Konduktometrie - Lehrer-Uni

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Konduktometrie
Leitfähigkeitsmessungen
mit dem Computer
Ein Unterrichtskonzept
für den Chemieunterricht
am Gymnasium
Überarbeiteter Auszug aus den LEU-Heften C 106.3+7
Computereinsatz im Chemieunterricht
Dr. Jürgen Ries, StD.
Carl-Benz-Gymnasium Ladenburg
2005
Computer im Chemieunterricht
Konduktometrie
Konduktometrie als Unterrichtskonzept
Seite
1
Einführung
4
1.1
Messwerterfassung mit dem Computer
4
1.2
Konduktometrie als Unterrichtskonzept
5
1.3
Methodisch-didaktisches Konzept
6
2
Grundlagen konduktometrischer Messungen
8
2.1
Messung der Leitfähigkeit in wässrigen Lösungen
8
2.2
Die Abhängigkeit der Leitfähigkeit
9
2.3
Computereinsatz bei Leitfähigkeitsmessungen
10
2.4
Konduktometrische Titrationen
12
2.5
Schreibweise bei konduktometrischen Titrationen
14
2.6
Titration mehrprotoniger Säuren
17
3
Experimenteller Teil
18
3.1
Vergleichende Leitfähigkeitsmessungen
18
3.2
Beweglichkeit und Entstehung von Ionen
18
3.3
Konduktometrische Titrationen
20
3.4
Aufnahme von Verdünnungskurven
21
3.5
Aufnahme von Säure-Base-Titrationskurven
24
3.6
Bestimmung des Gehalts von Säuren in Lebensmitteln
27
3.7
Bestimmung des Hydrogencarbonat-Gehalts in Mineralwasser
32
3.8
Fällungstitrationen
33
4
Mehrkanalmessung
37
4.1
Konduktometrie und Potentiometrie
37
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Seite 2
Dr. Jürgen Ries, StD
Computer im Chemieunterricht
Konduktometrie
5
Konduktometrie in der Kursstufe
39
6
Experimente in der Kursstufe
40
6.1
Reaktionskinetik
40
6.2
Chemisches Gleichgewicht
44
6.3
Isoelektrischer Punkt bei Aminosäuren
48
6.4
Ionennachweise in versch. Wasserarten
50
7
Literatur
54
CBG-Ladenburg 2005
Seite 3
Dr. Jürgen Ries, StD
Computer im Chemieunterricht
1
Konduktometrie
Einführung
1.1 Messwerterfassung mit dem Computer
Der Computer ist heute aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Sei es in Industrie und
Wirtschaft oder auch im heimischen Arbeitszimmer des Lehrers, der Computer ist zu einem
alltäglichen Werkzeug für den geworden, der Informationen gleich welcher Art zu verarbeiten
hat. So wäre es nur folgerichtig, dass auch jeder Schüler seinen eigenen PC besitzt. Noch ist
es nicht ganz so weit, doch hat bereits heute nahezu jeder Schüler zu Hause Zugang zu einem
PC.
Die Schule muss auf diese Entwicklung reagieren, und sie hat dies auch getan. Bereits in der
Unterstufe wird der Schüler im Fach ITG an den Computer herangeführt und er erlernt dort
die wesentlichen Grundtechniken zum Umgang mit dem Computer: Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Datenbank und einfaches Programmieren. Die Fächer Deutsch, Biologie und
Erdkunde haben diesen von der Mathematik geworfenen Ball bereits aufgenommen und beziehen im Rahmen der ITG den Computer bereits in ihren Unterricht ein. In Deutsch steht
natürlich die Textverarbeitung im Vordergrund, für Erdkunde gibt es u. a. reizvolle Simulationsprogramme und die Biologie hat bereits Materialien zur Messwerterfassung erarbeitet.
Für das Experimentalfach Chemie wird die Messwerterfassung und die Verarbeitung der aufgenommenen Werte eine feste Säule beim Computereinsatz im Unterricht sein. Dazu gibt es
eine Vielzahl von Anwendungsbeispielen. Immer dann, wenn es darum geht, eine große Zahl
von Messwerten zu speichern und auszuwerten, wird der Computer das Medium der Wahl
sein. Neben der Thermometrie, der Gravimetrie, der Photometrie, der Chromatographie (insbesondere Gaschromatographie) und der Potentiometrie kann gerade die Konduktometrie eine
wichtige fundamentale Methode zur Gewinnung vielfältiger chemischer Erkenntnisse sein,
die nur mit der Computerunterstützung vorteilhaft und zeitsparend im Unterricht eingesetzt
werden kann.
Im Gegensatz zu den anderen Einsatzgebieten des Computers im Chemieunterricht, wie z.B.
der Tabellenkalkulation oder der Simulation dynamischer Vorgänge, wird die Messwerterfassung nur dadurch zur informationstechnischen Grundbildung des Schülers beitragen, indem
sie ihm ein neues Einsatzgebiet des Computers aufzeigt. Vielmehr nutzt das Experimentalfach
Chemie die Computerkenntnisse des Schülers, um die eigenen Lernziele effizienter und zeitsparender zu erreichen. Doch nicht nur die Vorkenntnisse der Schülerinnen und Schüler werden dabei genutzt, auch die Motivation, die von diesem Medium heute ausgeht, wird den modernen Chemieunterricht beflügeln.
Wichtig bleibt, dass bei allem Computer-Enthusiasmus das Realexperiment im Vordergrund
steht. Der PC darf nur der "Rechenknecht" sein, der die manchmal mühsame Aufzeichnung
und Auswertung übernimmt und das Ergebnis anschaulich präsentiert. Für die Schülerinnen
und Schüler ist diese Arbeit des Computers eher eine Selbstverständlichkeit. Sie wissen aus
ihren bisherigen ITG-Kenntnissen, dass dieses Gerät gespeicherte Zahlenwerte verknüpfen
und zu einem Diagramm verarbeiten kann. Im Fach ITG in der Unterstufe wird dies bei der
Tabellenkalkulation vielfach eingeübt. Neu ist jetzt nur, dass die Zahlenwerte vom Computer
selbst über ein Zwischengerät aufgenommen werden. Das mühsame Eintippen entfällt also,
der Rechner füttert sich quasi von selbst.
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Konduktometrie
Bleibt zu hoffen, dass dieses Medium Computer den Lehrer nicht dazu verleitet, das Realexperiment zu umgehen, indem er nur noch schon eingespeicherte Werte und Diagramme präsentiert. Eine solche allzu bequeme "experimentelle" Vorgehensweise würde dem Fach Chemie mit seiner Faszination, die es zweifellos auf die Schüler gerade wegen der Experimente
ausstrahlt, nur schaden. Der engagierte Chemielehrer wird eine solche Idee von vornherein
verwerfen.
1.2 Konduktometrie als Unterrichtskonzept
Die Konduktometrie mag für manchen Lehrer eine Messmethode sein, die er nur noch vom
Studium her kennt. In der gymnasialen Unterrichtspraxis hat diese Methode bisher keine große Anwendung gefunden. Dies mag vor allem daran liegen, dass sowohl der Lehrplan als
auch die Lehrbücher m. E. kaum auf diese Methode eingehen und sie deshalb dem Lehrer
nicht relevant erscheint. Vielmehr wurden bisher für spezielle quantitative Untersuchungen
besonders in der Oberstufe eher gravimetrische und potentiometrische Meßmethoden vorgezogen. In der Mittelstufe wird die Leitfähigkeit von Lösungen in der Regel nur qualitativ betrachtet. Eine quantitative Leitfähigkeitsmessung wird meist nicht durchgeführt, weil Konduktometer in der Schule oft nicht zur Verfügung stehen. Die konduktometrische Verfolgung
einer Titration ist darüber hinaus ohne den Einsatz eines Computers mühsam und kommt deshalb meist nicht zur Anwendung.
Macht man jedoch bezüglich der Meßmethode nur geringe Abstriche an der Genauigkeit und
der Maßeinheit, so wird die Konduktometrie zu einer universellen Meßmethode, die ohne
Probleme bereits in der Mittelstufe mit der Einführung des Ionenbegriffs eingesetzt werden
kann. Die theoretischen Grundlagen sind bereits in dieser Klassenstufe ohne Schwierigkeiten
zu vermitteln, wenn man nur auf die Einheit "Siemens" verzichtet und auf die Stromstärke I
als zur Leitfähigkeit proportionale Größe zurückgreift.
Hat man bereits im Anfangsunterricht die Abhängigkeiten der Leitfähigkeit einer Lösung behandelt, so steht mit der Konduktometrie eine Messmethode zur Verfügung, die dann jederzeit ohne theoretischen Vorspann eingesetzt werden kann. So können z. B. Säure-Base-Titrationen sowohl für starke als auch für schwache Säuren durchgeführt und die erstellten Diagramme mühelos vom Schüler interpretiert werden. Auch in der Oberstufe sind konduktometrische Messungen an vielen Stellen möglich. Insbesondere können konduktometrisch aufgenommene Säure-Base-Titrationskurven die vom Schüler nur mit großem theoretischem Aufwand interpretierbaren potentiometrischen Titrationskurven ersetzen.
Das im folgenden vorgestellte Unterrichtskonzept zum Einsatz der Konduktometrie mit Hilfe
des Computers orientiert sich am gültigen Lehrplan Baden-Württembergs und versucht aufzuzeigen, wo diese Methode sinnvoll eingesetzt werden kann. Es erhebt keinen Anspruch auf
Vollständigkeit. Insbesondere in der Oberstufe eröffnet sich ein weites Feld für diese universelle Methode.
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Computer im Chemieunterricht
Konduktometrie
1.3 Methodisch-didaktisches Konzept
Die Konduktometrie soll hier als ein Unterrichtskonzept vorgestellt werden, das sich in der
Mittelstufe beginnend bis in den Kursunterricht in den Klassen 11 und 12 ausbauen lässt. Dies
kann ohne größeren zeitlichen Aufwand geschehen, da andere, für den Schüler meist schwerer
interpretierbare Methoden, durch die Konduktometrie ersetzt werden können.
Die theoretischen Grundlagen werden in den Klassen 8 und 9 gelegt. Mit der Einführung des
Ionenbegriffs werden zunächst qualitative Leitfähigkeitsmessungen mit Glühbirne und Elektroden durchgeführt. Schon jetzt kann die Leitfähigkeit mit Hilfe der dem Schüler bekannten
Größe "Stromstärke" quantifiziert werden. Anstatt eines üblichen Zeigerinstruments oder
Multimeters kann der Computer als Anzeigegerät eingesetzt werden.
Über die Abhängigkeiten der Leitfähigkeit einer Salzlösung wird die Methode dann soweit
quantifiziert, dass Messreihen (z. B. Verdünnungskurven) aufgenommen werden können, die
der Computer zu einem Diagramm verarbeitet, das für den Schüler leicht interpretierbar ist.
Die dazu notwendigen theoretischen Kenntnisse beschränken sich dabei auf ein Minimum.
Um auch Säure-Base-Titrationen durchführen zu können, muss dem Schüler lediglich gezeigt
+
werden, dass die H3O - und OH -Ionen in einer Lösung die beweglichsten Teilchen sind und
somit die höchste spezifische Leitfähigkeit zeigen. Am Ende der Klasse 9 kann der Schüler
damit Verdünnungs- und Titrationskurven mühelos interpretieren.
In Klasse 10 ergibt sich mit der Einführung der organischen Säuren ein weites Feld für den
Einsatz der Konduktometrie. Obgleich nun die Titrationskurven bei den schwachen organischen Säuren ein ganz anderes "Aussehen" haben, so bleiben sie für den Schüler interpretierbar. Der Begriff "schwache Säure" kann dadurch dem Schüler anschaulich verständlich gemacht werden. Die Lehrplaneinheit "Organische Säuren als natürliche Bestandteile von Lebensmitteln" in Klasse 10 eröffnet mit dem Hinweis "einfache Untersuchungsmethoden" geradezu eine Spielwiese für konduktometrische Titrationen. Jede Kurven-Interpretation bringt es
mit sich, dass der Schüler in die Teilchenebene „abtauchen“ muss und die Ionen vor seinem
„geistigen Auge“ wandern sieht. Und genau das ist ein gewolltes Prinzip um chemische Vorgänge verstehen zu können!
Im AG-Bereich kann mit der Konduktometrie über den Lehrplan hinaus ein weiteres interessantes Feld praktischer Untersuchungen eröffnet werden. Fällungsreaktionen können quantifiziert werden und z. B. bei Gewässeruntersuchungen wichtige Werte liefern.
Ist die Methode der konduktometrischen Säure-Base-Titration in der Mittelstufe eingeführt, so
kann sie im Oberstufenunterricht ohne weitere theoretische Betrachtungen bei „Protolysengleichgewichte in wässriger Lösung“ eingesetzt werden. Titrationskurven sind im gültigen
Lehrplan zwar nur noch als Zusatzthema ausgewiesen, die konduktometrische Aufnahme bietet sich nun aber geradezu an. Die Schülerinnen und Schüler haben keinerlei Probleme bei der
Interpretation solcher ihnen bekannten Kurven, während die üblicherweise mit einer pHElektrode potentiometrisch aufgenommenen Titrationskurven erhebliche Schwierigkeiten bei
der Kurvendiskussion bereiten. Da jedoch die potentiometrischen Kurven in den Lehrbüchern
immer noch bevorzugt beschrieben werden, können diese nun ausgehend von ihnen überlagerten konduktometrischen Kurven immerhin noch phänomenologisch erklärt werden, ohne
den pH-Sprung am Äquivalenzpunkt erklären zu müssen.
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Computer im Chemieunterricht
Konduktometrie
Weitere Einsatzmöglichkeiten der Konduktometrie ergeben sich in der Oberstufe insbesondere in den vierstündigen Kursen an folgenden Stellen:
·
Reaktionsgeschwindigkeit: Kontinuierliche Leitfähigkeitsmessung bei der Spaltung von
Essigsäuremethylester mit Natronlauge.
·
Darstellung des Gleichgewichtszustandes durch simultane Veresterung und Hydrolyse am
Beispiel von Ameisensäuremethylester.
·
Chemisches Gleichgewicht: Bestimmung der Säurekonzentration in einem Estergleichgewicht zu verschiedenen Zeitpunkten (Ermittlung von Ks).
·
Bestimmung des isoelektrischen Punktes von Aminosäuren durch simultane Messung des
pH-Wertes und der Leitfähigkeit bei einer Titration.
·
Ionennachweise in verschiedenen Wasserarten
Die Schülerinnen und Schüler können also mit den in Klasse 10 gelegten theoretischen
Grundlagen der Konduktometrie vielfältige Phänomene auch in der Oberstufe verstehen und
quantifizieren.
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Computer im Chemieunterricht
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Konduktometrie
Grundlagen konduktometrischer Messungen
2.1 Messung der Leitfähigkeit in wässrigen Lösungen
Die spezifische Leitfähigkeit  einer Lösung ist definiert als der Kehrwert des spezifischen
Widerstandes . Es gilt also der Zusammenhang  = 1/. Sie ist vom Lösemittel, dem gelösten Stoff, der Konzentration und der Temperatur abhängig.
Die Leitfähigkeit einer Lösung bezeichnet man auch als Leitwert G. Für diesen Wert gilt
dann: G = 1/R (Kehrwert des ohmschen Widerstandes). Er wird in der Einheit Siemens (1 S =
1/) gemessen. Damit gilt auch: G =   q/l (q = Querschnittsfläche, l = Länge des Leiters).
Zur absoluten Bestimmung von G ist deshalb ein Konduktometer notwendig, dessen Messfühler eine bestimmte Geometrie erfüllt. Solche Geräte sind in der Schule in der Regel nicht vorhanden und die dargestellten Zusammenhänge übersteigen die physikalischen Kenntnisse von
Mittelstufenschülern. Diesen Feststellungen kommt die Tatsache entgegen, dass absolute
Leitwerte in der Schule gar nicht benötigt werden. Es kommt bei allen Messungen im Chemieunterricht immer nur auf einen relativen Vergleich von Leitfähigkeiten an! Glücklicherweise folgt aus dem Zusammenhang G = 1/R nach dem allseits bekannten Ohmschen Gesetz,
dass G = I/U gelten muss. Daraus ergibt sich, dass der Leitwert G und die Stromstärke I zueinander proportional sind. Und genau das leuchtet jedem Schüler mit minimalen physikalischen Kenntnisse auch ein: „Eine Lösung leitet umso besser, je höher die Stromstärke bei
einer angelegten konstanten Spannung ist, wenn man den Stromkreis über zwei Elektroden
mit konstanter Oberfläche in einer Lösung schließt“. Wir machen also keinen Fehler, wenn
wir die relative Leitfähigkeit einer Lösung über die Stromstärke definieren und sie in der Einheit „Milliampere (mA)“ angeben. Sie ist ein Maß für die Leitfähigkeit. Die folgende Schaltskizze für eine konduktometrische Messung ist dann leicht zu verstehen. Um eine Polarisierung der Elektroden zu verhindern, sollte dabei mit Wechselstrom gearbeitet werden. Die
Elektroden müssen bis in die Lösung isoliert sein, um eine Abhängigkeit von der Eintauchtiefe zu vermeiden.
DMM
U=6V
I in mA
˜
COM
USB
Computer
Isolation
Probelösung
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Konduktometrie
Alle benötigten Geräte sind in einer Chemiesammlungen üblicherweise vorhanden, bzw. können leicht selbst hergestellt werden:
Spannungsquelle:
Bei allen hier beschriebenen Experimenten wurde ein Transformator (Klingeltrafo)
verwendet, der konstant 6 V Wechselspannung erzeugt. Solche „Netzgeräte“ sind heute
in jedem Elektronik-Fachhandel preisgünstig zu beziehen. Diese Kleintrafos sind wesentlich handlicher als die Netzgeräte der Sammlung und damit auch für ein Schülerpraktikum geeignet. Von Gleichspannungsquellen ist abzuraten, da bei höheren Stromstärken eine Veränderung (Elektrolyse!) des Elektrolyten erfolgt.
Leitfähigkeitsfühler:
Häufig sind in den Chemiesammlungen Leitfähigkeitfühler vorhanden. Es ist jedoch
darauf zu achten, dass nur solche verwendet werden, die nur am vorderen Teil kurze
blanke Elektroden zeigen (Abstand ca. 5 mm), die vollständig in die Lösung eingetaucht
werden können. Ansonsten würde die Eintauchtiefe die Messung beeinflussen. Eine billige Variante für ein Schülerpraktikum ist die Verwendung von steifem Unterputzkabel,
das an den Enden an zwei Adern ca. 1 cm abisoliert wurde.
Messgerät:
Zur Messung der Stromstärke taugt im Prinzip jedes in der Sammlung vorhandene Amperemeter, das auch im mA-Bereich arbeitet. Zum Anschluss an den Computer sollte es
aber zumindest einen Analogausgang besitzen, der dann an einen A-D-Wandler angeschlossen werden kann. Heute gibt es im Elektronik-Fachhandel allerdings schon für ca.
20.- € Digital-Handmultimeter mit Compuerschnittstelle (RS232 oder USB). Diese Geräte lassen sich kinderleicht bedienen.
2.2 Die Abhängigkeit der Leitfähigkeit
1. Temperatur
Misst man die Leitfähigkeiten zweier gleichmolarer gleichioniger Lösungen (z.B. NaCl(aq))
bei verschiedenen Temperaturen, so stellt man fest, dass die Lösung mit der höheren Temperatur auch die höhere Leitfähigkeit zeigt. Die Ursache ist in der größeren Beweglichkeit der
Ionen bei höherer Temperatur zu suchen, ein für den Schüler sehr einsichtiger Effekt. In der
schulischen Praxis spielt die Temperaturabhängigkeit der Leitfähigkeit keine Rolle, da fast
immer bei Raumtemperatur gearbeitet wird.
2. Konzentration
Die spezifische Leitfähigkeit ist grundsätzlich zur Konzentration des Elektrolyten proportional. Dies gilt jedoch streng nur bei hinreichend kleinen Konzentrationen, so dass sich die Ionen in ihrer Beweglichkeit nicht gegenseitig einschränken. Allgemein gilt, dass die Leitfähigkeit mit zunehmender Konzentration steigt.
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3. Ionenart
Vergleicht man die Leitfähigkeiten zweier gleichmolarer Lösungen mit verschiedenen Ionenarten bei gleicher Temperatur, so stellt man deutliche Unterschiede selbst bei Ionenarten mit
gleicher Ladungszahl fest. Ursache ist die unterschiedliche Beweglichkeit der verschiedenen
Ionenarten. Jedes Ion hat in einem elektrischen Feld eine definierte Wanderungsgeschwindig+
keit. Bei den H3O -und OH -Ionen tritt darüberhinaus eine sogenannte "Extraleitfähigkeit"
auf. So zeigt z.B. eine Salzsäure mit c=0,1mol/L eine ca. siebenfache spezifische Leitfähigkeit wie eine gleichmolare Kochsalzlösung. Die Ursache dieses Phänomens ist ein besonderer
+
Leitungsmechanismus bei diesen Ionenarten. Der Ladungstransport in H3O -haltigen Lösun-
gen beruht auf einer Übertragung von Protonen auf benachbarte Wassermoleküle. Für die OH
-Ionen gilt ein analoges Modell. So sind es in diesen Lösungen eigentlich nur die Protonen,
die im elektrischen Feld mit einer hohen Geschwindigkeit wandern. Dieser Unterschied der
Wanderungsgeschwindigkeiten von Metall- und Oxoniumionen ist die Grundlage für die
Möglichkeit konduktometrischer Säure-Base-Titrationen.
Molare Leitfähigkeiten bei 25°C
Kationen in S · m2 / mol
H3O+
Li+
Na+
K+
Ca2+
Ag+
Cu2+
Fe3+
Anionen in S · m2 / mol
OH–
F–
Cl–
NO3–
SO42–
CH3COO–
MnO4–
35,0 · 10-3
3,87 · 10-3
5,01 · 10-3
7,35 · 10-3
11,9 · 10-3
6,19 · 10-3
10,7 · 10-3
20,5 · 10-3
19,9 · 10-3
5,54 · 10-3
7,64 · 10-3
7,15 · 10-3
16,0 · 10-3
4,09 · 10-3
6,28 · 10-3
2.3 Computereinsatz bei Leitfähigkeitsmessungen
Für eine vergleichende Leitfähigkeitsmessung genügt die Verwendung eines StromstärkeMessgerätes mit ausreichender Genauigkeit.
Will man jedoch die kontinuierliche Veränderung der Leitfähigkeit in Abhängigkeit einer
anderen Größe (z.B. der Konzentration) beobachten, so ist dies mit einem annehmbaren Aufwand nur unter Einsatz eines Computers mit einem geeigneten Messwerterfassungsprogramm
zu bewerkstelligen. Solche Programme gibt es inzwischen in großer Zahl.
Die meisten der hier vorgestellten Experimente wurden mit dem inzwischen veralteten Messwerterfassungsprogramm "CEC" (Klett-Verlag, Stuttgart) und dem Wandler "ADW-16"
(Steiber-Meßtechnik, Freiburg) aufgenommen. Der Autor arbeitet inzwischen mit dem Programm „XLSmess“, das eine Windows-Oberfläche besitzt und die Messwerte direkt in eine
Excel-Tabelle einliest. Für excel-kundige Benutzer ist die Bedienung ein Kinderspiel. Weitere
geignete moderne Programme sind auf dem Markt und können über den Lehrmittelhandel
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Konduktometrie
bezogen werden. Erwähnt sei dabei das weit verbreitete Programm „UNI-MESS“ vom AKKappenberg.
Doch auch das beste Programm nützt nichts, wenn ihm die aufgenommenen Werte nicht in
digitaler Form zugespielt werden können. Da es sich dabei um analoge Größen handelt, müssen diese zunächst digitalisiert und dann dem Computer über eine geeignete Schnittstelle
(RS232 oder USB) überspielt werden. Diese Aufgabe übernimmt ein sogenannter ADWandler. Folgende Systeme sind dabei in Gebrauch:

Reine AD-Wandler, z.B. der ADW-16 der Firma Steiber. Diese Geräte können in der
Regel nur Gleichspannungen verarbeiten, um sie dann digitalisiert an den PC weiterzugeben. Sie eignen sich eigentlich nur, um Signale aus Geräten mit Analogausgang (Gaschromatograph, Photometer, pH-Meter) aufzunehmen. Sie besitzen keine eigene Anzeige.
Analogausgänge geben eine zur Messgröße analoge Gleichspannung ab. Für die Konduktometrie benötigt man also einen Trafo, der eine zum Wechselstrom analoge Gleichspannung am Analogausgang erzeugt.

Messgeräte mit einer Schnittstelle (COM oder USB). Der bekannteste Vertreter ist wohl
der „ALL-CHEM-MISST“. Diese Geräte geben die angezeigten Messwerte direkt über
ein Schnittstellenkabel an den PC weiter. Es sind also Messgerät und AD-Wandler in einem. Bei der Konduktometrie misst man die Wechselstromstärke, der angezeigte Wert
wird direkt digital auf den PC übertragen.

Digitale Handmultimeter (DMM) mit eingebauter Schnittstelle (COM oder USB). Auch
sie geben die angezeigten Messwerte direkt an den Computer weiter. Es sind universelle
Messgeräte, die vielerlei Größen (Spannung, Stromstärke, Temperatur usw.) messen können. Über die Spannungsmessung sind damit auch Geräte mit Analogausgang benutzbar.
Sie sind die wahren „Alleskönner“ und werden im Elektronik-Fachhandel mit guter Auflösung bereits unter 30.- € angeboten. Damit eignen sie sich auch für den Einsatz im
Schülerpraktikum. Für konduktometrische Messungen sind sie problemlos einsetzbar,
man sollte nur beachten, dass manche Geräte nicht automatisch auf Wechselstrom (AC)
umschalten, sondern dafür eine besondere Taste besitzen, die man gerne zu drücken vergisst.

Inzwischen gibt es auch Messgeräte (z.B. Waagen, Gaschromatographen, Photometer),
die eine eigene COM- oder USB-Schnittstelle besitzen. Sie können direkt an den Computer angeschlossen werden.
Nun muss es nur noch zum richtigen Zusammenspiel zwischen Messgerät (Wandler) und dem
eingesetzten Programm kommen. Dies ist häufig gar nicht ganz einfach, denn das Programm
muss so konfiguriert sein, dass es die ankommenden Signale auch „verstehen“ kann. Messgerät und Programm müssen also aufeinander abgestimmt werden. Am Messgerät lässt sich dabei nicht viel verändern, die Übertragung der Daten ist durch die „Baudrate“, die Belegung
der Schnittstelle und die Schaltung des Übertragungskabels festgelegt. Die Baudrate findet
man in der Gerätebeschreibung und es sollte kein Fremdkabel verwendet werden, denn ob es
nun gekreuzt oder linear verschaltet ist, sieht man ihm nicht an. Das Programm muss nun den
Gerätedaten angepasst werden. Bei den gängigen Programmen (XLSmess und UNI-MESS)
geschieht dies auf eine komfortable Weise. In einem Scroll-Fenster sind zahlreiche Messgeräte aufgelistet und müssen nur angeklickt werden. Bei XLSmess muss lediglich noch die Baudrate angegeben werden, bei UNI-MESS ist diese für das entsprechende Gerät bereits voreinCBG-Ladenburg 2005
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gestellt. Probleme gibt es, wenn das verwendete Messgerät nicht in der Liste aufgeführt ist.
Man kann nun probieren, ob das Gerät eventuell mit einem anderen in der Liste aufgeführten
kompatibel ist. Manchmal hat man Glück! Wenn nicht, bleibt nur die Nachfrage beim Autor
des Programms (meist Hotline oder e-mail-Adresse angegeben).
Sind Messgerät und Programm aufeinander abgestimmt, dann gilt es, sich in die „Eigenheiten“ des jeweiligen Programms einzuarbeiten. Die Programme sind weitestgehend selbsterklärend und können von Windows-Benutzern intuitiv bedient werden. Dennoch lohnt sich
manchmal auch ein Blick in das zugehörige Handbuch.
Die hier beschriebenen Experimente sind systemunabhängig beschrieben, so dass sie mit jedem Messgerät und jedem Programm nachvollzogen werden können. In jedem Fall wurde die
Leitfähigkeit wie beschrieben als Stromstärke in mA gemessen.
2.4 Konduktometrische Titrationen
- Leitfähigkeitsmessung in Abhängigkeit von Konzentration und Ionenart Bei einer konduktometrischen Titration wird zu einer Probelösung, in der die Leitfähigkeit gemessen wird, kontinuierlich eine Maßlösung aus einer Bürette hinzugegeben. Das zugegebene
Volumen dieser Maßlösung verändert die Konzentration oder die Ionenart in der Probelösung
und damit deren elektrische Leitfähigkeit. Die Abhängigkeit der Leitfähigkeit vom Volumen
der zugegebenen Maßlösung kann dann in einem Diagramm als Titrationskurve dargestellt
werden. Von besonderem Interesse ist dabei die Aufnahme von Verdünnungskurven und von
Säure-Base-Titrationskurven.
Die meisten Programme, so auch das verwendete CEC und XLSmess, messen grundsätzlich
jede Größe in Abhängigkeit von der Zeit. Die x-Achse des entstehenden Diagramms ist also
immer die Zeitachse. Will man aber nun, wie bei der Leitfähigkeitsmessung, eine Größe
(Stromstärke) in Abhängigkeit einer anderen Größe (Volumen der zugegebenen Maßlösung),
die zu der Zeit proportional ist, messen, so muss die Zeitachse in eine Volumenachse umkalibriert werden. Mit dem Einsatz einer käuflichen (aber nicht ganz billigen) Bürette, die das
Volumen über einen Schreiberausgang oder eine Schnittstelle angibt, können diese Werte
über einen zweiten Kanal aufgenommen und auf der x-Achse aufgetragen werden. Die gängigen Programme lassen eine solche Aufzeichnung (Zweikanalbetrieb) zu.
Da jedoch die Schulen in der Regel nicht über eine solche professionelle Kolbenbürette verfügen, müssen andere, billigere Methoden für die "Umkalibrierung" der x-Achse gewählt
werden:
1) Titriert man auf einer elektronischen Waage, die einen eigenen Ausgang besitzt, so kann
die Zunahme der Masse der Probelösung oder auch die Abnahme der Masse der Maßlösung in
das entsprechende Volumen umkalibriert werden. Bietet die eingesetzte Software diese Umkalibrierung an, so ist die Anwendung dieser Methode einfach. Allerdings muss auch hier im
Zweikanalbetrieb gearbeitet werden.
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2) Alle Programme bieten eine Umkalibrierung der Zeitachse in eine Volumenachse an, indem der Experimentator dem Programm lediglich den Umrechnungsfaktor mitteilen muss.
Dazu lässt man z.B. 50 mL aus der Bürette auslaufen und stoppt die zugehörige Zeit. Der Faktor ergibt sich aus 50 mL / Zeit in s. Durch Eingabe dieses Faktors übernimmt der Rechner
dann die Umkalibrierung, so dass im Diagramm auf der x-Achse das jeweils zugegebene Volumen in mL angezeigt wird. Beim alten CEC-Programm muss die Zeit eingegeben werden,
die 100 mL brauchen.
Diese Methode erfordert jedoch eine Bürette, deren Auslaufgeschwindigkeit vom Beginn bis
zum Ende der Titration gleich bleibt. Solche Gleichlaufbüretten sind relativ teuer und können
einen Sammlungsetat sehr strapazieren. Der Eigenbau einer Gleichlaufbürette ist jedoch denkbar einfach und in der folgenden Abbildung dargestellt. Sie arbeitet sehr genau, sollte jedoch
in größeren Zeitabständen nachgeeicht werden, da kleine Schmutzpartikel die Kanüle verstopfen können. Heftiges Durchblasen befreit die Kanüle vom Schmutz.
Ein zur Gleichlaufbürette umgebauter Tropftrichter
Glasrohr
Stopfen
Tropftrichter
Hahn
Kanüle einer
Einwegspritze
Bei dieser Konstruktion gelangt die Luft über ein eingetauchtes Glasrohr in den Tropftrichter.
Dadurch bleibt der hydrostatische Druck der Flüssigkeit am Auslauf bei jeder Füllhöhe konstant, d. h. die Auslaufgeschwindigkeit ist von der Höhe des Flüssigkeitsstandes unabhängig.
Bei voll aufgedrehtem Hahn fließt immer das gleiche Volumen pro Zeiteinheit aus. Die Konstruktion ist genial einfach aber wirkungsvoll und leicht nachzubauen.
Für ein Schülerpraktikum ist der Einsatz mehrerer Gleichlaufbüretten vielleicht etwas aufwändig in der Vorbereitung. Beim Einsatz einer normalen Bürette bieten die Programme auch
die Möglichkeit, per Tastendruck Einzelwerte aufzunehmen. So kann man z.B. nach der Zugabe von jeweils 1 mL einen Wert aufnehmen. Auch so kann bei Titrationen der Äquivalenzpunkt mit hinreichender Genauigkeit bestimmt werden.
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2.5 Schreibweise bei konduktometrischen Titrationen
Die Theorie der Säure-Base-Titration
Konduktometrische Säure-Base-Titrationen stellen eine elegante Möglichkeit zur Bestimmung des Säure- oder Basengehalts in Lösungen dar, ohne dem Schüler viel theoretisches
Wissen zur Interpretation der entstehenden Titrationskurven zumuten zu müssen. Nicht einmal die Kenntnis des pH-Wertes ist notwendig, um den Verlauf dieser Kurven verstehen zu
können.
Bei jeder Säure-Base-Reaktion läuft im Reaktionsgefäß die Neutralisation ab:
-
H3O + OH ———› 2 H2O
+
Misst man in diesem Reaktionsgefäß während der Titration die Leitfähigkeit, so muss man
zwischen der Neutralisation eines starken und der eines schwachen Elektrolyten unterscheiden, denn nur in einem starken Elektrolyten liegt die Probe in vollständig dissoziiertem Zustand vor, während im schwachen Elektrolyten die Moleküle vorwiegend im undissoziierten
Zustand vorliegen. D. h. schon in der Anfangsleitfähigkeit unterscheiden sich die beiden
Elektrolyte bei gleicher Konzentration. Während der Titration sind die Verhältnisse dann
gänzlich verschieden.
Für die Darstellung des Reaktionsverlaufs wird im Folgenden für alle Titrationen eine zunächst ungewohnte Darstellung der Reaktionsgleichungen gewählt. Sie soll die Ionenbilanz in
der Probelösung verdeutlichen. Die Messung erfolgt ausschließlich in der Probe, d. h. die Ionen in der Maßlösung bleiben bei der Bewertung der Leitfähigkeit unberücksichtigt und werden deshalb oberhalb der Probelösung geschrieben. Die Darstellung folgt folgendem Schema:
Teilchen in der Maßlösung
Teilchen in der Probelösung
Teilchen des Reaktionsprodukts
in der Probelösung
Nur durch diese zweizeilige Darstellung der Reaktionsgleichung wird klar, was im Teilchenbereich bei einer konduktometrischen Titration tatsächlich abläuft. Man erkennt so sehr leicht,
ob sich die Anzahl der Ionen verändert und welche Ionenart durch eine andere ersetzt wird.
Die übliche Schreibweise in einer Zeile führt hingegen zu häufigen Fehlinterpretationen. Es
wird also dringend empfohlen, Reaktionsgleichungen für Titrationen grundsätzlich zweizeilig
zu schreiben.
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Titration einer starken Säure:
Gleichgewicht einer starken Säure HA:
-
+
HA + H2O
H3O + A
Das Protolysengleichgewicht liegt auf der rechten Seite. Bei der Zugabe der Maßlösung (Lau+
ge) werden also die freien H3O -Ionen neutralisiert:
+
Na + OH
+
-
-
+
H3O + A
-
Na + A + 2 H2O
Bei der Verwendung von Natronlauge als Standard-Maßlösung werden in der Gesamtionenbi+
+
lanz in der Probelösung bis zum Äquivalenzpunkt lediglich die H3O -Ionen durch Na -Ionen
ersetzt, d. h. die Anzahl der Ionen in der Lösung bleibt konstant. Bei der Verwendung einer
Maßlösung, deren Konzentration weit über der Probelösung liegt, bleibt dann wegen der geringen Volumenzunahme während der Titration auch die Konzentration nahezu gleich.
Dennoch nimmt die Leitfähigkeit in der Probelösung ab, da die leicht beweglichen (gut leiten+
+
den) H3O -Ionen durch die weniger beweglichen Na -Ionen ersetzt werden. Erst ab der Errei+
chung des Äquivalenzpunktes, wenn alle H3O -Ionen verbraucht sind, nimmt die Leitfähigkeit wieder zu, da jetzt, mit der weiteren Zugabe der Maßlösung, die Anzahl der Ionen in der
Probelösung erhöht wird. Die Titrationskurve zeigt also am Äquivalenzpunkt ein Leitfähigkeitsminimum.
Leitf.
Für die Titration starker Säuren/Basen gilt allgemein:
Schema:
Starke Säure + starke Base
Äquivalenzpunkt = Leitfähigkeitsminimum
V(Maßlösung)
Die geringere Steigung der Kurve nach dem Äquivalenzpunkt als vor dessen Erreichen zeigt,
+
+
dass die Na - und OH -Ionen gegenüber den H3O -Ionen eine geringere Leitfähigkeit besitzen.
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Konduktometrie
Titration einer schwachen Säure:
Gleichgewicht einer schwachen Säure HA:
+
HA + H2O
-
H3O + A
+
Das Protolysengleichgewicht liegt auf der linken Seite. Der geringe Anteil der freien H3O -Ionen kann bei schwachen Säuren nahezu vernachlässigt werden. Bei der Titration mit einer
starken Base (NaOH) wird das Gleichgewicht spontan nach rechts verschoben, in der Bilanz
wird also die undissoziierte Säure neutralisiert:
+
Na + OH
HA
-
-
+
Na + A + H2O
+
Nach der Neutralisation der geringen Menge an H3O -Ionen, was sich an einem kleinen Minimum der Leitfähigkeit zu Beginn der Titration zeigt, entstehen jetzt Ionen in der Lösung. Die
Leitfähigkeit nimmt also bis zum Äquivalenzpunkt kontinuierlich zu. Sobald der Äquivalenzpunkt erreicht ist, verbleiben auch die zugegebenen OH -Ionen in der Lösung, deren Beweglichkeit die der Säurerestionen übertrifft und somit die Leitfähigkeit ansteigen lässt. Die Titrationskurve zeigt am Äquivalenzpunkt einen "Knick", dessen Koordinaten mit Hilfe des
Schnittpunktes von Ausgleichsgeraden, die vom Programm erstellt werden, genau bestimmt
werden können. Für die Titration schwacher Säuren/Basen gilt allgemein:
Äquivalenzpunkt = Spontane Zunahme der Leitfähigkeit (Knick der Titrationskurve)
Leitf.
Schema:
Schwache Säure + starke Base
V(Maßlösung)
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Konduktometrie
2.6 Titration mehrprotoniger Säuren:
Bei mehrprotonigen Säuren ist der Verlauf der Titrationskurven nicht immer ganz einfach
vorherzusagen. Eine schrittweise Titration der einzelnen Protolysenstufen erfolgt nur, wenn
die Säurestärken der einzelnen Stufen genügend unterschiedlich sind. So werden die beiden
Stufen der Schwefelsäure in einem gemeinsamen Äquivalenzpunkt erfasst. Bei der Berechnung der Ausgangskonzentration c0 ist dies natürlich zu beachten. Die Phosphorsäure verhält
sich bezüglich der ersten Protolysenstufe wie eine starke Säure und erzeugt deshalb in der
Titrationskurve ein Minimum, während die zweite Stufe einer schwachen Säure entspricht
und durch einen Knick der Kurve zu erkennen ist. Hier erfolgt die Neutralisation der beiden
Stufen also nacheinander. Die dritte Stufe der Phosphorsäure kann in verdünnten Lösungen
(c<1mol/L) weder konduktometrisch noch potentiometrisch erfasst werden.
Bei schwachen Säuren, wie sie in Lebensmitteln vorkommen, werden die einzelnen Protolysenstufen in der Regel in einem gemeinsamen Äquivalenzpunkt erfasst (siehe Kap.3.6).
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3
Konduktometrie
Experimenteller Teil
3.1 Vergleichende Leitfähigkeitsmessungen
Bereits bei der Einführung des Ionenbegriffs in der Mittelstufe können vergleichende Leitfähigkeitsmessungen durchgeführt werden. Dazu benötigt man lediglich eine Spannungsquelle,
einen Leitfähigkeitsfühler (2 Elektroden) und ein Stromstärke-Messgerät. Soll das konduktometrische Messverfahren ausgebaut werden, so empfiehlt es sich, bereits bei diesen ersten
Messungen den Computer als Anzeigegerät und Speicher einzusetzen.
V1
Leitfähigkeitsprüfung: Wasser ; festes Salz ; Salzschmelze ; Salzlösung
Erg.: Bewegliche Ionen können Ladung transportieren (Ladungstransport = Strom).
V2
Temperaturabhängigkeit der Leitfähigkeit: Messung in einer Kochsalzlösung bei
20°C und bei 80°C.
Erg.: Die Leitfähigkeit nimmt in Salzlösungen mit zunehmender Temperatur wegen
der Zunahme der Teilchenbewegung zu.
V3
Konzentrationsabhängigkeit der Leitfähigkeit: Messung in Salzlösungen verschiedener Konzentrationen.
Erg.: Die Leitfähigkeit in einer Lösung nimmt mit zunehmender Konzentration
(c=n/V) des Elektrolyten zu, da die Anzahl der Ladungsträger zunimmt.
V4
Abhängigkeit der Leitfähigkeit von der Ionenart: Messung in gleichkonzentrierten
Lösungen (z.B. c=0,1mol/L).
a) NaCl
b) NaI c) KCl
Erg.: Verschiedene Ionenarten zeigen verschiedene Leitfähigkeiten. Sie besitzen in
der Lösung eine unterschiedliche Beweglichkeit.
Die Abhängigkeit der Leitfähigkeit von der Konzentration und von der Ionenart bilden die
Grundlage für konduktometrische Titrationen.
3.2 Beweglichkeit und Entstehung von Ionen
Irgendwann stellt sich die Frage: „Sind Ionen immer beweglich“? Bisher wurden nur die
wässrigen Lösungen untersucht. Wie ist es aber in einem Ionenkristall oder in einer Salzschmelze? Das folgende Experiment könnte gar zur Schlüsselfrage herangezogen werden
„Wann sind Ionen überhaupt beweglich“?
Quantitative Durchführung von V1.
Anstelle der rein qualitativen Untersuchung in V1 kann hier bereits bei der Einführung der
Ionen untersucht werden, ab welcher Temperatur die Ionen beweglich werden.
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V5
Konduktometrie
Schmelzen eines Salzes
Ein Reagenzglas wird bis zur Hälfte mit kristallinem Fixiersalz (Na2S2O3 · 5 H2O)
gefüllt. 2 Elektroden werden in möglichst großem Abstand (Adern des Unterputzkabels gespreizt) zusammen mit einem Thermofühler in die Kristallmasse eingeführt.
Das Reagenzglas wird in kochendes Wasser eingeführt und die Messung gestartet. Unter gleichzeitiger Aufnahme der Temperatur und der Leitfähigkeit entstehen zwei
Schmelzkurven. Erst wenn die Temperatur deutlich über 50°C ansteigt wird das Wasser durch Eiswasser ausgetauscht, die Messung läuft weiter. Es entstehen die Erstarrungskurven. Messintervall: 5 s
Zu Zweikanalmessung siehe Kap. 4
In diesem Beispiel werden Temperatur und Leitfähigkeit gleichzeitig aufgenommen.
Die Darstellung der Werte erfolgt auf zwei getrennten y-Achsen.
Schmelzkurven Fixiersalz
70
100
90
60
80
Temp. in °C
60
40
50
30
40
30
20
Leitf. in mA
70
50
20
10
10
0
0
0
200
400
600
800
1000
1200
-10
1400
Zeit in Sekunden
Erg.: Die konduktometrische Kurve zeigt, dass das kristalline Salz keine Leitfähigkeit besitzt. Erst mit dem Schmelzvorgang (Smpkt.: 48°C) steigt die Leitfähigkeit an, die Ionen werden beweglich. Beim Abkühlen der Schmelze nimmt die Leitfähigkeit ab
(Temperaturabhängigkeit der Beweglichkeit). Beim exothermen Erstarren (Anstieg der
Temperaturkurve) geht die Leitfähigkeit wieder auf nahezu 0 mA zurück. Nur bewegliche Ionen in der Schmelze leiten den elektrischen Strom (Ionen als Ladungsträger).
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V6
Konduktometrie
Einleiten von CO2 in Wasser
In ein mit Wasser gefülltes Reagenzglas leitet man kontinuierlich KohlenstoffdioxidGas ein. Man misst im Zeitintervall von 1s die Leitfähigkeit.
Einleiten von CO2 in Wasser
Konduktometrie
0,18
0,16
0,14
Leitf. In mA
0,12
0,1
0,08
0,06
0,04
0,02
0
0
20
40
60
80
100
120
140
160
Zeit in Sekunden
Erg.: Leitet man die Molekülverbindung Kohlenstoffdioxid in Wasser ein, so tritt eine Leitfähigkeit der Lösung ein. Es entstehen Ionen. Die Lösung erreicht nach einiger Zeit
eine „Sättigung“ mit diesen Ionen.
3.3 Konduktometrische Titrationen
Bei einer konduktometrischen Titration wird in der Probelösung die Leitfähigkeit in Abhängigkeit vom Volumen der zugegebenen Maßlösung gemessen. Die Größe V(Maßlösung) errechnet das verwendete Programm aus der Auslaufzeit aus einer Gleichlaufbürette (siehe 2.4).
Andere Programme erhalten durch eine Zweikanalmessung die Volumenwerte direkt von einer Bürette bzw. die zugehörigen Massen von einer Waage (siehe 2.3).
Die auf der y-Achse aufzuzeichnende Messgröße ist also die Leitfähigkeit, die von einem
Konduktometer in der Einheit "S" oder einem Stromstärke-Messgerät in der Einheit "mA" an
den Computer gegeben wird.
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Konduktometrie
Versuchsaufbau:
Gleichlaufbürette
mit Maßlösung
~
Digitalmultimeter
DMM
COM
USB
Computer
Messfühler
(Elektroden)
Probelösung
RühRührer
rer
3.4 Aufnahme von Verdünnungskurven
Mit der Aufnahme von Verdünnungskurven kann der Computer zum ersten Mal als Messwerterfassungs- und -auswertegerät eingesetzt werden.
Man legt den zu verdünnenden Elektrolyten im Probegefäß vor und lässt aus der Gleichlaufbürette das Lösungsmittel Wasser zulaufen. Der Start der Messung am Computer und das
Öffnen des Hahns der Bürette erfolgen gleichzeitig. Die Messzeit richtet sich nach der Auslaufgeschwindigkeit der Bürette (abhängig vom eingestellten hydrostatischen Druck und der
Größe der verwendeten Kanüle).
Nach Aufnahme der Messwerte werden diese vom Programm so verarbeitet, dass ein Diagramm entsteht, das die Leitfähigkeit (Stromstärke) in Abhängigkeit vom zugegebenen Volumen der Maßlösung (Wasser) zeigt.
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V7
Konduktometrie
Verdünnung einer gesättigten Kochsalzlösung (starker Elektrolyt)
Erg.: Das Kochsalz ist auch in konzentrierter Lösung vollständig dissoziiert. Die Verdünnung der Lösung bewirkt somit eine Abnahme der Anzahl der Ladungsträger pro
Volumeneinheit.
Hinweis: Die zugegebene Wassermenge (x-Koordinate) ist nicht antiproportional zur
Konzentration! Deshalb entsteht auch keine Gerade als Schaubild.
V8
Verdünnung von Eisessig (schwacher Elektrolyt)
1) 10mL Eisessig werden in einem möglichst hohen Probegefäß mit geringem Durchmesser (z.B. 150mL Standzylinder) vorgelegt, so dass bei sich bewegendem Rührfisch
der Messfühler ganz in die geringe Flüssigkeitsmenge eintauchen kann. Maßlösung:
Wasser
2) Vorlage: 50mL Wasser
Maßlösung: Eisessig
Diagramm 1
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Diagramm 2
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Konduktometrie
Erg. zu (1): Die reine Essigsäure zeigt keine Leitfähigkeit, ein Beweis dafür, dass die kleinsten Teilchen der Essigsäure molekular vorliegen. Erst unter dem Einfluß von Wasser
dissoziieren die Moleküle. Es entstehen Oxonium- und Acetationen, deren Anteil mit
zunehmender Verdünnung zunimmt. Der Verdünnungseffekt spielt zunächst eine untergeordnete Rolle, ganz anders als bei der Kochsalzlösung. Bis zum Volumenanteil
der Essigsäure von ca. 18% nimmt die Leitfähigkeit zu, der Dissoziationsgrad steigt
stetig an, erst danach überwiegt der Verdünnungseffekt. Bei schwachen Elektrolyten
erreicht der Dissoziationsgrad also erst bei einer bestimmten Verdünnung ein Maximum. Außerdem wird bei diesem Experiment deutlich, dass erst beim Lösen von Säuren in Wasser Ionen entstehen.
Erg. zu (2): Führt man die "Verdünnung" umgekehrt durch, d. h. gibt man zu reinem Wasser
die Essigsäure, so nimmt auch hierbei die Leitfähigkeit zunächst sprunghaft zu, die
Essigsäuremoleküle dissoziieren also in hohem Maße. Man gelangt bei der gleichen
Konzentration wie in (1), nämlich bei 18Vol.% Essigsäure zu einem Leitfähigkeitsmaximum. Erst ab diesem Wert nimmt die Leitfähigkeit durch den umgekehrten "Verdünnungseffekt" wieder ab.
V9
Verdünnung gleichmolarer starker und schwacher Elektrolyte
Elektrolyte gleicher Konzentration (c=1mol/L) werden mit der Maßlösung Wasser
verdünnt:
a) Salzsäure
b) Essigsäure
c) Kochsalzlösung
Erg.: Bereits bei der Einstellung eines ähnlich hohen Anfangswertes der Stromstärke fällt
auf, dass die Spannung bei der Essigsäure höher gewählt werden muss als bei den beiden anderen Lösungen.
Beim schwachen Elektrolyten Essigsäure nimmt die Leitfähigkeit beim Verdünnen
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schwächer ab als bei den beiden anderen Elektrolyten. Zum Verdünnungseffekt, der zu
einer Abnahme der Leitfähigkeit führt, kommt offensichtlich ein Effekt hinzu, der die
Leitfähigkeit der Lösung erhöht. Der Dissoziationsgrad nimmt also bei Essigsäure bei
zunehmender Verdünnung zu.
3.5 Aufnahme von Säure-Base-Titrationskurven
Die Theorie der konduktometrischen Säure-Base-Titrationen ist in den Kapiteln 2.4 - 2.6 ausführlich beschrieben. Ausdrücklich sei nochmals auf die besondere Schreibweise der zugehörigen Reaktionsgleichungen hingewiesen. Nur sie lässt eine verständliche Interpretation der
Kurven im Teilchenbereich zu.
Beim experimentellen Vorgehen ist die Einhaltung der vorgeschlagenen Mengen und Konzentrationen besonders wichtig, da nur so der Äquivalenzpunkt in einer vertretbaren Zeit erreicht wird. Bei den durchgeführten Experimenten lag die Auslaufgeschwindigkeit der
Gleichlaufbürette jeweils im Bereich von 500 – 800 Sekunden für 100 mL. Bei stark abweichenden Auslaufgeschwindigkeiten sollten die eingesetzten Mengen entsprechend angepasst
werden.
Experimentelles Vorgehen
Geräte:
Geeichte Gleichlaufbürette
Pipetten: 1 mL, 10 mL, 50mL
Weithals-Erlenmeyerkolben oder Becherglas (250 mL)
Magnetrührer mit Fisch
Leitfähigkeits-Messfühler
Kabel
Messapparatur: Netzgerät (6 V ~), Stromstärke-Messgerät mit Schnittstelle (DMM)
Computer
Chemikalien: Probelösung (Säuren)
Maßlösung: Natronlauge c=0,1mol/L (1mol/L)
Vorbereitung:
Mit einer Messpipette gibt man ein bestimmtes Volumen der Probelösung (Säure) in
das Vorlagegefäß (Becherglas). Dieses Volumen ist in allen Diagrammen angegeben.
Man füllt jeweils bis ca. 150mL mit Wasser auf. Der Magnetrührer wird eingeschaltet
und der Messfühler eingetaucht.
Messung:
Mit dem Öffnen der Gleichlaufbürette wird die Messreihe gestartet. Intervall zwischen
2 Messungen: 1s.
Die Messdauer richtet sich nach der Konzentration der vorgegebenen Probe und der
Auslaufgeschwindigkeit der Bürette. Man sollte also bei bekannten Lösungen vorher
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eine Überschlagsrechnung anstellen, um die Äquivalenzpunkte sicher erfassen zu können.
V10
Titration einer Salzsäure (starker Elektrolyt)
Erg.: Der Äquivalenzpunkt ist am Leitfähigkeitsminimum deutlich abzulesen.
Aus c(HCl) · V(HCl) = c(NaOH) · V(NaOH) kann die Konzentration der Säure bestimmt werden.
V11
Titration einer Essigsäure (schwacher Elektrolyt)
Erg.: Der Äquivalenzpunkt ist am Knick der Titrationskurve abzulesen. Mit dem Auswerteprogramm kann man die Ausgleichsgeraden der beiden Kurventeile zeichnen
und dann die Koordinaten des Schnittpunktes bestimmen.
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Konduktometrie
Aus c(CH3COOH) · V(CH3COOH) = c(NaOH) · V(NaOH) kann die Konzentration
der Säure bestimmt werden. Das kleine Minimum am Anfang der Kurve wird durch
+
die geringe Konzentration der in der Lösung vorhandenen H3O -Ionen hervorgerufen.
V12
Titration einer Oxalsäurelösung (zweiprotonige Säure)
Erg.: Oxalsäure verhält sich bezüglich ihrer ersten Protolysenstufe wie eine starke, bezüglich ihrer zweiten Stufe wie eine schwache Säure. Der zweite Äquivalenzpunkt
wurde hier mit Hilfe von Ausgleichsgeraden (Koordinaten des Schnittpunktes) bestimmt.
V13
Titration einer Phosphorsäure (dreiprotonige Säure)
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Erg.: Phosphorsäure ist in der ersten Protolysenstufe eine starke und in der zweiten Stufe
eine schwache Säure. Die dritte Protolysenstufe (pKs=12,3) lässt sich konduktometrisch mit der verwendeten einfachen Messanordnung nicht erfassen. Dieses Problem ergibt sich im übrigen genauso bei der potentiometrischen pH-Titration.
3.6 Bestimmung des Gehalts von Säuren in Lebensmitteln
Der Gesamtsäuregehalt in Lebensmitteln
Lebensmittel enthalten häufig eine Vielzahl verschiedener Säuren, die zum Teil auch mehrprotonig sein können. In der Regel sind dies schwache Säuren, deren einzelne Protolysenstufen in einem gemeinsamen Äquivalenzpunkt erfasst werden. Bei einer solchen Titration
bestimmt man also den sogenannten "Gesamtsäuregehalt". Die so ermittelte Konzentration
c(Gesamtsäure) bezieht sich damit auf die potentielle Acidität der Lösung, d. h. auf die Anzahl der von allen Säuremolekülen insgesamt abspaltbaren Protonen.
Demgegenüber ist die aktuelle Acidität, die Konzentration der tatsächlich in Lösung befindlichen Oxoniumionen, meist gering. Nur sie macht den sauren Geschmack eines Lebensmittels
aus und zeigt sich in der Titrationskurve als Minimum bereits bei geringer Zugabe der Maßlö+
sung. Die Konzentration dieser H3O -Ionen ist in der potentiellen Acidität mit inbegriffen.
Der Wert für V(Lauge), der am gemeinsamen Äquivalenzpunkt (Knick der Kurve) abgelesen
wird, ist also zur Berechnung des Gesamtsäuregehalts heranzuziehen.
c(Lauge) · V(Lauge)
c(Gesamtsäure) = ——————————
V(Probe)
Durch konduktometrische Titration kann so sehr einfach der Gesamtsäuregehalt in Essig,
Fruchtsäften, Limonaden und Milchprodukten bestimmt werden. Bei den Limonaden ist lediglich darauf zu achten, dass man vorher das gelöste Kohlenstoffdioxid (da die Kohlensäure
nicht mittitriert werden soll) durch Kochen unter Rückfluß (ca. 15 min) austreibt.
V14
Titration von Speiseessig
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Konduktometrie
Erg.: Mit Hilfe der Titrationskurve lässt sich die Konzentration der Essigsäure in Speiseessig sehr genau bestimmen. Der Verbrauch von 7,25 mL Natronlauge (c=0,1mol/L)
lässt sich aus der Kurve leicht ermitteln (automatische Koordinatenbestimmung mit
dem Computerprogramm).
Berechnung der Säurekonzentration in Speiseessig:
1) Stoffmengenkonzentration c = n/V [mol/L]
Stoffmenge: n(CH3COOH) = n(NaOH) = c(NaOH) · V(NaOH)
n(CH3COOH) c(NaOH) · V(NaOH)
Konzentration: c(CH3COOH) = —————— = —————————
V(Essig)
V(Essig)
-3
0,1 mol · 7,25 · 10 L
= —————————— = 0,725 mol/L
-3
10 L · L
2) Massenkonzentration  = m/V [g/L]
m(CH3COOH)
n(CH3COOH) · M(CH3COOH)
(CH3COOH) = ——————— = ——————————————
V(Essig)
V(Essig)
-3
0,1 mol · 7,25 · 10 · 60 g
= ———————————— = 43,5 g/L
-3
10 L · mol
m(gelöster Stoff) · 100
3) Prozentualer Massenanteil w% = ——————————
m(Lösung)
[%]
Für die Dichte verdünnter wässriger Lösungen gilt allgemein: 1 g/cm
3
m(CH3COOH) · 100
n(CH3COOH) · M(CH3COOH) · 100
w% = ————————— % = ———————————————— %
m(Essig)
m(Essig)
-3
0,1 mol · 7,25 · 10 · 60 g · 100
= —————————————— % = 4,35 %
1 g · mol
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V15
Konduktometrie
Titration von Coca-Cola
Coca-Cola enthält, wenn das Kohlenstoffdioxid vollständig ausgekocht wurde, im wesentlichen Phosphorsäure, deren ersten beiden Protolysenstufen konduktometrisch erfasst werden können (siehe V13).
Erg.: Die Kurve entspricht in ihrem Verlauf genau der, wie sie bei der Titration von Phosphorsäure erhalten wird. Der erhöhte Verbrauch für die zweite Stufe zeigt, dass in dieser Limonade offensichtlich noch weitere schwache Säuren (Fruchtsäuren) enthalten
sind.
Aus dem Verbrauch an Maßlösung für die erste Protolysenstufe kann die Konzentration von Phosphorsäure in Coca-Cola berechnet werden:
V(Cola) = 100mL
V(NaOH) = 5mL
c(NaOH) = 0,1mol/L
-1
c(NaOH) · V(NaOH)
10 · 5
-3
c (H3PO4) = ————————— = ———— mol/L = 5 · 10 mol/L
V(Cola)
100
Dieser Wert stimmt mit dem Ergebnis einer Titration von Coca-Cola unter Verwendung von Phenolphthalein als Indikator zur Bestimmung des Säuregehalts überein.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass bis zum Farbumschlag von Phenolphthalein alle 3
Stufen protolysiert sind.
Interessant ist ein Vergleich verschiedener Cola-Sorten. So ergibt sich z. B. für ColaLight ein geringerer Säuregehalt.
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V16
Konduktometrie
Titration von Zitronensaftkonzentrat
Erg.: Das deutliche Leitfähigkeitsminimum am Anfang der Titrationskurve mit V(NaOH) =
2,16 mL zeigt die aktuelle Acidität der Zitronensäure in der verdünnten Probelösung.
Sie macht den sauren Geschmack und den pH-Wert dieser Lösung aus.
Bei V(NaOH) = 8,43 mL ist der Äquivalenzpunkt aller Protolysenstufen der Zitronensäure erreicht. Aus diesem Wert errechnet sich die potentielle Acidität und damit der
Gesamtsäuregehalt des Zitronensaftkonzentrats. Unter der Annahme, dass dieses Konzentrat nur die dreiprotonige Zitronensäure enthält, gilt:
1
1 c(NaOH) · V(NaOH)
c0(Zitronensäure) = — c(Gesamtsäure) = — ——————————
3
3
V(Saft)
1 0,1 · 8,43
c0(Zitronensäure) = — ————— mol /L = 0,14 mol/L
3
2
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V17
Konduktometrie
Titration von Fruchtsäften (Apfelsaft und Orangensaft)
Erg.: Die Säuren in Fruchtsäften sind durchweg schwache Säuren. Man erhält jeweils einen
erkennbaren Knick im Verlauf der Titrationskurven. Aus dem Verbrauch der Maßlösung errechnet sich der Gesamtsäuregehalt c(Gesamtsäure). Titrationen mit Phenolphthalein als Indikator bestätigen diese Werte.
Im übrigen fällt hier (wie auch bei der Titration von Coca-Cola) auf, dass die Kurve
nach Erreichen des Äquivalenzpunktes nicht unbedingt (wie theoretisch zu erwarten)
steiler verläuft. Dennoch ist der Äquivalenzpunkt deutlich zu erkennen.
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3.7
Konduktometrie
Bestimmung des Hydrogencarbonat-Gehalts in Mineralwasser
Auf Mineralwasserflaschen wird häufig der Massenanteil verschiedener Ionen in der Einheit
g/kg angegeben. Dabei kann insbesondere der Hydrogencarbonat-Anteil sehr eindrucksvoll
durch eine konduktometrische Titration bestimmt werden.
Hydrogencarbonationen sind im Mineralwasser die einzigen Ionen, die alkalisch reagieren
und demnach durch Titration mit einer starken Säure bestimmt werden können.
V18
Titration von Mineralwasser
Probelösung: Mineralwasser (Selzer) V= 50 mL (unverdünnt)
Maßlösung: Salzsäure c = 0,1 mol/L
Erg.: Bis zum Äquivalenzpunkt läuft folgende Reaktion ab:
H3 O
+
-
+ Cl
HCO3
-
CO2 + 2H2O + Cl
-
-
-
In der Bilanz werden die HCO3 -Ionen durch Cl -Ionen ersetzt. Diese beiden Ionenarten zeigen eine fast gleiche Ionenbeweglichkeit. Die Titrationskurve verläuft deshalb
nahezu waagrecht.
-
Ab dem Äquivalenzpunkt erfolgt ein Anstieg der Leitfähigkeit, da keine HCO3 -Ionen
-
+
mehr umgesetzt werden. Die H3O - und Cl -Ionen der zugesetzten Salzsäure erhöhen
jetzt die Anzahl der Ionen in der Probelösung.
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Konduktometrie
-
Berechnung des HCO3 -Gehalts in Selzer:
-1
c(HCl) · V(HCl)
10 · 15,63
-2
c(HCO3 ) = ——————— = —————— mol/L = 3,13 · 10 mol/L
V(Selzer)
50
Massenkonz.:
-
-
-2
 = c(HCO3 ) · M(HCO3 ) = 3,13 · 10 mol/L · 61 g/mol = 1,91 g/L
Dichte(Selzer)
 = 1 kg/L
Massenanteil: w = = 1,91 g/kg
Etikettenangabe: w = 1,93 g/kg
Die Etikettenangabe kann also durch die konduktometrische Titration eindrucksvoll
bestätigt werden.
3.8 Fällungstitrationen
Bei Fällungstitrationen wird der Probelösung eine Maßlösung zugesetzt, die eine Ionenart enthält, die mit einer Ionensorte der Probelösung ein schwerlösliches Salz bildet. Dabei wird eine
Ionenart der Probelösung durch eine Ionenart der Maßlösung ausgetauscht. Die Anzahl der
Ionen in der Lösung bleibt bei der Titration mit Ionen gleicher Ladungszahl gleich. Für den
Verlauf der Titrationskurve ist somit die unterschiedliche Beweglichkeit der ausgetauschten
Ionen verantwortlich. Auch bei Fällungstitrationen trägt die zweizeilige Schreibweise der Reaktionsgleichung wesentlich zum Verständnis bei, da auch hier nur die zweite Zeile zur Beurteilung der Veränderung der Leitfähigkeit herangezogen werden muss.
Allgemeine Schreibweise:
A+ + B–
C+ + D–
AD
+ C+ + B–
Das Paradebeispiel einer Fällungsreaktion ist die Silberhalogenidfällung. Bei der Titration mit
Silbernitratlösung werden die Halogenidionen durch Nitrationen ersetzt. Diese haben gegenüber den Halogenidionen eine geringfügig geringere Beweglichkeit, so dass am Äquivalenzpunkt ein Leitfähigkeitsminimum entsteht, gefolgt von einem steilen Anstieg bei weiterer
Silbernitratzugabe.
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Seite 33
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Konduktometrie
+
-
Ag + NO3
Na
V19
+
+ Cl
-
+
-
AgCl + Na + NO3
Titration einer Kochsalzlösung
Erg.: Am Äquivalenzpunkt zeigt die Titrationskurve ein Minimum.
V20
Titration von Ladenburger Leitungswasser
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Konduktometrie
Erg.: Mit dem Wert für V(AgNO3) als x-Koordinate des Wendepunktes der Kurve lässt sich
die Chloridionenkonzentration im Ladenburger Leitungswasser sehr genau bestimmen:
-1
c(AgNO3) · V(AgNO3)
10 · 1,93
-
-3
c (Cl ) = —————————— = —————— mol/L = 1,93 · 10 mol/L
V(Leitungswasser)
100
-
-
-3
Angabe als Massenkonzentration:  = c(Cl ) · M(Cl ) = 1,93 · 10 mol/L · 35,5 g/mol
 = 68,5 mg/L
V21
CO2 – Nachweis mit Kalkwasser
Diese einfache Nachweisreaktion für Kohlenstoffdioxid wird häufig bereits im Anfangsunterricht phänomenologisch durchgeführt. Dabei wird die Fällung lediglich in
der Stoffebene betrachtet.
Sind jedoch die Ionen eingeführt, kann die Fällung und die Auflösung des Kalks bei
weiterem Einleiten von CO2 in der Teilchenebene erklärt werden. In der Oberstufe
kann dieses Experiment ebenfalls gut eingesetzt werden, um die Umkehrbarkeit der
Fällung (Gleichgewicht) zeigen zu können.
Probelösung: Kalkwasser im Reagenzglas
Kontinuierliches Einleiten von CO2 mit einem Glasrohr bis der zunächst entstehende
Niederschlag wieder gelöst ist.
Kontinuierliche Messung der Leitfähigkeit während der Gaseinleitung.
Messintervall: 1 s
Einleiten von CO2 in Kalkwasser
Konduktometrie
18
Kalkwasser Ca(OH)2aq
16
14
Leitf. In mA
12
10
8
Aufklarung Ca(HCO3)2aq
6
4
Trübung CaCO3(s)
2
0
0
20
40
60
80
100
120
Zeit in Sekunden
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Konduktometrie
Erg.: Mit der Fällung geht eine Abnahme der Leitfähigkeit einher. Bei vollständiger Fällung
erreicht sie ein Minimum. Der Anstieg der Leitfähigkeit bei weiterem Einleiten ist auf
die Entstehung von gelöstem Kalk zurückzuführen. Man erkennt deutlich die Tatsache, dass OH– - Ionen beweglicher sind als die entstehenden HCO3– - Ionen.
CO2
Ca2+ + 2 OH–
CaCO3
+ H2O
CO2
CaCO3
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+ H2 O
Ca2+ + 2 HCO3–
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4
Konduktometrie
Mehrkanalmessung
Mehrkanalmessung heißt: Es werden mehrere Messgrößen gleichzeitig (simultan) vom Computer aufgezeichnet. Je nach Messgerät und Programm sind die Möglichkeiten der gleichzeitigen Aufzeichnung mehrerer Größen unterschiedlich. Arbeitet man z.B. mit dem ALLCHEM-MISST, so kann dieses Messgerät über ein Schnittstellenkabel mehrere Größen an
den PC übertragen. UNI-MESS kann diese Größen dann unabhängig verarbeiten. Arbeitet
man mit dem Programm XLSmess, so können über eine Multibox (Bezug bei XLSmess) bis
zu 3 Messgeräte (DMM) angesteuert und die Daten über ein Schnittstellenkabel übertragen
werden. Ein vierter Kanal ist über eine weitere Schnittstelle am PC möglich. Im Programm
kann man dann die einzelnen Messplätze konfigurieren. Wie auch bei UNI-MESS können
zwei Größen dann mit zwei eigenen y-Achsen gegen die Zeit oder die beiden Größen gegeneinander aufgetragen werden. Diese Möglichkeiten eröffnen eine Vielzahl von Messmöglichkeiten, die man insbesondere in der Oberstufe ausnutzen sollte. Aber auch schon in der Mittelstufe kann eine Mehrkanalmessung als Lehrerexperiment (siehe V5) interessant sein.
Angeraten sei die Zweikanalmessung in der Oberstufe auch als Schülerexperiment in der LPE
3 „Säure-Base-Gleichgewichte“ des vierstündigen Kurses. Hier wird die Leitfähigkeitstitration mit Hinweis auf die Messwerterfassung als Methode vorgeschlagen. Will man jedoch
auch die potentiometrischen Kurven zeigen, so bietet sich eine Zweikanalmessung (Leitf. und
pH) geradezu an. Ohne den theoretischen mathematischen Hintergrund beleuchten zu müssen,
was den Schülern nicht gerade leicht fällt und auch vom Lehrplan nicht gefordert wird, kann
man zeigen, dass die potentiometrischen Kurven am Äquivalenzpunkt einen pH-Sprung
durchlaufen.
4.1 Konduktometrie und Potentiometrie
V22
Titration verschiedener Säuren mit Zweikanalmessung (pH/mA)
Die hier gezeigten Diagramme sind Aufnahmen mit dem alten Programm CEC, das noch keine getrennten y-Achsen für die beiden Größen zuließ. Die Konzentrationen und eingesetzten
Mengen wurden hier so gewählt, dass die Zahlenwerte der y-Achse für die Leitfähigkeit und
den pH-Wert gelten und zu einer sinnvollen Auflösung führen.
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Konduktometrie
Erg.: Die Zweikanalmessung zeigt eindrucksvoll, wie die Äquivalenzpunkte bei einer SäureBase-Titration mit zwei unterschiedlichen Messverfahren bestimmt werden können.
Wenn es die Software zulässt, dann können die exakten Werte bei der konduktometrischen Kurve durch Ausgleichsgeraden und bei der potentiometrischen Kurve durch
Differenzieren ermittelt werden. In der Praxis stimmen die so bestimmten Werte sehr
gut überein.
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5
Konduktometrie
Konduktometrie in der Kursstufe
Auch wenn in der Mittelstufe konduktometrische Messungen nicht durchgeführt wurden, erscheint es sinnvoll, diese Messmethode zumindest im vierstündigen Profil-/Neigungskurs
einzuführen. An mehreren Stellen des Lehrplans (insbesondere LPE 3) wird auf diese Messmethode und den Computereinsatz hingewiesen. Sind die Grundlagen in der Mittelstufe gelegt, so kann diese Methode an vielen Stellen des Unterrichts eingesetzt werden. Je nach Ausstattung der Schule sollte die Konduktometrie auch im Schülerpraktikum betrieben werden.
So setzen sich die Schüler selbst mit dieser Messmethode auseinander und üben die Interpretation von Messkurven in der Teilchenebene ein.
Grundausstattung für die Durchführung von Schülerpraktika zum Thema Konduktometrie:
Für eine sinnvolle Durchführung eines Praktikums sollte darauf geachtet werden, dass für
jeweils zwei Schüler ein Arbeitsplatz zur Verfügung steht
Ausstattung eines Arbeitsplatzes:







Computer oder Laptop: Es sei darauf hingewiesen, dass die Programme zur Messwerterfassung auch auf alten Computermodellen laufen, die evtl. bei der Neuausstattung des
Computerraumes der Schule freigeworden sind. Sie sollten aber an den Arbeitsplätzen
fest installiert sein oder auf Wagen schnell bereitgestellt werden können.
Wechselstrom-Trafo (6-10 V): Im Elektronik-Handel erhältlich (siehe 2.1)
Handmultimeter (DMM) mit Schnittstelle und Kabel (siehe 2.1 und 2.3)
Gleichlaufbürette: Verzichtbar, wenn manuelle Eingabe erfolgt (siehe 2.4)
Leitfähigkeitsfühler: Abisoliertes Unterputzkabel mit Steckverbindung und Halterung
(siehe 2.1)
Becherglas (200 mL) oder Erlenmeyerkolben
Magnetrührer mit Fisch
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6
Konduktometrie
Experimente in der Kursstufe
Im Folgenden werden Experimente vorgestellt, die sich speziell auf den Unterricht in der
Kursstufe beziehen. Experimente, die auch schon in der Mittelstufe eingesetzt werden können, sind in Kapitel 3 bereits beschrieben. Insbesondere sei auf 3.5 hingewiesen. Diese Experimente beziehen sich auf die Einheit „Säure-Base-Gleichgewichte“ (LPE 3) des vierstündigen Profil-/Neigungskurses.
6.1
Reaktionskinetik
Beispiel: alkalischen Esterverseifung
Alle Reaktionen, in deren Verlauf sich die Ionenkonzentration oder eine Ionenart ändert, können grundsätzlich konduktometrisch verfolgt werden.
Bei der kinetischen Verfolgung eines Reaktionsverlaufs geht es um die kontinuierliche Messung der Konzentration eines Reaktionspartners in Abhängigkeit von der Zeit, denn es gilt für
die Geschwindigkeit einer Reaktion vR = c/t. Ändert sich dabei eine Ionenkonzentration, so
bietet sich die Messung der Leitfähigkeit oder der Stromstärke im Reaktionsgefäß geradezu
an, denn es gilt in einem weiten Bereich:
Leitwert (mS/cm2) ~ Stromstärke (mA) ~ Konzentration (mol/L)
Messtechnisch entstehen dabei keine Probleme. Man misst die Leitfähigkeit oder die Stromstärke in Abhängigkeit von der Zeit durch Eintauchen des Messfühlers in das Reaktionsgefäß.
Durch Aufzeichnung der Werte in einem geeigneten Zeitintervall (10s) entsteht eine c/tKurve, deren Steigung der Reaktionsgeschwindigkeit entspricht.
Mit einer geeigneten Software kann eine solche Messreihe nach Belieben ausgewertet werden. Didaktisch interessant ist die Verarbeitung der so aufgenommenen Messwerte mit einem
Tabellenkalkulationsprogramm.
Als Standardexperiment wurde die Verseifung von Essigsäuremethyl- und –ethylester gewählt.
Alkalische Verseifung von Essigsäuremethylester
CH3COOCH3 + H2O
CH3COOH + CH3OH
+ NaOH
CH3COO-Na+ + H2O
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Konduktometrie
Summe:
CH3COOCH3 + Na+ + OH-
Na+ + CH3COO- + CH3OH
In der Ionenbilanz der Summengleichung werden die besser leitenden Hydroxidionen der
Lauge gegen weniger gut bewegliche Acetationen im Verlauf der Verseifung ausgetauscht.
Bei einer konduktometrischen Messung wird also eine fallende Kurve entstehen.
V
Lösung (a): V = 2 mL Natronlauge mit c = 1 mol/L werden auf V = 190 mL mit
Wasser aufgefüllt.
Lösung (b): m = 1,48 g Essigsäuremethylester werden auf V = 100 mL mit Wasser
aufgefüllt.
In einem 250 mL Becherglas wird die gesamte Lösung (a) vorgegeben und der Leitfähigkeitsfühler eingetaucht.
Jetzt gibt man dazu V = 10 mL der Lösung (b) und startet die Leitfähigkeitsmessung.
Für das Reaktionsgemisch gilt bei diesen Verdünnungen am Anfang c(NaOH) =
c(Ester) = 0,01 mol/L
Einstellungen: Messzeit t = 1800 s = 30 min ; Messintervall t = 10 s
Es entsteht das folgende I/t-Diagramm:
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I.
Konduktometrie
Auswertung mit einem Messwerterfassungsprogramm (hier CEC)
1. Vergleich der Reaktionsgeschwindigkeiten zu verschiedenen Zeitpunkten der Reaktion
mittels Ausgleichsgeraden:
I / t als Maß für die Reaktionsgeschwindigkeit vR.
Ergebnis: vR nimmt im Verlauf der Reaktion ab.
Variation der Reaktionsbedingungen
Das folgende Diagramm zeigt Kurven, die bei unterschiedlichen Reaktionsbedingungen entstanden sind:
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Konduktometrie
2. Variation der Temperatur
Die Reaktion wurde zunächst bei einer Temperatur des Reaktionsgemisches von = 17°C
durchgeführt
Kurve (1)
Bei einer Starttemperatur von = 29°C kühlte das Gemisch bis zum Abbruch der Messung auf = 25°C ab. Die Durchschnittstemperatur betrug also = 27°C. Das entspricht
im Vergleich zu (1) einer Temperaturerhöhung von T = 10 K.
Kurve(2)
Ergebnis: Eine Temperaturerhöhung um 10 K bewirkt eine Verdoppelung der Reaktionsgeschwindigkeit (Bestimmung der Steigung mit Ausgleichsgerade). Bestätigung der RGTRegel.
3. Variation der Konzentration
Verdoppelung der Esterkonzentration
Kurve (4)
Ergebnis: Verdoppelung der Esterkonzentration führt zu einer Verdoppelung von vR.
4. Einsatz von Essigsäureethylester
Essigsäureethylester mit m = 1,76 g ergibt bei sonst gleichen Ansatzmengen eine Konzentration von c = 0,01 mol/L.
Kurve (6)
Ergebnis: Je länger der Alkylrest des Esters, desto langsamer verläuft die Reaktion.
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6.2
Konduktometrie
Chemisches Gleichgewicht
Beispiel: Sauer katalysierte Veresterung und Hydrolyse von Ameisensäuremethylester
Am Beispiel der simultanen Bildung und Hydrolyse von Ameisensäuremethylester kann anschaulich die Einstellung eines Gleichgewichts von beiden Seiten gezeigt werden. Anschließend wird durch Titration der Ameisensäure im Gleichgewichtszustand die Gleichgewichtskonstante K bestimmt.
Für Ameisensäuremethylester gilt folgendes Gleichgewicht:
H+
HCOOH + CH3OH
HCOOCH3 + H2O
Der Gleichgewichtszustand kann von beiden Seiten erreicht werden. Eine mittlere Gleichgewichtslage ( K nahe 1 ) stellt sich nur bei der sauren Katalyse ein.
In zwei getrennten Gefäßen wird die Veresterung bzw. Hydrolyse durchgeführt. Geht man
jeweils von gleichen Stoffmengen aus, dann stellt sich in beiden Gefäßen die gleiche Gleichgewichtslage ein.
Konduktometrisch messbar ist jeweils c(H3O+) = c(HCOO-) der gebildeten bzw. der verbrauchten Ameisensäure. Bei der Veresterung wird die Ameisensäure verbraucht (Abnahme
der Leitfähigkeit) und bei der Esterhydrolyse wird Ameisensäure gebildet (Zunahme der Leitfähigkeit). Nach der Gleichgewichtseinstellung wird man in beiden Gefäßen die gleiche Leitfähigkeit messen.
Reaktionsansätze:
Stoffe
Veresterung
Hydrolyse
Ameisensäure
7,5 mL = 0,2 mol
----
Methanol
57 mL = 1,4 mol
49 mL
90 mL
94 mL
Wasser
Ester
Ionenaustauscher
---
12,3 mL = 0,2 mol
ca. 10g
ca. 10g
Beide Seiten werden mit n = 0,2 mol des jeweiligen Edukts bei ungefähr gleichem Volumen
des gesamten Reaktionsansatzes gestartet.
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Konduktometrie
Ionenaustauscher:
Saurer Ionenaustauscher, möglichst grobkörnig. Geeignet ist der Ionenaustauscher, der in den
Geräten zur Herstellung von entmineralisiertem Wasser Verwendung findet. Tipp: Patrone
des Wasseraufbereiters aufschrauben und geeignete Menge entnehmen.
Vorbereitung:
In jeweils einem 200 mL Becherglas werden Methanol, Wasser und Ionenaustauscher in den
angegebenen Mengen vorgelegt und mit einem Magnetrührer gerührt, so dass der Ionenaustauscher bis zur Oberfläche aufwirbelt.
Leitfähigkeitsfühler:
Zur Messung der Leitfähigkeit (Stromstärke) dienen die handelsüblichen Messfühler mit zwei
Nickelelektroden oder abisoliertes Unterputzkabel (siehe 2.1). Vor der Anlagerung des aufgewirbelten Ionenaustauschers müssen die Drähte durch ein Netz geschützt werden. Als praxistauglich hat sich ein Kunststoffrohr (Kabelkanal) gezeigt, das unten seitlich mehrmals angebohrt und dann mit engmaschigem Kupferdrahtnetz (Befestigung mit UHU-plus) verschlossen wird. In dieses wird der Leitfähigkeitsfühler eingeführt und oben mit einem durchbohrten Gummistopfen befestigt (wenn der Stopfen das Rohr verschließt, muss zum Druckausgleich unterhalb des Stopfens am Rohr ein Loch gebohrt werden). Das Reaktionsgemisch
kann nun die Elektroden umspülen, ohne dass sich Ionenaustauscher anlagern kann.
Start der Reaktion:
In die beiden mit dem Reaktionsansatz vorbereiteten Bechergläser wird nun gleichzeitig
Ameisensäure (bei Veresterung) und Ester (bei Hydrolyse) in den angegebenen Mengen zugegeben und die Messung gestartet.
Messung:
In beiden Bechergläsern misst man die Leitfähigkeit (Stromstärke). Durch Zweikanalmessung
(je nach Wandler und Software vorzubereiten) werden die beiden Werte simultan aufgezeichnet und können dann in einem Diagramm dargestellt werden.
Falls keine Zweikanalmessung möglich ist, können die beiden Experimente auch nacheinander aufgezeichnet und die Diagramme dann überlagert werden.
Messzeit: ca. 80 min ; Messintervall: 10 s
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Konduktometrie
Erg.: Die Graphik zeigt anschaulich, dass von beiden Seiten der gleiche Gleichgewichtszustand erreicht wird. Bei der Veresterung wird Säure verbraucht (fallende Kurve), bei
der Hydrolyse entsteht Säure (steigende Kurve). Die Hydrolyse verläuft schneller, was
sich an der steileren Kurve zeigt.
Bestimmung der Gleichgewichtskonstanten K
Die Bestimmung der Gleichgewichtskonstanten K erfolgt durch Messung der Konzentration
der Ameisensäure im Gleichgewichtszustand. Dazu entnimmt man dem Gleichgewichtsgemisch eine Probe und titriert diese mit Natronlauge. Die konduktometrische Titration einer
schwachen Säure ist in 3.5 beschrieben.
V
Probe: Gleichgewichtsgemisch V = 2 mL in einem Becherglas (200 mL) auf ca. 100
mL mit Wasser auffüllen.
Maßlösung: Natronlauge c = 0,1 mol/L
Einsatz der Gleichlaufbürette
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Konduktometrie
Erg.: Für beide Proben (Veresterung und Hydrolyse) ergibt sich der gleiche Wert für den
Äquivalenzpunkt.
Auswertung des Titrationsergebnisses
1)
Berechnung der Stoffmenge n*(HCOOH) im Gleichgewicht:
Probe: V = 2mL
Maßlösung: Verbrauch NaOH c = 0,1 mol/L V = 22,09 mL
c*(HCOOH) = 1,1045 mol/L
Vges = 0,155 L
n*(HCOOH) = c* V = 0,171 mol
2)
Berechnung der übrigen Stoffmengen im Gleichgewicht:
n(HCOOH) = n0 - n* = 0,199 mol - 0,171 mol = 0,028 mol
n*(CH3OH) = n0(CH3OH) - n(HCOOH) = 1,41 mol - 0,028 mol = 1,382 mol
n*(HCOOCH3) = n(HCOOH) = 0,028 mol
n*(H2O) = n0(H2O) + n(HCOOH) = 5 mol + 0,028 mol = 5,028 mol
3)
Berechnung der Gleichgewichtskonstanten
n*(HCOOCH3) n*(H2O)
0,028 mol 5,028 mol
K = _______________________ = ___________________ = 0,6
n*(HCOOH) n*(CH3OH)
0,171 mol 1,382 mol
Literatur: CHEMKON 3/1997 , S. 110, Das Estergleichgewicht (Möglichkeiten und
Grenzen eines Schulversuchs)
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6.3
Konduktometrie
Isoelektrischer Punkt bei Aminosäuren
Der isoelektrische Punkt von Aminosäuren kann durch eine Zweikanalmessung (pH/mA) bestimmt werden.
Zunächst verschiebt man das vorliegende Aminosäuregleichgewicht durch Säurezugabe auf
die Seite des Aminosäure-Kations. Durch Titration mit einer Lauge protolysiert dieses Kation
stufenweise durch Verschiebung des Gleichgewichts nach rechts.
R-CH NH3+-COOH
+ OH-
R-CH NH3+-COO+H2O
R-CH NH2-COO+H3O+
Am ersten Äquivalenzpunkt liegt das reine Zwitterion vor. Die pH-Kurve zeigt einen steilen
Anstieg, während die Leitfähigkeitskurve ein Minimum erreicht.
V1
Bestimmung des isoelektrischen Punktes von Glycin
Probelösung: 20mL Glycinlösung (c=0,1mol/L) werden mit 20mL Salzsäure (c=0,1
mol/L) gemischt.
Maßlösung: Natronlauge (c=0,1mol/L)
Erg.: Die beiden Kurven zeigen, dass beim Erreichen des 1.Äquivalenzpunktes ein Leitfähigkeitsminimum auftritt. Der pH-Wert dieses Punktes kann mit Hilfe von Ausgleichsgeraden bestimmt werden.
Isoelektrischer Punkt (Glycin): pH = 6,1
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V2
Konduktometrie
Bestimmung des isoelektrischen Punktes von Glutaminsäure
Die Glutaminsäure ist eine saure Aminosäure.
In saurer Lösung liegt sie als Kation vor: HOOC-CH2-CH2-CH NH3+-COOH
Probelösung: 0,29 g Glutaminsäure in 20 mL Wasser (entspricht c=0,1mol/L) werden
mit 20mL Salzsäure (c=0,1mol/L) gemischt. Die Glutaminsäure löst sich dabei erst bei
Zugabe der Salzsäure vollständig.
Maßlösung: Natronlauge (c=0,1mol/L)
Erg.: Bei der Titration mit Natronlauge werden 3 Äquivalenzpunkte durchlaufen, die sowohl potentiometrisch als auch konduktometrisch erfassbar sind. Das Leitfähigkeitsminimum wird am ersten Äquivalenzpunkt erreicht. Hier liegt die Glutaminsäure
als Zwitterion vor.
Isoelektrischer Punkt (Glutaminsäure): pH = 3,2
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6.4
Konduktometrie
Ionennachweise in verschiedenen Wasserarten
1. Fällungstitrationen
(siehe auch 3.8)
Die konduktometrische Verfolgung einer Fällungstitration ist eine elegante und schnelle Methode zur Bestimmung des Gehalts einer Ionenart in einer Lösung.
Das Prinzip einer jeden Fällungstitration ist immer das gleiche:
Der Probelösung wird eine Maßlösung zugesetzt, die eine Ionenart enthält, die mit einer Ionenart der Probelösung ein schwerlösliches Salz bildet.
C+ + DA+ + B-
AD + B- + C+
In der Gesamtbilanz bleibt die Anzahl der Ionen in der Lösung bis zum Äquivalenzpunkt konstant. Es wird lediglich eine Ionenart der Probelösung (A+) durch eine Ionenart der Maßlösung (C+) ausgetauscht. Dabei spielt es bei der konduktometrischen Messung keine Rolle, ob
diese beiden Ionenarten eine unterschiedliche Leitfähigkeit besitzen. In jedem Fall nimmt die
Leitfähigkeit ab dem Äquivalenzpunkt deutlich zu, da jetzt die Zahl der gelösten Ionen zunimmt.
Als zu untersuchende Lösungen bieten sich verschiedene Mineralwässer (Angabe der Ionen
auf dem Etikett) und Leitungswasser an.
Chlorid-Fällung
Chloridionen werden durch Zugabe von Silbernitratlösung fast vollständig ausgefällt.
Ag+ + NO3-
Cl-
AgCl + NO3-
Zur Vermeidung einer Carbonatfällung wird üblicherweise vorher mit Salpetersäure angesäuert. Eine solche Säurezugabe stört jedoch die konduktometrische Messung. Auch ohne Ansäuern werden die Etikettenangaben der Mineralwässer erreicht.
V1
Vorlage: Leitungswasser oder Mineralwasser V = 100 mL
Maßlösung: Silbernitratlösung c = 0,1 mol/L
Einsatz der Gleichlaufbürette
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Konduktometrie
Die Titrationskurve verläuft bis zum Äquivalenzpunkt nahezu waagrecht. Dies bedeutet, dass
Chlorid- und Nitrationen ungefähr die gleiche Beweglichkeit besitzen. Der Äquivalenzpunkt
ist am steilen Leitfähigkeitsanstieg zu erkennen.
Quantitative Auswertung siehe 3.8
Hinweis: Bei der Arbeit der Schüler mit Silbernitratlösung sollte auf sauberes Arbeiten geachtet werden !
Sulfat-Fällung
Sulfationen werden durch Zugabe von Bariumchloridlösung fast vollständig ausgefällt.
Ba2+ + 2 Cl-
SO42-
BaSO4 + 2Cl-
Auch bei dieser Fällungsreaktion sollte zur Vermeidung einer Carbonatfällung angesäuert
werden.
V2
Vorlage: Leitungswasser oder Mineralwasser V = 100 mL
Maßlösung: Bariumchloridlösung c = 0,05 mol/L
Einsatz der Gleichlaufbürette
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Konduktometrie
Man beobachtet von Beginn der Messung einen deutlichen Leitfähigkeitsanstieg. Dieser wird
dadurch hervorgerufen, dass die Ionenzahl bis zum Äquivalenzpunkt zunimmt (Austausch der
SO42+-Ionen durch 2 Cl--Ionen).
Hinweis: Der gemessene Wert weicht um eine Zehnerpotenz von der Etikettenangabe ab.
Weitere Fällungsreaktionen:
Schwermetallbestimmung durch Sulfid-Fällung.
Hierzu wurden bisher noch keine Experimente durchgeführt.
2. Bestimmung des Hydrogencarbonat-Gehalts
( siehe auch 3.7 )
Eine elegante Methode zur Bestimmung des Hydrogencarbonat-Gehalts in verschiedenen
Wasserarten ist die Titration mit Salzsäure. Dabei läuft folgende Reaktion ab:
H3O+ + Cl-
HCO3-
CO2 + 2 H2O + Cl-
In der Bilanz werden HCO3--Ionen durch Cl--Ionen ersetzt. Die beiden Ionenarten zeigen eine
fast gleiche Ionenbeweglichkeit. Die Titrationskurve verläuft deshalb bis zum Äquivalenzpunkt nahezu waagrecht.
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V3
Konduktometrie
Vorlage: Leitungswasser oder Mineralwasser V = 50 mL
Maßlösung: Salzsäure c = 0,1 mol/L
Einsatz der Gleichlaufbürette
Quantitative Auswertung des Experiments siehe 3.7
Es wurden mehrere Mineralwässer quantitativ auf Hydrogencarbonat untersucht. Dabei wurden jedes Mal die Angaben der Etikettenaufschrift bestätigt.
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Computer im Chemieunterricht
7
Konduktometrie
Literatur
Asselborn, W.; Jacob, H.; Zils, K.-D.: Messen mit dem Computer im Chemieunterricht; Aulis Verlag, Köln,
1989
Domke, B.: Computerunterstütztes Experimentieren im Chemieunterricht; Klett-Verlag, Stuttgart, 1990
Franik, R. (Hrsg.): Computer im Chemieunterricht (Themenheft); Praxis der Naturwissenschaften - Chemie
(PdN) 34 (1985) 5
Franik, R. (Hrsg.): Computer im Chemieunterricht (Themenheft); Praxis der Naturwissenschaften - Chemie
(PdN) 44 (1995) 4
Jander, G.; Jahr, K.F.; Knoll, H.: Maßanalyse; Sammlung Göschen, Bd. 8221, Verlag de Gruyter, Berlin, 1973
Kappenberg, F.: Computer im Chemieunterricht 10; Verlag Dr. Flad, Stuttgart 1990
Kober, F.: Computerberechnete Titrationskurven; MNU 42 (1989), S. 460
Steiner, D.: Messwerterfassung als Unterrichtsinhalt am Beispiel von Titrationen im Fach Chemie; Computer
und Unterricht, Heft 3, 1992
Zimmermann, E.: Titrationskurven berechnen mit Hilfe einer Tabellenkalkulation (Works); MNU 49 (1996), S.
160-162
Tausch, von Wachtendonk: Chemie 2000+, Band 2, C.C. Buchners Verlag, Bamberg 2004
Bezugsquellen für Geräte und Software:
XLSmess: http://www.xlsmess.de
UNI-MESS und ALL-CHEM-MISST: http://www.kappenberg.com
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