Forschung zur Ätiologie der Schizophrenie 1) Labeling-Theorie a) Was sind die zentralen Annahmen der Labeling-Theorie b) Was meint Scheff mit "residuale Regeln"? a) Störung ist eine erlernte soziale Rolle. Zuschreibung eines diagnostischen Etiketts Verhalten der Person richtet sich nach den Stereotypen, die von einer psychisch kranken Person erwartet wird. Die Reaktion der anderen auf Verhalten wird durch diese Etikettierung beeinflußt. Ohne diese Zuschreibung wäre das abweichende Verhalten (bzw. Verstoß gegen residuale Regeln) vorübergehend und inkonsequent. Patient erhält in Klinik Aufmerksamkeit und Mitgefühl und ist frei von aller Verantwortung Gewöhnung??? Einmal krank, schwer wieder als "Gesund" zu gelten: keine Anstellung; alle wissen Bescheid. Patient gewöhnt sich dran, lernt, sich den Erwartungen entsprechend zu verhalten. b) "Residuale Regeln" sind die Regeln, die nach Festlegung aller formalen und expliziten Regeln (Diebstahl, Gewalt oder Fairneß) übrig bleiben. Z.B.: "Sprich nicht mit einer Neonreklame" etc.) Die genetischen Befunde 2) Zwillingstudien a) Was sind die wichtigsten Ergebnisse der Zwillingsforschung zur Schizophrenie? (z.B. aus Studie von Gottesman und Shields, 1972) b) Inwiefern spricht die "kluge Analyse" von Fischer (1971) für eine genetische Interpretation der hohen Konkordanzrate? a) Konkordanzrate bei eineiigen Zwillingen (44,3%) ist eindeutig größer als die für zweieiige Zwillinge (12,08%), beträgt aber weniger als 100%. Gottesmann und Shields (1972): Entwicklung des Drei-Stufen-Systems der Konkordanz Konkordanzrate 1. Grades: beide hospitalisiert und als schizophren diagnostiziert 2. Grades: beide hospitalisiert, aber nicht als schizophren diagnostiziert 3. Grades: ein Zwilling abnorm, aber nicht hospitalisiert Je weiter Konkordanz gefaßt, um so höher ist Konkordanzrate bei beiden, bei eineiigen Zwillingen ist sie jedoch immer signifikant über der zweieiiger Zwillinge Die Konkordanzrate schnellte mit zunehmender Schwere in die Höhe! Z.B. erfolgte eine Einteilung in zwei Gruppen je nach Dauer der Hospitalisierung: Waren die Patienten weniger als zwei Jahre stationär behandelt worden, betrug die Konkordanzrate 27%; dauerte die Hospitalisierung mehr als zwei Jahre, ergab sich eine Konkordanzrate von 77%. Anteil negativer Symptome ist höher bei Konkordanten Paaren negative Symptome haben stärkere genetische Komponente. (Ergebnis einer Reanalyse der wichtigsten Zwillingsstudie von Dworkin et al.) b) Nicht-schizophrene eineiige Zwillinge müßten Kindern erhöhtes Erkrankungsrisiko vererben, da sie Träger des Genotyps sind. Tatsächliche Häufigkeit dieser Kinder lag bei 9,4%. Das ist nicht viel niedriger als 12,3% (Kinder schizophrener Zwillinge). Biochemische Faktoren 1) Dopaminaktivität a) Woher stammt die Vermutung, daß Schizophrenie auf einer übermäßigen Aktivität des Neurotransmitters Dopamin zurückgeht? a) Wirkungsweise von Medikamenten: Phenothiazine lindern bestimmte Symptome der Schizophrenie, haben aber Nebenwirkungen, die den Symptomen der Parkinsonschen Krankheit ähneln. Parkinson wird zum Teil von verminderter Dopaminkonzentration in bestimmten Teilen des Gehirns verursacht. Annahme: wegen struktureller Ähnlichkeit mit Dopaminmolekülen blockieren die Phenothiazine die postsynaptischen Rezeptoren dopaminreicher Areale. Schizophrenie Ergebnis einer übermäßigen Aktivität dopaminreicher Nervenbahnen 3) Gehirn und Schizophrenie a) Welchem Teil des Kortex kommt bei der Schizophrenie vermutlich eine größere Bedeutung zu? Woher kommt diese Vermutung? b) In einer Untersuchung (Mednick et al., 1957) fand man heraus, daß eine mögliche Ursache der Hirnschädigung eine Virusinfektion in der fetalen Entwicklung sein könnte. Schizophrenie beginnt typischerweise aber erst in der Adoleszenz bzw. im frühen Erwachsenenalter. Wie kann man sich das erklären? a) Bei Anwendung des PET-Scans (Untersuchung des Glukose-Stoffwechsels ind verschiedenen Regionen des Gehirns, während Testpersonen psychologische Tests bearbeiten) wiesen Schizophrene niedrigeren Stoffwechsel im präfrontalen Kortex auf. Bei Durchführung des Wisconsin Card Sorting Test (Instrument zur Messung der präfrontalen Funktion) schnittenen Schizophrene schlechter ab und wiesen keine Aktivierung der präfrontalen Region auf (gemessen anhand des Blutzuflusses) b) Der präfrontale Kortex reift typischerweise erst in der Adoleszenz. Eine Verletzung kann solange unentdeckt bleiben, bis die Phase der Entwicklung eine größere Rolle im Verhalten spielt. Dopaminaktivität erreicht auch in der Adoleszenz ihren Höhepunkt. Psychischer Streß und Schizophrenie 1) Soziale Schicht a) Was versteht man unter der "soziogenen Hypothese" bzw. der "sozialen-DriftTheorie"? 2) b) c) d) Die Familie und Schizophrenie Erläutere den Begriff "schizophrenogene Mutter"! Was sagt die double-bind-Theorie aus? (Bateson) Beispiel? Wurde eine der Theorien durch kontrollierte Studien bestätigen? a) Soziogene Hypothese: Die Zugehörigkeit zu einer niedrigen sozialen Schicht ist die Ursache der Schizophrenie. Belastungen, wie entwürdigende Behandlung, niedriges Bildungsniveau und fehlende Bestätigung und Startchancen können zu Schizophrenie führen. soziale-Drift-Hypothese: Schizophrene "driften" ab in ärmere Stadtbezirke, weil sie auf Grund ihrer kognitiven und motivationalen Probleme nicht mehr fähig sind, für ihren Lebensunterhalt zu sorgen und sich bessere Wohngebiete nicht mehr leisten können oder sie ziehen eine Umgebung mit geringem sozialen Druck und intensiven sozialen Beziehungen vor. b) Kalter, dominanter und konfliktauslösender Elternteil, der dem Kind keinen anderen Ausweg ließ, als schizophren zu werden. Mütter sind: zurückweisend, überfürsorglich, aufopfernd, unzugänglich für Gefühle anderer, rigide und moralistisch in ihren Ansichten über Sexualität; Angst vor Intimität und Nähe c) Entwicklung einer Schizophrenie wird durch sogenannte double-bind-Situationen begünstigt. Diese zeichnen sich durch drei Aspekte aus: I. Betroffener hat eine so intensive Beziehung zu einer anderen Person, daß Verstehen von deren Mitteilung und angemessene Reaktion darauf ganz besonders wichtig ist; II. Andere Person übermittelt mit Äußerung zwei widersprüchliche Botschaften; III. Individuum kann zu Botschaften weder Stellung beziehen, sich aus Situation zurückziehen noch Botschaften ignorieren.