Klimagases CO2 im Berliner Verkehr
geben wird. Insbesondere durch eine verstärkte Nutzung des Fahrrads
könnte der derzeitige Trend einer Zunahme zumindest gebremst werden.
Daher spielen verstärkte Maßnahmen zur Förderung des Fahrradverkehr
eine große Rolle.
Entwicklung der letzten Jahre
In den 90er Jahren – das hat die Bestandsaufnahme für den StEP Verkehr
gezeigt – hat die Verkehrsentwicklung nachhaltige Ziele weder im ökonomischen (Klimagasemissionen, Lärm- und Luftbelastungen) noch im
ökonomischen Bereich (steigende Verschuldung durch zu hohe Ausgaben) erfüllen können.
Dabei kann Berlin aufgrund seiner Geschichte auf verkehrsparsame
Strukturen bauen. Positiv schlägt die polyzentrale Struktur und die geringe Suburbanisierung zu Buche; nur 20% der Bevölkerung der Region
wohnen im Umland. Im Vergleich zu anderen Großstädten liegt die
Anzahl der Pendler zwischen Umland und Stadt damit noch immer auf
sehr niedrigem Niveau. 2001 pendelten täglich 140.000 Brandenburger
nach Berlin und 55.000 Berliner nach Brandenburg. Ein weiteres Plus ist
die bemerkenswert niedrige Motorisierung. Seit 1994 stagniert sie bei
rund 330 Pkw je 1000 Einwohnern. In süddeutschen Großstädten liegt
dieser Wert bei 600 bis 700 Pkw/1000 Einwohner.
Trotzdem hat sich in den neunziger Jahren die Verkehrsleistung kontinuierlich erhöht, weil die durchschnittlichen Wegelängen zugenommen
haben. Dabei fällt neben der Abwanderung ins Umland das veränderte
Urlaubs- und Freizeitverhalten stark ins Gewicht. Die Wirkung verkehrssparsamen Verhaltens der Berliner „im Alltag“ wird oft durch das
Verhalten im Freizeit und Urlaubsverkehr wieder aufgehoben („Kiez und
Karibik“). Diese Entwicklung spiegelt sich in den kontinuierlich
steigenden Passagierzahlen des Flugverkehrs wider. Allerdings ist seit
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Ende 2001 eine Trendumkehr im Verkehrsmittelwahlverhalten und in der
durchschnittlichen Reiseweite zu verzeichnen. Untersuchungen im
Vorfeld der ITB 2002 zeigen, dass nach über zwei Jahrzehnten Wachstum
der Flugreisetourismus 2001 von den Berliner Flughäfen erstmals
abnahm. Zwischen 2000 und 2002 sank die Zahl der jährlichen Passagiere
auf allen Berliner Flughäfen von 13,3 auf 12,1 Millionen. Auch im
Freizeitverhalten der Berliner ist eine Tendenz zum verstärkten Urlaub in
Deutschland (z.B. „Wellness“) zu
beobachten, der durch die Ängste
hinsichtlich der internationalen Lage (Terror, Kriege) noch verstärkt
wurde. Ob sich dieser Trend stabilisiert, bleibt indes abzuwarten. Zur
Verlagerung vom Flugverkehr auf die umweltfreundliche Schiene im
ICE-Verkehr haben die Fahrzeitverkürzungen auf den Relationen Berlin –
Hannover und Berlin – Frankfurt/Main nach Inbetriebnahme der
Schnellbahnverbindung Berlin – Wolfsburg - Hannover beigetragen. Auf
der Relation Berlin – Hannover wurde im Zusammenhang mit dem neuen
ICE – Angebot der gesamte Flugverkehr 1998 vollständig eingestellt.
Negativ im Sinne der Nachhaltigkeit ist die rückläufige Fahrgastentwicklung im ÖPNV zu werten, obwohl in den neunziger Jahren viele Milliarden Euro aus Bundes- und Landeshaushaltsmitteln in den Ausbau der
Netze investiert wurden. Die Erfahrungen zeigen: Eine Verkehrspolitik,
die sich auf kostenaufwendige Erweiterungen des Straßen- und Schienennetzes beschränkt, ist zum Scheitern verurteilt. Nachhaltiger wirken
gezielte Tarifpolitik mit innovativen Angeboten sowie weiche und kleine
Maßnahmen, die die ÖPNV-Nutzung attraktiver machen. In diesem Sinne
hat der Senat begonnen, seine Verkehrspolitik zu modifizieren – mit Erfolg: Die Fahrgastzahlen des Berliner ÖPNV haben sich 1998 stabilisiert
und sind seit 1999 wieder gestiegen. Zwischen 1998 und 2002 erhöhten
sich die jährlichen Fahrgäste bei der BVG von 787 auf 799 Millionen und
die der S-Bahn von 280 auf 305 Millionen.
Auch der Straßengüterverkehr hat in den Neunzigern zu Lasten der umweltfreundlichen Verkehrsträger (Schiene und Binnenschifffahrt) weiter
zugenommen. Gerade der Straßengüterverkehr aber dominiert die Probleme der Lärmbelästigung und der Belastung mit Dieselruß.
Umweltverbund
Die Verlagerung auf umweltfreundliche und ressourcenschonenden Verkehrsträger ist Ziel des Umweltverbundes, zu dem neben Schiene und
Wasser auch der nichtmotorisierte Verkehr (Fahrrad- und Fußgängerverkehr) als umweltfreundlichste Verkehrsart zählt. Verkehrsplanerisches
Ziel des Senats ist eine Verkehrsaufteilung (Modal Split) von 80:20 zugunsten des Umweltverbundes für die verdichteten Gebiete der Innen-
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stadt. Nur so kann ein weiterer Flächenverbrauch des Straßennetzes
verhindert werden.
Tarifpolitik
Der Senat hat seit 2000 den Übergang zu einer moderaten Tarifpolitik im
ÖPNV umgesetzt. Neue, zielgruppenorientierte Tarifangebote tragen
Früchte. Schülertickets und Geschwisterkarten haben schnell hohe Steigerungsraten beim Ticketverkauf ausgelöst: bei der BVG ein Plus von
15%, bei der S – Bahn sogar 30%. Das Berlin Ticket A für Arbeitslosenhilfeempfänger, Semesterticket, Freizeitkarte und Berlin Ticket sind
weitere Beispiele. Im regionalen Freizeit- und Einkaufsverkehr erzielten
die Länderangebote „Brandenburg - Ticket“ (DB, S-Bahn) und Schönes
Wochenende Ticket große nachhaltige Effekte. Die Auslastung vieler
Regionalzüge außerhalb der Berufsverkehrszeiten (und damit die Umweltbilanz der Züge) stieg erheblich. Zugleich schaffen all diese Angebote gleiche Mobilitätschancen für alle.
Parkraumbewirtschaftung
In zunächst drei Pilotgebieten (City-West, City-Ost und Spandau) wurde
die Parkraumbewirtschaftung eingeführt. Ziel war es, den Pendlerverkehr
auf den ÖPNV zu verlagern, Parkplatzsuchverkehr zu vermeiden, die
Flächenbelegung des ruhenden Verkehrs zu reduzieren und so dem notwendigen Wirtschaftsverkehr mehr Raum zu geben. Mit Beginn des
Jahres 2000 übernahmen die Bezirke die Bewirtschaftung. Seither sind
weitere Gebiete ausgewiesen worden: in Schöneberg/Steglitz (Rhein/Schlossstraße) und in der Spandauer Vorstadt, wo durch eine Ausdehnung der Zeiten bis 24h und auf alle Wochentage die Bewirtschaftung dem
Ort (Kneipen- und Szeneviertel) angemessen gestaltet wurde. Weitere
Erweiterungen der Parkraumbewirtschaftung z.B. in Mitte (Bereich
Potsdamer Platz, Diplomatenviertel) sowie im Wedding (Müllerstraße)
sind in Vorbereitung.
Beschleunigung des ÖPNV
Maßnahmen zur Beschleunigung des ÖPNV helfen, die Öffentlichen
attraktiver zu machen. Gleichzeitig werden weniger Fahrzeuge pro Umlauf benötigt, was ökonomische und ökologische Ressourcen schont. Die
Straßenbahnlinien 1, 2, 3, 4, 5, 6, 8, 15, 21, 26, 50, 52 und 53 wurden
bereits u. a. durch Ampelvorrangschaltungen linienbezogen beschleunigt.
Sechs Straßenbahnfahrzeuge konnten so eingespart werden. Auf der Linie
6 stieg die Beförderungsgeschwindigkeit von 19,0 km/h auf 21,6 km/h.
Die Beschleunigung der restlichen Linien wird derzeit umgesetzt. Die
Buslinie 101 ist als erste mit Geräten zur Beeinflussung von Ampelvorrangschaltungen ausgestattet worden. Das Busspurnetz in Berlin hat sich
auf eine Gesamtlänge von insgesamt 101,5 km ausgeweitet. Seit die komfortablen und bis zu 160 km/h schnellen Doppelstockwagen der Baureihe
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RE 160 auf inzwischen vier Regional-Expresslinien verkehren, sind viele
Pendler auf die Schiene umgestiegen. Auf den Relationen Brandenburg Berlin - Frankfurt/Oder und Rathenow/Falkensee - Berlin werden mit den
Regional-Express-Zügen Fahrzeiten in die Berliner Innenstadt angeboten,
die auch gegenüber dem PKW konkurrenzlos niedrig sind.
Fahrradverkehr
Weil der Fahrradverkehr in den 90ern zunächst stagnierte, hat der Senat
in 2000 einen eigenen entkoppelten Haushaltstitel für die Fahrradförderung geschaffen. Ein vom Senator für Stadtentwicklung ernannter Fahrradbeauftragter begleitet die Umsetzung der Maßnahmen. 20 Bauvorhaben wurden 2000/2001 begonnen, mehr als die Hälfte davon sind bereits
fertig.
Lichtsignalanlagen an Knotenpunkten wurden umgerüstet,
gesonderte Radwege gebaut und Radstreifen auf Fahrbahnen markiert
worden. Auch der Ausbau der Bike and Ride-Anlagen an S- und U-Bahnhöfen – unterstützt durch die S-Bahn GmbH sowie die Tiefbauämter der
Bezirke – schreitet voran.
Berlin und Brandenburg haben sich im Landesentwicklungsprogramm
(LEPro) verpflichtet, die Kombination von Radverkehr und Schienenverkehr zu verbessern. Im Ausflugverkehr sollen ökologisch sensible
Erholungsgebiete vom motorisierten Verkehr entlastet werden. In Verantwortung der Landkreise wird derzeit ein Fernradwandernetz realisiert.
Seit Inbetriebnahme der Stadtbahn im Sommer 1998 wurden sechs
Regional-Expresslinien bestellt, die im Taktfahrplan schnelle umsteigefreie
Verbindungen in die wichtigsten Ausflugsregionen (z.B. Spreewald, Oder,
Havelland) anbieten. In Zusammenarbeit mit dem ADFC konnte erreicht
werden, dass von der Fahrzeugindustrie Doppelstockwagen speziell für
Berlin-Brandenburg gefertigt wurden, die in jedem Wagen über große
Mehrzweckabteile – geeignet für Fahrradmitnahme sowie für mobilitätseingeschränkte Personen – enthalten.
Innovative Services
Kombinierte Mobilität verbindet die Vorteile von ÖPNV und Individualverkehr. Das macht ihre Vernetzung so sinnvoll. In Berlin wurden gleich
mehrere innovative Serviceangebote entwickelt:
Das bereits 1989 eingeführte Car Sharing bei dem sich die beteiligten
Nutzer Autos einer Flotte teilen, verzeichnet seit 1995 Zuwächse.
Bei Car-Sharing-Kunden wird ein erheblicher Lerneffekt beobachtet: Sie
reduzieren ihre Pkw-Fahrten um 72% (–6700 km/a). Dies wird teilweise
kompensiert durch die Nutzung motorisierter Zweiräder (+1300 km/a),
des Fahrrads (+800 km/a), vor allem aber des ÖPNV (+2000 km/a).
Dennoch sinkt der jährliche Verkehrsaufwand pro Nutzer um 2700 km.
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Ganz offensichtlich wird das Verkehrsverhalten rationaler organisiert.
Deshalb unterstützt der Senat im Rahmen des EU-Projekts TELLUS seit
2002 ein Demonstrationsvorhaben, dass die Wirtschaftlichkeit von Car
Sharing durch Verknüpfung mit Fahrzeugflotten großer öffentlicher und
privater Unternehmen zum Ziel hat.
Zur besseren Vernetzung der Verkehrsträger trägt auch das von der DB
Rent in der Berliner Innenstadt 2002 eingeführte Projekt „Call a bike“
bei, mit der Fahrräder, die über die gesamte Innenstadt verteilt sind, über
Handy elektronisch aktiviert und genutzt werden können. Das Fahrrad
kann nach der Nutzung an einem beliebigen Ort innerhalb des S – Bahn Innenrings abgestellt werden. Die Abrechnung erfolgt über „BahnCard“
oder Kreditkarte.
Plattformen Wirtschaftsverkehr Logistische Maßnahmen rationalisieren Liefertouren, verhindern Leerfahrten und reduzieren so den Güterverkehr auf der Straße. Sie vermeiden
zudem Engpässe durch parkende Lieferfahrzeuge und erhöhen die Verkehrssicherheit. Vorraussetzung ist die Kooperation aller Akteure der
Belieferung und Entsorgung. Dafür wurden die Plattformen Wirtschaftsverkehr als Public Private Partnership geschaffen. Beteiligt sind Verbände, Kammern, Senatsverwaltungen, Bezirke und andere öffentliche
Institutionen sowie betroffene gewerbliche Anlieger. Hauptinstrumente
sind die Einrichtung von Ladezonen an Plätzen mit hohem Lieferverkehrsaufkommen und der Anschub von City-Logistik-Kooperationen. Die
Abstimmung mit der Parkraumbewirtschaftung, die Umleitung von
Durchgangsverkehren, eine verbesserte Wegweisung in Parkhäuser, die
Einrichtung eines Kundenlieferservices und Öffentlichkeitsarbeit komplettieren das Maßnahmenpaket. Bisher wurden sieben Plattformen in
Neukölln (1995), Wedding (1996), Köpenick (1997) und Steglitz/Schöneberg (1999), Spandau (2000) und zwei weitere in Mitte (2001 und 2003)
umgesetzt.
Die Ergebnisse der Plattformen Wirtschaftsverkehr wurden 2001 in einem
vom BMVBW, dem Deutschen Städtetag, dem DIHK und dem ADAC
initiierten Städtewettbewerb über die Erreichbarkeit von Zentren und
Innenstädten als „Bundessieger“ prämiert.
Derzeit wird als ein Resumée der bisherigen Arbeiten eine „Leitlinie“ zu
den Plattformen Wirtschaftsverkehr vorbereitet, die den Straßenplanern
und den Straßenverkehrsbehörden ein leicht verständliches und
praxisbezogenes Instrumentarium für eine rechtzeitige und umfassende
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Berücksichtigung der Bedürfnisse des Wirtschaftsverkehrs in hochbelasteten Einkaufsstraßen zur Verfügung stellt.
Güter auf Schiene und Wasser
Der Straßengüterverkehr ist im letzten Jahrzehnt bundesweit stark angestiegen, der Anteil der umweltfreundlichen Verkehrsträger Schiene und
Binnenschifffahrt weiter gesunken. Die Ursache liegt in den nationalen
Rahmenbedingungen: In Deutschland müssen im Gegensatz zu anderen
europäischen Staaten Eisenbahnverkehrsunternehmen Trassenpreise nach
dem Vollkostenprinzip an die DB Netz bezahlen. Insbesondere zum
Straßengüterverkehr fehlen der Bahn gleiche Wettbewerbschancen. Ein
weiteres Problem ist die niedrige Produktivität der DB Cargo. Ein Wettbewerb auf der Schiene, der hier stimulierend wirkt, ist im Güterverkehr
erst seit kurzem und nur in Ansätzen vorhanden. Berlin versucht im
Rahmen seiner begrenzten Möglichkeiten, die Bedingungen für den
Transport auf der Schiene und auf dem Wasser zu verbessern, und wird
sich
in
geeigneten
Gremien
(Bundesverkehrsministerkonferenz,
Bundesrat) dafür einsetzen. In einer gemeinsamen Untersuchung mit den
in Berlin tätigen Eisenbahnverkehrsunternehmen und dem Berliner Senat
wurden die zukunftsfähigen Gleisanschlüsse im Berliner Schienennetz
herausgearbeitet.
Integriertes Güterverkehrskonzept Güterverkehrssubzentren (GVS) als Verteilstandorte ergänzen die Güterverkehrszentren (GVZ) des Umlands: Wustermark, Großbeeren und
Freienbrink. Auf innerstädtischen Bahn- und Hafenflächen gelegen,
fungieren die GVS als Schnittstellen zwischen den Verkehrsträgern.
Güter werden per Bahn und Schiff mitten in die Stadt transportiert. Das
schafft ideale Voraussetzungen zum Einsatz kleiner schadstoffarmer
Lieferfahrzeuge für die letzten Kilometer des Transportwegs. Das von der
EU unterstützte TELLUS–Projekt fördert den Einsatz von Erdgasfahrzeugen zur Feinverteilung in der Stadt. Ein Güterverkehrssubzentrum ist
am Güterbahnhof Treptow/Neukölln in Betrieb, ein weiteres im Westhafen in Vorbereitung. Die Absage der DB AG an einer Nutzung des
Westhafens für den Schienengüterverkehr stellt einen Rückschlag dar.
Der Senat wirbt derzeitig in Gesprächen bei privaten Eisenbahnunternehmen für eine Nutzung des Westhafens.
Baustellenlogistik
Nur durch innovative Logistik war die immense innerstädtische Bautätigkeit der letzten zehn Jahre zu bewältigen. Sie gewährleistete die reibungslose Ver- und Entsorgung der Baustellen im zentralen Bereich und
minimierte zugleich – durch den Einsatz umweltfreundlicher Verkehrsträger – Schadstoffemissionen und Belastungen der Straßeninfrastruktur.
Für die Massengutver- und -entsorgung der 1995 begonnenen Großbau-
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stellen im Spreebogen (Regierungs- und Parlamentsbauten und Berliner
Hauptbahnhof (Lehrter Bahnhof)) wurde das Konsortium Baustellenlogistik Spreebogen (KBS) gegründet. Dank der Lage an Spree und
Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal konnte der Anteil des Binnenschiffs
noch höher gewählt werden als zuvor beim Potsdamer Platz. Das
Management der Stückgutlogistik übernahm die Rhenus-BaustellenLogistik GmbH. Bei Massen- und Stückguttransporten wird zudem aufgrund eigener Baustraßen bei der Feinverteilung keine öffentliche Straße
befahren.
Hafenstandorte
2001 hat der Senat ein Konzept zur Standortentwicklung der Berliner
Häfen beschlossen, das auf die Nachfrageentwicklung von Hafenkapazitäten reagiert. Es sieht eine Reduzierung der Anzahl und eine
Spezialisierung der Standorte vor. Die ausgewählten Standorte sollen zu
innerstädtischen Logistikzentren entwickelt werden; der Osthafen und der
im FNP genannte Standort im Bereich Späthsfelde werden nicht mehr benötigt. Sie stehen damit für andere städtebauliche Nutzungen zur Verfügung.
Verkehrskompetenzzentrum
In der Region Berlin sind die weltweit größten Anbieter von Schienenverkehrssystemen ansässig. Als Exporteur von Schienenfahrzeugen, von
Fahrzeugen des ÖPNV und den damit verbundenen Systemlösungen trägt
Berlin dazu bei, dass international übertragbare klimaverträgliche Mobilitätskonzepte angeboten werden. Das entspricht nicht nur dem AgendaKriterium der Verallgemeinerbarkeit, es sichert der Region auch dauerhaft Arbeitsplätze. Um die Zahl der Neuansiedlungen und Existenzgründungen in diesem Kompetenzbereich zu erhöhen, erarbeitet der Senat
derzeit eine integrierte Forschungs-, Wirtschafts- und Mobilitätsstrategie.
Er unterstützt die Aktivitäten regionaler Netzwerkmanager wie z.B. den
Forschungs- und Anwendungsverbund Verkehrssystemtechnik Berlin
(FAV) und richtet die Inhalte der Forschungs- und Entwicklungsvorhaben
verstärkt auf die Ziele der Nachhaltigkeit aus.
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7
Klima und Energie
Zahlreiche internationale Vereinbarungen, von Rio über Kyoto, haben in
den 90ern den weltweiten Klimaschutz behandelt. Vor ihrem Hintergrund
liegt in Berlin der
klimaschutzpolitische Handlungsschwerpunkt im
Energiebereich. Die dabei verfolgte Strategie hat sich verändert. Stand im
Energiekonzept von 1994 noch – neben verstärkter Aufklärung –die
Förderpolitik im Vordergrund, verfolgt das im Frühjahr 2000 vom Senat
beschlossene Landesenergieprogramm 2000-2003 einen weiterentwickelten Ansatz: Mit Win-win-Strategien, die alle Wirtschaftszweige einschließen, sollen Energiesparpotenziale erschlossen werden – eine
Abkehr von „subventionsorientierter“ Energiepolitik hin zu Zusammenarbeit mit der Wirtschaft und zur Öffnung von Märkten zugunsten
neuer Akteure. Es hat sich gezeigt, dass solche Kooperationen einen
höheren Beitrag zum Klimaschutz leisten, als die einst angedachten
ordnungsrechtlichen Maßnahmen. Die CO2-Emissionen (klimabereinigt
und inkl. Stromimport) sollen so – ohne zusätzliche ordnungspolitische
Instrumente – auf 25,4 Mio. t im Jahr 2003 sinken – eine Reduktion um
ca. 20 % gegenüber dem Basisjahr 1990.
Um 25 bis 30 % sollen Energieverbrauch, Kosten und CO2-Emissionen
bei öffentlichen Gebäuden sinken; zugleich soll der Einsatz von Solarenergie ausgeweitet werden. Anlehnen will man sich dabei an entsprechende Vorgaben des Bundes zur Nutzung regenerativer Energien und zur
Energieeffizienz bei Sanierungen und Neubauten. Im Gebäudebereich
befinden sich die quantitativ größten Potentiale. Im Wohnungsbestand
sollen bis 2010 gegenüber 1990 3.480 GWh Primärenergie und damit
rund 1,85 Mio. t CO2-Emissionen pro Jahr eingespart werden.
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Sinkender Energieverbrauch
Der Primärenergieverbrauch im Land Berlin sank von 337.929 TJ 1990
um 6,7 % auf 316.382 TJ im Jahr 2000 (Energiebilanz SenWiArbFrau).
Besonders stark ging die Nutzung fester Energieträger zurück. Das wurde
in erster Linie durch die Sanierung von fast 600.000 Wohnungen und die
dabei durchgeführten wärmedämmenden Maßnahmen sowie durch den
Einbau neuer Heizsysteme erreicht. Darüber hinaus spielt auch der
wirtschaftliche Strukturwandel eine Rolle.
Der Endenergieverbrauch in Berlin blieb in den 90er Jahren
uneinheitlich. Die Absenkung im Industriesektor wurde durch den
steigenden Verbrauch im Verkehr und bei den Haushalten und
Kleinverbrauchern wieder aufgehoben.
Weniger CO2-Emissionen
Berlin unternimmt große Anstrengungen, das selbstgesetzte Ziel, bis 2010
den CO2-Ausstoss um 25% zu verringern, zu erreichen. Die aus dem
Energieverbrauch
errechenbaren
realen
Kohlendioxid-Emissionen
verringerten sich zwischen 1990 und 1999 um rund 13%.
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Zehnmal mehr Solarenergie
Ende 2002 waren in Berlin rund 910 Photovoltaik-Anlagen mit einer Gesamtleistung von 4700 kWp in Betrieb. Seit 1995 konnte die installierte
Leistung aus Photovoltaik-Anlagen damit um das Zehnfache gesteigert
werden, im Vergleich zum Jahr 1990 sogar um das Hundertfache.
Rund 2.800 solarthermische Anlagen gab es Ende 2000 in Berlin – überwiegend auf Ein- und Zweifamilienhäusern. 220 davon haben mehr als 20 m²
Kollektorfläche und befinden sich auf mehrgeschossigen Wohngebäuden.
Die gesamte im Solaranlagenkataster nachgewiesene Kollektorfläche lag
Ende 2002 bei 30.000 m².
In Berlin sind Solarförderungen der Wirtschaft, des Bundes und der EU
nutzbar, die sich kombinieren lassen. Zwischen 1991 und 2000 förderte
allein das Land Photovoltaik mit insgesamt 8,9 Mio. €, Solarthermie mit
10 Mio. €. Die Mittel stammen teils aus der Modernisierungs- und
Instandsetzungsförderung für Wohngebäude, womit auch die nachträgliche Installation unterstützt werden.
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Förderprogramme der
Energiewirtschaft
Im Programm Energie 2000, das im Rahmen einer Kooperationsvereinbarung zwischen Berlin und der BEWAG beschlossen worden war,
förderte die BEWAG von 1997 bis 2000 durch die Solarstrombörse den
Bau von Photovoltaikanlagen mit einem Gesamtvolumen von 20,5 Mio €.
Auch 60 Schulen wurden so mit 1 kW-Anlagen ausgestattet. Die
Photovoltaikanlagen waren für die Schulen kostenfrei, sie mussten nur für
die Installation aufkommen. Die Vereinbarung wird in veränderter Form
in den Jahren 2002-2004 fortgeführt. Ein weiterer Kooperationsvertrag
wurde 1997 zwischen GASAG und Land geschlossen. Vier Jahre lang lief
das Förderprogramm Klimaschutz und Luftreinhaltung, das den
verstärkten Einsatz des umweltfreundlichen Energieträgers Erdgas zum
Ziel hat. 5,1 Mio € flossen so in die Förderung energiesparender
Erdgassysteme, Energiesparcontractings, die Kombination von Erdgas
und Solarthermie und Erdgas als Kraftstoff. Die Vereinbarung mit der
GASAG wird ebenfalls für den Zeitraum 2002-2005 fortgeführt.
Aufklärung und Anreizsysteme Zu den Erfolgen der letzten Jahre haben Informations- und Ausbildungsinstrumente des Landes maßgeblich beigetragen. Neben gezielten Aufklärungskampagnen im Rahmen des Programms BerlinerImpulsE gehört
dazu die Internet-Plattform „Berlin spart Energie“ und die Solarschule.
Solarschule
Die 1996 gegründete Solarschule in Trägerschaft der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) wendet sich an Beschäftigte der Bereichen Gas, Wasser, Elektro. Ausgebildet werden Fachkräfte für Solartechnik
im Handwerk. Von 1996 bis 2001 hat die Solarschule über 1000 Teilnehmer qualifiziert. Für viele Handwerksbetriebe hat sich die Solartechnik dadurch zu einem neuen Standbein entwickelt. Die Schule finanziert
sich über Teilnahmegebühren, die Entwicklung des Curriculums förderte
der Senat.
Berlin spart Energie
Seit Anfang 1998 zeigt die Website „Berlin spart Energie“ beispielhafte
Energiesparprojekte – gegenwärtig rund 70 Vorhaben. Eingerichtet wurde
die Site im Internetauftritt der Senatsverwaltung (www.stadtentwicklung.berlin.de). Interessierte Laien finden an derselben Stelle unter
Klimaschutz im Büro Tipps zur Beleuchtung, zum Computer-Arbeitsplatz
usw. Mit dem Energietest.online können Besucher testen, wo sie selbst in
ihrem Haushalt Energie sparen können.
Berliner Energieleistungsstandard
Mit der Wohnungswirtschaft hat der Senat den Berliner Energieleistungsstandard (B.E.ST.) entwickelt. Eigentümer und Hausverwaltungen sanierungsbedürftiger Wohngebäude können mit B.E.St. auf ein praxisnahes
Umsetzungsmodell für Energiedienstleistungen im Gebäudebestand zu-
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rückgreifen. Es liefert Ausschreibungshilfen für Fachingenieure und
Hausverwaltungen, Auswertungssoftware zur Ermittlung von Eigenregiekosten und zum Vergleich von Bieterangeboten, Vorlagen für Wärmeund Stromlieferungsverträge, sowie für Vereinbarungen zwischen Vermieter und Mieter. Damit wird der Weg zu kosten- und energiesparenden,
nachhaltigen Contractingmodellen spürbar erleichtert.
Schulkampagne fifty/fifty
An der Energiesparkampagne fifty/fifty haben sich seit 1996 rund 200
Berliner Schulen beteiligt. Durch eine Evaluierung im Winter 2000 ist
festgestellt worden, dass knapp 600.000 € Energiekosten eingespart
werden
konnten.
Damit
verbunden
waren
Reduzierungen
der
Energieverbräuche: Strom um rund 1 Mio. kWh und Wärmeenergie um
rund 5 Mio. kWh. Die CO2 - Emissionen konnten um 1.900 t verringert
werden. Als Anreiz erhält die Schule 50 % der durch bewusstes Handeln
eingesparten Energiekosten.
Heizspiegel
Seit 1997 wurde mit dem Berliner Heizspiegel ein Typenschlüssel entwickelt, der zentralbeheizte Wohngebäude in Verbrauchsklassen einordnet. Mietern wie Eigentümern steht damit ein Instrument zur Verfügung,
ihr Haus in Sachen Energieverbrauch abzuschätzen und an möglichen
verbesserten Standards zu messen. Damit ist der Heizspiegel ein wichtiger Baustein für Energieberatungen im Gebäudebereich.
Energiesparpartnerschaften
Private,
fachkompetente
und
finanzkräftige
Energiedienstleister
(Contractoren) erschließen seit 1996 in den Energiesparpartnerschaften
vorhandene Potenziale öffentlicher Gebäude. Aus hoch- und weniger
rentablen Energiesparobjekten werden Liegenschafts-Pools gebildet,
ausgeschrieben und deren Energiemanagement für eine bestimmte
Laufzeit auf externe Partner übertragen. Das Land partizipiert mit einer
festen Quote an den verringerten Energiekosten. Die von den
Energiesparpartnern finanzierten in die Liegenschaften eingebauten
Anlagen gehen mit Vertragsende in das Eigentum des Landes über. Die
Investitionskosten des Contractors werden über die Einsparungen
refinanziert. Damit wird – quasi auf Erfolgshonorarbasis – der Weg zu
Energieeinsparungen freigemacht, die das Land selbst nicht bezahlen
könnte. Ohne Inanspruchnahme von Landesmitteln sind damit bisher
mehr als 37 Mio. € in die Sanierung und Erneuerung von Anlagen für die
Energieerzeugung, -verteilung und –nutzung geflossen.
Gegenwärtig bewirtschaften Kontraktoren neun Gebäudepools mit mehr
als 350 Liegenschaften und einem Umfang von rund 30 Mio. € Energiekosten. Weitere Gebäudepools werden gegenwärtig zusammengestellt.
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Die jährliche CO2-Minderung beträgt gegenwärtig 40.000 t. An den
Landeshaushalt sind Einsparbeteiligungen in Höhe von 20 Mio. € zurückgeflossen.
61
8
Boden
Neben dem quantitativen Ziel, den Bodenverbrauch der Stadt zu senken
und wo immer möglich Flächen zu entsiegeln, verfolgt der Senat beim
Bodenschutz vor allem qualitative Ziele: empfindliche, schutzbedürftige
Böden schonend zu nutzen, Eingriffe in den Bodenwasserhaushalt zu
vermeiden und den Stoffeintrag aus Wasser und Luft zu minimieren.
Gerade diese qualitativen Ziele sind nur in enger Kooperation mit anderen
Umweltdisziplinen zu erreichen. So sehen Baurecht und Raumplanung
wichtige bodenschützende Regelungen vor – etwa Bauverfahren, die Verdichtungen vermeiden, den nachhaltigen Umgang mit Bodenaushub (z. B.
Mutterboden) oder den Einsatz boden- und grundwasserverträglicher
Baustoffe und -techniken. Bodenschutzrelevante Regelungen des Naturschutzrechtes werden über Landschafts- und Artenschutzprogramm umgesetzt. Und auch die Verordnung über die Grundsätze der guten fachlichen Praxis beim Düngen (DüngeVO) regelt Fragen des Bodenschutzes.
Letztlich dient die gesamte Wasser- und Luftreinhaltung über die Minimierung von Stoffeinträgen mittelbar der Güte des Berliner Bodens.
Auch deshalb war der Bodenschutz, sofern keine besonderen Regelungen
(etwa im Wasser- oder Baurecht) bestanden, lange Zeit Sache der allgemeinen Gefahrenabwehr und wurde im allgemeinen Ordnungsrecht behandelt. Das hat sich mit dem Berliner Bodenschutzgesetz (BodSchG)
vom 10. Oktober 1995 geändert. Wie das 1998 aufgelegte Bundesbodenschutzgesetz und die 1999 veröffentlichte Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung betont Berlin damit die Bedeutung der Ressource Boden. Von 1995 bis 1998 hat der Senat ein Bodenschutzkonzept erarbeitet.
Informationen über Altlasten und schädliche Bodenveränderungen sind
heute im Rahmen des Informationssystems Stadt und Umwelt in einem
Bodenbelastungskataster erfasst.
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Altlastensanierung
Industrielle Altlasten und Schadstoffe aus ehemaligen Mülldeponien zählen zu den größten Problemen im Umweltschutz. Die Sanierung dieser
Altlasten sichert die Gesundheit der Bürger und die Qualität des Trinkwassers. Altlasten sind aber auch schwerwiegende Wirtschafts- und
Entwicklungshemmnisse, ihre Beseitigung eine Voraussetzung für die
sinnvolle Entwicklung betroffener Gebiete zu nachhaltigen Gewerbestandorten oder Naherholungsräumen.
Mit der Wiedervereinigung der Stadt hatte sich die Zahl der sanierungsbedürftigen Flächen beträchtlich erhöht. Von den rund 8160 Vorgängen
(Stand Mitte 2003) erfasst, bei denen Boden- und Grundwasserverunreinigungen vermutet bzw. nachgewiesen wurden. Davon konnten
bisher 1660 Fälle abgeschlossen werden. Von den verbleibenden 6500
Vorgängen fallen aufgrund der neuen Zuständigkeitsregelung 5900 in den
Verantwortungsbereich der bezirklichen Umweltämter.
Von den in der Zuständigkeit der Senatsverwaltung verbliebenen Fälle
werden derzeit 315 Vorgänge aktuell bearbeitet. Die restlichen Vorgänge
sind wegen der nicht gegebenen Dringlichkeit zunächst zurückgestellt.
Freistellungsverfahrens
In den letzten Jahren hat Berlin im Rahmen des Freistellungsverfahrens
jährlich rund 12,0 Mio € für die Erkundung und Sanierung von Bodenund Grundwasserschäden aufgewendet. Erst im Falle einer notwendigen
Sanierung können Erkundungskosten dem Verursacher oder Grundstückseigentümer (Zustands- oder Handlungsstörer) auferlegt werden.
Investoren können nach dem Umweltrahmengesetz von diesen Kosten
jedoch teilweise freigestellt werden. Die Sanierungskosten werden dabei
in einen Eigenanteil und einen freigestellten Anteil gesplittet, der zu 60 %
vom Bund und zu 40 % vom Land getragen. Im Rahmen des Freistellungsverfahrens wurden rund 3.900 Anträge gestellt, davon wurden
bisher 58 grundstücksbezogene Freistellungen in einer Gesamthöhe von
mehr als 255,6 Mio € erteilt.
Das Land hat von 1994 bis 2002 rund 26,0 Mio € reine Landesmittel und
69 Mio DM Bundesmittel für die Beseitigung von Boden- und Grundwassersanierungen im Zusammenhang mit Freistellungen aufgewendet.
Großprojekt Berlin
Zu den 315 derzeit bearbeiteten Fällen gehören die aufwändigen Sanierungen im Zuge des Großprojekts Berlin: alte Industriestandorte in Rummelsburg, Oberschöneweide, Niederschöneweide, Johannisthal und
Adlershof, die ob ihrer gesamtstädtischen Bedeutung und ihrer exponierten Lage in den Wasserschutzgebieten Wuhlheide und Johannisthal
63
höchste Priorität haben. Das würdigt auch der Bund. Im Großprojekt
erhöht sich der Bundesanteil an den Freistellungen auf 75 % – gegenüber
25 % für das Land Berlin.
Bis Ende 1996 wurde ein flächendeckendes Grundwassermonitoring im
Großprojekt durchgeführt. In den letzten Jahren wurden u.a. drei
Grundwasserreinigungsanlagen am Wasserwerk Johannisthal errichtet,
Abwehr- und Sicherungsbrunnen installiert, extreme Kontaminationen
saniert und eine 1000 m lange Dichtwand zur Reduzierung des
Schadstoffaustrags errichtet. 1998/99 begannen Arbeiten zur Sicherung
des Wasserwerks Wuhlheide. Zwischenzeitlich wurden auch hier
Grundwasserreinigungsanlagen gebaut.
Bis Dezember 1999 wurden Maßnahmen und Finanzrahmen für die neun
Teilsanierungsgebiete im Großprojekt von Land und Bund beschlossen.
Insgesamt ist mit einem Finanzvolumen von 210 Mio € zu rechnen.
Bereits vor 1999 flossen im Rahmen vorgezogener Maßnahmen mehr als
41,0 Mio € in Erkundungs-, Sanierungs- und Sicherungsmaßnahmen.
Neben derzeit 36 laufenden Maßnahmen, konnten bereits 27 Maßnahmen
abgeschlossen werden.
64
9
Wasser
Berlin bezieht seit über 100 Jahren sein Trinkwasser aus Grundwasser
und Uferfiltrat. Damit ist Berlin eine der wenigen großen Städte, die ihre
Wasserversorgung aus dem eigenen Gebiet heraus sicherstellen – eine
Besonderheit, die im Berliner Wassergesetz verankert wurde. Grundsätzliches Ziel ist deshalb ein ausgeglichener Wasserhaushalt. Das Prinzip der
nachhaltigen Bewirtschaftung gilt dabei nicht nur für die Wassermenge,
sondern vor allem auch für die Wassergüte und die Wiederherstellung
oder den Erhalt der ökologischen Funktion der Gewässer. In allen Bereichen muss die Idee eines stadtinternen kurzgeschlossenen Wasserkreislaufs die Vorstellungen von Verbrauch und Entsorgung ersetzen.
Dazu muss die geförderte und genutzte Menge minimiert werden, die
Entnahme in Einklang mit der Grundwasserneubildung stehen. Die anteilsmäßige Förderung von Trinkwasser durch Uferfiltration erfordert
besondere Anstrengungen bei der Reinhaltung der Oberflächengewässer
und damit eine Abwasserreinigung auf hohem Stand. Stoffeinträge müssen minimiert, das Grundwasser flächendeckend geschützt werden. Und
schließlich müssen die Oberflächengewässer als wertvoller Lebensraum
für Mensch und Natur erhalten und qualifiziert werden. Das ist umso
schwieriger, als die Berliner Gewässer zugleich als Lebensraum für Tiere
und Pflanzen, als Naherholungsflächen, als Wohnort, als Verkehrswege,
als Kühlmittelreservoir für Kraftwerke und Industrie und als Fischgewässer genutzt werden – Funktionen, die großes Konfliktpotential bergen.
Nur ein konsequent auf Vorsorge angelegtes Wassermanagement kann
diese elementare Lebensgrundlage für Mensch, Tier und Pflanzen sichern.
Gewässernetz und Wassermenge 6,6 % der Berliner Gesamtfläche – oder 58,9 km² – sind mit Wasser bedeckt. Spree, Dahme und Havel durchfließen in der Stadt eine Strecke
von 88,6 km, die Kanäle bringen es auf 66,8 km Lauflänge (29,1 km allein der Teltowkanal). Dazu kommen Fließe und Gräben mit rund 75 km
und unzählige kleine und kleinste Gräben mit nochmals rund 330 km.
Trotz dieses verzweigten Gewässernetzes ist die Region eher wasserarm.
Das Wasservolumen aller großen Zuflüsse (Spree, Oder-Spree-Kanal,
Dahme, Oberhavel) lag im Mittel der Jahre 1991 bis 2000 bei 41,3 m³/s.
Verglichen mit Rhein (am Pegel Rees 2.325 m³/s) und Elbe (Pegel Neu
Drachau 646 m³/s) ist das sehr bescheiden. Niedrigwasserzeiten stellen
deshalb ein weitaus größeres Problem dar als etwa Hochwassergefahren.
An 53 Messstellen überwacht die Landeshydrologie das Abflussgeschehen. 11 Ultraschallmessanlagen wurden in den letzten zehn Jahren einge-
65
richtet. Sie und neun weitere Messpunkte liefern Werte per Datenfernübertragung direkt in die Messzentrale. An 18 Seen wurden Druckmesssonden mit Messwertsammler installiert. Ihre Messungen zeigen, wie
schwerwiegend sich die drastische Abnahme der Braunkohleförderung
auswirkt: Seit 1990 werden immer weniger Sümpfungswässer eingeleitet.
Flossen in den 80er Jahren über Spree, Dahme und Oder-Spree-Kanal im
Schnitt noch 44,9 m³/s nach Berlin, sank das Volumen 1991 bis 1995 auf
33,0 m³/s, für 1996 bis 2001 auf 25,6 m³/s. 2001 wurde mit 18,2 m³/s der
bisherige Tiefststand erreicht. Das hat Folgen nicht nur für den
Grundwasserstand sondern auch für die Oberflächengewässer, die nicht
mehr ausreichend entwässert und durchspült werden.
Speichersee Lohsa II
1995 unterzeichneten Berlin und Brandenburg ein Abstimmungsprotokoll, das den künftigen Mindestzufluss nach Berlin am Pegel Große Tränke mit 10 bzw. 10,9 m³/s festschrieb. Die Länder Sachsen, Brandenburg,
Berlin und der Bund beschlossen, die Wasserstände der Spree durch den
Mehrjahresspeicher Lohsa II zu stabilisieren. Das sächsische Tagebaurestloch wird bis 2005 zu einem hochmodernen Speichersystem mit
53 Mio m³ Speicherkapazität ausgebaut, das durch die benachbarten
Becken Dreiweibern, Burghammer und Bärwalde sogar auf 83 Mio m³
erweitert wird. Das Land Berlin ist an dem 255,6 Mio €-Projekt mit
11,7 Mio € beteiligt.
Gewässerqualität
Weil das Berliner Hauptgewässersystem extrem langsam fließt, ist es
gegenüber Nährstoffeinträgen überaus empfindlich. Eutrophierung wird
zu einem großen Problem, zumal die geringe Tiefe der Flüsse dafür sorgt,
dass sie aus gewässerökologischer Sicht eine Übergangsform zu Seen und
Standgewässern darstellen. So bleiben die vielfältigen Einleitungen der
Großstadt besonders lange vor Ort. Weil das Uferfiltrat großen Anteil an
der Trinkwasserförderung hat, wird die Qualitätssicherung des Oberflächenwassers zur Hauptaufgabe der Wasserwirtschaft.
Phosphate und Eutrophierung
Eine Untersuchung im Auftrag des Senats über die Phosphor- und Stickstoffeinträge und -frachten in den Jahren 1995 bis 1997 zeigt, dass sich
66
die Belastung der Gewässer spürbar verringert hat. Die Einleitungen aus
Berliner Kläranlagen (109 t Phosphor jährlich) und aus der Misch- und
Trennkanalisation (38 t) gingen zurück und lagen deutlich unter den Einträgen, die über die natürlichen Zuflüsse nach Berlin fließen. Auch hier
haben sich die Frachten indes reduziert: in der Dahme um 18 %, in der
Havel um 43 %. Obwohl der Rückgang der Phosphoreinträge eine geringere Algenbiomasseproduktion zur Folge hatte, hat dies noch nicht
zum Sprung in bessere Güteklassen geführt. Bis 1999 wiesen der Tegeler
See die Güteklasse II, Müggelspree, Großer Müggelsee und Seddinsee
Güteklasse II-III, Dahme, Stadtspree und Havel die Güteklasse III und der
Zeuthener See Güteklasse III-IV auf. Während der Zufluss des Tegeler
Sees seit 1985 durch die Entphosphatungsanlage Tegel entlastet wird,
leidet der Zeuthener See unter Abläufen einstiger Rieselfelder, die über
den Nottekanal einfließen. Die neueste Bilanz für den Zeitraum 1998 bis
2000 zeigt, dass gegenüber 1995 bis 1997 kein weiterer Rückgang der
Phosphorfrachten nach Berlin und Einträge innerhalb Berlins zu
verzeichnen ist.
Gütemessnetz und Richtlinien
An 62 Stellen werden physikalisch-chemische, bakteriologische und biologische Grundparameter der Oberflächengewässer untersucht. In den
Sommermonaten, insbesondere nach langer Trockenheit, spülen Regengüsse viele Schadstoffe aus Kanalisation und Stadt in die Innenstadtgewässer. Oft kann nur durch den künstlichen Eintrag von Luft oder technischem Sauerstoff ein Massenfischsterben verhindert werden. Voraussetzung dafür ist das rechtzeitige Erkennen problematischer Werte. Transportable Messbojen mit Datenfernübertragung auf einen Zentralrechner
machen dies nun möglich. Ist eine kritische Sauerstoffunterversorgung
erreicht, löst der Rechner automatisch Alarm aus.
Stoffkonzentrationen werden in Berlin seit 2001 noch differenzierter
gemessen: 99 organische Spurenstoffe, festgeschrieben in einer EGRichtlinie, werden 13 mal pro Jahr an den 3 Messstellen der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser erfasst. Im Jahr 2001 gab es nur bei 4 der 99
Stoffe leichte Überschreitungen der Qualitätsziele – durchweg ubiquitäre
Stoffe, die z.B. aus der Verbrennung von Kraftstoffen stammen. In 2002
wurde das Messprogramm auf die Berliner Problemstoffe reduziert und
zusätzlich 11 sogenannte prioritäre (besonders gefährliche) Stoffe der
EG-Wasserrahmenrichtlinie untersucht, für die es bisher noch keine
Qualitätsziele gibt. Von diesen 11 Stoffen zeigte nur ein Stoff leicht
erhöhte Messwerte.
67
Wasserrahmenrichtlinie
Mit gleichem Nachdruck wird seit 2001 an der Umsetzung der Ende 2000
erlassenen Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) gearbeitet. Die
WRRL schreibt feste Qualitätsziele vor, bis 2015 umzusetzen sind. Erreicht werden sollen sie durch flussgebietsbezogene Bewirtschaftungspläne – ein wichtiger Impuls für gebietsübergreifenden Wasserschutz. Die
Berliner
Aktivitäten
sind
in
die
Flussgebietsgemeinschaft
Elbe
eingebunden. Die fachbezogene Arbeit wird im Koordinierungsraum
Havel geleistet und vor allem mit Brandenburg abgestimmt.
Schwebstoffe
Schwebstoffe werden seit 1994 mittels einer Schwebstoffzentrifuge an
der Spree (Sophienwerder) kurz vor Mündung in die Havel untersucht.
Mit Schwermetallen können die Berliner Gewässer danach als mäßig
belastet (Güteklasse II) gelten. Die Ergebnisse zeigten im Jahr 2000 eine
geringe Belastungssituation für Chrom und Nickel, während bei den toxischen Schwermetallen Blei, Cadmium, Kupfer und bei Zink die Zielvorgaben der LAWA um 200 bis 500 % überschritten wurden. In 2002
wurde
die
Bewertung
der
Schwermetalle
erstmals
nach
den
Qualitätsnormen der Richtlinie 76/464/EWG, bzw. der Richtlinie
2000/60/EG – Wasserrahmenrichtlinie vorgenommen. Danach sind
unverändert erhöhte Belastungen für Kupfer, Blei und Zink festzustellen.
Unter den organischen Spurenstoffen blieben die Chlorbenzene und
polyzyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) deutlich unter den
Grenzwerten der Berliner Liste. Bei Pestiziden (DDT und Lindan) traten
saisonbedingte Grenzwertüberschreitungen im Sommer auf.
Geringe Schadstoffbelastungen Bei 28 Industriechemikalien (leicht flüchtige halogenierte Kohlenwasserstoffe, Chloraniline, Chlorbenzole, Chlornitrotoluole) wurden größtenteils Konzentrationen unter der analytischen Nachweisgrenze festgestellt.
Sporadisch erhöhte Konzentrationen traten einzig bei Hexachlorbenzol,
Dichlorbenzol, Nitrobenzol, Trichlormethan und Trichlorethen auf, wobei
sich systematische Zuordnungen zu den Quellen nicht erkennen ließen.
Ausgewählten Badestellen werden seit 1996 auf durch Blaualgen produzierte Toxine (Microcystine) untersucht. Von den 129 gemessenen Werten (zwischen 0,14 und 119 µg/l) lagen lediglich zwei über 100 µg/l – dem
Grenzwert unter dem keinerlei gesundheitliche Beeinträchtigungen für
Badende bestehen. Während der Toxinmesswerte des Jahres 2000
sämtlich unter dem kritischen Wert von 100 g/l lagen, wurden in 2001
zwei Messwerte ermittelt, von denen einer deutlich über 100 g/l lag. Ein
Strandbad musste deshalb erstmals kurzzeitig geschlossen werden.
68
1996 und 1997 wurden die Konzentrationen von 35 Pflanzenschutzmitteln gemessen. Eine Überschreitung der Zielvorgaben wurde einzig
bei Diuron registriert, das durch verbotene Anwendungen im privaten
Bereich (Entkrautung von Garageneinfahrten und Höfen) in die Gewässer
gelangt. Die Messergebnisse aus den Jahren 2000 bis 2002 bestätigen die
Untersuchungsergebnisse der Vorjahre.
Stichprobenuntersuchungen der TU Berlin in den Jahren 1993 bis 1996
belegen hohe Werte für verschiedene Arzneimittelrückstände in den
Vorflutern Nordgraben, Wuhle, Teltowkanal und Neuenhagener Fließ
(Erpe). Am häufigsten wurden Clofibrinsäure, Diclofenac und Propiphenazon gefunden. Dabei sind die Werte in den Vorflutern (Nordgraben,
Wuhle, Teltowkanal und Neuenhagener Fluß) höher als in Gerwässern,
die nicht als Vorflut kommunaler Kläranlagen dienen (Spree-Neuzittau,
Großer Müggelsee, Dahm – Langer See, Havel-Stolpe, Panke-Buch). In
2000 und 2001 wird von der TU Berlin an ausgewählten Messstellen des
Teltowkanals und der Havel ein Sondermessprogramm zur Untersuchung
von Arzneimittelrückständen durchgeführt. Die Untersuchungsergebnisse
der Vorjahre werden bestätigt. Für eine Bewertung der ermittelten
Konzentrationen hinsichtlich ihrer Wirkung auf Nichtzielorganismen
fehlen derzeit noch die entsprechenden toxikologischen Untersuchungen.
Untersuchungen des Umweltbundesamtes zu Arzneimittelrückständen im
Zu- und Ablauf aus der Stadt bestätigten 1999 eine deutliche
Konzentrationszunahme im Fließverlauf der Gewässer durch die Stadt. So
wurden im relativ unbelasteten Spreezulauf über die gesamte Bandbreite
der detektierten Arzneimittelstoffe (11 verschiedene Wirkstoffe oder
Metabolite) Konzentrationen von 0 bis 25 ng/l ermittelt, während die
Werte in der Unterhavel bei Krughorn zwischen 2 und 130 ng/l lagen.
Fischgewässer
29 Haupt- und Nebenerwerbsbetriebe betreiben in Berlin gewerblichen
Fischfang. Die für sie wichtigen Fischbestände haben sich seit 1995
erkennbar stabilisiert. Gegenüber 1994 lassen sich heute acht Fischarten
in die jeweils niedrigere Gefährdungskategorie einstufen. Lediglich die
Karausche muss von „nicht gefährdet“ auf „stark gefährdet“ hochgestuft
werden. Das Wiedererstarken von Arten wie Karpfen, Schlei und Hecht
gegenüber Blei, Güster und Plötze belegt die Wirksamkeit der Mitte der
80er Jahre begonnenen Maßnahmen zum Schutz der Wasserqualität. Die
jährlichen Fangergebnisse von Speisefischen haben sich auf ein Niveau
von rund 100.000 kg/a eingependelt. Die Entwicklung zeigt aber auch,
wie lange es dauert, bis solche Maßnahmen im Naturhaushalt wirken.
69
Für Erhalt und Förderung der Fischerei hat Berlin von 1995 bis 2002
2,7 Mio € eingesetzt und etliche neue Rechtsgrundlagen geschaffen. Das
Landesfischereigesetz von 1995 und die Landesfischereiordnung von
2001 dienen dem Schutz der Wasserorganismen und deren Lebensräumen. In der Süßwasserqualitätsverordnung wurden 1997 die Fischgewässer des Landes formell ausgewiesen. Die Verordnung über die Durchführung des Landesfischereischeingesetzes (1997), die Änderung des
Landesfischereischeingesetzes (2000) und die Rahmengeschäftsordnung
für den Landesfischereibeirat (2000) sind weitere Beispiele fischereiwirtschaftlicher Klärungen der letzten Jahre.
Abwasser
Rund 3 Mrd € haben die Berliner Wasserbetriebe in den Jahren 1990 bis
1999 in Abwasserableitung und -behandlung investiert, davon rund
1,5 Mrd € in den Bau von Kanälen. Das Land hat als für die Straßenregenentwässerung zuständiger Straßenbaulastträger rund 0,5 Mrd € dazu
beigetragen. Insgesamt wurden seit 1990 in Berlin 738 km Kanäle neu
gebaut, davon 468 km (63,5 %) im Ostteil der Stadt. Damit hat sich der
Anschlussgrad im Osten von 93 % (1990) auf 96,7 % (2002) erhöht, liegt
aber noch immer unter dem des Westteils (über 99 %).
Klärwerke
1990 gab es für die Berliner Abwässer sieben Klärwerke. Innerhalb des
Landes sind das die Klärwerke Ruhleben, Falkenberg und Marienfelde, in
Brandenburg die Klärwerke Schönerlinde, Münchehofe, Waßmannsdorf
und Stahnsdorf. Alle verfügten neben einer vollbiologischen Reinigung
auch über eine Entphosphatung. In Ruhleben wurde 1994 eine Stickstoffreduzierung eingerichtet. Der Ausbau der Klärwerke Waßmannsdorf und
Stahnsdorf u. a. mit biologischer Phosphor- und Sickstoffreduzierung
wurde 1998 abgeschlossen. Im selben Jahr ging das Klärwerk Marienfelde außer Betrieb; seitdem wird das Abwasser von dort über ein neues
Pumpwerk und eine Druckleitung nach Waßmannsdorf gefördert. Die
Werke Münchehofe und Schönerlinde wurden und werden umgebaut.
Münchehofe entspricht seit 2000, Schönerlinde ab 2003 den Anforder-
70
ungen der EU. Das Klärwerk Falkenberg ist im Februar 2003 stillgelegt
worden.
In Berlin sind derzeit die Berliner Wasserbetriebe in der Rechtsform einer
Anstalt öffentlichen Rechts einziger kommunaler Wasserver- und Abwasserentsorger. Eine Änderung des Berliner Wassergesetzes machte 1999
den Weg frei für privatwirtschaftliches Engagement im Rahmen einer
Teilprivatisierung.
Abwasserbeseitigungsplan
Der 2001 veröffentlichte Abwasserbeseitigungsplan entwickelt Szenarien,
wie durch eine Reduktion der Stoffeinträge aus häuslichem Schmutz- aber
auch aus Regenwasser das Ziel Güteklasse II in allen Berliner Gewässern
erreicht werden könnte. Die Nährstoffeinträge sollen dafür (bezogen auf
1999) um jährlich 200 Tonnen Phosphor sinken. Durch Aktivierung von
Stauraum im Kanalnetz, den Bau von Fangbecken und die Einführung
verbesserter Prognose- und Steuerungsverfahren bei Regenwetter sollen
die Überlaufmengen von Mischwasser reduziert werden. Regenwasser
soll möglichst vor Ort versickern, indem versiegelte Flächen vom Regenkanal abgekoppelt und zentrale Regenwasserbehandlungsanlagen gebaut
werden. Auch die Nährstoffeinträge aus Kläranlagen sollen weiter reduziert werden. Die Umsetzung wird wegen des enormen Investitionsbedarfes einen Zeitraum von zwei Jahrzehnten beanspruchen.
Sanierung der Kanalisation
Seit 1998 sanieren die Wasserbetriebe die vor 120 Jahren zeitgemäße,
heute aber veraltete Berliner Mischwasserkanalisation. Sie umfasst vor
allem in der Innenstadt ein Gebiet von 92 km² und eine Netzlänge von
rund 2000 km. In den später erschlossenen Außenbezirken dominiert
dagegen die modernere Trennkanalisation, die Regen- und Schmutzwasser getrennt ableitet. Die Sanierung, deren Ziel es ist, aus dem Mischsystem weniger Frachten einzuleiten, als aus einem vergleichbaren Trennsystem, soll bis 2020 abgeschlossen sein. Die Kosten können nur grob
geschätzt werden, dürften aber zwischen 90 und 125 Mio. € betragen.
Aktionsprogramm Spree/Havel 2000 Der Abwasserbeseitigungsplan zeigte: Allein durch Maßnahmen innerhalb der Stadt kann Berlin die Sanierungsziele nicht erreichen. Um mit
dem Nachbarland Brandenburg eine gemeinsame Strategie für die Reduzierung von Schadstoffeinträgen im gesamten Einzugsgebiet zu entwickeln, rief der Senat 1999 das Aktionsprogramm Spree/Havel 2000 ins
Leben. Das Aktionsprogramm beschreibt, welche Anforderungen erfüllt
werden müssen, um im Einzugsgebiet die Gewässergüteklasse II zu
erreichen. Ein Sanierungsprogramm für das Spree-Havel-System wird
einen Zeitraum von mindestens zwei Jahrzehnten einnehmen; es wird
71
letztendlich nur auf der Grundlage eines gemeinsamen Flussgebietsplanes
umzusetzen sein und im Sinne der WRRL einen Beitrag zur Entlastung
der Elbe und zur Reduzierung der Nährstoffeinträge in die Nordsee
leisten.
Betriebe als Indirekteinleiter
In Berlin fliessen derzeit – bis auf Abwasserteilströme der Rauchgasentschwefelungsanlagen in den Heizkraftwerken Klingenberg, Reuter und
Reuter West – alle gewerblichen und industriellen Abwässer mit gefährlichen Stoffen in die öffentliche Kanalisation. Die Indirekteinleiterverordnung regelt diese Einleitungen: 4.599 Betriebe und Einrichtungen sind in
einem EDV-gestützten Abwasserkataster erfasst und werden überwacht.
Seit 2001 sind dafür die Bezirke zuständig.
Nach Bundesgesetz müssen Amalgamemissionen (50 % Quecksilberanteil) aus Zahnarztpraxen um 95 % verringert werden. Jede der ca. 3.400
Berliner Praxen wurde dazu bis 1996 mit einem Amalgamabscheider ausgerüstet. Damit reduzierte sich die Amalgamemission um 2,8 t/a.
Abwasser aus Krankenhäusern enthält halogenierte organische Verbindungen (AOX), die in Kläranlagen nur schwer abgebaut werden und
bis ins Trinkwasser gelangen können. Ein Leitfaden des Landes informiert die Krankenhäuser, wie sie Minderungsmaßnahmen eigenverantwortlich erarbeiten und durchführen können. Gleichzeitig wurden AOXReduzierungskonzepte zur Bedingung der Genehmigung nach der Indirekteinleiterverordnung gemacht.
Anreizsysteme
Mit der Abwasserabgabe und dem Grundwasserentnahmeentgelt bestehen in Berlin klare monetäre Anreize für Eigeninitiative im nachhaltigen Umgang mit Wasser. Beide haben ihre Wirksamkeit bewiesen – und
sorgen für Einnahmen, die in weitere Maßnahmen investiert werden. In
den Jahren 2000 bis 2002 waren das jeweils rund 9,6 Mio € aus der
Abwasserabgabe, während die Berliner Wasserbetriebe im gleichen
Zeitraum jeweils 48 Mio. €, Eigenförderer (z.B. Industriebetriebe oder
öffentliche Einrichtungen) zwischen 3,8 und 2,0 Mio € und grundwasserfördernde Bauträger im Jahr 2000 3,7 und im Jahr 2002 6,9 Mio €
an Grundwasserentgelt aufbringen mussten.
72
Grundwasserqualität
Berlins Hydrogeologie bedingt die Unterteilung des Süsswasserstocks in
vier Grundwasserleiter. Seit 25 Jahren wird die Güte des Grundwassers
zweimal im Jahr an 250 Messstellen überprüft. 1996 wurde ein neuer
Kenngrößenkatalog eingeführt. Er erfasst neben ph-Wert, Leitfähigkeit,
Ionenkonzentrationen und Summenkenngrößen nun auch die Konzentration von Schwermetallen, Spurenelementen wie Arsen oder Cadmium,
organischen Verbindungen und mikrobiologische Untersuchungen. Besonders im zweiten Grundwasserleiter überschreiten die Sulfatkonzentrationen häufig den Grenzwert der Trinkwasserverordnung (240 mg/l).
Dabei traten an einzelnen Messstellen Werte von über 1000 mg/l auf.
Maßgeblich trägt dazu die Auslaugung von Trümmer- und Bauschutt bei,
der nach dem Zweiten Weltkrieg im ganzen Stadtgebiet abgelagert wurde.
In die tieferen Grundwasserleiter ist diese erhöhte Sulfatfracht noch nicht
gelangt. Die Chloridgehalte zeigen einen gegensätzlichen Trend. Die geringsten Konzentrationen finden sich nahe der Oberfläche, die höchsten
dagegen im dritten und vierten Leiter (max. 19 000 mg/l). Diese Versalzung der tiefen Grundwasserleiter ist auf geogene Einflüsse aus dem tiefergelegenen Salzwasserstock zurückzuführen.
73
Grundwassermanagement
Von 1989 bis 2002 ist der jährliche Wasserverbrauch in Berlin um 159
Millionen Kubikmeter (42 %) gesunken, dabei fiel der Rückgang in den
östlichen Bezirken mit über 60 % noch drastischer aus. Weil weniger
Trinkwasser gefördert wurde, stieg das Grundwasser stadtweit an, besonders im Südosten Berlins.
Zum Schutz vorhandener Siedlungsstrukturen wurden deshalb zwei Anlagen zur Grundwasserregulierung errichtet: in Rudow eine mit 27 Brunnen und Ableitung zum Teltowkanal (1997) und in Kaulsdorf eine mit
einer 1,7 km langen Druckrohrleitung vom Habermannsee zur Wuhle
(1999). Zudem soll im Südosten die Grundwasserförderung langfristig
von derzeit rund 60 Mio. m³/a auf rund 90 Mio. m³/a gesteigert werden.
Damit wird hier 50% mehr Wasser gefördert, als regional verbraucht
wird. Der Überschuss wird an die Verbraucher in der westlichen
Stadthälfte geleitet. Dort muss die Förderung, aber auch die Anreicherung
entsprechend reduziert werden, um ausgeglichene Pegel zu erreichen.
Deshalb wurde das Wasserwerk Jungfernheide vorübergehend außer
Betrieb genommen. Das Wasserwerk Johannisthal (im Südosten) wird
dagegen für die erhöhte Förderung bis 2009 modernisiert. Ein
gewünschter Synergieeffekt der stärkeren Förderung im Gebiet von
Johannisthal und Wuhlheide: die Sanierungsarbeiten im Großprojekt
Berlin können schneller erledigt werden.
Wasserschutzgebiete
Im Herbst 1999 wurden Wasserschutzgebietsverordnungen für Friedrichshagen, Buch, Johannisthal/Altglienicke und Wuhlheide/Kaulsdorf erlassen. Damit wurden für die Wasserversorgung wichtigen Gebiete dauerhaft
unter Schutz gestellt. Insgesamt sind in Berlin rund 230 km² als Schutzgebiet ausgewiesen und rund 25% des Stadtgebietes mit Auflagen zur
Sicherung der Trinkwasserversorgung belegt. Da die unterirdischen Einzugsgebiete der Wasserwerke sich nicht an politische Grenzen halten,
verabredeten Berlin und Brandenburg, dass die Federführung zur Ausweisung der Schutzzonen (auch auf dem Gebiet des Nachbarlandes)
74
immer bei dem Partner liegt, auf dessen Fläche das Wasserwerk liegt.
2000 und 2001 wurden so auf Berliner Gebiet Schutzzonen ausgewiesen,
die sich aus der Trinkwasserversorgung Brandenburgs in Erkner, Eichwalde und Staaken ergeben. Umgekehrt wurde in Brandenburg Gebiete
geschützt, die das Berliner Wasserwerk Friedrichshagen beliefern.
Gewässersanierung
Wie die Altlastensanierung trägt auch die Sanierung extrem belasteter Gewässer zum Grundwasserschutz bei. Die wichtigsten Einzelprojekte dieser Art waren in den 90er Jahren die Entschlammung des Teltowkanals
(1995 bis 2000) und die seit 1995 laufende Teilsanierung des Rummelsburger Sees, die im Herbst 2001 mit dem Einbau einer Umwälzanlage zur
Stabilisierung der Sauerstoffverhältnisse abgeschlossen wurde.
75
10
Luft
Die Berliner Luft ist in den letzten Jahren erheblich sauberer geworden.
Erreicht wurde das durch Verbesserungen bei Heizungen und bei Anlagen
in Industrie und Gewerbe: Heizungen und gewerbliche Feuerungsanlagen
wurden von Kohle auf emissionsarme Brennstoffe wie Gas und leichtes
Heizöl umgestellt, in Industrie und Gewerbe verringerten neue
Technologien wie die Rauchgasreinigung bei Kraftwerken und die
Stillegung älterer Anlagen die Emissionen. Damit ist indes die Luftverschmutzung durch den Verkehr immer stärker in den Vordergrund gerückt – obwohl auch hier durch strenge stufenweise Emissionsbegrenzungen für neue Kraftfahrzeuge und umweltfreundlichere Kraftstoffe bereits viel erreicht wurde.
Der Grad der Luftverschmutzung in Berlin wird anhand der Schadstoffe
Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid, Kohlenmonoxid, Benzol, Ozon, Schwebstaub und Ruß beschrieben. Bei Staub unterscheidet man zwischen
Schwebstaub und Feinstaub (PM10), der nur aus Partikeln unter 10 µm
besteht. Da diese bis in die Lunge gelangen können, ist ihr Anteil am
Schwebstaub gesundheitlich besonders problematisch. Betrachtet wird
dabei meist sowohl der Jahresmittelwert (Dauerbelastung), als auch der
98%-Wert der Summenhäufigkeitsverteilung aller Messwerte eines
Jahres, der kurzzeitige Spitzenbelastungen abbildet.
Grenz- und Richtwerte
Beurteilungskriterien für Luftverunreinigungen (Grenz- und Richtwerte)
sind in den unterschiedlichsten Gesetzeswerken notiert. 1999 brachte die
1. Tochterrichtlinie zur EU-Luftreinhalte-Rahmenrichtlinie eine drastische Verschärfung der Qualitätsansprüche. Die darin enthaltenen deutlich abgesenkten Grenzwerte für Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid und
Stickoxide, Partikel und Blei wurden im Juli 2002 in Landesrecht übernommen und sollen je nach Stoff spätestens in den Jahren 2005 oder 2010
eingehalten werden. Seit Dezember 2000 liegt die 2. Tochterrichtlinie mit
einem verschärften Grenzwert für Benzol (5 µg/m³ im Jahresmittel) und
Kohlenmonoxid vor. Da die Richtlinie noch nicht in deutsches Recht
übernommen wurde, gelten vorerst die Prüfwerte der 23. Verordnung.
In der 23. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) vom Dezember 1996 sind Grenzwerte für die
Jahresmittel von Benzol und Ruß sowie den 98%-Wert von Stickstoffdioxid festgelegt – allesamt Verunreinigungen, die primär der Verkehr
verursacht. Die Immissionswerte der Technischen Anleitung zur Rein-
76
haltung der Luft (TA Luft) sind in der Ersten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum BImSchG festgehalten. Die MIK-Werte (Maximale
Immissionskonzentrationen) sind in der VDI-Richtlinie 2310 so festgelegt, dass sie um einen Sicherheitsfaktor niedriger liegen als Werte, die
nach derzeitigem Wissensstand bei empfindlichen Menschen zu Gesundheitsschädigungen führen können.
Berliner Luftgüte-Messnetz
Der Senat kontrolliert den Schadstoffgehalt der Luft über das Berliner
Luftgüte-Messnetz (BLUME) Es besteht aus 21 ortsfesten Stationen, zwei
Stationen für Schadstoffmessungen in größerer Höhe, zwei meteorologischen Stationen und einem Messbus für den mobilen Einsatz. Von den
Stationen werden die Schadstoffwerte im Drei-Minutentakt an die Zentrale übertragen, die daraus Halbstunden- und Tageswerte berechnet. An
allen Stationen werden Stickoxide, an den meisten Schwefeldioxid und
Schwebstaub, an 18 Kohlenmonoxid und an 10 Ozon gemessen. Fünf Stationen sind mit Geräten zur Messung von Benzol und Toluol ausgerüstet.
Seit April 1997 führt die Senatsverwaltung ein spezielles Messprogramm
zur Ermittlung der Schadstoffe Benzol, Ruß und Stickstoffdioxid an
Berliner Straßen durch. Dazu wurden 30 platzsparende und preiswerte
Probensammler an 26 Hauptverkehrsstraßen und vier Hintergrundstandorten eingerichtet. Sie sammeln Benzol und Ruß als Wochenproben, die
im Labor analysiert werden. BLUME-Ergebnisse werden ständig aktuell
auf einer großen Tafel im Foyer der Brückenstraße 6, im Internet, im
Videotext von RBB und über einen telefonischen Ansagedienst (Tel.
0190270643) mit stündlichen Berichten veröffentlicht. Im Sommer gibt
dieser Dienst auch Auskunft über die momentane Ozonbelastung.
Schwefeldioxid (SO2)
Schwefeldioxid entsteht bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe, die
Schwefelverbindungen enthalten. 1999 sank der Durchschnittswert aller
Messstationen auf 7 µg/m³. Er lag 2002 bei 5 µg/m³ und damit erneut
selbst unter den neuen, verschärften EU-Grenzwerten. Die Belastung
bleibt im ganzen Stadtgebiet homogen, nur in Straßennähe steigen die
Werte – Ergebnis des heutigen Hauptverursachers Verkehr. Seit 1970 ist
77
die SO2-Belastung um 96% gesunken – vor allem durch die Umstellung
der Heizungen und den gesunkenen Schwefelgehalt in Brennstoffen. Die
Modernisierung der Großkraftwerke in und um Berlin und der starke
Rückgang der Schadstoffemissionen im Umland durch Betriebsstilllegungen und den Einsatz moderner Umwelttechnologie sind weitere Gründe.
Stickoxide (NOx)
Seit 1987 ist die Stickstoffdioxid-Belastung in Berlin um etwa ein Drittel
gesunken. In den Wohngebieten der Innenstadt lagen die Werte 2002 fast
doppelt so hoch wie am Stadtrand. Dies und die deutlich höheren Werte
an Straßen verweisen auf die Verursacher: In Berlin resultiert dieser
Schadstoff zu zwei Dritteln aus dem Verkehr und zu einem Drittel aus
Feuerungsanlagen, vornehmlich von Kraftwerken. Auch an den Straßen
liegen die Konzentrationen indes noch deutlich unterhalb der Grenzwerte
der TA Luft und des BImSchG. Die MIK-Werte wurden nur an der stark
befahrenen Schildhornstraße in Steglitz und an der Silbersteinstraße in
Neukölln überschritten, wo der 98 %-Wert bei 162 µg/m³ lag. Der neue
EU-Grenzwert (40 µg/m³ im Jahresmittel) wird dagegen an den
Hauptverkehrsstraßen noch nicht eingehalten.
Kohlenmonoxid (CO)
Die Kohlenmonoxidkonzentration ist seit 1980 um 80 % zurückgegangen.
Erreicht wurde das durch den Einsatz umweltfreundlicher Brennstoffe
und die Ausstattung der Kraftfahrzeuge mit Katalysatoren erreicht.
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Benzol
Die Jahresmittelwerte von Benzol betrugen 1999 an den Hintergrundmessstationen der Innenstadt im Durchschnitt 2,30 µg/m³, an den Hauptverkehrsstraßen je nach Verkehrsaufkommen das anderthalb- bis vierfache davon. An der Schildhornstraße wurde mit 9,1 µg/m³ der höchste
Wert ermittelt. Im Mittel aller Straßenmesspunkte ist die Belastung der
beiden Jahre 1999 und 1998 etwa gleich geblieben.
Ozon
Ozon ist ein natürlicher Bestandteil der Luft und wird nur selten direkt
emittiert. Es bildet sich verstärkt an sonnigen und heißen Tagen durch
chemische Reaktionen aus Stickoxiden und Kohlenwasserstoffen.
Wesentliche Quellen der Vorläuferstoffe sind der Kraftverkehr, Kraftwerke und Feuerungsanlagen, Industriebetriebe sowie der Gebrauch von
Farben, Lacken und Lösemitteln. Die MIK- und EU-Werte für Ozon
werden am Stadtrand häufiger überschritten als in den Bezirken Wedding,
Mitte und Neukölln. Der Grund: Stickoxid- und Kohlenwasserstoffemissionen führen an Sommertagen erst in einem Abstand von etwa 20
bis 80 km vom Zentrum zu zusätzlicher Ozonbildung. In der Stadt verstärken dagegen paradoxerweise gerade die Stickstoffmonoxidemissionen
des Verkehrs und der Heizwerke den lokalen Abbau von Ozon. Die Messergebnisse der Turmstation Frohnau zeigen, dass sich der nächtliche
Ozonabbau auf die untersten Schichten der Atmosphäre (< 300m Höhe)
beschränkt. Die Messreihe der letzten Jahre zeigt indes auch beim Ozon
einen leicht abnehmenden Trend.
79
Schwebstaub
Schwebstaubbelastung wird durch Feuerungsanlagen, Industrie- und
Gewerbebetriebe, Güterumschlag, Bautätigkeit, Verkehr, Staubverwirbelung auf nichtbegrünten Flächen und natürliche Quellen verursacht. Seit
1984 ist sie in Berlin um 65% gesunken – vor allem durch den Wegfall
vieler Kohleheizungen. Die erhebliche Bautätigkeit und die große Anzahl
unbegrünter Freiflächen führten im Ostteil zu höheren Werten als im
Westen. Die Werte der TA Luft und des BImSchG werden überall
eingehalten. Der MIK-Wert für die Einstundenbelastung wird an einigen,
vorrangig innerstädtischen und verkehrsbeeinflussten Stationen überschritten.
PM 10-Staub
In der 1999 verabschiedeten EU-Richtlinie wurde ein Jahresgrenzwert
von 40 µg/m³ und ein maximaler Tageswert von 50 µg/m³ festgelegt, der
an nicht mehr als 35 Tagen im Jahr überschritten werden darf. Diese
Grenzwerte beziehen sich aber nur auf PM10-Staub, d. h. den feinen
lungengängigen Staubanteil mit einem Partikeldurchmesser unter 10 µm.
In Berlin wurde PM10-Staub seit 1998 an zunächst drei, später sechs
Stationen gemessen. Für die anderen Stationen wird der Anteil mittels
eines Verhältnisfaktors aus den allgemeinen Schwebstaubwerten errechnet. Nur an der Schildhornstraße in Steglitz gab eine leichte Überschreitung des vorgesehenen Jahresgrenzwertes. Ungünstiger stellt sich
die Situation bei der Beurteilung der Tagesmittelwerte dar. Hier lagen die
Werte an allen Straßen und an den Wohngebietsmessstellen im Norden
und Osten der Innenstadt um bis 30% über dem Grenzwert.
Ruß
Ruß wird vorrangig durch Dieselverbrennung und zu etwa 20% durch
Reifenabrieb verursacht. Die Werte auch der Rußbelastung sanken allein
von 1998 auf 1999 um 11 % und nahmen auch 2000 weiter ab.
Inzwischen ist an einigen Meßstelllen wieder ein Anstieg festzustellen.
Neben diesen erst 1997 begonnenen thermographischen Messungen wird
die Rußentwicklung auch mit dem unaufwändigen Black-Smoke-Verfahren kontrolliert, für das Zahlen seit 1988 zur Verfügung stehen. Sie
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belegen eine deutlich rückläufige Entwicklung: Im Schnitt wird die Berliner Luft an Straßen um 0,48 µg/m³, im innerstädtischen Hintergrund und
0,36 µg/m³ jährlich weniger belastet.
Straßennahe Belastung
Die seit 1997 durchgeführten speziellen Schadstoffmessungen an Straßen
erlauben es, die Immissionsbelastung für das gesamte Berliner Hauptstraßennetz mit einer Modellrechnung abzuschätzen. In Berlin muss - das
ergeben die Werte 2002 - in weniger als 1 % der Hauptstraßenabschnitte
mit Überschreitungen der Russ-Prüfwerte gerechnet werden. Bei Benzol
gibt es keine Überschreitungen der Prüfwerte der 23. BImSchV. Auch der
strengere zukünftige EU-Grenzwert von 5 µg/m³ wird nur an deutlich
unter 1 % der Straßen nicht eingehalten. Beim PM10-Staub werden die
zukünftigen EU-Grenzwerte des Jahresmittelwertes an weniger als 1 %
der Hauptstraßenabschnitte überschritten, während diejenigen für das
Tagesmittel
sehr häufig (41 %) überschritten werden. Auch die
zukünftigen EU-Grenzwerte für Stickstoffdioxid werden an mehr als 10
% der Straßen nicht eingehalten.
Emissionen
Im Rückgang der Schadstoffwerte in der Luft spiegeln sich sinkende
Emissionen wieder. Seit 1989 werden die Emissionen der typischen
Verursachergruppen
Anlagen),
ermittelt:
Kleingewerbe
(nicht
Industrie
(genehmigungsbedürftige
genehmigungsbedürftige
Anlagen)
Hausbrand und Haushalte, KfZ-Verkehr, sonstiger Verkehr und andere
Quellen. Über die Jahre zeigt sich: Die Summe aller Emissionen ist
deutlich zurückgegangen – in den 90er Jahren um mehr als die Hälfte. Bei
Schwefeldioxid aber auch Kohlenmonoxid und Stäuben ist der Rückgang
überdurchschnittlich.
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Industrie
Besonders relevante genehmigungsbedürftige Anlagen (wie Kraftwerke)
werden kontinuierlich überwacht, ihre Emissionsdaten jährlich auf Basis
der Messberichte fortgeschrieben. Die Emissionserklärungen der anderen
Anlagen werden zur Zeit alle 4 Jahre aktualisiert. Bei kleineren Anlagen
werden die Emissionen rechnerisch ermittelt. Die Emissionen der Industrie haben sich seit 1989 um 20 bis 80 % – je nach Schadstoff – verringert. Die Einführung der Rauchgasreinigung bei Kraftwerken, die
Stilllegung veralteter Industrieanlagen – insbesondere im Ostteil Berlins –
und der Ersatz kohlebefeuerter Anlagen hat besonders bei Schwefeldioxid, Stickoxiden und Kohlenmonoxid deutliche Erfolge erzielt.
82
Hausbrand
Für den Hausbrand wurden für das Jahr 1994 erstmals ein Emissionskataster nach einheitlichen Erhebungsmethoden für den Ost- und Westteil
der Stadt erhoben, und die Emissionen für jeden Häuserblock bestimmt.
Die Emissionen sind bei Schwefeldioxid, Staub und Kohlenmonoxid seit
1989 besonders stark gesunken, weil viele Kohleheizungen durch Fernwärme, Gas- und Ölheizungen ersetzt wurden. Dieser Trend setzt sich
durch neue Gasheizungen bis heute fort.
Verkehr
Für den KfZ-Verkehr wurde auf Basis der Verkehrszählung 1998 ein
Emissionskataster erstellt, das auch die Kaltstart- und Warmlaufphasen
und den Reifenabrieb der Kraftfahrzeuge erfasst. Bei dieser Verursachergruppe sind seit 1994 deutliche Abnahmen zu verzeichnen; den starken
Emissionsminderungen durch verbesserte Motor- und Abgasreinigungstechnik wirkt eine geringfügige Zunahme der Fahrleistungen entgegen.
Am deutlichsten macht sich die moderne Abgasreinigungstechnik bei den
Emissionen der organischen Gase bemerkbar. Dort sind die Werte seit
1994 um zwei Drittel gesunken. Der dieselbetriebene LKW-Verkehr hat
in Berlin nach 1994 leicht abgenommen, was zu einer spürbaren Reduktion der Staubemissionen beitrug.
Kleingewerbe und sonstige
In den Jahren 1994 bis 2000 zeigte sich eine erhebliche Reduktion der
Kleingewerbe-Emissionen – durchschnittlich um 60%. Insbesondere
machen sich hier die Emissionsminderungen bei Tankstellen bemerkbar.
Luftreinhalteplan
Auf der Basis des 1993 erarbeiteten Luftreinhalteplans hat der Senat eine
Vielzahl von Maßnahmen initiiert, die die spürbare Verbesserung der
Berliner Luft erst möglich machten. Die Nachrüstung der Kraftwerke mit
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modernen Rauchgasreinigungsanlagen wurde im Westteil 1993, im Ostteil 1996 abgeschlossen. Im selben Jahr wurde die EBAG in die BEWAG
integriert. Die im Heizkraftwerk Klingenberg nachgerüstete Entstickungstechnik reduzierte dessen Stickstoffoxidemissionen um mehr als die Hälfte. Durch die Inbetriebnahme der Rauchgasentschwefelungsanlage verminderten sich die Schwefeldioxid-Emissionen von über 22.000 auf weniger als 1.700 t/a. Gleichzeitig sanken die Staub-Emissionen um mehr als
90%. 1997 nahm die BEWAG mit dem Heizkraftwerk Mitte eins der
modernsten Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerke in Betrieb. Von 1990
bis 1998 wurde so die SO2-Emissionen der Bewag-Anlagen um 88 %,
ihre Stickoxid- Emissionen um 82 % gesenkt.
Im Westteil der Stadt war die Sanierung genehmigungsbedürftiger Altanlagen in der Industrie nach TA Luft 1994 abgeschlossen. Auch im Ostteil
der Stadt waren zu diesem Zeitpunkt Hauptverursacher wie die Produktionsstätten der Berlin Chemie im Südosten, die Müllverbrennungsanlage
Lichtenberg und die Elektrokohle Lichtenberg bereits stillgelegt. Heute
sind die 1989 im Ostteil der Stadt vorhandenen ca. 600 genehmigungsbedürftigen Braunkohlefeuerungsanlagen zu 90% entweder auf Erdgas,
Heizöl oder Anthrazitkohle umgerüstet oder stillgelegt und an das Fernwärmenetz der BEWAG angeschlossen.
Kraft-Wärme-Koppelung
Andernorts wird in Heizkraftwerken entstehende, nicht mehr zur Stromerzeugung brauchbare Abwärme über Kühltürme und/oder Gewässer abgeleitet. Die Berliner Stromversorgung setzt dagegen auf die Kraft-WärmeKoppelung, bei der diese Abwärme über ein Fernwärme-Rohrsystem zur
Beheizung von Wohnungen genutzt wird – nicht nur beim Heizkraftwerk
Mitte, das etwa die Neubauten am Potsdamer Platz so mit Wärme versorgt. Die dezentrale Kraft-Wärme-Koppelung hat sich aufgrund des
preiswerten Erdgases, durch Förderung und die Anwendung innovativer
Planungstechniken in den 90er Jahren auch sonst deutlich ausgeweitet.
Mit klein- und mittelständigen Betreibergesellschaften und der GASAG
agieren zunehmend neue Akteure auf dem Gebiet der Wärme- und Strom-
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versorgung. 1999 waren in Berlin 62 Blockheizkraftwerke (BHKW) mit
einer elektrischen Leistung von rund 71 MW in Betrieb.
Heizungen
Der Absatz von Braunkohlenbriketts hat ganz erheblich abgenommen.
Zunächst 1994, in einem zweiten Schritt 1997 verschärfte Bestimmungen
für Kleinfeuerungsanlagen haben zu einer schrittweisen Modernisierung
veralteter Heizanlagen geführt, die weitergeht. In den noch verbliebenen
Kohleöfen im Ostteil der Stadt wird zudem seit 1991 schwefelärmere
Braunkohle verfeuert. Das senkte die Schwefeldioxid-Emission aus Hausbrand um rund 10 %.
Chemische Reinigungen
In Berlin gibt es rund 100 Standorte, an denen Maschinen zur chemischen
Reinigung von Textilien mit organischen Lösemitteln betrieben werden.
Mit dem in Deutschland üblichen Stand der Technik werden die 1999 in
einer EU-Richtlinie über die Begrenzung von Emissionen flüchtiger
organischer Verbindungen (VOC-Richtlinie) niedergelegten Bestimmungen mit einer zulässigen Gesamtemission von 2 % des Gewichts der
gereinigten Ware problemlos erfüllt.
Tankstellen
Beim Tanken und beim Auffüllen der Tankstellenlager entweichen etwa
0,5 % des Flüssigvolumens als Benzindampf. Mit dem Prinzip der Gaspendelung werden diese Dämpfe aufgefangen und in den Tankwagen
zurückgeführt. Beim eigentlichen Tanken übernimmt diese Aufgabe ein
in das Zapfventil integrierter Gasrückführschlauch. Dadurch werden die
Emissionen an Tankstellen um 80% reduziert– in Berlin entspräche das
bei rund 400 öffentlichen Tankstellen und einem Durchschnittsumsatz
von rund 1 Mio m³ Benzin einer Reduktion der freigesetzten Dämpfe von
2.800 auf 560 t/a. Da nach der Einführung bundesweit bei 50 % Prozent
der Saugrüssel Mängel auftraten, wurde vereinbart, dass die Mineralölwirtschaft ab 2000 häufigere Kontrollen und eine Ausbildung des Tankstellenpersonals gewährleistet.
85
Abgasvorschriften für Kfz
Die letzte Verschärfung der Abgasnormen für Kfz trat 2000 in Kraft.
Benzin- und Dieselfahrzeuge müssen seither die strengere EURO III
Norm, ab 2005 die nochmals verschärften EURO IV Grenzwerte einhalten. 1994 wurden in Berlin noch 47% der PKW-Fahrten in Fahrzeugen
mit geregeltem Katalysator, 16 % in Dieselfahrzeugen zurückgelegt.
1999 war der Katalysator-Anteil auf 73 % angestiegen, der Dieselanteil
auf 15 % gesunken.
Rußfilter können den Ausstoß der krebserregenden Dieselpartikel erheblich verringern. Zur Einhaltung der bisherigen Emissionsgrenzen sind sie
allerdings nicht erforderlich. Erst mit den ab 2005 zu erfüllenden Standards wird die breite Verwendung bei schweren Nutzfahrzeugen wahrscheinlich. Dennoch rüstete die BVG – auf der Basis einer Vereinbarung
mit dem Senat – bereits bis Ende 2001 ihre 1200 Busse mit solchen Rußfiltern aus und verwendet seit 1999 ausschließlich schwefelfreies Diesel.
Die Bedeutung dieser Maßnahmen wird klar, wenn man zugrundelegt,
dass die Fahrzeugflotte der BVG jährlich 42 Mio l Kraftstoff verbraucht –
immerhin ein Sechstel des Berliner Gesamtbedarfs.
Erdgas als Kraftstoff
Derzeit ist kein alternativer Kraftstoff für Verbrennungsmotoren erkennbar, der bei relativ geringen Kosten ein vergleichbares Potential zur
Minderung der Schadstoffemissionen eröffnet wie Erdgas. Um die Verbreitung von Gasfahrzeugen zu forcieren, hat der Senat mit dem Bundesumweltministerium und der Berliner GASAG im Oktober 2000 das
Modellprojekt TUT – Tausend Umwelt-Taxis für Berlin gestartet.
Innerhalb dieses Projektes sollen insgesamt 1000 erdgasbetriebene Taxen
und 100 Fahrschulwagen über Berlins Straßen rollen. Sie erfüllen die erst
ab 2005 verbindliche Abgasnorm EURO IV und sind mit lärmarmen
Reifen ausgerüstet. Die ersten 400 Umwelt-Taxis erhalten einen Zuschuss, der mit zunehmender Zahl von Anträgen abnimmt. Derzeit sind
116 Taxen und 34 Fahrschulwagen auf Gasbasis unterwegs. Zur Versorgung dieser Erdgasfahrzeuge wurden 12 neue Erdgastankstellen in Berlin
eingerichtet. Der Gaspreis liegt mindestens 30 % unter dem vergleichbaren Dieselpreis. Im Rahmen des Modellprojekts wird so in kurzer Zeit
ein flächendeckendes Netz von Erdgastankstellen aufgebaut.
Verkehrssteuerung
Die wirksamen Maßnahmen bei Anlagen in Industrie und Gewerbe und
bei Heizungen ließen die Luftverschmutzung durch den Verkehr immer
mehr in den Vordergrund treten, obwohl durch strenge Emissionsbegrenzungen für neue Fahrzeuge und verbesserte Kraftstoffe bereits viel geschehen ist. Die Verkehrszunahme in Berlin verschärft dieses Problem. In
Zukunft werden deshalb Maßnahmen von Bedeutung sein, die nicht bei
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den Einzelemissionen der Fahrzeuge ansetzen, sondern den Verkehr insgesamt in Richtung Nachhaltigkeit steuern – mit entsprechenden, positiven Auswirkungen auf die Berliner Luft.
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11
Lärm
Lärm ist noch immer eine Kehrseite der an sich nachhaltigen Dichte
großer Städte. Das liegt indes vor allem an einem Verkehrsverständnis,
das in den Tagen der Nachhaltigkeit antiquiert anmutet. Straßenlärm ist
indes nicht nur ein Ärgernis, sondern hat gravierende soziale und ökonomische Folgen: Er macht krank: Psychische und vegetative Störungen
sind nicht selten die Folge dauerhafter Lärmbelästigung. Untersuchungen
belegen, dass die Behandlung dieser Krankheitsfälle Jahr für Jahr erhebliche Kosten verursacht. Auch der Wert von Immobilien wird durch Lärm
erheblich verringert. Dennoch ist das Problembewusstsein relativ
schwach ausgeprägt. Obwohl sich bundesweit mehr als 70 % der Bevölkerung durch Straßenlärm belästigt fühlen, ist nur eine Minderheit bereit,
das eigene Verhalten entsprechend zu ändern.
Hauptquelle Verkehr
In Berlin ist der Verkehr, und hierbei wiederum vor allem der motorisierte Individualverkehr, Hauptverursacher von Lärm. Im Vergleich zum
Verkehr sind die weiteren Lärmquellen eher nachrangig: die anhaltende
Bautätigkeit, die wachsende Zahl sportlicher und kultureller Großveranstaltungen, Sport- und Freizeitanlagen oder Industrie und Gewerbe, deren
Einfluss durch den Strukturwandel eher rückläufig ist. Eine Aussage zur
Entwicklung des Verkehrslärms in den letzten zehn Jahren, die für das gesamte Stadtgebiet Berlins gültig wäre, lässt sich angesichts gegenläufiger
Faktoren nicht treffen: Zwar hat der Verkehr erheblich zugenommen –
ehemals stillgelegte Strecken und Straßen gingen wieder in Betrieb, andere werden stärker genutzt –, doch wurden andererseits durch die Gleissanierung von Fern-, S- und Straßenbahn, leisere Fahrzeuge und erneuerte
Straßenbeläge erhebliche Entlastungen erreicht.
Lärm an Straßen
Als gesundheitlich bedenkliche Schwellenwerte gelten Belastungen ab 65
dB(A) am Tag und 55 dB(A) in der Nacht. Eine Innenstadtstudie im Auftrag des Senats, mit der die Lärmbelastungen auf den 260 km langen
Hauptnetzstraßen innerhalb des S-Bahnrings erfasst wurde, brachte 1990
erschreckende Ergebnisse: Bei 95% der betroffenen Wohnungen wurde
tags der Wert von über 65 dB(A) überschritten. Die Untersuchung wurde
daraufhin auf die weiteren Hauptnetzstraßen der Stadt ausgeweitet. So
entstand die Karte "Straßenverkehrslärm an der Straßenrandbebauung“
für das übergeordnete Straßennetz. Sie zeigt heute folgende Belastungssituation: Die Lärmimmission beträgt am Tag bei 60 % der bebauten
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Straßenseitenlängen mehr als 65 dB(A), nachts werden an 80 % der
Strecken mehr als 55 dB(A) gemessen. In den Wohnungen entlang der
1.480 km langen Randbebauung von Hauptverkehrsstraßen sind damit
tags 220.000 Personen (das entspricht 63 % der vom Verkehrslärm betroffenen) und nachts mehr als 280.000 Personen (80%) Lärmbelastungen
ausgesetzt, die die genannten Richtwerte übersteigen.
Lärm an Schienenwegen
An den Schienenwegen waren erheblich weniger Berliner von gesundheitsrelevanten Lärmpegeln betroffen als an den Straßen. Das zeigt eine
weitere Lärmkarte, die für die Belastung an den Gebäuden entlang der
Fern- und S-Bahn sowie der oberirdischen U-Bahn-Strecken erarbeitet
wurde. 239 km der 1998/99 untersuchten 492 km Streckenseiten im
Schienennetz sind mit Wohngebäuden bebaut. An 27 % dieser bebauten
Abschnitte liegt der Lärmpegel tags über 65 dB(A), an 55 % nachts über
55 dB(A). Deutlich geringer als beim Straßenverkehr ist auch die Zahl der
betroffenen Anwohner: Über 65 dB(A) tags sind ca. 7.000, über 55 dB(A)
nachts ca. 15.000 Anwohner ausgesetzt. Belastungen treten dabei
besonders an innerstädtischen Streckenabschnitten und am Berliner
Außenring auf. Im Bereich der dicht und mit geringem Abstand bebauten
Stadtbahn werden Pegel von über 70 dB(A), an Stahlbrücken mit mehr als
75 dB(A) die höchsten Werte erreicht. Erhebliche Belastungen gehen
auch von den Viaduktstrecken der U-Bahn aus. Im S- und U-Bahnverkehr
stellen die nächtlichen Betriebspausen eine gewisse Entlastung dar. Mit
dem weiteren Ausbau der Schienenstrecken, der Inbetriebnahme bisher
stillgelegter Strecken und mit einer dichteren Zugfolge wird der
Schienenverkehr größere Berliner Wohnbereiche erheblich stärker und
andere neu mit Lärm belasten.
Fluglärm
Obwohl der Luftverkehr zunahm, ist in den letzten Jahren die Belastung
durch Fluglärm eher gesunken. Der Grund: Seit 1994 dürfen in Tegel
keine lauten Flugzeuge starten oder landen. Da der Verkehr in Tegel aber
weiter zunimmt, wird auch die Lärmbelastung wieder steigen. Eine nachhaltige Entlastung des Stadtgebietes wird deshalb nur die Bündelung des
Flugverkehrs im neuen Flughafen Berlin Brandenburg International
sichern.
Verkehrslärmkataster
Die Daten der Straßen- und der Schienenverkehrslärmkarte, Erhebungen
zu den betroffenen Gebäuden und Bewohnern, topographische Daten zur
Schallausbreitung und relevante technische Daten zu Straßen und
Straßenbahntrassen sind im Berliner Verkehrslärmkataster zusammengefasst, das regelmäßig – zuletzt 2002 – aktualisiert wird. Diese Daten-
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bank liefert damit wichtige Planungsdaten, ermöglicht Analysen und
thematische Vertiefungen, etwa zur räumlichen Verteilung des Lärms.
Verkehrsimmissionskataster
Durch die Integration von Daten zu verkehrsbedingten Luftschadstoffbelastungen ins Verkehrslärmkatasters entstand das aktuelle Verkehrsimmissionskataster. Dabei werden soweit vorhanden auch Belastungsdaten zu den Nebenstraßen eingeschlossen. Nebenstraßen stellen ca. 75 %
des Gesamtnetzes mit einer Länge von 3.900 km. In den Bezirken Prenzlauer Berg, Köpenick, Mitte, Pankow, Spandau, Charlottenburg, Hohenschönhausen, Friedrichshain und Lichtenberg wurden Lärmbelastungen
auch in Nebenstraßen erfasst. Die Senatsverwaltung hat dafür Verfahren
entwickelt, die die Erhebung vor Ort erheblich erleichtern. Die Messungen zeigten: Stellenweise liegen auch in Nebenstraßen – etwa durch schadhaftes Großsteinpflaster – die Pegel vergleichbar hoch wie im übergeordneten Straßennetz.
Ressortübergreifende Planungen Der wirksamste Lärmschutz liegt in der planerischen Vorsorge, die Lärm
vermeiden oder zumindest minimieren kann. Lärmschutz wird so zur
interdisziplinären Planungsaufgabe mit der langfristigen Perspektive einer
nachhaltigen Sicherung städtischer Lebensqualität. Werkzeuge dazu sind
Stadtentwicklungs-, Verkehrs- und Umweltpolitik. So wird im SteP
Verkehr die Minderung der Lärmbelastung für Anwohner von Hauptverkehrsstraßen durch Dämpfung der Verkehrsnachfrage und der Motorisierung und durch die Förderung von ÖPNV, Fußgänger- und Fahrradverkehr angestrebt. Weniger Verkehr heißt weniger Lärm. Und die Verlagerung auf Schiene und Wasser stellt auch in Bezug auf Lärm eine
nachhaltige Option dar. Die Potentiale einer solchen modifizierten Verkehrspolitik sind beträchtlich, wie Modellrechnungen belegen: Pegelwerte
über 65 dB(A) nachts lassen sich damit in bestimmten Bereichen
vermeiden, mindestens 75.000 Anwohner werden nachts um 5 dB(A)
weniger belastet. Auch im LEPeV wurde der Anspruch auf Lärmvorsorge
festgeschrieben. Das Prinzip der Siedlungsentwicklung an schienenerschlossenen Punkten bündelt lärmintensive Verkehrstrassen.
Eine nachhaltige Entlastung Berlins vom Fluglärm kann nur durch die
Schließung der innerstädtischen Flughäfen erreicht werden. Bei der Planung für den Ausbau des Flughafens Schönefeld zum Flughafen BerlinBrandenburg International (BBI) wurde im LEP Standortsicherung
Flughafen eine über bundesweite Kriterien hinausgehende Ausdehnung
der Zonen durchgesetzt, in denen die Siedlungsplanung beschränkt wird.
Während in der besonders lauten Zone I eine Neuausweisung von Wohngebieten besonders schutzbedürftigen Einrichtungen generell ausge-
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schlossen wird, sind in der Zone II solche Ausweisungen nur unter eingeschränkten Voraussetzungen zulässig.
Das Planwerk Innenstadt trifft Vorsorge durch die Reduzierung der
Höchstgeschwindigkeit und die Verlagerung des Verkehrs aus der Innenstadt. Weil Lücken der Straßenrandbebauung geschlossen werden, können
Hofräume vom Straßenlärm abgeschirmt werden. Weitere Lärmschutzvorsorge hat die Senatsverwaltung schließlich auch in Planfeststellungsverfahren durchsetzen können.
Minderung von Straßenlärm
In den Bereichen Straßenbau, Verkehrsregelung und Fahrzeugverbesserungen lassen sich weitere Schritte zur Lärmminderung umsetzen. Eine
Straßendecke mit Großsteinpflaster etwa hat gegenüber einer Asphaltdecke einen um 5 dB(A) höheren Lärmpegel, der bei schadhaftem Zustand noch höher liegen kann. Auch die vielfach schadhafte Betongroßverbundplatte für das Gleisbett der Straßenbahn hebt die Emissionspegel
um 5 bis 8 dB(A) an. Pflege, Reparatur und wo nötig Asphaltierung von
Pflasterstrecken vor allem auf Hauptnetzstraßen mit Wohnnutzung sind
deshalb eine naheliegende Maßnahme zur Lärmminderung an Straßen.
Tempo-30-Zonen
Tempo-30-Zonen spielen bei der Lärmminderung eine wichtige Rolle.
Untersuchungen und Modellprojekte zeigen, dass eine Minderung um
3 dB(A) möglich ist, wenn das Tempolimit nicht zu stark überschritten
wird. Diese Lärmminderung ergibt sich vor allem, weil rasche Beschleunigungen entbehrlich werden. Zudem verringert sich die subjektive Lärmbelästigung der Anlieger durch den Wegfall von Geräuschspitzen.
LKW Fahrverbote
Im Modellversuch Verkehrslärmschutz, der Mitte 1999 begann, wurde
auf sieben dicht bewohnten, lauten Hauptverkehrsstraßen nachts Tempo
30 vorgeschrieben, an zwei Abschnitten ein LKW-Nachtfahrverbot verfügt, von dem nur geräuscharme LKW ausgenommen waren, und für
zwei Straßenzüge andere LKW-Routen empfohlen. Wichtiger als der
entfallende Fahrlärm war dabei die Verringerung der durch polternde und
klappernde Aufbauten erhöhten Maximalpegel. Obwohl die Pegelminderungen weniger als 2 bzw. 3 dB(A) betrugen, zeigten sich die Anwohner
mit dem Ergebnis ausgesprochen zufrieden.
Bündelung des Verkehrs
Allgemein wird man erwarten, dass dort, wo besonders hohe Belastungen
vorliegen, auch zuerst Abhilfe geschaffen werden muss und kann. Verkehrslärmschwerpunkte sind jedoch vielfach Hauptverkehrsstraßen mit
einer überdurchschnittlich hohen Auslastung (über 50.000 Kfz/24h). Eine
Halbierung dieser Zahl würde aber nur zu einer Reduzierung um 3 dB(A)
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führen. Um die Schwellenwerte zu erreichen, dürften selbst die großen
Magistralen von nicht mehr als 3.000 bis 5.000 Autos pro Tag befahren
werden. Das ist nicht realisierbar. Zudem würden die Verkehrsströme in
bisher ruhige Nebenstraßen abgedrängt. Eine noch stärkere Bündelung
des Kfz-Verkehrs auf den Hauptverkehrsstraßen könnte dagegen eine erhebliche Entlastung anderer Straßen bewirken, ohne dass der Lärm in den
schon hochbelasteten Straßen merklich zunehmen würde. Daraus ergeben
sich schwierige Fragen bei der Abwägung, welche auch nur geringen
Lärmerhöhungen an bereits sehr hoch belasteten Straßen vertretbar sind,
um andere zu entlasten.
Fahrzeugtechnik
Lärmemissionen von Pkw bei 50 km/h sind spätestens ab Mitte der 90er
Jahre auf die Größenordnung des Rollgeräusches durch Reifen und Fahrbahn gesenkt worden. Eine weitere Reduzierung der Motor-, Getriebeund Auspuffgeräusche würde sich kaum bemerkbar machen. Die Reifenindustrie darf nach EU-Richtlinien ab 2001 nur noch lärmgeminderte
Reifen anbieten, viele Produkte namhafter Hersteller weisen schon heute
geringere Werte auf, als die EU vorschreiben wird. In wenigen Jahren
wird die Umrüstung aller Kfz abgeschlossen sein und eine leichte Reduzierung bewirken.. Bei Nutzfahrzeugen wirkt sich die seit 1996 geltende
Senkung der EU-Grenzwerte für Geräuschemissionen erst mittelfristig
aus, da Lkw und Busse nur alle sechs bis 12 Jahre erneuert werden.
Passiver Verkehrslärmschutz
Neben stadtplanerischen Mitteln sind konkrete bauliche Maßnahmen des
passiven Schallschutzes möglich, die auf Eigeninitative der Investoren
und Eigentümer verwirklicht werden müssen, solange eine Förderung
nicht finanzierbar ist. Dazu zählt die geeignete Gestaltung von Grundrissen (Wohn- und Schlafräume auf der straßenabgewandten Seite) aber
auch die Lärmdämmung der Fassaden. Experten schätzen, dass in Berlin
ein Nachrüstungsbedarf von mindestens 150.000 Schallschutzfenstern
besteht. Das entspricht einem Investitionsvolumen von rund 100 Mio €.
Baulärm
Der zunehmende Straßenverkehr, besonders der Schwerlastverkehr, trägt
zu schnellerem Verschleiß der Verkehrsbauten bei. Zudem müssen Versorgungsleitungen saniert und modernisiert werden. Straßenbaustellen
sind die Folge, die nicht nur für Autofahrer ein Ärgernis darstellen. Die
an den Baustellen entstehenden Staus belasten mit Lärm und Abgasen die
Anwohner. Die Senatsverwaltung koordiniert die Baumaßnahmen mit
dem Ziel, Beeinträchtigungen für den Verkehr so gering wie möglich zu
halten. Bei Wartungsarbeiten an Straßenbahngleisen (laut BVG müssen
allein in Mitte pro Jahr 330 Baustellen für Schienenschleif- und Schweißarbeiten eingerichtet werden) und Straßenbaustellen müssen die notwen-
92
digen Arbeiten aus Rücksicht auf den Verkehrsfluss in den späten Abendund Nachtstunden durchgeführt werden. Zum Schutz der Anwohner werden die ausführenden Firmen verpflichtet auf eine Arbeitsnacht eine
Ruhenacht folgen zu lassen und lärmintensive Arbeitsabläufe bis Mitternacht zu beenden.
Bei Baustellenkontrollen im privaten Hoch- und Tiefbau wird die Einhaltung gesetzlicher Lärmschutzbestimmungen überprüft, bei Ausnahmezulassungen der Einsatz lärmarmer Fahrzeuge und Verfahren (Betonbeißer
an Stelle von Aufbruchhämmern; Rüttel-,Vibrations- bzw. Pressverfahren
an Stelle von Rammverfahren; etc.) vorgeschrieben. Nicht immer jedoch
lassen sich die Lärmprobleme auf diesem Weg lösen.
Die Senatsexperten fungieren deshalb regelmäßig als Moderatoren und
Berater bei großen und kleinen Vorhaben, wie 1997 bei der Sanierung der
U-Bahnbrücke am Gleisdreieck, 1998 beim Abriss eines Bunkers in
Zehlendorf, oder bei den Bauvorhaben am Potsdamer Platz, für die der
Senat Ausnahmezulassungen nach der Lärmverordnung erst erteilte,
nachdem eine vertragliche Lösung zwischen Anwohnern und Bauherren
gefunden war.
Großveranstaltungen
Rings um Waldbühne und Olympiastadion wurde der Verkehr an- und
abfahrender Besucher dadurch reduziert, dass das Veranstaltungsticket
gleichzeitig zur Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel berechtigt. Wohnstraßen im Umfeld der Veranstaltungsorte werden für den motorisierten
Besucherverkehr gesperrt. Zudem moderiert der Senat auch hier zwischen
Betroffenen und Verursachern und hilft gemeinsame Lösungen zu finden.
Schankgärten und Straßencafés In Berlin besteht lediglich zwischen fünf und sechs Uhr morgens eine
gaststättenrechtliche Sperrzeit. Für den Betrieb von Schankgärten insbesondere nach 22 Uhr ist jedoch eine besondere Genehmigung erforderlich, wenn es zu Störungen kommen kann. Trotz der Novellierung der
Berliner Lärmverordnung im Jahre 1994, durch die der Spielraum für
Ausnahmezulassungen während der Abend- und Nachtzeit erweitert
wurde, ergaben sich immer wieder Unstimmigkeiten zwischen Gastwirten, Anwohnern und Behörden. In einem Gespräch zwischen Vertretern der Hotel- und Gaststätteninnung, bezirklichen Umweltämtern und
dem Senat wurde vereinbart, in Konfliktfällen Ausnahmezulassungen an
die Auflage zu knüpfen, dass die Schankvorgärten von Sonntag bis Donnerstag um 23 Uhr, an Freitagen und Sonnabenden um 24 Uhr schließen
und die Lärmbelastung während der gesamten Betriebszeit den Richtwert
für die Tagzeit nicht überschreitet. Zusätzlich soll im Konfliktfall von den
93
Bezirken ein Clearingverfahren zwischen Gaststätte und den Anwohnern
installiert werden. Diese Vereinbarung ist jedoch durch jüngste
gerichtliche Entscheidungen in Frage gestellt.
Lärmminderungsplan
In Modellprojekten für bezirkliche Teilräume eines stadtweiten Lärmminderungsplans entwickelt der Senat derzeit zur stadtweiten Eindämmung des Verkehrslärms konkrete Einzelmaßnahmen und einen mittelund längerfristig auszufüllenden Maßnahmenkatalog.
94
12
Abfall
Anfang der 90er Jahre war allerorten noch von einer Mülllawine und
drohendem Entsorgungsnotstand die Rede. Eingetreten ist das Gegenteil:
Die Abfallmengen sind gesunken, immer mehr Abfall wird wiederverwendet, immer weniger muss entsorgt werden. Die auf Basis der Prognosen bundesweit ausgebauten Verbrennungskapazitäten sind nicht
auszulasten. Berlin hat darauf reagiert und die Abfallwirtschaftsplanung
grundlegend verändert.
Das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz des Bundes von 1994 wurde
im Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz Berlin vom 21. Juli 1999 vertieft, das seither den gesetzlichen Rahmen für die Abfallwirtschaftsplanung in Berlin bildet. Leitbild ist eine nachhaltige, ökologisch orientierte
Kreislaufwirtschaft mit der deutlichen Pflichtenhierarchie: Abfallvermeidung vor Abfallverwertung vor Abfallbeseitigung.
Siedlungsabfälle
Als Siedlungsabfälle werden Hausmüll, Sperrmüll, Geschäftsmüll, Gewerbeabfall und Straßenkehricht betrachtet. In Berlin fielen 2002 rund
1.674.000 t Siedlungsabfälle an. Pro Einwohner und Jahr entspricht das
einer Menge von 493,7 kg. Über ein Drittel (629.000 t) dieser Siedlungsabfälle wurde einer Verwertung zugeführt, 1.045.000 t wurden beseitigt.
Hausmüll verursacht etwas über die Hälfte der Siedlungsabfälle. Durchschnittlich erzeugte jeder Einwohner Berlins im Jahr 2002 etwa 288 kg
Hausmüll. Den Hauptbestandteil davon bildet Bioabfall (Küchen- und
Gartenabfälle) mit 38 %, der Verpackungsanteil liegt bei 21 %.
95
Die verwertbaren Abfälle wurden zum überwiegenden Teil über Recyclingcontainer im öffentlichen Straßenland (Bringsystem) oder über Behälter am Haus (Holsystem) getrennt erfasst. Verwertet wurden so vor
allem Papier/Pappe/Karton, Glas und Leichtverpackungen (über die
Duale System Deutschland (DSD)) aber auch Bioabfall, Altbatterien und
Alttextilien verwertet. Die flächendeckende Einführung der Biotonne, die
1996 begann, führte zu stetigen Steigerungen der Sammelergebnisse. Inzwischen sind 80% der Haushalte an die getrennte Sammlung der Bioabfälle angeschlossen.
Das Brutto-Siedlungsabfallaufkommen reduzierte sich von 1994 bis 2002
um fast 23%. Dazu beigetragen hat neben den sinkenden Einwohnerzahlen, dem wirtschaftlichen Strukturwandel und den daraus resultierenden
Veränderungen der Gewerbeabfallentwicklung auch ein verändertes Umweltbewusstsein der Gesellschaft: Die Maßnahmen zur Abfallvermeidung
zeigen Wirkung. Die Verwertungsquote stieg auf 37,6 % im Jahr 2002 –
gegenüber 1994 ein Quotenzuwachs um 21 %. Der Anteil der beseitigten
Siedlungsabfälle reduzierte sich von 1994 bis 2002 um 42,6 %.
Rund 512.000 t davon wurden in der bestehenden Müllverbrennungsanlage Ruhleben thermisch behandelt. Damit werden etwa 49 % der
beseitigten Siedlungsabfälle thermisch behandelt und 51 % im Land
Brandenburg deponiert. Die am 1. März 2001 in Kraft getretene Ablagerungsverordnung (AbfAblV) verbietet die Deponierung unbehandelter Siedlungsabfälle aus Haushalten und Gewerbe ab 1. Juni 2005.
Bauabfälle
In Berlin sind 2002 rund 4.730.000 t nicht besonders überwachungsbedürftige Bauabfälle angefallen. Das Gesamtaufkommen hat sich damit im
Vergleich zu 2001 (5.031.000 t) nach Jahren drastischer Rückgänge kaum
verändert. 2001 betrug der Rückgang gegenüber 2000 noch 16 % (von
vergleichsweise 1998 zu 1997 sogar 40 %). Die drastischen Rückgänge
Ende der 90er Jahre sind u.a. auch auf die Entwicklung im Wohnungsneubau zurück zuführen – von 32.965 fertiggestellten Wohnungen 1997
96
über 9.061 Wohnungen 2000 auf 5.182 Wohnungen 2002. Hinzu kommt,
dass der relativ hohe Anteil der Sondermaßnahmen am Potsdamer Platz,
Spreebogen etc. deutlich zurückgegangen ist. Dadurch sank die Bodenaushubmenge auf 2.051.000 t im Jahr 2002. Dank kostengünstiger Verwertungswege werden zudem immer weniger Bauabfälle auf Deponien
beseitigt: Waren es 1997 noch 1.100.000 t, sank diese Menge 2000 auf
142.200 t und erreichte 2002 einen Stand von 76.000 t. Im Jahr 2002
wurden damit ca. 2 Prozent der Bauabfälle beseitigt.
Etwas 98 % der Bauabfälle wurden 2002 somit verwertet. Die für das Jahr
2010 im Abfallwirtschaftsplan Berlin – Teilplan Bauabfall noch 1999
prognostizierten Verwertungsquoten für die Abfallfraktionen Bodenaushub
(96 %) und Bauschutt (84%) wurden 2002 mit 99 % für Boden und Steine
und 98 % für Beton, Ziegel, Fliesen und Keramik bereits deutlich
überschritten.
Sonderabfälle
Im Land Berlin fielen im Jahr 2001 rund 629.000 t besonders überwachungsbedürftiger Abfälle an. Auf dem Papier ist die Menge dieser Sonderabfälle damit seit 1995 um 88 % gestiegen. Das liegt indes an einer neuen
Einteilung: Seit 1997 werden auch verunreinigte Bauabfälle den besonders überwachungsbedürftigen Abfällen zugeordnet. Allein von 2000 bis
2001 verursachten Aushübe von Großbaustellen im Zentrum oder Entschlammungsmaßnahmen eine Zunahme von Bauschutt und Erdaushub
mit schädlichen Verunreinigungen um 29 %. Diese Bauabfälle machten
im Jahr 2001 88 % der überwachungsbedürftigen Abfälle aus. Ohne Bauabfälle sanken die Mengen im Jahr 2001 nach einem stetigen Anstieg bis
1998 auf ein Maximum von 121.000 t noch unter die Werte von 1995.
Der Anteil produktionsspezifischer Abfälle am Gesamtaufkommen beträgt 12 % und setzt sich vor allem aus Ölabfällen, Abfällen aus Abfallbehandlungsanlagen, Abfällen aus Prozessen der mechanischen Formgebung und Oberflächenbearbeitung sowie aus anorganischen Abfällen aus
thermischen Prozessen zusammen. Letztere sind im Jahr 2001 weiterhin
um 39 % gestiegen, sie trugen allerdings nur zwei Prozent zum
Gesamtaufkommen bei.
Die Gesamtabfallmenge wurde 1995 und 1996 primär aus Abfällen von
Mineralöl- und Kohleveredelungsprodukten gebildet, seit 1997 stellen
Bauabfälle den Hauptanteil. 1998 folgten an zweiter Stelle die Stoffgruppe der Oxide, Hydroxide und Salze, sowie anschließend Abfälle aus der
Wasseraufbereitung, Abwasserreinigung und Gewässerunterhaltung. Dagegen fielen von 1999 bis 2001 die zweitgrößten Mengen in der
Stoffgruppe der Ölabfälle an, gefolgt von Abfällen aus Abfallbe-
97
handlungsanlagen, öffentlichen Abwasserbehandlungsanlagen und der
öffentlichen Wasserversorgung. Letztgenannter Anteil ist bedingt durch
die Entschlammung des Teltowkanals.
Rund 90 % der besonders überwachungsbedürftigen Abfälle wurden
Beseitigungsverfahren mit ökologisch begründeten hohen technischen
Standards zugeführt. Verwertet werden konnten vor allem die Bau- und
Abbruchabfälle, gefolgt von anorganischen Abfällen aus thermischen
Prozessen sowie Ölabfällen.
Die Altölmengen gingen nach einer Steigerung von 1997 bis 1999 im Jahr
2001 auf rund 28.000 t zurück. Den mengenmäßig größten Anteil in dieser Gruppe stellten im Jahr 2001 halogenfreie Bearbeitungsemulsionen mit
7.000 t. Schlämme aus Einlaufschächten (Sandfangrückstände) mit 6.600
t, gefolgt von nicht chlorierten Maschinen-, Getriebe- und Schmierölen
mit 5.400 t und Schlämmen aus Öl-/Wasserabscheidern mit 5.746 t.
Entsorgungsanlagen
Bedingt durch die stetig fallenden Abfallmengen verminderte sich die
Zahl der in Berlin betriebenen Entsorgungsanlagen von 13 im Jahr 1996
auf heute acht. Zugenommen hat die Abfallentsorgung außerhalb Berlins,
die seit 1995 überwiegend in Brandenburg statt findet. Mit dem
Nachbarland, das auch Hauptlieferant der von außerhalb nach Berlin
verbrachten Abfallmengen ist, bestehen sinnvolle Absprachen, die die
Stärken beider Partner in der Abfallbehandlung nutzen.
Wandel in der
Abfallwirtschaftsplanung
Im Abfallentsorgungsplan Berlin 1995 waren noch auf Grundlage der
Daten von 1992 drei weitere Restmüllverbrennungsanlagen mit einer
Kapazität von 850.000 t/a geplant. Die tatsächliche Entwicklung der
Abfallmengen machte eine rasche Neubewertung nötig. Das Abgeordnetenhaus beschloss im Juni 1996, die Überarbeitung des Abfallwirtschaftskonzepts durch ein Mediationsverfahren zu begleiten. 1997 versammelte dieses Verfahren Vertreter der Entsorger, Bürgerinitiativen,
Umweltverbände, Kammern, abfallerzeugende Wirtschaft, Verbraucher,
Parteien, Verwaltungen, die Bezirke (den Rat der Bürgermeister) und die
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung an einem Tisch.
Parallel dazu fanden zwei wichtige Weichenstellungen statt: Die Zuständigkeiten für die Abfallentsorgung wurden in einer Senatsverwaltung
zusammengeführt und damit die Voraussetzungen für Vollzug aus einer
Hand in der Berliner Abfallwirtschaft geschaffen. Die Novelle des Landesabfallgesetzes Berlin gab derweil eine klare Bestandsgarantie für die
Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR) als öffentliche Anstalt und formulierte ihre dauerhafte Zuständigkeit für die Entsorgung.
98
Abfallwirtschaftsplan Berlin
1999 wurde mit dem Abfallwirtschaftsplan Berlin (Teilplan Bauabfall)
die Planungsgrundlage für die Bauabfallwirtschaftspolitik des Landes
Berlin vorgelegt. Im Februar 2001 folgte der Abfallwirtschaftsplan Berlin
(Teilplan Siedlungsabfall), der eine aktualisierte Prognose für das Jahr
2010 enthält. Am 1. April 2003 hat der Senat die entsprechenden
Maßnahmen
zur
zukünftigen
Abfallentsorgung
beschlossen.
Die
Entsorgungssicherheit des Landes Berlin ab dem Jahr 2005 soll dadurch
gewährleistet werden, dass die über die Kapazität der MVA Ruhleben
(520.000 t/Jahr) hinausgehende Menge an Siedlungsabfällen in Höhe von
463.000 t/Jahr als Rohmüll zur Entsorgung in externen Abfallbehandlungsanlagen ausgeschrieben werden soll. Maximal 50 % dieser Menge
sollen bei Vorliegen eines wirtschaftlich vergleichbaren Angebotes im
Rahmen einer Public-Private-Partnership vergeben werden. Die Ausschreibung erfolgt in mehreren Losen und grundsätzlich mit einer
maximalen Laufzeit bis zum Jahr 2015. Neben der Sicherstellung einer
sozialverträglichen
Gebührenentwicklung
sollen
auch
ökologische
Kriterien bei der Vergabe beachtet werden.
Strategien zur Vermeidung
Mit einer Reihe von Strategien fördert das Land Berlin die Abfallvermeidung. Dazu gehören:
•
Vorgaben zum umweltverträglichen und abfallarmen Beschaffungs- und Auftragswesen der öffentlichen Hand (Vorbildfunktion
des Landes)
•
Anforderung und Prüfung betrieblicher Abfallwirtschaftskonzepte
und Bilanzen (Gewerbebetriebe sollen die Abfallentsorgung als
betriebswirtschaftlichen Faktor im Produktionskreislauf erkennen.)
•
Pflicht zur Beratung und Information der Abfallerzeuger
•
Erhöhung der Mehrwegquote
•
Ausbau der Eigenkompostierung
•
Anreize
durch
die
Gestaltung
der
Abfallgebühren
(Um die Akzeptanz der kommunalen Abfallwirtschaft nicht zu
gefährden, wird der Senat – gerade angesichts des weiterhin notwendigen Investitionsbedarfs im Abfallbereich – die Bemühungen
zur Dämpfung der Kosten und Gebühren fortführen. Der Konflikt
zwischen steigenden technischen Anforderungen an die Abfallentsorgung einerseits und die Bürgerinnen und Bürger belastenden
Gebühren andererseits soll so weit als möglich vermieden werden.)
99
•
Förderung
der
Prinzipien
nachhaltiger
Bauwirtschaft
(Erhalt und Sanierung vor Abriss, Einsatz wiederverwendbarer
Baumaterialien und Getrennterfassung durch geeignete Rückbauverfahren)
Strategien zur Verwertung
Soweit möglich sollen aus den Abfällen sekundäre Rohstoffe gewonnen
werden (stoffliche Verwertung). Als zweite Verwertungsform werden
Abfälle als Ersatzbrennstoffe eingesetzt, um Strom und Wärme zu erzeugen (energetische Verwertung). Eine Verbrennung ohne energetischen
Nutzen, wird als letzte Alternative eingesetzt, um die Stoffmengen, die
deponiert werden zu reduzieren.
Maßnahmen Siedlungsabfall
Bis zum Jahr 2010 soll die zu beseitigende Siedlungsabfallmenge weiter
abnehmen. In einem Minimal- und Maximalszenario geht der Abfallwirtschaftsplan von einer durch Vermeidung und Verwertung erzielten Reduktionsquote von 17 % (Minimalszenario) bis 35 % (Maximalszenario)
gegenüber 1997 ausgegangen. Damit wird sich die zu beseitigende Siedlungsabfallmenge auf 826.000 t bis 1.080.000 t verringern. Erreicht wird
das durch folgende Maßnahmen:
•
Umstellung von kohlebeheizten Wohnungen auf andere Energieträger (Reduzierung des Feinmülls um max. 10.100 t/a)
•
Projekte zur Förderung der Eigenkompostierung (Reduktion organischer Bestandteile im Restabfall um max. 8.000 t/a)
•
Erfassung von Problemabfällen in mobilen und stationären Sammelstellen (Reduzierung von Problemabfällen um max. 5.000 t/a)
•
Erhöhung der Mehrweggetränkeverpackungsquote durch Kooperation mit dem Handel und Abfallberatung (Vermeidung von Verpackungsabfällen, max. 50.800 t/a)
•
Aufbau eines Getrenntsammlungssystems für Verpackungen (Reduzierung des Restabfalls um max. 300.000 t/a)
•
Ausbau der Getrenntsammlung von Bioabfällen aus Haushalten
(Reduktion organischer Abfälle im Restabfall um max. 130.000 t/a)
•
Getrenntsammlung von Speiseabfällen aus Gewerbebetrieben
(Reduktion organischer Stoffe im Gewerbeabfall um max. 50.000 t/a)
•
Sortierung von Sperrmüll in Sortieranlagen (Reduzierung des
Restabfalls um max. 107.000 t/a)
•
Getrenntsammlung hausmüllähnlicher Gewerbeabfälle und Sortierung in Sortieranlagen (Reduzierung des zu beseitigenden Gewerbeabfalls um max. 61.000 t/a)
100
•
Stoffliche Verwertung von Siel- und Kanalsanden (Reduzierung
des zu beseitigenden Restabfalls um max. 25.000 t/a)
•
Nassphysikalische Behandlung von Straßenkehricht (Reduzierung
des zu beseitigenden Restabfalls um max. 105.000 t/a)
•
Energetische Verwertung heizwertreicher Abfällen (Reduzierung
des Restabfalls um ca. 190.000 t/a)
Maßnahmen Bauabfall
Gegenwärtig fallen in Berlin mehr als zwei Drittel aller Abfälle im Bausektor an. Entsprechend stark wirken sich die im folgenden aufgeführten
Maßnahmen auf das Gesamtanfallaufkommen der Stadt aus:
•
Um- und Mehrfachnutzung des Bestandes
Vermeidung des Abrisses durch rechtzeitige Maßnahmen zur
Sanierung der Bausubstanz
•
Abfallarmer Rückbau
Der selektive und kontrollierte Rückbau von Bauwerken mit stufenweiser Demontage bei Getrennterfassung direkt an der Anfallstelle ist Voraussetzung für eine weitgehende Rückführung des
Bauabfalls in den Stoffkreislauf.
•
Recyclingbaustoffe im Straßenbau
Nahezu der gesamte Beton- und Asphaltaufbruch wird im im öffentlichen Straßen- und Wegebau wiederverwertet. Das sichern
entsprechende Ausführungsvorschriften zum Berliner Straßengesetz.
•
Betonrecycling
Bisher wird Recyclingmaterial aus Beton vorwiegend zum
Straßen-, Wege- und Deponiebau eingesetzt. Künftig wird eine
verstärkte Konkurrenz der Verwertungsverfahren untereinander
erwartet. Vor allem im Bereich möglicher Hochbauanwendungen
wird intensiv geforscht, die künftigen Chancen werden von Experten positiv beurteilt.
•
Entwicklung neuer Materialien und Technologien
Durch die verstärkte Verbreitung industrieller Vorfertigungstechniken (Betonfertigteile, Fertighäuser etc.) wird sich der Anfall von
Holz und gemischten Bauabfällen verringern.
Maßnahmen Sonderabfälle
Seit 1995 werden in Berlin von den Unternehmen aller Branchen (mit
Ausnahme des Handels) Abfallwirtschaftskonzepte, seit 1998 Abfallbilanzen angefordert und ausgewertet. Die daraus gewonnenen Erfahrungen dienen mittel- und langfristig nicht nur als innerbetriebliches Planungsinstrument für das Unternehmen und als Mittel zur Abfallwirtschafts-
101
planung des Landes. Sie können auch im Technologie-Transfer zum Einsatz kommen. Diese Aufgabe ist für die spezielle Berliner Wirtschaftsstruktur mit ihren vielen kleineren und mittleren Unternehmen von
besonderer strukturpolitischer Bedeutung. Die Abfallwirtschaftskonzepte
und –bilanzen belegen beispielhaft die Abkehr von einem rein ordnungsrechtlichen Instrumentarium, das der Senat durch begleitende kooperative
Maßnahmen sowie Informations- und Beratungsinstrumente ergänzt hat.
Entsorgungsraum
Berlin-Brandenburg
Berlin ist als dicht besiedelter Ballungsraum nicht in der Lage, die
Abfallentsorgung vollständig im eigenen Land vorzunehmen. Deshalb
bilden Berlin und Brandenburg einen gemeinsamen Entsorgungsraum.
Die seit langem bestehende Zusammenarbeit in der Abfallentsorgung
wurde auch im Abfallwirtschaftsplan festgelegt. Im Stadtgebiet Berlin
können keine Deponien errichtet und betrieben werden. In Berlin angefallene und nicht zu verwertende, besonders überwachungsbedürftige
Abfälle werden vorzugsweise in Brandenburg deponiert. Im Gegenzug
nutzt Brandenburg für die Entsorgung besonders überwachungsbedürftiger Abfälle in Berlin vorhandene Behandlungskapazitäten. Brandenburg
übernimmt Berliner Abfälle erst nach Reduzierung und - soweit möglich Vorbehandlung. Diese Restabfälle werden auf dem Schienen- oder
Wasserweg nach Brandenburg transportiert.
Mit jeweils 50% Anteilen sind die beiden Länder Gesellschafter des
Deponienbetreibers, der Märkischen Entsorgungsanlagen-Betriebsgesellschaft (MEAB). Durch das geringere Aufkommen konnte die Anlieferung
an MEAB-Deponien 1999 eingestellt werden. Die derzeitige Deponierung
erfolgt auf den BSR-eigenen Deponien Schöneicher
Plan und
Schwanebeck.
Sonderabfallgesellschaft
Berlin und Brandenburg haben die Sonderabfallgesellschaft Brandenburg/
Brandenburg/Berlin
Berlin mbH (SBB) mit Sitz in Potsdam zur gemeinsamen zentralen Einrichtung bestimmt, die die Entsorgung überwachungsbedürftiger Abfälle
organisiert, und ihr die erforderlichen hoheitlichen Aufgaben mit Wirkung vom 1. Juli 1995 übertragen. Seither besteht in Berlin eine ausschließliche Andienungspflicht für Sonderabfälle, seit 1996 auch für Bausonderabfälle an die SBB. Damit hat der Senat die zentrale Steuerung der
Abfallströme nach nachhaltigen Gesichtspunkten ermöglicht.
Aufgaben der Zukunft
Ab Juni 2005 darf unbehandelter Siedlungsabfall nicht mehr deponiert
werden. Zu diesem Zeitpunkt enden auch die Ausnahmeregelungen, die
die TA Siedlungsabfall heute noch vorsieht. Das stellt Berlin vor neue
Aufgaben. Bislang kamen nur thermische Behandlung in Frage, um die
102
Forderungen der TA Siedlungsabfall zu erfüllen. 1999 stellte das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit neue Eckpunkte für die zukünftige Entsorgung von Siedlungsabfällen vor, die neue
Handlungsmöglichkeiten eröffnen. Zur Vorbehandlung sind seitdem neben thermischen auch hochwertige mechanisch-biologische Vorbehandlungsverfahren zugelassen. Bis spätestens 2020 sollen die Behandlungstechniken so weiterentwickelt und ausgebaut werden, dass alle Siedlungsabfälle in Deutschland vollständig und umweltverträglich verwertet
werden. Für Berlin bedeutet das, mittelfristig auf Großinvestitionen zu
verzichten, Überkapazitäten zu vermeiden und ein möglichst flexibles
Konzept zu verfolgen, das auf mögliche Änderungen der Rahmenbedingungen reagieren kann (so wird etwa auch auf EU-Ebene über die Festlegung eines Mindestheizwertes diskutiert).
103
13
Wirtschaft und Stadt
Ökologischer Umbau
Ziel der Senatspolitik ist es, ökologisches Wirtschaften als ökonomisches
Potenzial für die Stärkung des Standortes zu nutzen. Die Entwicklung von
Technologien, Produkten, Verhaltens- und Verbrauchsweisen öffnet
Chancen für neue Berufe und Arbeitsplätze. Besonders die Modernisierungsleistungen bei der Sanierung der Großsiedlungen wie auch bei der
Wiederherstellung der Infrastruktur - etwa durch die Sanierung der Rohrleitungssysteme - haben eine erhebliche Innovationskraft freigesetzt, die
inzwischen vor allem in den Staaten Mittel- und Osteuropas auf Interesse
stösst.
Berlin praktiziert eine Umweltpolitik, die auf Kooperation und Kommunikation zwischen Stadt und Wirtschaft setzt, dabei aber hohe Umweltstandards gesetzlich garantiert. Unternehmen sollen bei der Organisation
ihrer eigenen Produktionsabläufe nachhaltige Strategien verfolgen. Hier
setzen die Berliner Umweltallianzen an. Ihr Ziel ist die Gewährleistung
eines hohen Umweltstandards in den Betrieben bei möglichst geringem
Verwaltungsaufwand, ihr Motto: Abbau von Regelungen und Kontrolle
gegen Transparenz und Vertrauen.
Umweltallianzen
Das Land Berlin hat mit folgenden Verbänden Umweltallianzen als freiwillige Vereinbarungen geschlossen:
•
VCI-Landesverband Berlin am 20. Juni 1997;
•
Verband der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg e.V. am 20. Februar 1998;
•
Berliner Wirtschaft vertreten durch die IHK Berlin, die Handwerkskammer Berlin und die Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg am 22. Februar 1999.
Betrieben aus den Bereichen der Vertragspartner werden Vollzugserleichterungen gewährt, falls diese eine Zertifizierung im Rahmen des ÖkoAudits oder nach ISO 14001 vornehmen. Davon profitieren die Betriebe
auch in anderer Hinsicht. Ein funktionierendes Umweltmanagement ist
ein Indiz für die Innovationskraft des Managements. Das macht ein
Unternehmen wettbewerbsfähig und sichert Arbeitsplätze.
Schon 1997 schloss der Senat mit den Verbänden der Berliner Wirtschaft
eine freiwillige Übereinkunft zur CO2-Minderung und zur Verbreitung
von Solaranlagen. Mit dieser verpflichtete sich die Berliner Wirtschaft,
für 75% aller neuen Wohnungen jeweils 1,5m² solarthermische Anlagen
104
zu bauen. Der damit eingeleitete kontinuierliche Verständigungsprozess
trägt Früchte: Ende 2000 gab es in Berlin fast 3.000 solarthermische
Anlagen.
Umweltförderprogramme
Schutz und Wahrung der Umwelt ist die Aufgabe des Staates. Während
bei unmittelbaren Umweltbelastungen mit gesetzlichen Auflagen, Grenzwerten und Verboten wirkungsvolle Instrumente der Gefahrenabwehr eingesetzt werden, führen die „schleichenden“ Umweltprobleme dazu, dass
immer stärker Vorsorgeaspekte in den Vordergrund rücken. Kooperationen bieten die Möglichkeit, Gefährdungen, Schädigungen der Umwelt
schon im vorhinein zu mindern oder ganz zu unterbinden.
Berlin wendet dazu verschiedene marktwirtschaftliche Anreizinstrumente
an. Dazu zählen fiskalische Maßnahmen wie das Grundwasserentnahmeentgelt ebenso wie Instrumente gezielter Förderung, die Umweltschutzmaßnahmen für die Betriebe rentabel machen. Diese Möglichkeit steht
Berliner Unternehmen seit Anfang der neunziger Jahre im Rahmen der
Zukunftsinitiative Ökologisches Wirtschaften (ZÖW) und des Umweltförderprogramms (UFP) offen. Seit 2000 wurden diese Programme durch
das Umweltentlastungsprogramm Berlin (UEP) abgelöst, in dem
122,5 Mio € zur Verfügung stehen. Rund 60 % davon sind EU-Mittel.
Informationssystem Stadt und Umwelt
Die Arbeit der Senatsverwaltung für Bürger wie Fachleute transparent zu
machen, ist ein wichtiger Beitrag zur Vernetzung und Verbreitung des
Wissensstandes in Sachen Nachhaltigkeit. Das Informationssystem Stadt
und Umwelt (ISU) dient in diesem Sinne einem wirkungsvollen internen
Wissensmanagement wie auch der effizienteren Nutzung vorhandener
Daten durch Externe und einer aktiven Informationspolitik gegenüber der
Öffentlichkeit. ISU ist daneben – gerade wegen des interdisziplinären
Ansatzes– unabdingbar für eine zeitgemässe, ressortübergreifende Verwaltungsarbeit.
FIS-Broker
Einen Schwerpunkt des Systems bildet das fachübergreifende Informationssystem FIS-Broker, mit dem Daten der Senatsverwaltung und der
Bezirke erschlossen werden. An unterschiedlichen Orten vorliegende
Datenbestände können mit Hilfe dieses Brokers beschrieben, aufgefunden, selektiert und visualisiert werden, ohne dass der Nutzer Kenntnisse
der jeweiligen DV-Sprachen und Dateiformate mitbringen muss. Neben
Karten stehen im FIS-Broker auch eine Vielzahl von Sachdaten zur Verfügung.
105
Internet
Bereits seit 1995 werden ausgewählte Arbeitsergebnisse des Informationssystems wie der digitale Umweltatlas im Internet angeboten. Mittlerweile umfasst das Webangebot der Senatsverwaltung mehrere tausend
Seiten mit Arbeitsergebnissen des ganzen Hauses.
Über Geographische Informationssysteme werden Daten und Informationen zu Stadt und Umwelt mit den amtlichen Kartenwerken des Landes
Berlin verknüpft. Neben den Geobasisdaten werden dabei eine Vielzahl
von thematischen Karten in verschiedenen Formaten bereitgestellt. Für
fachübergreifende und querschnittsorientierte Darstellungen, wie zum
Beispiel den alle Umweltmedien umfassenden Umweltatlas Berlin,
werden einzelne Daten mit den Methoden des ISU weiterverarbeitet und
veröffentlicht.
Umweltatlas Berlin
Der Umweltatlas Berlin liegt in digitaler Form seit 1995 im Maßstab
zwischen 1:50.000 und 1:300.000 vor und wird laufend aktualisiert. Er
behandelt über 50 Themen u. a. aus den Bereichen Boden, Wasser, Luft,
Klima, Verkehr, Lärm und Biotope mittels Karten, Texten und Abbildungen.
Verschiedene Fachdaten werden direkt im ISU erarbeitet und bereitgestellt – so etwa das CO2-Kataster, das Daten des Emissionskatasters,
der Energieversorger, des Statistischen Landesamts und der Senatsverwaltung vereint, das Bodenbelastungskataster oder das im Rahmen des
ISU entwickelte komplexe Berechnungsverfahren des Abflussbildungsmodells ABIMO.
106
14
Lokale Agenda 21
Wie alle Städte ist auch Berlin aufgefordert, die Ziele der UN-Konferenz
von Rio de Janeiro 1992 in einem partizipativen Prozess mit allen gesellschaftlichen Gruppen und Bürgern in lokale Programme für die nachhaltige Entwicklung im 21. Jahrhundert zu übersetzen. Durch die Unterzeichung der Charten von Aalborg 1994 und Valencia 1995 hat sich Berlin dem Nachhaltigkeitsprinzip der Agenda 21 verpflichtet. In Gremien
und Gruppen auf den unterschiedlichsten Ebenen ist die die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung heute als Partner aktiv.
In Berlin begann die Lokale Agenda 21 in den Bezirken. Dort bildeten
sich ab 1993 zahlreiche Gruppen und Projekte, die Themen aus den
verschiedenen Bereichen bearbeiteten. Zu Ihrer Unterstützung initiierte
die Senatsverwaltung 1997 ein viel beachtetes Koordinatorenmodell mit
monatlichen Arbeitstreffen für alle Bezirke.
Im September 1997 wurde in der Prenzlauer Allee die Projektstelle Agenda 21 als Service- und Informationsstelle für interessierte Bürger und
Gruppen eröffnet. Im selben Jahr konstituierte sich eine Arbeitsgruppe
der Agenda-21-Beauftragten, die sich aus Vertretern aller Senatsressorts
und der Senatskanzlei zusammensetzt, und der Runde Tisch zur nachhaltigen Entwicklung in Berlin und Brandenburg, der schnell zu einer der
wichtigsten Institutionen im Agendaprozess der Stadt wurde. Am 4. Juni
2000 löste ihn das Agendaforum als Schnittstelle zwischen Zivilgesellschaft und Politik ab. Die gesellschaftlichen Gruppen sind am Diskurs
über die Lokale Agenda in diesem Forum durch Repräsentanten vertreten.
Das Forum tagt viermal jährlich; einzelne Handlungsfelder werden in
Fachforen (bisher zu den Themen Mobilität, Klimaschutz und Berlin in
einer Welt) behandelt.
Seit September 1999 wird die Erstellung einer gesamtstädtischen Lokale
Agenda 21 durch das Agenda-Büro der Senatsverwaltung koordiniert.
Das Büro bündelt die Informationen aus Politik und gesellschaftlichen
Gruppen, wirkt durch den intensiven Kontakt zu den Akteuren der Nichtregierungsorganisationen, der Wissenschaft und der Wirtschaft ressortübergreifend an Strategien und Projekten mit und formuliert federführend
den Ziel- und Umsetzungsplan, der bis Ende 2003 vorliegen soll. Auf
parlamentarischer Ebene unterstützt das Agenda-Büro die Arbeit der seit
1998 aktiven Enquêtekommissionen Zukunftsfähiges Berlin, die im
Herbst 2001 die Entwürfe der Fraktionen für ein Leitbild, Handlungsziele
und Indikatoren einer nachhaltigen Entwicklung vorlegte. Im September
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2001 konstitutierte sich auf Initiative der Umweltministerkonferenz der
Bund/Länder-Arbeitskreis Nachhaltige Entwicklung. Vorrangige Aufgabe
dieses Gremiums ist der Informationsaustausch zwischen Bund und
Ländern und die Einordnung der Lokalen Agenden in eine nationale
Nachhaltigkeitsstrategie.
Ausschuss-Kennung : BauWohnVgcxzqsq
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