Art. 1809-1811 23. März 2004 138. Sitzung 23. März 2004, 10.30 Uhr Vorsitzende: Barbara Roth, Erlinsbach Protokollführer: Urs Meier, Staatsschreiber-Stellvertreter Tonaufnahme/Redaktion: Norbert Schüler Präsenz: Anwesend 186 Mitglieder Abwesend mit Entschuldigung 14 Mitglieder Entschuldigt abwesend: Bodmer Thomas, Wettingen; Brizzi Simona, Ennetbaden; Bürge Josef, Baden; Damann Sepp, Magden; Emmenegger Kurt, Baden; Fässler Lukas, Möhlin; Favre-Bitter Bernadette, Wallbach; Haber Johanna, Dr., Menziken; Hoffmann Brigitte, Küttigen; Kaufmann Rainer, Rupperswil; Moser Ernst, Würenlos; Müller Andrea-Ursina, Rombach; Nietlispach Franz, Zeiningen; Pfyl Daniel, Mägenwil Vorsitzende: Ich begrüsse Sie herzlich zur 138. Ratssitzung der laufenden Legislaturperiode. 1809 Mitteilungen Vorsitzende: Wir dürfen auch heute ein Geburtstagskind feiern! Herr Dr. Erich Stieger, Baden, feiert heute seinen Geburtstag. Ich gratuliere Ihnen ganz herzlich zum Geburtstag und wünsche Ihnen im nächsten Lebensjahr alles Liebe und Gute! (Beifall) Ich habe Ihnen noch einige Mitteilungen aus der Bürositzung vom 16. März 2004 zu machen: Der Stadtrat von Aarau hat den Grossen Rat wiederum in der Maienzugwoche das ist die letzte Woche vor den Sommerferien, also am Dienstag 29. Juni - zu einem Mittagslunch in die Markthalle eingeladen. Wir nehmen die Einladung sehr gerne an und bitten den Stadtammann, unseren Kollegen Herrn Dr. Marcel Guignard, unseren besten Dank für die freundliche Einladung an den Stadtrat weiterzuleiten! Die Staatskanzlei Bern hat uns informiert, dass der Grosse Rat des Kantons Bern am 9. September 2004 seinen Legislaturausflug in den Kanton Aargau durchführen wird. Die Ratsleitung wird das Berner Parlament gebührend empfangen. Das Büro hat den Termin für die Wahlen und Inpflichtnahmen von zwei Mitgliedern des Obergerichts, von zwei nebenamtlichen Richterinnen bzw. Richtern des Verwaltungsgerichts und eines Jugendanwalts auf den 30. März festgesetzt. Die Eröffnungssitzung zu Beginn der Legislaturperiode 2005/2009 hat das Büro auf Dienstag, 10. Mai 2005 terminiert. Das Ratsbüro ist am Mittwoch 5. Mai 2004 zu einem Besuch beim Grossen Rat des Kantons Thurgau eingeladen. 1810 Neueingänge 1. Ausbau der Aarebrücke Koblenz-Felsenau; Zusatzkredit; Bewilligung. Vorlage des Regierungsrats vom 10. März 2004. - Geht an die Bau- und Planungskommission. 2. Teilrevision des Finanzausgleichsgesetzes (FAG); 2. Beratung. Vorlage des Regierungsrats vom 10. März 2004. - Geht an die Staatsrechnungskommission. 1811 Interpellation der Fraktion der Grünen betreffend Risiken und Folgen eines gekröpften Nordanflugs über Aargauer Atomkraftwerke; Einreichung und schriftliche Begründung Von der Fraktion der Grünen wird folgende Interpellation eingereicht: Text: Der Regierungsrat wird im Zusammenhang mit dem geplanten und vom Kanton Zürich favorisierten "gekröpften Nordanflug auf den Flughafen Kloten" zur Beantwortung folgender Fragen eingeladen: 1. Ist ein Nordanflug zum Flughafen Kloten über die Infrastrukturen mehrerer Atomkraftwerke sowie des Zwischenlagers für Nuklearabfälle (Zwilag) aus sicherheitstechnischen Erwägungen überhaupt verantwortbar? 2. Wurden Risikoüberlegungen angestellt, welche die Folgen eines "Worst-Case-Szenarios" mit bewusst oder durch Unfall herbeigeführtem Flugzeugabsturz über Reaktorgebäuden und/oder Zwilag aufzeigen? 3. Was wären die Folgen? 4. Welche planerischen, politischen und präventiven Massnahmen trifft die Regierung, um die sicherheitstechnische Unverantwortbarkeit eines gekröpften Nordanflugs über dem Aargau im Entscheidungsprozess mit dem Kanton Zürich und dem BAZL aufzuzeigen? 5. Wurden die grossregionalen klimatischen Auswirkungen einer athmosphärischen Trübung durch zusätzlichen Wasserdampf und Kohlendioxid (C02) in Folge Verbrennung 2948 23. März 2004 von Flugbenzin untersucht? Wie kumulieren sich diese Aerosole im Verbund mit dem Wasserdampf aus der Reaktorkühlung? Muss mit der Bildung noch häufigerer Nebellagen gerechnet werden? Begründung: In Deutschland schlägt der Präsident des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS), Wolfram König, vor, dass von den noch verbleibenden 18 Atomkraftwerken deren 5 rasch vom Netz gehen sollen, da diese die grössten Unsicherheiten darstellten, wenn man Terror-Angriffe mit Passagiermaschinen als technisch möglich unterstelle. Eine Verlegung des Anflugkorridors über den Aargau und dortige AKWs kommt zwar nicht gerade einer "Einladung" an Terroristen gleich, kumuliert jedoch zwei Risiken. Damit wird zwar nicht die Eintretenswahrscheinlichkeit eines Terrorangriffs auf Schweizer Nuklearanlagen höher, wohl aber dessen Auswirkungen. Dass in den nächsten Jahren Hunderttausende von Flugzeugen im gekröpften Nordanflug ausgerechnet über eines der ältesten Schweizer AKWs (Beznau I) und das Zwilag geführt werden sollen, ist aus strategischer Sicht und nationalem Interesse absolut unhaltbar. In der weltweiten Diskussion um die längerfristige Klimaerwärmung werden heute Zusammenhänge erkannt, welche dem konzentrierten Ausstoss von Wasserdampf bei der Verbrennung von Kohlenwasserstoffen eine erhebliche Bedeutung zumessen. Insbesondere Wasserdampf aus Strahltriebwerken soll neben anderen Schadstoffen für die Klimahülle unseres Planeten besonders schädlich sein. Eine Kumulation von Dampfpartikeln aus der Kühlung von Atomkraftwerken mit jenen aus Flugzeugturbinen könnte die negativen Effekte für die Klimahülle beschleunigen und sich grossregional in einer Klimaveränderung auswirken. Auch von daher ist eine Konzentration von anfliegenden Flugzeugen in einen bereits mit Wasserdampfpartikeln belegten Luftraum zumindest nicht der Weisheit letzter Schluss. 1812 Interpellation Kurt Rüegger, Rothrist, betreffend Schwerverkehrsbeschränkung auf der geplanten Verbindungsstrasse zwischen Bremgarten und der N4/N20; Einreichung und schriftliche Begründung Von Kurt Rüegger, SVP, Rothrist, und 37 mitunterzeichnenden Ratsmitgliedern wird folgende Interpellation eingereicht: Text und Begründung: Mit der Gewichtsbeschränkung bis 3,5 t auf der neu zu erstellenden Verbindungsstrasse am Sädel zwischen Bremgarten und der N4/N20 wird einer Tendenz nachgelebt, die in der Verkehrspolitik immer mehr einzureissen droht. Es werden ganze Strassenabschnitte für den schweren Nutzverkehr geschlossen, obwohl die betreffenden Strassen durch allgemeine öffentliche Mittel, also insbesondere auch durch den Schwerverkehr (LSVA), finanziert worden sind. Ich bitte den Regierungsrat in diesem Zusammenhang um Beantwortung folgender Fragen: 2949 Art. 1812-1813 1. Auf welcher Rechtsgrundlage basiert der Entscheid, den Schwerverkehr von der Benützung dieser Strasse auszuschliessen? 2. Welche Kriterien müssen erfüllt sein, dass auf einem Strassenstück zwingend Kriechspuren gebaut werden müssen? 3. Sind auf dem erwähnten Strassenabschnitt Reisecars, schwere Militärfahrzeuge und Landwirtschaftstransporte zugelassen? 4. Stellt der Ausschluss des LKW-Verkehrs aus Sicht des Regierungsrats nicht auch einen eigentlichen Willkürakt dar? 5. Wie steht es mit der Rechtsgleichheit d.h. mit der rechtlichen Gleichbehandlung aller Verkehrsteilnehmer, die in der Bundesverfassung garantiert ist? 6. Weshalb wird der Nutzverkehr nur zur Projektfinanzierung herangezogen und von der Strassenbenützung ausgeschlossen? 1813 Esther Egger-Wyss, CVP, Obersiggenthal; Fraktionserklärung Esther Egger-Wyss, CVP, Obersiggenthal: Ich spreche im Namen der CVP-Fraktion. Die CVP ist irritiert über den Zeitpunkt und das Vorgehen der Aargauischen Kantonalbank betreffend Sistierung der Rechtsformänderung. Besonders erstaunt sind wir darüber, dass dieser Entschluss gefasst wurde ohne Anwesenheit unseres Regierungsrats, Herrn Wernli. Irritiert sind wir auch über den Grund dieses Meinungsumschwungs. Inhaltlich hat sich für uns an der Ausgangslage nichts geändert. Noch vor 3 Wochen hat auch der Regierungsrat - nach eigener Darstellung der Aargauischen Kantonalbank - die gleiche Eigentümerstrategie der Bank festgelegt. Das Parlament hat seit Jahren bezeugt, dass ein Konnex besteht zwischen der Beteiligung der AKB und der Sanierung der Altlasten. Diese Finanzierung der Sonderlasten durch Gewinnausschüttungen ist zudem im Finanzplan enthalten. Die CVP hat immer betont, dass kurz- und mittelfristig kein Handlungsbedarf und kein Zwang für eine rasche Veräusserung der Bank besteht. Das Verscherbeln der AKB war nie unser Ziel. Im Gegenteil: Wir haben in den Kommissionsberatungen Anträge gestellt für eine Änderung des Prozentsatzes der Aktienverkäufe auf 20%-30%. Die AKB hat das vehement bekämpft. Umso mehr erstaunt uns nun dieses Vorgehen! Die Lösung liegt auf der Hand: Die früheren Vorschläge der CVP müssen in der Kommissionsberatung nochmals aufgenommen werden. Wir nehmen allerdings erfreut von der Möglichkeit höherer Dividendenausschüttungen Kenntnis. Dafür braucht es unserer Meinung nach allerdings keine Vereinbarung. Wer ist denn der Eigentümer dieser Bank? Es ist doch der Kanton Aargau! Die Grenze der Aktienverkäufe, wie das bei den Kantonsspitälern gehandhabt wird, wäre ein erster Schritt für die Einführung einer Volksaktie und einer breiten und besseren Abstützung der AKB im Volk. Die Glaubwürdigkeit der Aargauer Politik steht auf dem Spiel. Wir bitten Sie deshalb um eine saubere Fertigberatung der Vorlage, wie sie jetzt in der Kommission vorliegt! Art. 1814-1815 1814 Kommissionswahl in nichtständige Kommission; Kenntnisnahme Gemäss schriftlicher Mitteilung hat das Büro an seiner Sitzung vom 16. März 2004 gestützt auf § 12 Abs. 2 des Geschäftsverkehrsgesetzes folgende Wahl in eigener Kompetenz (unter Vorbehalt von § 12 Abs. 4 des Geschäftsverkehrsgesetzes) vorgenommen: - Nichtständige Kommission "WOV" Wahl von Dr. Dragan Najman, Baden (anstelle von Adolf Lüscher, Oberentfelden) Vorsitzende: Aus der Mitte des Rats wird das Wort hierzu nicht verlangt. Wir nehmen von der Wahl Kenntnis. 1815 Reformen der Staatsleitung und der Verwaltungsführung; erste Beratung; Fortsetzung der Detailberatung; Gesetz über die Finanzkontrolle (GFK); Rückkommen; Gesamtabstimmungen (vgl. Art. 1808 hievor) Detailberatung (Fortsetzung) Gesetz über die Finanzkontrolle (GFK) Titel, Ingress, §§ 1-15 Zustimmung § 16 Abs. 1-3 Zustimmung § 16 Abs. 4 Vorsitzende: Hier liegt eine Differenz zwischen dem Regierungsrat und der Kommission vor. Herbert H. Scholl, FDP, Zofingen, Präsident der nichtständigen Kommission WOV: Hier haben wir die einzige Differenz zwischen Regierungsrat und Kommission. Es geht um § 16 Abs. 4, wonach in der Fassung der Kommission der Regierungsrat die Unterlagen der Finanzkontrolle unverändert dem Grossen Rat weiterzuleiten hat. Der Regierungsrat kann Bemerkungen und abweichende Anträge formulieren. Es geht dabei um eine Folge der §§ 1 und 2 dieses Gesetzes. In § 1 ist der Zweck umschrieben: Die Finanzkontrolle gewährleistet die unabhängige Überprüfung der Führung des Finanzhaushalts durch die Behörden und in § 2 ist die Stellung umschrieben, wonach die Finanzkontrolle fachlich unabhängig und in ihrer Tätigkeit nur Verfassung und Gesetz verpflichtet ist. Sie ist lediglich administrativ dem Finanzdepartement beigeordnet. Daraus schliesst die vorberatende Kommission, dass die Finanzkontrolle auch ihren Aufgaben- und Finanzplan, den Entwurf ihres Budgets und ihren Jahresbericht dem Grossen Rat in unveränderter Form vorlegen kann und der Regierungsrat dazu lediglich Bemerkungen und abweichende Anträge formulieren kann. Damit weiss das Parlament, wie die eben unabhängige Finanzkontrolle ihre Finanzplanung, ihre Budgetplanung und ihren Jahresbericht abgefasst hat. Schlussendlich entscheidet ja so oder so der Grosse Rat mit seiner Budgethoheit über die Mittel, welche der Finanzkontrolle zukommen. Der Grosse 23. März 2004 Rat soll aber auch vollständig über die Bedürfnisse der Finanzkontrolle informiert werden. Ich bitte Sie, der Fassung der Kommission zuzustimmen und § 16 Abs. 4 nicht zu streichen! Katharina Kerr Rüesch, SP, Aarau: Ich spreche im Namen der SP-Fraktion. Ich lade Sie ein, der Fassung der Kommission zuzustimmen! Es ist ein wesentlicher Punkt. Deshalb möchten wir es hier vorne auch noch einmal betont haben. Die Finanzkontrolle bekommt mit diesem Gesetz ja eine klarere Stellung, eine wichtige Stellung, die ihrer Wichtigkeit auch zukommt und sie soll ihre Pläne und ihr Budget, wie die Justizbehörden, dem Grossen Rat unverändert zur Genehmigung zustellen können. Kann sie das in diesem wichtigen Bereich nicht, so geht eben ein Teil ihrer Unabhängigkeit verloren, eine Unabhängigkeit, die die Finanzkontrolle wirklich braucht. Ich bitte Sie, dem Antrag der Kommission zuzustimmen! Vorsitzende: Aus dem Plenum liegen keine weiteren Wortmeldungen dazu vor. Regierungsrat Kurt Wernli, parteilos: Ich ahne, dass Sie natürlich der Kommission zustimmen werden, aber ich möchte Ihnen doch die Haltung des Regierungsrats unterbreiten. Die Erstellung eines Budgets ist das eine und die Beratung und Beschlussfassung über dieses Budget ist das andere. Die Erstellung des Budgets ist in allen Steuerungsbereichen Aufgabe des Regierungsrats. Dementsprechend werden diese Unterlagen dem Grossen Rat zur Beratung und endgültigen Beschlussfassung unterbreitet. Es liegt am Grossen Rat, das Budget nach seinem Gutdünken dann festzulegen, was Sie ja auch tun. Deshalb ist es natürlich ein Novum, dass Sie jetzt einen einzigen Steuerungsbereich herausgreifen und diesen bei der Vorbereitung des Budgets einem Chefbeamten zuordnen. Dieser Chef Finanzkontrolle wird gemäss Ihrem Beschluss dann dieses Budget und den Finanzplan direkt vor dem Grossen Rat vertreten und seine persönliche Meinung ist massgeblich. Die Meinung des Regierungsrats kann dann noch auf einem Notizzettel beigefügt werden, - Sie können den beachten oder auch nicht! Der Steuerbereich beinhaltet natürlich nicht nur die Ressourcenfrage personeller Art, sondern beinhaltet mehrere Kriterien, die im Querbereich zu beachten sind. Ich spreche vom Sachaufwand, vom Mobiliarkredit, von baulichem Unterhalt, vom Informatikplafonds usw. Das sind Querschnittsbereiche, die im Querschnitt aller Departemente zu berücksichtigen und festzulegen sind. Wenn Sie jetzt gemäss Antrag der Kommission vorgehen, dann wird das nicht mehr stattfinden. Dann wird der Chef Finanzkontrolle seine Informatikbereichssituation festlegen, seinen baulichen Unterhalt festlegen, seinen Mobiliarkredit festlegen usw. und das zusammengefasst Ihnen als Globalkredit unterbreiten. Er wird das auch direkt hier vertreten, gewissermassen als 4. Staatsgewalt. Auch das wäre ein Novum! Es gibt meines Wissens keinen anderen Kanton, der das so handhabt. Der Kanton Aargau würde auch hier einen neuen Weg beschreiten. Aber selbstverständlich - und das möchte ich noch einmal festhalten - ist es ja in der vorberatenden Phase der SRK völlig unbenommen, diesen Chef der Finanzkontrolle persönlich an die Sitzung einzuladen. Das geschieht auch, denn mit der Finanzkontrolldelegation besteht ein sehr enges Verhältnis - und ihn dann dort zu Wort kommen zu lassen, wo er seine persönlichen Anliegen durchaus vorstellen und 2950 23. März 2004 vertreten kann. Dementsprechend kann dann die SRK in Kenntnis der persönlichen Ansichten des Chefs der Finanzkontrolle immer noch die abweichende Haltung gegenüber der Regierung einnehmen und dementsprechend Beschluss fassen. Aber es fehlt in der Vorphase, in der Vorprüfungssituation, die Querschnittsgleichhandhabung. Der Chef Finanzkontrolle ist nicht daran gebunden. Er muss das nicht tun. Er kann es, wenn er will, aber er ist da nur dem Grossen Rat verpflichtet und nicht dem Regierungsrat! Das kann, es muss nicht, zu Merkwürdigkeiten führen. Das möchten wir verhindern! Es geht nicht darum, dieser Finanzkontrolle die Unabhängigkeit zu nehmen bei der Prüfung der Finanzen. Das steht überhaupt nicht zur Diskussion. Es geht auch nicht darum, diese Finanzkontrolle seitens des Regierungsrats an die Kandare zu nehmen! Es geht um die Gleichbehandlung bei der Vorbereitung des Budgets. Das ist der springendes Punkt. Entscheiden Sie! Rudolf Hug, FDP, Oberrohrdorf: Ich muss Herrn Regierungsrat Wernli widersprechen. 1. Es ist nicht der einzige Steuerungsbereich, der sein eigenes Budget unverändert weiterleiten wird. Auch die Justiz wird es unverändert weiterleiten. Ich höre aus dem Hintergrund, das ist die dritte Staatsgewalt. Selbstverständlich, Herr Regierungsrat, ist das die dritte Staatsgewalt. Was wir nicht wollen, das sei hier ganz explizit gesagt, dass die Finanzkontrolle zur vierten Staatsgewalt wird! Natürlich nicht. Aber sie muss unabhängig sein und sie muss dem Regierungsrat wie dem Grossen Rat gleichermassen dienen können. Deshalb ist es eben wichtig, dass sie ihre Anliegen, auch die Bedürfnisse finanzieller Art und insbesondere auch die Berichterstattung dem Grossen Rat unverändert in ihrer Originalfassung weiterleiten kann. Der Regierungsrat kann selbstverständlich abweichende Meinungen dazu kundtun und das Budget der Finanzkontrolle ist dann ein eigenes Budget, weil eben die Finanzkontrolle zwingend ein eigener Steuerungsbereich ist. Damit ist sichergestellt, dass die Finanzkontrolle selbst beantragen kann, über den gesamten Steuerungsbereich, wie ihr Budget aussehen soll. Der Regierungsrat kann abweichende Formulierungen kundtun und der Grosse Rat wird dann entscheiden. Die Finanzkontrolle soll nicht zur vierten Staatsgewalt werden. Ganz klar nicht! Sie wird auch keine politischen Beurteilungen der Wirksamkeiten abgeben, sondern eben die Übereinstimmung mit dem geltenden Recht. Dort soll sie unabhängig wirken können und deshalb ist es auch wichtig, dass Sie hier in dieser Frage der Kommission zustimmen und nicht der abweichenden Haltung des Regierungsrats. Herbert H. Scholl, FDP, Zofingen, Präsident der nichtständigen Kommission WOV: Der Unterschied zwischen der Auffassung des Regierungsrats und jener der Kommission besteht vor allem in der umfassenden Information des Plenums des Grossen Rats. Wir haben vorhin deutlich vom Herrn Regierungsrat Wernli gehört, dass die SRK - so hat er es gesagt - den Leiter der Finanzkontrolle anhören kann, damit er dort seine abweichenden Vorstellungen und Anträge einbringen kann. Die Kommission will, dass der gesamte Grosse Rat, das gesamte Plenum, rechtzeitig und umfassend über die Anträge der Finanzkontrolle und des Regierungsrats informiert wird, damit das Plenum in Kenntnis der gesamten Faktenlage entscheiden kann. Deshalb ist dieser Absatz 4 gemäss der Auffassung der Kommission nicht zu streichen. Ich lade Sie noch einmal ein, der Fassung der Kommission zu folgen! 2951 Art. 1815 Abstimmung: Dem Antrag der Kommission wird mit klarer Mehrheit, gegenüber 4 Stimmen, zugestimmt. §§ 17 und 18 Zustimmung Vorsitzende: Wir haben somit auch das Gesetz über die Finanzkontrolle zu Ende beraten. Wie bereits angekündigt, werden wir nun zu jeder Vorlage Anträge zum Rückkommen beschliessen. Zuerst zur Kantonsverfassung, dann GAF, Geschäftsverkehrsgesetz usw. Rückkommen Katharina Kerr Rüesch, SP, Aarau: Gestatten Sie mir vor dieser Rückkommensrunde ein grundsätzliches Votum im Namen der SP-Fraktion. Die SP-Fraktion hat sich in dieser ersten Beratung des WOV-Pakets konstruktiv verhalten. Sie hat in mehreren Fällen ihre sehr ernst gemeinten Anliegen lediglich als Prüfungsanträge formuliert. Das bedeutet, dass die SP in ihrer Mehrheit den Anträgen, aber auch dem Geschäft WOV eine Chance geben wollte. Die Haltung der SP-Fraktion geht immer noch von klarer Ablehnung über milde Skepsis bis zu überzeugter Zustimmung. Wir haben unsere Zustimmung seit Beginn dieser Beratung davon abhängig gemacht, wie staatsrechtlich korrekt, demokratisch vertretbar und überhaupt anwendbar das Ganze herauskommt. So haben wir es am 13. März den Fraktionen und der Ratsleitung mitgeteilt. Was heisst das konkret und wo stehen wir nach der 1. Lesung? Zum Indikator staatsrechtlich korrekt: Wir haben Überregulierungen und staatspolitisch Bedenkliches festgestellt, so bei § 78 Abs. 5 Verfassung, auch Versuche der Überregulierung, so in § 11 in der Fassung der Kommission. Bei § 78 wurde ein Prüfungsantrag entgegengenommen und bei § 11 fand die Kommissionsfassung eine Mehrheit. Wir stellen fest, dass wir da nur teilweise zufrieden sein können! Die Beschlüsse, die nach unserer Überzeugung und auch unter dem Titel "staatsrechtlich korrekt" nicht akzeptabel sind, wurden in der Parlamentsreform, im GVG und in der GO gefasst. So halten wir es für mehr als falsch, wenn es für die Fraktionsgrösse im verkleinerten Parlament immer noch 5 Sitze braucht. Auch ist die Entschädigung für Fraktionen und hier vor allem für die kleineren - benachteiligend. Dies unterläuft nach unserer Beurteilung den Gedanken des Proporzes. Das ist nicht die Form der Demokratie, bei der möglichst viele beteiligt sind. Es ist für uns auch nicht demokratisch vertretbar! Auch in Richtung demokratische Vertretbarkeit geht im Unvereinbarkeitsgesetz die Abklärung der Wählbarkeit für eine Mehrheit des Staatspersonals, zu der ein Prüfungsantrag überwiesen wurde. Ob die nun in 1. Lesung beschlossenen WOV-Strukturen überhaupt anwendbar, d.h. praktikabel sind, könnte nur die Zukunft zeigen. Die Mehrheit der SP-Fraktion ist eher zuversichtlich. Eine Minderheit gibt dem Modell keine Erfolgschancen. So haben wir unsere Zweifel bezüglich Managementinformationssystem im Plenum angemeldet und werden diese Frage, falls es zur 2. Beratung kommt, auch in der Kommission geklärt haben wollen. Auch die §§ 5 und 11 GAF müssen noch einmal überprüft werden! Es gibt auch uneingelöste Versprechen bzw. nicht umgesetzte Postulate. So eines betreffend die gemeinsame Einreichung von Vorstössen Art. 1815 oder eines betreffend Sozialbericht. Deren Umsetzung muss bis zur 2. Lesung dargelegt werden. Zum Schluss: Für uns ein wahrer Schicksalsartikel ist aber die Regelung der Entschädigungen. Die zum Teil hämische Art und Weise, wie diese am letzten Mittwoch hier diskutiert und dann auch beschlossen wurde, war nicht ernsthaft und sicher dem Gegenstand nicht angemessen. Der Gegenstand betrifft sehr direkt die Möglichkeiten von vielen Ratsmitgliedern, sich an der Politik überhaupt beteiligen zu können. Das Zensuswahlrecht gilt nicht mehr, rechtlich. Aber Sie führen es teilweise wieder ein, wenn Sie solche Hürden aufbauen, wie Sie es getan haben. Die Diskussion über dieses Thema war insofern auch absurd, als es vor einem sehr unterschiedlichen Hintergrund geführt wurde. Wir haben noch Herrn Bodmer im Ohr, der uns mitteilte, dass sein Arbeitgeber seine politische Arbeit finanziell unterstütze. Nach der Sitzung haben wir von mehreren, unselbständig tätigen Kolleginnen und Kollegen gehört, dass auch sie ihre Sitzungen vom Arbeitgeber bezahlt bekommen. Das freut uns für Sie. Aber es verfälscht das Bild und schafft unterschiedliche Interessenlagen! Wir müssen Sie fragen: Wollen Sie ein Aargauer Parlament, das nur von Privilegierten besetzt ist, sei das in Bezug auf die Arbeitsbedingungen - und kommen Sie jetzt nicht mit den Lehrkräften -, sei das in Bezug auf ihre sonstige finanzielle Leistungsfähigkeit? Wir wollen das nicht! Wir können den WOVVorlagen nur dann zustimmen, wenn auch das dazugehörige Milizparlament genügend unterstützt wird. Wir teilen Ihnen dies vor den Rückkommensanträgen mit, damit Sie in Kenntnis der Sache abstimmen. Wie das schon beim Eintreten hier gesagt wurde: Wenn die SP ihre Zustimmung geben kann, so soll diese auch gelten! Vorsitzende: Wir kommen nun zu den einzelnen Paragraphen. Ich bitte Sie, wie folgt vorzugehen: Stellung des Rückkommensantrages mit kurzer Begründung des Rückkommens, jedoch nicht materiell oder inhaltlich. Dann stimmen wir darüber ab und dann folgt, sofern Rückkommen gewährt wird, die materielle Diskussion mit Abstimmung. Es liegt ein Rückkommensantrag der FDP-Fraktion auf die Kantonsverfassung § 83 vor. Änderung der Kantonsverfassung Dr. Daniel Heller, FDP, Erlinsbach: Ich darf auf den bereits angekündigten Rückkommensantrag zurückkommen. Es geht um die Kantonsverfassung § 83 und in der Logik dann auch um GVG § 10 und § 11, nämlich um die Wahlmöglichkeit eines zweiten Vizepräsidenten. Es geht um 2 Dinge: Es geht um eine Stärkung der Gewalt Legislative und es geht um eine bessere Verteilung der Arbeitslast auf das intensive Ratspräsidium. Wir haben mit Zufallsmehr und mit relativ knappen Resultaten diesen zweiten Vize wieder gestrichen. Ich habe Ihnen schon ausgeführt, dass die Schweizer Parlamente bewusst schwache Ratsleitungen haben. Die Konkordanz will das so. Es sind in der Regel die Regierungsparteien, die sich für maximal 1 Jahr dieses Ratspräsidium zubilligen. Daran möchten wir auch nichts ändern. Es ist so in unserem System: Macht und Repräsentation sollen auf alle, die Verantwortung tragen, verteilt werden können. Hingegen möchten wir mehr Kontinuität. Durch die Wahl eines zweiten Vizepräsidenten bzw. einer zweiten Vizeprä- 23. März 2004 sidentin, ist die Verweildauer in diesem Amt ein Jahr länger und dieses Triumvirat kann sich besser in der Aufgabenteilung organisieren. Die Arbeit kann auf mehr Köpfe verteilt werden. - (Vorsitzende: Sie sind bereits beim materiellen Teil)! - Ich bitte Sie, auf diesen Paragraphen zurückzukommen! Abstimmung: Für Rückkommen: 94 Stimmen. Dagegen: 65 Stimmen. Vorsitzende: Rückkommen ist beschlossen. Wir kommen zur inhaltlichen Diskussion. Dr. Daniel Heller, FDP, Erlinsbach: Ich führe die Begründung kurz zu Ende. Wir möchten nichts am Grundsystem verändern: Ein Jahr Präsident, aber durch die beiden Vizepräsidien längere Verweildauer und dadurch mehr Erfahrung und mehr Kontinuität, sowie bessere Möglichkeiten, die Aufgaben aufzuteilen! Wir haben ja die Ratsleitung neu aus den Fraktionspräsidenten und Fraktionspräsidentinnen zusammengesetzt und die allenfalls dann 3 Ratsleitungsmitglieder. Die Stimmenzähler verlassen das Büro ja, weil wir auf die elektronische Anlage wechseln. Gerade wenn hier nun Arbeit im Plenum zu tun ist, in der Ratsleitung, dann besteht beispielsweise die Möglichkeit, dass der zweite Vize Absprachen trifft bezüglich Traktandenlisten mit den Fraktionspräsidenten usw. Dann zum anspruchsvollen Besuchsprogramm: Ein Grossratspräsident wird an hunderte von Veranstaltungen eingeladen. Das könnte dann etwas besser auf 3 Schultern verteilt werden. Das ist eine Stärkung, die massvoll ist. Sie ist milizverträglich und wirft das grundsätzliche System der Aufteilung, der Repräsentation und der "Macht", die eben das Ratspräsidium hat, immer noch auf alle massgeblichen Gruppierungen auf. Darum denke ich, können wir dieser Änderung auch zustimmen. Wenn wir in der Verfassung das ändern, dann wären dann auch automatisch die § 10 und § 11 GVG anzupassen. Ich danke Ihnen für Ihre Unterstützung! Dr. Jürg Stüssi-Lauterburg, SVP, Windisch: Ich spreche im Namen der SVP-Fraktion. Der Grosse Rat hat vergangene Woche in der Verfassung beschlossen, einen Vizepräsidenten vorzusehen! Warum? Weil die republikanische Bescheidenheit das Gebot des Haushaltens, der nicht durch Verdoppelung zu mindernde Wert des Amtes, diese Lösung gleichermassen nahelegen. Dazu kommt ein viertes Argument: Anstatt nur 2 Jahre intensiver Belastung fordert ein doppeltes Vizepräsidium danach von allen Anwärterinnen und Anwärtern auf das Amt des Grossratspräsidenten, der Grossratspräsidentin 3 Jahre. Das ist für alle selbständig und unselbständig Erwerbenden ein erhebliches zusätzliches Opfer! Warum sollen wir dieses fordern? Die Frage stellen, heisst, sie beantworten. Den Informationsvorsprung der Regierung beispielsweise löst das zweite Vizepräsidium nicht. Die Repräsentativbelastung der Präsidentin genauso wenig, denn wer den Präsidenten oder die Präsidentin will, will weder den ersten noch den zweiten Vize. Daran aber wird sich so schnell nichts ändern, denn für eine Änderung dieser Präferenz müsste sich die menschliche Natur fundamental wandeln. Lassen wir es also beim wohlerwogenen Verfassungsentscheid von letzter Woche sein Bewenden 2952 23. März 2004 haben und lehnen wir ein unnötiges zweites Vizepräsidium ab! Dr. Peter Müller, CVP, Magden: Namens einer knappen Mehrheit der CVP-Fraktion unterstütze ich den Antrag Heller, allerdings mit einer anderen Begründung. Ich begründe die Wünschbarkeit eines zweiten Vizepräsidiums wie folgt: 1. Weder für den eigentlichen Ratsbetrieb, noch für die Wahrnehmung von repräsentativen Aufgaben brauchen wir ein zweites Vizepräsidium. Die Einladenden wollen - etwas salopp ausgedrückt - den Schmid und nicht den Schmidli! Notwendig ist aber ein zweites Vizepräsidium im Büro. Wir haben jetzt das Ratssekretariat gestärkt, entsprechend muss auch das Aufsichtsgremium gestärkt werden. Es gilt, mehr Kontinuität, mehr Stabilität und mehr Erfahrung in dieses Gremium hineinzutragen! Das Büro befasst sich nicht nur mit administrativen Fragen. Es bereitet beispielsweise auch Wahlen vor und wie wir alle wissen, kann dies hochpolitisch sein. Es sollte im Büro genügend Know-how vorhanden sein, damit Unsicherheiten im Verfahrensablauf vermieden werden. Gerade bei der Behandlung von personellen Fragen muss auch vermieden werden, dass Entscheide des Büros durch das Plenum umgestoßen werden, sonst sind peinliche Situationen für alle Betroffenen vorprogrammiert. Etwas hat Herr Stüssi zu Recht eingeworfen: Es wäre problematisch, wenn man ein Ratsmitglied während 3 Jahren aus dem politischen Geschäft herausnehmen würde. Das ist aber nicht der Fall. Schon jetzt gibt es keine Bestimmungen, die den Vizepräsidenten von der Kommissionsarbeit ausschliessen. Das hat sich lediglich zur Usanz entwickelt, das braucht nicht zu sein! Zusammenfassend: Ein zweites Vizepräsidium stärkt die Ratsleitung und das Büro. Es ist vom Zeitaufwand her miliztauglich, übrigens auch von den Finanzen her und schliesst das betreffende Ratsmitglied nicht von der politischen Arbeit aus. Vorsitzende: Aus dem Plenum liegen keine weiteren Wortmeldungen dazu vor. Regierungsrat Kurt Wernli, parteilos: Ich werde mich hier eher zurückhaltend äussern, aber Sie sollen die Meinung des Regierungsrats kennen. Der Regierungsrat schlägt Ihnen ja auch ein zweites Vizepräsidium vor und dies durchaus aus der Überlegung der Belastung. Ich erlaube mir hier eine persönliche Bemerkung: Ich durfte selbst einmal diesen Rat präsidieren und ich kenne die Belastungssituation. Sie ist nicht für alle Mitglieder des Grossen Rats tragbar. Man kann das wirklich nur auf sich nehmen, wenn man als Arbeitnehmer das Einverständnis des Arbeitgebers hat und wenn man als Selbständigerwerbender diese Situation verkraften kann. Deshalb scheint es mir angebracht, diese Belastungssituation etwas besser zu verteilen, damit auch wirklich sämtliche Mitglieder des Grossen Rats diese Möglichkeit haben, - es hängt ja dann am politischen Willen! Im Hinblick auf die Einführung von WOV scheint es uns angebracht, dass die Ratsleitung verstärkt wird. Das muss auch im Interesse des Parlaments sein. Die Ratsleitung wird mehr und mehr gefordert bei dieser Situation, wenn es um Fragen der Steuerbarkeit, der Planung, der vorausschauenden Situation usw. geht. Da ist es richtig, wenn sich ein zweites Vizepräsidium vielleicht besonderen Belangen annehmen kann. Herr Peter Müller hat zu Recht erwähnt, dass das Büro zunehmend gefordert sein wird. Insbesondere auch mit der Aufhebung der Stimmenzähler nach Einfüh2953 Art. 1815 rung der elektronischen Stimmerfassung, wird das Büro ja reduziert und dementsprechend soll die Ratsleitung aber gleichwohl gestärkt werden. Das ist mit ein Grund, weshalb ein zweites Vizepräsidium durchaus angebracht ist. Die Bemerkung von Herrn Müller ist richtig: Es steht in keiner gesetzlichen Grundlage, dass die Mitglieder der Ratsleitung nicht auch in den Kommissionen mitwirken können. Es war bisher Usanz, dass zumindest der Präsident bzw. die Präsidentin das nicht tun. Das wird ja vermutlich auch weiterhin der Fall sein. Aber bei den Vizepräsidien ist das überhaupt nicht entscheidend. Sie treten ja in der Regel auch nicht im Rat auf. Somit ist die Unabhängigkeit, die vom Ratsleitenden gefordert wird, durchaus weiterhin gewährleistet. Ich empfehle Ihnen, diesen Rückkommensantrag gutzuheissen und das zweite Vizepräsidium einzuführen! Vorsitzende: Dr. Daniel Heller, Erlinsbach, beantragt namens der FDP-Fraktion, den Antrag des Regierungsrats vom 18. Juni 2003 zum Beschluss zu erheben. Abstimmung: Für den Antrag der FDP-Fraktion: 98 Stimmen. Dagegen: 77 Stimmen. Vorsitzende: Damit werden auch die §§ 10 Abs. 3 und 4 und 11 Abs. 1 und 2 des Geschäftsverkehrsgesetzes in der Fassung von Regierungsrat und Kommission übernommen. Gesetz über die wirkungsorientierte Steuerung von Aufgaben und Finanzen (GAF) Vorsitzende: Hierzu werden keine Rückkommensanträge gestellt. Änderung des Geschäftsverkehrsgesetzes (GVG) Vorsitzende: Hier liegt ein Rückkommensantrag der SVPFraktion zu § 11 vor. Lieni Füglistaller, SVP, Rudolfstetten: Ich spreche im Namen der SVP-Fraktion. Ich mache Ihnen beliebt, auf § 11 zurückzukommen, wo es um die Zusammensetzung des Büros geht. Ich habe schon bei § 17, wo es um die Grösse der Fraktionen ging, darauf hingewiesen, dass ich dann einen Rückkommensantrag stellen werde, um den Proporz auch im Büro sicherzustellen. Ich möchte Ihnen dann einen Prüfungsantrag stellen. Ich bitte Sie, mir jetzt Rückkommen zu gewähren, damit ich Ihnen den Antrag begründen kann. Abstimmung: Für den Rückkommensantrag Füglistaller: 134 Stimmen. Dagegen: 8 Stimmen. Lieni Füglistaller, SVP, Rudolfstetten: Ich danke Ihnen für die Zustimmung zum Rückkommen. Mein Antrag ist ganz einfach und die Kommission kann sich dann darüber auslassen und auch einen entsprechenden Formulierungsantrag stellen. Ich mache Ihnen zur Prüfung beliebt: "Das Büro soll ebenfalls gemäss der tatsächlichen Stärke der Fraktionen zusammengesetzt sein." Sie haben vorhin, aus den Voten von Herrn Müller und des Herrn Innendirektors gehört, dass das Büro nicht nur administrative Aufgaben, sondern auch politisch brisante und heikle Themen miteinander bespricht und darüber befindet. Jetzt könnte man ja hingehen und sagen, wir belassen das Büro in einer ähnlichen Zusammensetzung wie jetzt, also dass von den grossen Parteien mindestens 2 Vertreterinnen Art. 1815 und Vertreter im Büro sind. Das würde eine Ausweitung der Anzahl im Büro bedeuten oder man könnte auch hingehen und sagen, dass je ein Vertreter derjenigen Fraktionen, die beispielsweise mindestens 5% dieser Ratszusammensetzung erreichen, im Büro vertreten sind und dass es möglich sei, dass sich kleinere Fraktionen - auch wenn wir bei 5 Personen bleiben - als Fraktionsgrösse zusammenschliessen können und dann eine gemeinsame Stimme haben. Ich habe dann 2 Vorschläge für die Kommission, dass sich das Gremium also eher verkleinert oder dass es auf dem bisherigen Stand erhalten wird. Rolf Urech, FP, Hallwil: Der Antrag von Herrn Füglistaller zielt natürlich auf die kleineren Fraktionen ab. Für uns ist der Prüfungsantrag entweder nicht zu überweisen oder dann bei der Behandlung in der Kommission darauf zu achten, dass natürlich eidgenössische Gepflogenheiten auch im Aargau weitergeführt werden. Jede Fraktion in diesem Grossen Rat hat Einsitz im Büro. Das ist ganz klar. Das ist ein Grundrecht, wenn man Fraktionsgrössen von 4, 5 oder 6 Mitgliedern macht, ist diese Fraktion im Büro vertreten. Ob dann die grösseren Parteien, - sprich Regierungsparteien oder solche Parteien, die so gross sind, wie Regierungsparteien, aber keinen Regierungsrat haben - dann mit 2 Personen vertreten lassen können, weil sie ja ihren Stimmenzähler bei der elektronischen Abstimmung verlieren, aber bis zu diesem Datum, bis die Stimmenzählung elektronisch erfolgt, haben wir immer noch jede Fraktion, die Regierungsfunktion hat, mit 2 Mitgliedern im Büro vertreten. Ich warne also davor, jetzt schon zu versuchen, die kleinen Fraktionen aus dem Büro zu eliminieren. Für uns ist ganz klar: pro Fraktion mindestens 1 Mitglied im Büro! Reto Miloni, Grüne, Mülligen: Ich kann es ganz kurz machen: Die Aufstellung eines linientreuen und proporzausgerichteten Büros ist ein Geknorz. Das brauchen wir nicht. Ich habe auch keine Angst, dass die grossen Parteien ihren Einfluss im Büro nicht durchsetzen können. Ich bitte Sie, diesem Antrag und dieser Formulierung nicht stattzugeben. Hans Bürge, EVP, Safenwil: Wir von der EVP-Fraktion werden den Prüfungsauftrag unterstützen, denn wir möchten auch, dass die Diskussionen geführt werden können. Im Übrigen sind wir aber genau derselben Meinung wie Herr Urech. Ich brauche das nicht weiter zu begründen. Auch für uns besteht die Forderung, dass pro Fraktion mindestens 1 Büromitglied gewählt werden kann! Katharina Kerr Rüesch, SP, Aarau: Im gleichen Sinne wie Herr Bürge das gesagt hat, nämlich damit die Diskussion geführt werden kann, kann auch die SP-Fraktion diesem Prüfungsantrag zustimmen. Es darf aber nicht so herauskommen, wie wir das erlebt haben in der ganzen Diskussion, wo die SVP immer wieder versucht hat - und es ihr auch mehrmals gelungen ist - die Kleinen an den Rand zu drücken! Würde dies passieren, so wäre dies undemokratisch! Vorsitzende: Aus dem Plenum liegen keine weiteren Wortmeldungen dazu vor. Herbert H. Scholl, FDP, Zofingen, Präsident der nichtständigen Kommission WOV: Die Kommission hat diesen Antrag nicht behandelt und trotzdem bitte ich Sie, diesen Prüfungsantrag zu überweisen. Es ist tatsächlich erforderlich, dass die Steuerungsfunktion des Büros mit einer einigermassen gleichen Vertretung wie im grossen Rat wahrge- 23. März 2004 nommen werden kann und nicht abweichende Beschlüsse des Büros zum Plenum entstehen können. Aber ich gehe auch davon aus, dass alle Fraktionen mindestens eine Vertretung im Büro haben müssen. In diesem Sinne ist der Antrag nach meiner persönlichen Meinung zu überweisen! Regierungsrat Kurt Wernli, parteilos: Bei Rückkommenssituationen ist es so, dass das Plenum entscheiden muss, ob es diesen Prüfungsantrag überweisen will. Ich bin bereit, diesen Prüfungsantrag entgegenzunehmen. Sie müssen aber entscheiden! Ich denke, das Anliegen mag eine gewisse Berechtigung haben, auch wieder aus meiner bescheidenen Erfahrung als ehemaliger Grossratspräsident, aber dass wir das nicht übergewichten sollten. Das Büro entscheidet selbstverständlich auch gewisse politische Richtungen. Aber es ist ja kein endgültiger Entscheid. Entscheiden tut immer das Gesamtplenum und es sind zu 90% Verfahrens- und Ordnungsbereiche und in den wenigsten Fällen handelt es sich wirklich um politisch gewichtige Fragen. Vielleicht einmal, wenn es um Wahlempfehlungen geht. Aber das wissen Sie auch, Herr Füglistaller: Wahlempfehlungen sind Empfehlungen. Letztlich entscheiden Sie dann mit dem Stimmzettel und in geheimer Abstimmung, wenn es um solche Auseinandersetzungen geht. Die sind nicht überzubewerten. Wir müssen das in vernünftiger Art überprüfen! Ich bin bereit, das auch zu tun. Abstimmung: Der Prüfungsantrag wird mit klarer Mehrheit überwiesen. Vorsitzende: Zum Geschäftsverkehrsgesetz liegen keine weiteren Rückkommensanträge vor. Auch zum Unvereinbarkeitsgesetz liegen keine weiteren Rückkommensanträge vor. Änderung der Geschäftsordnung (GO) Vorsitzende: Hierzu liegt ein Rückkommensantrag der SVPFraktion auf § 17 vor. Adrian Schoch, SVP, Fislisbach: Ich spreche im Namen der SVP-Fraktion. Anlässlich der Detailberatung der Teilrevision der Geschäftsordnung wurde von Herrn Grossrat Richner der Antrag gestellt, dass eine zusätzliche Kommission mit dem Namen "Begnadigungs-, Einbürgerungs- und Petitionskommission" zu schaffen sei und nicht wie vorgesehen, diese 3 Kommission neu der Kommission für Justiz beizufügen. Namens der SVP-Fraktion stelle ich einen Rückkommensantrag zu § 17 der Geschäftsordnung. Ziel des Antrages ist, einen Prüfungsantrag zu überweisen, denn ich bin davon überzeugt, dass weitere wichtige Fakten vorliegen, die einen Prüfungsantrag rechtfertigen. Abstimmung: Eine klare Mehrheit stimmt dem Rückkommensantrag zu. Adrian Schoch, SVP, Fislisbach: Ich danke für die Unterstützung. Der Antrag lautet: "Der Regierungsrat wird ersucht, einen Prüfungsantrag in Bezug auf die Aufgabenzuteilung der neu gebildeten Kommissionen entgegenzunehmen. Insbesondere sei zu prüfen, ob allenfalls die Aufgaben der Begnadigungs-, Einbürgerungs- und Petitionskommission nicht einer eigenständigen Kommission zugeteilt werden müssen." 2954 23. März 2004 Die Justizkommission in der heutigen Zusammensetzung traf sich in der laufenden Legislatur zu insgesamt 46 Kommissionssitzungen, exklusiv den 22 Sitzungen für das Disziplinarverfahren Roduner und 16 Sitzungen für das gleichnamige Verfahren Alfred Schwarz. Ich erinnere Sie daran, dass sich der Grosse Rat heute zur 138. Ratssitzung eingefunden hat, damit Sie sich kurz einmal das Verhältnis Grossrat - Justizkommission vor Augen führen können. Die Dauer einer Justizkommissionssitzung umfasst in der Regel einen halben Tag, dies bis auf einige wenige Ausnahmen. Es ist richtig, wenn aus einigen Kreisen zu vernehmen war, dass die Justizreform II. einige Entlastungen für die neue Kommission für Justiz bringen soll, indem die direkte Aufsicht für die Gerichtsbarkeit in die Oberaufsicht umgewandelt werden soll. Es wäre völlig falsch, zum heutigen Zeitpunkt bereits mit dieser Entlastung zu rechnen, da diese Reform noch einiges zu bereinigen gibt. Gleichwohl sieht der Regierungsrat und die vorberatende Kommission vor, die Arbeiten der Begnadigungskommission, die bis heute einige Sitzungen hatte, die Aufgaben der Einbürgerungskommission, welche in der laufenden Legislatur 13 Sitzungen zu bewältigen und abschliessend noch die Beratungen der Petitionskommission mit einer Sitzung der neuen Kommission für Justiz zu übertragen. Dabei darf nicht übersehen werden, dass die Einbürgerungskommission jährlich 1'500 Anträge zu behandeln hat. Der persönliche Aufwand eines einzelnen Mitglieds brauche ich wohl nicht zu erwähnen. Ich persönlich gehe davon aus, dass der Grosse Rat im Jahre 2005 nur noch 140 Mitglieder hat und dann müssen Sie mir einmal vorrechnen, wie diese Last zu bewältigen ist. Dies zeigt nun die Einstellung gewisser Leute zur Kommissionsarbeit, wenn schon bei der Vorberatung zu einer Änderung die ganze Angelegenheit nicht ernst genommen wird. Wir können doch die zukünftige Kommission für Justiz nicht derart überladen, damit sich - selbst mit dem Stellvertretersystem - alle gegen einen Sitz in einer so wichtigen Kommission sträuben. Wenn die Entlastung aufgrund der Justizreform II. herbeigeführt wird, sind diese aber nur für die beiden Spezialverfahren mit 22 bzw. 16 Sitzungen. Die 46 ordentlichen Sitzungen der Justizkommission bleiben jedoch und dazu kommen noch zusätzliche Sitzungen der Begnadigungskommission, 13 Sitzungen der Einbürgerungskommission und ca. 1-2 Sitzungen der Petitionskommission. Nur am Rande erwähnt bleiben dann noch 2-3 Sitzungstage für das Auswahlverfahren der Oberrichter. Zusammengefasst bleiben der neuen Kommission für Justiz noch ca. 65 Sitzungstermine ohne Aktenstudium gegenüber 138 Terminen des Grossen Rats. Ich bitte Sie, diesem Prüfungsantrag zuzustimmen und den Regierungsrat bitte ich in aller Freundlichkeit, den Prüfungsantrag entgegenzunehmen! Vorsitzende: Aus dem Plenum liegen keine weiteren Wortmeldungen dazu vor. Herbert H. Scholl, FDP, Zofingen, Präsident der nichtständigen Kommission WOV: An der letzten Sitzung haben wir auf Anregung von Herrn Knörr den Auftrag entgegengenommen, einen Entwurf für das Reglement, das das Büro für die Kommissionstätigkeit zu erlassen hat, auszuarbeiten. Im Rahmen dieser Arbeiten ist es sicher zweckmässig, wenn man die Kommissionsstruktur nochmals überprüft und auch die Aufgabenteilung, so wie es jetzt vorgeschlagen wurde. Ich empfehle Ihnen deshalb, den Prüfungsantrag zu § 17 entgegenzunehmen! 2955 Art. 1815 Regierungsrat Kurt Wernli, parteilos: Wenn man so freundlich gebeten wird, kann man ja kaum widerstehen. Wir nehmen den Prüfungsantrag entgegen. Vorsitzende: Obwohl der Herr Regierungsrat diesen entgegennimmt, müssen wir darüber abstimmen. Abstimmung: Der Prüfungsantrag wird mit grosser Mehrheit überwiesen. Vorsitzende: Einen weiteren Rückkommensantrag haben wir zu § 87 Abs. 1 seitens der SP-Fraktion. Katharina Kerr Rüesch, SP, Aarau: Ich möchte nicht wiederholen, was ich im grundsätzlichen Votum vor der Rückkommensdebatte zum Thema Entschädigungen gesagt habe. Ich möchte Ihnen einfach Gelegenheit geben, dass die SP in 1. Lesung dem GAF zustimmen kann. Ich sage es so konkret, wie es gemeint ist. Ich lade Sie ein, einem Rückkommensantrag zuzustimmen, der die ganze Geschichte mit den Entschädigungen in der Breite, der Länge, der Höhe und in der Tiefe noch einmal ausleuchten, berechnen, überprüfen und dann schlussendlich beschlossen haben will. Ich danke Ihnen für die Unterstützung! Abstimmung: Für den Rückkommensantrag: 75 Stimmen. Dagegen: 60 Stimmen. Katharina Kerr Rüesch, SP, Aarau: Es ist uns nicht vorgelegen, in der 1. Lesung zu wissen, welches die finanziellen Konsequenzen der Beschlüsse genau sind, die Sie dann in der Mehrheit uns überstimmend gefasst haben. Darum möchten wir die Gelegenheit bekommen, damit folgende Modelle noch einmal überprüft werden können: Wir müssen davon ausgehen, dass es noch nicht ganz klar ist, in welcher Anzahl und in welcher Grösse der Grosse Rat in der nächsten Legislatur tagen wird. Die SP-Frakion hat, obwohl es nicht in ihrem Sinne war, was das Volk dann schlussendlich abgestimmt hat, trotzdem loyal die Verkleinerung des Grossen Rats mitgetragen in der bisherigen Beratung des neuen Grossratswahlgesetzes. Trotzdem müssen wir zu Sicherheit davon ausgehen, dass es auch noch einen Grossen Rat mit 200 Mitgliedern geben könnte. Darum müsste Folgendes berechnet werden: Bei einem Grossen Rat - nicht Grossrat, das ist ein einzelnes, männliches Mitglied - die Summe der Plenumssitzungen mit 100 Franken Entschädigung pro Mitglied, mit 150 Franken, das war die Kommission und mit 200 Franken, das war der Antrag der Regierung. Dies alles bei einem Grossen Rat mit 200 Mitgliedern. Dann, bei der gleichen Grösse, Summe der Kommissionen, auch mit diesen 3 Ziffern 100, 150 und 200. Dasselbe dann noch einmal mit einem Grossen Rat mit 140 Mitgliedern. Gleichzeitig soll abgeklärt werden wie die Vergleichszahlen der wichtigsten umliegenden Parlamente sind. Das entspricht dem Prüfungsantrag von Frau Kuhn, dem Sie am letzten Mittwoch zugestimmt haben. Wir möchten das hier noch einmal eingebaut haben und dort soll auch die Sitzungsbelastung einbezogen werden. So kann in Kenntnis von Gesamtzahlen und von Benchmarks diskutiert werden. Einige möchten die Erhöhung der Sitzungsgelder so begrenzen, dass die Gesamtsumme bei einer Ratsverkleinerung konstant bleibt. Ob ein verkleinertes Parlament weniger Sitzungen haben wird, kann nicht mit Art. 1815 Sicherheit vorausgesagt werden. Allenfalls könnte so eine Verringerung der Gesamtbelastung daraus resultieren. Eine weitere Variante, die abzuklären wäre, ist: Wenn die Fraktionen - wie wir das ja getan haben -, ihre Funktion als unabdingbar im politischen Ablauf anerkennen, müssen sie ja auch entschädigt werden. Dann könnte man auch die Fraktionssitzungen entschädigen und dafür das Plenum bei der gleichen Entschädigung belassen. Dies müsste unter Bedingungen geschehen, wie sie für Sitzungsgelder gelten, d.h. Präsenzkontrolle. Man könnte auch eine Begrenzung der Fraktionsentschädigungen vorsehen, beispielsweise à 3 Stunden pro zwei Grossratssitzungen. Ein Mitglied des Grossen Rats käme dann auf 100 Franken in der Fraktion und auf zweimal 100 Franken Sitzungsgeld pro Sitzungstag, was dann genau dem Antrag der Kommission auf 150 Franken entsprechen würde. Das sind Vorschläge, und wir möchten, dass diese genau und seriös abgeklärt werden. Noch einmal: Nur unter dieser Bedingung können wir zustimmen! Dr. Daniel Heller, FDP, Erlinsbach: Ich spreche im Namen der FDP-Fraktion. Wir sind der Auffassung, dass dem nichts entgegenspricht, dass wir hier einmal die ganze Auslegeordnung machen und dann konkret von Gesamtzahlen aus diskutieren, denn das ist ja letztlich auch massgeblich, wenn wir die Gesamtbelastung im Staat für das Parlament nicht erhöhen wollen und darüber diskutieren wollen, wie viel mehr es erträgt. Diese Auslegeordnung finden wir also sinnvoll, so dass wir die Diskussion versachlichen und wir können dann wirklich in Kenntnis von konkreten Zahlen und auch von Vergleichen mit anderen Parlamenten die Auslegeordnung einmal machen. Ich bitte Sie, diesen Prüfungsantrag zu unterstützen! Andreas Glarner, SVP, Oberwil-Lieli: Worauf läuft es hinaus? Sie merken es: Es kann nur teurer werden. Wir knien der Verwaltung auf der Kehle herum, sie solle sparen und natürlich, dieses Parlament wird es noch fertigbringen, seine eigenen Beiträge zu verdoppeln. Das ist unglaubwürdig oder um mit den Worten von Frau Kerr zu reden, unanständig! Auch marktwirtschaftlich gesehen gibt es keinen Anlass, denn wenn Sie, wie letztes Mal, 800 Bewerbungen für 200 Sitze haben und das in Ihrer Firma der Fall wäre, dann würden Sie den Lohn nicht erhöhen, sondern - seien wir doch ehrlich - Sie würden diesen ganz dezent senken. Liebe FDP: Es ist fast zum Heulen! Sie lassen sich jetzt erpressen, denn die Sozialisten sagen nur Ja zum GAF, wenn Sie hier Ja sagen. Es ist ein Trauerspiel sondergleichen, vor allem, da die FDP doch damals als Befürworter sagte, es werde nicht teurer. Lassen wir uns also nicht erpressen und lehnen wir die Geschichte ab! Dr. Jürg Stüssi-Lauterburg, SVP, Windisch: Nach Golde drängt, am Golde hängt doch alles! Das Dichterwort wird heute in diesem Ratssaal ein weiteres Mal bestätigt. Die SVP-Fraktion hat Verständnis für die geäusserten Wünsche nach Erhöhung. Wir geben aber Folgendes zu bedenken: Der Grosse Rat bestimmt faktisch sein Sitzungsgeld selbst. Er hat deshalb Vorbild zu sein. Er hat sich zurückzuhalten. Es geht doch nicht an, die Stunden der TW-Lehrerinnen zu reduzieren und andere, schwierige Sparschnitte tatsächlich zu tun und dann selbst tiefer in den Teig zu greifen. Folgen Sie dem Antrag von Herrn Glarner und lehnen Sie diesen Prüfungsauftrag ab! 23. März 2004 Dr. Peter Müller, CVP, Magden: Ich bitte Sie im Namen der CVP-Fraktion, diesem Prüfungsantrag zuzustimmen! Wir haben hier ein Gesetzespaket vor uns, das fast ein Jahrhundertwerk darstellt und es darf unter keinem Titel sein, dass wir wegen einem einzigen Paragraphen in einem untergeordneten Erlass das Ganze bachab schicken! Das darf nicht sein! Das Mindeste, was wir von uns verlangen können ist doch das, dass wir die ganze Sache mit dieser Grossratsbesoldung noch einmal von links nach rechts, von oben nach unten und im Vergleich mit anderen Kantonen genau anschauen und dann in Kenntnis der Sache urteilen. Ich bitte Sie, dem Prüfungsantrag zuzustimmen! Rolf Urech, FP, Hallwil: Wir unterstützen den Prüfungsantrag. Ich möchte aber gleich festhalten, dass wir eine Erhöhung der Sitzungsgelder ablehnen. Was wollen wir also? Wir wollen jetzt eine Auslegeordnung, damit wir sehen, was das kostet nach der Änderung von 200 auf 140 oder mit den verschiedenen Modellen von Entschädigungen. Ich glaube, sympathisch wäre auch noch, die Fraktionssitzung zu entschädigen. Ich glaube, dann wäre die Präsenz bei allen Fraktionen sehr hoch. Aber das nur am Rande. Wir lehnen natürlich eine Erhöhung der Besoldung ab und zwar geht es darum, dass zuletzt auch noch das Volk entscheiden muss. Ob dieses dann aber einverstanden ist, wenn wir uns unseren Sold erhöhen, das sei dahingestellt. Der Prüfungsantrag zeigt aber für alle auf, was es in Tat und Wahrheit kostet. Ich bitte Sie, diesen zu unterstützen! Reto Miloni, Grüne, Mülligen: Zunächst bitte ich Herrn Glarner, einmal den Unterschied zwischen Sozialismus und Sozialdemokratie nachzulesen! Da gibt es schon noch Nuancen. Hier geht es eigentlich um etwas ganz anderes. Wir von den Grünen können nur hoffen, dass es gelingt, dieses ganze WOV-Paket in die 2. Lesung zu retten. Es an den Fraktions- und Kommissionsentschädigungen scheitern zu lassen, das finden wir relativ schade, obwohl wir tatsächlich auch der Ansicht der SP sind, dass der Würgegriff der SVP bei der Festlegung der Entschädigungen tatsächlich kompromittierend ist für diese Arbeit! Es gibt nun wirklich Randständige und Jüngere, die sich eine Mitarbeit in der Politik nicht leisten können und das Züchten einer neuen Elite nur über diese monetäre Hürde ist ganz sicher der falsche Weg. Wir hoffen darum, dass es gelingt, diesen Prüfungsantrag durchzubringen und im Rahmen der Vorbereitung auf die 2. Lesung auch neue Formen zu prüfen, sei es beispielsweise auch bei Pauschalen, wie sie im Kanton Basel-Land gehandhabt werden. Wir bitten Sie, in diesem Sinn hier zuzustimmen! Vorsitzende: Aus dem Plenum liegen keine weiteren Wortmeldungen dazu vor. Die Diskussion ist geschlossen. Herbert H. Scholl, FDP, Zofingen, Präsident der nichtständigen Kommission WOV: Meine persönliche Meinung ist bereits bekannt. Ich habe sie letzte Woche geäussert. Ich bin gegen weitere Erhöhungen der Sitzungsgelder. Als Kommissionspräsident stelle ich hingegen fest, dass diese Frage sehr umstritten war und ist, wie ich es letzte Woche auch im Plenum feststellen konnte. Diese Frage hat am meisten Zeit der Sitzung beansprucht. Deshalb bitte ich Sie, dem Prüfungsantrag zuzustimmen, damit das Bench Marking für die weitere Beschlussfassung gemacht werden kann! 2956 23. März 2004 Ob dann die Sitzungsgelder wirklich erhöht werden ist eine andere Frage. Heute aber bitte ich Sie, dem Prüfungsantrag zuzustimmen! Regierungsrat Kurt Wernli, parteilos: Sie haben die Sitzungsgelder festgelegt und es scheint der Regierung richtig, wenn wir das einer einlässlichen Prüfung unterziehen. Mehr beschliessen Sie ja nicht. Sie sind immer noch frei, in der 2. Lesung dann entsprechend zu sagen, wir bleiben beim Beschluss 100 Franken für den Grossrat und 150 Franken Kommissionsentschädigung. Aber Sie können es dann breiter abstützen. Sie können das dann im Vergleich mit anderen Parlamenten und aufgrund der Erkenntnisse der Gesamtbelastung, wie sie sich ergibt bei 200 Mitgliedern und bei 140 Mitgliedern besser einer Prüfung unterziehen. Es wurde ausgesagt, diese Vorlage unterliege der Volksabstimmung. Das ist so nicht richtig. Es ist ein Dekret des Grossen Rats. Diese unterliegen nicht dem Referendum. Sie entscheiden also abschliessend. Herbert H. Scholl, FDP, Zofingen, Präsident der nichtständigen Kommission WOV: Herr Regierungsrat: Es ist zwar ein Dekret, aber es gibt auch ein Gesetz über die Entschädigung und in diesem Gesetz steht, dass eine fakultative Referendumsmöglichkeit besteht. Abstimmung: Für Überweisung des Prüfungsantrags Kerr: 102 Stimmen. Dagegen: 59 Stimmen. Vorsitzende: Zur Geschäftsordnung liegen keine weiteren Rückkommensanträge vor. Gesetz über die Finanzkontrolle (GFK) Vorsitzende: Hierzu liegen keine Rückkommensanträge vor. Damit haben wir diesen Teil. Bevor wir zur Gesamtabstimmung über die Änderung der Kantonsverfassung kommen, liegen noch einige Wortmeldungen vor. Rolf Urech, FP, Hallwil: Mein Votum bezieht sich auf die ganze Vorlage. Ich kann im Namen der SD/FPFraktionsgemeinschaft erklären, dass wir bei der Schlussabstimmung dem GAF und dem Unvereinbarkeitsgesetz nicht zustimmen werden. Beim GAF ist es ja so, dass ich am Anfang den Antrag stellte, dieses von der Vorlage zu trennen und wir sind mit dem Beratungsergebnis nicht zufrieden und werden deshalb nicht zustimmen. Weiter sind wir auch nicht der Meinung, dass beim Unvereinbarkeitsgesetz § 4 eine glückliche Lösung gefunden wurde. Für uns ist eigentlich ganz klar, dass es zwei Gesichtspunkte gibt. Entweder wird der Antrag der Kommission umgesetzt, dass die Volksschullehrkräfte nicht wählbar sind oder der Regierungsrat und die Kommission prüfen, wie eine Ausstandsregelung durchgeführt werden könnte, die dem Bundesgericht nicht widerspricht. Ich bin überzeugt, dass auch in der 2. Lesung diese Vorbehalte wieder kommen werden, also wäre es für die Kommission sehr wichtig, ob man uns für die 2. Lesung eine Ausstandsregelung anbieten kann, wenn es die Lehrpersonen persönlich betrifft. Es kommt noch die Fairness hinzu, denn einige Lehrkräfte würden vermutlich freiwillig in den Ausstand treten, aber darauf kann man sich nicht verlassen. Ansonsten sind wir froh über den Prüfungsantrag, ob nicht alle Staatsangestellten wählbar sind, weil eben gesagt wur2957 Art. 1815 de, man darf keine Berufskategorie aus dem Grossen Rat ausschliessen und dann sind die Lehrkräfte plötzlich wählbar, aber von den anderen Berufskategorien spricht man hier nicht. Also entweder alle oder niemand. Wir werden, wenn die 2. Beratung das heutige Ergebnis stärkt, dass die Volksschullehrkräfte ohne Ausstandsregelung wählbar sind, dieses Gesetz in der Volksabstimmung bekämpfen. Ich bitte Sie, für die 2. Lesung das noch einmal zu prüfen! Dr. Daniel Heller, FDP, Erlinsbach: Ich spreche im Namen der FDP-Fraktion. Ich komme auch zur Gesamtwürdigung durch die FDP-Fraktion. Wir können heute mit unserer Zustimmung zur Staatsleitungsreform der Einführung eines besseren, effizienteren und kundenfreundlicheren Staates grünes Licht erteilen, was die 1. Lesung anbelangt. Was bei der Aufgaben- und Leistungsüberprüfung weitgehend misslungen ist, könnte dank WOV durch die Verknüpfung von Aufgaben und Finanzen endlich in Kenntnis von konkreten Zahlen diskutiert werden, nämlich welche Staatsleistung uns wie viel Steuergeld wert ist. Dann aber gibt WOV vor, wie der Staat und seine Verwaltung ihre Aufgaben künftig lösen sollen, nämlich kundenfreundlich, kostengünstig und effizienter als heute. Auch hier: Der Begriff "effizient" hat zwei Bedeutungen. Effizienter gegenüber heute heisst einerseits mit weniger Aufwand das Gleiche erreichen können oder aber mit gleichviel Mitteln eben mehr erreichen können. In der Grossorganisation Kanton Aargau mit einem Budget von bald 4 Mia. Franken sollte mit einer konsequenten Umstellung auf WOV ein Effizienzgewinn von bis zu 3% von bald 4 Mia. erreichbar sein! WOV-Kritiker haben hier drin vor allem das alte System verteidigt. Dabei sieht die Bilanz der letzten Jahre mit diesem alten System schlichtwegs verheerend aus. Die Gesamtverschuldung der öffentlichen Hand in der Schweiz hat Ende der 90-er Jahre bereits die "200 Mia. Franken-Grenze" überschritten und im heutigen System - das haben wir jetzt zur Genüge gemerkt - ist es unmöglich, diese zu reduzieren. Die Realpolitik zeigt es. Neben dem Staat steckt eben auch unsere Wirtschaft und damit die Einnahmen des Staates seit über 10 Jahren in einer strukturellen Krise. Wir weisen das schwächste Wachstum aller Industrieländer auf! Vor diesem Hintergrund ist einfach der unfruchtbare Streit, ob man den Staat mit Steuererhöhungen und neuen Abgaben oder eben über Sparmassnahmen sanieren will, ein Streit, der uns nicht weiterhilft. Mit mehr Steuern und mehr Sparen sanieren wir weder den Staat noch die Wirtschaft nachhaltig. Es gilt deshalb heute auch beim Staat, einen dritten Weg zu gehen und hinter die Strukturen zu gehen. Die WOVKonzepte weisen den richtigen Weg. Es sind nicht die Symptome, sondern eben die Ursachen zu bekämpfen! Jetzt kommt eben auch die Herausforderung für uns, d.h. für den Regierungsrat und den Grossen Rat: wir müssen uns umstellen! Die Regierung wird sich künftig mehr auf das Regieren und weniger auf das Verwalten konzentrieren müssen! Die politische Arbeit, insbesondere die Steuerung und die Aufsicht des Parlaments müssen effektiv und sachgerechter werden! Wir sollten nicht mehr über den Rasenmäher des Kantonsspitals Baden diskutieren, sondern über die grossen Linien und die Steuerung unserer Staatsaufgaben! Statt mit Staatsvoranschlägen mit tausenden von Einzelpositionen der Voranschlag 2004 umfasste 309 Seiten, um alles darzustellen -, steuern wir künftig über die 30 Aufga- Art. 1815 benbereiche, mit rund 80 Aufgabengruppen, mit rund 190 Produktegruppen und rund 800 Produkten. Wir konzentrieren uns also künftig zusammen mit der Regierung darauf, was exakt der Staat im Bereich Sicherheit beispielsweise zu tun hat. Wir definieren dafür mit Gesetzen, Leistungsaufträgen und Plänen die dafür zur Verfügung stehenden Mittel und Leistungsniveau in Form von Globalbudgets. Die Regierung muss uns jährlich den Beweis dafür erbringen, dass die verlangte Wirkung mit vernünftigem Aufwand erzielt werden konnte. Um hier mithalten zu können, sind eben die Reformen, die das Parlament für sich selbst beschliessen soll, nötig! Wir muten ja der Verwaltung, den Spitälern, den Schulen, der Polizei usw. praktisch jährlich Reformen zu. Wenn wir uns einmal einer Reform in eigener Sache stellen müssen, dann tun wir uns wahnsinnig schwer und wir geraten uns sofort in die Haare, teilweise über Kleinigkeiten und Details. Die FDP-Fraktion steht zur Staatsleitungsreform. Wir haben die meisten Prüfungsanträge unterstützt, weil wir der Meinung sind, dass es noch vieler Zusatzabklärungen bedarf, damit sich alle auch ein klares Bild machen können. Wir stimmen praktisch geschlossen für die Kantonsverfassung, das GAF, das GVG, die GO und für das Finanzkontrollgesetz. Ich bitte Sie, heute und hier dasselbe zu tun! - Es lohnt sich, diese grosse Arbeit in eine 2. Lesung hinüberzunehmen. Ich bitte Sie, in der Schlussabstimmung allen Vorlagen zuzustimmen! Dr. Peter Müller, CVP, Magden: Ich spreche im Namen der CVP-Fraktion. Ich bitte Sie im Namen einer grossen Mehrheit der CVP, den Vorlagen zuzustimmen! Wir sind mit dem Verlauf der 1. Lesung insofern zufrieden, als dass unsere Vorbehalte berücksichtigt wurden, dass diese in Prüfungsaufträgen aufgenommen wurden und für eine abschliessende Beurteilung in der 2. Lesung ist es natürlich noch zu früh. Wir erwarten, dass unsere Vorstellungen auch berücksichtigt werden! Natürlich haben wir uns bei diesem grossen Gesetzeswerk auch mit den Gefahren von WOV auseinandergesetzt. Wir sehen bestimmte Gefahren. Wir sehen beispielsweise die Gefahr, dass man vor lauter "Controlling" nicht mehr zum "Working" kommt. Aber es liegt zu einem grossen Teil in den Händen des Grossen Rats, wie weit er hier gehen will: Wir sehen die Gefahr eher darin, dass übereifrige Grossräte zu weit gehen - und nicht Regierung und Verwaltung. Die CVP hat sich immer gegen eine überbordende Bürokratie ausgesprochen und wird sich auch in Zukunft übertriebenen Forderungen entgegenstellen. Das GAF, wie wir es in 1. Lesung beschlossen haben, lässt aber eine zurückhaltende und miliztaugliche Berichterstattung durchaus zu. Der Grosse Rat befasst sich nun seit 1996 mit der Einführung von WOV. Vor 6 Jahren haben wir die ersten Pilotprojekte gestartet. Diese sind nicht gescheitert. Einige Unzulänglichkeiten wurden erkannt und bei deren Behandlung in der Kommission auch berücksichtigt. Für eine Ablehnung der Vorlage aufgrund schlechter Erfahrungen fehlt also die Grundlage. WOV funktioniert, das haben auch andere Kantone bewiesen. Dass die herkömmliche Steuerung der staatlichen Tätigkeit nicht mehr genügt, dürfte unbestritten sein. Das Legalitätsprinzip in Ehren, es wird ja auch nicht abgeschafft, aber es genügt einfach nicht mehr, um die komplexen Verwaltungsabläufe zu steuern, wir sind auf neue Instrumente angewiesen! 23. März 2004 Gewiss haben auch wir Befürchtungen, die Machtbalance zwischen der Regierung, der Verwaltung und dem Grossen Rat könnte sich zu unseren Ungunsten verändern. Die Kommission hat daher, wo immer sich die Frage stellte, zugunsten des Grossen Rats entschieden und hat sich damit auch das Misstrauen des Regierungsrats zugezogen, der natürlich von denselben Ängsten geplagt wird. Die CVP ist damit einverstanden, dass die heiklen Fragen der Gewaltenteilung auf die 2. Lesung hin nochmals sorgfältig überprüft werden. Wenn wir die Vorlage ablehnen, dann stehen wir wieder dort, wo wir vor 8 Jahren standen. Die unbestreitbaren Fortschritte, die wir erreicht haben, beispielsweise bei der Verknüpfung von Aufgaben und Ausgaben, bei der Planung, bei der neuen Kommissionsstruktur usw. wären im Eimer. Ich bitte Sie deshalb eindringlich, die Vorlage nicht mutwillig zu kippen! Lieni Füglistaller, SVP, Rudolfstetten: Ich spreche im Namen der SVP-Fraktion. Ich kann es genau so effizient machen, wie wir bis jetzt dieses Geschäft behandelt haben. Wir haben eineinhalb Tage Vorsprung auf die Marschtabelle. Wenn wir jedesmal so gut wären, würden wir es weit bringen. Die SVP-Fraktion wird sich insbesondere zur Kantonsverfassung, zum GVG, zum GO und auch zum Gesetz über die Finanzkontrolle in zustimmendem Sinne äussern. Sie wird in der Schlussabstimmung diesen Vorlagen zustimmen. Sie wird aber ebenso klar das UVG ablehnen, weil uns insbesondere die Ausweitung zu weit geht und uns zudem die fehlenden Ausstandsvorschriften, die daraus resultieren, stören. Zum GAF wird sich dann Herr Stüssi noch äussern. Insbesondere möchte ich mich aber in Bezug auf das WOVSystem nochmals äussern. Die SVP hat konstruktiv an der Debatte teilgenommen und auch so in den Kommissionsberatungen mitgearbeitet. Für uns ist nach wie vor die im Eintreten gestellte Frage nicht beantwortet: Was nutzt das Ganze WOV-System den Bürgerinnen und Bürgern? Wenn diese Frage nicht beantwortet werden kann und zwar konkret, eindeutig und auch mit Messgrössen versehen, was wir am Schluss für den Bürger und die Bürgerin wollen, wenn diese Frage nicht beantwortet wurde, so ist es nicht unsere Schuld! Diese Frage ist eindeutig. Wir erkennen im System keine Verbesserung für den Bürger und die Bürgerin und lehnen darum das System - insbesondere das GAF - ab. Das heisst nicht, dass die Regierung nicht in den anderen Bereichen weiterarbeiten kann. Wir können die Leistungen messen, wir können das Rechnungswesen sauber einführen, wir können die Aufgaben mit den Finanzen verknüpfen, ohne dass wir eine gesetzliche Grundlage brauchen. Aber wir müssen uns immer wieder vor Augen halten, was es letztlich für einen Nutzen für unsere Bürgerinnen und Bürger hat. Das ist der SVP in erster Linie wichtig. Darum wollen wir auch kein zusätzliches Risiko eingehen und darum lehnen wir zum heutigen Zeitpunkt die Systematik ab! Katharina Kerr Rüesch, SP, Aarau: Gestatten Sie uns noch eine Frage. Ich habe alles schon gesagt, wie sich die SP in den Schlussabstimmungen verhalten wird. Es besteht eine Frage: Was passiert, wenn ein Erlass abgelehnt wird und andere Erlasse angenommen werden? Was bedeutet das für die 2. Lesung? Vorsitzende: Aus dem Plenum liegen keine weiteren Wortmeldungen dazu vor. 2958 23. März 2004 Herbert H. Scholl, FDP, Zofingen, Präsident der nichtständigen Kommission WOV: Ich darf Ihnen eingangs die Abstimmungsverhältnisse über diese 7 Abstimmungen, die jetzt folgen, in der Kommission bekannt geben: Die Änderung der Kantonsverfassung wurde mit 14 zu 0 Stimmen, bei einer Enthaltung beschlossen. Das Gesetz über die wirkungsorientierte Steuerung von Aufgaben und Finanzen (GAF) wurde ebenfalls mit 14 zu 0 Stimmen, bei einer Enthaltung beschlossen. Die Änderung des Geschäftsverkehrsgesetzes (GVG) wurde mit 13 zu 0 Stimmen, bei 2 Enthaltungen beschlossen. Die Änderung des Unvereinbarkeitsgesetzes wurde mit 10 zu 4 Stimmen, bei einer Enthaltung zum Beschluss erhoben. Die Änderung der Geschäftsordnung (GO) wurde mit 13 zu 2 Stimmen, ohne Enthaltungen zum Beschluss erhoben. Das Gesetz über die Finanzkontrolle wurde mit 15 zu 0 Stimmen, ohne Enthaltungen beschlossen. Die 10 parlamentarischen Vorstösse wurden mit 14 zu 0 Stimmen bei einer Enthaltung zur Abschreibung empfohlen. Wir haben nun eine ausgedehnte Diskussion in 6 Grossratssitzungen geführt. Diese haben zu 22 Prüfungsaufträgen geführt. Diese Prüfungsaufträge können nur weiterbehandelt werden, wenn die Gesamtabstimmungen positiv verlaufen. Um gleich die Frage von Frau Kerr zu beantworten: Wenn eine oder mehrere dieser 6 Vorlagen hier in der Gesamtabstimmung nicht beschlossen werden sollten, so ist es am Regierungsrat, auf die 2. Beratung entsprechende Vorschläge zu machen. Es ist nicht am Grossen Rat, dann das weitere Vorgehen zu beschliessen, sondern wir erwarten dann Anträge des Regierungsrats und Vorschläge, wie diese Angelegenheit weitergehen soll! Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass diese 6 Vorlagen aufeinander abgestimmt sind und sie sollen deshalb auch nach den eindeutigen Kommissionsabstimmungsresultaten gesamthaft weiterbearbeitet werden können. Die Staatstätigkeit, Herr Füglistaller, wird durch die Verknüpfung von Leistungen und Finanzen und durch die klare Ausweisung der Steuerungsbereiche transparenter. Die Bürgerinnen und Bürger wissen einerseits besser, was wir im Parlament tun und was die Regierung beantragt und andererseits sind die Bürger und Bürgerinnen in der Lage, diese Steuerungsbereiche nicht nur zu beurteilen, sondern eben auch mitzubeeinflussen in unseren Diskussionen, die wir ausserhalb des Parlamentes führen. Wir haben nun die einmalige Chance, nach einer 8-jährigen Pilotphase, für eine Reform unseres Staatswesens. Ich lade Sie namens der klaren Kommissionsmehrheiten ein, diese Chance zu ergreifen, in den 6 bevorstehenden Gesamtabstimmungen die Dekrets-, Gesetzes- und Verfassungsentwürfe zum Beschluss zu erheben und in der 7. Abstimmung die 10 parlamentarischen Vorstösse abzuschreiben, damit wir auf die 2. Beratung die Vorlage entsprechend den 22 gestellten Prüfungsaufträgen überarbeiten können! Landammann Peter C. Beyeler, FDP: Für den Regierungsrat ist diese Staatsleitungsreform eine wichtige, wenn nicht die wichtigste Botschaft, die wir in den letzten Jahren dem Grossen Rat vorgelegt haben. Das habe ich schon im Eintre- 2959 Art. 1815 ten gesagt. Das gilt nach wie vor. Wir haben eine gute Debatte geführt und 21 Prüfungsaufträge entgegengenommen, die zeigen, wo die kritischen Punkte sind und die Regierung ist gewillt, in diesen Punkten auch die Anliegen des Grossen Rats aufzunehmen, aber auch die Information noch zu verbessern, denn jetzt ist konkret geworden, wo die Schwerpunkte der Unsicherheiten oder der Differenzen noch bestehen. Es handelt sich um ein Gesamtpaket, obwohl wir natürlich 6 Abstimmungen machen. Aber es ist ein Gesamtpaket. Wenn wir - und ich nehme an, dass das GAF das umstrittenste Gesetz ist - dieses herausbrechen, dann wird zwangsweise das Finanzhaushaltsgesetz gültig bleiben. Damit ist die Verbindung des Finanzkontrollgesetzes in das GAF hinfällig, damit müssen wir auch beim Geschäftsverkehrsgesetz Elemente überprüfen! Der Auftrag wäre nicht mehr notwendig. Die Kommissionstrukturen wären ebenfalls wieder zu überprüfen. Es gibt verschiedene Elemente, die zusammenhängen. Es gibt Elemente in diesen Gesetzen, die unabhängig von den neuen Strukturen des GAF sind, - das wird die Regierung überprüfen müssen! Aber es wird natürlich das Kerngesetz herausgebrochen und damit ist die Staatsleitungsreform im Sinne der Regierung nicht mehr gewährleistet. Ich bitte Sie, das wirklich ernst zu nehmen! Es geht um einen Schritt vorwärts in eine Art der Staatsführung, die wesentliche Verbesserungen für das Parlament mit sich bringt. Es stellt sich die Frage, was die ganze Staatsleitungsreform dem Volk bringt. Diese Frage heisst nicht nur einfach Millionen sparen, sondern Sie müssen immer wieder Ihre Funktion als Parlament sehen. Sie sind die Treuhänder des Volks. Sie haben einen Kompetenzbereich, den Sie eigenständig, in Vertretung des Volkes, wahrnehmen und was wir mit dieser Parlamentsreform wollen ist, Ihnen ein besseres Instrument in die Hände geben! Ein Instrument, das Ihnen eben Indikatoren über die Staatsleitung gibt, die Ihnen das Führen besser erlaubt. Das ist der Kernpunkt. Wenn Sie herausgehen zum Volk und es fragen, wie die Kernaufgaben zu definieren sind und sagen müssen, die sind nicht ausgegliedert, wir wissen das eigentlich nicht, wir wissen wohl den Sachaufwand, was etwa drin ist, aber wir wissen nicht, was die Kernaufgaben sind, da können Sie Ihre Aufgabe nicht wahrnehmen, wie es eigentlich möglich wäre. Sie verlangen höhere Effizienz. Mit dem alten System können wir das nicht gewährleisten. Es sind immer wieder grosse Aufwendungen zu tun, um eben Informationen im Einzelfall bereitzustellen, die wir systematisieren wollen. Sie verlangen mehr Integration in die Planung. Mit der bestehenden Gesetzgebung ist das nicht vorhanden. Wir wollen mit GAF und der Festlegung der Instrumente Ihnen diese Möglichkeit geben. Konzentration auf Kernaufgaben und das ohne Struktur: eine sehr schwierige Sache! Wir ermöglichen Ihnen, diese Forderung dann wirklich zu übernehmen. Sie wollen Miliztauglichkeit, ganz bewusst ein wichtiges Thema! Aber gerade wenn wir Ihnen mehr Informationen in der richtigen Form und in der richtigen Art und Weise und in der ganzen Breite der staatlichen Tätigkeit geben, wird Ihre Aufgabe wesentlich erleichtert. Nicht während der Einführung, da werden wir uns finden müssen, aber in vielleicht 2-3 Jahren werden wir soweit sein, dass Sie sagen, die Miliztauglichkeit ist mit dieser neuen Regelung wirklich gewährleistet. Art. 1815 Ich habe gehört, dass moniert wird, der Staat könne nicht führen, da mache es keinen Sinn, ein neues System einzuführen. Das ist eine Voraussetzung und eine Unterstellung, die ich nicht stützen kann! Wir haben eine gute Führungskompetenz in unserer staatlichen Verwaltung. Diese kann gefördert werden, wir müssen ihr nur ein Instrument geben! Natürlich heisst das auch, Neues zu lernen und anzuwenden, darauf zu achten, dass wirklich pragmatisch vorgegangen wird und nicht eine Bürokratie aufgebaut wird. Nochmals: Dieses Risikos ist sich die Regierung bewusst und wer das Risiko kennt, kann es auch beherrschen! Es wird erwähnt, man könne ja alles einzeln einführen. Das Rechnungswesen, die Indikatoren, die Strukturen. Wenn wir aber alles einzeln einführen, dann muss es trotzdem ein System sein, das in sich kompatibel ist und übereinstimmt, das keine Defizite haben darf. Im Einzelschritt alles einzuführen, das ist ein sehr gewagtes Spiel. Wir haben jetzt ein System mit WOV, das das Führen nicht ersetzt, aber unterstützt. Wir können mit diesem System ein gesamtes System anbieten, das in sich übereinstimmt und das in allen Belangen einfach anzuwenden ist, wenn es bewusst angewendet werden will. Chancen zu nutzen, ist unsere Aufgabe! Gefahren und Risiken zu kennen, auch. Wir haben es in der ganzen Breite ausgelegt. Aber es braucht etwas: Es braucht ein bisschen Vertrauen, dass wir zusammen den Staat auch mit neuen Instrumenten führen können. Dieses Vertrauen müssen wir in dieser Botschaft auch interpretieren können. Wenn wir uns nur auf die Risiken konzentrieren, verpassen wir wirklich unsere Zukunft und das wäre aus der Sicht der Regierung fatal! Ich bitte Sie, alle Vorlagen und Gesetze zu unterstützen! Ihre kritischen Stimmen sind erhört, ganz bewusst erhört. Trotzdem ist die Regierung aus der Debatte heraus zufrieden über das Resultat. Wir werden uns bemühen, die Skeptiker noch zu finden, damit diese in der 2. Lesung überzeugt Ja oder Nein sagen können. Aber aus der heutigen Situation heraus, aus der Angst heraus, nicht alles erfasst zu haben, Nein zu sagen ist ein falscher Ansatz. Lassen Sie uns auf die 2. Lesung hin die Defizite in der Information noch ausglätten und lassen Sie uns diese Prüfungsanträge wirklich seriös vorbereiten! Ich bin dann überzeugt, dass wir bei der 2. Lesung wirklich in grosser Mehrheit und überzeugt hinter allem stehen können. Ich bitte Sie demzufolge, der Regierung zu folgen und die Verfassungsartikel zu unterstützen! Vorsitzende: Wir kommen somit zur Gesamtabstimmung über die Teilrevision der Kantonsverfassung. Änderung der Kantonsverfassung Gesamtabstimmung: Für die Änderung der Kantonsverfassung, wie sie aus den Beratungen der 1. Lesung hervorgegangen ist: 156 Stimmen. Dagegen: 13 Stimmen. Gesetz über die wirkungsorientierte Steuerung von Aufgaben und Finanzen (GAF) Vorsitzende: Vor der Gesamtabstimmung haben wir noch verschiedene Voten. Dr. Jürg Stüssi-Lauterburg, SVP, Windisch: Alt Grossratspräsident Ernst Frey, der am 23. Dezember 2003 nach fast 23 Jahren seinen Rücktritt aus diesem Rat erklärte, illustrierte in seinem brillanten Abschiedsbrief die Faszination, 23. März 2004 welche Abkürzungen auf die Verwaltung ausüben, trefflich. Er stellte Original-Beispiele zusammen, in welche er einen einzigen blinden Passagier einschmuggelte (Zitat): "Von DIALOG, MAR und VIACAR, SEGRA, GKLL, GAL, REGOS, BPK und AKP, LPV und ALWWK, FGFM, NWEDK, KOMKA, MEPO, FREPO und GEPO, AWA, RAV und GAT und ELF, von Q2E über QAM bis hin zu WOV und WAU". Zurzeit ist WOV in Mode; die wirkungsorientierte Verwaltungsführung soll primär über das vorliegende GAF, das Gesetz über die wirkungsorientierte Steuerung von Aufgaben und Finanzen verwirklicht werden. Die Befürworter geben sich sicher, dass durch ein alle Stufen der Verwaltung umfassendes, die gesamte staatliche Aktivität auf 800 Produkte reduzierendes vierstufiges Management- Informations-System (MIS) klar gemacht werden könne, wer was tue und was es koste bzw. - in der WOVSprache - dass die Ressourcenallokation transparenter werde. Dabei stellen sich fünf Fragen, welche in der Grossratsdebatte nicht wirklich beantwortet wurden: 1. Wissen denn Regierungsrat und Grosser Rat heute nicht, wer was tut und was es kostet? Besteht tatsächlich ein derart fundamentaler Reformbedarf? 2. Was bringt dieses Gesetz den Steuern zahlenden Menschen in Form von Entlastungen und effizienterer Erbringung staatlicher Leistungen? 3. Wie soll eine wirkliche, nicht nur theoretische Oberaufsicht des Grossen Rats - wie der Herr Landammann soeben sagte, der Treuhänder des Volkes - möglich sein, wenn dieser (ohne unrealistische parlamentarische Kraftanstrengungen) nur noch (wie geplant) zu 30 Aufgabenbereichen in wolkigen, luftigen, strategischen Höhen jenseits aller Dinge, welche Bürgerinnen und Bürger wirklich interessieren, etwas zu sagen hat? 4. Wie sollen selbst die theoretischen Voraussetzungen für die Oberaufsicht des Grossen Rats und damit des Souveräns bestehen, wenn dem Parlament der Einblick ins MIS, ins neue Machtinstrument der Regierung also, ohne unverhältnismässigen Aufwand verwehrt wird? 5. Darf es in einem demokratischen Rechtsstaat sein, dass es Instanzen gibt (nämlich Regierungsrat und Grossrat zusammen), welche Gesetze ausser Kraft setzen können? Ist dies nicht vielmehr die alleinige Befugnis des Volkes? Die gestellten Fragen gehen so sehr an den Kern der demokratischen Ordnung, dass sie beantwortet werden müssen, bevor ein solches Gesetz gelten darf! Herr Landammann Peter Beyeler und seine Kollegen haben sich für das Gesetz ebenso tapfer gewehrt, wie der Kommissionspräsident Herr Herbert Scholl. Sie sind ohne Zweifel überzeugt von der Richtigkeit des Vorhabens. Die Verwaltung und die Regierung und die Kommission haben grosse Arbeit geleistet, was zu anerkennen ist. Die Vorbereitung eines Gesetzes ist aber für sich allein kein Vernunftgrund für seine Annahme. Und die Kommission verpflichtet den Grossen Rat nicht, darf ihn nicht verpflichten! Die SVP-Fraktion hat sich mehrheitlich gegen Eintreten auf die Vorlage ausgesprochen, ist unterlegen, hat zahlreiche Änderungsanträge gestellt, um das Gesetz etwas erträglicher zu machen, ist damit teils erfolgreich gewesen, teils unterlegen. Wir werden heute mit der Behauptung konfrontiert, wenn wir den Fakten ins Auge bli2960 23. März 2004 cken und die Risiken beim Namen nennen, verpassten wir die Zukunft. Derart emotionale Appelle dürfen uns jedoch nicht von der nüchternen Frage ablenken: Genügt das Erreichte für ein "Ja" in der ersten Beratung? Die SVP-Fraktion hat diese Frage anhand der Ergebnisse beurteilt und dabei auch den keineswegs unbestrittenen Charakter von WOV in der Welt der Wissenschaft in die Entscheidfindung einbezogen. So meint Professor Jörg Baumberger von der Universität St. Gallen zu WOV (Zitat): "Die Schlagwörter "Outputorientierung" und "Leistungsauftrag" klingen so verführerisch nach Privatwirtschaft und Wettbewerb, dass viele meinen, sie hätten die schwere Hand des Staates bereits abgeschafft, indem sie eine kostspielige Kontrolle-, Mess- und Evaluationsbürokratie aufbauen, mit der auch noch jene Staatsangestellten demotiviert werden, die in ihrer Arbeit eine Mission sehen." Wir kommen grossmehrheitlich zum Schluss, dass es richtig ist, das GAF heute abzulehnen, um für Regierung und Verwaltung klare Verhältnisse zu schaffen. Sollte der Grosse Rat das Gesetz entgegen unserem Antrag beschliessen, erwarten wir auf jeden Fall für die 2. Beratung das fertige Dekret. Jedenfalls ist die für Reformvorhaben unter den heutigen Zeitumständen entscheidende Frage nicht zu unserer Zufriedenheit beantwortet worden und diese Frage lautet: Was bringt dieses Gesetz den Steuern zahlenden Bürgerinnen und Bürgern, dem souveränen Aargauer Volk? Dr. Heinz Suter, FDP, Gränichen: Ich habe in der Eintretensdebatte einige Überlegungen zum GAF vortragen dürfen. Aus zeitlichen Gründen konnte ich jedoch meine Zusammenfassung nicht vorbringen und hole dies an dieser Stelle nach. Vorauszuschicken sind drei Punkte: 1. Die gesamte Detailberatung hat sich um das Regelwerk GAF gedreht. Das musste ja so sein, weil es so traktandiert war. Aber: Bei der GAF-Debatte sind die Auswirkungen des GAF nicht thematisiert worden. 2. Bei der Detailberatung haben die Beziehungen zwischen Regierung und Parlament stark im Vordergrund gestanden. Aber: Die hauptsächlichen Auswirkungen des GAF zeigen sich in der Verwaltung. Wir müssen daher die Folgen des GAF für die Verwaltung nicht nur mitberücksichtigen, sondern entscheidend in die Waagschale werfen. 3. Die Detailberatung hat einen gespenstischen Eindruck gemacht. An der ganzen Debatte haben sich ausschliesslich die WOV-Gelehrten der WOV-Kommission geäussert. Die duldende und die schweigende Mehrheit unseres Rates hat nicht am Fest der Freude teilgenommen! Art. 1815 len. Mit anderen Worten: Ich halte das System, so geistreich, so brillant und so wirksam es auch sein mag, für nicht miliztauglich. Machen Sie den GAF-Test: Erklären Sie den Bürgerinnen und Bürgern im Lande draussen das GAF, ohne dabei die Unterstützung Dritter zu beanspruchen! 3. Auch das dritte Argument hat lediglich die Auswirkungen des GAF im Visier; es lautet: Die Flut an offenen Fragen und ungelösten Problemen ist derart gewaltig, dass die staatsleitenden Behörden und die Verwaltung davor geschützt werden müssen! Stichworte: Gesamtsteuerung, Querschnittprobleme, Schnittstellenprobleme. Diese Fragen sind für die Befürworter kein Thema. Alles scheint gelöst. Wenn wir es nicht selbst lösen, haben wir die externe Beratung und externe Experten, welche auf ihre Aufträge warten. Ich bitte Sie, diese Meinungsäusserung nicht als Abstimmungsempfehlung zu verstehen! (Heiterkeit) Rudolf Hug, FDP, Oberrohrdorf: Nach der humoristischen Einlage von Herrn Heinz Suter ist es nicht ganz einfach, wieder zum Ernst dieser Vorlage zurückzufinden. Ich beginne mein Votum mit der Frage, ob das System, das wir heute haben, gut ist? Weshalb dann diese steigende Staatsquote? Weshalb dann diese Verschuldung, die in den letzten 10 Jahren astronomische Ausmasse angenommen hat, wenn doch das System so gut ist? Ich frage Sie weiter: Wissen wir in diesem Ratssaal, was wir tun? Ich erinnere Sie an die letzte Budgetdebatte. Wussten Sie, was Sie taten, als Sie diese x-hundert Seiten beraten haben? Wussten Sie, was hinter diesen Zahlen stand? Wir kommen in den nächsten Monaten dann zur Rechnungsabnahme. Wissen Sie, was Sie tun? Wissen Sie, welche Leistungen wie viel kosten? Wissen Sie, was Sie tun, wenn Sie Budgetpositionen reduzieren? Nein! Die Frage, ob mit WOV alles besser wird, ist nicht ganz einfach zu beantworten und scheinbar ist es auch eine Glaubensfrage. Aber ich frage Sie hier in diesem Ratssaal: Was geschieht, wenn wir nichts tun, wenn wir erkennen, dass das System heute nicht das beste ist? Wenn wir erkennen, dass der Staatshaushalt aus dem Ruder läuft? Wenn wir erkennen, dass die Mittel, die beschränkt vorhanden sind, nicht optimal genutzt werden? Können Sie es verantworten, nichts zu tun, wenn Sie erkennen, dass etwas nicht gut ist? WOV hat nicht nur Risiken, wie es hier jetzt dargestellt wurde. WOV hat auch Chancen. Ich sehe die Chancen in Abwägung mit den Risiken als eindeutig überwiegend. Deshalb kann ich dieser Vorlage zustimmen. 1. Das WOV/GAF-Regelwerk bringt ein gigantisches Beschäftigungsprogramm. Dieses Programm ist nur mit einer zusätzlichen Bürokratie zu bewältigen. Als gewähltes Mitglied dieses Rates bin ich im Interesse der regierten Bürgerinnen und Bürger nicht bereit, den entsprechenden Preis zu bezahlen. Ein letztes Wort an die Skeptiker, die möchten, dass alles so bleibt, wie es jetzt ist: Sie können diesen Staat nicht retten, indem sie ihn einmotten. Wenn wir erkennen, dass etwas nicht gut ist, dann haben wir eine Verantwortung, etwas zu verändern. Wir haben die Verantwortung, das zu prüfen. Sagen Sie Ja zum GAF mit all diesen Prüfungsvorschlägen, damit wir diese in der 2. Lesung eingehend beraten und zu einem Schluss kommen können. Jetzt Nein zu sagen heisst, Nein zu sagen zur Verantwortung, dass wir etwas verändern müssen, wenn wir erkennen, dass ein bestehender Zustand nicht gut ist! 2. Zur Miliztauglichkeit: Ich behaupte, dass die Mitglieder des Grossen Rates beim WOV/GAF-System nicht in der Lage sein werden, Berichte und Anträge des Regierungsrates ohne Beratungsfirmen und ohne externe Experten - allein gestützt auf ihren gesunden Menschenverstand! - zu beurtei- Andreas Glarner, SVP, Oberwil-Lieli: Lieber WOV-Jünger Hug: Das war jetzt aber sehr mutig! Es haut mich ja fast vom Stuhl, wenn man hier vorne steht und sagt, wir haben eine grosse Verschuldung, wir machen viele neuen Schulden und dann im Ernst glaubt, mit WOV werde es besser. Das ist Welche drei Argumente sprechen gegen die Annahme des GAF? 2961 Art. 1815 also wirklich bewundernswert mutig! Ich komme zum Grund meines Votums: Was hat man uns mit WOV versprochen? Man versprach, es gäbe eine transparente Führung, transparente Kosten, bessere Einflussmöglichkeiten für den Grossen Rat. Man sprach von einem Effizienzgewinn von 5%. Man sprach von Bürgernähe, Kundenfreundlichkeit, Verzichtsplanung und schlankerem Staat. Und jetzt nehmen Sie diese Propaganda, die damals gemacht wurde, zur Hand und überlegen Sie sich, was davon erfüllt wurde? Herr Hug, Sie würden in Ihrem Betrieb genau so wie ich nichts so Kostspieliges einführen, wenn nicht mindestens irgendwo ein Gegenwert dazu bestünde. Was erwartet uns mit GAF? Administration, - Papierflut! Wir sehen sehr viel mehr als früher, dürfen dazu aber nichts mehr sagen. Ich empfehle Ihnen, das GAF zu beerdigen, still und schicklich, damit wir die Verwaltung wieder zurück an die Arbeit schicken können und zwar zur effektiven Arbeit! Ich bin fest überzeugt, dass wir auf dem Weg sind, eine riesen Dummheit zu machen! Brechen wir jetzt ab, bevor es zu spät ist! Landammann Peter C. Beyeler, FDP: Ich bin natürlich beglückt über die rhetorisch gut geführten Voten, aber es geht um etwas Seriöses. Ich glaube, wir müssen das jetzt nicht einfach als eine Schlacht zwischen Voten angehen, sondern sachlich. Es ist richtig, Herr Stüssi, wir wissen nicht, was alles kostet. Wir haben keine KostenLeistungsrechnung. Das ist so. Die haben wir nicht. Es gibt wohl Bereiche, wo wir das eingeführt haben, aber wir wissen es an verschiedenen Orten nicht. Das wollen wir ja gesamthaft einführen. Es ist nicht so, dass wir heute ein System hätten, um eben genau das auszuweisen und das ist ja der Hintergrund. Es ist richtig, dass WOV an sich nichts gibt. Es ist ein System, das wir einführen mit - neben der Kosten-Stellenrechung -, einer Kosten-Leistungsrechnung, mit mehr Informationen, damit man besser führen kann. Wie man dann führt und was man aus der Transparenz macht, das ist Sache der Staatsleitung! Das ist dann an Ihnen über die Planungsinstrumente die entsprechenden Einflüsse zu nehmen! Es ist richtig, dass Sie gewisse Kompetenzen abgeben im Globalbudget. Das ist richtig. Dazu bekommen Sie den Auftrag als Steuerungsinstrument. Aber Sie haben alle Informationen und die stehen Ihnen sauber aufgegliedert zur Verfügung. Sie können dann über die Informationen und den Auftrag auch zugreifen auf das, was Ihnen im Staate nicht passt. Ich wehre mich gegen Voten, die sagen, wir hätten alles gelöst. Das stimmt nicht. Ich habe immer wieder betont, dass wir eine gewisse Zeit brauchen, bis wir alle Probleme gelöst haben. Die Einführung eines neuen Rechnungswesens ist kein Klacks von einem Monat. Das dauert und braucht Zeit. Ebenso auch die Fragen der Querschnittsleistungen. Diese Dinge sind definiert und es geht bei den Schnittstellen darum, dass man die sauber aufzeichnet. Aber gerade die neuen Strukturen bringen die Vorteile, dass man diese Schnittstellen zeigt. Jeder Staat, jede Organisation hat beinahe eine konstante Anzahl von Schnittstellen. Diese gut zu organisieren, das ist die Kunst. Die Prozesse so zu machen, dass die Schnittstellen optimal sind. Schnittstellen gehen nie weg, weil immer wieder Kompetenzen aneinandergereiht werden. Es ist auch nicht so, dass wir hier Beratungsfirmen haben. Wir haben im WOV einen Auditor, der von Aussen her das, 23. März 2004 was wir machen, bewertet. Wir haben keine weiteren Berater mehr. Früher hatte man mehr Berater, aber seit 2 Jahren haben wir uns auf ganz wenig Unterstützung reduziert, dort wo wir gewisse Mängel in der Verwaltung haben. Es ist wichtig, dass wir jetzt die Sachlichkeit in den Vordergrund stellen und wirklich einen bewussten Entscheid fällen. Ich respektiere jede Meinung. Ich anerkenne auch, dass man skeptisch ist gegen dieses System, das man nicht kennt, das aber aus unserer Sicht eben gewisse Vorteile bringt. Ich weise aber nochmals darauf hin, dass wir nicht der erste Kanton sind, der das macht. Die Kantone, die es eingeführt haben, da gibt es auch Skeptiker und Gegner, aber es hat sehr viele Befürworter gefunden, die gesehen haben, dass die neuen Strukturen mehr Transparenz bringen und mehr Möglichkeiten, um die Aufgaben des Parlaments als Miliz wirklich wahrzunehmen. Ich bitte Sie um Sachlichkeit! Dr. Jürg Stüssi-Lauterburg, SVP, Windisch: Wir wären auch nicht der erste Kanton, der es ablehnt. Wüssten wir nicht, wer was tut und was es kostet, könnten wir ja gar keine Budgetdebatte führen. Wir führen sie aber und wie! Alle Informationen stehen zur Verfügung. Wir haben es gehört: jetzt im neuen WOV-System! Bei der Behandlung des MIS erhielt Herr Jean-Richard aber keineswegs die auch zu unserer Beruhigung nötige klare Antwort. Sind wir am Untergehen? Ist ein Eisberg am Horizont auszumachen? Die Defizite sind unter dem bestehenden System entstanden, gewiss. Die Überschüsse vorher aber auch. Nicht die Systeme haben versagt, sondern die Menschen! Die Herausforderung ist nicht Systemen gestellt, sondern den Menschen. Wir nehmen diese Herausforderung in der SVP ernst und zwar Budget für Budget für Budget, Position für Position für Position! Die Rechnungen werden die Quittung geben und nach den Rechnungen das Volk! Vorsitzende: Es liegt ein Ordnungsantrag der SVP-Fraktion vor. Sylvia Flückiger, SVP, Schöftland: Wir haben keine Angst, Herr Landammann, aber wir machen uns Sorgen! Ich spreche im Auftrag einer fast geschlossenen Mehrheit der SVPFraktion. Ich stelle Ihnen folgenden Ordnungsantrag gemäss § 69 Abs. 1 der Geschäftsordnung, der da lautet: "Die Stimmabgabe erfolgt durch Aufstehen oder unter Namensaufruf, sofern der Rat nicht geheime Abstimmung beschliesst." Ich beantrage Ihnen geheime Abstimmung über die GAFVorlage. Begründung: Die Mehrheit unseres Parlamentes hat sich an der GAF-Debatte nicht beteiligt. Die Debatte wurde mehrheitlich durch WOV-Befürworter oder Spezialisten bestritten. Eine offene Abstimmung ist nicht repräsentativ, wenn zu befürchten ist, dass Mitglieder verschiedener Fraktionen Mühe haben, zu ihrer Ablehnung zu stehen, weil sie ihre eigenen WOV-Spezialisten nicht brüskieren wollen. Die geheime Abstimmung bietet die faire Chance, persönliche Entscheidungen zu treffen, ohne jemanden zu beleidigen. Weil die Signale mehr als darauf hindeuten, dass das Parlament nicht bereit ist, das System offen in Frage zu stellen, allein diese Tatsache dürfte die geheime Abstimmung rechtfertigen. Ich bitte Sie, diesem Ordnungsantrag zuzustimmen! Katharina Kerr Rüesch, SP, Aarau: Frau Flückiger, war das jetzt Ihre persönliche Bankrotterklärung als Grossrätin oder schliessen Sie Ihre ganze Fraktion da mit ein? Sie haben ja nichts anderes gesagt, als dass Sie nicht fähig sind zu einer 2962 23. März 2004 Art. 1815 offenen Abstimmung, weil Sie es nicht verstanden haben. In der SP-Fraktion hat es nicht nur Spezialistinnen und Spezialisten für WOV, - zum Glück! Wir haben Spezialistinnen und Spezialisten für viele andere Gebiete, aber die SPFraktion ist nicht für geheime Abstimmung, weil man im Volk und im Rat sehen darf, was die einzelnen Mitglieder denken. Bei uns dürfen Frauen wie Männer sagen, was sie denken, anders als in der SVP! - (Heiterkeit!) Vorsitzende: Silvia Flückiger, Schöftland, stellt namens der SVP-Fraktion den Ordnungsantrag, die Abstimmung über das GAF gemäss § 69 GO geheim durchzuführen. Abstimmung: Für den Ordnungsantrag der SVP-Fraktion: 60 Stimmen. Dagegen: 99 Stimmen. Vorsitzende: Damit kommen wir zur Gesamtabstimmung über das GAF. Gesamtabstimmung: Für das Gesetz über die wirkungsorientierte Steuerung von Aufgaben und Finanzen (GAF), wie es aus den Beratungen hervorgegangen ist, in erster Lesung: 91 Stimmen. Dagegen: 77 Stimmen. Vorsitzende: Wir schreiten damit zum Mittagessen. Ich wünsche Ihnen einen guten Appetit! Die Sitzung ist geschlossen. (Schluss der Sitzung: 12.30 Uhr.) _______________________________________________ 2963