ZHW, NTM, 2006/12, Rur NTM-Praktikum 3 Digitale Luftschnittstelle Referenzen [1] http://www.it-administrator.de/lexikon/luftschnittstelle.html [2] CCIR Recommendation 584, Annex 1 - Radiopaging Code No. 1, siehe Beilage. [3] http://www.sxlist.com/techref/pager/pocsag.html?key=pager&from [4] Leitfaden Technischer Bericht, www.zhwin.ch/~rur 1. Einleitung und Zielsetzung „Als Luftschnittstelle bezeichnet man im Mobilfunk die Gesamtheit aller übertragungsrelevanten Parameter auf physikalischer Ebene, d.h. die Standard-Schnittstelle für die Übertragung über das Medium Luft. Sie entspricht damit der Bitübertragungsschicht (engl. Physical Layer) im OSI-Modell drahtgebundener Netzwerke. Übertragungsrelevante Parameter sind die verwendeten Frequenzbänder, Modulations- und Multiplexing- und Zugriffsverfahren.“ [1] In diesem Praktikum lernen wir die Elemente einer Luftschnittstelle am Beispiel einer älteren, einfachen Luftschnittstelle kennen. Dieses Praktikum soll helfen, die „Theorie“ später besser zu verstehen. Die POCSAG-Luftschnittstelle wurde in den frühen 80er Jahren von einem Industriekonsortium unter der Federführung des britischen Post-Office als Standard für digitales Paging vorgeschlagen. POCSAG steht für Post Office Code Standardization Advisory Group. Die POCSAG-Luftschnittstelle ist vom CCIR (heute ITU-R) als Empfehlung anerkannt worden [2]. Die POCSAG-Luftschnittstelle ist um Grössenordnungen weniger komplex als die Luftschnittstellen modernerer Mobilfunksysteme wie z.B. GSM und eignet sich deshalb gut für einen „praktischen“ Einstieg in die digitale Mobilkommunikation. Paging wird heute nur noch für die Alarmierung von Feuerwehren und anderen Rettungsorganisationen eingesetzt. Die deutschen Feuerwehren zum Beispiel verwenden ca. 0.5 Mio. Meldeempfänger (Pager). In der digitalen Alarmierung wird heute fast ausschliesslich POCSAG eingesetzt. In diesem Praktikumsversuch sollen mit Matlab alphanumerische Meldungen auf dem PC generiert und via (NF-) Soundkarte und (HF-) Signalgenerator auf einen POCSAG-Pager gesendet werden. In Abbildung 1 ist der entsprechende Sendepfad dargestellt. 1 ZHW, NTM, 2006/12, Rur PC binär / bipolar Präambel, Sync-/Idle-/Adr-CW Upsampling RechteckPuls x[n] Mux Quelle fs/R (-1)x[n] Tb Kanalencoder BCH (31,21,5) even parity ASCII (7 Bit) xBB[n] Prämod-Filter (Bessel, 4. Ord.) fg=2·R DAC R=1200 b/s xBB(t) 48 kS/s y(t) POCSAG Signalgenerator PCSoundkarte fs = 48 kHz Pager FM / FSK f0 = 440.050 MHz 0 => +3 kHz 1 => -3 kHz KO SA Abbildung 1: Sendepfad mit Digitalteil (PC/Matlab) und HF-Teil (Signalgenerator). 2. Aufgabenstellung „Modulation“ a) Generieren Sie mit Matlab ein symmetrisches, periodisches, bipolares Rechtecksignal xBB(t) mit Bitperiode Tb = 1/1200 s und Amplitude A = 0.2 Vp. Generieren Sie mit einem Signalgenerator ein rechteckförmig moduliertes FM-Signal bzw. ein periodisch umgetastetes FSK-Signal y(t) mit Mittenfrequenz f0 = 440.05 MHz, Hub Δf = ± 3 kHz (Ablagefrequenzen f0 ± 3 kHz) und Leistung 0 dBm. Messen Sie das Spektrum des FSK-Signals y(t) und die Bandbreite B. Vergleichen Sie B mit der Carson-Bandbreite. Wieviele dBc kleiner ist das Sendespektrum IY(f)I in der Mitte des Nachbarkanals bei f1 = f0 + 12.5 kHz und an den Rändern bei f1 ± 6.25 kHz im Vergleich zu max{IY(f)I} ? Hinweise: - Sie können xBB(t) auch mit dem Funktionsgenerator erzeugen, die Messungen machen und anschliessend mit Matlab zu arbeiten beginnen. - Sie können die Vorlage pocsag.m verwenden. - Wählen Sie als Abtastfrequenz fs = 48 kHz, d.h. 40 Samples pro Bit-Periode Tb. - Wählen Sie eine Signaldauer von 30s, d.h. senden Sie 30∙1200 Bits. - sound(y,fs) sendet das Signal im Vektor y mit der Abtastfrequenz f s auf die Soundkarte. Die y-Werte müssen im Bereich -1.0 ≤ y ≤ 1.0 liegen. - Konfiguration der Soundkarte via Systemsteuerung, Sounds und Audiogeräte. - Bitte verwenden Sie die AC-Kopplung am Eingang des Signalgenerators. 2 ZHW, NTM, 2006/12, Rur b) Filtern Sie das Rechtecksignal mit dem Prämodulations-Filter (Pulse Shaping). Kopieren Sie dazu die Funktion premodfil() in Ihr Arbeitsverzeichnis und verwenden Sie help premodfil für Hilfe. Senden Sie dann N = 30·1200 Bits auf die Soundkarte und überprüfen Sie das Resultat auf dem Oszilloskop. Beschreiben Sie den Einfluss des Prämodulationsfilters auf das Spektrum und insbesondere auf die Bandbreite B sowie die Nachbarkanäle. 3. Aufgabenstellung „POCSAG-Telegramm“ c) Studieren Sie mit Hilfe der Abbildung 1 und der Unterlagen [2] oder [3] das POCSAGTelegramm. d) Stellen Sie eine einfache Nachricht bestehend aus dem vorgegebenen AdressCodewort (500D) und dem vorgegebenen Nachrichten-Codewort (ok) zusammen und senden Sie die Nachricht auf den Pager. Betrachten Sie das Basisbandsignal auf dem Oszilloskop und kontrollieren Sie das Spektrum. e) Simulieren Sie einen Übertragungsfehler, indem Sie ein oder mehrere Bit im Adressund/oder Nachrichten-Codewort der Nachricht vor der Aussendung invertieren. Was stellen Sie beim Empfang der Meldung fest? Spielt es eine Rolle, ob sich ein Fehler im Info- oder im Parity-Teil eines Codeworts befindet? Wieviele (Burst-) Fehler kann der Dekoder im Pager korrigieren? f) Berechnen Sie mit Matlab die Autokorrelationsfunktion der bipolaren Synchronisationsfolge. Wie gross ist das peak-to-off-peak-Verhältnis? Wie verändert sich das Verhältnis, wenn die Korrelation beim realen Empfang über die Synchronisationsfolge und die Präambel gebildet wird? g) Für den Fehlerschutz wird bei POCSAG ein BCH-Blockencoder verwendet, der 21 Info-Bits in 31 Codebits encodiert, siehe [2]. Der Encoder kann mit dem in Abbildung 2 dargestellten, rückgekoppelten Schieberegister realisiert werden. Das in [2] gegebene Generator-Polynom bestimmt die Rückführungen. Überprüfen Sie das richtige Funktionieren an Hand des folgenden Adress-Codeworts (Flag-Bit ganz links, Even-Parity-Bit ganz rechts): [0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 1 0 1 1 0 1 0 0 1 1] Welchen Einfluss hat der Kanalencoder bzw. der Fehlerschutz auf die Nettodatenrate? 3 ZHW, NTM, 2006/12, Rur X10 +X9 +X8 +X6 +X5 +X3 +1 S p1 c p2 p3 p4 p5 p6 p7 p8 p9 p10 [ Info-Bits 1-21] S c = [ Info-Bits 1-21 Parity-Bits p1 … p10 ] even-Parity-Bit fehlt noch ! Modulo 2 Addition (XOR) S Schalterstellung für Info-Bits 1-21 eines Codeworts Andere Schalterstellung für Parity-Bits 22-31 eines Codeworts Abbildung 2: (31,21) BCH-Encoder. h) Implementieren Sie nun den POCSAG-Kanalencoder. Testen Sie das korrekte Funktionieren z.B. mit dem idle-Codewort, das auch ein gültiges Codewort ist. Stellen Sie eine eigene Meldung bestehend aus 2 ASCII 7-Bit-Zeichen (und 6 Nullen) zusammen und senden Sie die Meldung auf den Pager. i) Fakultativ: Wiederholen Sie die Aussendung 2-3 Mal mit einer Sendeleistung knapp über der Empfindlichkeitsgrenze. Überprüfen Sie den Einfluss auf die Reichweite und die Lesbarkeit der Meldung. Warum lässt sich die Empfindlichkeit des Pagers mit der aufgebauten Messanordnung nicht (genau) bestimmen? Hinweis: Die statische Empfindlichkeit des Pagers im Freifeld beträgt im 2m-Band 23 dBμV/m gemessen mit einem Dipol (typischer Mittelwert über 8 Empfangsrichtungen). 4. Bericht Dieses Praktikum dauert 4 Lektionen. Es kann ein Bericht abgegeben werden (Einzelarbeit, max. 1 Bericht pro Gruppe). Der Bericht wird bezüglich Form und Inhalt benotet. Abgabetermin ist 1 Woche nach dem Praktikumsnachmittag. In [4] finden Sie allgemeine Richtlinien zum Verfassen eines technischen Berichts. Vorschlag für das Inhaltsverzeichnis des Berichts: Header, Zusammenfassung, Inhaltsverzeichnis, ev. Literaturverzeichnis, Einleitung, Theorieteil (Digitalteil & HF-Teil), Realisierung (Digitalteil & HF-Teil), Tests/Messungen (Übereinstimmung mit Theorie). 4